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Way of Love

Sexy Holidays

von Kerry Greine (Autor:in) Ben Bertram (Autor:in)
72 Seiten

Zusammenfassung

Lotta freut sich auf ihren Urlaub auf Kreta. Zwei Wochen ausspannen, im Meer baden und die Sonne genießen, das ist ihr Plan. Auch Dave kann es kaum erwarten, in einen lange geplanten Urlaub mit Felix zu starten. Dass sein Freund plötzlich noch zwei weitere Kumpel aus dem Hut zaubert und diese mit auf die Reise gehen, empfindet er nicht als Problem. Zumindest so lange nicht, bis sie ihr wahres Gesicht zeigen. Als bei einem Besuch in der hoteleigenen Disco einer der betrunkenen Kerle übergriffig wird, ist es Dave, der Lotta zu Hilfe eilt. Sofort merken beide, dass zwischen ihnen eine ganz besondere Spannung herrscht. Ein Blick in die Augen des anderen und ihre Welt steht still. Doch kann aus einem Urlaubsflirt tatsächlich Liebe werden? Können Lotta und Dave gemeinsam im Meer ihrer Gefühle versinken?

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Beachboys

Mit meinem Handtuch über dem Arm und einem alkoholfreien Cocktail in der Hand stapfte ich durch den warmen, weichen Sand auf der Suche nach einer freien Sonnenliege. Leider gestaltete sich die Sache nicht so einfach. Wie bereits oft, wenn ich im Urlaub gewesen war, schüttelte ich innerlich den Kopf, als ich die vielen Liegen sah, die mit Handtüchern reserviert waren. Von den Besitzern war weit und breit nichts zu sehen, vermutlich hielten sie sich nicht mal hier am Strand auf. Keine Tasche, kein Buch, kein Glas auf dem dazugehörigen Tischchen deutete darauf hin, dass diese Plätze tatsächlich belegt waren.

Woher kam nur diese angeblich typisch deutsche Eigenschaft, bereits bei Sonnenaufgang die besten Liegen zu vereinnahmen? Ich konnte es nicht begreifen. Schon in anderen Urlauben war es mir aufgefallen. Immer wieder konnte ich beobachten, dass die Handtücher den ganzen Tag über einsam auf den Sonnenliegen blieben und kein Mensch sich zu ihnen gesellte, um sich darauf niederzulassen. Oftmals kamen erst am späten Nachmittag die Besitzer – um die Handtücher einzusammeln und wieder zu verschwinden. Ich konnte es nicht begreifen und würde es vermutlich auch nie verstehen. Warum reservierte man eine Liege, die man den ganzen Tag nicht nutzte, und nahm damit anderen Urlaubern die Möglichkeit, sich dort hinzulegen?

Bevor ich mich darüber ärgerte, ging ich schnell weiter. Ich hatte im hinteren Bereich einen freien Platz entdeckt, auf dem ich mich nun niederließ.

Entspannt und zufrieden ließ ich meinen Blick zwischen den Liegen hindurch über den Strand und die leichten Wellen des Meeres gleiten. Ja, es war die richtige Entscheidung gewesen, spontan diesen Urlaub zu buchen. Lächelnd dachte ich zurück an den Tag vor genau einer Woche, als ich bei meiner Freundin im Reisebüro gesessen hatte. In Hamburg hatte es bei unangenehmen 15 Grad Bindfäden geregnet, und da der Wetterbericht auch für die nächsten Tage keine Besserung versprach, hatte ich beschlossen, in die Wärme zu fliegen. Wenn der Juli in Hamburg schon derart beschissen war, wollte ich anderswo ein wenig Sonne tanken.

So war ich mit den Worten: „Du musst mir unbedingt was buchen! Ich brauche jetzt Sonne!“, in das Reisebüro gestiefelt, in dem meine Freundin Nicki arbeitete, und hatte mich vor ihrem Schreibtisch auf den freien Stuhl fallen lassen.

Ich musste ihr nicht viel erklären, was ich mir vorstellte. Als meine beste Freundin kannte sie mich und meinen Geschmack gut genug.

Schon bald hatte sie drei infrage kommende Hotels für mich herausgesucht, die sie mir gleich auf ihrem Schreibtisch präsentierte. Nacheinander zeigte sie mir die Seiten der ausgewählten Hotelanlagen und sprach beim dritten auch eine Empfehlung aus.

„Also ich finde das hier für dich am besten“, sagte sie und deutete auf eine Seite im Reisekatalog. „Die Anlage hat super Bewertungen. Sie liegt direkt am Strand, hat All-inclusive-Verpflegung, eine tolle Poolanlage und reichlich Animation, falls du mal die Nase voll hast vom Strand.“

„Animation brauche ich nicht. Ich mache selbst genug Animation, wenn ich arbeite – ich möchte einfach nur meine Ruhe haben und Sonne tanken“, unterbrach ich meine Freundin.

„Du musst ja nicht mitmachen, wenn du nicht willst. Es wird dich keiner zwingen. Aber hier gibt es noch mehr. Es läuft fast jeden Abend ein Showprogramm und eine Disco ist auch auf dem Gelände. Es ist bei Singles sehr beliebt und der Vorteil ist – es ist ab 18“, erklärte sie mit einem breiten Grinsen.

Bei den Worten „Ab 18“ gepaart mit Nickis Gesichtsausdruck sprang mein Kopfkino an. Ich konnte mir bildlich vorstellen, was da abgehen musste, und das entsprach nicht dem, was ich mir von meinem Urlaub vorstellte. Sofort wiegelte ich ab.

