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Essenz schauen - Vom Ruhen im Urgrund allen Seins

Die Spiritualität beginnt im Becken - Ein Buch über Esoterik und Freundschaft

von Samuel Widmer Nicolet (Autor:in)
484 Seiten

Zusammenfassung

"Ins Herz der Dinge lauschen" war 1989 Samuel Widmers erstes Buch und gleich eine umfassende Beschreibung des Weges nach innen gewesen, ein Entwurf eines vollständigen Menschenbildes, wie es sich aus dem psychotherapeutischen Vorgehen beziehungsweise im speziellen aus der Psycholytischen Psychotherapie, die beide darin in allgemein verständlicher und dem Herzen zugänglicher Sprache vollständig umschrieben und erfasst sind, ergeben hatte. "Essenz schauen", Samuel Widmers zweites Hauptwerk, weist nun auf das hin, was über Psychotherapie hinausführt. Es ist ein Buch über Spiritualität, die sich ganz auf der Diesseitigkeit begründet und keine Zuflucht in einer abgehobenen Plastik-Spiritualität sucht, welche die Auseinandersetzung mit den schwierigen und hoffnungslos erscheinenden Problemen unserer Zeit zu vermeiden trachtet. Es ist wiederum ein Lehrbuch, ein Arbeitsbuch für den ernsthaften spirituellen Sucher. Dieses Buch vermittelt nun ein vollständiges Weltbild, wie es sich aus der Beschäftigung mit der Gesamtheit unseres Energiekörpers ergeben hat. Es zeigt auf, wie die sexuelle Urkraft aus dem Becken und dem Bauch von ihrer Konditionierung befreit aufsteigen und alle Barrieren der Beschränkung auf allen sieben Ebenen des Seins durchschlagen kann, um in das gemeinsame Herz durchzubrechen, in das einzutreten Voraussetzung ist für die Entstehung von Freundschaft und wirklichem Bezogensein, wie es für die Befreiung unseres Planeten vom Leid, in das er gehüllt ist, unumgänglich ist. Es geht aber noch darüber hinaus und beschreibt unsere Möglichkeit eines Erwachens in den einen, stillen Geist, sofern die Lebenskraft in uns wirklich auf allen Stufen des Daseins von allen Zwängen und Tabus gereinigt worden ist, und versucht das Unfassbare, das Wunder von dem, was sich uns darin offenbart, zu fassen, berührt mit Worten das, was Worte und Gedanken nicht mehr zu greifen vermögen. Ein wunderbares Buch, das das Wunderbare und Heilige des Lebens, wiederum in leicht zugänglicher Sprache, die direkt ans Herz gerichtet ist, aus den Verstecken, in die wir es verbannt haben, herauszuschälen vermag.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Essenz schauen

Vom Ruhen im Urgrund allen Seins

Die Spiritualität beginnt im Becken

Ein Buch über Esoterik und Freundschaft

Essenz schauen

Vom Ruhen im Urgrund allen Seins

Die Spiritualität beginnt im Becken

Ein Buch über Esoterik und Freundschaft

BASIC EDITIONS

Du

Essenz schauen

Schauen, in den Urgrund allen Seins

Ins Herz der Dinge lauschen­ – schauen – fühlen

Du bist, wenn Ich nicht bin

Wo Ich endet, findet sich Du

Solange Ich scheine, bleibst Du verborgen

Essenziell schauen

Schauen, aus der Essenz allen Wesens

Aus dem Herzen aller Dinge lauschen – schauen – fühlen

Essenz sein

Im Urgrund aller Dinge ruhen

Vom Herzen aller Dinge ins Herz der Dinge schauen

Du

when hearts melt

hearts melt

reaching this fine line together

between life and death

there they melt away into one:

love, life and death

it is a golden thread

moving up through body and soul

like a string played by the wind

do you hear its sound?

soft and warm and full of yearning?

the desperate cry of humanity

winding up, unavoidably,

through all the feelings of the human heart

through all this loneliness without bottom

with all it`s subtle shadings

longing:

not yours or mine

you have to follow it

EINLEITUNG

nackt und bloss

nackt und bloss

bist du in die Welt gekommen

nackt und bloss

nackt und bloss

das heisst zerstörbar

aber auch berührbar

nackt und bloss

bist du in der Liebe

nackt und bloss

nackt und bloss

das heisst schutzlos

aber auch behütet

nackt und bloss

gehst du wieder von der Welt

nackt und bloss

nackt und bloss

das heisst hilflos

aber auch empfänglich

nackt und bloss

Von den Botschaftern des Lebendigen auf der Reise nach innen:

Anwendung psychoaktiver Substanzen in der Psychotherapie

(Vortrag an der Heinrich Heine Universität Düsseldorf im Rahmen der

Ringvorlesung 1994: Gesundheit und Heilung, Transkulturelle Perspektiven)

Ich bin eingeladen, hier zu Ihnen über die Anwendung psychoaktiver Substanzen in der Psychotherapie oder, wie ich persönlich es vorziehe, das Gleiche zu benennen, über die Botschafter des Lebendigen auf dem Weg nach innen zu sprechen. Unter psychoaktiven Substanzen oder eben Botschaftern des Lebendigen, Fürsprechern der Lebensfreude und Lebenslust, verstehe ich alle pflanzlichen, wie zum Beispiel das Mescalin und Psilocybin, die halbchemischen, wie zum Beispiel das LSD, und die ganz künstlich hergestellten Substanzen, wie zum Beispiel 2-CB oder LE-25, welche den Menschen zum Teil seit Jahrtausenden, zum Teil erst in den letzten Jahren in den verschiedensten kulturellen und rituellen Zusammenhängen dazu dienten, sich selbst und die Inhalte ihres Bewusstseins genauer zu betrachten. Ich wurde hierher eingeladen, weil ich während sechs Jahren Gelegenheit hatte, gewisse dieser Stoffe, nämlich das MDMA und das LSD in der Psychotherapie anzuwenden. Die Schweizer Behörden haben mir und vier weiteren Psychiatern erlaubt, diese Stoffe therapeutisch einzusetzen. Diese vielversprechenden Versuche sind inzwischen wissenschaftlich und katamnestisch ausgewertet worden*1. In verschiedenen Büchern habe ich meine Erfahrungen zusammengefasst.

Doch nicht über diese bewegte und bewegende Geschichte der SÄPT (Schweizerische Ärztegesellschaft für Psycholytische Psychotherapie), bewegt und bewegend sowohl für mich persönlich als auch für uns als Gruppe, will ich berichten, sondern über die Erfahrung selbst, und warum wir als Ärzte und Menschen so begeistert sind davon. Dazu müssen wir uns als Erstes vergegenwärtigen, worum es denn eigentlich in der Psychotherapie geht.

Auf eine kurze Formel gebracht, könnten wir sagen, Psychotherapie versucht, Konditionierungsmuster, entstanden und tief eingegraben in uns durch die persönlichen Erfahrungen, durch die Erziehung, durch den kulturellen Hintergrund, dem wir ausgesetzt waren, aber auch über Jahrtausende geformt und weitergegeben im kollektiven Unbewussten, aufzubrechen, zu verändern, bewusst zu machen, aufzulösen. In der Praxis geht es dabei häufig um Versuche, oberflächliche Veränderungen zu bewirken, damit der Betroffene eine bessere Lebensqualität erreichen kann. Das eigentliche Anliegen, wenigstens für mich persönlich, besteht aber darin, Hilfe zu leisten, um sich völlig freizumachen von Konditionierung überhaupt, um noch einmal ganz neu, ganz frisch ans Leben herantreten zu können. Dies einmal aus persönlichen Gründen aus der Einsicht heraus, dass ein programmiertes Leben kein wirkliches Leben ist, wohl aber auch aus kollektiven Gründen, aus der Einsicht heraus, dass unser Planet sich von dem grossen Leid, das wir auf ihm geschaffen haben, nicht erholen wird, wenn nicht eine völlig neue menschliche Gesellschaft entsteht, welche auf einer gänzlich anderen inneren Grundlage beruht als der bisherigen, auf einer Grundlage von Liebe und gegenseitiger Achtung statt wie bisher auf der Grundlage von gegenseitiger Ausbeutung, von Gier, Konkurrenzkampf und Geiz.

Was ist denn nun Konditionierung, was verstehen wir darunter?

Es handelt sich dabei um innere Programme, welche durch Erfahrung und Abrichtung in uns entstanden sind, denen gemäss wir reagieren, denen wir gehorchen, ohne uns darüber bewusst zu werden, dass es Programme sind, in der Meinung wir handelten aus freien Stücken.

Ein paar Beispiele dazu:

Da sind zum Beispiel die offensichtlichen Programme: Wir sind abgerichtet, uns als Schweizer oder als Deutsche, einer Nationalität zugehörig zu erleben. Wir sind auch erzogen dazu, identifiziert zu sein mit einer bestimmten Glaubensrichtung, Christen, Hindus etc.. Wir werden von klein auf angehalten, uns in ehrgeizigem Streben miteinander zu messen und voneinander abzugrenzen. Nachdenkliche Menschen sind sich in der Regel bewusst, dass dies anerzogene Programme sind. Dass wir auch auf ganz andere Muster konditioniert sein könnten, denen wir dann ebenso folgen würden. Viele Menschen sind aber so sehr identifiziert damit, dass sie diese Programme für ihre innerste Wahrheit und Wirklichkeit halten und sogar bereit sind, dafür Kriege zu führen, ihr Leben, ihre Gesundheit, ihr Glück aufs Spiel zu setzen.

Ein anderes Beispiel:

Weniger offensichtlich ist es bereits bei unseren Beziehungsmustern: Wir alle paaren uns, tun uns zu zweit zusammen und bilden damit eine Einheit, aus der heraus dann Nachkommen spriessen können, eine Familie sich bilden kann. Wir halten diese Tendenz in uns, sich zu zweit aus der Gemeinschaft auszugrenzen, durchwegs für einen natürlichen Trieb, für ein tiefstes, inneres Verlangen von uns. Wenn wir diese Angelegenheit genauer untersuchen – und das ist eine höchst aufwendige Geschichte, die einen viel Energie und Jahre kosten wird –, entdecken wir, dass es sich dabei um ein über Jahrtausende im kollektiven Unbewussten vorgeformtes Muster handelt, welchem wir blindlings folgen und das nicht unbedingt unseren wirklichen inneren Gegebenheiten entsprechen muss. Wir könnten auch in Gruppen leben oder andern Konstellationen, die unserer Natur möglicherweise angemessener wären. Der Bewusstmachung solcher Muster stehen massivste Widerstände entgegen, grosse Ängste. Bereits bei diesen Beziehungsmustern stossen wir, sofern wir sie bewusst machen und aufbrechen wollen, in Bereiche vor, die mit der Kernspaltung in der Physik vergleichbar sind, was die Gefahren und die freigesetzten Energien anbelangt. Wenn wir noch subtiler untersuchen, werden wir feststellen, dass alle Konditionierungsmuster damit zu tun haben, die Unbegrenztheit und Unermesslichkeit des Lebens einzufangen in handhabbare, begrenzte Formen und Kanäle. Wir sind gedrillt darauf, Nähe und Beziehung, welche immer in den Bereich des Grenzenlosen führen, zu vermeiden und uns stattdessen gegenseitig zu besitzen, zu kontrollieren, zu dominieren. Wir sind erzogen, nicht mehr unmittelbar zu handeln, nicht mehr zu berühren, zu schauen, sinnlich wahrzunehmen, sondern gewohnten Verläufen immer wieder zu folgen.

Sie können das ganz einfach hier und jetzt beobachten: Niemand von uns geht unmittelbar auf einen anderen oder eine andere zu, um sie zu berühren, wenn sie einem gefällt und um dies auszudrücken. Damit würden wir bereits die Einweisung in eine psychiatrische Klinik provozieren. Wir tun dies nur, wenn dies durch Abmachungen und Erfahrungen bereits etabliert ist und Geschichte hat, beziehungsweise tun wir es dann bald nicht mehr, sondern beschränken uns darauf, unseren Besitz, unser Territorium mit entsprechendem Verhalten zu markieren, wobei die spontane Lust und Lebensfreude schon längst aus solchem Tun verschwunden ist. Und noch viel genauer müssen wir hinschauen, wenn wir die Konditionierung in unserer Wahrnehmung hinterfragen wollen, diese jahrtausendealte Fixierung auf die Wahrnehmung von abgegrenzten Objekten, welche uns ausschliesst von einer Betrachtung der Welt auf der Energieebene und damit einem Kontakt zur unteilbaren Essenz des Lebens.

Und genau an diesem Punkt setzen nun also die Psychotherapie und auch unsere Botschafter des Lebendigen ein, um uns zu helfen, diese Mauer der Konditionierung zu durchbrechen, um wieder in den unbegrenzten Raum von Nähe, Beziehung und Liebe zurückzufinden. Erste und einzige Voraussetzung, dass dies gelingen kann, ist unsere Bereitschaft, ist die Frage, ob wir dies auch wollen.

Diese Frage, die Frage ob Sie eigentlich ein wirkliches Interesse haben, die psychedelische Seinserfahrung kennenzulernen, möchte ich auch Ihnen hier stellen. Haben Sie ein wirkliches Interesse sich selbst, und das heisst, die Ganzheit des menschlichen Bewusstseins zu erkennen, oder wünschen Sie lediglich eine intellektuelle Beschreibung, um damit ein bisschen spielen zu können? Denn über diese Dinge einfach ein bisschen zu sprechen, fasziniert zu sein von diesen skurrilen Methoden der Schweizer und anderer Urvölker, hilft wenig. Die Frage ist, ob wir alle auch bereit sind, uns wirklich auf diese Befreiung einzulassen. Ob überhaupt ein Interesse da ist, sich selbst zu erkennen, diesen langen Weg auf sich zu nehmen, denn darum geht es, mit oder ohne diese Substanzen.

Es ist ein sehr, sehr langer Weg. Ich selbst gehe ihn nun seit vierundzwanzig Jahren (das war 1994) und mein Gefühl dabei ist, dass ich die Grundlagen gerade soweit zusammen habe, dass ich jetzt mit der eigentlichen Arbeit beginnen kann.

Ich will Ihnen nun eine solche psycholytische Erfahrung beschreiben, Sie einladen auf eine solche Reise mitzukommen. Ob es lediglich eine intellektuelle Information werden wird, oder ob Sie sich tatsächlich darauf einlassen, ist dabei von Ihnen selbst abhängig, von Ihrer inneren Bereitschaft. Es sind meine Worte, meine Bilder, meine Erfahrungen, die ich Ihnen hier als Landkarte dieser inneren Schau, die sich uns öffnen kann, vorlege. Jeder und jede, die darauf einsteigt, wird eigene Worte und Bilder dafür finden und doch immer wieder das immer Gleiche damit beschreiben, dasjenige das immer schon war und immer sein wird.

An einem Ort der Wissenschaftlichkeit wie diesem hier, an einer Universität, mag es Ihnen eigenartig erscheinen, esoterisch anmutende Bilder und Gedanken vorgelegt zu bekommen. Diese Bilder beruhen aber auf persönlichen Erfahrungen, die jederzeit von jedem und jeder hier verifiziert werden können. Allerdings wiederum nur durch die eigene Erfahrung. Wir beschäftigen uns mit unserem eigenen Bewusstsein und in diesem Bereich ist unsere Erfahrung das einzige Instrument, das wir zur Verfügung haben. Aber ich bin überzeugt, und damit genügen wir jedem Anspruch von Wissenschaftlichkeit, dass jeder und jede, die sich die Mühe nimmt, durch die persönliche Erfahrung zu bestätigen oder zu widerlegen, was ich hier vorbringe, zu den gleichen Schlussfolgerungen gelangen wird, auch wenn sie diese in einer ihrem eigenen Hintergrund gemässen Sprache formulieren wird.

Diese Substanzen wirken in unserem Nervensystem und damit auf unser Energiesystem. Sie scheinen Tore zu öffnen, welche durch Angst und unterdrückten Schmerz verschlossen sind. Sie helfen uns bewusst zu werden, dass wir überhaupt ein Energiesystem sind, ein Energiesystem, das aus verschiedenen, einander übergeordneten Reichen besteht, welche ihre jeweils eigenen Gesetzmässigkeiten haben und in die man über bestimmte Tore eintreten kann.

Wenn wir eine solche Substanz schlucken und uns nicht wehren gegen ihre Wirkung, welche sie entfalten will, das heisst, dieser Wirkung stillhalten, ohne darauf zu reagieren, ohne ihr auszuweichen, beginnt in unserem Körper auf unerklärliche Weise, ohne dass wir etwas tun müssten, ganz langsam dieser Öffnungsprozess einzusetzen. Öffnen tun wir uns dabei für den unpersönlichen Fluss der Energie, welche durch unser System fliessen und uns dabei Einsicht gewähren will. Je nachdem, welchen Stoff wir benutzen, wird eine andere oder werden andere Türen aufgemacht, andere Hindernisse für die Offenlegung dieser Eingänge beleuchtet. Ganz allmählich beginnt es im Becken; Wärme beginnt sich auszubreiten; Energie beginnt zu strömen, welche dann ganz sanft, aber unwiderstehlich nach oben drängt in den Bauch und die Brust und schliesslich in den Kopf hinein. Wenn dieser Eröffnung, diesem Fluss nichts im Wege steht, sind sie ganz einfach wundervolle Erfahrungen, ein Geschenk des Lebens, ein beglückendes Lebendig­sein. Wenn – wie das bei uns meist der Fall ist, jedenfalls zu Beginn – die Tore aber verschlossen sind, werden zuerst die Hindernisse sichtbar, welche einem Erblü­hen im Weg stehen.

Die Substanzen helfen uns in zweierlei Weise: Erstens zeigen sie uns die Widerstände, welche der Öffnung entgegenstehen, auf allen Ebenen, körperlich, seelisch, geistig, und was zu tun ist, um sie zu beseitigen: Dies ist der Weg und die Arbeit einer guten Psychotherapie. Wie Wilhelm Reich dies schon in seiner Vegetotherapie beschrieben hat, arbeitet diese sich von den oberen Körpersegmenten aufdeckend durch bis zu den unteren in den genitalen Bereich hinein, bis eine gesunde Genitalität wieder hergestellt ist. Die psycholytischen Stoffe schliessen die Tore aber nicht nur auf, sie machen uns überdies auch dasjenige sichtbar, was hinter den zuerst verschlossenen Türen liegt, helfen uns die Reiche unseres Bewusstseins zu eröffnen und abzuschreiten, zeigen uns die Entfaltung des Gesunden: Dies könnte man als den spirituellen Weg bezeichnen, den zu gehen, uns unsere Neurosen hindern.

Der spirituelle Weg beginnt mit der gesunden Genitalität und arbeitet sich durch die Chakren des Energiesystems nach oben bis vollkommenes Bewusstsein erlangt ist. Die Natur des Zusammenhangs von Psychotherapie und Spiritualität wird hier schön sichtbar. Allerdings muss bei der praktischen Arbeit auf beiden Ebenen meist gleichzeitig gearbeitet werden, was zu Beginn viel Verwirrung und Chaos schafft. Die Kraft, der Energiefluss, welche spürbar werden während einer solchen Erfahrung, haben mit den Substanzen nichts zu tun. Diese helfen lediglich die Hindernisse aus dem Weg zu räumen und die schlafenden Bereiche zu wecken, damit die Energie des Universums, welche ununterbrochen da ist und durch uns hindurchfliessen will, ungehindert ihren Weg finden kann. Auf ihrem Weg, den sie durch uns nimmt, lehrt sie uns. Sie ist die eigentliche Lehrmeisterin. Wenn wir den Weg für sie freimachen können, brauchen wir letztlich keine Hilfsmittel mehr.

Im Becken stossen wir auf die sexuelle Kraft beziehungsweise zeigt sich dort die immer gleiche Lebenskraft als eine sexuelle, welche nach ihrem freien, ungeschmälerten Ausdruck verlangt. Wenn da Probleme bestehen, werden wir uns damit auseinander setzen müssen. Wenn wir andererseits die Tendenz haben, uns zu sehr mit diesem Ausdruck der Lebenskraft zu identifizieren, werden wir unsere diesbezügliche Fixierung erleben. Darum ist es wichtig, die Kraft, wie immer sie sich äussert, völlig freizulassen, sie nicht zu unterdrücken, uns aber auch nicht mit ihr zu personifizieren, auf sie festzunageln. Es ist wichtig, sie unpersönliche Kraft sein zu lassen, die wir nicht in Besitz nehmen, sondern von der wir uns leiten lassen. Dann wird die Entfaltung ungehindert weiter voranschreiten.

Die Welt aus der Sicht des Beckens, aus der Sicht der Sexualität, einer gesunden Sexualität zu begreifen, erschliesst uns ein ganzes Weltreich mit umfassenden, persönlichen und sozialen Konsequenzen. Wir lernen, die Wirklichkeit unserer Natur und wie sie umgesetzt sein will, wahrzunehmen.

Im Bauch, auf der Ebene des Solars, wird sie sich als die Kraft des Willens offenbaren, die uns ein völlig anderes Reich mit ganz anderen Gesetzmässigkeiten aufzeigt. Wiederum, wenn dem nichts im Weg steht, lernen wir einfach sehr viel über dieses neue Universum, welches die Welt des Beckens umschliesst und beinhaltet, aber überschreitet. Wenn da Hindernisse bestehen, werden wir Schmerzen haben, Ängsten ausgeliefert sein, schreckliche Visionen werden uns heimsuchen und schwierige Gefühle. Vielleicht wird uns auch schlecht, und wir werden uns übergeben müssen. Wiederum gilt es stillzuhalten: keine Reaktion auf das Geschehen, keine Fixation auf das, was passiert; leerer Beobachter sein, damit die Kraft weiter wirken kann, uns weiter mitnehmen kann auf ihrer Offenbarungsreise.

Hier erhalten wir Einblick in die ganzen Gesetzmässigkeiten der Strukturen, lernen über die Notwendigkeit aber auch die Grenzen von Struktur. Eine völlig neue Sicht der Wirklichkeit bietet sich an, welche die alte der sexuellen Ebene enthält, umschliesst, aber um eine zusätzliche Dimension erweitert.

Im Herzen tut sich das Reich der Liebe auf, sofern wir es zulassen können, sofern wir bereit sind, der Stimme des Herzens zu folgen. Die ganzen Fragen und Gesetzmässigkeiten um Gemeinschaft und Beziehung klären sich hier. Auch hier treffen wir auf eine neue, höhere Integrationsebene, welche die vorangegangenen umfasst und von höherer Warte aus neu definiert. Aber auch da erwarten uns grosse Schwierigkeiten, auf der körperlichen Ebene als Druck, als Enge, als Flattern und auf der psychischen Ebene als unausweichliches Gefühl des Schmerzes, wenn das weitere Aufmachen von uns behindert wird. Dieses Reich umfasst wiederum die vorausgegangenen; in ihm erlangt das Persönliche und allgemein Menschliche seine Vollendung.

