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STAR GATE – das Original: Die 19. Kompilation

„Die Bände 181 bis 188 der laufenden Serie STAR GATE – das Original – zusammengefasst!“

von Wilfried A. Hary (Autor:in)
350 Seiten

Zusammenfassung

STAR GATE – das Original: Die 19. Kompilation Wilfried A. Hary (Hrsg.): „Die Bände 181 bis 188 der laufenden Serie STAR GATE – das Original – zusammengefasst!“ Die Serie STAR GATE – das Original existiert nun schon seit 1986(!). Einige Autoren sind daran beteiligt. Viele Leser schätzten das frühere Heftformat und genießen das Taschenbuchformat, in dem die Serie inzwischen erscheint, aber es gibt nicht wenige Leser, die immer wieder auch nach einem umfangreichen Buchformat verlangen, vergleichbar etwa mit den Silberbänden der Perry-Rhodan-Serie. Für diese haben wir nun die nächste Kompilation geschaffen, basierend auf den folgenden Bänden der laufenden Serie: 181/182 »Die zweite Basis« W. K. Giesa/W. A. Hary 183/184 »Die Metamorphose« Wilfried A. Hary 185/186 »Die neue Erde« Wilfried A. Hary 187/188 »Commander Haller« Wilfried A. Hary ENDE der kompletten ersten Staffel, die dann mit Staffel 2 fortgesetzt wird. Viel Freude beim Lesen dieser immerhin ganze 8(!) Bände umfassenden Kompilation! Euer Wilfried A. Hary (Hrsg.) Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie STAR GATE - das Original: Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary, Frank Rehfeld Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by HARY-PRODUCTION! Achtung: „STAR GATE - das Original“ ist eine eigenständige Serie, die nachweislich Jahre vor Serien ähnlichen Namens begann, wie sie im Fernsehen laufen oder liefen oder im Kino zu sehen sind oder waren! Daher der Zusatz „das Original“! ISSN 1860-1855 © neu 2019 by HARY-PRODUCTION Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken * Telefon: 06332-481150

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


STAR GATE – das Original:

Die 19.

Kompilation

Wilfried A. Hary (Hrsg.)

Impressum:

Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie STAR GATE - das Original: Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary, Frank Rehfeld.

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de.

ISSN 1860-1855

Diese Fassung basiert auf den Romanen

der laufenden Serie!

© 2019 by HARY-PRODUCTION

Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken

Telefon: 06332-481150

www.HaryPro.de

eMail: wah@HaryPro.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und

Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.

Logo: Gerhard Börnsen

Coverhintergrund: Anistasius

Achtung: „STAR GATE - das Original“ ist eine eigenständige Serie, die nachweislich Jahre vor Serien ähnlichen Namens begann, wie sie im Fernsehen laufen oder liefen oder im Kino zu sehen sind oder waren! Daher der Zusatz „das Original“!

Vorwort

Die Serie STAR GATE – das Original existiert nun schon seit 1986(!). Einige Autoren sind daran beteiligt. Viele Leser schätzten das frühere Heftformat und genießen das Taschenbuchformat, in dem die Serie inzwischen erscheint, aber es gibt nicht wenige Leser, die immer wieder auch nach einem umfangreichen Buchformat verlangen, vergleichbar etwa mit den Silberbänden der Perry-Rhodan-Serie.

Für diese haben wir nun die nächste Kompilation geschaffen, basierend auf den folgenden Bänden der laufenden Serie:

181/182 »Die zweite Basis« W. K. Giesa/W. A. Hary

183/184 »Die Metamorphose« Wilfried A. Hary

185/186 »Die neue Erde« Wilfried A. Hary

187/188 »Commander Haller« Wilfried A. Hary

ENDE der kompletten ersten Staffel, die dann mit Staffel 2 fortgesetzt wird.

Viel Freude beim Lesen dieser immerhin ganze 8(!) Bände umfassenden Kompilation!

Euer Wilfried A. Hary (Hrsg.)

STAR GATE – das Original 181-182:

Die zweite Basis

- Werner K. Giesa und Wilfried A. Hary:

„Die zweite Basis ist gefunden – und große Rätsel werden endlich gelöst!“

Die Basis ermöglicht den Terranern auch nach der Befreiung von der kyphorischen Besatzungsmacht latent die Kontrolle über das gesamte STAR GATE-Netzwerk des Bundes von Dhuul-Kyphora. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Zentralrechner der Basis abstürzt. Eine Sicherheitsabschaltung, weil ein Cheekah die falschen Fragen stellte und den Rechner zu einer Antwort zwingen wollte?

Ken Randall macht sich mit Tanya Genada und Tanith Callahan an Bord der EXCALIBUR auf, die zweite Basis und somit vielleicht dort die Lösung ihres Problems zu finden. Sie gelangen endlich ans Ziel…

…während Agenten sowohl auf Seiten der Terraner als auch auf Seiten der Kyphorer ihre Tätigkeit weiter ausbauen…

1

Basis-II lag in einem Vulkankrater.

Vorsichtig näherte die EXCALIBUR sich der riesigen Kugel, die Basis-I verblüffend glich.

Beide Superstationen schienen vom >gleichen Band gelaufen zu sein<, wie Tanith Callahan es salopp formulierte.

Ken Randall rechnete in jeder Sekunde mit einem Angriff. Er war sich nicht sicher, ob Basis-II wirklich so unbemannt wie Basis-I war.

Aber kein Angriff kam.

„Sollen wir in den Hangar einfliegen?“, überlegte Tanya.

Ken nickte.

„Natürlich - die einfachste Möglichkeit, hineinzukommen, wenn er sich öffnet! Aber die EXCALIBUR bleibt draußen! Wir fliegen mit einem Beiboot hinein!“ Er nickte Lew Scott zu. „Lassen Sie den Öffnen-Impuls abstrahlen, sobald wir uns startklar melden.“

„Aye, Sir! Hoffentlich geht Ihre Rechnung auf und Basis-II reagiert auf unseren Code! Immerhin gehört die EXCALIBUR zu einer anderen Station.“

„Wir werden sehen“, beschied ihm Ken Randall.

Wenig später war die EX-2 startklar. Tanya saß an den Kontrollen des Kleinraumers. Das Außenschott des Beiboothangars glitt auf.

„Scott, wir sind soweit.“

„Wir senden!“, kam die Bestätigung aus der Zentrale.

Die EXCALIBUR strahlte den Kenn-Impuls an die Basis-II ab!

Durch die Klarsichtkuppel des Kleinraumers beobachteten Ken und Tanya die Basis.

Plötzlich bildete sich an einer Stelle ein breiter Spalt. Er wurde zu einem riesigen, gefräßigen Maul.

Im dahinter strahlenden Licht sahen sie die Raumschiffe!

Raumschiffe wie die EXCALIBUR.

„Los!“, stieß Ken hervor. „Hinein, bevor es sich anders überlegt!“

Die EX-2 machte förmlich einen Sprung nach vorn. Sie verließ die EXCALIBUR, beschrieb einen weiten Bogen und flog dann in den Großhangar von Basis-I ein, in dem elf Raumschiffe vom Typ der EXCALIBUR Platz hatten.

Der Vulkankrater war riesig genug, um nicht nur Basis-II aufzunehmen, sondern auch umrundende Flugmanöver zu gestatten. Ken hoffte, dass der Vulkan erloschen war. Ansonsten wäre es doch bodenloser Leichtsinn gewesen, die Basis ausgerechnet hier zu stationieren?

Der Großhangar war ihnen vertraut. Alles erinnerte an Basis-I.

„Steigen wir aus!“

Sie verließen den Kleinraumer.

Es war ein seltsames Gefühl, sich in vertrauter Umgebung zu befinden und dabei genau zu wissen, dass alles fremd war, unbekannt!

Kens Unterbewusstsein gab Alarm. Nach den Illusionen und den gefährlichen Tests, oder was immer die Erlebnisse auch darstellen sollten, wurde ihnen das Eindringen in die Basis zu leicht gemacht!

Es roch nach einer Falle!

„Tanya, wir…“

Da glitt das Hangarschott zu und versperrte ihnen den Rückweg nach draußen!

Und im Großhangar waren die beiden Terraner nicht mehr allein!

Von allen Seiten kamen sie - die Toten!

*

Aber richtig tot sahen eigentlich weder Battaglia noch Red Elk oder Doc Uary aus!

Der Eskimo-Abkömmling strahlte sogar erfreut über das ganze Gesicht.

„Sie haben aber verflixt lange gebraucht, um her zu finden, Randall!“, beklagte er sich scherzhaft. „Wir verloren schon die Geduld.“

„Wir sind keine Gespenster“, beruhigte Red Elk. „Keine Sorge - es hat alles eine vernünftige Erklärung.“

„Auf die bin ich aber mal besonders gespannt!“, murmelte Ken, der Schatten auftauchen sah.

Schatten, die weiß waren?

Weiße Schatten gab es nicht. Aber Roboter, die weiß lackiert waren und sich mit ihren humanoiden Körpern geradezu menschlich bewegten! Roboter, die mit Waffen bestückt waren und sich den Terranern lautlos näherten!

„Die Falle, Ken“, flüsterte Tanya. „Das ist sie! Jetzt haben sie uns!“

Ken löste den Blaster von der Magnetplatte. Im nächsten Moment hielt er ihn nicht mehr in der Hand! Aber gut fünf Meter hinter ihm zischte ein Laserschuss auf.

Randall fuhr herum, die leere Hand ausgestreckt!

Er hörte spöttisches Lachen, das ihm so unglaublich bekannt vorkam, und er sah seinen Blaster in der Hand einer Frau mit langem, dunklem Haar. Sie hatte einen Schuss abgefeuert, der senkrecht nach oben gerichtet und in einem Energiefeld versprüht war!

Und sie lachte wie das Mädchen auf dem Drachen.

Sie sah auch genauso aus, nur war sie nicht nackt.

Aber viel fehlte nicht daran, denn das weit fallende transparente Gewand verbarg nicht wirklich etwas von ihrem makellosen Körper.

Ihr Lachen glich wirklich der Drachenreiterin, aber ihre Gestik war anders.

Immer noch lachend, warf sie Ken Randall den Blaster wieder zu.

Er fing ihn am Lauf und heftete ihn wieder an die Magnetplatte. Dabei fragte er sich, wie diese Frau den Trick fertig gebracht hatte, ihn über eine Distanz von fünf Metern zu entwaffnen.

Hinter ihr stand ein weiterer dieser weißen humanoiden Roboter.

Die Frau im durchsichtigen Gewand zeigte jetzt, dass sie im Gegensatz zu der Drachenreiterin auch sprechen konnte.

„Willkommen an Bord! Ihre Leute haben recht. Sie haben wirklich beachtlich lange gebraucht.“

Ken verstand sie. Sie sprach akzentfreies Kyphorisch. Nur sah sie nicht wie eine Kyphorerin aus. Die winzigen Merkmale fehlten. Diese Frau war durch und durch… terranisch?

„Wer sind Sie?“, fragte Ken.

„Ich bin die Herrin dieses Planeten“, erklärte sie. „Und in dieser Eigenschaft darf ich Sie und Ihre Begleiter bitten, meine Gäste zu sein, so lange Sie es wünschen.“

Ken und Tanya sahen sich an.

Ken versuchte kein zweites Mal, zu seiner Waffe zu greifen. Immer wieder sah er die Totgeglaubten an.

„Wie kommt ihr eigentlich hierher?“, fragte er leise.

Die Antwort von Doc Uary war lapidar:

„Das ist eine lange und unglaubliche Geschichte.“

2

„Ich habe Ihren Anflug auf diesen Planeten registriert“, erklärte die Dunkelhaarige später, als sie sich in einem gemütlichen Raum zusammengefunden hatten.

