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Das Meer so tief, der Wind so frei

Die Gänsemagd 1+2

von Barbara Schinko (Autor:in)
210 Seiten
Reihe: Die Gänsemagd, Band 3

Zusammenfassung

Eine falsche Prinzessin Ein Mädchen, das Gänse hütet Zwei Schicksale – ein Märchen Kein Zweifel: Auf dem Landsitz an der irischen Küste geschehen merkwürdige Dinge. Zu allem Überfluss halten seine Bewohner die Studentin Deirdre für eine moderne „Prinzessin“, die sich einen „Prinzen“ angeln will! Doch aus dem Spiel mit vertauschten Rollen wird tödlicher Ernst ... Aoife aus den grünen Weiten Connemaras verfügt über eine besondere Gabe: Ebenso wie ihre Gänse ist ihr der Wind stets ein treuer Begleiter. Als Kevin, ihr Freund aus Kindertagen, nach Jahren wiederkommt und sie um Hilfe bitte, liegt es an ihr, das Geheimnis ihrer Herkunft zu lüften. Mit „Das Meer so tief“ und „Der Wind so frei“ webt Barbara Schinko aus dem Märchen „Die Gänsemagd“ und ihrer Liebe zu den schroffen Klippen und grünen Hügeln Irlands zwei einzeln lesbare und doch zusammenhängende Geschichten über Wind und Meer, Verrat und Treue und Entdeckungen, die unser ganzes Leben verändern.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Das Meer so tief

  1. Da […] empfand sie heißen Durst und rief ihrer Kammerjungfer: steig ab und schöpfe mir mit meinem Becher, den du aufzuheben hast, Wasser aus dem Bach, ich möchte gern einmal trinken.

    „Ei, wenn ihr Durst habt, sprach die Kammerjungfer, so steigt selber ab, legt euch an’s Wasser und trinkt, ich mag eure Magd nicht seyn!“

    (aus: Brüder Grimm, Die Gänsemagd in: Kinder- und Hausmärchen Band 2, 1. Auflage 1815)

1

„Warten Sie!“

Was jetzt? Noch ein Bettler, Spendensammler oder Tourist, der sich verlaufen hatte? Wer auch immer es diesmal sein mochte, Deirdre blieb nicht stehen. Ein Unglück jagte heute das nächste. Sie hatte die Schnauze voll! Als wären der abgebrochene Absatz eines ihrer besten Pumps und der Verlust ihres Teilzeitjobs nicht schlimm genug gewesen, hatte sie beim Durchqueren des St-Stephen's-Green-Parks auch noch ein Regenguss überrascht. Soviel dazu, dem Wetterbericht zu vertrauen und ausnahmsweise ihren Schirm zu Hause zu lassen. Als gelernte Dublinerin hätte sie es besser wissen sollen.

Durchnässt bis auf die Haut, den Absatz eines beigen Pumps in der Hand, humpelte sie nun die Reihe georgianischer Backsteinhäuser mit ihren hohen, schmalen Fenstern entlang. Sie erreichte ihr Ziel, eine hellblau gestrichene Haustür zwischen zwei roten, und fummelte gerade mit dem Schlüssel im Schloss, als es hinter ihr wieder tönte: „Warten Sie, Ma'am!“

„Ma'am?“ Empört wirbelte Deirdre herum. Klar wusste sie, dass der brave Dutt, in den sie ihre mahagonifarbene Lockenmähne gezwungen hatte, sie älter machte. Auch der Tweedrock und die graue Bluse dazu wirkten reichlich verknöchert, das war schließlich der Sinn der Sache. Aber trotzdem … „Ich bin noch nicht mal zwanzig!“

Ihr Verfolger starrte sie ratlos an.

Nach einem langen Moment des Schweigens versuchte er es erneut: „Miss?“

Ein Blick in sein Gesicht mit den rehbraunen Augen und den ebenmäßigen, blendend weißen Zähnen genügte für Deirdre. Kein Zweifel, bei dem jungen Mann handelte es sich um genau die Art von Beute, die ihre Mitbewohnerin Dianaimh – gesprochen „Djee-uh-niv“ oder auch „Ihre königliche Hoheit“ – wie Fliegen in ihrem Netz fing.

Das hilflose Opfer von Dianaimhs Begierde fuhr fort: „Ich wollte bloß–“

„Nein!“, fauchte Deirdre, bevor er weitersprechen konnte. „Ich weiß nicht, ob sie heute da ist. Ich weiß nicht, warum sie nicht zurückruft, und ich weiß nicht, wie ihr Terminkalender für die nächsten paar Wochen aussieht, weil ich nämlich nicht ihre verdammte Sekretärin bin!“

Er wich einen Schritt zurück. Von ihrem Ausbruch scheinbar völlig überrumpelt hielt er ihr einen Kleidersack hin. „… Okay? Ich habe Ihre Lieferung hier, Miss.“

O Mann. Der Regenguss musste ihr wohl das Gehirn durchweicht haben. Erst jetzt erkannte Deirdre den jungen Manager der Kleiderreinigung ein paar Straßen weiter. Die soweit sie wusste auch keine Hauszustellungen machte, aber für Dianaimh galten natürlich andere Gesetze als für den Rest der Welt.

Sie riss dem Mann den Kleidersack aus der Hand, murmelte etwas, das mit viel gutem Willen als Entschuldigung durchgehen mochte, und hastete ins Haus. Ein Windstoß knallte die Tür hinter ihr zu, so dass die Glasscheiben des halbrunden Oberlichts klirrten. Deirdre jonglierte mit ihrem Schlüssel, dem abgebrochenen Absatz und dem Kleidersack und schaffte es irgendwie, die erste Wohnungstür rechts im Flur zu öffnen.

Völlig ausgelaugt warf sie Schlüssel und Absatz in das Kristallglasschälchen auf dem Schuhschrank, das als Ablage diente, streifte ihre ruinierten Pumps ab und stolperte in Strümpfen in die Küche. Dort hängte sie den Kleidersack erst mal an den Griff des Gefrierfachs über dem Kühlschrank und plumpste erschöpft auf einen der drei Stühle.

Maureen, die beim Herd stand, musterte sie spöttisch. „Du machst ja ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter.“

„Sehr witzig.“ Deirdres Bluse klebte an der Stuhllehne. Ihr Rock war klatschnass, und die Feuchtigkeit drang allmählich durch ihr Höschen.

Maureen schien etwas hinzufügen zu wollen, vermutlich: „Du wirst dir in diesen Klamotten noch den Tod holen“ oder sonst irgendwas Mütterliches in der Art, doch sie klappte den Mund wieder zu und verkniff sich jede weitere Bemerkung.

Gerade das verlieh Deirdre die Kraft, sich zu erheben. Maureen war nun mal nicht ihre Mum. Sie, Deirdre, war neunzehn, studierte hunderte Kilometer von daheim entfernt an einem Dubliner College und hatte ihr Leben im Griff. So wenig es im Moment auch danach aussehen musste.

Also wankte sie in ihr Kämmerchen nebenan und zog sich um. Die nasse Bluse kam auf den Kleiderbügel, der vom Lampenschirm baumelte. Der Tweedrock durfte über der Lehne des Drehstuhls vor dem Schreibtisch trocknen. Eine Notlösung, denn Platz für einen Wäscheständer gab es nicht. Deirdres Zimmer war der kleinste Raum der Wohnung, sogar kleiner als das Bad. Sie und Maureen pflegten Witze darüber zu reißen, dass in ihm bestimmt früher ein Dutzend Dienstboten von Dianaimhs Familie wie Sardinen übereinander gehaust hatten. Dianaimh selbst verfügte natürlich über ein gigantisches Schlafzimmer mit einem ebenso gigantischen privaten Bad im ersten Stock.

In Leggings, Wollsocken und ihrem kuscheligen, wenn auch schon reichlich verwaschenen College-Sweater trottete Deirdre zurück in die Küche. Ein intensiver Geruch nach Fisch und gerösteten Zwiebeln entströmte nun Maureens Pfanne. Wenn das frisch gereinigte Kleid den annähme, würde Dianaimh ihre beiden Mitbewohnerinnen garantiert ermorden, aber das war Deirdre in diesem Moment ziemlich egal. Sie sank auf den Stuhl.

Maureen bedachte sie mit einem mitleidigen Blick. „Alles okay?“

Deirdres Nicken und ihr Lächeln waren purer antrainierter Reflex, ein Souvenir aus ihrem Teilzeitjob in der Boutique. Sie riss sich gerade noch zusammen, bevor sie auch noch „Danke, alles bestens“ murmeln konnte.

„Ich bin gefeuert worden“, gestand sie Maureen stattdessen.

„Autsch.“ Maureen schnitt eine Grimasse.

Fast wünschte sich Deirdre, ihre Mitbewohnerin wäre bei dem ganzen Theater dabei gewesen. Als Mrs Burke, die ältliche Besitzerin der Schal- und Handtaschenboutique, sie „für ein kurzes Gespräch“ in ihr Büro beordert hatte, hatte sie jedenfalls auf bessere Neuigkeiten gehofft – vielleicht sogar auf die seit Ewigkeiten im Raum stehende Aufstockung ihrer Zehnstundenwoche auf zwölf oder fünfzehn Stunden. Angefangen hatte das Gespräch ja auch ganz okay. Die Chefin hatte ihr sogar Tee in einer der guten Tassen serviert, die sie normalerweise nur für die Kundinnen bereithielt. Und ihr dann höflich, aber bestimmt mitgeteilt, sie könne Deirdre leider nicht länger beschäftigen. Deirdre wäre schlicht und einfach zu jung. Man bräuchte jemanden im Verkaufsraum, mit dem sich die wohlhabende, zumeist betagte Kundschaft besser identifizierte.

Jemand „königlicheren“, hatte Mrs Burke allen Ernstes gesagt und Deirdre über den Rand ihrer Tasse angelächelt. „Sie, meine liebe Miss Bowman, haben zwar das Aussehen, aber noch nicht ganz das Auftreten dafür.“

Um ein Haar hätte Deirdre sie angefaucht, sie solle doch selbst mal ausprobieren, wie königlich ihr Auftreten bei einem Lohn von nicht mal zehn Euro die Stunde noch wäre. Sie hätte es vermutlich tun sollen, ein Gefühlsausbruch wie dieser hätte die Sache auch nicht mehr schlimmer gemacht. Hatte sich ernsthaft eine der alten Schnepfen über ihre Jugend beschwert? Die meisten Kundinnen mochten Deirdre. Es gab sogar Damen, die morgens regelmäßig nur mal rasch in den Laden kamen, um sich von Deirdre ihre Schals binden zu lassen. Deirdre war die verdammte Königin des Schalbindens!

Maureen zog die Pfanne vom Herd. „Hast du Hunger?“, fragte sie beiläufig, woraus Deirdre schloss, dass sie ziemlich erbärmlich aussehen musste. Maureen verteidigte ihr selbst gekochtes Essen normalerweise wie ein Pitbull seinen leckeren, stinkenden Hundeknochen.

Sie schüttelte den Kopf. Trotzdem holte Maureen ohne noch mal zu fragen einen zweiten Teller aus dem Schrank. Wenigstens bot sie einer Vegetarierin nichts von ihrem Lachs an, sondern stellte nur eine Portion Reis und Gemüse vor Deirdre hin und drückte ihr eine Gabel in die Hand. „Da. Iss.“

Trübsinnig spießte Deirdre eine Erbse auf. Sie hatte sich erst vorhin zum Lunch ein Tofusandwich aus der Feinkostabteilung im Supermarkt und dazu einen frisch gepressten Orangensaft gegönnt. Acht Euro, von denen sie sich nun wünschte, sie gespart zu haben.