Im Hals lernen wir dann das Reich des Ausdrucks kennen, der Kreativität: Wes das Herz voll ist, will der Mund überfliessen. Alle vorangegangenen Bereiche finden in diesem Zentrum ihre Form. Es ist eine Illusion, dass wir uns in die oberen Zentren, die Zentren der Spiritualität entfalten können, bevor wir nicht die unteren verstanden, integriert und gemeistert haben, und das heisst im Wesentlichen, zusammengefasst: Sexualität und Sinnlichkeit, Wille und Macht, Liebe und Gemeinschaft und ungehinderter Ausdruck auf allen drei Ebenen. Solange da noch unerledigte Geschäfte sind, wird der obere Bereich höchstens einmal als kurzes Flash aufleuchten. Es ist ganz simpel einfach so, dass wir die frei werdende Energie benötigen, um die oberen Bereiche zu erforschen, die Energie, welche freigesetzt wird, wenn wir auf den unteren Ebenen klare Ordnung schaffen. So wie wir normalerweise leben, ist unsere ganze Energie blockiert in der Unordnung der unteren Zentren, um welche wir uns ständig drehen, und es bleibt uns keine Kraft, uns in höhere Bereiche zu erheben.

Das Zentrum des Ausdrucks befindet sich zwischen den Zentren des Persönlichen und allgemein Menschlichen und den Zentren der Transzendenz und Spiritualität, in denen sich dieses Menschliche ins Ganze hinein öffnet. Dies hängt damit zusammen, dass die unteren Zentren nach Ausdruck verlangen, währenddem sich alles in den oberen Zentren dem Ausdruck entzieht.

Und schliesslich nimmt uns der gewaltige Lebensstrom hinauf auf die Ebenen des Kopfes, wo wir die Stille der Einheit, die Gesetzmässigkeiten des Ganzen erkennen und in uns halten lernen. Wir verlieren den Kopf dabei, bevor wir einen neuen gewinnen, und das kann uns Schwindel verursachen und viele andere Symptome. Aber es ist immer das Gleiche: Wenn wir fähig sind stillzuhalten, uns der Energie des Lebens, die durch uns hindurchfegen will, ergeben können, uns nicht wehren dagegen, nicht darauf reagieren, uns nicht personifizieren damit, nicht darauf fixieren, bricht dieses ganze, wunderbare Mysterium in uns auf und zeigt uns die grossen Geheimnisse des Lebens.

Der neue Kopf ist nicht so sehr ein denkender als vielmehr ein empfindender Kopf. Er ist mit dem Herzen zu einer Einheit verschmolzen und zeichnet sich aus durch die Fähigkeit, einerseits dem Herzen zu dienen und andererseits diesem eine noch vollständigere Schau der Wirklichkeit anzubieten. Die Reiche, welche über dem Herzen liegen, umfassen das, was über das Persönliche, das limitierte Menschliche hinausgeht. Sie zeigen uns, dass wir letztlich identisch sind mit dem ganzen ungeteilten Universum.

Schliesslich führt uns dann diese ewig gleiche, stetig drängende Kraft über den Kopf hinaus in die Dimension der Spiritualität, wo uns Erleuchtung erwartet. Das universelle Gesetz übernimmt hier die Führung in uns.

Damit schliesst sich der Kreislauf unserer Reise durch die Reiche der Seele. Der allumfassende Raum der Spiritualität, in den wir eingetreten sind, ist identisch mit dem Wurzelreich, aus dem sich unser Aufstieg entfaltet hat und in das wir damit wieder zurückfinden. Aus ihm hat sich die Lebensenergie erhoben, um im Zentrum der Sexualität ihren ersten menschlichen Ausdruck zu finden. Es gibt keinen Unterschied zwischen den beiden, dem Wurzelreich und dem kosmischen Reich; sie sind identisch. Einzig unsere Wahrnehmung, unser Bewusstsein hat sich auf der Reise durch unser Energiesystem verändert. Im Wurzelbereich waren wir unbewusste Tiere, welche nichts wussten von ihrer Erleuchtung; im Reich der Spiritualität sind wir wach geworden, Menschen geworden, Menschen, welche in ihrer vollen Verantwortung stehen, Mitträger des Ganzen sind.

Nichts kann und nichts muss verändert werden, weder in uns noch in der Welt. Wach werden, erwachen müssen wir, das genügt! Erwachen für das, was wir wirklich sind. Dann findet eine Transformation statt, keine Veränderung. Dann finden wir zurück in die Einheit dessen, was immer schon war, was wir immer schon waren. Es hat keinen Wert, genauer zu beschreiben, was diese Imperien, die wir da durchschreiten, beinhalten. Jeder erfährt sie besser selbst und findet dann seine eigenen, stammelnden Worte dafür. Sie enthalten unsere ganze Welt. Jede Sicht offenbart uns ein ganzes Weltreich. Alle Vergangenheit und alle Gegenwart ist in ihnen beschlossen; alles Leiden, alle Freude, die je gelebt wurden, enthalten sie.

Zwei kritische Punkte haben wir auf diesem Weg durch die Potenziale des Menschen zu überwinden. Beim Übergang vom Reich des Solars zum Reich des Herzens verlassen wir das Persönliche, den Willen, die persönlichen und abwehrenden Gefühle wie Neid, Hass und Eifersucht und treten ein ins Unpersönliche, werden konfrontiert mit der unpersönlichen Gefühlswelt: Liebe, Freude, Schönheit. Denn die Liebe mit ihren Qualitäten gehört nicht uns. Sie kommt zu uns, wenn wir bereit sind dafür. Aber nicht wir ergreifen sie, sondern wir werden durch sie ergriffen; nicht wir nehmen sie in Besitz, sondern sie erwählt uns. Was uns gehört, sind unsere Widerstände, unser Abwehrsystem, unser Ego. Dazwischen, zwischen Liebe und Eigensucht, liegen die Trauer, der Schmerz in seinen vielfältigen Variationen der abgewehrten Gefühle: Ausgeliefertsein, Hilflosigkeit, Verlassensein. Die Trauer gehört beiden Bereichen an, dem persönlichen und dem unpersönlichen und leitet damit vom einen in den anderen über. Die Liebe mit ihren Qualitäten ist ihrer Natur nach unpersönlich: Sie kommt vom Anderen und geht zu den anderen. Liebe ist immer ein Geschenk, etwas das man hingibt, nicht etwas, was man behält. Die Trauer hat noch etwas Egohaftes, öffnet sich ihrer Natur nach aber bereits ins Unpersönliche hinein und gehört damit zwischen die beiden Bereiche. Hier liegt der Sterbepunkt, an dem der Egotod beginnt, der erste der beiden schwierigen Übergänge in unserem Energiesystem. Deshalb beginnt sich hier auch der transpersonale Bereich zu öffnen, leuchtet hier manchmal auf. Auch er will noch ausgelotet sein und bietet uns eine letzte Sackgasse an, in der wir uns verlieren können.

Der zweite kritische Punkt, der bewältigt werden muss, liegt in der Mitte des Kopfes: der Wahnsinnspunkt. Bevor wir in den spirituellen Raum eintreten können, in den Raum der Stille, müssen wir nicht nur alles Persönliche ablegen, sondern auch unser ganzes Verständnis, die ganze Landkarte, welche wir uns auf unserer Reise, welche auch mit unserer Lebensreise identisch ist, angelegt haben, aufgeben. Die ganze mentale Struktur bricht hier zusammen.

Die Angst vor dem Wahnsinn packt uns nochmals, bevor wir begreifen, dass alles Verstehen auf dieser Ebene nur hinderlich, eine Begrenzung ist. Der Wahnsinn ist ein Gefühl, dem wir wie jedem anderen einen Platz in uns geben müssen. Er ist überwunden, wenn wir ihm stillhalten können, ohne in Panik zu geraten. Die wirkliche Stille beginnt sich hier zu entfalten. Hier kommen wir ganz bewusst mit der Essenz aller Dinge in Berührung, mit dem Urgrund allen Seins, und wenn wir Glück haben, können wir uns von der Konditionierung unserer Wahrnehmung befreien, so das wir wieder lernen, diese Essenz losgelöst von der sozialen Prägung auf eine Welt der Objekte und Begriffe zu sehen und zu erleben.

Spiritualität heisst kurz zusammengefasst: Alleinsein und Beziehung aus diesem Alleinsein heraus, Energie sehen lernen und Ausdehnung in unermessliche Räume hinein.

Hier schliesst sich der Kreis des Lebens definitiv, und der Fluss vom Wurzelreich durch die Zentren des Energiekörpers bis hinauf ins kosmische Reich kehrt sich um, wird ergänzt durch einen Fluss vom Reich der Stille her, der sich ins still gewordene Gehirn und von da ins Herz und die unteren Zentren und auch über das Herz in die Hände als Heilkraft ergiesst. Die Kraft muss sich ihren Weg nicht mehr durch Widerstände und schlafende Bereiche bahnen. Der Weg ist offen und das Meer fliesst rückwärts in den Fluss hinein, welcher das Meer suchte. Diese beiden kritischen Punkte, der Sterbe- und der Wahnsinnspunkt, sind auf unserer drogeninduzierten, kurzen Überblicksreise genauso zu durchschreiten, wie auf unserer langen Lebens- und Inkarnationsreise, für welche die Erstere lediglich ein Abbild ist.

Je nachdem, welche Substanz wir verwendet haben, dauert diese Öffnungsphase eine, zwei oder auch mehr Stunden. Danach sind wir für einige Zeit, während der Gipfel- oder Plateauphase in einem Zustand der Offenheit, soweit sie uns persönlich und abhängig von der Zeit, vom Ort und von der Gruppe, in der wir uns aufhalten, gerade möglich ist. Das für diesen Augenblick mögliche Maximum ist erreicht, und wir können es geniessen, kennen lernen, erfahren, solange wie es uns vom geschluckten Wundermittel, welches uns die Natur zur Verfügung stellt, geschenkt wird. Dieses momentane Maximum ist vor allem abhängig von dieser ersten Frage, die ich Ihnen gestellt habe: Wollen wir wirklich erwachen, nicht nur intellektuell spielen? Die Drogen werden uns nichts zeigen können, wozu wir nicht bereit sind. Auch sie können die Tore nicht öffnen, die wir verschlossen halten. Aber sie können uns helfen dabei, wenn diese Bereitschaft da ist.

Es ist ein Geschenk, ein Geschenk der Natur an uns Menschen. Es gehört uns nicht. Diese Möglichkeit des Seins, die wir hier erleben, gehört uns nicht. Es ist ganz wichtig, dies einzusehen. Sonst machen wir uns die Illusion, dass wir diesen Zustand aus eigener Kraft erreicht hätten und werden damit auf die Nase fallen. Wenn wir das wollen, diesen Seinszustand aus eigener Kraft erfahren wollen, müssen wir noch ein ganz grosses Stück Arbeit leisten.

Auf uns wartet nämlich noch die dritte Phase, die wichtigste von allen, die Integrationsphase. Währenddem die Wirkung des Stoffes langsam nachlässt, haben wir Gelegenheit auf dem Abstieg vom Gipfel noch einmal durch all die beschriebenen Ebenen hindurchzuwandern und in umgekehrter Reihenfolge zu beobachten, auf welche Weise sich die Chakren öffnen und warum sie sich wieder schliessen. Hier erkennen wir, wenn wir diese Arbeit auf uns nehmen – und das heisst, noch einmal stillzuhalten, genau hinzuschauen, nicht zu reagieren, sich auf nichts zu fixieren, einfach Beobachter zu sein –, woran es liegt, dass diese Energiequellen in uns so wenig zugänglich sind, was zu tun ist, welcher Preis zu bezahlen ist, welche Konsequenzen zu ziehen, damit sie sich wirklich, nicht nur unter Einfluss dieser Einladung, sondern tatsächlich in uns auftun können. Dieser Abschnitt dauert wiederum einige Stunden, was die Wirkung des Stoffes anbelangt. Tatsächlich brauchen wir aber den Rest des Lebens dafür oder wenigsten solange, bis das Geschaute tatsächlich Wirklichkeit geworden ist in unserem Leben. Je nach­dem kann das Jahre, Jahrzehnte oder auch nur kurze Zeit in Anspruch nehmen. Die Droge schenkt uns nichts, was wir behalten können. Sie nimmt es uns am Ende der Erfahrung wieder weg. Sie zeigt uns nur den Weg, zeigt uns die Möglichkeit, ist Wegweiser und damit Hilfe, den Weg zu finden.

Es gibt grundsätzlich zwei Arten diese Unterstützung einzusetzen. Man hat die eine die psycholytische, die andere die psychedelische genannt. Ich benutze diese Unterscheidung normalerweise nicht, da ich eine Kombination der beiden vorziehe. Es ist auch stark von der Persönlichkeit des Benutzers, von seinem Bewusstseinszustand abhängig, ob er den zweiten Pfad überhaupt beschreiten kann. Die Substanzen können uns nämlich, und bereits dazu braucht es ein gewisses Ja des Benutzers, nur in den untern Chakren behilflich sein (bis zum Hals). Was darüber liegt kann nicht mit dem Willen, mit Manipulationen, welcher Art auch immer, bewirkt werden. Für eine Öffnung der oberen Zentren bedarf es der Ordnung auf den unteren, das heisst einer Zentrierung und persönlichen Kraft, die bereits gewachsen sein muss. In diese Räume dringt nichts ein, was nicht gereinigt ist.

Bei der ersten Möglichkeit, versuchen wir die Tore von aussen zu öffnen. Das ist das, was wir in normalen Psychotherapien, also Psychotherapien, die ohne diese Hilfen arbeiten, tun. Es ist, wie wenn wir eine dicke Staumauer niederreissen wollten und mit Pickel und Schaufel begonnen hätten, von aussen her ein Loch zu machen. Das ist eine immense, schweiss­­triefende Angelegenheit, bei der wir nie recht wissen, wohin sie uns überhaupt führt und ob sie uns je gelingt. Beim Einsatz von kleinen Dosierungen, aber auch bei höheren, wenn der Betroffene in einem sehr vermauerten Bewusstseinszustand ist, beschreiten wir auch mit den
medikamentösen Helfern diesen Weg. Viel interessanter wird es aber, wenn einmal ein ganz kleines Loch in die Mauer geschlagen ist. Hier beginnt die psychedelische Schau. Dann fängt nämlich der Druck des gestauten Wassers von innen an zu wirken. Wir brauchen dann nichts mehr zu tun, wir können unsere Werkzeuge auf die Seite legen und werden uns höchstens noch damit beschäftigen müssen, wie wir uns möglichst gut sichern, erden und in der Aufmerksamkeit verankern, wenn der Prozess jetzt sehr stark in Bewegung geraten kann. So wie der Druck des Wassers bei der Staumauer das Hindernis bald von innen her einreissen wird, beginnt nun auch die Lebenskraft von innen durch die genannten Eingänge nach aussen zu drücken, so dass es, wenn wir es nicht verhindern, zu gewaltigen Durchbrüchen und Umstürzen in unserem Leben kommen kann. Dies ist die Umkehr des Flusses, von der ich gesprochen habe, wo das Meer den Fluss rückwärts speist, nicht mehr nur der Fluss das Meer.

Das letztliche Ziel bei dieser Arbeit ist immer, diesen Punkt zu erreichen, weil danach die Arbeit, die anstrengende Arbeit aufhört. Danach sind wir wieder angeschlossen an der Bewegung des Ganzen, an der Kraft des Universums, sind wieder Kinder des Lichts geworden und dadurch begnadet, aufgehoben im und getragen vom Ganzen, nicht mehr verurteilt zur Zwangsarbeit. Unsere Aufgabe ist dann lediglich, noch weiterhin stillzuhalten, Fixationen zu vermeiden, alle Reaktionen einzustellen und dadurch mühelos im Fluss schwimmen zu lernen. Es geht also in der Psychotherapie um den uralten Weg des «Erkenne dich selbst».

Vom Zusammenwirken der inneren, spirituellen und der äusseren oder Beziehungsdimension im Menschen:

In diesem Zusammenhang komme ich auf mein Persönlichkeitsschema zurück, wie ich es bereits in meinen Büchern dargestellt habe. Ich möchte es weiterführen und an ihm aufzeigen, wie wir als Menschen eine innere und eine äussere Dimension haben, eine spirituelle und eine Beziehungsebene, welche aber voneinander nicht zu trennen sind. Die eine kann nicht ohne die andere bestehen. Wenn die eine krankt, krankt die andere mit. Wenn uns die eine verschlossen ist, ist auch das Offensein der andern eine Illusion.

Abbildung 1, a) zeigt noch einmal die innere Unterdrückung des Lebendigen, wie ich sie in meinen früheren Werken dargestellt habe. Durch gesellschaftliche und Erziehungseinflüsse, aber auch durch eigene Entscheidungen hat die durchschnittliche Persönlichkeit, der Normalneurotiker die Gesamtheit des Lebens in sich auf eine sehr reduzierte Dimension verdrängt, welche in der Abbildung als nach aussen und innen begrenzter Ring zu erkennen ist. Unbewusste Angst und unbewusster Trotz halten diese innere und äussere Wahrnehmungsschranke oder Erkenntnisbarriere aufrecht. Durchbrochen werden kann sie allein dadurch, dass wir uns wieder dem stellen, was ist, das heisst, unsere Wahrnehmung wieder ausdehnen auf die inneren und äusseren Bereiche, welche wir von uns ausgeschlossen haben, auf Trotz und Angst zuerst.

Nach innen sind die tieferen Schichten des Bewusstseins, das sogenannte Unter- und Unbewusste ausgegrenzt, welches im Wesentlichen aus dem Ring der unterdrückenden und dem Ring der unterdrückten Gefühle mit all ihren persönlichen und gesellschaftlichen Implikationen besteht.

Am Übergang zwischen den beiden liegen die ebenfalls tabuisierten Erfahrungen um Tod und Geburt, am Übergang zwischen ihnen und dem im Innersten liegenden Kern, welcher die Kerngefühle wie Liebe, Freude und so weiter, unser eigentliches, ursprüngliches Sein beinhaltet, stossen wir noch auf die transpersonale Grenzschicht mit ihren karmischen Zusammenhängen und die Omnipotenzproblematik. Die Pfeile zeigen die Richtung der Ausgrenzung in die Anpassungsschicht von aussen und innen an.

Im Schema b) der Abbildung 1 finden wir nun neu die erweiterte Persönlichkeitsstruktur, welche auch das soziale Eingebettetsein einer gesunden Persönlichkeit beziehungsweise das ebenfalls auf die Anpassungsschicht reduzierte Beziehungsfeld einer durchschnittlichen Persönlichkeit zeigen. Bezüglich der Beziehungsrealität bildet die Anpassungsschicht im gesunden Fall die Ebene der eher oberflächlichen geschäftlichen Beziehungen, also den äussersten Kreis unseres Beziehungsfeldes (Schicht 4’). Im Extremfall sind aber unsere Beziehungen überhaupt auf diese Ebene beschränkt, was zu der Isolation und Beziehungslosigkeit führt, wie sie allgemein verbreitet ist. Man bleibt sich auch in sogenannten intimen oder freundschaftlichen Beziehungen fremd, zeigt sich nicht wirklich, bleibt fassadig. Wirkliche Beziehung kennt man nicht, sondern lediglich eine Beziehung zwischen den Bildern und Vorstellungen, die wir uns voneinander machen beziehungsweise übereinander haben. Es sind wiederum Angst und Trotz, welche diese äussere Wahrnehmungsbarriere aufrechterhalten und unsere Wahrnehmung in Folge von Konditionierung, Erziehung und eigenen Entscheidungen derart beschränken, dass innigere Beziehungsmöglichkeiten gar nicht mehr bestehen.

Die nächste Schicht (im Schema Schicht 3’) umschliesst den Bereich der freundschaftlichen Beziehungen, den Freundeskreis. Es ist dies die mittlere Schicht unseres Beziehungsfeldes, welche bei unserer gegenwärtigen Lebensart meist völlig fehlt, jedenfalls so wie ich Freundschaft verstehe und in meinen Büchern definiert habe. In der Schicht 2’ finden wir dann die intimen Beziehungen, die Familienbande und die Partnerschaften, sofern es sich um eine gesunde Persönlichkeit handelt. Dies wären idealerweise Wesensbeziehungen, Gemeinsamkeiten mit Dualseelen. So wie unser Leben aussieht, finden wir da in der Regel aber Komplementärbeziehungen, in welchen keine wirkliche Nähe stattfindet.

Darum herum, gewissermassen als Schicht 1’, findet sich dann die Einheit des Ganzen, die uns in der Regel völlig verschlossen ist. Von Schicht 2’ zu Schicht 3’ haben wir wiederum die Erfahrung von Geburt und Tod zu integrieren, da wirkliche Nähe und Empfindsamkeit untereinander nur stattfinden kann, wenn wir dem Ego absterben.

Beim Übergang von Schicht 2’ zu Schicht 1’ finden wir auch wieder die Omnipotenzproblematik, welche zuerst aufkommt, wenn wir einsehen, dass wir die Welt sind, die Welt identisch ist mit uns. Auch diese muss noch bewältigt werden und ebenso der ganze transpersonale Bereich, in dem wir uns verlieren können, bevor wir in die Einheit des Ganzen zurückfinden.

In der Abbildung 1c) sehen wir das Persönlichkeitsdiagramm eines erleuchteten Wesens, einer gesunden Persönlichkeit. Alle Strukturen sind natürlich noch vorhanden, auch die Anpassungsstruktur, da wir sie benötigen. Der Unterschied zur neurotischen Persönlichkeit liegt darin, dass alle Strukturen durchlässig sind, alle Bereiche unserer Wahrnehmung unserem Bewusstsein, unserer Einsicht zugänglich sind: Nichts bleibt unbewusst gegen innen, alles darf gelebt werden nach aussen. Dies zeigt sich in der Umkehr der eingezeichneten Pfeile, welche nicht mehr von aussen und innen in die Anpassungsschicht hineinpressen. Im Gegenteil zeigt sich ein Fluss im Sinne einer inneren Entwicklung, der immer von der Anpassungsschicht nach innen zum Kern strebt, sowie eine Tendenz zu äusserem Wachstum, welche immer wieder von der Anpassungsschicht nach aussen auf die Vereinigung mit dem Ganzen hinzielt. Freiheit ist der Zustand eines solchen Wesens.