„Da bereits eine Basis in fremde Hände geriet und Ihr Schiff unzweifelhaft dieser Basis entstammen muss, hielt ich Sie für Kyphorer oder Craahls, die sich unberechtigter Weise in ihren Besitz gebracht haben. Das wäre, gelinde gesagt, tatsächlich eine Katastrophe.

Ich ordnete also den Test an. Ich musste wissen, wie Sie sich unter bestimmten Bedingungen verhalten.

Zunächst schienen Sie mir kyphorisch zu sein, denn Sie zeigten keine ausgeprägte Neugierde, aber starkes Sicherheitsbedürfnis. Das war, als Sie der ersten Illusion nicht folgten.“

„Der Humanoide im offenen Raumanzug?“, vermutete Ken.

„Richtig. Ich wollte sicher gehen und verschärfte das Programm. Aber alle Reaktionen waren kyphorisch. Erst…“

„Erst was?“

„Als ich die Cheekah sah, wusste ich, dass Sie nicht kyphorisch sein können. Außerdem waren Sie überaus hilfsbereit. Die Cheekah wurden getragen, und Sie versorgten die Verletzungen der zweiten Illusion.

Das hätte erfahrungsgemäß kein Kyphorer jemals getan.

Da wusste ich, dass ich Sie in meine Nähe lassen konnte. Ich bin neugierig und wollte Sie persönlich kennenlernen.

Also nun: Was führt Sie hierher? Wie sind Sie überhaupt an die andere Transmitterkontrolle geraten?“

„Auch das ist eine lange Geschichte“, erwiderte Ken.

Er begann, von Tanya unterstützt, zu erzählen.

Nebenher fragte er sich, was es mit den Cheekah auf sich hatte. Wieso hatte diese Herrin der Urwelt bei ihrem Anblick erkennen können, dass sie keine Kyphorer vor sich hatte?

Und - warum stellte sie sich nicht selbst vor? Sie kannte die Namen der Terraner, aber ihren eigenen hatte sie noch nicht preisgegeben.

„Daten wollen Sie?“, echote sie schließlich. Dann lachte sie wieder so spöttisch, wie Ken es schon zweimal gehört hatte. „Nein. Fliegen Sie nach Terra zurück. Es reicht, dass die Daten einer Kontrolle gelöscht worden sind. Eine zweite Manipulation werde ich nicht zulassen.“

„Aber...“, wandte Ken ein, und dann packte ihn das Entsetzen. Er hatte ins Leere gesprochen!

Er befand sich nicht mehr in dem gemütlichen Raum in Basis-II. Er saß der Unbekannten, die sich Herrin des Planeten 3-GHAL nannte, nicht mehr gegenüber!

Er befand sich in seiner eigenen Kabine in der EXCALIBUR! Und er begriff nicht, wie das möglich war.

Ken trat an das Sicht-Sprechgerät der Bordverständigung. Er wollte wissen, ob er der einzige war, den die geheimnisvolle Unbekannte in seine Schiffskabine versetzt hatte.

Er rief nacheinander die anderen an. Niemand meldete sich.

Demzufolge mussten die anderen sich noch in Basis-II aufhalten.

Warum hatte die Frau nur ihn zurück versetzt? Sollte es eine Warnung sein, eine Demonstration ihrer Macht?

Die hielt Ken für überflüssig. Mit ihren Illusionen, mit welchen sie die Terraner getestet hatte, war bereits mehr als deutlich geworden, über welche Möglichkeiten und welche Macht sie verfügte.

Ken suchte die Zentrale der EXCALIBUR auf.

Der Dodekaeder-Raumer schwebte immer noch in der Nähe der Basis-II.

„Mastix, funken Sie Basis-II an. Ich brauche eine Verbindung mit Miss Genada“, verlangte Ken, der von allen Seiten angestarrt wurde wie die Inkarnation eines Geistes. Mit seinem Erscheinen hatte wahrlich keiner gerechnet, weil alle ihn noch in Basis-II wähnten.

„Nun machen Sie schon!“, forderte Ken ungeduldig, als Mastix ihn immer noch wie gelähmt anstarrte und keinen Finger rührte. „Ich bin nicht das achte Weltwunder!“

Da endlich versuchte Sven Mastix, die gewünschte Verbindung herzustellen.

Ken wartete.

Aber die Menschen in Basis-II antworteten nicht.

Auch die Herrin von 3-GHAL reagierte nicht auf die ständigen Funkanrufe. Es war wie zuvor, als sie die Basis gesucht hatten.

Doch Ken wollte sich damit nicht abfinden. Er beschloss, Basis-II ein zweites Mal anzufliegen und zu betreten. Diesmal aber mit einem Cheekah als Begleiter.

*

Der Cheekah Scee begleitete Ken. Raika und Ekkon, seine beiden Gefährten, blieben in der EXCALIBUR zurück.

Ken verschwieg dem Hybridwesen, das halb Laufpflanze und halb Reptil war, den Grund dafür, wieso er Scee mit zur Basis-II nahm. Er wollte versuchen, die Herrin der Urwelt aus der Reserve zu locken. Er wollte zeigen, dass er sich nicht so einfach hinauswerfen ließ, und er wollte sie dem Cheekah gegenüberstellen.

Sie hatte verraten, dass der Anblick der drei Cheekah draußen vor dem Schiff sie davon überzeugt hatte, keine Kyphorer vor sich zu haben!

Sie kannte also diese seltsamen Intelligenzen, die als Produkt eines genetischen Experimentes entstanden waren, dessen Urheber niemand kannte. Ken wollte wissen, ob sie umgekehrt auch den Cheekah bekannt war.

Zweihundert Meter vor der annähernd kugelförmigen Basis-II entfernt sendete Ken das Öffnen-Signal.

Das Hangarschott glitt wie erwartet auf. Niemand hinderte den Terraner daran, einzufliegen und das Beiboot neben dem anderen zu landen.

Diesmal empfing niemand die Ankömmlinge. Still schwebten die elf geparkten Dodekaeder-Raumer im menschenleeren Hangar. Auch die weißen Roboter ließen sich nicht sehen.

Der Cheekah Scee fühlte sich sichtlich unbehaglich. Er teilte sein Unbehagen Ken Randall in Form eines Gedankenbildes mit.

Der Terraner zuckte mit den Schultern.

„Tut mir leid, aber ich möchte dir jemanden zeigen und dich fragen, was du von ihm hältst“, erklärte er.

Es war für Ken kein Problem, den Raum zu finden, in dem die abrupt unterbrochene Unterhaltung stattgefunden hatte.

Scee folgte ihm auf dem Fuße.

Vor der Tür zögerte Ken. Es war einige Zeit vergangen, die er gebraucht hatte, um zurückzukehren. Was mochte sich in der Zwischenzeit hier abgespielt haben?

Er legte die Hand auf den Öffnen-Kontakt.

Die Tür glitt auf.

Niemand hinderte Ken und Scee daran, einzutreten.

Aber dann wurde der Cheekah starr. Verwirrende Gedankenbilder stürzten durch Kens Bewusstsein.

Und wie ein gefällter Baum fiel die Reptilpflanze neben ihm um, einfach so.

*

Tanya Genada, Doc Uary und die beiden Piloten waren aufgesprungen, als Ken Randall vor ihren Augen spurlos verschwunden war.

Battaglia griff sogar zur Strahlenwaffe, die an der Magnetholsterplatte hing.

Die Frau wandte nur leicht den Kopf. Keine Regung war ihr anzusehen. Aber Battaglia war nicht mehr in der Lage, seine Waffe zu berühren. Sein Arm flog hoch und zeigte zur Decke des Raumes empor.

„Verdammt, loslassen!“, keuchte der Pilot und versuchte, seinen Arm wieder nach unten zu bringen.

Wieder lachte die Frau, ein Lachen, das Ken Randall fast zu fürchten gelernt hatte. Sie warf den Kopf zurück, strich sich durch das lange, dunkle Haar und sah die Menschen der Reihe nach an.

„Man sollte meinen, ihr wärt doch Kyphorer, so aggressiv ihr seid. Und euch soll ich die Daten der Transmitterkontrolle überlassen?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ihr seid mir zu schnell mit den Waffen bei der Hand.“

Scharf fragte Tanya sie:

„Was haben Sie mit Randall angestellt, Lady Namenlos?“

„Nichts! Ich habe ihn nur in sein Raumschiff zurück versetzt, mehr nicht!“

„Wer es glaubt...“, murmelte Red Elk.

Er fasste nach Battaglias Arm und zog ihn mühelos nach unten. Da konnte der Pilot ihn auch von selbst wieder bewegen.

Keiner von ihnen schenkte den weißen Humanoid-Robotern Beachtung. Nur Tanya Genada widmete denen etwas Aufmerksamkeit. Sie fragte sich, welchen Sinn diese Maschinenkonstruktionen hatten, die nur da standen und nichts taten, die nicht einmal eingegriffen hatten, als Battaglia zur Waffe gegriffen hatte.

Die Dunkelhaarige musste das alles selbst erledigt haben!

„Verfügen Sie über PSI-Kräfte?“, fragte Tanya gerade heraus.

Die Antwort kam ohne Zögern:

„Nein.“

Die Dunkelhaarige sah sie dabei an, und Tanya spürte, dass sie nicht log. Wie aber waren die Phänomene dann zu erklären?

Sie fragte ohne Umschweife einfach danach.

Diesmal lachte die Herrin der Urwelt nicht.

„Ich halte es für überflüssig, das zu erklären. Sie sind noch nicht reif genug, das zu verstehen, so wie Sie auch noch nicht reif genug sind, das Transmitternetz zu kontrollieren! Wobei Sie offensichtlich nicht einmal im Geringsten überhaupt ahnen, welche schrecklichen Folgen das haben könnte, das funktionierende Versorgungssystem per STAR GATES zwischen den Welten des Bundes von Dhuul-Kyphora auch nur zu stören.

Damit würde niemand die Kyphorer selbst schädigen, sondern all jene, die von ihnen abhängig sind. Es würde das Leben und die Existenz unzähliger Individuen bedeuten, allesamt Unschuldige.

Allein schon von daher gesehen ist es mir völlig unverständlich, wie Sie überhaupt die andere Basis in ihre Gewalt bringen konnten. Das ist ja gerade so, wie eine Superwaffe in den Händen eines Kleinkindes!“

Tanya beschloss, solche anzüglichen Anspielungen nicht ernst zu nehmen.

Sie schoss nun ihrerseits eine Art Versuchsballon ab:

„Xybrass zeigte uns den Weg.“

Aufmerksam beobachtete sie dabei die Frau, während sie jedes einzelne Wort besonders betonte, damit ihr auch ja nichts davon entging.

Aber die Unbekannte zeigte mit keiner Regung, ob ihr der Name Xybrass bekannt war. Sie ging auch nicht weiter darauf ein.

„Sie bekommen die Daten nicht!“, blieb sie stur. „Sie können sich als meine Gäste in dieser Basis aufhalten, solange Sie nicht Ihren aggressiven Trieben nachgeben. Ich will mir nicht nachsagen lassen, eine schlechte Gastgeberin zu sein. Aber am liebsten wäre es mir natürlich dennoch, wenn Sie einfach wieder von hier verschwinden würden. Dieser Planet ist eine meiner Welten, also eine jener Welten, die mir besonders wichtig sind.“

Tanya horchte unwillkürlich auf.