Maureen setzte sich zu ihr. „Willst du hören, wie Ihre königliche Hoheit vor ein paar Tagen mal wieder den Vogel abgeschossen hat?“

Sie deutete Deirdres resigniertes Schweigen einfach als Ermutigung und redete weiter: „Am Dienstag, du warst noch in der Uni, habe ich mir ein Fischfilet gebraten.“ Sie wies auf ihren Teller. „Und mir dabei ein bisschen Fett aufs T-Shirt gespritzt, also bin ich gegangen und habe mich umgezogen. Nach gerade mal fünf Minuten bin ich zurückgekommen. Sitzt doch glatt Ihre königliche Hoheit beim Tisch und futtert meinen Lachs!

Und ich: ‚Klaust du gerade mein Essen?‘

Und sie guckt mich an und fragt: ‚Äh, wieso, wolltest du denn was davon?‘“ Maureen war echt gut darin, Dianaimhs verträumte, stets ein bisschen abwesend klingende Stimme nachzuahmen.

„Ich meine, ernsthaft?“, schloss sie. „Als hätte ich den Lachs für sie gekauft und gebraten! Als wäre ich ihre verdammte Köchin!“

Deirdre raffte sich immerhin dazu auf, einzuwerfen: „Wenigstens glaubt sie nicht, du wärst ihr Zimmermädchen! Ich musste gestern wegen der Ratenzahlung für die Stromrechnung zu ihr rauf. Da saß sie auf der Couch, und am Boden, gerade vor ihren Füßen, lag einer ihrer BHs. Und sie“, Deirdre wedelte hochmütig mit einer blassen Hand. „‚Ach, sei ein Schatz, heb das für mich auf und tu es in die Wäschetonne.‘ Sie hätte sich bloß danach bücken müssen!“

Maureen schien diese Anekdote nicht im Geringsten zu überraschen.

„Und ich noch süffisant: ‚Schmeckt dir mein Lachs?‘“, erzählte sie weiter. „Und sie darauf allen Ernstes: ‚Du hast ihn akzeptabel zubereitet, aber das Filet ist leider von minderer Qualität.‘ Und dann befiehlt sie mir glatt, ich solle nächstes Mal lieber zum Fischmarkt draußen in Dalkey fahren. Die spinnt doch!“

„Tut sie“, stimmte Deirdre von ganzem Herzen zu. Zumindest seit sie selbst eingezogen war und vermutlich schon weitaus länger führte Maureen mit Dianaihm einen ständigen Kleinkrieg um ihr Essen. Auch Deirdre blieb nicht verschont. Ihr einziger Trost bestand darin, dass Dianaimh vegetarische Gerichte wie die Pest hasste und somit wenigstens Deirdres Tofu niemals anrührte.

Leider traf das nicht auf den Rest ihrer Küchenvorräte zu. Der einzige kleine kulinarische Luxus, den sich Deirdre in ihrem Studentenleben leistete, war das himmlische Gewürz aus einem arabischen Laden nahe der Boutique. Es kostete unverschämt viel, mehr als zehn Euro das Döschen, und sie tat ihr Möglichstes, um damit lange auszukommen. Dianaimh dagegen? Schüttete Deirdres mühsam aufgesparte Körnchen großzügig über ihre Trüffel-Pasta, beschwerte sich dann über den „komischen“ Geschmack und ließ die Portion fast unberührt stehen.

Maureen ließ das Besteck sinken und musterte sie abwägend. „Was wirst du jetzt tun? Um an Kohle zu kommen, meine ich.“

„Weiß nicht.“ Deirdre hatte keine hochtrabenden Pläne – nicht so wie Maureen, die neben ihrer Gastronomie-Ausbildung abends kellnerte, fast jedes Wochenende irgendwo als Barkeeperin arbeitete und noch dazu ehrenamtlich in einer Suppenküche aushalf, um so viele Tipps und Tricks wie sie nur konnte für ihr späteres eigenes Restaurant aufzuschnappen. Für sie als Journalismus-Studentin standen die Aussichten auf ein bezahltes Praktikum ungefähr gleich hoch wie die auf einen Lotteriegewinn, und auch die Hoffnung, sich das Studium mit einem fachspezifischen Nebenjob zu finanzieren, hatte sie längst aufgegeben. Mrs Burkes Boutique lag schlicht und einfach in bequemer Gehweite der Wohnung. Und es war angenehmer gewesen, reiche Damen zu bedienen, die sie „mein Liebes“ nannten, und den gelegentlichen Spinner, der ihre Wange getätschelt hatte, als beim Kellnern in irgendeinem Studentenpub mit Bier überschüttet zu werden.

Maureen wies auf den Kleidersack. „Bring ihr doch das rauf und frag sie dabei gleich, ob sie dich als ihr Zimmermädchen anstellt. Wenn sie dich ohnehin schon dafür hält, kann sie dich auch bezahlen.“

Deirdre schnaubte. „Ganz ehrlich? Lieber verhungere ich auf der Straße.“

Noch während sie sprach, fiel ihr plötzlich wieder ein, was der Manager der Kleiderreinigung gesagt hatte: „Ich habe Ihre Lieferung hier, Miss.“ Ihre Lieferung. Sie hatte vorhin nicht groß darüber nachgedacht, aber er musste sie für Dianaimh gehalten haben. Kein Wunder, sie sahen einander ja auch verblüffend ähnlich, fast wie Schwestern. Auf den ersten Blick war der einzige Unterschied zwischen ihnen beiden das dunklere Mahagonirot von Deirdres verglichen mit dem hellen Erdbeerblond von Dianaimhs Haaren.

Sehr zu Dianaimhs Missfallen! Gleich am Tag, nachdem Deirdre hier eingezogen war, hatte ihr Dianaimh eine Liste mit Maßnahmen in die Hand gedrückt, um jegliche Verwechslungsgefahr zu verringern. Ganz oben hatte gestanden, Deirdre müsse ihren Kindheitsspitznamen „Dee“ ablegen, weil dieser allzu sehr nach Dianaimhs eigenem „Djee“ klang. Punkt zwei: Deirdre sollte ihre Locken noch dunkler, am besten gleich braun oder schwarz färben. Bisher hatte sie sich mit dem Hinweis auf chronischen Geldmangel erfolgreich vor dem Friseurbesuch gedrückt. Auch dank Maureens Hilfe; ihre schlaue Mitbewohnerin hatte Dianaimh listig darauf hingewiesen, es wäre doch wohl peinlich, wenn sich Deirdre die Haare selbst färben und die Nachbarn ihre verpfuschte Frisur dann für Dianaimhs halten würden.

Ohnehin hätte Deirdre liebend gern gewusst, was die Nachbarn glaubten: dass Dianaimh derzeit ein Doppelleben führte, heute die erdbeerblonde Tochter aus gutem Hause und dann morgen wieder die am Hungertuch nagende Journalismusstudentin spielte?

Die Holztreppe draußen knarzte. Maureen verzog das Gesicht, als hätte sie Zahnschmerzen. Was nur eines bedeuten konnte, und tatsächlich – schon im nächsten Moment schlenderte Dianaimh in die Küche. Sie war in eines ihrer legeren Outfits gekleidet: beige Yoga-Leggings, ein cremeweiß schimmerndes Satintop und goldene Ballerinas. Alles zusammen hatte vermutlich mehr gekostet, als Deirdres Monatsmiete betrug, und da waren die Diamantohrstecker oder der echte Goldschmuck um Hals und Arme noch längst nicht inbegriffen.

Nur mit viel Mühe bezwang Deirdre ihre Eifersucht, was Dianaimhs Luxusleben anging. „Da drüben hängt ein Kleid von dir“, stieß sie hervor.

Dianaimhs Blick schweifte zu dem Kleidersack. Dann zurück zu Deirdre. „Trag es mir nachher rauf“, befahl sie und schlenderte zu einem der Schränke, öffnete ihn und schloss ihn wieder, als hätte sie sich nur versichern wollen, ob irgendein diensteifriger Hauself seit gestern Nachmittag das Knabberzeug darin nachgefüllt hatte. O ja, Deirdre wusste genau, auf wessen Konto die fehlenden Kräcker-Packungen gingen!

Maureen wandte sich ihr zu. „Kannst du das glauben?“, besagte der Ausdruck auf ihrem Gesicht.

Auf dem Weg zurück zur Tür blieb Dianaimh stehen. „Wann bekomme ich die achtzig Euro für die Stromrate?“ Ein vorwurfsvoller Unterton schwang in ihrer Stimme mit.

Gute Frage. Vor allem angesichts von Deirdres heutiger Pechsträhne. Sollte sie Dianaimh bitten, ihr Aufschub zu gewähren? Womöglich würde diese dafür Zinsen verlangen, und zwar zweifellos mehr als jede Bank.

Während Deirdre noch mit sich rang, antwortete Maureen schon an ihrer Stelle: „Deirdre ist heute gefeuert worden. Und was willst du mit achtzig Euro? Pfeif doch drauf. Kauf dir einfach mal ein Paar Strümpfe weniger und schon hast du das Geld wieder drinnen. “

Dianaimh hob eine Braue. Ganz sicher wog Deirdres ruhiger Schlaf für sie nicht annähernd so schwer wie ein weiteres Paar Strümpfe für ihren überquellenden Schrank. Von ihr so etwas wie Mitleid zu erwarten war zwecklos, und Deirdre schluckte ihren Stolz. „Gib mir bis nächste Woche“, bat sie. „Ich beschaffe das Geld, okay?“ Irgendwie.

Für einen langen Moment starrte Dianaimh sie einfach nur an, als wäre ihr völlig schleierhaft, warum Deirdre die achtzig Euro nicht gleich hier und jetzt aus der Luft herbeihexen könne. Dann zuckte sie die Schultern und schlenderte so verträumt, wie sie gekommen war, aus der Küche.

Als sie weg war, stieß Maureen einen tiefen, genervten Seufzer aus. Deirdres Blick fiel auf den Kleidersack, der noch immer an seinem Platz hing. Und sie stellte sich bildlich vor, wie sie zur Schublade trat, sich eines von Maureens Küchenmessern schnappte und damit auf das wasserdichte Material einhackte, bis dessen Inhalt – der zweifellos sehr viel mehr als achtzig Euro gekostet hatte – in Fetzen hing. Statt jedoch ihre Fantasie in die Tat umzusetzen, trat sie wie an unsichtbaren Schnüren gezogen zum Kleidersack und öffnete dessen Reißverschluss.

Ein cremefarbenes Seidenkleid mit dezenter Goldstickerei an den Ärmeln kam zum Vorschein. Es musste brandneu sein – Deirdre konnte sich nicht erinnern, ihre Mitbewohnerin je darin gesehen zu haben. Wohl aber hätte sie geschworen, dass sie selbst noch vor drei oder vier Tagen an genau diesem Teil im Schaufenster einer exklusiven Boutique nahe der Grafton Street vorbeigelaufen war.

„Los, zieh es an“, drängte Maureen sie. Ein gefährliches Glitzern erschien in ihren Augen. „Ihr beide habt doch dieselbe Größe. Ich style dich, und dann hast du wenigstens ein paar geile Bewerbungsfotos für deinen nächsten Job.“

Deirdre schüttelte abwehrend den Kopf, aber sie strich dabei reumütig über die cremefarbene Seide. Genau diese Art von Fummel musste Mrs Burke wohl gemeint haben, als sie gesagt hatte, Deirdre sähe nicht königlich genug aus. Selbst wenn sie es sich hätte leisten können, in denselben Läden wie Dianaimh zu shoppen – vermutlich würden die Türsteher dort sie gar nicht erst reinlassen. Oder falls doch die Verkäuferinnen über ihren Armeleute-Geruch die Nase rümpfen.

„Los, zieh es an“, wiederholte Maureen erwartungsvoll.