„Also ich wollte jetzt nicht in einen Swingerklub reisen. Mag ja sein, dass ich nach einem Jahr Singledasein ein wenig untervögelt bin, aber so was … Nee, lass mal.“ Nicki lachte laut auf und schüttelte den Kopf.

„Doch nicht das, was du denkst, Lotta! Ich wollte damit nur sagen, dass du kein nerviges Kindergeschrei am Pool ertragen musst. Keine halbstarken Kids, die vom Beckenrand springen und dich auf deiner Liege nass spritzen. Das ist kein Swingerklub, es kommen einfach nur Leute ab 18 rein. Das machen mittlerweile viele Hotels, das ist nichts Ungewöhnliches mehr. Ich dachte, wenn du schon Urlaub hast, möchtest du mal abschalten von den Kids. Wie du selbst sagst, in deinem Job bist du die Animateurin.“

Jetzt musste ich auch lachen. Da hatte ich meine Freundin ja mal so richtig schön falsch verstanden. Vielleicht war mein Wunsch nach Sex doch inzwischen so groß, dass ich in „ab 18“ gleich eine Zweideutigkeit hineinbaute.

Nachdenklich schaute ich auf die Bilder im Katalog und las die Hotelbeschreibung. Ja, womöglich hatte sie recht und ein Hotel ab 18 wäre wirklich das Richtige für mich. Ich hatte nichts gegen Kinder – im Gegenteil, ich liebte sie sehr! Ansonsten wäre ich in meinem Job auch vollkommen falsch. Als Erzieherin in einem Kindergarten hatte ich fünf Tage die Woche, acht Stunden am Tag einen Lautstärkepegel von gefühlten 273 Dezibel um mich herum. Da waren zwei Wochen ohne Kinder wirklich mal ganz schön. Außerdem kannte ich mich selbst gut genug. Wenn ich Kinder um mich hatte, schaltete ich in den Aufpassermodus. Ich behielt sie immer im Auge und schaute, dass ihnen nichts passierte. Dieses Verhalten war so in mir verankert, dass ich es nicht einfach abschalten konnte.

Da mir das Hotel sehr gefiel und auch der Preis als Last-Minute-Angebot wirklich gut war, buchte ich sofort und war seit gestern hier. Gegen Mittag war ich auf Kreta gelandet und wurde dann direkt und ohne Umwege zu meinem Hotel gebracht.

Bisher hatte dieser Urlaub absolut gehalten, was Nicki bei der Buchung versprochen hatte. Es war unglaublich schön hier. Die Anlage war top gepflegt und alles war sauber. In den Gartenanlagen blühten große Bougainvillea- und Hibiskuspflanzen zwischen anderen Blumen, deren Namen ich nicht kannte. Immer wieder blieb ich stehen und sah den kleinen Eidechsen dabei zu, wie sie sich in der Sonne wärmten oder bei jeder noch so leichten Bewegung mit einem Sprint in schmalen Spalten verschwanden. Die weitläufigen Rasenflächen leuchteten saftig grün, und ich mochte mir gar nicht vorstellen, wie viel Wasser die Sprinkler verbrauchten. Vom Balkon meines Zimmers aus hatte ich einen wunderbaren Blick über das Meer und die kleine Bucht, in der das Hotel lag. Das Essen war großartig, und bereits gestern beim Abendessen war mir klar geworden, dass ich sicher mit drei Kilo mehr auf den Hüften heimkommen würde, wenn ich in zwei Wochen wieder abreiste. Klar hätte ich Sport machen können. Es gab hier einen Fitnessbereich, und Joggen am Strand wäre ebenfalls eine Möglichkeit gewesen. Doch ich wollte es nicht. Ich hatte Urlaub und mochte mich in der Ferienzeit nicht sportlich betätigen.

Obwohl … Beim Vögeln kann man ja auch Kalorien verbrennen. Ich amüsierte mich über meinen Gedanken. Anscheinend war dieses „ab 18“ noch immer als Zweideutigkeit in meinem Kopf abgespeichert. Ich war zwar nicht hergefahren, um herumzuvögeln, aber wenn sich etwas ergab, wenn ich jemanden kennenlernte, der mich ansprach – warum eigentlich nicht?

Ich blinzelte, als ein Sonnenstrahl durch das strohgedeckte Dach meines Sonnenschirms in meine Augen traf. Hier im Schatten ließ es sich trotz der über dreißig Grad gut aushalten, vor allem, da ein laues Lüftchen wehte. Als ich nach meinem Cocktail griff und einen Schluck nahm, kam mir eine Idee. Schnell kramte ich mein Handy aus meiner Strandtasche und machte ein Foto von meinem Cocktail. Im Hintergrund waren deutlich der Strand und das Meer zu sehen. Zum Glück gab es ein freies WLAN-Netz für die Gäste und so schickte ich das Foto mit einer kurzen Nachricht an Nicki.

Hey Süße! Hier ist es echt perfekt! Das Hotel hat seine guten Bewertungen absolut verdient. Jetzt fehlt mir nur noch ein persönlicher Masseur. ;-) Knutsch dich!

Zufrieden legte ich das Handy aus der Hand und lehnte mich wieder zurück. Ja, so ließ es sich aushalten.

Anscheinend hatte Nicki im Büro nicht sonderlich viel zu tun, denn es dauerte nicht lange, da kam bereits ihre Antwort.