„Eine...? Wie viele Planeten haben Sie denn sonbst noch unter Ihrer Herrschaft?“

„Nicht Herrschaft. Ich beobachte und beschirme sie. Und ich pflege sie. Wie ein Gärtner seinen Lieblingsgarten.“

„Und sie stationieren eine Basis in einem Vulkankegel! Ist das nicht…?“

Die Dunkelhaarige winkte ab.

„Erzählen Sie mir etwas über Ihre Beziehung zu den Cheekah“, wechselte sie das Thema. „Wie sind Sie mit den Vergessenen der Galaxis zusammengetroffen?“

Tanya lauschte den Worten nach.

Die Vergessenen der Galaxis...

Was bedeutete dieser Begriff?

Aber es war fraglich, ob die rätselhafte Herrin der Urwelt - oder besser gesagt der Urwelten? - diesbezüglich weitergehende Erklärungen abgeben würde.

Seufzend begann Tanya, von der Erstbegegnung mit den Cheekah zu sprechen. Uary und die beiden Piloten unterstützten sie hin und wieder dabei.

Die Dunkelhaarige schien ihre Umgebung vergessen zu haben und lauschte nur noch.

„Die Cheekah behaupten von sich, nicht natürlich entstanden, sondern erschaffen worden zu sein“, schloss Tanya. „Genetische Untersuchungen ergeben eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass dies der Wahrheit entspricht.

Normalerweise sind Pflanzen und tierische Karnivoren nicht miteinander zu kreuzen. Hier ist es geschehen. Jemand muss die Anzahl der Chromosomen und ihre DNS-Strukturen so manipuliert haben, dass ihr ursprünglicher Charakter erhalten blieb, sie aber aufeinander eingestimmt wurden.

Lady, Sie kennen die Cheekah? Woher wollen Sie wissen, welche Beziehung zwischen unseren beiden Völkern herrscht? Sie sind für uns gleichberechtigte Partner. Kennen Sie die Schöpfer der Cheekah? Wissen Sie um ihre Bestimmung, der die Cheekah nach philosophieren?“

„Sie fragen zu viel“, wich die Dunkelhaarige aus. „Zudem wundert es mich doch sehr, dass Sie ausgerechnet diese Hybriden als gleichberechtigte Partner bezeichnen! Wissen Sie denn nicht, was die Cheekah sind?“

„Verraten Sie es uns!“, verlangte Tanya.

Da glitt die Tür auf.

Ken Randall trat ein!

Und an seiner Seite war ein… Cheekah!

*

Die Menschen kamen nicht dazu, sich von einer Überraschung zu erholen, als es die nächste Überraschung gab.

Die Dunkelhaarige zuckte wie unter einem heftigen Schlag zusammen.

Blitzschnell wirbelte sie mit ihrem Drehsitz so herum, dass die Lehne zur Tür zeigte, und im nächsten Augenblick brach der Cheekah zusammen!

In die Humanoid-Roboter kam Bewegung. Sie eilten zu dem Cheekah hinüber.

Bevor Ken oder einer der anderen reagieren konnte, hatten sie Scee aufgehoben und trugen ihn in aller Eile hinaus, als wollten sie ihn vor etwas retten.

Tanya erhob sich, trat an den Drehsitz und fasste zu. Sie schwenkte die Dunkelhaarige wieder herum.

Die Herrin der Urwelt hatte die Augen geschlossen und atmete schwer.

„Was haben Sie mit Scee gemacht?“, schrie Ken Randall. „Wohin wird er gebracht?“

„Gehen Sie!“, verlangte die Dunkelhaarige müde. „Gehen Sie sofort! Verlassen Sie die Basis. Ich dulde Sie nicht länger hier. Sie alle!“

„Ich verlange eine Erklärung!“, beharrte Ken Randall.

Er kam auf die Dunkelhaarige zu.

Sie öffnete die Augen.

„Gehen Sie, oder ich zwinge Sie dazu!“

„Ich will...“

Tanya legte eine Hand auf Kens Schulter.

„Sie steht unter Schockwirkung“, sagte sie leise. „Es muss etwas zwischen ihr und den Cheekah geben, das wir nicht verstehen.

Komm, gehen wir einfach. Wir kommen dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder.“

„Aber wohin bringen sie den Cheekah?“, wollte Randall grimmig wissen.

„Er wird in Ihr Schiff zurück gebracht“, antwortete die Herrin der Urwelt brüchig. „Wagen Sie es niemals wieder, einen Cheekah in meine Nähe zu bringen, hören Sie? Niemals wieder!“

3

William Mavericks Pyramidenraumer IMPERATOR kreiste um den Planeten Ralion. Per Transmitter hatte Maverick Ralions Vergnügungsstadt Fragas erreicht.

Ihm gegenüber saß The-Faro. Der Kyphorer war damals politischer Oberbefehlshaber der Invasionstruppen gewesen, die das Sol-System besetzt und ihre Strafaktion gegen Terra durchgeführt hatten.

The-Faro zeigte nicht, dass er Maverick nur für einen Verräter hielt. Früher hatte er auf alle Terraner mit der Arroganz des Raubtierbändigers herabgesehen. Erst seit sie ihn zur Kapitulation gezwungen hatten, empfand er so etwas wie Respekt.

Die Terraner waren damit in seinen Augen zu einem Volk geworden, das den Kyphorern ebenbürtig sein konnte, zumindest theoretisch. Sie waren so entschlussfreudig und kämpferisch wie die Kyphorer in ihrer besten Zeit. Sie waren stolz und freiheitsliebend.

Nur in einem Punkt unterschieden sie sich von den Kyphorern grundlegend, einmal abgesehen davon, dass sie sich auf der anderen Seite der Macht befanden: Sie besaßen die Fähigkeit, ihr eigenes Volk zu verraten!

William Maverick war solch ein Verräter. Schon auf Terra hatte er sich in The-Faros Dienst gestellt und gegen seine eigene Rasse gearbeitet. Als die Kyphorer das Sol-System hatten verlassen müssen, war auch er geflohen.

The-Faro indessen hatte den Kontakt mit ihm nicht abgebrochen. Er sah gute Gründe dafür.

Schwebe-Roboter versorgten die beiden Männer mit Getränken. Sie tranken sich zu und verfolgten das Schauspiel, das ihnen auf holografischer Bühne geboten wurde und das zum Unterhaltungsprogramm dieses Lokals gehörte.

„Ich dachte, Sie seien abgemeldet“, wunderte sich Maverick. „Hat man Sie nicht Ihres Postens enthoben und in Pension geschickt oder so etwas?“

The-Faro lachte leise. Was wusste der Terraner schon davon, wie Kyphorer dachten und handelten? Ja, er ahnte noch nicht einmal im Entferntesten davon, was es bedeutete, im Bund von Dhuul-Kyphora ein echter Elite-Kyphorer sein zu dürfen wie The-Faro, sein Bruder Rhe-Faro oder auch Kar-Nol. Wie denn auch, wo es doch nicht einmal die Kyphorer selbst ahnten!

„Maverick, ich werde keinen Flottenverband mehr leiten, um andere, aufständische Welten zu bestrafen, weil ich einen solchen Auftrag nicht mehr annehmen will, nicht weil man mich in irgendeiner Weise davon enthoben hätte, aber nach wie vor bin ich der Mann, dem das Sol-System gehört. Amtsenthebung und Pensionierungen sehen bei uns etwas anders aus. Terra fällt immer noch in meine Zuständigkeit.“

Maverick hob nur überrascht die Augenbrauen und hörte weiter aufmerksam zu.

„Das Denkernetz informierte mich, dass ein Terraner von der Erde entführt worden sei. Er befindet sich hier auf dem Planeten Ralion.“

„Oh? Wie ist das geschehen? Schickt Terra neuerdings wieder Agenten in die Galaxis, womit ich eigentlich schon lange rechne, wie Sie wissen? Oder hat man endlich einen Weg gefunden, die Transmittersperre zu durchbrechen?“

„Vielleicht werden wir genau diesen Weg endlich mit Hilfe des Gefangenen finden?“, überlegte The-Faro laut. „Sie kennen ihn bestimmt. Es handelt sich um Professor Bryan Holmes.“

Es hielt Maverick nicht mehr länger in seinem Sessel.

„Holmes?“, fuhr er hoch. „Das ist doch der terranische Transmitter-Erfinder!“

„Hervorragend“, freute sich The-Faro. „Dass er wichtig ist, wussten wir. Aber dass er sogar der Mann ist, der unsere Transmittertechnologie für sein Volk noch einmal neu erfunden hat...

Unser Agent, der ihn gefangen nahm, sprach nur davon, Holmes sei verantwortlich für eine Art Sperrschaltung. Der Agent befand sich seit unserem Rückzug auf Terra, wie auch weitere unserer Leute. Es gelang ihm jetzt endlich, den entscheidenden Schlag zu führen. Wir haben Holmes in unserer Gewalt.“

„Und was habe ich damit zu tun?“, fragte Maverick. „Ich glaube kaum, dass Sie Ratschläge von mir hören wollen, was man mit Holmes anstellen kann.“

The-Faro grinste. Er war mit Sicherheit kein junger Mann mehr, nach Schätzung Mavericks.

Die Wahrheit war sogar noch fantastischer:

Er hatte allein im Verlauf der letzten zweihundert Jahre als einer der führenden Politiker des Bundes und Elite-Kyphorer sozusagen im Außendienst zahlreiche Einsätze auf fremden Welten hinter sich gebracht, und Terra war seine erste und einzige Niederlage.

Nun, dies störte ihn eigentlich nicht weiter. Er hatte den Höhepunkt seiner Karriere schon vorher x-mal erreicht. Er besaß keinen besonderen Ehrgeiz mehr nach all den Jahrhunderten, in denen er bereits lebte, aber Terra gehörte nun einmal nach wie vor ihm.

Er konnte jederzeit wieder politischer Oberkommandierender des Sol-Systems werden, zumindest so lange dieses noch existierte. Ihm war also nach wie vor daran gelegen, dass Terra nicht vernichtet, sondern dass Terra wieder für ihn geöffnet wurde. Wenn kyphorische Truppen erneut dort landeten, um zu besetzen, nicht um zu zerstören. Da war er so stur wie nur ein jahrhundertealter Kyphorer es sein konnte!

Und das Denkernetz erwartete in der Tat von ihm, dass er sich nach wie vor und maßgeblich um alles kümmerte, was mit dem Sol-System zu tun hatte. Dabei blieb der Ruf von Kar-Nol und seinen Kriegstreibern erst einmal ungehört, alles einfach von der Sternenkarte für immer verschwinden zu lassen, denn das Denkernetz des Gehirnkollektivs hatte eingesehen, dass es wichtig war, auch zu erfahren, wer es gewagt hatte, die Terraner bei ihrem Befreiungskampf dermaßen zu unterstützen. Mit Raumschiffen, die im gesamten Bund völlig unbekannt waren. Wohl genauso unbekannt wie ihre Erbauer, wie man annahm.

Es gab sogar vereinzelt die Vermutung, dass hinter dem Ganzen die Prupper steckten, die sich auf diese Weise für den gescheiterten Angriff der Kyphorer auf die Pruppergalaxie rächten. Dafür gab es zwar nicht den geringsten Hinweis, aber spekulieren durfte man ja wohl noch.

Also war es sozusagen von dreifacher Bedeutung, alles darüber in Erfahrung zu bringen, weil dies auf jeden Fall und unwiderlegbar eine permanente Gefahrenquelle auf Dauer für den Bund von Dhuul-Kyphora darstellte.

Dem konnten auch Kriegstreiber wie Kar-Nol nichts dagegen setzen.

Noch nicht!