Deirdre schnaubte. „Damit sie ausflippt, wenn sie mich sieht?“

Maureen wischte den Einwand mit einer abfälligen Handbewegung zur Seite. „Ist doch egal, ob sie deswegen auf dich sauer ist oder wegen der Stromrechnung. Und es wäre nur fair. Sie klaut ständig deine Sachen.“

Deirdre musste an die Kräcker denken und nickte.

Maureen fuhr fort: „Sie trägt deine Unterwäsche.“

„Was?“

„Ich schwöre es! Am Dienstagabend, du warst noch immer nicht da, hatte sie doch dieses Date. Und rein zufällig musste ich kurz rauf, als sie sich gerade dafür umgezogen hat. ‚Ist das nicht Deirdres Höschen?‘, habe ich sie noch gefragt. Sie hat mir nicht mal geantwortet.“

Deirdre weigerte sich, ihr das zu glauben. Trotzdem nahm sie sich im Stillen vor, ihre gesamte Unterwäsche demnächst auszukochen. Nur sicherheitshalber.

„Ich werde ihr Kleid nicht anziehen“, verkündete sie laut, mehr um sich selbst als um Maureen davon zu überzeugen. Sie zog den Reißverschluss wieder zu, nahm den Kleidersack und trug ihn aus der Küche, stieg damit die Treppe aus dunklem Holz hinauf bis in den ersten Stock. Meditationsmusik mit Harfen- und irischen Flötenklängen drang aus Dianaimhs Zimmer.

Deirdre klopfte. Keine Antwort. Sie zählte in Gedanken bis zehn, drückte die Klinke runter und trat ein.

Dianaimh lag mit geschlossenen Augen auf der Designercouch. Alle Fenster im Raum standen sperrangelweit offen, so dass der Wind durchs Zimmer pfiff und die Tür hinter Deirdre zuschlug.

Der ohrenbetäubende Knall entlockte Dianaimh nicht mal ein Zucken ihrer Lider. Wie üblich herrschte um sie herum das totale Chaos: Collegeblöcke und einzelne Blätter aus Skripten, Textmarker, Unterwäsche und Seidenblusen, angeknabberte Kräcker und zerbissene Lakritzstangen, Diamantringe und Perlenarmbänder lagen kreuz und quer verstreut, als wäre ein Sturm über sie hinweggefegt.

Deirdre wandte sich ab. Sie wollte den Kleidersack an die Schranktür hängen und gehen …

Doch ein Glitzern unterhalb des Heizkörpers zog ihren Blick wie magisch an: eine goldene Sandale mit hohem Keilabsatz. Sie passte perfekt zum cremefarbenen Kleid. Verstohlen spähte Deirdre um sich, bis sie die zweite Sandale neben einem Bettpfosten entdeckte.

Dann hängte sie den Kleidersack an die Türklinke, schlich auf Zehenspitzen durchs Zimmer, angelte eine Sandale und danach die zweite und verließ mit dem Kleidersack und ihrer neuen Beute mucksmäuschenstill Dianaimhs Reich.

Maureen klatschte in die Hände und gackerte triumphierend, als Deirdre zurück in die Küche kam. „Ich wusste es! Wir machen aus dir noch eine falsche Prinzessin.“

Sie joggte rüber ins gemeinsame Bad. Holte ihren Make-up-Beutel, Bürsten, Haarspray und Kämme, während Deirdre ein wenig schuldbewusst in das Kleid schlüpfte. Maureen musste ihr mit dem Reißverschluss helfen: Offenbar brauchte man für so ein Prinzessinnenkleid auch zwingend eine Zofe.

Aber der Aufwand lohnte sich – das seidige Material schien ihre Haut zu liebkosen, und sie protestierte nicht, als Maureen sie anschließend an den Küchentisch beorderte. Dass ihre Verwandlung hier stattfinden würde, wo Dianaimh jederzeit reinplatzen konnte, machte den Streich irgendwie nur besser.

„Schließ die Augen.“

Deirdre gehorchte. Während Maureen mit dem Ausbürsten ihrer Haare begann, malte sie sich aus, sie wäre Dianaimh und ließe sich nach einem Tag voller anstrengendem Herumgezicke vom Stylisten ihrer Wahl verwöhnen.

Und Maureen zog auch wirklich alle Register! Hochsteckfrisur, Maniküre samt Nagellack, Make-up, ein Paar von Maureens eigenen Ohrringen mit glitzernden Strasssteinchen …

„Augen zu!“, befahl sie wieder und hielt den Make-up-Spiegel außer Deirdres Reichweite, als diese danach griff. „Vertrau mir. Dein neuer Look wird einfach nur geil.“

Argwöhnisch hob Deirdre eine Hand zu den Locken, von denen nun ein paar perfekt geringelte Strähnen zu beiden Seiten ihr Gesicht umspielten. Sie war sich nicht sicher, ob sie und Maureen dieselbe Definition von „geil“ hatten.

Endlich erlaubte Maureen ihr aufzustehen, und führte sie am Arm zum großen Spiegel bei der Garderobe.

Hin- und hergerissen starrte Deirdre ihr Spiegelbild an. Das also verstand Maureen unter einem geilen neuen Look? Sie sah aus wie Dianaimhs Zwilling! Und das in jeder Hinsicht. Maureen hatte ihre Haare nach dem Vorbild von Dianaimhs Lieblings-Datefrisur gestylt, sie hatte ihr den zartrosa Lippenstift und den Lidschatten mit einem leichten Goldton verpasst und sogar ihre Wimpern optisch verlängert. Als krönenden Touch schnappte sie sich noch ein beiges Handtäschchen, drapierte den Riemen über Deirdres Schulter und trat ein paar Schritte zurück wie eine Künstlerin, die ihr Werk betrachtete.

„Und? Wie fühlst du dich?“

Im Spiegel funkelte Deirdre sie vorwurfsvoll an.

„Eure Majestät“, ergänzte Maureen mit einem spöttischen kleinen Knicks.

Deirdre sprach den ersten Gedanken aus, der ihr in den Sinn kam: „Sie wird dich umbringen. Oder warte, nein, lass es mich anders formulieren. Sie wird uns beide umbringen!“

Maureen lachte bloß. „Und wo, glaubst du, findet sie noch zwei Irre, die für sie ganz umsonst Köchin und Zimmermädchen spielen?“

Das Schrillen eines Handys übertönte fast ihre letzten Worte. Dianaimhs Handy, dem irischen Jig als Klingelton nach zu schließen. Das Geräusch kam aus der Küche – in Panik hastete Deirdre los. Wenn Dianaimh das Klingeln hörte, wenn sie runterliefe, um nachzusehen …

Atemlos riss sie das Handy an sich und presste eine Taste.

„Dianaimh!“ Auf dem Display erschien das Gesicht eines jungen Mannes. Erst als er Deirdre zunickte, kapierte sie, dass sie statt den Anruf abzuwürgen versehentlich einem Videotelefonat zugestimmt hatte. Dianaimh würde sie umbringen! Und nicht nur das: Sie würde Deirdre zuerst umbringen, ihre Leiche dann zu Frühstückswürstchen verarbeiten und diese genüsslich in Maureens bester Pfanne braten!

„Ich wollte dich bloß an unser Treffen erinnern“, sprach der junge Mann nichts ahnend weiter. Er mochte ein paar Jahre älter sein als sie und war mit seinen schwarzen Locken und dunklen Augen genau der Typ, mit dem sie auf der Uni geflirtet hätte. Jedenfalls wenn ihr vor lauter Angst nicht gerade übel gewesen wäre und wenn er nicht ausgerechnet einen cremefarbenen Designerstrickpulli unter einem beigen Sakko getragen hätte, die Uniform aller reichen Blender.

„Vergiss nicht: in einer halben Stunde im An Saol Sona.“ Er lächelte sie an. „Du siehst übrigens toll aus.“

Deirdres Kehle war so rau, ihr Mund so trocken, dass sie ihrer Stimme nicht zu trauen wagte. Sie nickte daher nur stumm und legte ohne ein Wort des Abschieds auf.

Wie in Trance starrte sie dann auf das Handy. Ihr Herz klopfte, als wollte es ihr die Brust sprengen. Nur ein Gedanke kreiste unentwegt durch ihren Kopf: Dianaimhs Datingpartner hatte sie, Deirdre, soeben in Dianaimhs neuem Kleid gesehen. Sie und Maureen waren so gut wie tot.

„Sie wird uns beide umbringen. Sie wird ein Steak aus mir machen und es in deiner Pfanne braten, sie wird mich halb roh und noch blutig verschlingen, sie wird–“ Noch während sie sich plappern hörte, hämmerte ein neuer Gedanke an einem Türchen in ihrem Kopf, doch die Panik, die überall sonst herrschte, ließ ihn nicht ein.

„Stopp. Stopp!“ Maureen hob befehlend eine Hand. Ihre Augen glitzerten fast so furchterregend, wie es das Messer in Dianaimhs Hand tun würde, wenn sie … „Halt die Klappe und lass mich nachdenken. ‚In einer halben Stunde‘ hat er gesagt?“

Deirdre nickte.

„Was wenn du–?“ Maureen unterbrach sich. „Eins nach dem anderen. Wie sah er aus?“

„Für einen reichen Blender ganz okay“, musste Deirdre zugeben.

Ein triumphierendes Grinsen trat auf Maureens Gesicht und ließ Deirdre argwöhnisch ergänzen: „Warum fragst du?“

„Na, weil er damit haargenau in Dianaimhs Beuteschema passt. Und du warst doch vorhin bei ihr oben. Hat sie da ausgesehen, als hätte sie in einer halben Stunde ein Date?“

Deirdre schüttelte den Kopf.

„Gut. Ich wette, Ihre königliche Hoheit hat längst dieses Treffen vergessen und wird nicht aufkreuzen. Und das heißt, mit ein bisschen Glück wird sie auch nie was von all dem hier erfahren. Du gehst einfach an ihrer Stelle hin.“

„Ich? Was soll ich ihm–?“

„Sei Dianaimh!“, fiel ihr Maureen ungeduldig ins Wort. „Du weißt schon. Unverschämt und hochnäsig. Mach ihn am besten so fertig, dass er nie wieder anzurufen wagt. Ihr wird es scheißegal sein, sie hat sicher schon den Nächsten an der Angel und kann sich nicht mal mehr an Loverboys Namen hier erinnern.“

„Aber–“, begann Deirdre. Dann klappte sie den Mund zu. So verrückt Maureens Plans auch klingen mochte, er konnte funktionieren. Oder? Es stimmte, Dianaimh war unglaublich launisch und verlor rasend schnell das Interesse an ihren Eroberungen. Die Chancen, dass sie dem Anrufer irgendwann mal ein Date versprochen hatte und ihn nun sitzen lassen würde, standen ziemlich gut. Und noch wichtiger: Wenn ihre Opfer dann aufgebracht nach einer Erklärung verlangten, ging sie nicht ans Telefon und rief oder schrieb auch nie zurück, sondern blockierte kommentarlos ihre Nummern.

Ja, der Plan konnte klappen.

Hätte klappen können, verbesserte sie sich, wenn sie wie Dianaimh gewesen wäre, die Männerherzen zum Frühstück fraß. Oder wenigstens eine bessere Schauspielerin, als sie es nun mal war. Reicher Blender hin oder her, wie sollte sie es schaffen, den armen Kerl wie Dreck zu behandeln?

Andererseits: Wenn sie ihm auf diese Weise hälfe, Dianaimhs Spinnennetz zu entkommen, täte sie ihm damit nicht langfristig gesehen einen Gefallen?

Abrupt schoss ihr ein neuer Gedanke in den Sinn. „Kann es sein, dass wir uns täuschen? Dass er … ich weiß auch nicht … ihr Bruder oder so was ist?“

„Quatsch, sie ist ein Einzelkind“, widersprach ihr Maureen im Brustton der Überzeugung. Keine Ahnung, ob sie das wirklich wusste oder es bloß vermutete, doch Deirdre blieb zum Nachfragen keine Zeit. Maureen schubste sie energisch in die Richtung der Tür.