Na, da wird es doch wohl irgendwo einen heißen Kerl geben, der dir den Rücken massiert. ;-) Entspann dich und genieße deinen Urlaub. Und die Beachboys … ;-)

Ich wusste genau, was sie meinte. Wenn es nach Nicki ging, war es mehr als überfällig, dass ich mir wieder einen Kerl suchte. Wenn nicht für eine Beziehung, dann wenigstens für ein wenig Spaß zwischendurch, doch ich war mir nicht sicher, ob ich das konnte …

Mit meinen 24 Jahren hatte ich bisher drei Beziehungen gehabt, die alle über mindestens anderthalb Jahre gegangen waren. Aber ein One-Night-Stand oder eine unverbindliche Affäre gehörten noch nicht zu meinem Erfahrungsschatz. Nicht, weil ich so etwas nicht haben wollte. Es hatte sich nur nie die Gelegenheit dazu ergeben. Vielleicht war dieser Urlaub der perfekte Zeitpunkt, es mal auszuprobieren? Zwei Wochen einfach nur Spaß haben und danach kehrte jeder in sein eigenes Leben zurück.

Je länger ich darüber nachdachte, desto besser gefiel mir diese Idee, und ich beschloss, gleich heute Abend die Hoteldisco aufzusuchen. Wo, wenn nicht dort, würde sich die Gelegenheit für einen Flirt ergeben. Zumindest konnte ich mir da ein Bild davon machen, was hier so für Leute unterwegs waren. Und wer wusste schon, was sich sonst noch daraus ergab?

Vorfreudig ließ ich meinen Blick wieder über den Strand gleiten. Doch diesmal achtete ich nicht auf die Wellen und das Meer, ich schaute einzig nach den Männern. Wenn ich mir so die Truppe Kerle anschaute, die ein paar Meter weiter Beachvolleyball spielten. Oder in die andere Richtung. Dort waren einige heiße Typen, die es sich im Sand bequem gemacht hatten. Ja, es waren schon ein paar sehr ansehnliche Exemplare des anderen Geschlechts dabei, bei denen ich mir vorstellen konnte, sie näher in Augenschein zu nehmen.


Kabuff

Mit einigen Zweifeln, aber auch einer großen Menge Vorfreude war ich heute Morgen um 8:00 Uhr am Flughafen Fuhlsbüttel angekommen. Vergeblich hatte ich nach dem Schild Ausschau gehalten, auf dem ich den Namen Helmut Schmidt entdecken wollte. Vor ein paar Monaten hatte ich davon gelesen, dass unser Hamburger Flughafen nach diesem großartigen Politiker umbenannt werden sollte. Leider war es bisher nicht geschehen, was jedoch nicht die einzige Enttäuschung an diesem kalten Morgen bleiben sollte.

Meine vorhandenen Befürchtungen wurden direkt bestätigt, als ich am Flughafen an unserem vereinbarten Treffpunkt ankam. Felix war noch am nüchternsten von den dreien, die mich hier erwarteten. Aber seine beiden Kumpel waren bereits zu dieser Uhrzeit ziemlich angetrunken. Rolf und Arne hießen sie und in diesem Augenblick sah ich sie zum ersten Mal. Es war ein Start, den ich mir um einiges angenehmer vorgestellt hatte. Die zwei hätten nicht auf Anhieb meine neuen Freunde werden müssen, allerdings wäre es mir durchaus lieber gewesen, wenn sie sympathischer herübergekommen wären. Felix war mein Arbeitskollege und gleichzeitig auch ein Freund von mir. Zusammen mit ihm hatte ich schon Hunderte von Gerüsten aufgebaut. Die coolsten Gebäude durften wir bereits neu einkleiden. Einkleiden – so nannten wir es immer, wenn wir wieder dabei waren, unseren Job zu machen. Das schönste Erlebnis war, als wir den Hamburger Michel „anziehen“ durften. Das Wahrzeichen unserer Weltstadt war etwas ganz Besonderes, und so tranken wir damals, obwohl es verboten war, auf der obersten Reihe des Gerüstes ein Bier. Dieses Bier, verbunden mit einem gigantischen Ausblick, war irgendwie der Beginn unserer Freundschaft gewesen. Unserer Freundschaft, die jetzt hier am Flughafen auf eine harte Probe gestellt wurde.

Mir war schon klar, dass Felix es nur gut gemeint hatte, als er mich zu dieser Tour überredete. Wir mussten zwei Wochen Urlaub nehmen. Betriebsferien sozusagen, da wir immer dann Urlaub einreichen durften, wenn unser Chef die Idee hatte, in die Ferien zu fahren.

Meine anderen Freunde hatten in diesen zwei Wochen keine Zeit oder nicht frei. Da ich nicht die gesamten 14 Tage in Hamburg verbringen wollte, ließ ich mich breitschlagen, mit Felix und seinen Kumpels für vier Tage nach Kreta in ein sogenanntes Ab-18-Resort zu fahren. Einige Storys über Rolf und Arne kannte ich bereits, und mir war klar, dass sie nicht komplett auf meiner Wellenlänge sein würden. Doch dass sie morgens um 8:00 Uhr betrunken am Flughafen sitzen würden, damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.

„Moin, Dave, wir haben schon auf dich gewartet.“ Felix war mir entgegengekommen und klopfte mir zur Begrüßung auf die Schulter.

„Die sind doch besoffen. Also besser gesagt, voll bis zur Oberkante der Unterlippe.“ Mein Kopfnicken zeigte Felix an, dass ich selbstverständlich Rolf und Arne meinte.