Endlich bemüßigte er sich zu einer Antwort:

„Wir werden Holmes verhören und ihm sein Wissen über die terranische Transmittertechnik entreißen“, sagte The-Faro. „Ich bedaure, dass er damals auf >PHÖNIX< für uns unerreichbar geblieben war. Aber er ist dort letztlich doch noch ergriffen und entführt worden.“

Maverick pfiff durch die Zähne.

„>PHÖNIX< dürfte immer noch das Zentrum der terranischen Transmitterforschung sein“, vermnutete er. „Das ist…“

„Ich weiß“, unterbrach ihn The-Faro. „Sie erzählen mir nichts Neues, Maverick.“

„Ich erzähle Ihnen, dass Sie in Kürze die Terraner auf dem Hals haben werden“, behauptete Maverick. „Glauben Sie im Ernst, die sehen untätig zu? Gerade >PHÖNIX< und Holmes... Die werden Agenten hierher schicken, die Ihnen die Hölle heiß machen.

Wann fand denn eigentlich die Entführung statt?“

„Gestern“, antwortete The-Faro offen.

„Dann sind garantiert schon terranische Agenten unterwegs. Sie werden versuchen, Holmes zurückzuholen - oder zu töten, ehe er sein Wissen preisgeben kann.“

„Wir haben das Schaltgerät, das die Transmitter gegen uns abschirmt“, eröffnete ihm The-Faro.

Maverick winkte ab.

„Unsinn. Wahrscheinlich explodiert das Ding, wenn Sie es untersuchen lassen. Und Holmes ist der einzige, von dem Sie erfahren können, wie es funktioniert.

Oh, ich hätte da vielleicht eine Idee.“

„Deshalb habe ich Sie zu diesem Treffen bestellt, Maverick“, sagte The-Faro schmunzelnd. „Ich höre.“

„Sie müssen Holmes umdrehen!“

„Bitte?“ The-Faro verstand nicht.

„Drehen Sie seine Psyche um! Gehirnwäsche! Sorgen Sie dafür, dass er für uns arbeitet! Gegen Terra! Und dann spielen Sie ihn den terranischen Agenten wieder in die Hände. Sie sollen glauben, sie hätten ihn unter Mühen befreit und gerettet, nehmen ihn wieder mit nach Terra oder >PHÖNIX<, und da arbeitet er dann für Sie, statt für Terra. Und dort ahnt es niemand.“

The-Faro nickte.

„Das klingt verlockend“, gestand er. „Obwohl ich einschränkend sagen muss, dass es fraglich bleibt, ob er für uns tatsächlich von so großer Bedeutung wäre. Das einzige, was er entwickelt hat und womit er uns leider voraus ist, das ist eben diese Sperrvorrichtung.“

„Wie dem auch sei: Falls Sie auf mich hören wollen, kann ich nur empfehlen, dass diese Gehirnwäsche, also das psychische Umpolen dieses Mannes, so schnell wie möglich und dabei allerdings sehr sorgfältig geschehen muss“, sagte Maverick, ohne auf die Zweifel des Kyphorers einzugehen. „Denn man wird ihn nach seiner Rückkehr eingehend befragen und natürlich nach allen Regeln der terranischen Kunst untersuchen. Er darf durch nichts verraten, nunmehr einer von uns zu sein.“

The-Faro verzog das Gesicht. Es gefiel ihm irgendwie nicht, wenn Maverick von >uns< sprach. Immerhin war er ein Verräter. Wenn auch ein sehr wertvoller.

Maverick ließ nicht locker:

„Das Umdrehen von Holmes bringt mehr als würde ein Agent umgepolt. Niemand wird es für möglich halten, dass ausgerechnet ihr Spitzenwissenschaftler für uns arbeitet“, fuhr Maverick eindringlich fort. „Dabei sitzt Holmes genau da, wo wir ihn brauchen. Er hat das Wissen und Können. Er kann neue Schaltgeräte entwickeln, die nur angeblich sperren, die aber bereit bleiben, uns gewissermaßen auf Knopfdruck den Weg zurück nach Terra zu öffnen.

Er allein schon kann die entscheidende neue Phase einleiten, die uns wieder an die Macht spült.“

Macht über die Erde, dachte er dabei insgeheim. Macht, wie früher, als die Kyphorer das Sol-System beherrschten.

Dich nicht!, dachte The-Faro jedoch, ohne dass er es ahnen konnte. Du bist und bleibst ein Verräter, der nur nach der Prämisse handelt: Was ist für mich selbst am besten? Heute verrätst du noch Terra, morgen vielleicht schon den Bund von Dhuul-Kyphora?

„Bringen Sie Holmes nach Yoron“, empfahl Maverick. „Dann kann nichts mehr schiefgehen.“

„Was wissen Sie von Yoron?“, stieß The-Faro ehrlich überrascht hervor.

Jetzt war es Maverick, der sich ein Grinsen erlaubte.

„Man hört so einiges, wenn man mit einer Besatzung unterwegs ist, die sich aus Craals rekrutiert. Die sind ziemlich geschwätzig.“

The-Faro sah Maverick nachdenklich an.

„Was wissen Sie noch?“

„Genug, um als Terraner auf den Welten des Bundes von Dhuul-Kyphora überleben zu können“, antwortete er vorsichtig. „Ich bin ein neugieriger Mensch.“

Ein gefährlicherer Mensch als ich dachte, überlegte The-Faro indessen. Jetzt schon!

„Sie sollten Yoron möglichst schnell wieder vergessen, Maverick. Das ist besser für Sie, falls Sie jemals wieder in Kontakt mit Terranern kommen. Aber Ihre Idee ist andererseits wirklich hervorragend.“

Er erhob sich.

„Ich lasse Sie jetzt hier allein. Genießen Sie das Unterhaltungsprogramm. Und noch eines, Maverick: Wenn Sie nicht so wertvoll für mich wären durch Ihre Tipps, wie zum Beispiel diesen, wären Sie bereits tot.“

„Ich schätze Ihre Ehrlichkeit, The-Faro, aber die dahinterstehende Meinung gefällt mir nicht.“

„Das kann ich verstehen“, versprach The-Faro spöttisch. „Ich fürchte andererseits, dass Sie zu meinem Bedauern noch lange Zeit wertvoll sein werden.“

Er ging.

Maverick sah ihm nachdenklich nach. Es war nicht das erste Mal gewesen, dass The-Faro ihm die Wahrheit so brutal gesagt hatte. Aber ein Mann wie Maverick war nicht so schnell klein zu kriegen. Ihm würde schon noch rechtzeitig etwas Neues einfallen, um sich unentbehrlich zu machen.

Die Tiefen der Galaxis war nun sein neues und erklärtes Zuhause. Er durchkreuzte sie mit seinem Raumschiff und war heute hier, morgen dort. Er war nachrichtlich zu erreichen, aber schwer zu fassen.

Als Maverick sich schließlich ebenfalls erhob, um per Transmitter zu seinem Schiff zurückzukehren, verließen bald darauf auch ein gutes Dutzend Craahls ihre Plätze. Ihren Freizeitkombinationen sah man nicht an, dass sie tödliche Waffen und Robot-Blocker bei sich trugen. Noch weniger sah man ihnen an, dass sie zur Crew des Raumschiffs IMPERATOR gehörten.

Mavericks Leibwache folgte ihrem Kommandanten unauffällig.

Auf Ralion jedenfalls hatte Maverick nichts mehr verloren. Er hatte The-Faro einen Gefallen getan, und er würde bald dessen Gegenleistung entgegennehmen können, wie auch immer diese aussehen mochte.

Eine Hand wusch schließlich die andere.

Nur das, was Maverick seit der Zeit interessierte, da er Gerüchte über die Bewohner jenes Planeten gehört hatte, den er gerade empfohlen hatte, würde er weder von The-Faro noch von einem anderen Kyphorer freiwillig erhalten:

Die galaktische Position des Planeten Yoron.

*

In Sidney, Australien, ließ Seine Majestät König William C. Stanton den Chef des Terranischen Sicherheitsdienstes zu sich bitten.

„Ich habe wenig Zeit, Majestät“, erklärte Clint Fisher anstelle einer Begrüßung. Und er fügte ohne weitere Umschweife hinzu: „Was wollen Sie von mir?“

„Gibt es schon Erfolgsmeldungen von Haiko Chan?“, wollte König William wissen.

Clint Fisher musste bedauernd verneinen.

„Chan ist von >PHÖNIX< aus dem kyphorischen Agenten gefolgt. Er ist weder bisher zurückgekommen, noch hat er eine Nachricht via Transmitter geschickt. Wir müssen weiterhin abwarten.

Ich habe indessen die militärische Präsenz Terras auf >PHÖNIX< verstärken lassen. Falls die Kyphorer es schaffen sollten, eine Invasionseinheit nach >PHÖNIX< durchzubringen, werden sie im wahrsten Sinne des Wortes ihr blaues Wunder erleben.

Ich habe auch angeordnet, dass die terranischen STAR GATES stärker bewacht werden, um allen Unwägbarkeiten vorzubeugen. Drei Dodekaeder-Raumer fliegen zusätzlich im erdnahen Raum ständig Streife und sind bereit, einzugreifen und jeden Transmitter unter Beschuss zu nehmen, in dem kyphorische Einheiten erscheinen.“

William verzog den Mund. Der weißhaarige König war nicht so recht mit Fishers diesbezüglichen Anweisungen einverstanden, aber er sah selbst auch keine bessere Lösung.

„Was machen die Untersuchungen des verhafteten Kyphorers?“, wechselte William C. Stanton das Thema.

„Die physiologischen Checks sind abgeschlossen“, gestand Fisher. „Bernstein hatte mit seiner Beobachtung recht.“

„Welche Beobachtung?“

„Er beobachtete einen Kyphorer in einer Jazzkneipe“, erinnerte Fisher. „Und ihm fiel auf, dass der Bursche die Musik gar nicht vertrug, dass er häufig wie unter Schmerzen zusammenzuckte, wenn bestimmte Tonfolgen und Frequenzen erklangen.

Nun, die Kyphorer sind tatsächlich geräuschempfindlicher als Terraner, falls unser Gefangener nicht eine Mutation ist. Sie reagieren allergisch auf bestimmte Frequenzen und Dissonanzen.“

„Also ein arttypisches Verhalten?“, sann Stanton laut.

Fisher nickte.

„Das ist großartig“, rief der König. „Damit haben wir endlich eine Möglichkeit, Kyphorer zu entlarven, die sich hinter einer Maske auf der Erde befinden! Wir brauchen sie nur dieser Tonfrequenz auszusetzen.“

„Sie stellen sich das ein wenig zu einfach vor“, dämpfte Fisher seine Euphorie.

„Es wird einfach sein!“, beharrte der König. „Vor allem ist es dann nicht mehr nötig, die perfekte Überwachung weiter durchzuziehen. Wir brauchen nicht mehr jeden Menschen bis in die intimste Privatsphäre hinein sozusagen rund um Uhr bespitzeln zu lassen.“

„Was soll das heißen?“, fuhr Fisher erregt auf. „Bespitzeln ist darüber hinaus ein allzu hässliches Wort!“

„Aber es trifft haargenau den Kern dieser Sache, nicht wahr?“ Stanton schüttelte den Kopf. „Wir lassen jede Bewegung jedes Erdenbewohners überwachen. Es herrscht absolute Meldepflicht. Einer bespitzelt den anderen, weil jeder hofft, kyphorische Agenten entlarven zu können!

Das muss aufhören, Fisher. Wir haben jetzt eine Möglichkeit, Kyphorer leicht zu erkennen, und das werden wir ausnutzen.