„Los“, befahl sie. „Geh und brich ihm das Herz.“

2

Obwohl das An Saol Sona keine zwanzig Minuten entfernt lag, hetzte Deirdre die Straße entlang. Sie wurde erst langsamer, als sie den Merrion Square Park fast durchquert hatte und damit absolut sicher war, dass Dianaimh sie nicht durch eines ihrer Zimmerfenster erspähen könnte.

Bist du bescheuert? Du willst doch nicht wirklich zu diesem Date, oder? Lauf lieber zum Busbahnhof und hau ab, so schnell es geht!, warnte sie ein pessimistisches Stimmchen in ihrem Kopf. Maureen hätte darüber gelacht, aber …

Kaum dachte Deirdre an sie, fiel ihr ein, dass Maureen noch heute Abend mit dem Überlandbus nach Waterford fahren würde. Sie hatte sich doch mit ein paar Mädchen aus ihrem Lehrgang zu einer Wanderwoche in den Comeragh Mountains verabredet und angedroht, ihr Handy die ganze Zeit über ausgeschaltet zu lassen: „Wenn Ihre königliche Hoheit glaubt, dass ich dort abhebe, kann sie mich mal!“

Vor der Statue von Oscar Wilde am Parkausgang blieb Deirdre so abrupt stehen, dass ein Geschäftsmann im Anzug fast gegen sie geprallt wäre. Ihr erster Impuls bestand darin, Maureen anzurufen und sie anzubetteln, sie möge als eine Art menschlicher Schutzschild für sie zu Hause bleiben. Aber das konnte sie unmöglich verlangen. Immerhin war es Deirdres bescheuerte Idee gewesen, in Dianaimhs Kleid mit Dianaimhs Datingpartner zu telefonieren! Trotzdem, sie hätte alles dafür gegeben, nicht allein in Dianaimhs Schusslinie zurückzubleiben.

Die Sache mit dem Kleid durfte nicht auffliegen, koste was wolle.

Die Westland Row war wie gewohnt zugeparkt. Ein weiteres Mal blieb Deirdre stehen. Sie atmete tief durch. Aufrecht und königlich schritt sie dann an der langen Reihe der Autos vorbei und überprüfte dabei verstohlen in jeder zweiten Fensterscheibe ihr Spiegelbild.

Wie würde Dianaimh einem Datingpartner wohl am schnellsten das Herz brechen? Mit dauerndem Herumgezicke oder eher, indem sie ihr Opfer völlig ignorierte?

Überpünktlich erreichte sie das An Saol Sona, das einzige Lokal in dieser Gegend mit einem irischen Namen. Es war eine Mischung aus Bar und Café: ein langgestreckter Raum mit Mosaikfußboden, rechts eine Theke aus dunklem Holz, links entlang der Wand Stühle und Tische und in den Fensternischen gepolsterte Bänke. Vergoldete Statuen rundeten den geschmackvollen Dekor ab.

Dianaimhs neuestes Opfer wartete schon an einem Zweiertisch mit Blick zur Tür. Deirdre reckte das Kinn und zwang sich, scheinbar sorglos auf ihn zuzuschlendern, statt gleich wieder nach draußen zu stürmen und Dianaimh ihre Missetat zu gestehen.

„Da ist sie ja – Dianaimh, die Schönheit!“, begrüßte er sie mit einem Lächeln. Er wirkte erfreut und auch ein bisschen überrascht, sie zu sehen. Deirdre hoffte bloß inständig, dass ihn Dianaimh nicht schon mehrmals versetzt hatte. Ein hartnäckiger Verehrer war das Allerletzte, was sie gebrauchen konnte.

„Du siehst wirklich fabelhaft aus, alle Achtung.“ Diensteifrig zog er einen Stuhl für sie unter dem Tisch hervor. Kaum nahm Deirdre Platz, merkte er beiläufig an: „Deine Haare sind dunkler. Wann hast du sie dir gefärbt …?“

Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus. Was jetzt?

Sei Dianaimh!

Sie erwiderte seinen Blick und gab hochmütig zurück: „Müssen wir darüber reden?“, legte dabei einen Vorwurf in jedes Wort.

„Nein, nein“, wehrte er sogleich ab, und sie konnte gerade noch verhindern, dass sie erleichtert auf ihrem Stuhl zusammensackte. „Aber wir haben ein wenig Zeit, möchtest du hier etwas trinken?“ Auf seinen Wink eilte ein Kellner mit der Karte herbei.

Deirdre bestellte das teuerste Glas Wein, das sie finden konnte. Ihr Datingpartner zuckte mit keiner Wimper, sondern gratulierte ihr noch zu ihrer „guten Wahl“. Mist! Wie sollte sie es bloß anstellen, ihn zu vergraulen? Als der Kellner gleich darauf mit einem Glas und der Weinflasche kam und diese am Tisch öffnete, nahm er sie ihm sogar aus der Hand und schenkte ihr selbst ein. Sein Eifer entlockte ihr ein Lächeln, für das er wiederum so dankbar wirkte, als hätte sie ihm ein kostbares Geschenk gemacht.

Dieses Date verlief ganz eindeutig nicht nach Plan. Um Zeit zu gewinnen, nippte Deirdre am Wein. Er war immerhin besser als jener, den Maureen zum Kochen verwendete.

„Du trinkst nichts?“, entschlüpfte ihr, als sie bemerkte, dass ihr Datingpartner fasziniert jede ihrer Bewegungen betrachtete. Er schüttelte den Kopf, und sie fühlte sich schäbig. Womöglich war er ja genauso pleite wie sie und hatte sein Sparschwein geschlachtet, nur um Dianaimh standesgemäß ausführen zu können? Auch wenn der Designer-Strickpulli unter dem Sakko nicht unbedingt danach aussah. Konnte gut sein, dass der genauso wie ihre Boutique-tauglichen Klamotten aus einem Laden der Heilsarmee stammte.

Ob sie die Outfits nun wohl weiterverkaufen und wenigstens ein paar Euro dafür kriegen könnte?

Sie riss sich von diesen trübsinnigen Gedanken los. „Wie viel Zeit haben wir noch?“, erkundigte sie sich möglichst unverfänglich und wagte nicht zu fragen, was für danach geplant war. Vielleicht ein Kino- oder Theaterbesuch oder Dinner.

Ihr Interesse schien ihn zu erstaunen. Hastig setzte Deirdre eine gelangweilte Miene auf, spreizte die Finger und betrachtete eingehend ihre Nägel, wie es Dianaimh gerne tat.

Das musste wohl jeden Verdacht ihres Gegenübers zerstreuen. Bereitwillig warf er einen Blick auf die Uhr und erwiderte: „Nicht mehr viel – der Wagen sollte in fünf Minuten da sein. – Brighid hat dir mit deinen Sachen vom Landsitz für das Wochenende zwei Koffer gepackt“, ergänzte er.

Für einen Herzschlag erstarrte Deirdre.

Hastig riss sie sich zusammen, lächelte wieder verträumt und hoffte nur, ihr Datingpartner hätte ihr die jähe Panik nicht vom Gesicht abgelesen. Ein Treffen mit ihm in einem Café war das eine; aber gleich ein Wochenende zu zweit? Das ging ihr dann doch zu schnell!

„Ich habe angerufen, man erwartet dich also.“ Er lehnte sich zurück.

Dich. Man erwartete sie, besser gesagt Dianaimh – ihn aber nicht? Bevor ihr die Frage entschlüpfen konnte, biss sich Deirdre auf die Lippe. Was zum Teufel ging hier vor?

Sie musterte ihr Gegenüber angestrengt, hoffte in seinem Gesicht, seiner Haltung, seinen Klamotten irgendeinen Hinweis darauf zu finden. Schließlich blieb ihr Blick an dem cremefarbenen Pulli und dem beigen Sakko darüber hängen. Cremefarben und Beige waren Dianaimhs Farben … Ein jäher Gedanke drängte sich ihr auf: Hatten sie und Maureen die Situation völlig falsch interpretiert? War das hier gar kein Date, gehörte der junge Mann vielmehr zu der Armee von Laufburschen und Bediensteten, die Dianaimhs reiche Familie beschäftigte?

Spontan beschloss sie, diese Theorie zu testen. „Was ist in den Koffern?“, fragte sie in einem möglichst gelangweilten Ton und richtete dabei ihr ganzes Augenmerk wieder auf ihre frisch lackierten Nägel.

„Eine Auswahl an Abendkleidern. Und natürlich Bikinis.“ Aus dem Augenwinkel sah sie, wie er sie angrinste – verschwörerisch, so als wäre irgendwas von dem Gesagten ein Insider-Witz, den sie verstehen müsste. Sie lächelte unverbindlich. Und war sich nun fast sicher, dass ihre Theorie stimmte. Wohin würde der Wagen, der jeden Moment aufkreuzen konnte, sie bringen? Abendkleider und Bikinis … Vielleicht plante Dianaimh ja übers Wochenende eine Minikreuzfahrt in der Irischen See? Wahrscheinlich aber eher eines der luxuriösen Wellnesswochenenden in irgendeinem Resort, mit denen sie so gerne prahlte.

Ihr Gegenüber stützte plötzlich die Ellbogen auf den Tisch und lehnte sich weit auf sie zu. „Wir sind alle froh“, raunte er, „dass du deine Meinung geändert hast und doch gekommen bist.“

Deirdre musste an das Bild vorhin in Dianaimhs Zimmer denken – an ihre Mitbewohnerin, die vermutlich noch immer auf der Couch lag, Musik hörte und von all dem hier nichts ahnte. Es sah Dianaimh ähnlich, zu einem sicher bereits bezahlten Wellnesswochenende nicht mal aufzukreuzen.

Und nun hatte Deirdre die Chance, an ihrer Stelle hinzufahren. Warum eigentlich nicht? Ein paar Gurkenmasken und Massagen waren das Mindeste, was ihr Dianaimh für ihre ständigen Sklavendienste schuldete!

Besser das, als nach Hause zu gehen und dort die ganze nächste Woche ohne Maureen zu verbringen. Womöglich würde Dianaimh verlangen, dass Deirdre mit ihr zum tausendsten Mal Dirty Dancing guckte und ihr dabei die Zehennägel lackierte … Sie mochte sich ja wundern, wenn Deirdre einfach ausbliebe – aber wahrscheinlich würde sie bloß glauben, diese wäre zu ihren Eltern in der Nähe von Cork gefahren. Sofern sie sich überhaupt daran erinnerte, dass Deirdre Eltern hatte, geschweige denn wo diese wohnten.

Deirdres Entschluss stand fest. Sie kippte den Rest ihres Weins in einem Zug runter, um sich Mut anzutrinken, und erhob sich dann. „Worauf warten wir noch? Ich bin hier fertig.“

Ein nie zuvor gekanntes Machtgefühl durchflutete sie, als ihr Gegenüber eifrig aufsprang, dem herbeieilenden Kellner einen Fünfziger und ein „Hier, der Rest ist für Sie“ hinwarf und im Laufschritt zur Tür eilte, um diese für sie zu öffnen.

Das Timing war perfekt: Eine schwarze Limousine bremste gerade vor dem Café. Der Fahrer blieb auf einer Parkverbotsfläche stehen und ließ den Motor laufen, als er ausstieg. Er trug eine altmodische, beige Uniform mit Goldknöpfen an der Brust und eine Chauffeurkappe, die er vor Deirdre lüpfte, so dass sie sein schütteres graues Haar sah.

„Darf ich bitten, Miss Ó Cinnéide?“ Die gälische Version von „Kennedy“ war Dianaimhs Nachname.

Galant öffnete der Fahrer für Deirdre die hintere Tür. Letzte Chance, abzuhauen, warnte sie das Stimmchen in ihrem Kopf – doch sie nahm auf der Rückbank Platz und schlug die Beine übereinander.