Da das Äussere und das Innere offenbar identisch sind, die äusseren Schichten den inneren entsprechen und auch die Grenzbereiche die gleichen Auseinandersetzungen fordern, können wir die äusseren Bereiche auch nach innen klappen, so wie es die Abbildung 1, d) zeigt. Der Bereich 1, der Kern, deckt sich dann mit dem Bereich 1’, der Ganzheit, das Innerste fällt mit dem Ganzen zusammen. Der Bereich 2, das Reich der unterdrückten Gefühle, deckt sich mit dem Reich der intimen Beziehungen der Schicht 2’, da Empfindsamkeit und Verletzlichkeit sich ja vor allem in solchen Beziehungen entfalten können. Die Schicht 3, der Ring der unterdrückenden Gefühle, beziehungsweise im gesunden Fall der freien Willensimpulse deckt sich mit Ring 3’, dem Freundeskreis, während dem die Anpassungs­schicht weiterhin als Ring 4 bzw. 4’ die geschäftlichen Beziehungen nach aussen und den Bereich der oberflächlichen Alltagsbewältigung nach innen abdeckt. Die Grenzproblematiken decken sich ebenfalls: Angst und Trotz beziehungsweise im gesunden Fall Wille führen aus der Schicht 4/4’ nach aussen und innen hinaus, Tod und Geburt leiten über von der Schicht 3 beziehungsweise 3’ zu der Schicht 2 beziehungsweise 2’, die transpersonalen Bereiche und die Omnipotenzproblematik sind zu bewältigen am Eingang zum Kern beziehungsweise zum Ganzen, also zur Schicht 1 beziehungsweise 1’.

Wenn wir nun in Abbildung 1, e) dieses Schema einem menschlichen Wesen überlagern, erhalten wir einen Menschen mit einem offenen Herzen, einer Beziehungsdimension also, einer Stossrichtung nach aussen (1’- 4’) vom Kern in die Intim-, in die Freundes- und in die Geschäftsbeziehungen hinein und schliesslich ins Ganze. Und ausserdem mit einer spirituellen Dimension (4-1): Das Ganze ergiesst sich von oben, Himmel, und unten, Erde, durch die befreiten Schichten der Persönlichkeit hindurch ins Herz beziehungsweise öffnet sich vom Herzen nach aussen zu Himmel und Erde. So ergibt sich ein Energiekreislauf vom Ganzen her über den Scheitel und die Füsse zum Herzen und von da nach aussen. Der Kern bildet den Bereich zwischen Herz und Solar, der Übergang von der Schicht 2/2’ zu der Schicht 3/3’ liegt beim Hals- beziehungsweise Sexualchakra, der Übergang von der Schicht 4/4’ zu der Schicht 3/3’ liegt beim dritten Auge beziehungsweise beim Wurzelchakra.

Ich überlasse es dir, lieber Leser, die sich aufdrängenden Zusammenhänge zwischen den sieben Energieebenen und den Reichen der Beziehungen beziehungsweise den innern Reichen herzustellen. Zum Beispiel ist es interessant, dass wir, je mehr wir uns auf die Anpassungsschicht, Schicht 4/4’, reduzieren, uns umso mehr im Kopf und in der Sexualität aufhalten, das Herz also rausfällt und der Bauch. Das ist genau das, was wir in den meisten Menschen finden. Auch die Ähnlichkeit zum Atommodell beziehungsweise zu einer Galaxie im Grossen regt natürlich Überlegungen an. Letztlich ist das Ganze aber nur ein Schema und nicht die Sache selbst. All zu spitzfindig möchte ich deshalb nicht werden. Wichtig ist allein zu sehen, dass der Mensch eine spirituelle Dimension und eine Beziehungsdimension hat und dass keine der beiden geöffnet sein kann, ohne dass die andere auch ordentlich funktioniert. Verschlossenheit im einen Teil zieht Probleme im anderen nach sich. Die heute verbreitete spirituelle Suche, welche Ordnung auf der Beziehungsebene vermeidet, muss also unweigerlich zu einer illusionären Öffnung führen. Es findet keine wirkliche Öffnung in die spirituellen Dimensionen statt. Das Ganze bleibt ein intellektuelles Spiel, welches sich in der Schicht 4, welche weiterhin verschlossen ist, abspielt.

Von Ordnung auf der Beziehungsebene werden wir erst dann sprechen können, wenn alle Menschen auf diesem Planeten mit dem Notwendigen versorgt sind, wenn wir unsere Energien und materiellen Mittel dafür einsetzen, einander zu dienen, und sie nicht mehr verschleudern in immensen Kriegsmaschinerien, wenn wir füreinander leben werden, füreinander sorgen werden und Friede herrschen wird unter uns Menschen. Die spirituelle Dimension wird sich nur dem Menschen offenbaren, der in diesem Bereich absolut ernst macht und sich mit all seinen Kräften dafür einsetzt, dass die Grenzen, seien es diejenigen der Klasse, der Nation, der Hautfarbe oder die zwischen Mann und Frau völlig verschwinden zwischen uns. Ein gemeinsames Eintreten in diese Dimension – und das wäre der Aufbruch in ein wirklich neues Zeitalter – liegt noch ferne von uns.


1* Siehe Fussnoten im Vortrag «Der Gruppenprozess, wie er sich aus der psycholytischen Arbeit erschliesst»

Meditationszyklus: Der Weg nach innen

I. Vom Säugling zum normalen Erwachsenen (Normalneurotiker), Überblick über den Aufbau der normal-neurotischen Persönlichkeit

Wir beginnen mit Hyperventilation: Wir versetzen uns in einen Zustand gesteigerter Aufmerksamkeit, indem wir zuerst eine Weile tief ein- und ausatmen. Bei der Ausatmung forcieren wir leicht. Dabei beobachten wir alles, was in uns geschieht, ohne darauf zu reagieren. Im Speziellen achten wir auch auf die Bewegungen der Energie, welche mit der Atmung zusammengehen. Beim Einatmen dehnen wir uns in den Raum aus, beim Ausatmen ziehen wir uns wieder zusammen. Eine Fixation auf die Kompression geht zusammen mit der Neurose. * * *

Wir atmen jetzt wieder normal, das heisst, wir vergessen den Atem und beobachten, was in unserem Körper vor sich geht. Ist da eine körperliche Spannung, sind irgendwo Schmerzpunkte, Blockaden, Druck, Leere? Wenn wir so etwas finden, lassen wir diese Punkte genauso sein, wie sie sind, machen nichts daran herum, suchen nichts zu verändern, weichen ihnen nicht aus, fixieren uns aber auch nicht darauf, das heisst, wir treten nicht mit dem Unangenehmen in Konflikt, sondern überlassen es sich selbst. Dadurch können wir loslassen, sein lassen, Öffnungen für den Fluss der Energie entstehen lassen, bis der ganze Körper und das ganze Gefühls-/Energiefeld als angenehm warme, unstrukturierte, runde Masse spürbar wird. Dann lassen wir dieses Energiefeld sich weiter ausdehnen in die Umgebung hinein, durchlässig werden. Wir lassen Verbundenheit aufkommen, Unbegrenztheit, Einheit mit den andern, mit dem Raum, mit der Umgebung (Natürlich geht das alles erst richtig bei einer völlig unneurotischen Persönlichkeit, also nach Abschluss einer gelungenen psychospirituellen Entwicklung). Wir nehmen es also im Moment, wie es eben gerade geht, und arbeiten dann damit.

Dieser Zustand, in den wir damit eintreten, ist der Zustand des Neugeborenen: unstrukturierter, unbegrenzter Energiefluss, reine Wahrnehmung, reines Bewusstsein, aber kein Denken, kein Bewusstsein von Begrifflichkeit. Fühlt euch da möglichst ganz hinein! Versucht nur Kern zu sein, ohne irgendwelche neurotischen Mauern! Eventuell ist da auch eine Ahnung der transpersonalen Grenzschichten um diesen Kern herum, des transpersonalen Raumes, der dem Säugling noch zugänglich ist, der noch ganz durchlässig ist: perinatale Eindrücke, frühere Todeserfahrungen, jenseitige Erfahrungen etc.. Wir sind jetzt ein völlig offenes
System, ein Energiesystem. * * *

Nun stellt ihr euch vor, ihr als Säuglinge, als derartige, amorphe, verletzliche Gefühls- und Energiemasse begegnet körperlich, gefühls-, energie- und bewusstseinsmässig normalen Erwachsenen, wie ihr sie sonst selbst seid, wie ihr sie kennt, wie eure Eltern es waren! Schaut einfach, möglichst ohne darauf zu reagieren, wie durch diese beständige Konfrontation eure Wahrnehmung, eure Energie, eure Gefühle, euer Bewusstsein strukturiert wird, auf verschiedene Weise!

Zum Beispiel ist da Wärme, ein sensibler, achtsamer Umgang, Liebe. Dies führt zu einem Gefühl des Aufgehobenseins, zu einem positiven Lernprozess, der keine Spuren hinterlässt, sondern euch sein lässt, wie ihr seid. Die unausweichliche Konditionierung wird zu einer Bereicherung, ohne dass das Ursprüngliche zerstört oder unterdrückt würde.

Wenn aber Härte da ist, Stress, Ungeduld, führt dies zu Verwirrung, zu Verletzung, zu Gefühlen der Ohnmacht, der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins und damit zu einem negativen Lernprozess, der im Gehirn und im Bewusstsein Prägungsspuren hinterlässt.

Das Zweite, leider Häufigere führt zu einer ersten noch durchlässigen, aber bereits sichtbaren und spürbaren Einengung eurer Energiemasse, zu einem ersten Eingefangenwerden, zu einer ersten noch weichen Kugelschale aus Einsamkeit, Un­ver­standensein, Ausgeschlossensein und Weh. Auch erste Ängste sind damit verbunden. * * *

Betrachtet nun, was weiter geschieht! Eure inneren Reaktionen auf diese Tatsachen und auch das Verhalten der Umwelt! Euer Weh und sein Ausdruck sind für die Umgebung störend, lästig, und daher in einem stressigen Milieu unerwünscht. Dadurch werdet ihr euch selbst lästig; ihr wollt euch innerlich auch nicht mehr. Es entstehen dadurch abwehrende Gefühle, Willensimpulse gegen diese unerwünschten Gefühle von Ohnmacht, Weh und Einsamkeit. Statt dass sich ein gesunder Wille, wie er sich in einem liebenden Milieu herausbilden könnte, entwickelt, zeigt sich dieser in entarteter Form: Hass, Wut, Neid, Eifersucht etc. entstehen und dominieren dieses Feld.

Damit entsteht eine zweite, schon recht undurchlässige Einengung, eine starre Kugelschale, die euch bereits massiv formt und euch eure ursprüngliche Natur vergessen lässt. Spürt dem ein bisschen nach, wie sich das körperlich und gefühlsmässig in euch niederschlägt! Als Charakterpanzer, als Muskelpanzer, der sich auszubilden beginnt. Bezüglich des Ausdrucks seit ihr in diesem Stadium zwar noch recht ungehemmt, wie trotzige und quengelige Dreijährige es eben sind. * * *

Beobachtet wiederum eure inneren und die Reaktionen der Umgebung auf diese neue Situation! Der Ausdruck der negativen Gefühle ist in einem lieblosen Milieu wiederum störend und daher unerwünscht. Da ihr natürlicherweise darauf aus seid, den anderen Freude zu machen und da die Forderungen nach Anpassung und Normverhalten deutlich sind, unterdrückt ihr auch diese Gefühle nach innen. In einem gesunden Milieu würde die Lenkung der Willensimpulse zu einer gesunden Anpassung führen, in einem ungesunden Milieu führt die Unterdrückung der bereits deformierten Willensimpulse zu einer dritten Kugelschale, der Schicht der Anpassung, der ungesunden Anpassung, die euch nun vollends begrenzt und prägt. Spürt auch dem ein bisschen nach, wie sich dies körperlich und psychisch ausprägt in euch, wie der Charakter- und Muskelpanzer definitiv verhärtet! Grosse Angst und enormer Trotz begleiten diese Entwicklung und steigern sich ins Unerträgliche.

Letzteres führt zu einer enormen Spannung, welche dringend einer Lösung bedarf, da ihr sonst von einer Psychose bedroht seid. Um das Ganze also einigermassen lebbar zu machen, bleibt euch daher nichts anderes übrig, als die ganze Problematik aus dem Bewusstsein auszuschliessen, zu verdrängen, zu verleugnen, nach aussen zu projizieren und so weiter. Dadurch entstehen Wahrnehmungsbarrieren, Erkenntnisbarrieren, die euch nach innen von euren tieferen Schichten abschirmen und nach aussen euren Ausdruck und eure klare Sicht der Wirklichkeit verhindern. Damit seid ihr nun definitiv eingeschlossen in einer harten Rinde des Normalseins, lebt in ständiger Angst vor dem Wiedererwachen, seid beschränkt auf die alleinige Wirklichkeit dieser Normschicht. Mit einem Wort, ihr seid geworden wie die Erwachsenen, mit denen ihr konfrontiert ward.

Spürt auch dem ein bisschen nach, wie euer Körper und euer Gefühl diese Situation empfindet! * * *

Lasst jetzt all das wieder gehen, was wir angeschaut haben, und zentriert euch im Solar! * * *

Schaut euch nun an, dass an jedem Punkt dieser Entwicklung bereits eine eigene Entscheidung in eine andere Richtung, nämlich keine Verleugnung seiner selbst, möglich gewesen wäre, allerdings je nachdem verbunden mit mehr oder weniger entsetzlichen Konsequenzen (unerträgliche Gefühle, Gewalttätigkeit von aussen, eventuell gar Psychose oder Tod)!

Vergegenwärtigt euch auch noch einmal, dass ein warmes, wohlwollendes, einfühlsames Wesen des Erwachsenen einen gleichartigen Lernprozess auslösen würde, aber ohne eine Einschränkung und Beengung auf eine begrenzte Norm! Die Konditionierung auf den Umgang mit unserer Alltagswirklichkeit, auf den Umgang mit äusseren Formen wäre etwas Zusätzliches, das unserem unbegrenzten Wesen aufgepfropft würde, ohne dass dieses dabei zu Gunsten dieser beengenden Realität unterdrückt würde.

Schaut euch auch an, wo ihr persönlich steht bezüglich der Auflösung dieser falschen Persönlichkeit! Wo sind eure Blockaden, woran müsst ihr im Moment arbeiten? Sind es Angst und Trotz, sind es die abwehrenden Gefühle, sind es die abgewehrten Gefühle? Geht es im Moment um den Themenkreis Tod und Geburt, die transpersonalen Räume, die Machtproblematik oder die Integration der Kernerfahrung? * * *

Tauscht euch nun zu dritt etwas aus zu dieser Erfahrung! * * *

Lasst uns noch einen Moment ganz still zusammensein! * * *

II. Von der Anpassung zum Wiedererwachen von Angst und Trotz: Das Wiederaufleben der Pubertät und der Trotzphase

Wir beginnen wieder mit Hyperventilation, um in einen Raum gesteigerter Aufmerksamkeit zu gelangen. * * *

Schaut jetzt in euch die Gesamtheit der körperlichen Blockaden, Schmerz- und Druckpunkte an, unter denen ihr leidet, ohne auszuweichen, ohne etwas damit zu tun, ohne damit in einen Konflikt zu treten! Nehmt dies alles einfach ganz an, entscheidet euch dafür, weil ihr einseht, dass ihr das unausweichlich seid!

Schaut euch auch eure Angst vor der Wahrnehmung dieser Blockaden an, und stellt euch auch ihr, so dass ihr in alle Winkel der Vergangenheit und Gegenwart hineinspüren könnt, wie das Nachgeben in Bezug auf die Angst, das sich Unterwerfen unter diese Angst zu Anpassung führt, zu Einengung und Beschränkung aufs Mittelmass, auf die Norm! Schaut euch an, wie viel nach innen blockiert ist, auf der Ebene des Körpers, auf der Ebene der Gefühle und auf der Ebene der Energie, wie jeder Reichtum verloren gegangen ist! Seht wie auch nach aussen vieles dadurch nicht gelebt, nicht ausgedrückt wird in Beziehungen, im Alleinsein, in allen Lebensbereichen, weil die Angst in euch dominiert!

Durch diese Wahrnehmung der Angst öffnen sich die Wahrnehmungsschranken nach innen zu den Gefühlen und nach aussen in die Beziehungen und Lebenssituationen hinein, da diese Wahrnehmungsschranken durch die Angst aufrechterhalten werden. Die Wahrnehmungsschranken, welche uns in der Norm, in der Anpassungsschicht unseres Seins gefangen halten. Schaut euch an, wie die Angst das Hindernis bildet, um aus der Anpassung auszubrechen, in die tieferen Schichten des Bewusstseins (Erkenntnisbarriere) und nach aussen zu den anderen in eine persönliche, freie Lebensgestaltung hinein (Persönlichkeitsgrenze)! Das Bewusste und das Unbewusste werden in uns durch diese Schranken künstlich getrennt. Versucht Freude zu bekommen an dieser Angst, am Zunehmen der Angst auch! Seht wie das Annehmen und Verstehen der Angst zu Klarheit und Einsicht führt! Begreift, dass das Mass des Ausweichens vor der Angst das Mass eurer Anpassung bestimmt! Erkennt, wie sich zunehmend der gute Kern in der Angst her­ausschält, wie sich die Angst wandelt in Vorsicht, Sorgfalt und Behutsamkeit und wie die Angst sich zunehmend auflöst, weil wir uns immer mehr im verständnisvollen der Angst Zugewendetsein verankern, was die Angst unnötig macht! * * *

Verstärkt nun die Gesamtheit der spürbaren, körperlich-seelischen Blockaden in euch, verstärkt sie ganz bewusst! Spürt die Kraft, die in den Blockaden, Schmerzpunkten, in der Spannung gefangen ist, eure Kraft! Verstärkt diese Kraft, gebt nicht nach, lasst Widerstand aufkommen, findet euren Trotz wieder, euer Nein zur Anpassung! Von dort aus betrachtet ihr euch erneut die Zusammenhänge, geht den Konsequenzen nach, die ein Nein mit sich bringen und nehmt sie an trotz der Angst. Sagt ja zu euch selbst, trotz äussere Verluste an Zuneigung und so weiter und trotz innerer Gefühle wie Angst und Schuld! Findet euren Willen wieder! Entdeckt den Trotz, seinen wahren Kern, ein klares Ja und ein klares Nein, ein «Ich will» und ein «Ich will nicht»! Versteht den Zusammenhang zwischen Angst und Trotz: Letztlich geht es um ein sich selbst nicht Annehmen-Wollen! Da ist die Angst, gegen den Anpasser zu trotzen, deshalb trotzt man gegen sich selbst, gegen die eigenen Gefühle, gegen das eigene Sein.

Es ist ganz wichtig, dies einzusehen, dass es nur von mir abhängt, jetzt und immer schon, ob ich mich verliere oder zu mir stehe. Auch wenn es als Kind in der Trotzphase und in der Pubertät oder überhaupt schwierig war, eine Überforderung war, mich für mich zu entscheiden, auch wenn begreiflich ist, dass ich Angst hatte vor den Konsequenzen, war es doch meine Entscheidung, meine Entscheidung gegen mich, gegen meine Gefühle, die mich neurotisch werden liess und die ich jederzeit rückgängig machen kann. Diese Einsicht heilt von der Neurose. Dies ist der erste Schritt; der Rest ergibt sich fast von selbst. * * *

Lasst nun, wenn irgendwie möglich, die festgehaltene Kraft in diesen Blockaden explodieren! Die Wahrheit zu sehen ist Handlung, welche befreit. Ausbrechen aus der Kugelschale der Anpassung, in der ich gefangen bin! Geht vom Solar her in den Ausdruck: Bewegt euch, tanzt, schreit, rauft etc.! * * *

Es geht aber nicht ums Ausagieren. Das nützt nicht viel, ist nur eine Reaktion gegen die Gefangenschaft, sondern darum, sich wirklich zu zeigen aus der Mitte seines Seins heraus. Es geht auch nicht darum, die Blockade einfach aufzulösen, aufzugeben, sie will zuerst ausgedrückt sein. Es braucht dieses zu sich selbst Stehen. Versucht dabei möglichst alle Verbindungen zu sehen und herzustellen zu allen Situationen der Vergangenheit und Gegenwart, in denen euer Wille nicht zum Ausdruck kam! Sendet ein klares Nein dorthin, wo immer es noch hingehört, und befreit damit das Ja, das darin eingeschlossen ist! Ein Ja zu mir selbst, zu meinem Willen, zu meinem Ausdruck. * * *

Tauscht euch zu viert aus über das Erfahrene! * * *

Lasst uns noch einen Augenblick ganz still sein zusammen! * * *

III. Die Überwindung von Angst und Trotz, und die Befreiung der abwehrenden Gefühle

Wir beginnen wieder mit Hyperventilation. * * *

Ein Ausbruch aus der Anpassung führt zu einer Öffnung im Energiezentrum des Solarplexus, und damit wird das Chaos in diesem Bereich spürbar. Zentriert euch deshalb zuerst im Solarplexus! Nehmt nochmals den Willen, den Widerstand, den Trotz wahr in euch und das einfache Ja und Nein, das dahinter steht! Erkennt die Gesetzmässigkeit der Solarebene: Ich will, ich will nicht! Damit verlasst ihr die Anpassungsebene, welche sich dem Gesetz des «du sollst» und «du darfst nicht» und der Angst vor dem «ich will» unterworfen hat. Lasst den Solar sich weiter öffnen, indem ihr einfach mit dem zusammenbleibt, was sich an Chaos in diesem Bereich zeigt, nämlich die tieferliegende Schicht der abwehrenden Gefühle, welche nun spürbar werden kann!

Wir sind aus der Anpassung ausgebrochen und versuchen nun die zweite noch sehr rigide Kugelschale aufzubrechen. Durch zunehmendes Überwinden der Angst, indem wir ihr stillhalten, gewinnen wir Klarheit über die Verwirrung unserer Gefühle. Das Chaos im Solar wird bewältigt, indem wir allmählich die abwehrenden Gefühle durcharbeiten.

Ich gebe euch ein Bild dazu:

Ihr befindet euch in einem langen, dunklen Korridor: Das ist euer Weg. In weiter, weiter Ferne erkennt ihr eine Ahnung von Ausgang. Vorerst aber ist es dunkel wie die Nacht. Links und rechts reihen sich Türe an Türe. Jede von diesen Türen müsst ihr öffnen, damit das Licht, das in den Räumen dahinter gefangen ist, euren Weg erleuchten kann. Damit begebt ihr euch aber in eine Gefahr. Denn hinter jeder Tür ist ein Gefühl mit allen damit verbundenen Situationen und Konsequenzen eingeschlossen. Jeder Raum zieht euch hinein, und es kommt die Gefahr auf, euch darin zu verlieren. Wenn ihr aber aus Angst davor die Türen nicht aufmacht, bleibt euer Weg im Dunkeln. Ihr kommt nicht darum herum, jeden Raum genau auszuleuchten, kennen zu lernen und trotzdem euren Weg nicht zu vergessen, so dass ihr schliesslich ungehindert an allen geöffneten Räumen, von denen immer Faszination oder Abstossung, in die ihr euch verstricken könnt, ausgeht, vorbeiziehen könnt. * * *

Wir können hier nicht alle Gefühle erschöpfend anschauen. Nehmt diejenigen, die euch spontan in den Sinn kommen, die euch Mühe machen! Es ist ein langer Weg, der zur Auflösung der zweiten Schale, die wir uns erworben haben, führt. Hinter jedem abwehrenden Gefühl liegen feinere, abgewehrte Gefühle, die zu unserem innersten Kern zurückführen. Hinter jedem noch so schrecklichen Gefühl werden wir die gesunde Lebenskraft wiederfinden. Jeder von uns kennt jedes Gefühl, hat aber je nachdem grössere oder kleinere Probleme im Umgang damit.