„Etwas Restalkohol würde ich es nennen. Die haben die Nacht auf dem Kiez durchgemacht.“

„Etwas Restalkohol? Die sind hackentütendicht und trinken noch immer.“ Verwundert über die Antwort meines Freundes sah ich ihn an.

„Ach Dave. Lass sie doch ihren Spaß haben. Komm mit, ich stell euch vor.“

Im Flugzeug hatten Felix, Rolf und Arne eine Dreierreihe für sich. So konnten sie Karten spielen und ich eine Reihe hinter ihnen meine Gedanken kreisen lassen. Irgendwie war mir bereits jetzt klar, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Vier Tage mit diesen Saufnasen zu verbringen, konnten vier lange Tage werden. Außerdem waren Rolf und Arne bestimmt doppelt so alt wie ich. Was sollte ich mit meinen 27 Jahren mit den beiden anfangen? Vor allem, was hatte Felix mit den Typen zu schaffen? Irgendwie merkwürdig, dass er zwei so alte Männer als Freunde hatte. Na ja, immerhin waren wir in einer großen Hotelanlage. So konnte ich zum Glück meine eigenen Wege gehen.

„Darf ich Ihnen ein Getränk bringen?“ Die Stimme einer bezaubernd aussehenden Stewardess holte mich in die Gegenwart zurück. Nein, die Frage galt nicht mir, und trotzdem war ich mir sicher, die Antwort zu kennen.

Bier. Was außer Bier würden die drei Herren aus der Reihe vor mir wohl sonst bestellen?, dachte ich und wurde prompt eines Besseren belehrt.

„Whiskey-Cola. Aber für jeden einen doppelten und die Cola nur wegen der Farbe“, sagte Rolf und drehte sich anschließend zu mir herum. „Du doch auch?“, fragte er mich und ich verneinte mit einem Kopfschütteln.

„Ich nehme einen Tomatensaft.“ Wie auch immer ich jetzt auf diesen blöden Tomatensaft gekommen war, wusste ich nicht. Nie trank ich dieses Zeug, das komischerweise so oft in Flugzeugen getrunken wurde. Den strafenden Blick aus der Reihe vor mir, weil ich keinen Alkohol orderte, ignorierte ich einfach.

Ebenso, wie ich einige Stunden später den dämlichen Blick und das Kopfschütteln ignorierte, als ich mir am Flughafen von Kreta eine Flasche Wasser kaufte.

Das Einchecken im Hotel lief recht zügig ab. Zumindest so lange, bis wir erfuhren, dass es überbucht war. Erst in zwei Tagen gab es wieder die Möglichkeit, ein zweites Zimmer für uns zu ergattern. Bis dahin hatten wir die Wahl, uns hier ein Zimmer zu teilen oder in ein anderes Hotel auszuweichen. Da das andere Hotel jedoch nicht am Strand lag, entschieden wir uns, hierzubleiben.

Innerlich kotzte ich bereits im Kreis. Ganz im Gegensatz zu den anderen, die keinerlei Problem damit hatten, dass zwei klappbare Reisebetten in das Doppelzimmer gebracht werden sollten.

„Egal. Die paar Stunden, die wir schlafen, können wir auch in einem Viererzimmer verbringen. Außerdem sind wir ja sowieso voll und merken nichts davon“, sagte Arne und lachte. Leider war ich mir sehr sicher, dass es keinesfalls als Witz gemeint war.

„Gibt es wirklich keine Chance? Irgendeine kleine Nische muss es doch geben.“ Flehend sah ich die ältere Dame an der Rezeption an.

„Nun …“ Weiter sprach sie nicht.

„Was nun?“ Dieses eine Wort hatte mir Hoffnung gemacht. Ich blühte förmlich auf.

„Na ja, wir haben ein freies Personalzimmer. Das ist für absolute Notfälle gedacht. Dort steht ein Bett. Aber …“ Erneut unterbrach sie ihren Satz.

„Was aber? Das hier ist ein Notfall“, sagte ich so leise und eindringlich, dass nur sie es hören könnte. Anschließend flüsterte ich noch ein „Bitte!“ hinterher.

„Das ist wirklich nur ein Kabuff und hat vielleicht acht Quadratmeter. Allerhöchstens zehn!“

„Egal! Ich bleibe auch die kompletten Nächte dort.“ Ich hatte längst mein Bitte-Lächeln aufgesetzt und strahlte mit der Sonne um die Wette.

Während sich Felix, Rolf und Arne auf den Weg in das große Zimmer machten, schloss ich mein Kabuff im Erdgeschoss auf. Eine Terrasse hatte es natürlich nicht. Dafür aber ein Fenster, von dem aus ich direkt auf die Poolanlage schauen konnte.

Meine Flipflops hatte ich bereits aus der Reisetasche genommen. Es fehlten nur noch meine Badeshorts und schon machte ich mich auf den Weg zum Strand. Ein paar Stunden die Sonne genießen und in den Wellen baden war angesagt. Als ich mein Zimmer verließ und gerade durch die Hotelhalle gehen wollte, erkannte ich meine Reisebegleiter. Sie saßen direkt am Tresen der Lobbybar und hatten bereits die nächsten Drinks in der Hand. Schnell drehte ich mich um und ging zurück in mein Zimmer, bevor sie mich noch entdeckten. Ich hatte keine Lust auf die Gesellschaft der drei volltrunkenen Kapeiken.

Was nun?, überlegte ich und hatte zum Glück einen tollen Einfall. Das Fenster. Wofür habe ich schließlich ein Fenster? Mit einem kleinen Sprung landete ich auf dem gepflegten Rasen und ging, stolz auf mich selbst und meine Idee, in Richtung Strand.