Ihr Begleiter eilte herbei und beugte sich zu ihr herab, bevor sie die Tür schließen konnte. „Mach uns stolz, Prinzessin“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Bring die Krone nach Hause.“

3

Die schwarze Limousine quälte sich durch den zähen Feierabendverkehr, der genauso ein unvermeidlicher Teil Dublins war wie die Touristenfallen im Stadtteil Temple Bar oder „The Spire“ in der Mitte der O'Connell Street. Sie kamen nur im Schritttempo voran, und Deirdre beschwichtigte die ersten in ihr auftauchenden Zweifel mit dem Hinweis, dass sie jederzeit raushüpfen und abhauen könnte. Bei der nächsten Ampel. Oder der übernächsten. Einstweilen massierte sie ihre schmerzenden Füße – Dianaimhs Sandalen waren eine Spur zu klein – und genoss den seltenen Luxus, durch die Stadt kutschiert zu werden.

Erst als sie sich dem Fluss näherten, gewann der Zweifel die Oberhand. Die Butt Bridge – deren Name bei Collegestudenten ein Hit war, Deirdre heute aber kein Lächeln entlockte – brachte sie ans Nordufer des Liffey Rivers und durch die Fensterscheibe konnte Deirdre sehen, dass der Custom House Quay vor dem Zollamtsgebäude so gut wie autofrei war. Ihre letzte Chance, um … Nervös krampften sich ihre Finger um die Schnalle des Sicherheitsgurts. Aber sie hatte den perfekten Zeitpunkt verpasst, alle Ampeln standen plötzlich auf Grün und der Fahrer beschleunigte. Von hier aus ging es zügig weiter – entlang des Flusses zum Hafen, dann weiter auf die M50, den Autobahnring um Dublin, und anschließend auf der M1 in Richtung Norden. Deirdre reckte den Hals. Die Nadel des Tachometers stieg unaufhaltsam höher, jetzt noch rauszuspringen wäre reiner Wahnsinn. Mal davon abgesehen, dass sie, selbst wenn sie sich bei einem Aufprall nicht Arme und Beine oder gleich den Hals bräche, auf der Autobahn gestrandet wäre.

Sie ließ die Schnalle des Sicherheitsgurts los, konnte jedoch nicht verhindern, dass sich ihre Fingernägel in das weiche Leder der Rückbank krallten. Worauf hatte sie sich bloß eingelassen – wohin würde man sie bringen? Irland war zum Glück eine kleine Insel, versuchte sie sich zu trösten. Selbst wenn der Chauffeur sie bis hinauf nach Belfast verschleppen sollte, wäre sie mit dem Überlandbus in weniger als drei Stunden wieder zurück.

Vorausgesetzt natürlich man ließe sie gehen.

Bring die Krone nach Hause. Was sollte das bedeuten? Es konnte sein, dass in dem Wellnesshotel ein Schönheitswettbewerb stattfand. Zu dieser Vorstellung passte auch das mit der Auswahl an Abendroben und Bikinis, und Deirdre fing schon an zu hoffen, dass sie verglichen mit den zumeist älteren Damen, die in solchen Hotels abstiegen, tatsächlich eine gute Figur machen könnte – bis ihr klar wurde, wie absurd der Gedanke war. Ihr einziges Ziel sollte darin bestehen, nicht aufzufliegen.

Kurz nach Drogheda verließen sie endlich die Autobahn und zuckelten bald darauf über eine Küstenstraße zwischen sanft geschwungenen, grünen Hügeln. Der Himmel war wolkig. Nur ab und zu blitzte ein Sonnenstrahl hervor. Die Straße erwies sich als so holperig, dass der Chauffeur langsam fahren musste, und Deirdre entspannte sich ein wenig. Es konnte nicht mehr weit sein. Sie sah durchs Fenster und begann nach einer Bushaltestelle Ausschau zu halten, aber das Erste, was ihr ins Auge sprang, war ein Ortsschild. Drei, vier Häuser aus grauem Stein folgten diesem. Aus einer der Fassaden ragte der Mast eines Segelschiffs. Ein löchriges schwarzes Segel hing daran. Die Guinness-Reklame darunter verriet, dass es sich um ein Pub handelte: The Wind in the Sails. Zwei schwarze Kreidetafeln links und rechts der Tür priesen das Tagesgericht, irischen Eintopf, sowie eine große Auswahl an Bier und Cider an.

Der Wagen bremste abrupt.

„Was ist los?“, entschlüpfte Deirdre. War etwa der Pub das Ziel ihrer Reise? Das wäre nicht so schlimm, wenn auch schwer zu glauben. Bestimmt wurden hier nicht die Champagner-Cocktails serviert, die Dianaimh bevorzugte!

„Die Gardaí, Miss Ó Cinnéide.“ Der Wagen hielt an. Und tatsächlich entdeckte Deirdre erst jetzt, halb hinter dem Pub versteckt, das weiß-blau-neongelb gemusterte Fahrzeug der Polizei.

Eine Gestalt in einer Warnweste mit dem blauen Schriftzug „GARDA“ auf der Brust hielt bereits auf sie zu. Wie von Geisterhand glitt Deirdres Fenster herunter.

Deirdres Herz fing an zu rasen. „I-ist etwas nicht in Ordnung?“, stammelte sie. In Sekundenbruchteilen schossen ihr alle möglichen Gedanken in den Sinn: Hatte der Chauffeur sie längst enttarnt, sie in diese Einöde verschleppt und die Polizei hierher gerufen, damit diese sie mitnähme? Er hatte sie doch gerade noch mit Dianaimhs Namen angesprochen! Machte er sich über sie lustig? Und würden ihr die Polizisten glauben, dass sie unschuldig war – könnte sie behaupten, das alles sei bloß eine dumme Verwechslung? Warum nur war sie je in diesen Wagen gestiegen?

Der Inspektor, er trug eine schwarze Kappe mit einem goldenen Stern, lehnte sich durchs Fenster. „Sie wollen bestimmt nach An Mhuir.“ Er mochte im selben Alter wie ihr Vater sein und klang halb vorwurfsvoll, halb resigniert – in etwa so als wäre Deirdres Auftauchen nur eines seiner vielen Probleme. Dabei konnte sein Tag bisher unmöglich schlimmer gewesen sein als ihrer.

„Ja?“, erwiderte sie unverbindlich und kratzte dabei ihre paar Brocken Gälisch zusammen, wünschte sich zum ersten Mal, sie hätte die Sprache in der Schule nicht so bald wie möglich abgewählt und durch Französisch ersetzt. „An Mhuir“ hieß „Das Meer“, oder etwa nicht? Klang passend für ein Wellnesshotel an der Küste.

Er lehnte sich noch weiter vor. Deirdre hoffte bloß, der Chauffeur würde nicht ausgerechnet jetzt ihr Fenster wieder raufkurbeln und ihn versehentlich köpfen. „Und was genau ist der Zweck Ihres Besuchs?“

Ich bin hier, um meiner Hexe von Mitbewohnerin eins auszuwischen, lag ihr auf der Zunge. Sie schluckte die Worte gerade noch runter und erwiderte so hoheitsvoll wie möglich: „Ich bin eingeladen.“ Kratzte dann ihren Mut zusammen und fügte hinzu: „Warum fragen Sie, gibt es ein Problem?“

Der Inspektor antwortete darauf nicht. Er sagte nur: „Wenn Sie etwas Merkwürdiges sehen, lassen Sie es uns wissen.“ Der Satz klang irgendwie nach einer Floskel und irgendwie auch nicht; als wäre er überzeugt, dass sie etwas Merkwürdiges sehen würde, aber genauso überzeugt, dass sie nicht vorhätte es ihm zu sagen.

Nach kurzem Überlegen ergänzte er: „Und wenn es doch ein Problem geben sollte, sind wir dafür zuständig. Nichts von diesem“, er trat einen Schritt zurück und wedelte abfällig mit einer Hand, „'für uns gelten die Gesetze gewöhnlicher Sterblicher nicht'. Ist das klar?“

„Kristallklar“, log Deirdre zuckersüß. Ihr Fenster schloss sich und der Wagen rollte los. Erst als der Inspektor und das Polizeiauto aus dem Rückspiegel verschwunden waren, beruhigte sich ihr Herzschlag allmählich. Sie konnte fast nicht glauben, dass sie soeben einem Polizisten ins Gesicht gelogen hatte – vermeinte zugleich Maureens triumphierendes Gackern zu hören: „Ich wusste, du hast es in dir!“ Und was bedeutete diese merkwürdige Warnung? Immerhin, versuchte sie sich zu trösten, klang es, als hätten die Gardaí dort, wo sie hinfuhren, nicht viel zu melden. Was wohl hieß, dass man sie mit ein bisschen Glück auch nicht verhaften würde.

Sie ließen das Dorf hinter sich. Die Straße wand sich aufwärts in die Hügel. Deirdre spähte nach Wegweisern oder sonstigen Beschilderungen für „An Mhuir“ aus, doch sie entdeckte keine. Auch ansonsten gab es wenig zu sehen; nur ein paar Hinweise auf Golf- und Segelclubs, dann – gut zu wissen – eine einsame Bushaltestelle und kurz darauf den Beginn einer steilen Klippe, die zum Meer hin abfiel.

Schließlich endete die Straße vor einem Herrenhaus. Deirdres erster Eindruck, ohne dass sie erklären hätte können warum, war der einer in Stein gehauenen Welle. Der Gedanke blieb in ihr hängen, auch als der Wagen um die letzte Kurve bog und vor ihr nichts mehr als ein wuchtiger, rechteckiger Bau aus grauem Kalkstein aufragte. Das Haus musste Hunderte Jahre alt sein, wirkte aber sauber und gepflegt. Ein paar Sonnenstrahlen brachen sich in den spiegelnden Fenstern. Der Rasen, der von der Türschwelle sanft abwärts verlief, die Sträucher und Büsche, ja selbst der rote und grüne Efeu an den Mauern waren professionell gestutzt und kunstvoll in Form gebracht.

Der Wagen blieb stehen. Der Chauffeur stieg aus und öffnete Deirdres Tür für sie, verschwand dann ums Heck. Sie hörte den Kofferraumdeckel klicken. Steifbeinig stieg sie aus und verrenkte sich den Hals, doch sie sah nirgendwo auch nur ein kleines, diskretes Schild, das auf ein Wellnesshotel hinwies.

Bis ihr Blick wieder zum Chauffeur schweifte, marschierte jener schon mit zwei cremefarbenen Hartschalenkoffern, einem in jeder Hand, über den Pfad, der durch den Garten zu den Eingangsstufen verlief.

Für einen Moment zögerte Deirdre. Sie könnte abhauen – aber wohin? Der Ort mit dem Pub und die vorhin entdeckte Bushaltestelle lagen jeweils mehrere Kilometer von hier entfernt, und es gab nur diese eine Straße. Sie tastete nach dem Handy in ihrer Tasche. Sie könnte natürlich den Notruf der Gardaí wählen. Und ihnen was genau sagen? Dass sie versucht hatte, sich als jemand anderer auszugeben, aber nun kalte Füße bekam?

„Djee!“

Deirdre riss den Kopf herum. Auf einem Weg, der zwischen den Sträuchern links hinters Haus führte, eilte ihr ein Junge entgegen und winkte.

Nein: ein Mädchen, erkannte Deirdre auf den zweiten Blick. Die Fremde mochte ungefähr in ihrem Alter sein und trug eine schwarze Hose, dazu ein knallrotes, ärmelloses Seidentop, das sich an ihre Kurven schmiegte. Ihre schwarzen Haare waren in einem flotten Kurzhaarschnitt gestylt.