TSD-Agenten, regionale Geheimdienste der Verwaltungsbezirke und Polizeikräfte werden mit entsprechenden Geräten ausgerüstet, mit Schallwerfern, sagen wir mal. An zu schützenden Stellen wie Fabriken, Raumhäfen und STAR GATES werden Schallprojektoren aufgestellt, die auf Frequenzen arbeiten, die den Kyphorern abträglich sind. Das dürfte ein idealer Schutz sein.“

„Es gibt Ohrenschützer“, erinnerte Fisher mit kaltem Grinsen.

„Wenn der Schall eine bestimmte Intensität erreicht, helfen die auch nicht mehr“, widersprach hingegen Stanton gelassen. „Außerdem werden grundsätzlich jegliche Ohrenstöpsel in der Öffentlichkeit verboten.

Dies zu kontrollieren an entsprechend sensiblen Kontrollpunkten dürfte das kleinere Übel darstellen. Im Gegenteil: Die Terraner werden, wie ich sie kenne, diese Art von neuem Schutz eher akzeptieren als die überbordente Bespitzelung. Denn gegen die werden sie sich eines Tages mit Recht erheben.

Noch halten sie still. Noch müssen sie die vier Jahre der totalen Unterdrückung überwinden, in denen diese Bespitzelung durch die Kyphorer normal war. Aber bald werden sie sich fragen, ob sie nicht die kyphorische Schreckensherrschaft lediglich gegen eine terranische Schreckensherrschaft eingetauscht haben.

Wollen Sie etwa auf unserem ohnedies bereits über alle Maßen hinaus krisengeschüttelten Planeten auch noch eine weltweite Revolution erleben, Fisher?“

Der TSD-Chef mit Herrscher-Ambitionen schwieg.

„Also wird es so gemacht, wie ich es Ihnen soeben dargelegt habe“, fuhr Stanton selbstbewusst fort. „Der Kronrat wird auf meine Initiative hin ein entsprechendes Gesetz verabschieden, das die Überwachung in herkömmlicher Art drastisch einschränkt.“

„Sie sind närrisch, Majestät“, warf ihm Fisher respektlos vor. „Ich werde das niemals zulassen. Und der Kronrat wird letztlich meinen Argumenten folgen, weil sie überzeugender sind und vor allem vernünftiger. Ihr Vorschlag hingegen, das ist bodenloser Leichtsinn.“

„Was werden Sie tun, Fisher, wenn die Medien über die neue Möglichkeit, kyphorische Agenten eindeutig zu identifizieren, berichten? Wenn jeder Bürger der Erde erfährt, dass es so geht und die totale Überwachung nicht mehr nötig ist?

Werden Sie stur an Ihrem überkommenen Konzept festhalten, das gut war, solange wir diese Möglichkeit nicht hatten und das ich trotzdem als der Freiheit abträglich ansehe?

Werden Sie riskieren, dass freiheitsliebende Terraner sich gegen den praktizierten Wahnsinn von Big Brother erheben und Sie vielleicht von Ihrem Stuhl fegen - und uns alle mit, die diese Bespitzelung eingeführt und gerechtfertigt oder zumindest nicht endlich eingedämmt haben?“

„Sie wollen tatsächlich damit an die Öffentlichkeit gehen, Majestät?“, knurrte Fisher mit ungläubigem Ärger.

„Ich tue es, wenn ich dazu gezwungen werde“, erklärte Stanton ruhig.

„Und ich warte erst einmal auf den offiziellen Bescheid des Kronrates“, sagte Fisher steif. „Im Übrigen bitte ich, mich jetzt zu entschuldigen, Majestät. Ich habe zu tun. Die Sicherheit der Erde lässt keine Zeitverschwendung zu.“

„Nun gut, Sie dürfen sich entfernen“, lächelte Stanton und tat dabei übertrieben großzügig, um zusätzlich zu provozieren.

Er empfand dennoch im Stillen keinen Triumph, sondern nur leichte Zufriedenheit.

Eins zu eins, dachte er.

Fisher hatte ihn zwingen können, einem Einsatz terranischer Agenten auf kyphorischen Planeten zuzustimmen. Aber diesmal hatte Stanton seinerseits wiederum Fisher ausgepunktet.

Der stille Kampf um die Macht ging weiter. Fisher würde alles daran setzen, den König zu seiner Marionette zu machen und als graue Eminenz über die Sternenföderation zu herrschen.

Er fühlt sich wohl als Kanzler, oder noch antiker ausgedrückt, als Hofzauberer, dachte Stanton. Soll er doch meinetwegen. Je sicherer er sich in dieser Rolle fühlt, desto besser für die parlamentarische Monarchie der Föderation. Aber zuweilen braucht er einen Dämpfer. Wie diesmal.

4

Nachts wurde es nie richtig dunkel. Das war das Einzige, was Tala-Tar tatsächlich störte.

Sie hoffte, dass sie sich rasch genug daran gewöhnen würde. Oder dass sie rasch genug einen anderen Planeten erreichte. Vorerst aber wollte sie sehen, was sich hier machen ließ.

Drei riesige Monde, jeder so groß wie Luna, umkreisten Yoron und reflektierten ständig das Licht der blauen Riesensonne. Am Tag war es blendend hell. Der blaue Stern strahlte unglaubliche Energiemengen ab. Einer der größten Energieverschwender der Galaxis.

Tala-Tar war nicht die Einzige, die einen Augenschutz trug. Sie wunderte sich, wie die Zwerge diese Lichtflut verkrafteten, obgleich ihre Augen doch viel größer waren. Gelb schimmerten sie, mit großen, schwarzen Pupillen, in denen eine tiefe Trauer lag. Tala-Tar hatte keinen einzigen Zwerg gesehen, der nicht traurig wirkte. Selbst wenn er lächelte.

Aber wann lächelte ein Yoroner schon?

Sie hatten alle keinen Grund dafür. Sie wurden unterdrückt, und sie hassten ihre Unterdrücker, aber sie konnten nichts gegen sie unternehmen.

Der Hass bezog sich auch auf Tala-Tar.

Dabei war sie gar keine echte Kyphorerin.

Doch auf Yoron wusste das niemand. Es durfte auch niemand erfahren, sonst war sie schneller tot als sie denken konnte. Noch schneller als die echte Tala-Tar, deren Leichnam sich irgendwo unter dem türkisfarbenen Gras der Trockensteppe befand, von ihr selbst dort verscharrt auf Nimmerwiedersehen.

Denn Sandra Torrance war in Tala-Tars Identität geschlüpft.

Sie hatte genug gelernt, um sich unter Kyphorern unentdeckt bewegen zu können. Wäre das nicht so gewesen, hätte man sie längst verhaftet und erschossen.

Als die Kyphorer vor viereinhalb Jahren das Sol-System überfallen hatten, war Sandra Torrance in den Untergrund gegangen. Sie hatte mit den Rebellen für die Befreiung der Erde gekämpft. Und eines Tages war sie durch einen dummen Zufall in Gefangenschaft geraten.

Die Kyphorer hatten nie erfahren, dass sie eine Rebellin gewesen war. Sie waren nur wieder einmal auf der Jagd nach Frauen für ihre Offiziere gewesen.

Sandra Torrance war bei The-Faro gelandet, dem politischen Oberkommandierenden, also quasi dem vom Bund eingesetzten kyphorischen Gouverneur über die Erde und das angeschlossene Sol-System.

Er erkannte nämlich rechtzeitig ihren hohen IQ und machte sie zu seiner Lehrerin, die ihm das Schachspielen beibrachte.

Sie hatte es damit besonders gut getroffen. Die Droge, die nicht süchtig, aber willenlos machte, bekam sie nur in so geringen Dosen, dass sie noch als Lehrerin auftreten konnte. Dafür brauchte sie ja immer noch ein logisch denkendes Gehirn.

Andere Mädchen verloren irgendwann durch die Drogen den Verstand. Sandra Torrance hingegen hatte es heil überstanden. Und sie hatte den Kyphorern dennoch ewige Rache geschworen.

Clint Fisher war ihr keine große Hilfe gewesen. Er hatte ihr wohl eine hervorragende Ausbildung angedeihen lassen und ihr versprochen, ihr keine Steine in den Weg zu legen. Aber das war auch schon alles gewesen.

In ihrer Gefangenschaft hatte sie Kyphorisch gelernt. Sie schrieb, las und sprach sogar mehrere unterschiedliche Dialekte annähernd akzentfrei.

So wie The-Faro von ihr das Schachspiel erlernt hatte, so hatte sie von ihm viel über den Bund von Dhuul-Kyphora erfahren. Sie konnte sich hier frei bewegen, ohne aufzufallen.

Vielleicht, dachte sie manchmal, wäre es richtiger gewesen, nicht selber in den Einsatz zu gehen, sondern stattdessen terranische Agenten auszubilden und ihnen mein Wissen mitzuteilen?

Aber sie wollte nicht auf Terra versauern.

Einmal, bei der Befreiung, hatte sie Gelegenheit gehabt, The-Faro zu erschießen. Aber das war aus Gründen schief gegangen, die sie bis heute nicht verstanden hatte. Was schützte diesen verhassten Kyphorer, was ihn nahezu unverwundbar machte?

Sie ahnte genauso wenig davon, was es hieß, ein echter Elite-Kyphorer wie The-Faro zu sein, wie fast alle denkenden Wesen in dieser Galaxis, außer natürlich den Betroffenen selbst.

Vor gut einem Vierteljahr schließlich hatte sie es geschafft. Sie war als Beibootpilotin an Bord der JEFF MESCALERO gewesen, die zusammen mit der EXCALIBUR den Planeten Cheekan erreicht hatte. Dort hatte Sandra sich illegal über den Transmitter abgesetzt.1

Sie konnte sich vorstellen, dass das weder ihren Leuten noch den Cheekah sonderlich gefallen hatte.

Aber das zählte für sie nicht. Anderes hatte für sie absolute Priorität:

Eines Tages würde sie unter anderem das letzte, angefangene Schachspiel mit The-Faro zu Ende spielen. Dann würde er wissen, mit wem er es wirklich zu tun hatte und warum. Und das Schachmatt seiner Königsfigur würde auch das Schachmatt für sein Leben bedeuten.

Höhepunkt der Rache.

Ihren einstigen Peiniger töten, mit einer angemessenen Waffe, gegen die er nicht mehr gefeit war, denn es war für sie nicht vorstellbar, dass er absolut unverwundbar blieb.

Dabei würde sie ihm entgegen schreien, weshalb er starb. Und sie würde es genießen.

Vier Jahre Fremdherrschaft hatten ihre Gefühle eingefroren, verkapselt. Sie hasste die Kyphorer, die nicht einmal davor zurückschreckten, ein ganzes Volk als Kriegerrasse einzusetzen, als Kanonenfutter in den Schlachten und Kämpfen. Was waren die Craahls denn schon mehr als auf den Tod gehorsame Kämpfer?

Nicht zu vergessen Milliarden von Terranern, die als Kanonenfutter gedient hatten beim Angriffskrieg gegen die Prupper-Galaxie. Völlig sinnlos, nur um auszutesten, wie lange die automatischen Abwehreinrichtungen der Prupper-Galaxie einsatzbereit blieben, wenn man sie punktuell nur genügend attackierte.

Ohne den Angriff dabei auch nur einen Millimeter weiter zu bringen wohlgemerkt!

Roboter wären dafür sicherlich besser geeignet gewesen, eben Roboter gegen Roboter, wenn man so wollte. Aber sie waren nicht nur erheblich teurer – die Terraner hatte man sozusagen für lau bekommen – sondern sie entsprachen laut Meinung von Sandra Torrance halt weniger der abartigen Grundeinstellung der Kyphorer.