Alle Liegen waren besetzt. Wenn auch nicht von Menschen, sondern lediglich von ausgebreiteten Handtüchern. Doch in diesem Augenblick war es mir egal. Das Meer rief und so stand ich kurze Zeit später bis zum Bauch im Wasser. Kleine Wellen umspülten meinen Körper und ein Gefühl von Freiheit stieg in mir auf.

Felix, Rolf und Arne hatte ich längst vergessen, als ich mich nach dem Baden in den heißen Sand gelegt hatte und dabei war, einzuschlafen.

„Yeah … Geil … Wo sind die Weiber … Was geht ab …?“ Laute Rufe. Nein, eigentlich primitive Schreie weckten mich. Ohne die Augen zu öffnen, ärgerte ich mich über diese billigen Typen, die hier am Strand gerade einen auf cool machten. Die es zumindest versuchten.

Zum Glück sind meine drei Jungs an der Bar. Mich lächerlich machen zu müssen, danach ist mir nun wirklich gar nicht.

Ich hatte meine Gedanken noch nicht ganz fertig, als ich etwas Kaltes auf dem Bauch spürte und mir im gleichen Augenblick die Sonne genommen wurde.

„Hier bist du also. Wir haben dich schon überall gesucht. Das Bier ist für dich.“ Beendet wurde Arnes Satz von einem lauten Rülpser.

„Du bist doch ein Kerl. Warum läufst du mit einem Zopf herum? Du siehst ja aus wie eine Schwuchtel.“ Felix’ Blick nach zu urteilen, fand er Rolfs Satz ebenso dämlich wie ich. Im Gegensatz zu mir blieb er jedoch still.

„Der Strand ist breit genug. Was hältst du davon, wenn du dir irgendwo dahinten einen Platz suchst?“ Ich war inzwischen aufgestanden und sah Rolf an, während ich das Zopfgummi, mit dem ich meine schulterlangen Haare zusammengefasst hatte, festzog.

„Geiler Witz. Du gefällst mir doch.“ Gerade als Rolf seinen Arm um mich legen wollte, trat ich einen Schritt zurück.

„Lass deine Finger, wo sie sind. Geh einfach wieder an die Bar. Dort ist es sicherer für dich.“

„Latte!“ Entsetzt sah Felix mich an. Dummerweise nannte er mich bei meinem anderen Spitznamen. Als Abkürzung für meinen Nachnamen Latten, wurde ich auf vielen Baustellen einfach nur Latte genannt. Dort störte es mich nicht. Jetzt gerade allerdings sehr.

„Latte … Du heißt Latte? Wie geil ist das denn? Zeig mal?“ Nicht Rolf, sondern Arne war es, der meinen Spitznamen laut über den Strand grölte. Kurz bevor seine Hand meine Hose erreichte, lag er im Sand. Ein leichter Stoß von mir hatte genügt, dass er hinflog und mich von unten herauf wütend anfunkelte.

Ohne ein weiteres Wort zu sagen, griff ich nach meinem Handtuch und verschwand. Jetzt war ich es, der dringend ein Bier brauchte.


Haubitzen

Ich genoss meinen ersten kompletten Urlaubstag nach meiner gestrigen Anreise auf der Sonnenliege am Strand sehr. Immer wieder döste ich im Schatten vor mich hin, wenn ich nicht gerade die Leute um mich herum beobachtete. Gegen Mittag suchte ich die Beachbar auf, an der es ein kleines Mittagsbuffet gab, und holte mir einen Salat mit Oliven und Feta, den ich unter einem Schirm im Schatten aß. Ja, Nicki hatte recht gehabt. Ein Resort zu wählen, in dem keine Kinder herumliefen, war wirklich eine gute Entscheidung gewesen. Egal, wie sehr ich meinen Job und die Kinder liebte, es war auch mal schön, ohne sie zu sein. Eine herrliche Ruhe umgab mich, als ich zurück auf meiner Sonnenliege war, und so machte ich einen kleinen Mittagsschlaf.

Als ich erwachte, war die Sonne ein Stück weitergezogen, und ich lag nicht mehr im Schatten des Schirms. Zum Glück hatte ich mich gut eingecremt, nicht dass ich mir gleich heute einen Sonnenbrand holte. Trotzdem war mir heiß, und so beschloss ich, eine Runde im Meer zu schwimmen.

Das türkisblaue Wasser sah so einladend aus, dass ich direkt in die Wellen sprintete und mich hineinfallen ließ. Es war warm genug, um nicht zu frieren, brachte aber dennoch die gewünschte Abkühlung. Ich legte mich auf den Rücken und ließ mich einen Moment einfach treiben. Lautes Grölen schallte vom Strand zu mir herüber. Ich drehte mich um und schaute, woher der Lärm kam.

Na großartig! Die sind ja voll wie die Haubitzen, dachte ich, als ich eine Gruppe Männer entdeckte. Sind wir hier am Ballermann?

Als einer den anderen vor die Brust schubste, dass er rücklings im Sand landete, wandte ich mich augenrollend ab. Okay, mit all-inclusive konnten anscheinend nicht alle Gäste umgehen. Frei saufen von früh bis spät war für sie eine Einladung, sich bereits morgens nach dem Frühstück die Biere und den Ouzo in den Kopf zu knallen. Auch diese Kerle am Strand waren ganz offensichtlich der Meinung, dass es hier nur ums Bechern ging – zumindest benahmen sie sich so. Der Typ, der den anderen geschubst hatte, war nicht mehr zu sehen, doch die anderen hatten angefangen, sich gegenseitig mit Sand zu beschmeißen, und nahmen dabei auch keine Rücksicht auf die anderen Urlauber. Von meinem Standpunkt hier im Wasser aus konnte ich erkennen, wie immer wieder Unbeteiligte eine volle Ladung abbekamen und die drei Männer bepöbelten – zu Recht! Wie konnte man sich nur so assig benehmen? Ich konnte es nicht nachvollziehen. Fehlte nur noch, dass sie sich einen mit Alkohol gefüllten Eimer und lange Strohhalme organisierten.