Ein paar Schritte vor Deirdre blieb sie stehen. Und Deirdres ganze Haltung und Miene mussten wohl „Äh, wer bist du?“ schreien, denn das Mädchen rollte die Augen. „Jetzt tu nicht so, als würdest du mich nicht mehr kennen.“

„Sorry …“ Sie ließ die Aussage unvollendet.

„Erin.“ Das Mädchen schnitt eine Grimasse, ehe sie hinzufügte: „Oder hier Éireann.“ Ihre Betonung des irischen Namens klang spöttisch und übertrieben, vielleicht war das ja der Grund, warum sich Deirdre sofort an Maureen erinnert fühlte. „Sag bloß, du erinnerst dich echt nicht mehr? Es ist zwar ein paar Jahre her, aber wir haben beim letzten Treffen miteinander Medb und Ailill gespielt.“

Medb und Ailill … Sie kannte diese Namen aus ihrer Schulzeit, aber was … Natürlich! Medb hatte die sagenumwobene Königin von Connacht geheißen, Ailill ihr Ehemann.

„Wer von uns war noch mal Medb und wer Ailill?“, gab sie zurück. Und das schien die richtige Erwiderung gewesen zu sein, denn Erin lachte und hakte sich vertraulich bei ihr unter.

„Hast du Murrough schon gesehen?“, raunte sie und beantwortete ihre Frage gleich selbst. „Klar hast du. Er ist echt heiß geworden, findest du nicht auch?“

„Nein, habe ich nicht. Wie denn auch? Ich bin gerade erst angekommen“, hörte sich Deirdre plappern, was immerhin besser war als das „Wer zum Teufel ist Murrough?“, das ihr auf der Zunge lag.

Trotzdem bedachte Erin sie mit einem erstaunten Blick. Zu spät fiel Deirdre ein, dass von ihr vielleicht erwartet wurde, Murrough-wer-auch-immer-das-sein-mochte schon aus Dublin zu kennen.

„Ich dachte …“, begann Erin auch sogleich.

„Du weißt doch, mit all dem Stress auf der Uni–“, übertönte Deirdre sie und wechselte verzweifelt das Thema: „Bist du auch allein hier?“

„Natürlich nicht.“ Zu Deirdres Erleichterung ließ sich Erin ablenken. „Meine Schwester ist doch im Rennen um die Krone. Sag bloß, du erinnerst dich auch nicht mehr an Emer? Du hast damals heimlich ihre Bikinis anprobiert“, sie kicherte. Und das klang zweifellos nach Dianaimh – vor allem aber sorgte die Bemerkung dafür, dass der letzte Rest von Deirdres Hoffnung schwand. An Mhuir war ganz offenbar kein Wellnesshotel, sondern vielmehr ein Herrenhaus im Privatbesitz, in dem sich Dianaimhs Verwandte und/oder Bekannte an diesem Wochenende trafen.

Und sie, Deirdre, platzte nun mitten in so ein Treffen hinein.

„Geht es dir gut? Du wirkst irgendwie blass. Blasser als sonst, meine ich.“ Erin musterte sie sorgenvoll.

„Ja, alles bestens“, log Deirdre, und diesmal kam ihr das reflexartige Lächeln, das die Worte begleitete, gerade recht.

Mit Gewalt riss sie sich zusammen. Noch war nicht alles verloren: Zwar konnte sie nicht länger darauf hoffen, unter Dutzenden Hotelbesuchern anonym zu bleiben – doch Erin und Dianaimh kannten einander offenbar nur flüchtig. Wenn sich Deirdres eigene Großtante seit neunzehn Jahren nicht merken konnte, ob ihre Großnichte nun Deirdre, Deena oder Dorothy hieß, würde es Deirdre doch wohl schaffen, Dianaimhs Familie ein oder zwei Tage lang zu täuschen.

Sie räusperte sich. „Und du? Bist du auch im Rennen um die Krone?“

Verständnislos blickte Erin sie an. „Ich? Nein, ich bin doch nur die jüngere Tochter. Auch wenn Murrough weit näher an meinem Alter wäre als an ihrem. Er ist ja erst dreiundzwanzig, sie fast dreißig, aber die Tradition …“

Abrupt unterbrach sie sich und starrte an Deirdre vorbei. „Guck mal! Wer kommt denn da?“

Deirdre drehte sich um und folgte ihrem Blick. Soeben hielt eine weitere schwarze Limousine in der Einfahrt. Eine Frau um die fünfzig in einem blauen Blazer und mit einer Chauffeurkappe auf dem Kopf stieg aus und öffnete die hintere Wagentür für einen deutlich jüngeren Mann. Schwarze Locken umspielten sein gebräuntes Gesicht. Die Fahrerin stieg wieder ein, doch er eilte vor zu ihrer Tür, lehnte sich ins Wageninnere und sagte etwas zu ihr, lachte dabei wie über einen Scherz.

Verstohlen warf Deirdre einen Seitenblick auf ihre Begleiterin. Erin starrte den Neuankömmling so interessiert an wie eine Katze, die ein Mauseloch belauerte. Vielleicht waren ja Scherze mit dem Personal für sie etwas völlig Unbekanntes? Oder sie fand es komisch, dass die Chauffeuse ihrem Fahrgast nicht das Gepäck zum Haus schleppte, obwohl der Mann sein einziges kleines Trolleyköfferchen ganz sicher selbst ziehen konnte. Was wusste Deirdre schon darüber, wie reiche Leute zu reisen pflegten?

„Er sieht exotisch aus, findest du nicht?“, murmelte Erin in ihre Gedanken hinein. Und so wie sie das Wort „exotisch“ betonte, erinnerte sie Deirdre mehr denn je an Maureen, wenn sich diese beim Anblick eines heißen Jungen anzüglich die Lippen leckte. „Ich muss gleich mal meinen Vater fragen, wer er ist. Sehen wir uns nachher beim Dinner?“

Sie wartete kaum Deirdres Nicken ab, ehe sie sich abwandte und davonlief. Und obwohl sich das kurze Gespräch mit ihr wie ein Spaziergang durch ein Minenfeld angefühlt hatte, beschlich Deirdre die merkwürdige Ahnung, sie hätte eine Verbündete gefunden.

Der Gedanke machte sie mutig genug, um über den Hauptpfad zum Eingang des Herrenhauses zu marschieren. Über mehrere wuchtige Steinstufen gelangte man zu einer breiten, aber schlichten Tür. Dahinter erstreckte sich eine geräumige Eingangshalle, deren weiße Säulen und Stuckarbeiten an der Decke tatsächlich zu jeder Hotellobby gepasst hätten.

Und scheinbar diente sie im Moment auch als solche: An ihrer linken Wand war ein mit weißem Leinen bedeckter Tisch aufgebaut, an dem zwei Angestellte mit Laptops die Gäste begrüßten. Der „exotische“ junge Mann von vorhin verließ soeben mit einem Schlüssel in der Hand die Halle und hielt auf die Treppe an ihrem Ende zu.

Deirdre näherte sich langsam der Theke. Und überlegte dabei, was für sie der unverfänglichste Einstieg wäre – aber sie hätte sich die Mühe sparen können.

„Miss Ó Cinnéide!“, begrüßte die junge Hostess in einer hochgeschlossenen weißen Bluse und einem schwarzen Blazer sie freundlich. „Fáilte go an teach na mhuir!“ Was irgend so was heißen musste wie „Willkommen auf An Mhuir“, und während Deirdre den Gruß noch in Gedanken übersetzte, fügte der Mann im schwarzen Anzug schon auf Englisch hinzu: „Ihre Koffer wurden in die Suite Nr. 12 im ersten Stock gebracht. Das Dinner findet um acht Uhr im großen Saal statt.“ Er reichte ihr einen altmodischen, vergoldeten Schlüssel. Deirdre brauchte bloß noch „Danke“ zu murmeln, bevor sie zur Treppe eilte.

Wenig später stand sie in ihrem geräumigen, luxuriös ausgestatteten Zimmer, dessen begehbarer Kleiderschrank allein schon größer war als ihr Kämmerchen zu Hause in Dublin, und kniff sich erst mal in den Schenkel, um sicherzugehen, dass sie nicht träumte. Sie warf einen Blick in das private, an ihr Zimmer grenzende Bad und starrte dort ungläubig das weiße Marmorsims und die goldenen Wasserhähne an, bevor sie zurückkehrte und sich den beiden Koffern widmete.

Dianaimh besaß, wie Deirdre wusste, einen gigantischen Vorrat an Kleidern. Sie ging fast jeden Tag shoppen und wenn ihre Schränke in Dublin dann überquollen, schickte sie paketweise nach Hause „auf den Landsitz“, was aus der Mode war, nicht zur Saison passte oder ihr schlicht und einfach nicht mehr gefiel. Ein Teil wurde dort aufbewahrt, der Rest der Heilsarmee gespendet.

Einmal hatte Deirdre ihren Stolz runtergeschluckt und Dianaimh gefragt, ob diese ihr eine gerade ausgemusterte Rock-und-Blazer-Kombi als Arbeitskleidung für die Boutique verkaufen würde. Dianaimh hatte von oben herab entgegnet, das sei völlig undenkbar: Man könne ihr doch wohl nicht zumuten, mit anzusehen, wie ihre Mitbewohnerinnen ihre abgelegten Kleider trugen! Heißer Zorn stieg in Deirdre hoch, als sie sich nun beim Durchstöbern der Koffer daran erinnerte und an Maureens Geschichte mit dem Höschen dachte.

Aber wie hieß es so schön: Rache ist süß. Daher wählte sie, als es ihr endlich gelungen war, sich aus dem Kleid zu schälen, fürs Dinner aus all dem Luxus eine schimmernde, goldene Abendrobe aus. Das hauchdünne Material schmiegte sich an jede ihrer Kurven, und der Ausschnitt war hinten sogar noch tiefer als vorne. Nie im Leben hatte sich Deirdre so sexy und zugleich so elegant gefühlt!

Sie frischte ihr Make-up auf, fasste ihre Haare erneut zu einem strengen Dutt zusammen und ließ wie zuvor nur ein paar lockige Strähnen übrig, die ihr blasses, sommersprossiges Gesicht umspielen durften. Hoffentlich würden Dianaimhs entfernte Verwandte die dunklere Schattierung ihrer Haarfarbe nicht bemerken … Aber wenn doch könnte sie immer noch behaupten, der Stylist vom letzten Friseurbesuch wäre daran schuld.

Ausgiebig betrachtete sich Deirdre zu guter Letzt im Spiegel und wünschte sich dabei heimlich, Mrs Burke könnte sie so sehen. Wenn sie schon viel früher angefangen hätte, Dianaimhs Klamotten zu klauen und ihren Stil zu kopieren, hätte sie ihren Job vermutlich noch – aber der Gedanke war ernüchternd, und sie verdrängte ihn so gut es ging aus ihrem Kopf. Sie war heute Abend nicht Deirdre mit all ihren Geld- und sonstigen Sorgen; sie war Dianaimh, die ihr Leben lang alles auf dem goldenen Tablett serviert bekommen hatte.

„Königlich genug?“, fragte sie halblaut. Das Lächeln ihres Spiegelbilds gab ihr die Antwort.

So war es auch kein Wunder, dass ihr eine Welle anerkennender Blicke entgegenschlug, kaum dass sie in Dianaimhs Robe und Dianaimhs goldenen Glitzerpumps in den Saal glitt. Jener war riesig, und die Spiegel an den Wänden, die vom Boden bis zur Decke reichten, ließen ihn noch geräumiger wirken – auch wenn einige von ihnen ebenso wie die hohen, schmalen Fenster mit dunkelblauen Samtvorhängen verhüllt waren. Unter den Kronleuchtern, die den Saal erhellten, erstreckte sich eine Tafel für wohl an die zwanzig Personen.