Natürlich besaßen sie auch Kampfroboter. Aber sogar in ihren Raumschiffen waren davon nur verhältnismäßig wenige im Einsatz, sondern überwiegend Craahls, genauso wie diese als hauptsächliche Lande- und Kampfeinheiten dienten.

Weil eben billiger als Kampfroboter!

Wie viele Rassen mochten die Kyphorer außer Craahls und Yoronen noch versklavt haben?

Sandra war allerdings trotzdem keine Befreierin. Sie war vielmehr… eine Rächerin.

Auf dem Planeten Ronca-3 beispielsweise war ein ganzer Komplex von insgesamt siebzehn Großtransmittern der Lastenklasse in eine kleine Sonne verwandelt worden. Der Handelsknotenpunkt Ronca-3, der etwa drei Dutzend kyphorische Welten mit Nachschub versorgt hatte, war damit ausgefallen. Die Kyphorer hatten lange gebraucht, um zu begreifen, was geschehen war.

Auf drei Dutzend Welten suchten sie immer noch mit allen Mitteln nach dem Saboteur, der ihnen ein solches Kuckucksei ins Nest gelegt hatte. Aber als die elektronische Vernichtungsschaltung alle siebzehn Transmitter gleichzeitig in gleißende Feuerbälle verwandelt hatte, war Sandra Torrance längst bereits auf Yoron gewesen.

Sie suchten immer noch nach ihr – vergeblich!

Denn seit ihrem Aufenthalt auf Ronca-3 hieß sie offiziell Tala-Tar. Ihre ID-Card war echt. Sowohl Gehirnstrommuster als auch Fingerabdrücke stimmten.

Es war ihr nicht schwer gefallen, den Ausweis entsprechend zu präparieren und ihre Fingerkuppen zu überkleben.

Jetzt sann sie darüber nach, was sie auf Yoron noch als Terroristin unternehmen konnte. Yoron, dessen Eingeborene für die Kyphorer von eminenter Wichtigkeit waren. Zumindest für den Bereich des Geheimdienstes!

Sie stellte sich lieber nicht vor, was geschehen würde, wenn die Kyphorer entdeckten, dass eine Terranerin sich ausgerechnet auf dieser abgeschirmten Welt befand.

Es wurde Abend. Langsam ließ die Helligkeit nach, und Sandy Torrance konnte die Schutzbrille endlich abnehmen.

Sicher, sie hätte sich bestimmt eher an das helle Tageslicht gewöhnen können als an die von den drei Monden erhellten Nächte, aber sie hatte nicht vor, für immer auf Yoron zu bleiben, und wenn sie mit angepassten Augen eine dunklere Welt erreichte, war sie gehandikapt, weil sie dann nur noch quasi die Hälfte sah, wie sie vermutete.

Ihre Gesichtszüge verhärteten sich, als sie die drei Zwerge sah, die aufgeregt diskutierend an der Aussichtsplattform vorbeigingen. Große, haarlose Schädel, die wie auf der Spitze stehende Birnen aussahen, mit kindhaft großen, traurigen Augen, die im krassen Gegensatz zu der lebhaften Gestik standen.

Spindeldürre Körper, kaum höher als knapp über einen Meter, und mit großen, spinnenfingrigen Händen.

Die Wesen wirkten in ihrer Superschlankheit ungeheuer zerbrechlich, und die enge Kleidung unterstrich diesen Eindruck noch.

Sie waren harmlos.

Gefährlich waren nur die Kyphorer, die diese Wesen missbrauchten.

Seit Sandy um die ungewöhnliche Fähigkeit dieser Geschöpfe wusste, überlegte sie, wie sie den Kyphorern eine weitere demoralisierende Schlappe beibringen könnte.

Die Yoroner waren eine Art natürliche Katalysatoren!

Wer über die entsprechende Veranlagung verfügte, konnte in Gegenwart eines Yoron-Zwerges erstaunliche Dinge vollbringen: Lebensecht wirkende Illusionen, Hypnose, psychokinetische Effekte...

Man brauchte nur die Ur-Anlagen in sich selbst und einen ausgeprägten Willen, eine ausgeprägte Vorstellungskraft. So wurden sogar Kyphorer zu so etwas wie PSI-Wesen, obwohl es normalerweise keinen einzigen solchen Fall bei ihnen gab. Ja, allgemein galt bei Kyphorern PSI sogar als reine Scharlatanerie, die es überhaupt nicht geben konnte.

Nur der kyphorische Geheimdienst, der hier, auf Yoron, agierte, wusste es besser. Und natürlich die kyphorische Führung.

Doch nicht jedem gelang es. Dies traf nicht nur auf Kyphorer zu: Sandy allerdings hatte es einmal selbst versucht. Und es war ihr doch tatsächlich ebenfalls gelungen, eine Illusion zu manifestieren,

Der betroffene Yoroner wurde davon selbst nicht berührt. Er konnte gewissermaßen gar nichts dafür, musste in keiner Weise dabei aktiv werden. Es reichte, dass er einfach nur dabei anwesend war und eben als Katalysator wirkte.

Und er erschöpfte sich dadurch nicht. Er löste nur in seinem Medium etwas aus und verstärkte es!

Die Kyphorer missbrauchten die Zwerge indessen zu militärischen und geheimdienstlichen Zwecken. Sie zwangen sie dazu, ihnen zu Willen zu sein, so dass sich kein Yoroner gegen diesen Missbrauch auch nur ansatzweise wehrte, trotz des Hasses, den sie gegen alle Kyphorer insgeheim hegten.

Sandy wusste nicht, welches Druckmittel die Kyphorer besaßen, aber es war offenbar wirkungsvoll. Die Yoron-Zwerge, die weder eine technisch orientierte Zivilisation hervorgebracht hatten, noch ihre Katalysator-Fähigkeit für sich selbst benutzen konnten, waren ihren Bezwingern irgendwie hilflos ausgeliefert.

Vielleicht konnte Sandy herausfinden, womit die Kyphorer die Zwerge unter Druck setzten?

Möglicherweise gab es da sogar einen Ansatzpunkt?

Vielleicht konnte sie zumindest eine Aktion, die mit Hilfe der Yoroner durchgeführt wurde, empfindlich stören?

Immerhin wusste sie jetzt, dass sie die Veranlagung besaß, selber die Katalysator-Kraft der Zwerge zu benutzen. Und ihr Wille war stark genug, sich durchzusetzen.

Es gab beim Missbrauch der Yoroner für die Kyphorer nur eine einzige Einschränkung: Wenn die Kyphorer etwas mit Hilfe der Yoroner bewirken wollten, mussten sie das auf Yoron tun. Yoron-Zwerge waren nämlich aus unerfindlichen Gründen nicht in der Lage, außerhalb ihres Planeten zu überleben.

Auch das war ein Phänomen, das Sandy unbekannt und unerklärlich war.

Fakt blieb: Entführte man einen Zwerg von seinem Planeten, verkümmerte er und starb.

Es musste irgendetwas geben, das diese Geschöpfe benötigten, was sie aber nur hier auf Yoron erhalten konnten.

Aber was?

Wenn Sandy es herausfand, konnte sie vielleicht damit etwas anfangen.

Und außerdem: War denn vielleicht genau das der Grund für ihre Unterwürfigkeit, weil die Kyphorer ihnen damit drohten, sie ansonsten einfach zu deportieren, wobei sie elend ums Leben kommen würden?

Ja, genau das konnte der Ansatzpunkt sein, nach dem sie suchte…

Die drei sich unterhaltenden Zwerge mit den überproportional großen Köpfen verschwanden in der Ferne. Dort standen ihre einfachen Hütten mit den spitzen Kegeldächern.

Sandy zuckte nicht zusammen, als ein Kyphorer neben ihr erschien.

„Tala-Tar, wir werden in den nächsten Stunden wieder etwas zu tun bekommen“, eröffnete Bron-Tüd. „Man schickt uns jemanden, der verhört und geistig umgepolt werden soll. Können Sie dabei helfen?“

Sie wandte den Kopf und sah ihn an.

„Es ist schon ziemlich spät“, meinte sie ausweichend. „Heute habe ich aigentlich nicht mehr vor, zu arbeiten.“

„Es eilt“, beharrte jedoch Bron-Tüd. „The-Faro, der im System Sol kapitulieren musste, hat wohl seine Hände im Spiel. Er macht es dringend, und immerhin sorgt seine hohe politische Stellung dafür, dass wir uns dem nicht entziehen können.“

„Mir egal“, sagte Sandy leichthin. „Ich jedenfalls habe für heute Dienstschluss.“

Ihre Gedanken überschlugen sich jedoch, ohne dass sie sich etwas anmerken ließ:

The-Faro, ihr ärgster Feind!

„Dienstschluss?“, dehnte Bron-Tüd. „Tala-Tar, ich habe Sie eigentlich bisher noch niemals arbeiten sehen. Weshalb hat man Sie dann überhaupt hierher nach Yoron geschickt?“

„Niemand hat mich geschickt“, antwortete sie verstimmt. „Ich bin aus eigenem Interesse hier. Ich will herausfinden, ob die Zwerge nicht noch stärker belastbar sind. Ich möchte ihre Variationsbreite erforschen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in diesen verhältnismäßig großen Köpfen nur die Möglichkeit schlummert, als Para-Katalysator benutzt zu werden. Deshalb bin ich hier.

Wussten Sie das nicht?“

Sie sah ihn an. Ihr Gesicht blieb ausdruckslos.

Es war die Story, die sie sich zurechtgelegt hatte. Niemand hatte sie nach ihrer Legitimation gefragt, als sie nach Yoron gekommen war. Später erst hatte sie erfahren, weshalb das so war. Wer nach Yoron kam, gehörte zu den Eingeweihten!

Niemand konnte einfach hingehen und sagen:

„Ich will eine Transmitterpassage nach Yoron!“

Die einzustellenden Sondernormen der STAR GATES auf Yoron waren geheim und wurden nur auf besondere Aufforderung höherer Stellen justiert. Sie zufällig zu erreichen, war im galaktischen Netz praktisch unmöglich.

Sandy hingegen war trotzdem zufällig hierher gekommen, als sie Ronca-3 verlassen hatte. Bevor sie die siebzehn Transmitter mit der Zeitzünderschaltung gesprengt hatte, war von ihr eines der Lasten-SG auf eine ungebräuchliche Norm eingestellt worden. Einfach so. Dorthin hatte sie sich transitieren lassen wollen – und es hatte tasächlich genauso geklappt, auf Anhieb und somit rechtzeitig vor der großen Katastrophe, die sie hinterlassen hatte!

Ja, ausgerechnet hier auf Yoron war sie dadurch angekommen, in einem der beiden einzigen Lasten-SG, von denen nur eins auf die gleiche Norm eingestellt gewesen war.

Eine völlige Unmöglichkeit eben – eigentlich. Zumindest jedoch ein Zufall, wie er kaum hätte größer sein können, wusste sie inzwischen. Aber es half nichts, sich zu fragen, wie es trotzdem möglich geworden war, zumal sie die Gelegenheit leidlich ausnutzen musste.

Dabei versuchte sie, sich selbst einzureden, wie es letztlich zustande gekommen war:

Bevor sie nämlich seinerzeit an Bord der JEFF MESCALERO gegangen war, um das Schiff später auf Cheekan zu verlassen, hatte sie sich in einer stillen Stunde in der Basis einen Überblick über das galaktische Transmitternetz der Kyphorer verschafft. Sie hatte von der Transmitterkontrolle einige Normen abgerufen und diese auswendig gelernt.

Sie wusste dabei nicht einmal, wo in den Tiefen des Weltraums sich die dazugehörigen Planeten befanden, ob sie in unmittelbarer Nachbarschaft der Erde oder am anderen Ende der Galaxis waren.