Ich greife einzelne dieser abwehrenden Gefühle heraus:

Zum Beispiel Hass, die gebremste Lebenskraft. Wenn man das sieht, ist da Trauer, die uns wieder zum Kern zurückführt.

Oder Neid: die Angst, ausgeschlossen zu sein. Aber genau das Ausgeschlossensein führt uns zum Kern zurück.

Auch die Eifersucht mit ihren kontrollierenden Tendenzen. Sie enthält die Angst vor dem Verlust, das Weh über den Verlust, welche uns direkt in den Kern zurückführen, wenn wir uns ihnen stellen.

Oder die ganze Problematik um die Sucht, in der wir immer auf die abgewehrte Einsamkeit stossen. Das Annehmen der damit verbundenen Sehnsucht führt uns in den Kern zurück.

Die Depression, welche eine ganze Reihe von Gefühlen unterdrückt, zum Beispiel die Sinnlosigkeit, die uns zum Sinn führt, wenn wir uns ihr stellen, und damit wieder zum Kern. Oder der Schmerz, welcher uns auch direkt zum Kern führt. Aber auch das Schuldgefühl finden wir darin, dessen Betrachtung uns zu einer klaren Haltung in unseren Lebenssituationen verhilft und damit auch dem Kern näher bringt. Aber auch Wut, Minderwertigkeitsgefühle, Trotz und Selbstmitleid finden wir in der Depression enthalten.

Wir können nicht alle diese Gefühle anschauen. Das ist das, was ihr im Leben selbst tun müsst. Geiz, Langeweile, Gehemmtheit, Pflichtgefühl, Hinterhältigkeit, Falschheit, Gewalt, Gier, Misstrauen, sogar Begeisterung und Verliebtsein gehören zu den abwehrenden Gefühlen und viele andere mehr. * * *

Lasst nun alles los, und zentriert euch beim Solar! Geht von da aus in einen ehrlichen Ausdruck! Jeder und jede soll für sich, aber auch für die anderen, die für ihn im Moment drei vordergründigsten abwehrenden Gefühle ausdrücken! Es geht nicht ums Ausagieren, sondern darum sich zu zeigen, diese Gefühle als Haltung, als Bewegung, als Ton vom Solar aus, das heisst nicht vom Kopf, vom Denken her, preiszugeben.

Sprecht nun zu zweit über die gemachte Erfahrung! * * *

Lasst uns noch einen Moment still sein zusammen! * * *

IV. Die abgewehrten Gefühle

Energiekreislauf: Zur Zentrierung machen wir zuerst eine Energieübung: Nehmt zuerst Kontakt auf mit dem Damm und wandert dann mit der Aufmerksamkeit entlang der Körperoberfläche langsam zum kleinen Becken! Dort haltet ihr einen Moment inne, bevor es dann weitergeht zum Solar. Auch dort wieder einen Moment verharren und dann mit dem Bewusstsein langsam weiter hinaufsteigen zum Herz. Nachdem ihr auch da einen Augenblick stillgehalten habt, geht ihr weiter zum Hals und dann durch den Gaumen und die Nase hinauf zum dritten Auge. Nach einem Verweilen hier streicht ihr mit eurer Aufmerksamkeit über den Scheitelpunkt hinweg und dann den Rücken hinunter der Wirbelsäule entlang. Alles ganz langsam, bis ihr wieder beim Damm ankommt. Dann beginnt ihr von vorne und macht dies solange, bis sich diese Bewegung fühlbar in euch etabliert hat, so dass ihr sie mit dem Atem koordinieren könnt: Beim Einatmen zieht ihr die Energie vorne rauf, vom Damm bis zum Scheitel, beim Ausatmen hinten runter, vom Scheitel bis zum Damm. Und so lange, bis ihr euch gedanklich nicht mehr damit beschäftigen müsst, sondern die Bewegung gewissermassen von selbst verläuft. * * *

Die Durcharbeitung der abwehrenden Gefühle hat zu einer Zentrierung im Solar geführt. Die Verwirrung, das Chaos hat ein Ende. Dadurch kann die Energie höher steigen ins Herz, was zu einer Öffnung in diesem Bereich führt und damit zu einem Sichtbarwerden des Chaos in uns, was diese Ebene anbelangt.

Dieser Übergang vom Solar zum Herzen bringt uns eine Auseinandersetzung mit den perinatalen Räumen und dem Tod. Der Egotod beginnt hier. Die Gesetzmässigkeit des Herzens beginnt sich abzuzeichnen: Nicht mein, sondern dein Wille geschehe.

Wir zentrieren uns im Solar und stossen mit der Energie und dem Bewusstsein, mit der Aufmerksamkeit langsam durch zum chaotischen Herzen und stellen uns den abgewehrten Gefühlen, die dort sichtbar werden. Das sind diejenigen, welche durch die abwehrenden Gefühle verdeckt worden sind. Diesen Gefühlen stillzuhalten, führt zu einer allmählichen Bewältigung des aufgebrochenen Chaos im Herzen. Die Klarheit, gewonnen durch das Durcharbeiten der zweiten Schicht, muss wieder losgelassen werden, damit die Kraft der Liebe im Herzen gefunden werden kann.

Ich gebe euch wieder ein Bild dazu:

Diesmal ist es das Bild einer weiten, fahl erhellten, vernebelten Ebene, die Ebene der Einsamkeit, durch die wir hindurch müssen. Aus dem Tunnel heraus sind wir in diese Ebene gelangt. Überall begegnen wir verlorenen Seelen, die sich uns anhängen wollen. Es sind die abgewehrten Gefühle. Wir sind aus der Anpassungsschicht trotz Angst und Widerstand ausgebrochen und durch die innere, noch rigide Schicht unserer Persönlichkeit, welche durch die abwehrenden Gefühle gebildet wird, hindurchgegangen und befinden uns jetzt in der schon lockereren, weniger einengenden Schicht der feineren, abgewehrten Gefühle. Das Herz fühlt sich schon etwas freier. Es findet eine zunehmende Regression in die Welt des Säuglings statt, das abwehrende Ego stirbt, die Kontrolle geht verloren, Angst vor dem Wahnsinn kann aufkommen. Wir gehen durch den Sterbepunkt in unserem Energiesystem. In aller Ruhe schreiten wir die Ebene ab. Jede verlorene Seele zeigt uns ein abgewehrtes Gefühl. Wir integrieren alle diese Schatten in uns. Wenn wir sie annehmen, lassen sie uns wieder in Ruhe, weil sie dann Angst vor uns haben, weil ihre Existenz davon abhängt, dass sie selbst dieses Gefühl, welches wir jetzt integriert haben, nicht annehmen. * * *

Ich weise euch wieder auf einzelne dieser abgewehrten Gefühle speziell hin. Jeder und jede soll aber diejenigen, die für ihn gerade aktuell sind, anschauen!

Da ist zum Beispiel die Verzweiflung. Wenn wir mit ihr gehen, führt sie uns direkt in den Kern.

Auch Schmerz, Trauer, Ohnmacht, Hilflosigkeit, Ausgeliefertsein führen uns in das Aufgehobensein, Getragen- und Geführtwerden des Kerns, wenn wir uns ihnen stellen.

Verlassenheit, Unverstandensein, Zukurzgekommensein, alle diese Gefühle weisen direkt auf unseren Kern, auf unser innerstes Wesen hin.

Ausgelachtwordensein, Verlorensein, Hoffnungslosigkeit führen uns zu Aussöhnung und Vergebung. Verwirrung, Haltlosigkeit, Unausweichlichkeit machen uns mit dem Tod vertraut, zeigen uns die Möglichkeit der Transzendenz, geben uns Sinn.

Zwiespalt und Zweifel führen uns zur Wahrheit.

Heimatlosigkeit, Ausgeschlossensein, Einsamkeit und Sehnsucht finden wir ganz zu innerst in diesem Bereich.

Jeder und jede muss jedes Gefühl ausloten, auch wenn nicht alle mit den gleichen gleich viele Probleme haben. Zuinnerst finden wir immer die Einsamkeit, die uns allen so viel Mühe bereitet. Die perinatalen Räume können sichtbar werden bei diesem Durchgang, weil sie stark mit diesen Gefühlen zusammenhängen, sofern wir da etwas zu lernen, aufzuräumen oder zu verstehen haben. Das Gleiche gilt für die transpersonalen Schichten, welche sich hier zum ersten Mal ankündigen. * * *

Jetzt lassen wir alles wieder los, zentrieren uns beim Solar und lassen den Fluss vom Solar zum Herzen und in den Hals hinauf ganz zu. Dann gehen wir von da aus in den Ausdruck. Nicht vom Kopf her, sondern vom Solar über das Herz in die Stimme. Bleibt sitzen dabei! Heult, singt, schreit, wimmert, redet, lacht usw.! Lasst der Stimme freien Lauf, um damit diesen abgewehrten Gefühlen Ausdruck zu geben! * * *

Fragt euch, mit wem ihr euch wirklich austauschen möchtet über diese Erfahrung, und setzt euch dann zu dritt zusammen! * * *

Lasst uns nochmals ganz still werden! * * *

V. Die transpersonale Grenzschicht

Energiekreislauf, eventuell Sufi-Dancing. * * *

Das Durcharbeiten der dritten Schicht, der dritten Kugelschale unserer neurotischen Persönlichkeit, welche die abgewehrten Gefühle enthält, führt zu einer zunehmenden Zentrierung im Herzen und damit zum Erwachen der Kraft in uns. Die Gesetzmässigkeit des Herzens: Nicht mein, sondern dein Wille geschehe, wird uns klar.

Nehmt Kontakt auf mit dem Becken und dem Solar! Stosst von da her ins Herz durch und dann durch den Hals in die Mitte des Kopfes! Das Kopfzentrum beginnt sich dadurch zu öffnen, dass die Energie vom zentrierten Herzen ungehindert aufsteigen kann. Dadurch wird unsere Verwirrung, unser Chaos im Kopfzentrum sichtbar. Wir treten in den Raum ein, in den man nach dem Egotod eintritt. Bleibt während dem Rest der Übung im Kopf zentriert, in der Mitte des Kopfes, beim Stille-, Macht- oder Wahnsinnspunkt! Nicht indem ihr darüber nachdenkt, sondern indem ihr fühlenderweise das wahrnehmt, was im Kopf energetisch vorhanden ist! * * *

Auch diesmal will ich euch ein Bild geben:

Es ist das Bild eines Luftschlosses mit unendlich vielen Räumen, die nur aus Bildern bestehen, beliebig ineinander geschachtelt sind und von unseren Gedanken von Moment zu Moment neu kreiert werden.

Wegen dem Übergang vom Persönlichen (Sexualität und Wille) zum Unpersönlichen (Egotod) treten die transpersonalen Phänomene in Erscheinung. An sich sind sie aber unbedeutend und letztlich eher lästig. Viel wichtiger ist die Trauer, die zwischen den beiden Bereichen, zwischen dem Persönlichen und dem Unpersönlichen spürbar wird.

In unserem Luftschloss ist es jetzt schon recht hell, dadurch aber auch luftig und unstabil. Eigenartige Räume öffnen sich. Wir sind im Raum, in den man nach dem Tod eintritt. Es geht immer noch um Gefühle, aber nicht mehr um meine; vielmehr beginne ich zu sehen, wahrzunehmen, wie sich der Rest des Universums anfühlt. Schaut einfach hin, was ihr da fühlen könnt, versucht nichts zu erzwingen, auch nicht frustriert zu sein, wenn es noch nicht geht, nichts sichtbar wird!

Bleibt zuerst einmal ganz einfach: Fühlt den Raum um euch herum, fühlt den Ablauf der chronologischen Zeit, fühlt den Nachbarn neben euch, die anderen im Raum, fühlt die Schwingung, die wir zusammen hier verursachen, die Geräusche, die von uns ausgehen und so weiter!

Stellt euch dann ein auf die anderen Menschen auf der Erde überhaupt, auf andere Gruppen, auch auf die Pflanzen, auf die Tiere, auf den ganzen Planeten, auf das ganze Universum!

In diesem Bereich geht es aber nicht nur um das Überschreiten der räumlichen Grenzen, sondern auch der Grenzen der linearen Zeit. Die eigene fetale und embryonale Entwicklung kann sichtbar werden, die Geschichte der Ahnen kann auftauchen, der Rasse. Frühere Inkarnationen können sich melden, die ganze Evolutionsgeschichte kann sich vor uns ausbreiten. Schaut einfach hin, welche Bilder und Gefühle sich bei entsprechender Einstellung melden! Wir können auch in das Bewusstsein unserer Zellen und Gewebe oder noch weiter hinunter bis zu den molekularen Strukturen oder zu der atomaren Beschaffenheit vordringen.

Auch die Grenzen der objektiven Realität lassen sich überschreiten: Spiritistische Erfahrungen können sich melden, geistige Führer, andere Universen etc..

Es sind immer noch die Gefühle, die die Zugänge zu diesem Bereich schaffen. Nicht mehr die Gefühle im Bauch oder im Herzen, sondern das, was man in der Mitte seines Kopfes fühlt. Das Vorhandensein von Gefühlen ist Ausdruck von Verwirrung und Chaos, wie in allen anderen Bereichen. Wenn völlige Zentrierung erreicht ist, wenn die Gefühle durchgearbeitet sind, wird es still, genauso wie im Herzen und im Bauch, und damit schliessen sich diese transpersonalen Räume wieder.

Die eröffneten Räume sind letztlich unwichtig. Sie sind nicht das Ziel. Man kann sich auch darin verlieren, weil sie faszinierend sind. Wichtig ist immer noch nur das Licht, das freigesetzt wird, die Liebe im Hier und Jetzt.

Wir können uns auch in der Macht verlieren, weil die durch das Durcharbeiten der abwehrenden Gefühle gewonnene Kraft, kombiniert mit der chaotischen Faszination dieser Räume und der Absolutheit der Stille, die wir dahinter zu spüren beginnen, meist Omnipotenzgefühle in uns wecken kann, die wir auch noch bewältigen müssen. Die Auseinandersetzung beim dritten Auge in der Mitte des Kopfes ist im Wesentlichen eine Kraftprobe mit der Macht. Ein Verlust von Sinnlichkeit zeigt uns das Verlorensein in diesen Räumen an. Macht ist ein Ersatz für verlorene Sinnlichkeit. * * *

Geht jetzt auch von da aus wieder in den Ausdruck! Zuerst lasst ihr all die Bilder, alles, was ihr gesehen habt, los. Gebt den Gefühlen der Macht Raum in euch und drückt sie vorsichtig aus, indem immer vier von euch zusammenstehen, sich gegenseitig an den Händen halten und sich gemeinsam bewegen und zu dominieren versuchen! Möglichst ohne sich dabei auf einen Kampf einzulassen, ohne dass jemand gewinnt oder verliert! * * *

Die vier, die zusammen diese Übung gemacht haben, sollen sich nun noch zusammen über das Ganze austauschen. * * *

Lasst uns noch ein wenig still sein! * * *

VI. Von den Omnipotenzgefühlen zum Kern

Wir nehmen zuerst Kontakt auf mit unserem Körper und unserer Energie. Wir lenken dann unsere Aufmerksamkeit speziell in das Becken und wandern ganz langsam, Zentimeter um Zentimeter hinauf in den Bauch zum Solar und von da weiter zum Herzen und schliesslich in den Hals und in den Kopf hinauf. So entsteht langsam eine Energiesäule in uns, welche dann beim Scheitel austritt und als feiner zähflüssiger Energiespringbrunnen etwa sechzig Zentimeter über dem Kopf in die eiförmige Schutzhülle um unsern Körper herum einfliesst. Mit der Energie fliessen wir um unseren Körper herum wieder langsam hinunter zu den Füssen, zu einem Punkt etwa sechzig Zentimeter unter den Füssen, wo sich die Energie wieder sammelt und sich langsam wieder nach oben zu bewegen beginnt. Gleichzeitig nehmen wir auch einen Energiefluss wahr, der von oben her zum Scheitel hinein in unsere Struktur fliesst und sich über den Kopf und den Hals ins Herz ergiesst und von da nach aussen zu den anderen und in die Hände und von da wiederum zu den anderen bewegt.

Diese Energiebewegungen etablieren wir solange und so intensiv in uns durch unsere Vorstellung, bis wir sie seinlassen können, ohne dass der Fluss wieder aufhört. * * *

Das Durcharbeiten der transpersonalen Räume führt zu einer zunehmenden Zentrierung im Kopfzentrum. Durch das Erkennen der Gesetzmässigkeiten in diesem Bereich, werden auch die Omnipotenzgefühle und die Probleme mit der Macht überwunden. Die Kerngefühle, welche den Eigenschaften der Liebe entsprechen, zeigen uns diese Gesetzmässigkeiten, den Willen Gottes gewissermassen. Nachdem wir bis jetzt von aussen her Mauern abgetragen haben, also vor allem den Weg der Psychotherapie gegangen sind, bricht die Energie von innen her, vom Becken und Bauch über das Herz und über den Hals in den Kopf hinauf durch, was einem spirituellen Erwachen entspricht. Diese Energie schwemmt die letzten Widerstände weg. Die eigenen Qualitäten und Fähigkeiten werden sichtbar und können sich manifestieren. * * *

Der Korridor, die Ebene, das Luftschloss lösen sich zunehmend auf in einem starken, zentrierten Licht, das mich ausfüllt, und im Becken, im Solar, im Herzen und in der Mitte des Kopfes gleichzeitig zentriert ist. Es ist aber auch ein Licht, das ausserhalb meiner selbst liegt, über meinem Scheitel zentriert ist und mich hält. Letzte Räume, die noch ungeöffnet sind, werfen aber noch Schatten, machen noch Trübungen. In diese Räume können wir ohne Weiteres eintreten. Hier lauert keine Gefahr mehr. Der Korridor ist zu Ende. Jeder Raum führt direkt wieder ins Licht, alle Räume sind untereinander verbunden. Je mehr ich sie erfasse, erkenne, auslote, verschwinden sie, und es bleibt nur noch Licht. Ich kann nie ganz ins Zentrum des Lichts gelangen, sehne mich aber endlos danach. Nur noch Licht könnte dann sein, wenn die Räume aller anderen Menschen auch aufgelöst wären.

Daher fängt hier ein neuer Prozess an. Diese Räume durchschreite ich, indem ich anderen durch ihre Räume helfe. Ich komme mehr ins Licht, wenn ich Licht zu den anderen trage. Man wir hier Therapeut und Heiler, ein Bodhisattva.

Ich zähle einige dieser Räume auf.

Angst wird zu Wachsamkeit, Wachheit, Aufmerksamkeit, Sorgfalt und löst sich damit endgültig auf.

Ausgeliefertsein, Ohnmacht, Hilflosigkeit verschwinden, indem sie sich wandeln in Hingabe, Geborgenheit, Angenommensein, Daheimsein, Getragen- und Gehaltenwerden.

Ein Herz, das bekommen hat, bekommt seinen Ausdruck in Anteilnahme, Zuneigung, Vertrautheit, Fürsorge, Geduld, Zärtlichkeit, Innigkeit, Einfühlsamkeit, Feingefühl, Zartgefühl.

Meine Einsamkeit wandelt sich in ein glückseliges Alleinsein, in Losgelöstheit, Ruhe, Stille, Raum, Weite, Zeitlosigkeit, Stille des Denkens, Ganzheit, Kraft, Energie, Fluss.

Freude, Friede, Glück, Gelassenheit, Unschuld, Unversehrtheit, Dankbarkeit, Schönheit, Klarheit, Andacht, Einsicht, Intelligenz und Freiheit füllen diesen Raum des Einsseins, des Alleinseins aus und führen zu Wahrheit, Echtheit, Kreativität, Schöpfung, Einfachheit und Demut.

Dein Wesen wird hier bestimmt von echter Leidenschaft, wirklichem Mitgefühl, von Ehrlichkeit, Grosszügigkeit, Mut, Sanftmut, Nachsicht, Rechtschaffenheit, Ernsthaftigkeit und Sorglosigkeit. Du findest Sicherheit in der ewigen Unsicherheit, Sinn hinter der Sinnlosigkeit und bist zentriert in der Mitte zwischen Hingerissensein und Standhaftigkeit.

Und wenn das alles erkannt, integriert und gelebt ist, öffnet sich ganz von selbst der Raum über dem Kopf: Spiritualität, das ist die Fähigkeit zu endloser Ausdehnung, zum Sehen der Energie und zum Schwimmen darin; Spiritualität ist aber auch Beziehung, Mitgefühl aus diesem Raum der Stille und des Alleinseins heraus. Es ist ein bewusster Eintritt ins Wurzelreich, aus dem wir gekommen sind. Die Energie, die unbewusste des Universums, hat sich durch die Schöpfung und den Bereich des Menschlichen ergossen und ist sich ihrer selbst dabei bewusst geworden. Damit schliesst sich der Kreis: Die Energie, die von unten her ins Becken eingeflossen ist, fliesst jetzt auch von oben her zum Scheitel herein. Dort, wo sie sich trifft, im Herzen, fliesst sie in den Ausdruck, über die Stimme, in die Arme hinein, zu den heilenden Händen, direkt vom Herzen zum Herzen des anderen, überallhin. * * *

Steht jetzt ganz langsam auf und bewegt euch mit geschlossenen Augen und tastenden Händen im Raum herum! Geht ganz frei in den Ausdruck! Lasst euch dahin ziehen, wo es euch eben hinzieht! * * *

Sprecht jetzt zu zweit mit der Person, zu der es euch am meisten hinzieht, ein bisschen über diese Erfahrung! * * *

Lasst uns noch ein wenig schweigen! * * *

VII. Die ganze Reise im Überblick

Wir beginnen damit, ekstatisch zu atmen und dabei die Energie vom Becken und Bauch über das Herz in den Kopf hinaufzuziehen. * * *

Im Zustand gesteigerter Aufmerksamkeit gehen wir jetzt, wieder bei normaler Atmung, den Fluss der Energie in uns noch einmal gemächlich durch, vom Becken zum Bauch, von da zum Herzen, über den Hals in die Mitte des Kopfes, zum Scheitel raus in die Hülle, die Urmatrix. Wir sind nur Gefühl, nur Energie, nur reine Wahrnehmung ohne Begrifflichkeit. * * *

Danach kehren wir wieder zurück zu unserer Struktur, zu unserem Körper, zum Alltag, zum Denken, zu den Problemen. Und nun versuchen wir, frei hin- und herzuflottieren zwischen diesen beiden Ebenen, versuchen sie als gleichwertige in uns zu etablieren. Wir sind dabei gleichzeitig zentriert im Kopf, im Herzen, im Bauch und im Becken, was gleichbedeutend ist mit einer Zentrierung im Hier und Jetzt und ausserhalb der Dualität von richtig und falsch. Die Fixierung in der Vergangenheit hat ein Ende, ebenso das Gespaltensein in der Dualität. Die Zentrierung im Hier und Jetzt führt zur Bewegung in einer neuen Dimension. Gleichzeitig achten wir innerlich darauf, wo es ansteht, indem wir durch die einzelnen Schichten hindurchgehen, die wir im Vorangegangenen kennen gelernt haben.