Deirdres anfängliche Befürchtung, sie hätte sich für ein bloßes Abendessen allzu schick gemacht, verschwand im Nu. Alle Gäste waren gekleidet wie zum letzten Dinner auf der Titanic: die Herren im Frack, die Damen in langen Roben. Und nur die Hälfte von ihnen saß bereits am Tisch; der Rest hatte sich in Zweier- und Dreiergruppen entlang der Wände verteilt und unterhielt sich leise.

Unschlüssig blieb Deirdre auf halbem Weg zur Tafel stehen. Was jetzt? Nervös umklammerte sie die goldene Clutch, die sie in Dianaimhs Koffer gefunden hatte, während ihr Blick von einem Gast zum nächsten huschte. Endlich entdeckte sie Erin an der Tafel. Sie trug ein blassrosa Seidenkleid, das zwar optisch zu den Outfits der übrigen Gäste, aber irgendwie so gar nicht zu ihr passte, und rollte gelangweilt die Augen. Schlagartig fühlte sich Deirdre bei ihrem Anblick besser.

Leider war neben Erin kein Platz mehr frei: Sie saß zwischen einem Ehepaar - vermutlich ihren Eltern – und einer schwarzhaarigen jungen Frau in einem sehr ähnlichen Seidenkleid von einem dunkleren Rot. Das musste Emer sein. Deirdre umrundete kurz entschlossen die Tafel und hielt auf den freien Platz gegenüber Erin zu – doch Emer bedachte sie mit einem so vernichtenden Blick, dass sie es gar nicht erst wagte, sich zu setzen.

Wie auf ein unhörbares Signal schlenderten da auch die anderen Gäste herbei und nahmen ihre Plätze ein. Und bald begriff Deirdre, dass es trotz des Fehlens jeglicher Namenskärtchen eine Sitzordnung geben musste: Sie näherte sich diesem oder jenem freien Stuhl, doch ihre Nachbarn kräuselten stets missbilligend die Lippen oder hoben auch mal belustigt eine Braue, bis sie nach ein paar Fehlversuchen endlich den Platz ein Stück oberhalb von Erins Familie gefunden hatte, der ihrer zu sein schien. Ein Herr mit schlohweißem Haar erhob sich sogar zittrig und zog den Stuhl für sie heraus, bevor sie protestieren konnte.

Ihr anderer Nachbar – um die vierzig und blond – grinste sie an. „Miss Ó Cinnéide. Welche Freude!“

Deirdre murmelte hastig einen Gruß und tat ihr Bestes, um sich unsichtbar zu machen, bevor ihr verspätet einfiel, dass Dianaimh ganz bestimmt nicht so reagiert hätte. Sie spreizte also die Finger, ignorierte ihre beiden Tischpartner völlig und bemühte sich, den Eindruck zu erwecken, sie wäre ganz und gar in die Betrachtung ihrer lackierten Nägel vertieft.

Es dauerte nicht lange, bis mehrere diensteifrige Kellner herbei eilten und damit anfingen, den Gästen Wein einzuschenken. Niemand wollte Deirdres Ausweis sehen oder auch nur ihr Alter wissen. Außerdem eignete sich so ein Weinglas hervorragend dazu, es vors Gesicht zu heben, zu nippen und dabei verstohlen die anderen Gäste zu beobachten. Der „exotische“ junge Mann, der zugleich mit ihr angekommen war, saß auf einem Platz ganz unten an der Tafel, und Erin – ein Stück unterhalb von Deirdre, aber deutlich oberhalb von ihm positioniert – belauerte ihn, als hoffte sie, man würde ihn zum Dinner servieren.

Nur die beiden Plätze am Kopfende des Tischs waren noch frei. Wer dort wohl sitzen würde? Vermutlich der oder die Gastgeber. Deirdre bereute es nun, dass sie so gut wie nichts über Dianaimhs Familie wusste.

Was nicht etwa hieß, Dianaimh hätte nie über diese gesprochen: Sie prahlte oft genug damit, dass sie und ihre Eltern über Ostern schnell mal in die USA gejettet und dort bei allen möglichen Hollywoodstars zu Gast gewesen wären. Bloß war Maureen die absolute Expertin, was Klatsch und Tratsch über Promis anging, und sie machte sich oft darüber lustig, wie wenig von all dem Geprahle stimmen konnte: Dieser und jener Star wäre zu dem Zeitpunkt gerade in einer Entzugsklinik gewesen, der Zweite bei einem Filmfestival in Europa, der Dritte sogar schon tot.

„Glaub ihr, was ihre Urlaube angeht, am besten kein Wort“, hatte sie Deirdre mal lapidar geraten. „Ihre königliche Hoheit ist bei so was nun mal eine chronische Lügnerin. Keine Ahnung warum. Dass ihre Eltern stinkreich sind, stimmt jedenfalls. Und sie ist auch nicht doof – leider. Sonst würde sie nicht am Trinity studieren. Ich weiß selbst nicht, warum sie glaubt, sie hätte den Quatsch nötig.“

Gerade als sie sich daran erinnerte, betraten noch zwei Männer den Saal. Einer von ihnen schritt zu dem Stuhl rechts oben am Kopfende der Tafel, einem altmodischen, gepolsterten Sessel mit Armlehnen, der Deirdre an einen Thron erinnerte. Der Mann mochte um die fünfzig oder sechzig, vielleicht auch älter sein – es war schwer zu sagen. Graue Strähnen zogen sich wie Silberfäden durch seine nussbraunen Locken und den sorgfältig gestutzten Bart. Er trug als Einziger im Raum keinen Frack, sondern eine altmodisch wirkende Jacke aus königsblauem Samt und dazu eine silberne Schärpe, die ihm von der Schulter bis zur Hüfte reichte.

Zu seiner Linken ließ sich ein junger Mann nieder, der wohl sein Sohn oder Enkel sein musste, und Deirdre konnte in Gedanken Maureens Ausruf hören: „O Mann! Der ist nicht nur heiß, der ist eine Supernova!“ Seine Haare waren ebenso lockig wie die des Alten, aber heller, fast blond. Golden, dachte Deirdre und ärgerte sich sogleich über ihre poetische Anwandlung. Sein weißes Hemd stand am Kragen offen; damit und mit den strahlend blauen Augen in einem gebräunten Gesicht sah er aus wie eine Mischung aus Playboy und Surfer. Mit anderen Worten: exakt Maureens Typ. Deirdre wünschte sich jetzt, sie hätte ihr Handy nicht oben im Zimmer gelassen. Ob er nachher wohl bereit wäre, mit „Dianaimh“ für ein Selfie zu posieren?

Der Ältere der beiden Männer klopfte mit der Gabel an sein Glas. Die Gespräche am Tisch verstummten rasch, aber erst, nachdem Deirdre irgendwo neben ihr das irische Wort „“ aufgeschnappt hatte: König. Nicht nur das – die Phrase war „rí ruirech“ gewesen, „König der Könige“: ein Provinzkönig, der über andere herrschte. So wie einst die Herren von Cashel in Munster, von Dún Ailinne in Leinster und natürlich Tara, dem heiligen Hügel von Meath ganz in der Nähe von Dublin, zu dem es Deirdre trotz regelmäßiger Studentenausflüge dorthin irgendwie nie geschafft hatte.

Der … König? … erhob sich von seinem Thron-Sessel und fing an zu sprechen. Auf irisch! O Mann. Der einzige Vorteil davon: Es fiel Deirdre ziemlich leicht, Dianaimhs verträumt-gelangweilte Miene beizubehalten, denn sie verstand nur einen Bruchteil dessen, worum es ging. „Murroughs Fest“ kam ziemlich oft vor. Und dabei gestikulierte der „König“ oft nach links, Murrough musste also wohl der heiße Sunnyboy sein. Er trug während der gesamten Rede ein unverbindliches Lächeln zur Schau, so dass sich Deirdre schon fragte, ob er womöglich genauso wenig von all dem Irisch verstand wie sie. Aber das konnte nicht sein, oder?

Gegen Ende wandte sich der König dann direkt an ihn und fragte, ob sein Sohn etwas hinzuzufügen hätte. Mit einer lässigen Handbewegung wehrte Murrough ab und erwiderte auf Englisch: „Nein danke, Vater. Ich bin mir sicher, all die Mädchen hier wissen einen Mann zu schätzen, der das Schweigen gelernt hat.“

Ein paar weibliche Stimmen kicherten nervös. Doch alle verstummten, als der König sein Glas hob und einen Toast aussprach: „Auf die richtige Braut für den Prinzen.“

Deirdre hob wie alle ihr Glas, doch ihre Hand fing plötzlich an zu zittern, und sie beeilte sich, es wieder auf den Tisch zu stellen. Sie musste sich verhört haben. Oder? Was konnte dieser Toast sonst bedeuten – dass hier so was wie die mittelalterliche Version einer Datingshow stattfand?

So unauffällig wie möglich sah sie sich um, entdeckte aber nirgendwo eine einzige Kamera. Das beruhigte sie. Für ungefähr drei Sekunden, bevor ihr einfiel, was Dianaimhs Laufbursche-oder-was-auch-immer ihr vor der Abfahrt der Limousine zugeflüstert hatte: „Bring die Krone nach Hause.“ Und dann vorhin Erins Bemerkungen über das „Rennen um die Krone“ und dass Emer sich dabei Chancen ausrechnen würde, obwohl sie deutlich älter als Murrough war … Mist. Was sollte sie, Deirdre, bloß tun? Sie war doch nicht hier, um zu heiraten!

Während ihr das alles durch den Kopf ging, wurde der erste Gang serviert: eine klare Suppe mit Seetang, die an japanische Miso erinnerte. Deirdre löffelte sie mechanisch, ohne groß auf den Geschmack zu achten. Sie war zu sehr damit beschäftigt, heimlich die jüngeren weiblichen Gäste zu zählen.

Einschließlich Erin waren es sechs – machte also mit ihr, Deirdre, fünf Kandidatinnen. Würde man von ihnen erwarten, dass sie irgendwelche Wettkämpfe austrugen, und dann jedesmal eine von ihnen rauswählen und sie aus dem Herrenhaus verjagen? Und wer träfe wohl die Entscheidung darüber, welches Mädchen weiterkam und welches nicht? Murrough? Sein Vater? Beide? Oder das Publikum?

In Gedanken versunken bemerkte sie gar nicht, wie das Geschirr abserviert wurde und ein Bediensteter einen neuen Teller vor sie hinstellte. Sie griff zum Besteck – und erstarrte, als sie das Stück Fleisch mit dem hervorstehenden Knochen sah.

Das Messer entfiel ihrer Hand. Ohne zu überlegen griff sie nach dem Arm des davoneilenden Kellners. „Äh, würden Sie das bitte wieder mitnehmen?“

Der schlohweiße Herr neben ihr wirkte plötzlich besorgt. „Ist etwas nicht in Ordnung?“ Er blickte ihr Lammkotelett an, dann seines, als befürchtete er, beide könnten vergiftet sein.

Sie zwang sich, zu lächeln. „Alles bestens. Ich kann das nur nicht essen, ich bin Vegetarierin.“

Obwohl sie nicht laut gesprochen hatte, herrschte plötzlich Totenstille im Saal. Keine Gabel stieß mehr klirrend an einen Teller, niemand flüsterte mit dem Nachbarn oder setzte auch nur sein Glas ab – alle Gäste und sogar die Kellner starrten Deirdre ungläubig an.

Die Hitze schoss ihr ins Gesicht, als sie begriff, welchen kapitalen Fehler sie gemacht hatte. Dianaimh war natürlich keine Vegetarierin. Ganz im Gegenteil! Maureen pflegte zu witzeln, ihre Lieblingsspeise seien rohe, blutende Herzen, und das kam der Wahrheit ziemlich nahe. Sie hätte garantiert glücklich und zufrieden auf einem Schlachthof leben können, solange bloß eine Glaswand ihre Designerkleider vor etwaigen Blutspritzern schützte.