Hinter mancher Norm hatte sich ein Zeichen befunden, das sie damals nicht verstanden hatte. Jetzt wusste sie, dass es ein Sperr-Symbol war, ergo handelte es sich hierbei um Sondernormen, wie sie eigentlich völlig ungebräuchlich waren im Netzwerk.

Dass sie ausgerechnet eine Norm gewählt hatte, die mit einem solchen Sperr-Symbol versehen gewesen war, und dann ausgerechnet diese eine Norm, die letztlich zum Erfolg geführt hatte…

Ja, genau das war die eigentliche Unmöglichkeit dabei.

Und sowieso:

Die Transmitterkontrolle der Basis war die große Ausnahme. Von hier aus ließ sich alles steuern, ließen sich alle Daten abrufen und ausrechnen. Vor Ort und somit in der Praxis sah es dann wiederum völlig anders aus.

Aber niemand hatte Sandy andererseits aktiv daran hindern können, die Yoron-Norm einzustellen, weil sie die Transmitteringenieure, die die Programmierungen normalerweise vornahmen, erschossen hatte. Dann hatte sie eben einfach Yoron eingestellt und war verschwunden, ohne zu ahnen, welchen Planeten sie erreichen würde.

Das hatte sie erst erfahren, als sie schon da gewesen war.

Und wieso hatte bei ihr die Sicherheitsschaltung des Stationscomputers bei der Eingabe versagt, der ja dafür sorgen sollte, dass eine gesperrte Norm natürlich für jedermann gesperrt blieb, egal, ob die Transmitteringenieure noch lebten oder nicht, zumindest so lange es keine Freigabe gegeben hatte von höherer Stelle?

Allein schon der Stationsalarm, von ihr bei der Ermordung der Transmitteringenieure ausgelöst, hätte die Eingabe verhindern müssen!

Als hätte jemand die Terroristin heimlich bei ihrem Tun beobachtet und genau rechtzeitig für diese Freigabe gesorgt!

Mehr noch:

Als hätte dieser unsichtbare Jemand sie entsprechend beeinflusst, damit sie ausgerechnet diese eine Norm eingeben musste und keine andere!

Wie auch immer:

Hier auf Yoron hielt man sie auf jeden Fall für eine Eingeweihte. Sie gehörte dazu, denn sonst wäre sie nicht hier.

Wiederum zeigte sich der katastrophale Leichtsinn der Kyphorer, aus der Sicht der Terroristin gesehen. Den hatten sie ihres Erachtens nach ja schon auf der Erde immer wieder unter Beweis gestellt.

Waren sie zu dekadent, um misstrauisch genug zu sein? Konnten sie nicht mehr >um mehrere Ecken denken<? Sie mussten doch damit rechnen, dass sich terranische Agenten in das Netz einschleusten!

Oder verließen sie sich einfach nur auf die militärische Macht ihrer Craahl-Truppen, mit denen sie jeden Widerstand zerschlagen zu können glaubten?

„Ich wusste es nicht“, hörte Sandy den Kyphorer sagen. „Es ist ungewöhnlich. Sie unterstehen also nicht dem Befehl des Stützpunktkommandanten?“

„Nur mit Einschränkungen“, erklärte sie. „Es gilt das Prinzip der Freiwilligkeit. Aber gut, einverstanden: Erzählen Sie mir etwas über den Gefangenen, der behandelt werden soll. Warum wollen Sie mich überhaupt mit dabei haben?“

Bron-Tüd berührte mit dem Finger die ID-Plakette an ihrer Brust.

„Sie sind frisch und unverbraucht. Sie sind noch nicht lange hier, Tala-Tar. Die meisten Offiziere verkraften die Entfesselung von katalysierten Para-Kräften nicht, zumindest nicht auf Dauer. Sie werden der Sache müde, oder sie bekommen Furcht davor, mit aller Kraft zu arbeiten. Die Ergebnisse lassen dann zu wünschen übrig. Deshalb nimmt der Kommandant für wichtige Dinge gern... na, frisches Blut.“

„Aha“, sagte sie, und dann erinnerte sie ihn: „Sie wollten mir doch etwas über den Gefangenen erzählen.“

„Ich weiß selbst nichts. Nur das eine: The-Faro hat persönlich die Anweisung erteilt.“

„The-Faro ist auf Yoron?“

Sie bemühte sich, ihre innerliche Erregung nicht zu zeigen.

„Nein.“

Sie entspannte sich wieder und bedauerte es, denn es wäre eine Gelegenheit gewesen, dem verhassten Feind jetzt schon entgegen zu treten. Er würde sie noch nicht einmal erkennen. Selbst wenn er sich die markantesten Züge seiner damaligen Schach-Sklavin gemerkt hatte. Sandy hatte Maske gemacht, und diese Maske war perfekt. Sie unterschied sich äußerlich in nichts von genau der kyphorischen Frau, deren Rolle sie übernommen hatte.

Aber wenn The-Faro sich sowieso gar nicht selbst auf Yoron befand... Nun, vielleicht konnte sie dabei zumindest herausfinden, wo er sich aufhielt?

Aber nicht jetzt. Das war zu auffällig, und auffällig durfte sie nicht werden. Ihr selbst geschaffener Sonderstatus reichte schon, den niemand überprüfen konnte, weil sie von einem Planeten gekommen war, auf dem alle siebzehn STAR GATES wenig später zu einem riesigen Feuerball geworden waren, der eine ganze kyphorische Handelsstadt verschlungen hatte.

Wichtig war hier nur, dass niemand auf die Idee kam, sich eines Zwerges zu bedienen und ihr Unterbewusstsein zu erforschen. Sie verfügte dank Fishers Spezialisten über eine posthypnotische Sperre in ihrem Gehirn, die sie mit einem Schaltwort aktivieren konnte. Dann vergaß sie sogar ihre Herkunft. Eine Sicherheitsmaßnahme, die ihr bei einer Gefangennahme unter Umständen das Leben retten mochte. Aber gegen Para-Kräfte, die für sie unerklärlich blieben, war das bestimmt kein ausreichender Schutz.

„Helfen Sie mir?“, wollte Bron-Tüd erneut wissen.

Sie lächelte ihn freundlich an.

„Fragen Sie mich noch einmal, wenn der Gefangene eingetroffen ist, ja?“

„Gut“, sagte er zögernd und wandte sich ab. „Nun, ich weiß ja, wo ich Sie finde.“

Sie sah ihm nach.

Ein Kyphorer!

Ein Wesen mithin, das eine andere Rassen ausbeutete und ihre Angehörigen zwang, ihm zu Willen zu sein.

Ein Wesen mithin, das eiskalt über eine geplante Gehirnwäsche mit Para-Kräften sprach!

Ein Wesen zudem, das sie töten würde, wenn ihr die Klugheit nicht geböte, abzuwarten.

Denn Wesen dieser Art hatten Terra geknechtet.

Sie hasste sie so sehr wie man nichts sonst in diesem Universum hassen konnte.


  1. Siehe Band 177/178: „Cheekan“ von W. K. Giesa und Wilfried A. Hary

5

Ken Randall hatte Basis-II nicht verlassen. Doch damit widersetzte er sich der ausdrücklichen Anweisung der Dunkelhaarigen, die unmissverständlich verlangt hatte, dass alle zu gehen hätten.

„Ich bleibe hier“, beharrte Ken. „Ich will noch einmal versuchen, Lady Namenlos zu überreden. Dass wir die ganze Basis erhalten, wie wir es uns vielleicht anfangs erträumt haben, dürfte ausgeschlossen sein. Aber sie sollte wenigstens die Daten für die Transmitterkontrolle herausrücken.“

„Hoffentlich machst du damit nicht alles noch schlimmer!“, warnte Tanya Genada ihn. „Es hat schon gereicht, dass du Scee her brachtest. Wahrlich, eine warhaft umwerfende Reaktion auf beiden Seiten war das gewesen.“

Da war er wieder, der alte Spott von einst. Dennoch war alles längst ganz anders.

Tanya, Doc Uary und die beiden Piloten zwängten sich in ein Beiboot. Der andere linsenförmige Kleinraumer blieb in Basis-II zurück. Er wartete auf Ken Randall.

Ken suchte die Zentrale der Station auf. Weiße Humanoid-Roboter befanden sich hier, die seine Anwesenheit zwar registrierten, aber nichts gegen ihn unternahmen, als er sich provozierend in den Kommandosessel fallen ließ.

Er war sicher, dass die Herrin des Planeten über kurz oder lang hier auftauchen würde. Wahrscheinlich unterrichteten die weißen Robots sie bereits über Funk, dass einer der Terraner die Station nicht verlassen hatte.

Was, dachte Ken amüsiert, wird Clint Fisher sagen, wenn wir nur mit der EXCALIBUR zurückkehren? Fisher rechnet doch sicher insgeheim schon damit, dass wir mit der kompletten zweiten Basis und ihren Raumschiffsflotten heimkehren.

Er lehnte sich zurück und wartete ab.

Noch tat er nichts. Er hatte Zeit und Geduld. Er wollte sich der Dunkelhaarigen gegenüber eine Position der Stärke verschaffen.

*

Zwei weiße Robots hatten den Cheekah Scee inzwischen zurück in die EXCALIBUR gebracht und warteten aus ungewissen Gründen erst einmal ab, bevor sie sich wieder auf den Rückweg in Richtung Bodenschleuse machten, als Tanya und die anderen bereits in den Beiboothangar einflogen.

Scee war immer noch ohne Bewusstsein. Die beiden anderen Cheekah umstanden ihn.

Doc Uary ergriff die Initiative.

„In die Medo-Station mit ihm. Ich werde ihn untersuchen. Wahrscheinlich hat er einen Schock erlitten.“

„Wissen Sie denn, wie man einen Cheekah behandelt, Doc?“, staunte Lew Scott, der 2. Offizier.

„Es gibt nichts, was ein Eskimo nicht kann!“, behauptete Uary. „Meine Vorfahren waren Schamanen, Scott!“

Tanya Genada hatte derweil eine andere Idee. Es reizte sie, mehr über die weißen Roboter-Kolosse zu erfahren. Die Gelegenheit war günstig. Warum sie sich so brennend für diese Konstruktion interessierte, konnte sie selbst nicht sagen.

Sie kehrte auf dem schnellsten Weg zurück in die Zentrale und wandte sich an Tanith Callahan.

„Tanith, besteht die Möglichkeit, die beiden Robots zu untersuchen, solange sie sich noch im Schiff befinden? Nur muss das unauffällig vonstatten gehen. Und so schnell wie möglich, denn viel Zeit bleibt uns nicht mehr, wie du selber siehst. Die brechen gerade auf, um zur Bodenschleuse zurückzukehren, wo sie per Antigravfeld auf die Planetenoberfläche gelangen.“

„Oh!“, machte Tanith. „Du traust diesen weißen Nachtgespenstern also auch nicht über den Weg?“

„Nachtgespenster?“ Tanya lachte. „Hoffentlich sind es nicht wirklich welche! Bei den Illusionen, mit denen wir es bisher auf 3-GHAL zu tun hatten, glaube ich allmählich gar nichts mehr. Vielleicht ist auch Basis-II nur eine Illusion?“

„Wir könnten sie noch hier, auf dem Weg zur Hangarschleuse, mit einem Durchleuchter scannen“, sagte sie. „Wir untersuchen sie unter anderem mit Ultraschall. Reicht dir das, um ihren konstruktiven Aufbau zu erfahren? Ihre Programmgehirne werden wir damit allerdings nicht analysieren können.“

„Müsste vorerst reichen. Also los!“

„Weshalb sind Sie so daran interessiert?“, wollte Scott indessen wissen. „Es sind doch nur Roboter, und so wie sie aussehen, nicht einmal Kampfmaschinen.“

„So, wie sie aussehen... Ich kann die Bitte Tanyas sehr gut nachvollziehen: Für mich haben sie eine verblüffende Ähnlichkeit mit Menschen in schweren Taucher- oder Raumanzügen“, antwortete Tanith. „Sie bewegen sich auch nicht sehr roboterhaft. Ich weiß nicht, ob ihr versteht, was ich meine. Es fällt mir halt nur auf, ohne dass ich es richtig erklären kann. Sie bewegen sich anders als die Maschinen, die wir selbst bauen oder von den Kyphorern kennen.“

„Es sind ja wohl auch keine kyphorischen Roboter“, bemerkte Scott trocken.