Als ich mich auf den Rückweg zu meiner Liege machte, ging ich einen extragroßen Bogen. Der direkte Weg hätte mich genau an ihnen vorbeigeführt, aber ich hatte keine Lust, die Nächste zu sein, die eine Ladung Sand abbekam und paniert wurde.

Den Spätnachmittag über war es mit der Ruhe vorbei. Diese Truppe hielt den gesamten Strandabschnitt auf Trab. Gefühlt alle paar Minuten lief einer von ihnen los, um für Getränkenachschub zu sorgen. Wenn die so weitermachten, würden sie sich ins Koma saufen, vermutete ich. Oder sie waren einfach sehr gut im Training, was ihren Alkoholkonsum anging.

Irgendwann war ich nur noch genervt und packte meine Sachen zusammen, um den Strand zu verlassen. Auf dem Weg in Richtung Promenade und Hotel kam mir einer der Typen entgegen, drei große Gläser in den Händen, die mir nicht nach Wasser aussahen, eher nach Ouzo.

„Hey, Chica! Du willst doch nicht etwa schon gehen? Komm mit, wir können zusammen sicher ordentlich Spaß haben!“, sprach er mich an und musterte mich von oben bis unten. Dann zwinkerte er mir zu und schob von innen seine Zunge mehrfach in die Wange, um mir zu verdeutlichen, was er unter „Spaß haben“ verstand. Angeekelt verzog ich das Gesicht und schüttelte den Kopf.

„Nee, lass mal. Ich glaube nicht, dass du mir irgendwas bieten könntest, was für mich mit Spaß zu tun hat“, konterte ich und blickte zielgerichtet und mit hochgezogenen Augenbrauen auf seine Badehose.

„Ach, und frech ist sie auch noch. So mag ich das!“ Er trat einen Schritt näher, sodass ich einen alkoholgeschwängerten Atem riechen konnte. Mir war klar, hätte er in dem Moment die Hände frei gehabt, hätte er versucht, mich zu begrabschen.

„Geh mir aus dem Weg, du Wurm!“, sagte ich nur abfällig und schob mich an ihm vorbei. Ohne mich noch einmal umzudrehen, ging ich weiter in Richtung der Poolanlage des Hotels, wo sich auch der Hintereingang zu meinem Flur befand. Ich hasste solche Begegnungen, wie eben mit diesem Besoffenen. Ich konnte es grundsätzlich schon nicht leiden, wenn Leute sich derart abschossen, dass sie sich nicht mehr unter Kontrolle hatten. Aber mich dann auch noch so blöd anmachen …

„Hey, hast du nicht Lust auf eine Runde Beachvolleyball?“ Ein Animateur sprang mir direkt in den Weg, hielt einen bunten Volleyball in der Hand und riss mich aus meinen Gedanken. Erschreckt wich ich einen Schritt zurück. Ich hatte ihn nicht kommen sehen.

„Ähm, nee, danke.“ Ich hatte keine Lust auf sportliche Betätigung, außerdem lag das Volleyballfeld am Strand nur wenige Meter entfernt von dem Platz, an dem sich die drei besoffenen Kerle aufhielten.

„Ach komm! Geht doch nur eine Stunde und es macht echt Spaß!“ Der Animateur gab nicht auf.

„Ich möchte nicht, danke!“, erwiderte ich noch einmal.

„Okay, dann morgen, ja?“ Konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Ich meine, es war ja toll, dass dieses Resort so viel anbot, aber mussten die Animateure derart aufdringlich sein? Ich hatte doch jetzt bereits zweimal Nein gesagt!

„Ich weiß es noch nicht. Eher nicht. Das ist nicht so mein Sport.“ Okay, das war ein wenig untertrieben. Ballsportarten jeglicher Art waren nicht meins. Ich schaffte es kaum, einen Ball drei Meter weit zu werfen. Endlich gab er auf und zog zum nächsten potenziellen Opfer für sein Beachvolleyballspiel. Erleichtert machte ich mich wieder auf den Weg, wurde jedoch nach ein paar Metern bereits von seiner Kollegin gestoppt.

„Hast du Bock auf Pilates? In zehn Minuten in der Fitnesslounge.“ Strahlend präsentierte sie mir eine Reihe schneeweißer Zähne. Wie schon bei dem anderen Animateur brauchte ich mehrere Versuche, sie zu überzeugen, dass meine Lust auf Pilates sich ebenso in Grenzen hielt wie die auf Beachvolleyball. Als sie endlich von dannen zog, sah ich ihr nachdenklich hinterher. Okay, merke: In den nächsten zwei Wochen halte ich mich besser fern von Leuten, die in weißen Shorts und hellblauen Shirts mit Hotellogo herumlaufen. Die sind anstrengend!

Mein Blick fiel auf die Poolbar. Genau genommen auf einen Kerl, der mich grinsend musterte. Er hatte anscheinend meine Versuche, mich gegen die beiden Animateure durchzusetzen, mitbekommen, denn er sprach mich an.