Wir gehen aus von der Schicht der Anpassung, der Struktur. Ihre Gesetzmässigkeit, im gesunden Fall, ist das Funktionieren: du sollst, du darfst nicht etc.. Im Körper entspricht dies Spannung, Schmerz, Druck, Enge, im Gefühl der Angst. Wir schauen, wo das seinen Platz hat. Das Bewusstsein ist sehr eingeschränkt. Durch das Überwinden der Angst vor dem «ich will», der neuen Gesetzmässigkeit des Beckens und des Solars, des Zentrums des Persönlichen in uns, gelangen wir zu den abwehrenden Gefühlen. Die Gesetzmässigkeit in diesem Bereich, dem Bereich von Sexualität und Wille, folgt dem «ich will, ich will nicht» usw. Mein Wille geschehe, ist das Gesetz. Man gewinnt Klarheit und Bewusstheit über alles. Es kommt zu einer Zentrierung im Solar und im Becken.

Diese Klarheit muss wieder aufgegeben werden am Sterbepunkt. Hier treffen wir die zweite Angst in uns, die Angst vor dem «Dein Wille geschehe». Und im Zusammenhang damit stossen wir auf die abgewehrten Gefühle, die zweite Schicht in uns. Wir stossen durch zum Herzen, dessen Gesetzmässigkeit heisst: «Dein Wille geschehe». Unsere Kraft wird spürbar, und je mehr wir die abgewehrten Gefühle durchgearbeitet haben, finden wir eine stille Zentriertheit im Herzen. Damit hat sich auch der Ausdruck, der mit den zwei persönlichen Ebenen, Sexualität und Wille, und der allgemein menschlichen Ebene von Gemeinschaft beim Herzen zusammengeht, geläutert.

Die Energie steigt höher in uns, in den Kopf. Wir berühren die transpersonale Schicht, die dritte Schicht in uns und stossen auf die Versuchung der Macht. Die Omnipotenzgefühle müssen überwunden werden, das letzte Aufbäumen des Egos. Es ist die dritte Angst, der wir in uns begegnen, die Angst vor dem «Ich bin die Welt, ich bin du, ich bin das Ganze». Ihre Überwindung entspricht der beginnenden Zentrierung im Kopfzentrum. Die Macht wird überwunden am Machtpunkt, der Wahnsinn am Wahnsinnspunkt. Wir treten ein in das Reich der Stille oder stossen vor zu unserem Kern. Die Gesetzmässigkeit heisst hier: «Das ganze Wesen wird von Liebe erfüllt und geleitet. Liebe ist gleichzeitig unsere Natur und eine äussere, übergeordnete Kraft. Ich bin das Ganze, ES ist das Ganze». Es kommt zu einer Zentrierung im Kopfzentrum und dadurch zur Öffnung des Scheitelzentrums. Dadurch kann das Licht oder die Energie auch vom Scheitel her in die unteren Zentren fliessen und sich dort ausdrücken. * * *

Versucht nun durch diese ganze Reise mehrmals in beide Richtungen durchzugehen für euch selbst: von der Struktur, von der Anpassung durch die verschiedenen Schichten hindurch bis zum Aufgelöstsein in der Energie und dann von der Energie wieder zurück zur Struktur! Gesund sind wir, wenn wir diesen Durchgang mühelos in einem Augenblick durchwandern können. * * *

Geht jetzt hier noch einmal in den Ausdruck! Bringt die Lebensfreude durch, in dem ihr zu dritt zusammen seid! * * *

Tauscht euch, immer die drei, die zusammen waren, noch ein bisschen aus! * * *

Lasst uns noch ein letztes Mal still sein! * * *

Short Cuts to Enlightenment

Die sieben Wichtigsten:

1 Da ist einmal das Lauschen, das reaktionslose Lauschen:

Setze dich hin für eine halbe Stunde täglich und lausche dem Fluss der Geräusche, der Musik des Seins, den Kinderstimmen von ferne, dem Summen der Heizung im Haus, dem Flugzeug das vorbeibrummt, dem Vogelgezwitscher draussen, dem Motorenlärm von der nahe gelegenen Strasse! Lausche auf alles, nimm alles wahr, ohne darauf innerlich zu antworten, sei einfach damit wie mit einer schönen Musik, bis der Fluss der Geräusche wirklich ein Fluss geworden ist, mit dem Fluss des Lebens identisch durch dich hindurchfliesst! Das ist ein ganz einfacher Weg, der dich sehr schnell in ein inneres Gleichgewicht bringen wird. Später lernst du dieses reaktionslose Lauschen überall anzuwenden, nicht nur eine halbe Stunde täglich, sondern immer und überall, wo immer du bist. Wenn du einem Menschen zuhörst, der zu dir spricht, wenn du mitten in der Stadt im grossen Lärm stehst, wenn du dich auf eine Arbeit konzentrierst, immer lauschst du dann eben auch. Bis du eines Tages feststellen wirst, dass es einfach lauscht in dir, dass du ein Lauschender geworden bist. So wirst du eine leere Wahrnehmung, die alles in sich hält, ein Mitfühlender, ein Liebender.

Über das Lauschen zentrierst du dich völlig in der Aufmerksamkeit. Damit entziehst du dem Denken alle Energie. Das Denken kollabiert, und deine ganze Energie geht in die Wahrnehmung. Lauschen führt zu Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeit führt zu Einsicht, Einsicht führt zu Transformation auf der Energieebene. Lauschen macht dich schliesslich zu einem Generator für Stille in der Welt.

Alles findet seine Erklärung im Lauschen

2 Dann ist da das Schauen, zu schauen ohne Reaktion:

Schau täglich eine halbe Stunde auf einen Baum, auf eine Blume, auf ein Gesicht! Es geht nicht darum, darauf zu starren, sondern mit Liebe und Mitgefühl das, was du anschaust, in allen seinen Details einfach zu sehen. Es geht nicht darum, etwas Besonderes zu sehen, irgend­­ein verrücktes Erlebnis zu haben, sondern einfach dem, was du anschaust, liebevoll zugewendet zu sein, mit einer solchen Intensität, dass sich kein Gedanke dazwischen schieben kann. Neben dem, dass du Erstaunliches entdecken wirst, viel über die Welt lernen wirst, Dinge sehen wirst, die dir bis jetzt immer entgangen sind, neben dem, dass dabei ein Gefühl von Schönheit in dir erwachen wird, wirst du dabei wiederum vor allem eine leere Wahrnehmung werden. Mit der Zeit wirst du wiederum dazu übergehen, diese Übung nicht nur täglich eine halbe Stunde zu tun, sondern überhaupt, immer, wo immer du bist, wenn du an der Bushaltestelle wartest, wenn du noch schnell einen Einkauf machen musst, auf einem ruhigen Spaziergang im Wald, währenddem du in eine heftige Diskussion verwickelt bist und so weiter. Überall, immer wirst du schauen und schauen, die Dinge wirklich sehen, die vor dir sind und die in dir sind.

Schauen richtet sich immer gleichzeitig nach innen und nach aussen. Da letztlich innen und aussen dasselbe sind, führt dich das Schauen zu dieser Realisation. Schauen und Fühlen gehen zusammen. Dabei wird dein Herz still werden, und darin wird ein Mitgefühl erwachen, welches dich schliess­lich zu dieser Eins-zu-eins- Verschmelzung mit allem führen wird, welche wir die Einheit des Herzens nennen. Auch das Schauen führt über die Aufmerksamkeit zu Einsicht, und diese klinkt dich, wenn sie ein kontinuierlicher Fluss geworden ist, wiederum in diesen energetischen Transformationsprozess ein, für den du dann zu erwachen beginnst.

Alles findet seine Lösung im Schauen

3 Keine Spuren hinterlassen!

Schau dir zu, wie du mit den Dingen und Menschen umgehst! Wirf immer auch einen Blick zurück, was du hinter dir lässt! Übernimm die Verantwortung für alles, was in deine Hände kommt, für alles, womit du zu tun hast! Nimm die Mühe auf dich, jeden materiellen Prozess bis zu seinem Ende zu verfolgen, und du wirst die Erfahrung machen, dass in deinem Leben alles seinen Platz bekommt, Ordnung entsteht! Ordnung, welche nicht ständig wieder neu hergestellt werden muss, nein, Ordnung, welche sich ununterbrochen erneuert. Mit der Ordnung zusammen kommen Schönheit und Frieden zu dir, Gelassenheit und Stille. Übe dich darin, den Weg eines Papierschnitzels, der in deine Hände geraten ist, zu verfolgen, bis er seinen richtigen Platz gefunden hat!

Keine Spuren zu hinterlassen heisst nicht, keine Kinder zu zeugen, nicht schöpferisch zu sein. Im Gegenteil: Es heisst, eine konstruktive Spur zu hinterlassen, sich auszudrücken, etwas in die Welt zu setzen, aber nicht Zerstörung hinter sich zu lassen, wo man durchgegangen ist, wie es die Menschen meistens tun.

4 Verteile deine Aufmerksamkeit gleichmässig auf alles!

Warum solltest du nur auf dich bezogen sein, deine ganze Aufmerksamkeit auf dich oder auf etwas anderes konzentrieren? Sei nicht nur auf dich bezogen, sondern immer auch auf die anderen Menschen und auf alle Dinge um dich herum! Warum solltest du dir mehr Auf­merk­samkeit geben als etwas anderem? Warum solltest du etwas anderem mehr Aufmerksamkeit geben als dir? Verteile sie gleichmässig auf alles und jedes; versuche da ein Gleichgewicht zu finden! Seine Auf­merksamkeit gleichmässig auf alles zu verteilen heisst, da zu sein. Sein, da sein, statt eine Antwort, eine Reaktion aufs Sein zu sein. Im da Sein findet Wand­lung statt. Du kommst in Kontakt mit den Gesetz­mäs­sigkeiten energetischer Transformation, für die du nun ein Werkzeug wirst.

Frage: Wie kannst du zum Beispiel in einem Gespräch gleichzeitig mehrere Personen anschauen?

Die Lösung dieses Rätsels hilft dir, deine Aufmerk­samkeit gleichmässig zu verteilen.

Alles findet seine Erklärung im Lauschen

Alles findet seine Lösung im Schauen

Alles findet seine Wandlung im da Sein

5 Schau dir zu, was du sprichst, wie du sprichst! Rede nur Essenzielles!

Essenzielles reden heisst, die Sprache zu gebrauchen, um Nähe zu schaffen, und nicht, um diese zu verhindern. Essenzielles reden heisst, keine Geschichten zu erzählen, kein Geplapper. Essenzielles reden heisst, die Sprache zu benutzen, um einerseits Informationen, wenn sie notwendig sind, weiterzugeben und dann vor allem, um sich unmittelbar von Herz zu Herz in die Beziehung hinein auszudrücken und mitzuteilen. Rede nicht über Dritte, teile dich mit, rede über die Beziehung, in der du dich gerade aufhältst! Sprich mit dem anderen, nicht über andere! Sag deinem Gegen­über, was du von ihm denkst, nicht was du von anderen denkst! Wenn du diesen Weg verfolgst, wirst du bald in einem Feld von Nähe und Gemein­schaft geborgen sein, und die entfremdete Welt der Menschen, in der wir gemeinhin leben, wird von dir wegrücken.

Die meisten Menschen sind ständig mit irgendwelchen oberflächlichen Dingen beschäftigt. Sie erzählen sich Geschichten, Erlebtes, Vergange­nes. Daneben läuft aber in ihnen, entweder bewusst oder unbewusst, immer auch eine Auseinandersetzung mit dem, was gerade da ist, mit der Beziehung, dem Bezogensein, in dem sie sich gerade aufhalten. Dies verstecken sie aber voreinander, zeigen es sich nicht. Sie benutzen die Sprache nicht, um sich näher zu kommen, sondern verhindern damit, sich wirklich zu treffen. Essenzielles zu reden beginnt damit, dass man sich in dem zu zeigen beginnt, was wirklich in Bezug auf den gegenwärtigen Moment da ist, in einem vorgeht, dass man sein Innerstes nach aussen kehrt. Daraus entwickelt sich das, was wir ein intelligentes Gespräch nennen. Wenn wir dann in Bezug auf das Wahrgenommene auch noch unmittelbar, ohne Tabuschranke zu handeln beginnen, entsteht das, was wir ein strukturloses Zusammensein nennen.

Auch im körperlichen Zusammensein, wenn es um Sexualität und Zärtlichkeit geht, zeigen die meisten Menschen nicht wirklich, was dabei in ihnen abläuft. Deshalb schafft ein intelligentes Gespräch oft eine viel dichtere Nähe als ein zärtliches Zusammensein. Erst wenn beides zusammenkommt, trifft sich etwas unmittelbar, so dass sich dieses Gefühl, einander wirklich zu erkennen, einstellen kann. Daraus heraus kann sich dann eine noch grössere Tiefe, welche wir zusammen teilen können, entfalten. Ein unmittelbares Schauen im Zusammensein, welches keiner Worte mehr bedarf, weil Wahrnehmen, sich Zeigen und sich Mitteilen zusammenfallen und sich in der Stille direkt ausdrücken. Ein Gefühl, vom Blitz getroffen zu sein, absolut gemeint und authentisch zu sein, stellt sich dann ein.

An der Oberfläche zu bleiben ist Langeweile. Dahinter wartet die Angst, ganz wahr zu werden. Wirklichkeit in Beziehung entfaltet sich da, wo man sich dieser Angst stellt.

6 Sei still, halte still!

Alles bisher Gesagte kann man auch darin zusammenfassen: Lerne stillzuhalten, dem was immer da ist, innen und aussen, stillzuhalten! Sich wieder einfügen in die Stille der Natur. Alle Natur ist still. Das, was immer schon da gewesen ist, ist still. Stillhalten heisst nicht, brav sein. Es heisst nicht, keinen Ausdruck zu haben. Es heisst, ohne innere Reaktion zu sein, unmittelbar, direkt auf die Dinge, Prozesse und Menschen zu schauen, unmittelbar zu erkennen, was wahr und was falsch ist, und unmittelbar darauf zu antworten. Eine direkte Antwort ist keine Reaktion, welche aus der Vergangenheit konstruiert ist, sondern eine unmittelbare Schöpfung aus dem Augenblick. Wenn du das begriffen hast, bist du Gegenwart.

7 Beginne mit der Frage zu leben, von Moment zu Moment, wofür du dein Leben tatsächlich, ununterbrochen, von Augenblick zu Augenblick hingibst!

Schau da immer wieder hin! Lass diese Frage dich begleiten, wo immer du bist! Du wirst dabei darüber lernen, was du bereit bist, anderen zu geben, und in diesem Schauen und Verstehen wird sich etwas in dir wandeln.

Alles findet seine Erklärung im Lauschen

Alles findet seine Lösung im Schauen

Alles findet seine Wandlung im da Sein

Die sieben Differenzierteren:

1 Finde heraus, wann es richtig ist, zu handeln, und wann es richtig ist, stillzuhalten!

Das heisst auch, zu sehen, wann es richtig ist zu schwei­gen und wann zu reden. Wenn du keine Angst mehr hast, dich in deiner Wahrheit zu zeigen, hinzustehen, auch wenn dies Schwierigkeiten mit sich bringt, wirst du trotzdem oft zögern, dich oft zurückhalten, weil du siehst, dass ein Vorprellen nichts bringt ausser Unheil.

Heil wird mit dir sein, wenn du dieses schwierige Rätsel lösen kannst.

2 Finde ein Gleichgewicht zwischen Disziplin und Dichgehenlassen!

All die bisherigen short cuts to enlightenment haben viel mit innerer Disziplin zu tun. Innere Disziplin ist wichtig, aber wenn wir sie zu sehr betonen, werden wir leicht rigide und angestrengt, was uns dann irgendeinmal zu einem gewaltsamen oder depressiven Ausbruch aus diesem Muster führen wird. Das Leben ist nicht nur Disziplin. Manchmal findet man sich eher am einen Pol, manchmal eher am anderen. Meisterschaft ist, ein Gleichgewicht zu finden zwischen den beiden. Meisterschaft stellt sich ein in der Wachheit; Wachsein in der Disziplin, Wachsein im Sichgehenlassen. Harmonie wird das Resultat sein.

Finde ein Gleichgewicht zwischen Planung/Kontrolle und dich dem Leben Überlassen, ein Gleichgewicht zwischen das Leben meistern und von ihm an der Hand genommen Sein, ein Gleichgewicht zwischen ein Ziel verfolgen (das ist der Wille) und dann den Fluss des Lebens auch wieder einfach hinzunehmen (das ist das Herz)!

Finde ein Gleichgewicht zwischen Herz und Bauch, das ist die Einheit von Herz und Bauch! In dieser Einheit wirst du glücklich.

3 Sei pünktlich – und halte dich an Abmachungen!

Das heisst, beginne dir bewusst zu sein, welche immense Störung es immer bedeutet, wenn du in das Energiefeld eines anderen eintrittst, und überlege daher zuerst, ob du es auch wirklich meinst, wenn du etwas vereinbarst, und dann halte dich auch an das, was du versprochen hast! Dieser Weg, wenn du ihn ohne moralische Gebundenheit, ohne Angst und Anpassung, ohne Widerstand und Trotz, ohne Autoritätsproblem, sondern einfach gehst, wird sehr schnell Ordnung in deinem äusseren Leben schaffen. Aus der Ordnung der Dinge kommt ein immenser Energiegewinn, einfach daher, weil keine mehr verschwendet wird. Ein hohes Potenzial an Energie, das ist Freude, Liebe, Stille, Raum und Harmonie.

Wie wunderbar ist es zum Beispiel, eine Gruppe zu beginnen, wenn zum vereinbarten Zeitpunkt alle bereits eingerichtet, still und aufmerksam da sind.

4 Stop smoking!

Das wird dich besonders schnell zu innerem Wachstum führen. Kein Mensch wird erleuchtet, der das Rauchen nicht aufgibt. Du kannst dir nicht ständig unterdrückende Energie zuführen und gleichzeitig offen sein wollen. Du hast ganz einfach nicht genug Kraft dafür.

Leider erreicht man mit diesem Hinweis allerdings meist nur, dass man zur Projektionsfläche für Autori­tätsprobleme wird. Dabei ist er eigentlich als humorvoller aber äusserst ernster Hinweis gedacht. Humor ist die höchste Form der Ernsthaftigkeit.

Schau überhaupt zu deinem Körper, indem du ihm gibst, was er braucht, aber nie bis zur völligen Befriedigung oder sogar mehr!

Stop smoking allein genügt nicht. Lass alle Anpasserdrogen wie Alkohol, Nikotin, Kaffee, Fleisch, zu viel Zucker, zu viel Essen überhaupt, zu viel Sex (d.h. zu viele Orgasmen), zu viel Stress, zu wenig Schlaf. Das richtige Mass von allem macht es aus; das richtige Mass liegt in dem, was wirklich ein Genuss ist. Wer kann schon zwanzig Zigaretten am Tag geniessen? All das macht deinen Körper unsensibel. Wenn du das Andere empfangen willst, ein Gefäss sein willst für das Göttliche, brauchst du einen äusserst sensiblen Körper.

Übe dich im Tantra, in allen Lebensbereichen!

5 Lerne es, unsichtbar zu sein!

Mach dich klein, wenn es hilfreich ist, gross, wenn es nötig ist; aber sei weder gross noch klein! Sei nichts, sei niemand! (Das wäre natürlich ein machtvoller short cut für sich selbst.) Sei nicht verfügbar für jedermann und jederzeit! Bestimme selbst, wann und wo du in Erscheinung trittst! Verweigere dich allem Falschen, auf allen Ebenen, aber sei jederzeit erreichbar für das Wahre, bereit für die Liebe, verfügbar für das Andere!

6 Tue immer das, was die Lebensqualität erhöht, deine, die der anderen, überhaupt!

Glücklich sein ist letztlich das, was zählt. Alles andere verliert seine Wichtigkeit, wenn du in dir glücklich bist. Darum tue alles, was glücklich macht, und lass alles, was das Unglück mehrt! Die Frage nach richtig und falsch transzendiert sich auf diesem Weg.

7 Übe dich in einem neuen Balzverhalten!

Übe dich in einem Balzverhalten, welches nicht nur vom Becken und Solar, sondern vom Herzen gesteuert ist!

Für die Männer: Dein übliches Balzverhalten ist, ein Jäger zu sein, den Weibchen zu imponieren, die Weibchen einzufangen, die Weibchen zu besitzen und zu dominieren oder allenfalls die Weibchen mit ihrer Brut sitzen zu lassen. Dieses Balzverhalten ist gesteuert vom Becken (Sexualität) und vom Solar (Wille). Dieses Verhalten ist absolut in Ordnung, aber es gibt mehr.

Daher: Übe dich in einem neuen Balzverhalten! Halte den Jäger im Zaum, beobachte ihn, wie er tätig sein will, imponieren will usw.! Zügle ihn! Meistere ihn, statt von ihm getrieben zu werden! Du tust mal vorläufig gar nichts mehr aus dieser Ebene heraus.

Dafür entwickelst du in diesem Innehalten, Stillhalten eine neue Qualität, ein neues Balzverhalten: Du bist da. Du bist ein Zuhause. Du hast es schön mit dir allein. Du bist eine Einladung. Wer immer will, den Mut findet, darf sich bei dir niederlassen.

Das heisst, zuerst die Einsamkeit und alles, was mit ihr zusammenhängt, auszuhalten (zu kurz gekommen sein, sitzen gelassen sein, in Vergessenheit geraten, und dann den Jäger aktiv werden lassen, um dem zu entrinnen). Dann heisst es aber vor allem, ein Zuhause überhaupt zu entwickeln; da, wo du bist, in deinem Zimmer, in deinem Bett, in deinem Sein überhaupt und so weiter. Überhaupt etwas Willkommenheissendes, etwas Einladendes zu gestalten um dich herum. Und dann schaust du einfach, was passiert.