Deirdre senkte den Blick und starrte auf das winzige Kotelett. Was jetzt? Sollte sie, um jeden Verdacht zu zerstreuen, in das Fleisch schneiden und so tun, als wäre alles nur ein Scherz gewesen?

Schon von dem Gedanken wurde ihr übel. Sie hob den Kopf. Ihr Entschluss stand fest: Lieber würde sie hier und jetzt auffliegen und die Konsequenzen ihres Schwindels tragen, als auch nur einen Bissen eines armen, kleinen Babyschafs zu essen, das bei der Schlachtung vermutlich nach seiner Mama geblökt hatte.

Plötzlich brach Murroughs Stimme das Schweigen im Saal: „Eine Vegetarierin? Und ich dachte, Gottesanbeterinnen würden ihre Männchen ermorden, um sie dann zu essen.“

Deirdre starrte ihn an. Von seinem Platz am Kopfende der Tafel schenkte er ihr ein vergnügtes, blendend weißes Grinsen. Und sie konnte über seine Bemerkung nicht mal beleidigt sein. Immerhin hielt er sie für Dianaimh und das mit der Gottesanbeterin war tatsächlich ein perfekter Vergleich.

Der Gedanke half. Sie zog Dianaimhs Arroganz wie einen Mantel um sich, reckte das Kinn und erwiderte hochmütig: „Vegetarische Ernährung ist gut für den Teint. Solltest du auch mal probieren.“

Irgendjemand weiter unten an der Tafel lachte leise in sich hinein, und damit war der Bann gebrochen – die Gespräche ringsum begannen von Neuem. Deirdres Kellner eilte mit dem Kotelett davon, und gleich darauf brachte ihr jemand anderer einen Teller mit viel zu weich gekochtem, kaum gewürztem Gemüse. Sie stocherte darin, war aber immerhin schlau genug, sich nicht noch mal zu beschweren.

Zum Glück bestanden die weiteren Gänge des Dinners aus Käse und einem zugegebenermaßen echt leckeren Schokomousse. Deirdre konzentrierte sich so gut es ging darauf und sah kein einziges Mal zum Kopfende der Tafel, obwohl sie sich ziemlich sicher war, dass Murrough sie beobachtete. Sobald sich die ersten Gäste erhoben, sprang auch sie auf und hielt auf die Saaltür zu, bevor noch irgendjemand sie in ein Gespräch verwickeln könnte …

An der Tür fing Erin sie ab. „Komm!“, flüsterte sie, hakte sich wieder bei ihr unter und zog Deirdre mit sich durch den Flur bis zu einer kleinen Nische, in der eine Topfpflanze und die Bronzestatue eines nackten Wassermanns mit einem Dreizack standen.

Erst dort gab sie Deirdres Arm frei, wandte sich ihr zu – und prustete los. „'Vegetarische Ernährung ist gut für den Teint'?“ Der Schalk blitzte aus ihren Augen, als sie fortfuhr: „Hast du gesehen, wie der König geguckt hat? Ich dachte, ihn trifft der Schlag! Woher kennst du bloß solche Sprüche? Etwa von den Mädchen, die bei dir wohnen?“

Deirdre brauchte einen langen Moment, um zu kapieren, dass Maureen und sie selbst gemeint waren. Verblüfft nickte sie; nie im Leben hätte sie damit gerechnet, dass Dianaimh sie einer Freundin gegenüber erwähnen würde. Oder wenn doch dann nur um sich über sie zu beschweren.

„Sag schon: Wie sind sie so?“ Ehrliche Neugier schwang in Erins Stimme mit.

Deirdre bereute jeden Schluck Wein vorhin beim Dinner, als sie sich in Windeseile den Kopf darüber zerbrach, wie Dianaimh sie und Maureen wohl beschreiben würde.

„Ach, ziemlich langweilig“, entschied sie endlich und rümpfte angewidert die Nase. „Und diese schrecklichen, billigen Klamotten! Von dem Gejammere über zu wenig Geld ganz zu schweigen …“

Erin nickte verständnisvoll. Entweder fand sie also die chronische Geldnot anderer Leute genauso nervig, wie Dianaimh es tat – oder sie war deren Egoismus einfach schon gewöhnt.

Sie blieben nicht lange allein: Schon marschierte Emer, sichtlich auf der Suche nach Erin, den Flur entlang und bedachte sie beide mit missbilligenden Blicken. Erin schnitt eine reumütige Grimasse. „Ich muss zurück. Wir sehen uns!“, versprach sie, bevor sie aus der Nische schlüpfte und zu ihrer Familie zurückkehrte.

Sobald sie fort war, floh auch Deirdre eilig in ihr Zimmer. Erst dort atmete sie auf. Kaum zu glauben, aber wahr – sie hatte das Dinner überlebt und niemand hatte sie enttarnt. Mit ein bisschen Glück würde sie das ganze Wochenende hier unbeschadet überstehen …

Bring die Krone nach Hause.

Auch als sie schließlich in einem von Dianaimhs champagnerfarbenen Satinpyjamas in einem riesigen Himmelbett mit silbernen Vorhängen lag, kreisten diese Worte durch ihren Kopf. Trotz oder gerade wegen all der Aufregung des Tages war an Schlaf nicht zu denken.

O Gott! Ein Gedanke sorgte dafür, dass sie sich ruckartig aufsetzte. Sofern das hier alles abliefe wie in der Datingshow, über die sich Maureen so gern lustig machte, würde Murrough eine Kandidatin nach der anderen für eine Nacht in seine Suite bitten, die er vermutlich mit Rosenblättern und Kerzen dekoriert hätte. Ging er womöglich gerade mit der Ersten zur Sache, hatte Deirdre da was verpasst? Und guckte der König zu? Alles an ihm schrie geradezu „Kontrollfreak“. Die Vorstellung jagte ihr einen Schauder über den Rücken. Kurz überlegte sie sogar, ob sie sich nicht mit den Bettlaken und den silbernen Vorhängen des Himmelbetts aus ihrem Zimmer im ersten Stock abseilen und abhauen sollte. Aber ein Seil aus Satin und Chiffon klang nicht sehr fluchttauglich. Und außerdem hatte sie vor dem Zubettgehen bemerkt, dass im Garten angebrachte Scheinwerfer ihre Seite der Fassade beleuchteten. Jeder würde Deirdre bei ihrem Kletterversuch sehen können.

Sie hatte ihre Feuerprobe immerhin bestanden, redete sie sich gut zu. Wie viel schlimmer konnte der Rest des Wochenendes schon werden?

Ihr Optimismus hielt bis zum Morgen an. Wahrscheinlich, kam ihr im Bad beim Auftragen des Make-ups ein jäher Gedanke, hatte sie sich mit ihrem Fauxpas gestern beim Dinner ohnehin schon als Heiratskandidatin disqualifiziert. Umso besser! Sie könnte bis zu ihrer Abreise mit Erin abhängen und dieser womöglich sogar peinliche Anekdoten über Dianaimhs Kindheit entlocken.

Mit diesem Vorsatz wählte sie für den Tag einen cremefarbenen, tief ausgeschnittenen Jumpsuit, schlüpfte in die dazu passenden Sandaletten und verließ das Zimmer. Der Flur war verwaist. Deirdre nutzte die Gelegenheit und posierte rasch noch vor einem gigantischen Spiegel in einem silbernen Rahmen, der vom Boden fast bis zur Decke reichte.

„Ich bin Dianaimh“, sagte sie halblaut, um in ihre Rolle zu finden. „Mein Zimmer sieht aus, als wäre ein Sturm hindurchgefegt.“ Sie öffnete ihre Clutch, warf einen kurzen Blick um sich und verstreute dann den gesamten Inhalt auf dem dekorativen Tischchen neben dem Spiegel. „Ich klaue anderer Leute Höschen und flippe gleichzeitig aus, wenn jemand meinen Lieblingskaffeebecher auch nur anguckt! Oder es wagt, die Fernbedienung zu berühren, während zum x-tausendsten Mal Dirty Dancing läuft.“

Jemand lachte leise. Deirdre wirbelte erschrocken herum.

Murrough lehnte an der geschlossenen Zimmertür gegenüber! Seine feuchten Haare schimmerten golden, und er trug Jeans – sonst nichts. Sein Oberkörper mit der bronzenen Haut, einem ziemlich beeindruckenden Sixpack und einer wie in Stein gemeißelten Brust zog Deirdres Blick an, ohne dass sie es verhindern konnte.

Oder um ganz ehrlich zu sein verhindern wollte.

Erst als er sie belustigt aufforderte: „Lass dich nicht stören, mach ruhig weiter“, wurde ihr klar, dass sie ihn erstens unverhohlen anstarrte und er sie zweitens gerade bei einer super peinlichen Aktion beobachtet hatte. Verschämt beugte sie sich über das Tischchen und fegte ihr Zeug wieder in die Clutch, doch sich abgewandt zu haben half rein gar nichts: Sie spürte Murroughs Blicke in ihrem Rücken.

Was würde Dianaimh tun?

Für einen Moment schloss Deirdre die Augen. Dann richtete sie sich auf und drehte sich um – blickte direkt in Murroughs Grinsen und versuchte dabei so hochmütig und unnahbar dreinzusehen wie Dianaimh, als Maureen diese mal angefaucht hatte, sie und Deirdre wären nicht ihre verdammten Hauselfen.

„Ist das so was wie ein Morgenritual für dich?“, fragte Murrough interessiert.

„Es gehört sich nicht, zu lauschen“, belehrte ihn Deirdre. „Und warum hast du dich angeschlichen?“ Sie musterte ihn vom Kopf bis zu den nackten Füßen und ergänzte so herablassend, wie sie konnte: „Ich hoffe, du willst dir kein Kleid von mir leihen.“

„Gute alte Djee“, erwiderte er vergnügt. „Liebreizend und taktvoll wie eh und je. Und ich hatte gestern schon gedacht, mit der neuen Haarfarbe wäre ein bisschen Inhalt in deinen Kopf getröpfelt … Scheinbar nicht.“

Deirdre hätte ihn küssen können! Und Maureen, wäre sie hier gewesen, wäre ihm vermutlich stürmisch um den Hals gefallen. Ein heißer junger Mann, der Dianaimh als das sah, was sie war – als eine hochnäsige Zicke, die wollte, dass die ganze Welt nach ihrer Pfeife tanzte.

Es gab noch Wunder.

„Murrough, richtig?“, platzte sie heraus. Sofort hätte sie sich am liebsten die Zunge abgebissen. Sie war Dianaimh, verdammt! Natürlich würde Dianaihm ihren Gastgeber, ihren zugedachten künftigen Bräutigam nicht nach seinem Namen fragen müssen!

„Ja, ich heiße noch immer so“, erwiderte er belustigt. „Oder eben Murchadh, aber wirklich nur wenn du darauf bestehst.“ Er fügte etwas auf Irisch hinzu, das in etwa wie ein Gruß klang, salutierte ihr spöttisch mit zwei Fingern und wandte sich zum Gehen.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752132151
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (April)
Schlagworte
Brüder Grimm keltisch erste Liebe Dublin Grimms Märchen Romance Urlaub Maerchenspinnerei Irland irische Mythologie Liebesroman Liebe Fantasy Urban Fantasy

Autor

  • Barbara Schinko (Autor:in)

Barbara Schinko, geboren 1980, wuchs in einer österreichischen Kleinstadt auf. Ihre Kindheit spielte sich zwischen Bücherbergen und den Welten in ihrem Kopf ab. Später studierte sie internationale Wirtschaftsbeziehungen, lebte mehrere Monate lang in Irland und reiste im Wohnmobil durch die USA. Wenn sie nicht arbeitet, sitzt sie in ihrem geliebten Hängesessel auf dem Balkon und träumt sich ans Meer.
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Titel: Das Meer so tief, der Wind so frei