„Nervig, oder? Ich wurde auch schon dreimal gefragt, ob ich irgendwas mitmachen will. Aber mal ehrlich – Fußball spielen bei fünfunddreißig Grad im Schatten? Da muss man schon ziemlich viel Langeweile haben! Hi, und entschuldige, dass ich dich einfach so anquatsche. Ich bin Dave.“ Türkisblaue Augen wie das Meer am Strand blitzten mich an und er lächelte amüsiert. Ein kleines Grübchen bildete sich neben seinem Mundwinkel. Sein Lächeln in Kombination mit seinen Augen und dieser sexy Stimme verursachten ein Kribbeln in meinem Magen. Wow, war der Kerl heiß! Er kam mir bekannt vor, doch es dauerte einen Moment, bis mir einfiel, wo ich ihn bereits gesehen hatte. Er war der vierte Mann der Besuffskis am Strand. Mein Blick fiel auf das Glas vor ihm auf dem Tresen, in dem Eiswürfel in einer klaren Flüssigkeit schwammen, und sofort ebbte das Kribbeln in mir ein wenig ab.

Okay, alles klar! Er säuft seinen Ouzo anscheinend lieber hier allein an der Poolbar. Der hat bestimmt auch reichlich solcher Baggersprüche wie sein Kumpel eben auf Lager.

Obwohl ich ihn sofort in eine Schublade in meinem Kopf steckte, brachte ich es nicht fertig, einfach schweigend weiterzugehen. Er hatte mir – zumindest bisher – nichts getan und keine solch blöden Sprüche wie der andere gemacht.

„Ich bin Lotta. Ja, ich steh jetzt auch nicht so drauf, auf Zwang zu so was verhaftet zu werden“, antwortete ich daher freundlich. „Viel Spaß wünsch ich dir noch!“ Einen vielsagenden Blick auf sein Glas konnte ich mir dennoch nicht verkneifen, als ich weiterging und mich endlich auf mein Zimmer verzog. Die Sonne war bereits so weit gezogen, dass mein Balkon im Schatten lag. Das machte die Temperaturen angenehm und nicht zu heiß, daher nahm ich mir eine Flasche Cola aus der Minibar und setzte mich mit einem Buch in einen der Rattansessel. Ich wollte noch ein wenig lesen, bevor ich mich für das Abendessen fertig machte.

Mein Plan, heute Abend die Disco zu erkunden und vielleicht die eine oder andere Bekanntschaft zu machen, war durch die Kerle am Strand ins Wanken geraten. Sie waren sicher nicht die Einzigen, die all-inclusive als Saufveranstaltung verstanden. Vermutlich würde ich nachher noch einige davon kennenlernen. Aber gut, sollte es so sein, konnte ich jederzeit wieder gehen. Ich würde es einfach auf mich zukommen lassen.


Blick ins Glas

Mein Bier hatte ich längst geleert, und ich musste zugeben, dass es mir nach der Aktion von Felix und seinen bekloppten Freunden gutgetan hatte. Trotzdem bestellte ich mir kein zweites, da ich keine Lust hatte, mir bereits am späten Nachmittag einen anzutrinken. Nein, mir war nach Wasser. Nachdem der Kellner dreimal nachgefragt hatte, bekam ich es auch endlich auf den Tresen gestellt. Kurz überlegte ich, die Eiswürfel zu entfernen. Dann ließ ich sie im Glas, da ich davon ausging, dass sie nicht mit Leitungswasser hergestellt wurden. Zumindest hoffte ich es, da ich keinen Bock hatte, mir den Magen zu verderben.

Vielleicht wäre es wohl besser gewesen, wenn ich noch ein kühles Blondes bestellt hätte. Nicht nur den drei Kapeiken, sondern auch anderen Gästen schien es hier ausschließlich um das Saufen zu gehen. Zumindest um Alkohol, wenn ich den abfälligen Blick, den diese Lotta auf mein Glas mit Wasser geworfen hatte, richtig deutete. Was ich sehr schade fand, da sie eine total interessante Frau war.

Interessant? Ich dachte über das Wort nach. Schön war sie auf jeden Fall. Lotta hatte eine tolle Figur und supergepflegte Hände. Ja, sie waren fantastisch. Ich konnte es gut beurteilen, da ich fast immer zunächst auf die Hände der Menschen achtete. Wahrscheinlich lag es an meinem Beruf. Meine eigenen zu pflegen, war durch meine tägliche schwere Arbeit nicht wirklich leicht. Trotzdem bekam ich es gut hin. Aber Lottas Hände waren perfekt. Am liebsten hätte ich nach ihnen gegriffen. Sie abgetastet und zärtlich berührt. Unsere Finger ineinander verschränkt.

Durchsichtigen Nagellack trug sie und die Fingernägel waren kurz geschnitten. Bei ihr waren diese kurzen Fingernägel wunderschön, da sie von Natur aus gut geformte Nägel besaß.

Ja, diese Lotta gefiel mir. Sogar sehr! Bis zu dem Moment, als mir ihr höhnischer Blick auf mein Wasserglas wieder einfiel, mit dem sie mich hier blöd sitzen gelassen hatte. Und den dazugehörigen Satz hätte sie sich auch klemmen können.

„Viel Spaß wünsch ich dir noch!“ Ganz genau hatte ich ihre Worte verstanden, den spöttischen Unterton in ihrer Stimme gehört.