Für die Frauen: Dein altes Balzverhalten heisst, Weibchen sein, sich imponieren lassen, sich zieren, sich verweigern, dann wieder einwilligen, unabhängig tun und nicht eingestehen, dass du es brauchst; vor allem die Verantwortung nicht übernehmen; Machtspiele usw. Auch dieses Verhalten ist gesteuert vom Willen und von der Sexualität, mit allen Konsequenzen, die es hat (sitzen gelassen werden mit der Brut etc.).

Übe dich in einem neuen Balzverhalten: Fühle mit dem Herzen, wo ein Zuhause ist, und geselle dich dazu, ganz einfach und unumwunden, nicht aus Lust, sondern aus Liebe! Fühle dich eingeladen, und lass dabei der Lust, der Liebe viel Raum und Zeit, um werden zu können!

Die sieben Schwierigen:

1 Sei in Beziehung, unmittelbar, direkt, aus deinem Innersten heraus, überall, immer, zu allem und jedem!

Dieser Weg beinhaltet alle anderen Wege. Wenn du gelernt hast, ihm zu folgen, brauchst du keine andere Disziplin mehr. Dieser Weg umfasst und transzendiert alle Disziplinen. Was du gewinnst dabei, ist ein Nachhausefinden.

Beziehung ist Liebe.

2 Bleib immer allein!

Alleinsein ist die Grundlage für wirkliche Beziehung und Gemeinschaft und dann auch wieder die Blüte der Gemeinschaft. Nur wenn du in allem Bezogensein ganz allein sein kannst, ist Beziehung da, die keine Bindung ist. Deshalb bleib immer allein, überall, unter allen Umständen! Bleib innen allein, frei!

3 Wenn du alleine bist, verhalte dich, wie wenn du Besuch hättest; wenn Gäste bei dir sind, zeige dich so, wie wenn du alleine wärst!

Beides hilft dir, ungebunden, frei und ehrlich zu sein. Es gibt dir das richtige Mass zwischen Disziplin und Dichgehenlassen. Und es verschafft dir vor allem viel Lebensqualität.

4 Folge der Liebe, wenn sie dich ruft! Gehe nach aussen, zu den anderen, und du wirst dich selbst finden! Gehe nach innen, tief in dich selbst hinein, und du wirst die anderen, das Andere finden!

Wenn du lernst, mit der Liebe zu gehen, wohin sie dich immer führen will, kannst du alles andere wieder vergessen. Es ist darin enthalten. Sie ruft dich in jedem Moment, und sie fordert dich immer entweder auf, nach innen zu gehen oder dich nach aussen zu zeigen.

Wenn du ganz bei ihr ankommst, begreifst du, dass es immer zwei Wege geben wird, immer zwei Pole, welche beide gleichermassen anziehend sind, welche dich immer gleichermassen anziehen werden, zwischen welchen du für immer hin- und hergerissen sein wirst.

Der eine ist der Weg nach aussen, zu den anderen, zum Anderen. Paradoxerweise findest du auf diesem Weg aber nicht die anderen, sondern dich selbst. Du lernst dich kennen auf diesem Pfad, verwirklichst dich.

Der andere Weg ist der Weg nach innen. Und wiederum triffst du da auf ein Paradox: Wenn du ganz innen ankommst, findest du da nicht dich, sondern die anderen, das Andere. Beziehung ist innen, nicht aussen. Dich gibt es da nicht mehr, sondern nur noch diese leere Wahrnehmung, welche Glückseligkeit ist und welche das Andere in sich hält.

Zuerst weisst du nicht, welchem Weg du folgen sollst. Beide sind sie gleichermassen anziehend. Du bist hin- und hergerissen. Aber schliesslich lernst du, dass du das nicht steuern musst. Immer, in jeder Situation, in der du dich findest, gibt es eine eindeutige Einladung, gerade nach innen zu gehen in die Beziehung, zum Anderen, oder nach aussen zu gehen, um dich selbst zu treffen. Wenn du dieser Einladung zu folgen lernst, verlierst du alle Kontrolle über dein Leben, und doch scheint es gehalten zu sein. Leider verweigern wir meist, nach innen zu gehen, wenn wir dazu aufgerufen sind, und nach aussen zu gehen, wenn das ansteht. Wir wollen immer gerade das andere oder verweigern uns überhaupt. Wir weigern uns, der Liebe zu folgen, wohin immer sie uns gerade ruft.

Sich selbst zu verwirklichen heisst, sich völlig zu verlieren, die Kontrolle über sich und sein Leben völlig aufzugeben, sich hinzugeben, etwas ganz Un­per­sön­li­ches, Vages zu sein, das sich im anderen verloren hat. Das ist der Weg nach innen.

Und doch drückt sich dieses Unpersönliche dann in jedem Moment, in jeder Situation, in Bezug auf alle und alles völlig intim, persönlich, unmittelbar und direkt aus. Du bist nichts; aber dieses Nichts meint in jedem Moment: Du. Das ist der Weg nach aussen.

Auf beiden Wegen lenkt dich die Liebe, auf beiden Wegen findest du die Liebe.

5 Vermeide jede Fixierung im Persönlichen, jede Identifikation!

Hänge dazwischen, sei in jedem Augenblick gleichzeitig völlig unbeteiligt und komplett betroffen! Im Unpersönlichen verankert und zentriert zu sein heisst zwar, dass dich letztlich nichts berührt, nichts etwas angeht, und doch drückt sich dieses Unpersönliche in jedem Moment total persönlich aus; in jedem Augenblick meint es: Du.

Die dümmste Fixierung ist die Identifikation im Selbstmitleid: Sie gibt dir überhaupt keinen Vorteil, nur Leid.

Die zweitdümmste ist jene im Widerstand gegen irgendetwas: Sie gibt dir wenigstens den Kampf, ein Gefühl von Stärke, einen Reiz. Aber letztlich bist du immer der Verlierer. Im Widerstand fixiert zu sein heisst, sich im Streit der Meinungen zu verlieren, in der Rechthaberei. Dieser innerliche Konflikt, der im Äusseren sichtbar wird, beginnt immer dort, wo man aus irgendeinem Grund die Wahrheit, speziell bezüglich der Machtver­hält­nisse, der Fragen um Ohnmacht und Ausgeliefertsein und der tatsächlichen Hierarchie der Kräfte, nicht sehen will.

Die drittdümmste Identifikation ist jene mit dem Vergnügen, welcher Art auch immer. Hier bekommst du wenigstens die Lust. Am Ende wartet aber immer ihr Gegenstück, der Frust. Deshalb meide die Dummheit, lass dich leiten von der einen Intelligenz.

Ein Gleichgewicht zu finden in diesen Fragen, zwischen Persönlichem und Unpersönlichem zu floaten macht dich völlig frei, frei von aller Konditionierung, frei auch für einen unmittelbaren Ausdruck, der keinem Muster folgt.

6 Sei ein Verwundbares!
Nimm dich nicht so wichtig, habe keinen Stolz!

Stolz ist nur die vornehmere Art zu trotzen. Erlaube dir, mit der Wahrheit zu leben, dass du zerstörbar bist! Erlaube dir, wieder ein Verwundbares zu sein! Sei keine Festung! Darin liegt alle Schönheit.

7 Es ist fatal zu vergessen, dass du vergänglich bist, dass du sterben wirst.

Mit der Tatsache deines baldigen Todes zu leben hilft dir immer wieder, gelassen zu sein, die Dinge in der richtigen Relation zu sehen, dich nicht so wichtig zu nehmen. Lerne Leben und Sterben wieder als ein Ding, einen Prozess, ungetrennt, von Augenblick zu Augenblick zu erleben!

Von der Angst und Sehnsucht der Menschen:

eine besondere Geschichte

Stell dir vor, es soll wirklich Wesen aus andern Dimensionen, von andern Planeten, Ausserirdische oder wie immer wir sie nennen mögen, geben. Jedenfalls ist die Kunde von einem solchen Besuch – ich weiss nicht, über welche Kanäle dies geschehen konnte – zu mir gelangt, oder vielmehr die Kunde vom Bericht, den dieses Wesen bei seiner Heimkehr auf seinem Stammplaneten seinen Landsleuten, wenn man diese so benennen kann, von seiner Forschungsreise und über die Menschen auf der Erde abgegeben haben soll.

Natürlich lassen sich die Sprache und die Bilder solcher Existenzen nicht ganz unbesehen und einfach in unsere Ausdrucksweise übertragen. Es ergeben sich Übersetzungsfehler, Missverständnisse, Schwierigkeiten mit der Dimension. Trotzdem dürften die durchgekommenen Fragmente für uns Menschen hilfreich sein. Zu sehen, wie ein völlig Aussenstehender uns erlebt, könnte uns helfen, uns selbst besser zu verstehen.

Dieses Wesen – von dem wir im Übrigen nichts wissen – rapportierte also zu Hause über unser Menschengeschlecht das Folgende:

Die Menschen scheinen von einer Hauptsehnsucht getrieben zu sein, der Sehnsucht dazugehören zu wollen, und gleichzeitig beherrscht sie eine fürchterliche Angst, die Angst, eben diese Zugehörigkeit zu verlieren. Fast alles, was sie tun, ist gesteuert von dieser Sehnsucht und dieser Angst, wobei sie aber für ein Bewusstsein dieser Kräfte in ihnen noch nicht erwacht sind, was natürlich zu einiger Verwirrung und zu vielen Komplikationen führt.

Nun wäre zu erwarten, dass sie, so beschaffen, sich diese Zugehörigkeit ununterbrochen gewähren, bestätigen, ja schenken würden. Dem ist aber nicht so. Obwohl sie im Grunde ihres Herzens au­sserordentlich liebenswürdige, friedfertige und harmoniebedürftige Tiere sind, verweigern sie sich selbst und einander ununterbrochen die Erfüllung dieser ihrer grössten und ewig ungestillten Sehnsucht. Daher leben sie tragischerweise fast ständig in Angst,welche ihren Planeten wie eine düstere Wolke umkreist und zu einer Aussparung von Isolation und Paranoia im übrigen, durchwegs freundlichen Universum verkommen lässt. Das Leiden, welches daraus resultiert, ist, wie ihr euch vorstellen könnt, immens; und mitfühlende Existenzen aus verschiedensten Dimensionen versuchen daher ununterbrochen auf die Erde als Ganzes und auch auf die einzelnen Seelen darauf einzuwirken, natürlich ohne sie ihrer Freiheit und Würde dabei zu berauben. Es ist aber bis heute aussichtslos geblieben, in diese in sich selbst rotierende Wolke, in dieses schwarze Loch gewissermassen des Geistes einzudringen und die Verzweiflung dieser armseligen Menschenkinder auflösen zu helfen.

Nun ist es aber nicht so, dass die Menschen sich in sich selbst oder untereinander nicht mit diesem Wunsch nach Zuneigung, nach Heimat auseinandersetzen würden. Im Gegenteil tun sie dies ununterbrochen, indem sie nichts anderes betreiben, als ständig komplizierte und auf den ersten Blick schwer verständliche Spiele zu insze­nieren, in denen sie nach Zugehörigkeit streben, sie sich zu verdienen, sie zu gewinnen versuchen, ohne sie je erlangen zu können.

Die Spiele sind allerdings so gestaltet, dass ihnen selbst dabei verborgen bleibt, was sie eigentlich treiben. Dies ist wohl auch das Hauptproblem bei der ganzen Geschichte, vor allem auch bei der Frage, warum ihnen nicht zu helfen ist.

Es ist nicht einfach, das Muster dieses Spielablaufs zu beschreiben, obwohl er zwar in vielfältiger Ausdrucksform immer wieder derselbe ist. Am besten gelingt es wohl mit einem Bild:

Meist beginnt ein Einzelner oder eine kleine Gruppe damit, ein Mensch, der sich eine gewisse Fähigkeit angeeignet hat, das Nicht-Zugehörigsein oder die Einsamkeit, wie sie sie auch nennen, besser in sich aushalten zu können als andere. Ein solcher Mensch stellt dann irgendwo ein grosses Tor mitten in die freie Landschaft. Er errichtet einen Torbogen, schmückt ihn mit allem ihm zur Verfügung Stehenden, und das ganze Unternehmen umgibt er möglichst mit einer Aura des Besonderen, des Geheimnisvollen, des Grossartigen. Sobald er fertig ist, behauptet er und verkündet dies lautstark, dass jeder und jede, welche durch diesen Torbogen schreiten wird, Heimat finden werde. Zu Beginn lachen die anderen Menschen über ihn, glauben ihm nicht, halten ihn für verrückt und gehen lieber durch die vielen andern Torbogen, die sie bereits errichtet haben und an die sie gewöhnt sind. Durch seine Fähigkeit, das Ausgeschlossensein zu ertragen, beeindruckt der Mitmensch mit dem neuen Torbogen die andern aber dermassen, dass diese mit der Zeit nicht umhin können, aufmerksam zu werden, und ihm zu glauben beginnen.

Nun ist es aber nicht so, dass man so einfach durch einen solchen Torbogen gehen könnte, sondern dies wird abhängig gemacht von komplizierten Ritualen, von schweren Prüfungen und andern ausgeklügelten Spielregeln, welche erfüllt werden müssen. Vor allem geht es immer wieder darum, eine bestimmte Sprache zu erlernen, bestimmte Begriffe auswendig hersagen zu können, mit denen man sich dann eben nach dem Durchschreiten des Torbogens die Zugehörigkeit gegenseitig beweisen kann. Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, was nun geschieht: Die Menschen vor dem Tor leben in ständiger Angst, ständigem Stress, sind ununterbrochen damit beschäftigt, die Regeln in sich aufzunehmen, sie quälen sich fortwährend an der Folter, die sie sich auferlegt haben, verkümmern, wenn sie versagen, geraten in einen nicht minder tragischen Rausch der Begeisterung, wenn sie es vollbringen, mit einem Wort: Sie leiden unsäglich, und dies für nichts. Denn sobald sie es geschafft haben und jenseits des Torbogens ankommen, fallen sie nach einem kurzen Rausch über die vermeintliche Erfüllung in schwere Depressionen, da ihnen bald bewusst wird, dass sie keine wirkliche Zugehörigkeit gefunden haben. Leider erkennt aber nur selten einer, dass auf diese Weise immer nur ein billiger Ersatz für Heimat gefunden werden kann, und steigt daher aus aus dem mühsamen Spiel. Die meisten stürzen sich so schnell wie möglich in neue Anstrengungen vor einem neuen Tor, da sie in diesem unentwegten Gerangel wenigstens ihre innerste Not vergessen können.

Das Schlimme ist, dass die Gutherzigkeit, welche diesen Menschenwesen eigentlich eigen ist, in diesen Spielen völlig verloren geht: Ehrgeiz, Eigensüchtigkeit, Neid und Rücksichtslosigkeit sind an der Tagesordnung. Jeder ist nur noch hinter seinem persönlichen Glück her, da er dem Mythos verfallen ist, dass es ein solches gibt. Keiner macht sich klar, dass Zugehörigkeit eine gemeinsame Sache ist, etwas, das man sich nur gegenseitig schenken kann, dass es kein persönliches Glück gibt, welches unabhängig vom Ganzen existieren könnte. Nur selten durchschaut einer die Tragik des Spiels und erkennt die Wahrheit dahinter. Meist errichtet er dann einen neuen Torbogen, vor dem schliesslich wieder dasselbe Unglück stattfindet. Auch das Errichten solcher Tore durch diejenigen, welche sich dazu fähig fühlen, dient, wie wir gleich sehen werden, dem Zweck Zugehörigkeit zu schaffen für den, der solche Last auf sich nimmt. Es gibt nämlich unter diesen Torbogen solche von verschiedener Qualität:

Die meisten haben überhaupt keine tiefere Bedeutung, sind lediglich Ausdruck dieser, den Menschen innewohnenden, immensen Sehnsucht und grossen Angst. Es gibt aber auch solche, welche durchaus eine praktische Bedeutung haben neben dem, dass sie natürlich immer dem Hauptzweck der Heimatsuche dienen. Bei diesen funktionalen Toren lernen die Menschen gewisse Fertigkeiten, welche ihnen für ihr praktisches Leben dienlich sind. Diese Torbogen geniessen aber in der Hierarchie der Zugehörigkeitssuche eher wenig Ansehen. Dies drückt sich darin aus, dass denjenigen, welche sich darum kümmern, wenig Geld gegeben wird. Geld ist das Hauptmittel der Menschen, Zugehörigkeit äusserlich auszudrücken.

Jene Torbogen, für welche das komplizierteste Zulassungsverfahren ausgedacht worden ist und die schönsten Ersatzzugehörigkeiten erfunden wurden – Zertifikate, Titel und Diplome nennt man sie – welche aber auch am wenigsten verpflichtende und funktionale Bedeutung oder beunruhigenden Wahrheitsgehalt haben, geniessen das höchste Ansehen, und sie zu durchschreiten wird daher auch mit den höchsten Ersatzzugehörigkeiten in Form von Geld und Ehre honoriert.

Es gibt aber auch Torbogen, welche darauf angelegt sind, die wirkliche Zugehörigkeit, welche in diesem unglücklichen Spiel ja ununterbrochen vermieden wird, wieder herzustellen. Einsichtige Menschen, welche das Spiel durchschaut haben, machen zuweilen mit Hilfe der mitfühlenden Wesen aus andern Dimensionen den Versuch, solche Tore zu errichten.

Bis jetzt sind aber alle solchen Versuche gescheitert, wohl daran, dass auch diese Torbogen nicht sonderlich beliebt sind. Es scheint, dass die Menschen in ihrer Verwirrung ebenso grosse Angst vor der Erfüllung ihrer Wünsche haben wie davor, dass sie sich nicht erfüllen könnten. Deshalb neigen sie dazu, Torbogen, welche zur wirklichen Lösung des Problems führen könnten, zu zerstören und damit natürlich auch ihre Erschaffer, indem sie sie falsche Torbogen nennen, welche in die Irre führen. Häufig werden sie aber nicht einfach zerstört, weil die Möglichkeit der Erfüllung natürlich auch eine grosse Anziehung ausübt. Deshalb werden fast noch häufiger solche Torbogen mit viel Aufwand, meist über viele Jahrhunderte hinweg umfunktioniert in übliche Torbogen, welche wieder dem alten Spiel dienen.

So läuft es unter den Menschenkindern seit Jahrtausenden und es ist kein Ende abzusehen. Es scheint fast, als wäre es diesen Wesen gelungen, ein absolut vollkommenes, allerdings negativ ausgerichtetes, in sich selbst drehendes System zu errichten. Es ist unglaublich, wie sich diese an sich friedliebenden Wesen in ihrer Verwirrung quälen, gegenseitig, aber vor allem auch sich selbst. Nicht zu genügen, zu versagen vor diesen unsinnigen Toren, keine Ehre zu finden hinter diesen Torbogen, kein stolzes Bewundert-Werden, gilt als die schrecklichste Hölle, um die zu vermeiden, man, sich und andern Unsägliches zuzufügen, bereit ist. Kaum einer erkennt den Irrsinn dieser Angelegenheit, steht zurück und lacht über den Unsinn, der da aufgebaut wurde. Tief sind sie verstrickt in ihren Ängsten und Gedanken. Ihre Augen sind verschlossen, so dass sie das Offensichtliche, die Unglaublichkeit dieses Verranntseins nicht zu erkennen vermögen.

I. TEIL:

DIE EGOZENTRISCHE PERSÖNLICHKEIT

Verwundbarkeit

Über Freundschaft und Sexualität

Wir haben hier zusammengefunden zu dieser Reihe von Seminaren, mit deren erstem wir heute beginnen, welche unter dem Obertitel Freundschaft laufen. Dies hängt damit zusammen, dass Manfred diese Gruppe organisiert hat, weil er davon ausging, dass, wenn er seine intimsten Freunde für solche gemeinschaftsbildenden und spirituellen Rituale, wie wir sie hier abhalten wollen, zusammenbringen kann, dass es dann zu einem verbindlicheren Zusammensein kommen kön­nte, aus dem auch mehr Tiefe resultieren würde. Aus unserer Arbeit wissen wir alle, dass wir auf unserem Weg letztlich voneinander abhängig sind, dass es keine persönliche Erleuchtung gibt, kein persönliches Paradies, oder dass zumindest die persönliche Erleuchtung darin besteht, für die Aufgabe zu erwachen, ein Paradies für alle zu schaffen, in dem man sich als Schöpfer dann letztlich auch entspannen kann. Deshalb ist Gemeinschaft und Freundschaft, die ihre Grundlage bildet, auch grundsätzlich ein Thema, das man aus einer wirklichen spirituellen Entfaltung nicht ausklammern kann. Im Gegenteil sind die beiden, Gemeinschaft und Freundschaft, unabdingbarer Ausdruck, die äussere Erscheinungsform, die Blüte eines wahrhaftigen spirituellen Erwachens.

Was ist nun Freundschaft, und wie sieht sie aus von der Ebene des Beckens, der sexuellen Kraft aus gesehen? Wir meinen damit nicht die landläufige Verwässerung des Begriffs, indem wir ihn für bessere Bekannte und Kollegen brauchen, mit welchen man ab und zu ein Bier trinkt oder am Sonntagnachmittag gelangweilt zusammensitzt. Mit Freundschaft meinen wir etwas viel Absoluteres. Nämlich eine Beziehung, in der man sich dem anderen voll und ganz zumuten kann, in der man nicht verboten, nicht illegal ist wie sonst überall.

Das ist eigentlich schon alles; aber was beinhaltet das? Es beinhaltet ein paar ganz praktische und einfache Dinge: Einmal, dass ich einem Freund alles sagen kann, was in mir vorgeht, was ich denke und fühle, wie ich empfinde, vor allem auch in Bezug auf ihn und unsere Beziehung, aber auch überhaupt, ohne dass es deswegen zum Liebesentzug, zum Rückzug oder sonstwie zu schockierten Reaktionen kommt. Ich darf auch falsch sein, einem Irrtum erliegen und werde trotzdem nicht verlassen, sondern darin getragen.

Natürlich muss das gegenseitig sein, sonst würde ich nicht von Freundschaft, sondern von einer idealen Vater-Sohn- oder Mutter-Tochter-Beziehung reden. Eine solche ist letztlich begrenzt; in einer solchen wird es letztlich zu einer Zurückweisung des Sohnes beziehungsweise der Tochter kommen, sofern sich die Beziehung nicht in eine gegenseitige Freundschaft wandelt, was vor allem beinhaltet, dass ein Gleichgewicht zwischen sich gegenseitig Kind und Elternteil sein zustandekommt.