Viel Spaß wünsch ich dir noch. In meinen Gedanken wiederholte ich ihre Worte nochmals. Jetzt machten sie mich noch wütender. Durfte man seinen Urlaub, selbst in einem Ab-18-Resort, nicht so verbringen, wie man wollte? Musste ich mich den ganzen Tag volllaufen lassen, um dazuzugehören? Nein, danke, dann blieb ich lieber für mich allein und verbrachte die Abende mit Spaziergängen am Strand und in meinem Kabuff.

Oder musste ich meine Meinung zu den angebotenen sportlichen Aktivitäten ändern? Bevor ich hier weiter allein herumsaß, konnte ich genauso gut das angebotene Beach-Soccer testen. Vielleicht hielten sich dort die Menschen auf, die eine ähnliche Einstellung zum Urlaub hatten wie ich? Betrunken Fußball zu spielen und am Beachvolleyball teilzunehmen, tat sich bestimmt niemand an. Außerdem hätte den Menschen diese Zeit für das Trinken gefehlt. Was hatte der Typ im hellblauen Shirt eben gesagt? Fußball ist in einer halben Stunde? Ein Blick zur Uhr, die hinter dem Tresen an der Wand hing, genügte mir. Ich hatte noch zehn Minuten, um am Spielfeld anzukommen. Mit einem kräftigen Schluck leerte ich mein Glas Wasser und machte mich auf den Weg zum Strand.

Brüllend heiß war der Sand. Zum Glück hatte Mr Blueshirt das extra für uns abgegrenzte Spielfeld gewässert. So hatten wir nur dann ein Problem, wenn der Ball aus dem Feld hinausgeschossen wurde und wir ihn von dort holen mussten.

Meine Entscheidung war richtig gewesen. Hier waren keine betrunkenen Hotelgäste anwesend. Alle mitspielenden Herrschaften wollten sich körperlich betätigen. Wie häufig ich die Frage, ob ich viel Hantel- und Gerätetraining betreiben würde, gestellt bekam, wusste ich bereits nach wenigen Minuten nicht mehr. Nachdem ich zunächst immer brav die Wahrheit erzählt hatte, dass sich meine Muskeln allein durch meine körperliche Arbeit gebildet hatten, antwortete ich jetzt nur noch kurz und knapp mit einem JA.

Eines wurde mir schnell deutlich. Nicht alle Entscheidungen, die zunächst gelungen und richtig wirkten, waren es auch. Eigentlich hätte ich noch vor dem Anpfiff selbst draufkommen können. Und zwar in dem Moment, als zwei Typen angelaufen kamen, die tatsächlich Schienbeinschützer trugen. In Badeshorts, Shirt und diesen Schienbeinschützern standen sie auf dem Spielfeld, und es dauerte nicht lange, bis einer der Typen das erste Foul beging. Mein Mitspieler lief allein auf das Tor der gegnerischen Mannschaft zu. Er hatte nur noch den Torwart vor sich, als einer der beiden Mr Schienbeinschützer von hinten angesprungen kam und ihn mit einer mörderischen Grätsche fällte. In der Bundesliga hätte es dafür einen Platzverweis und acht Wochen Sperre gegeben. Hier ging das Spiel einfach weiter. Vom Platz musste nicht der bekloppte Treter, sondern mein Mitspieler, der wenig später, humpelnd und von seiner Frau gestützt, den Strand verließ.

Einige Minuten danach wurde das Spiel erneut unterbrochen. Es gab Einwurf für die Mannschaft ohne Shirt. Die andere Mannschaft, die trotz Hitze zur besseren Unterscheidung mit einem Shirt spielen musste, sah es jedoch anders, und so entbrannte eine hitzige Diskussion. Der Einwurf war auf der Höhe der Mittellinie, und somit war es eigentlich scheißegal, welcher Mannschaft er zugesprochen wurde.

Falsch, mir war es egal!

Vielen anderen nicht, und so hatte ich die Möglichkeit, hier auf dem Spielfeld einen minutenlangen Grundkurs in Beschimpfungen zu belegen.

Tatsächlich ging es irgendwann weiter.

„Toooooor!“ Ein Jubelschrei war laut über den Strand zu hören. Meine Mannschaft hatte zum 1:0 getroffen. Ein kleiner Mann mit einem dicken Bauch, der trotzdem schnell und wendig war, kniete im Sand. Immer wieder ballte er vor Freude seine Fäuste, und sein Gesichtsausdruck erinnerte mich an den von Mario Götze, nachdem er uns 2014 zum Weltmeistertitel geschossen hatte.

„Zeitspiel! Steh auf, du Affe. Was du da machst, ist Zeitspiel!“ Wieder war es einer der Schienbeinschützer-Fraktion, der sich über den kleinen Dicken gebeugt hatte und ihn beschimpfte.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752130164
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (Januar)
Schlagworte
Mann Frau Verliebt Happy Sehnsucht Liebe Urlaub Erotik Horror

Autoren

  • Kerry Greine (Autor:in)

  • Ben Bertram (Autor:in)

Ben Bertram ist ein Hamburger Jung. Er erblickte er das Licht der Welt und fand im Umgang mit Wort und Witz schnell ein Hobby, welches er pflegt. Er verbringt viel Zeit auf der Sylt, auf die er sich auch gerne zum Schreiben zurückzieht. Kerry Greine ist Autorin aus Leidenschaft. Sie ist eine Träumerin, Bloggerin, Tänzerin und emotionale Chaotin. Ein Dorfkind mit großer Liebe zu Hamburg. So viel Zeit wie möglich verbringt sie mit ihrer "Wauz" auf Sylt, denn im Herzen ist sie ein Inselkind.
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Titel: Way of Love