Liebhaber, Ehepartner und Eltern sind normalerweise keine Freunde, leider. Oder versucht doch einmal ihnen zuzumuten, was wirklich in euch drin vorgeht! Erzählt eurem Partner über eure intimsten Wünsche in Bezug auf andere Menschen oder euren Eltern über das, was wir hier tun, und ihr werdet schon sehen! Diese Illegalität, mit der unser wirkliches Sein überall belegt ist, ist gerade das, was in wirklicher Freundschaft, wenn sie denn irgendwo überhaupt möglich wird, aufgehoben wird.

Freundschaft beinhaltet aber auch ein Teilen, ein Verbundensein auf allen Ebenen, ein Beziehungsfeld, das keine Grenzen kennt. Das heisst, sie endet nicht am Sonntagnachmittag nach dem Bier, sondern sie geht auf alle Bedürfnisse ein, die der Freund hat, und das umfasst
im Speziellen auch die sexuellen und die materiellen und vor allem auch das Teilen der gemeinsamen Last. Und hier finden wir eben, bereits auf dieser ersten und kindlichsten Ebene in uns, dem Becken, eine erste, unüberwindlich scheinende Hürde, die tiefe Freundschaft in der Regel verhindert. Den Freund, die Freundin lässt man an sein Portemonnaie ran und auch an seinen Partner und an den eigenen Leib, und man lässt ihn nicht im Stich mit seiner Bürde. Das heisst nun wieder nicht, dass dies eine einseitige Sache wäre. Einseitig kann das gar nicht existieren, sonst wäre es ein Missbrauch und eine Überforderung; das Kriterium von Freundschaft ist gerade, dass es eine gegenseitige Angelegenheit ist. Es heisst auch nicht, dass man dem Freund nicht nein sagen dürfte, sich überfordern lassen müsste. Gerade eben darf man nein sagen in einer Freundschaft, so wie sonst nirgends. Aber das Nein wird nicht aus einer Konditionierungsschranke, aus einer pathologischen Grenze von neurotischer Gefühlsabwehr und moralischer Gebundenheit kommen, sondern aus der wahrhaftigen inneren Situation des Freundes, der etwas nicht geben kann, weil er es nicht hat oder selbst braucht.

Man ist dem Freund nichts schuldig. Dies ist vielleicht auch gerade wieder ein besonderes Kriterium von Freundschaft, dass sie nicht auf Schuld beruht, sondern in Freiheit besteht. Man muss gar nichts, und gerade deshalb ist man zu allem bereit. Da man sich seinem Freund voll und ganz zumuten kann und er dies als erwachsene, voll- und eigenverantwortliche Persönlichkeit auch nehmen kann, kann man ihm vor allem auch sein Nein zutrauen. Und dieses sich Zumuten ist ein gegenseitiges, man teilt sich in die Arbeit, die zu tun ist, wenn man zusammen ist, man sorgt füreinander. Nicht einer hängt in den Seilen, und der andere hätschelt ihn.

Ist nicht Freundschaft eine Art der Verbindung, die auf völliger Freiheit einerseits beruht, die aber auch Unverbrüchlichkeit über Freud und Leid, Tod und Trennung hinweg beinhaltet und die dieses scheinbar Paradoxe zu einer Einheit zu verschweissen versteht, die wir Liebe nennen?

Ist es nicht dieses Bezogensein, an dem uns mangelt, das fehlt in unserem Alltag? Freundschaft existiert nicht; wir kennen sie nicht. Ich kenne kaum jemanden, der fähig ist, diesen Anspruch zu erfüllen. Und unser Scheitern ist bereits in diesem einfachsten Bereich in uns, dem sexuellen, durch Tabus, Gebote und Verbote so sehr einprogrammiert, dass sich viele Leute auf eine echte Auseinandersetzung mit diesem Thema gar nicht mehr einlassen wollen. Und doch ist Freundschaft genau dies und möglich.

Welches wären denn die Voraussetzungen, welche wir erfüllen müssten, dass dieses Fehlende wieder einziehen könnte in unserem Leben und uns mit Sinn und Freude erfüllen würde?

Heisst Freiheit nicht, sich komplett freizumachen von aller Konditionierung, frei von allen Mustern, die Gedanken schaffen können und denen wir unsere Beziehungen und unser Sein überhaupt normalerweise zu unterordnen versuchen? Heisst Freiheit nicht, frei zu sein für Beziehung, welche keiner vorgegebenen Struktur folgt, sondern diese ununterbrochen neu erschafft und auch wieder verwirft? Frei zu sein für ein solches Sein überhaupt?

Und Unverbrüchlichkeit, meint das nicht diese Herzensfähigkeit, welche durch alle Stürme des Lebens treu sein kann, ohne Zwang, ohne Einengung und über weite Räume und endlose Zeiten hinweg? Treu nicht einer bestimmten Vorgabe, einem bestimmten Muster, treu nicht einem Teil von uns, wie zum Beispiel der Sexualität, sondern treu im Herzen, ausgerichtet auf den ganzen Prozess des Seins. Und Liebe, ist das nicht jener Zustand des Nicht-Seins, in dem wir uns geläutert von allem Vergangenen und von allem Werden treffen können für Augenblicke, die sich zu Ewigkeiten weiten und in denen unser Potenzial aufblühen und Paradiese schaffen kann?

Freundschaft zu finden heisst also, über diesen fundamentalen Fragen zu brüten für sich und miteinander. Es heisst auch, sich selbst kennen zu lernen, zu wissen, wer man ist, um überhaupt wahrzunehmen, was oder wen man denn dem andern da zumuten will, und das bedeutet nichts anderes als sich systematisch durch sein eigenes und damit durch das menschliche Energiesystem überhaupt, hindurchzuarbeiten, um es ganz zu verstehen, um alles Begrenzende daraus zu verbannen und allem Wirklichen darin in die Welt zu helfen.

Damit sind wir auf dem Weg, den wir sowieso hier gegangen wären, auch ohne dieses spezielle Thema Freundschaft, auf dem Weg des gemeinschaftsbildenden und spirituellen Rituals. Denn sich selbst zu erkennen heisst, den anderen zu erkennen, heisst, die Unbegrenztheit unseres Zusammenseins zu erkennen und damit die Abhängigkeit, von der ich schon zu Beginn gesprochen habe. Dies führt immer zu Gemeinschaft, und die Grundlage der Gemeinschaft ist die Freundschaft und nicht die romantische Liebesbeziehung, wobei Freundschaft, wie ich sie verstehe und wie ich es bereits ausgedrückt habe, Sexualität und Sinnlichkeit einschliesst. Nichts gegen die romantische Liebesbeziehung! Sie ist eine wunderbare Sache. Aber man muss ihre Grenze sehen. Die Liebe beginnt meist und immer wieder zu zweit. Was wäre falsch daran? Aber wenn sie sich dann begrenzt auf einen kleinen Garten, wird aus dem Paradies bald ein Gefängnis. Ihrer Natur nach will die Liebe sich ausdehnen, ausbreiten, in Nachbars Garten überschwappen. Wenn sie darin behindert wird, stirbt sie.

Stimmigerweise würde man doch mit seinen besten Freunden zusammenleben, nicht mit Leuten, so wie wir es gemeinhin tun, vor denen man sein Innenleben, seine Liebe zu anderen unter Androhung der schlimmsten Strafe, des Liebesentzugs, des Verlassenwerdens, verstecken muss.

Es ist erstaunlich, womit sich die Menschen zufrieden geben. Mit Beziehungen, die gar keine sind, mit Grenzen, Enge, Isolation und Langeweile. Warum leben wir nicht in einem Feld von Freundschaft, in einem Netzwerk von Beziehungen, in dem wir fröhlich und unkompliziert auf allen Ebenen des Seins miteinander kommunizieren? Wenn wir überhaupt erwacht sind für diesen Mangel, fragen wir uns dann, welches die Hindernisse sind, die einer ungehinderten, heiteren Entfaltung unserer Beziehungen entgegenstehen, und sind wir bereit die nötigen Schritte zu tun?

Wenn wir uns nicht einfach an unser Elend gewöhnt haben und deshalb in stumpfer Langeweile den für uns vorgefertigten Mustern der Moral oder Oberflächlichkeit folgen, sondern es als solches wahrnehmen, fühlen wir uns dann nicht behindert und eingefangen wie ein Delphin in einem Schwimmbecken oder wie ein Tiger oder ein Eisbär im Zoo? Wenn er traurig ist, wird man ihm sagen: «Aber du hast doch alles, wir lieben dich, wir verwöhnen dich, wir umsorgen dich. Du brauchst dich nicht einmal ums Fressen zu kümmern, wir leisten dir Gesellschaft etc. etc.»... Aber der Delphin wird traurig sein, der Tiger keine Ruhe finden, der Eisbär depressiv werden. Was sie alle vermissen, sind nicht die Gratifikationen und Ersatzbefriedigungen eines Erstklassgefängnisses, sondern Natürlichkeit, ein natürliches Umfeld, das gewöhnliche Leben.

Alles, was ich möchte, ist ein ganz gewöhnliches Leben führen mit dir; mit anderen Menschen friedlich, konfliktlos und lustvoll zusam­menleben, unser ganzes Potenzial entwickeln. Alles, was du im Grunde möchtest, ist dasselbe: happyness and sunshine. Alles, was ich bekom­me, ist ein hoch-komplexes, stressbeladenes Eingesperrtsein in Tabus, Vorschriften, Enge, Stress. Alles, was du bekommst, ist ein Gehege in einem Zoo. Wäre es nicht wunderbar, stattdessen in einer Welt zu leben, in der man in jedes Haus eintreten könnte, ohne dass jemand Angst haben müsste, in der man nachts in jedes Bett zueinander kriechen kön­n­­te, weil jeder und jede weiss, dass da sowieso nur die Liebe kommt.

Deshalb wenden wir uns in dieser Seminarreihe der Frage von Freundschaft zu, dem was nötig ist, um die Hoffnungslosigkeit, in der sich die Menschheit bezüglich der Beziehungsfrage befindet, zu überwinden, was zu tun oder zu lassen ist, um dieses einfache Glück des Bezogenseins wieder zu finden oder neu zu bewirken. Wir schauen uns dazu diese Fragen aus den verschiedenen Ebenen unseres Seins an: aus dem Becken, dem Bauch, dem Herzen, dem Hals, dem Kopf, dem Scheitel und der Wurzel! In unserem Energiekörper, den wir direkt erfahren wollen, finden wir sieben Reiche des Seins, sieben Ausdrucksmöglichkeiten für die Liebe. Freundschaft, und auf ihrer Grundlage Gemeinschaft, wird blühen in uns, zwischen uns, in der Welt, wenn wir diesen Ausdruck befreien: Die kindliche Zärtlichkeit des Körpers aus dem Becken, die ebenso unausgereifte Kraft des Willens aus dem Bauch, die schliesslich erwachsene Liebe aus dem Herzen, den ungebremsten, frohgemuten Ausdruck aus dem Hals, das gemeinsame Meer der Stille aus der Energie des Kopfes und die energetische Wirklichkeit von dem, was darüber hinausgeht oder in der Wurzel schon immer angelegt war.

Wir benutzen unsere Frustration, unsere totale Unzufriedenheit mit der gegebenen Situation als Kraft, um uns über diese zu erheben, die Fesseln zu sprengen und den Irrsinn, dem wir verfallen sind, von uns abzuschütteln. Wir benutzen sie nicht, um in eine Utopie, eine Zukunft zu entrinnen, die nicht existiert. Wir benutzen sie auch nicht, um in der Vergangenheit, unseren Erinnerungen zu wühlen auf der Suche nach dem Verlorenen oder nach Erklärungen, warum es uns abhanden gekommen ist. Denn auch die Vergangenheit ist tot. Was wir tun, ist uns der Gegenwart zu stellen, dieser prickelnden Lebendigkeit des Seins, der Wirklichkeit zwischen uns, den energetischen Gegebenheiten, wie sie sich von den sieben Ebenen des Seins aus gestalten, wenn es uns gelingt sie von aller Zukunft und Vergangenheit zu reinigen. Wir wollen jetzt und hier, neu und unschuldig geboren werden in die sieben Reiche des Seins hinein, die unser Erbe sind.

Wir werden uns also auf den Weg machen, um unser Energiesystem Schritt für Schritt kennen zu lernen und uns gegenseitig zu offenbaren. Wir beginnen zuunterst dabei, mit dem Einfachsten, der Sexualität. Vielleicht mehr als in den andern Kursen, die ich zum gleichen Thema anbiete, werden wir aber immer wieder den Bogen zum Thema Freundschaft zu schlagen versuchen. Wenn dies möglich wäre, müsste das eigentlich da hineinmünden, dass diese gemeinsamen Treffen schliesslich der Workshop-Ebene entwachsen würden, um einem wirklichen Feld freundschaftlicher Beziehungen Platz zu machen. Damit wäre der Wunsch von Manfred dann erreicht und auch das Ziel all meiner Bemühungen: Gemeinschaft würde entstehen über Raum und Zeit und über alle Muster der Konditionierung hinweg.

Sei mein Freund:

1Die Energie des Beckens: Von Sexualität und Zärtlichkeit

In den letzten Jahren ist mir in den Seminaren, welche ich angeboten habe, immer wieder aufgefallen, welch grosse Verwirrung und Unkenntnis in den Menschen herrscht über ihre Natur, wie sie gebaut sind. Wenn überhaupt ein Bewusstsein da ist, dass wir ein energetisches System sind, fehlt sicher die Wahrnehmung, nach welcher Ordnung dieses funktioniert.

Ich habe mich deshalb entschlossen, nochmals von ganz vorne zu beginnen und in allen fortlaufenden Kursen, welche ich anbiete, systematisch die Ordnung der verschiedenen energetischen Reiche zu erarbeiten. Da es im Wesentlichen sieben Reiche sind, wird das sieben bis acht Seminare umfassen und vier Jahre dauern. Wenn ihr also interessiert sein solltet, das Ganze mitzubekommen, haltet euch an einen Kurs, der zweimal jährlich stattfindet und vermeidet es, euch für mehrere Kurse anzumelden, da ihr sonst nur jemand anderem den Platz strittig macht. Jeder Kurs ist zwar in sich geschlossen, aber das Ganze wird trotzdem einen geordneten Aufbau haben.

Um Ordnung geht es nämlich, um eine neue Ordnung, eine Wahrnehmung der wirklichen Ordnung in uns und damit um die dringlich notwendige Neuschöpfung unserer Gesellschaft aus dieser inneren Ordnung heraus.

Wir werden uns also zuerst mit der Sexualität befassen, mit dem Reich des Beckens, werden ganz unten beginnen, beim Einfachsten, das für uns allerdings bereits das Schwierigste zu sein scheint. Darum herum wollen wir uns immer drücken, in diesem Bereich Ordnung zu machen, weshalb dann der ganze Überbau in den oberen Zentren auf einem mangelhaften Fundament steht, verlogen ist, und letztlich unmoralisch.

In den nächsten sechs Kursen werden wir uns dann nacheinander mit dem Willen, also dem Solarreich, mit dem Herzen, das heisst dem Reich von Gemeinschaft und Liebe, mit dem Ausdruck im Hals und schliesslich mit dem Reich der Stille im Kopf beschäftigen, bevor wir dann zum Abschluss die Einheit des Wurzelreichs und des voll erwachten spirituellen Reiches betrachten werden. Dazwischen werden wir uns noch speziell mit gewissen kritischen Übergangspunkten zu befassen haben.

Aber nun zum heutigen Thema: zur Sexualität.

I)

Wir sind darauf konditioniert, einander zu besitzen in der Sexualität. Wir sind auch darauf konditioniert zu leiden, wenn unser Besitz mit anderen Freude hat oder wir ihn verlieren, und mit Eifersucht und entsprechenden Handlungen zu reagieren als Abwehr dieses Leidens. Wir sind überdies vor allem darauf konditioniert zu glauben, dass diese Haltungen unserer ursprünglichen Natur entsprechen. Wir sind auch konditioniert auf die romantische Liebesbeziehung, auf die Beziehung zu zweit, welche den Rest der Welt ausschliessen will. Sie ist eine der Ursachen von ewigem Krieg und Streit. Deshalb haben wir keine Freunde.

Freundschaft schliesst ein, und Gemeinschaft wächst auf der Grundlage von Freundschaft und nicht im abgeschlossenen Universum der romantischen Zweierbeziehung. Was uns bindet ist, dass wir die Konditionierung darin nicht erkennen. Weil sie jahrtausendealte Tradition ist, halten wir sie für unsern innersten, authentischen, persönlichen Wunsch. Das gehört mit zur Konditionierung, sichert sie erst richtig ab, so dass wir sie als solche nicht mehr wahrnehmen.

Diese Tatsachen muss man sehen, dafür erwachen und sie abschütteln wie ein Kleid, das einem zu eng geworden ist. Wenn wir anders konditioniert wären, würden wir nämlich anders empfinden. Wenn wir erzogen wären, freizulassen, würden wir uns freuen am Glück der anderen.

Erwachen heisst auch, seine wirkliche Natur darunter zu erkennen, die wirklichen Gesetzmässigkeiten um die Sexualität, die Möglichkeit andersartiger Konditionierung, welche im Einklang steht mit unserer Natur. Erwachen heisst auch Entdecken der Auswirkungen im persönlichen und kollektiven Bereich, des enormen, sinnlosen Leidens, das aus dieser unglücklichen, jahrtausendealten Abrichtung auf ein unseren, jedenfalls heutigen Bedürfnissen unangemessenes Verhalten resultiert.

All das kann man sehen. Es findet ein Erwachen statt für das Leid, das ist Psychotherapie, und ein Erwachen für das Wirkliche, das ist Spiritualität. Und dazwischen liegt ein Erwachen für die Ursachen, das ist Selbsterkenntnis, Erkenntnis der mentalen Bilder und Strukturen, mit denen ich identifiziert bin. Psychotherapie deckt das persönliche Leid auf, welches als Blockade für den Lebensfluss im Bauch und Becken liegt. Spirituelle Entwicklung beobachtet diesen Fluss, der sich dann zeigt, nimmt Einsicht in ihn.

Erziehung sollte im Einklang stehen mit unseren Grundbedingungen, diese unterstützen. Erziehung sollte nicht etwas überstülpen, eine Ideologie, sondern beitragen zu lernen, zu beobachten, wie es wirklich ist.

Die Sexualität muss ans Herz gebunden sein, von ihm gelenkt werden, was Verantwortung und Tragen beinhaltet. Aber das ist dann eine nächste Ebene, die ganz natürlich der Sexualität übergeordnet sein könnte. Aber zuerst, wenn wir den Bereich des Sexuellen für sich betrachten, sehen wir als Gesetzmässigkeit hier lediglich völlige Freiheit. Das spirituelle Erwachen beginnt im Becken, nicht erst im Herzen oder gar im Kopf. Die Unordnung, der Zwang in diesem Bereich verhindert unser Blühen. Dieses rigide, bornierte Festhalten an alten überholten Traditionen, welche uns nicht dienen, sondern an denen wir leiden, ist unglaublich.

In Indien zum Beispiel werden Jahr für Jahr tausende von kleinen Mädchen von ihren Eltern umgebracht, weil diese sich Mädchen nicht leisten können, weil die Mitgift für sie nicht bezahlt werden könnte. Oder in Afrika werden tausende von Mädchen verstümmelt im Intimbereich, was ebenso wie die Beschneidung der Knaben andernorts im Dienste der Kanalisierung der Lust steht. Niemand schafft solche unsinnigen, zerstörerischen Traditionen ab, man tötet lieber die Mädchen.

Diese rigiden Denkmuster und Bilder in sich zu sehen, den gan­zen Ablauf der Entstehung und Fixierung zu beobachten, in sich bewusst zu machen und dadurch frei davon zu werden, dieses gefährliche Instrument in Besitz und Verantwortung zu nehmen, statt sich von ihm besitzen und beherrschen zu lassen, das ist Psychotherapie, Selbsterkenntnis und Spiritualität in einem.

Im Bereich der Sexualität und auch des Willens sind die Gesetzmässigkeiten, welche eingehalten werden müssen, damit die Energie völlig frei fliesst, Ordnung herrscht und folglich das Denken nicht ununterbrochen um das verursachte Problem kreisen muss, die folgenden:

  • Völlige Freiheit: völlig offen sein, völlig ehrlich sein, sich und die anderen völlig freilassen. Alles auf dieser Ebene wird nur gesteuert vom Willen der Betroffenen. Dieser Wille (Solarchakra) muss dabei auch völlig frei sein und auch frei zum Ausdruck kommen (Halschakra).
  • Was «Es» in uns will, soll geschehen. «Es» in uns will zueinander. Das Männliche will zum Weiblichen, das Weibliche zum Männlichen, sie streben immer zusammen, und wenn dem nichts im Weg steht, kommen sie auch zusammen.
  • «Es» ist allerdings eine unpersönliche Kraft, welche sich auf den verschiedenen Ebenen unseres Energiesystems lediglich verschieden ausdrückt. Im Sexualchakra ist diese Kraft noch sehr unbewusst. Ihre bewusste Ausrichtung erhält sie dann erst im Herzchakra, wo der Wille transzendiert wird.

Ob meine Sexualität frei ist, kann ich leicht erkennen, indem ich meine sexuellen Fantasien und Tagträume betrachte. Sind es Bilder, welche die Wirklichkeit vorbereiten, die ich dann umsetze in Realität? Dann sind es gesunde Fantasien, die mir helfen, meinen Traum zu verwirklichen. Oder sind es Gedanken, welche endlos um sich selbst kreisen, die die fehlende Wirklichkeit notdürftig ersetzen. Dann bleibe ich der Wirklichkeit etwas schuldig, dann enthalte ich jemandem etwas vor. Ich bleibe den Menschen, die meine Fantasien betreffen, etwas schuldig, und ich bleibe mir etwas schuldig. In diesem Falle ist meine Sexualität nicht frei.

Ich kann auch schauen, was ich rede mit anderen Menschen, speziell mit dem anderen Geschlecht.

Erzähle ich ständig irgendwelche Geschichten, rede ich immer über meine Probleme? Oder habe ich den Mut, auch über Wesentliches zu reden? Und das schliesst immer auch den Beziehungsaspekt und damit die Sexualität ein. Denn zwischen mir und den Menschen, die ich treffe, läuft immer auch etwas auf dieser Ebene, ob ich es wahrhaben will oder nicht.

Wenn ich wissen will, ob meine Sexualität frei ist, kann ich auch, zum Beispiel nach einem Fest, hinschauen, ob ich wirklich mit meinem Partner oder meiner Partnerin nach Hause gehen und die Nacht verbringen möchte. Wenn ja, dann ist es gut. Wenn es wirklich ehrlich so ist, dann ist es gut. Aber was, wenn es anders ist, wenn ich lieber bei jemand anderem liegen würde? Bin ich dann ehrlich mit mir, mit meiner Partnerin, mit diesem anderen Menschen?

Stellt euch dazu einmal vor, wir lebten in einer Welt, in der es einen ganz ungezwungenen Umgang mit der Sexualität gäbe! Man darf fragen, man darf auch nein sagen: Darf ich noch ein bisschen zu dir kommen? Kommst du noch ein bisschen zu mir? Mit leuchtenden Augen.

Treue ist absolut in Ordnung, wenn sie aus totaler Freiheit heraus das ist, was zwei Menschen wollen und wenn dabei die Freiheit bleibt, dies auch wieder zu verändern. Es geht nicht darum, etwas zu finden, was gar nicht ist, sondern einfach darum, die Wahrheit zu sehen. Es geht nicht darum eine andere Form zu finden und darin zu erstarren, sondern die Wahrheit zu sehen und zu leben. Vielleicht leben wir am Ende wieder alle zu zweit und treu, aber dann aus Freiheit, nicht aus Zwang.

Was ist denn nun zu tun, um die Sexualität zu befreien? Das ist ganz einfach: Lebe das, was in deiner Fantasie vorgeht, versuche es in die Welt zu bringen! Wenn deine Fantasien bereits entartet sind, gewalttätig oder pervers sind, weil diese Kräfte zu lange in dir unterdrückt waren, dann kannst du sie natürlich nicht unbesehen materialisieren. Aber bring sie in den Ausdruck auf der verbalen Ebene, besprich sie offen mit deinem Therapeuten, deiner Partnerin, deinen Freunden! Steh zu ihnen, dann werden sie sich in diesem Prozess läutern, und das Geläuterte kannst du dann in die Welt bringen. Alles, was in diesem Bereich in dir vor sich geht, sollte nur ein Planen der Wirklichkeit sein. Es zeigt dir an, was du leben möchtest, tatsächlich aber nicht lebst. Wenn es eine Vorbereitung ist für das, was du im Handeln nachher umsetzt, dann ist es gut. Tue es! Versuche es!

Der Eifersucht in sich ein Ende machen würde heissen, sich in die Beziehungen anderer nicht mehr einzumischen, sich nicht darum zu kümmern, was andere miteinander haben, einander völlig freizulassen. Lass die anderen frei! Sei allein, und lass die anderen allein!

Mit einem weiteren Punkt möchte ich noch aufräumen. Wo Abhängigkeit herrscht, kann keine Liebe sein. Daraus wurde immer wieder abgeleitet, dass man von der Sexualität unabhängig sein müsse, sich von ihr befreien müsse. Viele haben es mit Unterdrückung versucht, alle Religionen haben das propagiert. Andere sind immerhin soweit gegangen, dass sie eingesehen haben, dass dies alle Schönheit, das sinnliche Sein des Menschen zerstört. Sie haben dann behauptet, man müsse zwar die Sinnlichkeit, die sinnliche Wahrnehmung zulassen, aber dem Denken dann nicht erlauben, da reinzukommen und das Verlangen zu erschaffen. Das ist soweit richtig. Aber irgendwie bleibt dabei die Sexualität immer noch etwas unterdrückt. Sie ist zwar keine Sünde mehr, aber eigentlich ist es doch besser, sie nicht auszuagieren. Andererseits ist dann aber allen klar, dass es keine destruktive Abhäng­igkeit ist, wenn wir unbedingt Luft oder Essen brauchen oder wenn wir jemanden brauchen, der für uns kocht und wäscht, währenddem wir uns abrackern, um das Geld nach Hause zu tragen oder umgekehrt. Was mich da wundert ist, warum man die Sexualität nicht einfach zu den körperlichen Bedürfnissen zählt, zu den Notwendigkeiten, die einfach gestillt werden wollen, dass man nicht sieht, dass darin keinerlei störende oder destruktive Abhängigkeit liegt. Auch der Energieverlust, der durch ihr Ausleben einer spirituellen Entwicklung entzogen wird, ist sicher zu vernachlässigen, wenn man sie auf eine gesunde Weise lebt und dafür nicht ununterbrochen mit ihrer Kontrolle oder den subtilen Konflikten um sie herum beschäftigt ist. Auch wenn dieses Bedürfnis weniger dringlich und beständig ist als vielleicht das Bedürfnis zu essen und auch wenn es zeitweise ganz verschwindet aus uns oder irgendwann vielleicht für immer oder bei gewissen Menschen gar nie da ist, ist der Unterschied zu anderen körperlichen Notwendigkeiten doch eigentlich nicht einfühlbar. Irgendwie, scheint mir, wurden die sexueller veranlangten Menschen da immer wieder in einen Konflikt hineingedrängt von weniger «sexuellen» oder gar sexuell abgestorbenen. Und irgendwie läuft das immer noch weiter. Wenn ich dem nachspüre, wie sich die Sexualität in mir verhält, beobachte, was da wohl natürlich wäre, merke ich, dass nach einer Weile einfach dieser Drang wieder kommt und ganz natürlich nach seiner Befriedigung strebt. Erst durch seine Unterdrückung oder die Unmöglichkeit ihn leben zu können wird er kompliziert. Das Natürlichste wäre dann, zur nächsten Frau zu gehen, sich mitzuteilen, dass man es wieder mal brauche, und zu fragen, ob sie Lust habe mitzumachen, und wenn dem so wäre, es dann auch fröhlich und genüsslich zu tun, ohne hernach viele Gedanken daran zu verschwenden. Eine solche Ansicht wird gerne als eine Abkoppelung der Sexualität von der Liebe betrachtet. Aber dem ist überhaupt nicht so! Ich stelle mir das als eine äusserst liebevolle und beglückende Angelegenheit vor, einander so unumwunden fragen und so unkompliziert aufeinander eingehen zu können. Allein die Vorstellung, so beschenkt zu werden, lässt die Liebe für die Frauen in mir ganz gross werden.

Ist es nicht viel eher so, dass diese subtile, moralische Haltung, welche solches schlecht machen will, voller Lieblosigkeit ist, eine Haltung, die gelernt hat, anderen Schuldgefühle zu machen für ihr natürliches Sein, andere zu dominieren mit der Kontrolle ihrer natürlichen Bedürfnisse? Kommt nicht diese Haltung aus einem eifersüchtigen, ängstlichen Herzen und nicht aus einem liebenden? Und ist nicht ein liebendes Herz, das nicht abgekoppelt ist von einer unterdrückten Sexualität, ganz spontan und selbstverständlich bereit für die Konsequenzen der Lust da zu sein mit allem, was es hat. Dass ein solch unkomplizierter Umgang zwischen uns Menschen nicht mehr möglich ist, macht alles so schwierig und bringt einen unter Umständen in grosse Not. Dann von Abhängigkeit zu reden ist, wie wenn man einem hungernden Enthaltsamkeit predigen wollte.

Eine neue, liebende Gemeinschaft zwischen uns Menschen müsste vor allem auch diesen sexuellen Notstand aufheben. Ohne dies wird der Einzelne darin, der an dieser Not leidet, immer wieder sein Glück im egoistischen Verhalten suchen und damit die Gemeinschaft zerstören. Obwohl Freud und Reich diese Tatsache vor bald hundert Jahren entdeckt haben, ist sie immer noch gleich wahr und gleich unerkannt und unbewusst: Unsere ganze Kultur, unsere ganze Gesellschaft, das, was wir Religion nennen und Kunst, unsere Institutionen, die Art wie wir zusammenleben, unsere ganzen Kriege, unser ganzes Elend ist Ausdruck der unterdrückten sexuellen Kraft, wächst in seiner pervertierten Form aus der Pervertierung dieser Kraft in uns hervor.

Zusammenfassend könnte man auch sagen: Die destruktive Abhängigkeit hat ein Ende nicht dann, wenn wir uns auf heroische Weise unabhängig machen voneinander, sondern dann, wenn wir uns liebevoll verschenken. Krankhafte Abhängigkeit tritt genau da in Erscheinung, wo die Liebe verloren gegangen ist; daraus folgt dann der Versuch, einander zu besitzen, weil man Angst bekommt, zu kurz zu kommen, und daraus folgen dann alle Konflikte, wie wir sie kennen in Beziehungen. Die Liebe ist das Ende aller Abhängigkeit und gleichzeitig ein völliges sich Fallenlassen in totale Abhängigkeit, die aber kein Problem enthält, weil sie in Unschuld besteht, ohne Angst, und darum eben Liebe ist.

II)

Die Sexualität ist unsere kindlichste Möglichkeit zu lieben. Der Körper ist der unreifste, kindlichste Teil an uns. Wenn wir uns von ihm aus in Beziehung setzten, schaffen wir eine unreife, kindliche Welt. Aber: Kindlich oder unreif meine ich nicht irgendwie abwertend. In sich ist diese Möglichkeit zu lieben wunderbar. Dass sie kindlich ist, ist einfach eine Tatsache. Auch ein kleines Kind erfreut mein Herz. Es ist in sich vollkommen. Und doch ist es kindlich. Wenn man den Körper und seine Bedürfnisse beobachtet, und zwar nachdem man sich befreit hat von allen Konditionierungen, gesellschaftlichen Zwängen und psychologischen Verletzungen und Mängeln, ihn einfach beobachtet, was er will, was er braucht, was sein Streben ist, mit Zuneigung und Wohlwollen beobachtet, ohne etwas zu verurteilen oder zu beschönigen, sachlich und nüchtern, dann erkennt man im Bedürfnis nach Sexualität ein simples Bedürfnis nach Berührung, Berührtwerden, nach Weichheit, nach Verschmelzen, nach Kind-sein-Dürfen. Der Körper will wieder einmal zu Mama, so wie ein Säugling zu Mama will, und zwar nicht als Regression und aus einem unerledigten Mangel der frühen Kindheit heraus, sondern aktuell, einfach weil das die Ebene des Körpers ist. Der Körper ist ein Kind, ist unser Kind. Er wird nie erwachsen werden; die körperliche Ebene ist an sich kindlich. Und der Körper will eben wie ein Kind zu Mama oder von mir aus auch zu Papa. Er verlangt nach der inzestuösen Vereinigung, welche die Einheit auf der körperlichen Ebene herstellen könnte. Im Bewusstwerden dieser Tatsachen nimmt die Bedeutung der Sexualität in uns ab, ohne dass sie ganz verschwindet oder irgendwie verteufelt würde. Wir sehen einfach andere Möglichkeiten zu lieben, erwachsenere, reifere, und unser Bedürfnis zu lieben und geliebt zu werden wendet sich diesen vielversprechenderen Möglichkeiten zu: zu lieben aus dem Bauch, aus dem Herzen oder gar aus der Energie des Kopfes heraus. Man beginnt zu erkennen, dass man eine Verschmelzung, eine Nähe, ein Einssein erreichen kann, das viel tiefer reicht als das, welches durch Sexualität – und wenn sie noch so grossartig, noch so tantrisch, noch so göttlich ist – hergestellt werden kann. Es ist schon zu Beginn grössere Nähe da, als die Sexualität sie schaffen kann, die Sexualität würde sie nur stören. Es ist vergleichbar mit schöner Musik, die uns in die Stille führt. Wenn wir aber eine bestimmte Stille in uns berührt haben, ist die Musik nicht mehr stille fördernd, sondern eine Störung. Und das spricht nicht im geringsten dagegen, wieder einmal Kind sein zu wollen, wieder einmal dem Körper sein Recht zu geben, wieder einmal zu Mama zu wollen. Aber die Dringlichkeit darin verschwindet, man findet nicht mehr so oft die Zeit dafür, Sexualität fällt einfach raus, weil es meist Wichtigeres zu tun gibt, weil die Liebe auf reiferen Ebenen ruft. Und vielleicht auch, weil das Gefühl der Freiheit, der Weite, des Losgebundenseins, das sich einstellt, wenn man die sexuelle Bedürftigkeit und das ganze Gerangel um sie zurückstellt, ganz einmalig ist. Man ist ausgetreten aus dem Treiben der Menschen, steht abseits. So viel Energie, Raum und Zeit steht zur Verfügung für anderes.

Auf der Ebene der Sexualität gibt es noch keine Verantwortung, diese kommt erst beim Herzen dazu. Da sie eine unbewusste Ebene ist, erscheint die Verantwortung hier als Konsequenz. Die Handlung hat eine Konsequenz, welche dann ein Erwachen für die Verantwortung im Bereich des Herzens einleitet.

Erwachen im Bereich des Sexualchakras heisst, vor allem einmal zu erwachen für die Tatsache, dass wir und wie wir konditioniert sind.

Erwachen im Bereich des Herzens heisst in Bezug auf die Sexualität dann, dem Ganzen, der Gruppe, der Gemeinschaft seine Sexualität zur Verfügung zu stellen. ‘Meinst du «vögeln» aus Nächstenliebe statt aus Lust?’, fragte mich einmal ein Schüler. Das ist vielleicht etwas überspitzt formuliert. Aber es trifft den Kern der Sache.

Die Sexualität ist im gesunden Fall zwar völlig frei, aber immer auch ans Herz gebunden, von ihm gelenkt, bewusst oder unbewusst. Sonst entartet sie. Falls das Individuum in seinem spirituellen Erwachen schon fortgeschritten ist, ist diese Verbindung bewusst. Die Verantwortung im Umgang mit der Sexualität ist bewusst geworden. Im anderen Fall besteht diese Bindung ans Herz in Unschuld. Frei sein in Unschuld heisst, dass dann das Handeln aus diesem Bereich heraus eine natürliche Konsequenz nach sich zieht. Man ist zwar noch nicht verantwortlich, aber man sieht sich der Konsequenz seines Handelns ausgeliefert und akzeptiert diese auf natürliche Weise. Die Konsequenz führt einen dann zur Verantwortung, weckt das Gefühl für die Verantwortung.

Die Konsequenz ist zum Beispiel ein Kind, das gezeugt wird durch die Sexualität. Das nicht erwachte, aber auch nicht verdorbene Herz entwickelt Fürsorge, wenn das Kind da ist, genauso wie das erwachte, mitfühlende, verantwortungsbewusste Herz.

Der Wille als unbewusste Kraft ist die kleine Macht. Über die Verantwortung des Herzens beginnen wir allmählich die grosse Macht wahrzunehmen.

Die Macht erwacht dabei stufenweise in uns. Im Solar gibt es nur den Willen und die entsprechende Konsequenz auf das Handeln des Willens. Der Wille ist die kleine Macht. Im Herzen kommt die Verantwortung dazu, das Tragen, und im Kopf erst die eigentliche Macht, wenn wir der Stille gegenüberstehen, die uns zuerst als völlige Macht erscheint. Wenn wir uns ihr ergeben, gewinnen wir die Macht der Stille, werden wir zum Träger dieser Stille und damit für andere Menschen zur Projektionsfläche der Macht, zum Vertreter der Stimmigkeit auch. Macht kann auf jeder Ebene missbraucht werden, was verschiedene Konsequenzen von Leid nach sich zieht. Wirkliche Macht hat man aber erst auf der Kopfebene.

Wir alle wollen zur Nähe finden, zur Liebe, zum Mitgefühl. Aber diese Qualitäten sollen nicht abgespalten sein von der Kraft der Sexualität und des Willens und damit nur ein seichtes Bächlein bilden ohne transformative Kraft.

Unsere Welt krankt an den Folgen unserer inneren Konflikthaftig­keit und des Kampfes zwischen den Geschlechtern. Wir haben versucht unseren Willen und unsere Sexualität auf dem Weg zu harmonischer Gemeinschaft in uns und in unseren Partnern zu unterdrücken und zu manipulieren. Dies hat zu endlosem Leid, zu grossem emotionalem Hunger und zu katastrophalen gesellschaftlichen Auswüchsen geführt.

Wir haben eingesehen, dass die Sexualität völlig frei sein muss, dass der Wille völlig frei sein muss, aber dass beide ihre Ausrichtung im Herzen finden müssen. Ein freier Wille, der aus freien Stücken den Gesetzen des Herzens folgt, schafft keine eigensüchtigen Strukturen, und eine freie Sexualität, welche sich aus Einsicht den Gesetzmässigkeiten des Herzens beugt, schafft Liebe und Gemeinschaft und nicht Chaos.

Es ist dieselbe Kraft, die eine Kraft, welche sich auf ihrem Weg durch unser Energiesystem auf der Ebene des Beckens als Sexualität, auf der Ebene des Bauches als Wille, auf der Ebene des Herzens als Liebe und auf der Ebene des Kopfes als Stille manifestieren will. Und nur auf dieser Grundlage kann sich diese immer gleiche, diese eine Kraft vom Herzen aus in einen spirituellen Raum entfalten, der keine Illusionen enthält, sondern unserem Leben auf allen Ebenen zur Blüte verhilft. Solches Leben schliesst alles ein, alle ein, auch die Natur. Es sorgt für die Erde und alle die darauf wohnen ohne ausbeuterische und selbstsüchtige Neigung.

Tantra verstehen wir als die Kunst, dieser einen Energie auf ihrem Weg durch unser Energiesystem stillzuhalten, ohne sie auf einer beschränkten Ebene auszuagieren. Ihr stillzuhalten, bis sie sich in ihrer ganzen Blüte entfalten kann. Die ganze Blüte ist ein mitfühlendes Herz, in welchem sich die Liebe und die Trauer über unsere Misere zum Mitgefühl zusammengefunden haben. Der Boden, in welchem diese Blüte gedeiht, ist eine befreite Sexualität und ein befreiter Wille. Der Raum, in dem sich diese Blume entfaltet, ist der wirkliche Raum, der uns allen gemeinsam ist und der die Stille dessen, was immer schon da gewesen ist, enthält. Die Entfaltung der Knospe in diesen Raum hinein ist echte Spiritualität.

An der Auflösung all dessen, was diesen Raum begrenzt und unser Erblühen in diesen Raum hinein behindert, müssen wir zusammen arbeiten, indem wir die Grenzen erkennen, respektieren und dadurch transformieren. Aussöhnung ist der Weg dahin. Insbesondere sollten wir uns der Frage stellen, ob unsere Neigung zur Zweierbeziehung einer natürlichen inneren Gegebenheit entspricht oder ob es sich dabei um eines der tiefsteingefleischten Konditionierungsmuster handelt, welches durchbrochen werden muss und kann, da es sonst unsere Freiheit beschränkt, und an dem wir genauso borniert festhalten, wie die Inder an der überholten Tradition der Mitgift oder die Afrikaner an der lebensfeindlichen Tradition der Beschneidung, obwohl es, wenn auch oberflächlich betrachtet weniger destruktiv, genauso überholt ist und genauso viel Elend schafft.

Zum Schluss noch eine kleine Aufgabe: Wenn wir uns hier für eine längere Zeit aufeinander einlassen und letztlich in ein gemeinsames Feld, das wir ein freundschaftliches nennen könnten, gelangen wollen, müssen wir einen Punkt miteinander klären.

Ihr seid nicht hier und bezahlt viel Geld, um euch wie im Grand Hotel bedienen zu lassen, damit jemand hinter euch her putzt und aufräumt, sondern ihr bezahlt viel Geld, damit wir euch beibringen, euer Leben in Ordnung zu halten und das heisst unter anderem, nirgends und niemals eine Spur zu hinterlassen, nicht nur hier, sondern überall; über die Erde zu gehen, ohne Verwüstung hinter sich zu lassen. Keine Spur zu hinterlassen ist ein direkter Weg zur Erleuchtung. Ein anderer ist, ohne zu Murren die Spuren anderer immer wieder hinterherzuglätten. Das ist, was wir nach gestern getan haben für euch, unser Weg. Wir hoffen, dass unser Weg leichter wird, weil ihr den euren geht.

III)

Unsere egozentrische Existenz hat zwischen uns Strukturen, Gesetze, Tabus geschaffen, welche sich in den rigiden, gesellschaftlichen Mustern und Besitzverhältnissen (Familien, Staaten, Parteien, Kirchen etc.) niedergeschlagen haben, in welchen wir gefangen sind. Die kompromisslose Wahrnehmung dieses ganzen Leids bricht diese Konditionierung auf und ermöglicht den Zusammensturz dieser eingefrorenen Geschichte. Dadurch werden wir frei, um fliessende Strukturen zu erwirken, welche wir von Moment zu Moment zwischen uns erkennen und hervorbringen. Wenn wir vermeiden, uns ununterbrochen neu in Fixationen zu verfangen, wenn wir uns zutrauen, diesen Prozess selbstverantwortlich steuern zu können, finden wir zu wirklicher Beziehung, zu Gemeinschaft, Liebe, Nähe, zu einem unermesslichen Glück. An dieser Möglichkeit können wir gemeinsam arbeiten.

Erkenne dich selbst! Das ist dabei der erste Schritt, und bereits dieser ist nicht ein gedanklicher Prozess, sondern ein sich Einfühlen, eine Wahrnehmung, ein Seinszustand. In diesem Prozess erkennt man nach einer langen Reise, dass man in sich nichts finden kann, was von bleibendem Wert ist, was Bestand hat, was nicht lediglich dem Kräuseln an der Oberfläche eines tiefen Wassers entspricht. In diesem Erkennen falle ich gewissermassen durch mich hindurch in die Leere.

Dies ist der zweite Schritt. Bald erkenne ich aber, dass ich nicht einfach in die Leere falle, sondern in das Ganze hinein, in die Gruppe hinein, dass «ich» mich auflöse in dieses Ganze hinein. Von mir bleibt nichts Persönliches übrig, da bleibt nur eine Wahrnehmung; und diese Wahrnehmung umfasst das Andere. Der Widerstand nennt diesen zweiten Schritt unausweichliches Ausgeliefertsein, die Hingabe und die Liebe nennen ihn, nach Hause finden.

Wenn diese Offenheit für das Ganze gefunden ist, bin ich mit drei Ebenen konfrontiert.

Die erste ist der Alltag: In meiner Wahrnehmung ruht der Stress der Welt, die Gewalt, das Leid. Ich kann mich damit identifizieren oder einfach wahrnehmen: die ganze Trostlosigkeit, die ganze Hoffnungslosigkeit der Welt sehen.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739362922
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (September)
Schlagworte
Psychotherapie Selbsterkenntis Freundschaft Energiesystem Substanzunterstützte Esoterik Psychologie Psycholyse Chakren

Autor

  • Samuel Widmer Nicolet (Autor:in)

Samuel Widmer Nicolet (24.12.1948 – 18.1.2017) war ein Schweizer Arzt, Psychiater, Psychotherapeut und Autor. Er war Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie (FMH), tätig in eigener Praxis und lebte sowie arbeitete in der Nähe von Solothurn in der Schweiz. Die Erkenntnisse aus seiner intensiven Forschung zu Selbsterkenntnis, Psycholyse, Tantra und Spiritualität hat er in zahlreichen Publikationen ausgedrückt.
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Titel: Essenz schauen - Vom Ruhen im Urgrund allen Seins