Tanith Callahan indessen kannte die Tronic der EXCALIBUR wie kaum ein anderer Mensch. Berufsbedingt hatte sie sich schon damals, als sie die Basis-I entdeckt und wenig später auch die Raumschiffe gefunden hatten, mit diesen Rechengehirnen auseinandergesetzt. Sie hatte relativ schnell herausgefunden, was alles von der Tronic aus gesteuert werden konnte, und wie. Das Schulungsprogramm der Basis hatte ihnen allen nur verraten, wie man den Raumer flog, aber nicht, was sich an technischen Feinheiten darin befand. Die hatte Tanith sich selbst erarbeitet.

Sie saß am Tronic-Terminal. Ihre Finger wirbelten virtuos über die Sensortasten und gaben Befehle ein.

Aufmerksam und gespannt sahen Tanya und Scott zu. Was Tanith ihnen hier demonstrierte, war für sie neu.

„Es ist soweit: Wenn gleich das Bodenschott geöffnet wird, erzeugt die EXCALiBUR wie üblich das Antischwerkraftfeld, in dem die beiden Roboter bis auf den Planeten hinabsinken, nicht wahr?“, erklärte Tanith.

Scott nickte.

„Das ist an sich nichts Neues. Wo ist der Trick?“

„Ich habe den Antigravstrahl ein wenig manipuliert“, fuhr Tanith fort. „Schwerkraft ist seit ein paar Jahren endlich kein unlösbares Phänomen mehr, und von den Kyphorern haben wir sowieso jede Menge darüber lernen können, ohne dass es diesen bewusst wurde.

Hinzu kommt das, was ich hier an Bord bereits in Erfahrung brachte. Demzufolge kann ich mit den Antigravprojektoren ziemlich gut arbeiten, wie ich meine.

Sie werden jetzt jedenfalls ultrakurze modulierte Wellen improvisieren, die die Roboter nur bemerken werden, wenn sie darauf geeicht sind, auch die winzigsten Schwerkraftschwankungen wahrzunehmen. Ein Mensch spürt überhaupt nichts davon.

Aber mit diesen Wellen können wir nicht nur eine Art Ultraschall erzeugen, sondern auch auf reiner Schwerkraftbasis die Robots regelrecht durchleuchten. Die Impulse werden dabei von ihrer Struktur verändert und diese Veränderung von den Projektoren zurückgezeichnet und ergeben das gewünschte Bild.“

Das Bodenschott war bereits geöffnet worden.

Zwei Roboter sanken aus dem schwebenden Dodekaeder-Raumer in die Tiefe, so wie sie vorher mit dem Cheekah emporgeschwebt waren.

Sie näherten sich dem Rand des Vulkankraters, in dem die Basis-II lag.

Plötzlich wurden sie von einem externen Fesselstrahl erfasst und waagerecht auf eine Schleusenöffnung der Basis zu gezogen.

„Verflixt!“, stieß Tanith hervor. „Hoffentlich war das nicht zu früh.“

„Ich habe die Energiewerte des Fesselstrahls“, meldete sich Rudolfe Calaroni von der Ortung unaufgefordert. „Der Strahl arbeitet mit etwa dreitausend Kilowatt. Das ist wenig.“

„Wie man es nimmt“, kommentierte Tanya.

„Der Fesselstrahl, der uns anfangs im Weltraum erwischte und auf den Planeten hinunter riss, hatte eine Energieleistung von rund 35 Milliarden Kilowatt!“

Plötzlich verstand sie, warum Calaroni im ersten Erschrecken behauptet hatte, jemand setze die Energie einer Sonne ein. Diese Äußerung war zwar übertrieben, aber terranische Kraftwerke waren nicht in der Lage, solche Strommengen schlagartig zu erzeugen.

Von Energieverschwendung hatten die Konstrukteure des Fesselstrahlprojektors wohl noch nie etwas gehört.

„Da verschwinden sie in der Basis, die beiden Roboter“, meldete Scott unbeeindruckt.

Die Bildschirme zeigten es ihnen gestochen scharf und in Vergrößerung.

„So, dann wollen wir mal sehen, was unsere Durchleuchtung im Antigravstrahl erbracht hat, bevor die beiden Roboter leider vom Fesselstrahl erfasst wurden“, murmelte Tanith wie zu sich selbst gewandt.

Wieder gab sie Befehle ein.

Zwei holografische Bildschirme wurden umgeschaltet. Aus verschiedenen Perspektiven zeigten sie die Roboter.

Sie wurden transparent.

Nicht so transparent, wie Tanya Genada es sich gewünscht hätte, aber immerhin ließ sich erkennen, wie das Metallskelett geformt war, wo die Motoren saßen, die den Robots die ungeheure, ruckfreie Beweglichkeit ermöglichten.

„Da, die Kugel, das muss das Programmgehirn sein!“, behauptete Tanya. „Abgeschirmt!“

„Natürlich“, nickte Tanith. „Aber - aber was ist das da?“

Sie zeigte auf eine andere Stelle.

Da zuckte auch Tanya wie unter einem Stromstoß zusammen.

Im Oberkörperteil des Roboters befand sich etwas - Organisches!

„Ein in den Robotkörper verpflanztes Gehirn eines Lebewesens?“, stieß Scott erschrocken hervor.

„Vergrößern! Kontraste verstärken!“, verlangte Tanya.

Aber das ließ sich nicht machen. Die Durchleuchter-Technik zeigte hier ihre Grenzen auf.

Und wie ein Gehirn sah das Organische sowieso nicht aus. So große Gehirne waren unwahrscheinlich. Das Objekt besaß eine Länge von über einem Meter und eine sehr gut durchorganisierte äußere Form!

Es konnte eigentlich nur eines bedeuten:

Im Inneren des humanoiden >Roboters< befand sich ein Lebewesen!

6

Auch wenn der Zentralrechner der Basis ohne seinen Datenpool tot war und weder Transmitterkontrolle noch Funk sich benutzen ließen, war die Basis kein riesiger Schrottklumpen, der die Erde umkreiste. Die Lebenserhaltungssysteme liefen mit einem separaten Notprogramm, und nach wie vor konnten die Dodekaeder-Raumschiffe ein- und ausgeschleust werden.

Auch andere Raumboote hielten den Kontakt mit der Basis.

Von Australien aus war ein Shuttle gestartet, das einen Spezialisten des TSD zur Basis brachte. Franco Sabaldi, 31 Jahre alt, war in Clint Fishers Sonderauftrag unterwegs. Außer Fisher wusste niemand, was Sabaldi erledigen sollte.

Der Trentiner mit dem schneeweißen Haar und den weißen Augen, dem man Kontakte zu verbrecherischen Organisationen nachsagte, ohne ihm jemals kriminelle Handlungen beweisen zu können, war der richtige Mann für Jobs dieser Art. Jeder andere hätte behauptet, der Versuch sei aussichtslos, aber Sabaldi wusste einfach, dass er es schaffen würde:

„Bringen Sie uns Informationen über den Bund von Dhuul-Kyphora. Über wichtige Stützpunkte. Über den zentralen Regierungsplaneten der Kyphorer. Über die Pläne der kyphorischen Regierung. Und - wenn dabei die Kyphorer etwas Schaden erleiden, ohne dass der Verdacht sofort auf Terra fällt, ist das auch nicht unerwünscht. Falls es Verbündete und Hilfsvölker gibt, lenken Sie den Verdacht auf diese.“

Mit einem Wort: Sabaldi wurde als Troubleshooter ausgesandt!

Er begann ohne Konzept, ohne Vorbereitung. Die Informationen, die er zum Handeln brauchte, musste er sich erst selbst besorgen. Was er benötigte, befand sich in seinem Einsatzkoffer: Eine komplette Maskerade, mit der er sich als Kyphorer oder auch als Craahl ausgeben konnte.

Das Shuttle flog in einen der Basis-Hangare ein, setzte Franco Sabaldi ab und lud Vorräte aus. Dank des Ausfalls des Zentralrechners war nicht gesichert, wie lange die bordeigene Versorgung der Basis ihre Besatzung noch mit Lebensmitteln versorgen würde. Vorsichtshalber legte man eben einen Notvorrat an.

Sabaldi nickte den Frauen und Männern freundlich zu, die mit den Ladearbeiten beschäftigt waren, und verließ zielstrebig den Hangar.

An der Kontrolle ließ er die Überprüfung über sich ergehen. Er wusste, dass er im gleichen Moment in der Zentrale der Basis als Besucher registriert wurde - in einem terranischen Computer, den man in aller Eile installiert hatte.

Noch existierte überall die aufwändige Überwachung, die König William so schnell wie möglich abschaffen wollte, um die endgültige Entwicklung zu einem weltweiten Polizeistaat letztlich doch noch zu verhindern. Aber in Einrichtungen, die teilweise militärischen Zwecken dienten, wie die Basis mit ihren Raumflotten, würden diese scharfen Kontrollen wohl auch weiterhin durchgeführt werden.

Sabaldi berührte das nicht. Er rechnete damit, dass er nicht vor Ablauf eines halben Jahres von seinem Einsatz zurückkehren würde. Vielleicht würde er sogar noch für länger auf sich allein gestellt sein. Möglicherweise gab es für ihn auch überhaupt keine Rückkehr mehr - das war sein Berufsrisiko.

An der Kontrolle war er nach dem Zweck seiner Anwesenheit gefragt worden.

„Informationsbeschaffung“, behauptete Sabaldi kühl und sagte damit nicht einmal die Unwahrheit. Der Wortlaut entsprach zugleich der Funknachricht, mit der Sabaldis Eintreffen von der TSD-Zentrale in Sidney, Australien, angekündigt worden war. Damit hatte also alles seine Richtigkeit.

Franco Sabaldi, der mit seinen durch eine Mutation hervorgerufenen weißen Pupillen unheimlich wirkte, hielt sich nicht lange auf. Sein Weg führte direkt in die Himmelskuppel der Basis. Dort, an der >Spitze< des kugelförmigen Objektes, befand sich die riesige Aussichtsplattform, die von einer noch riesigeren Klarsichtkuppel überspannt wurde und Ausblick auf das Meer der Sterne bot.

Sabaldi erreichte den hier positionierten Transmitter. Das kleine STAR GATE gehörte nicht zum galaktischen Netz. Es besaß nur eine einzige Gegenstation. Die stand in einer Schlucht auf dem Planeten >Trick Stop<.

Inzwischen befanden sich wieder Kyphorer auf dem Planeten. Sie waren auf den Transit >PHÖNIX<->Trick Stop< aufmerksam geworden, aber sie hatten das One-Way-STAR GATE nie gefunden, so hoffte wenigstens Clint Fisher, und mit ihm Sabaldi. Feststellbar war es nicht, denn das Gerät in der Basis war blockiert worden. Dadurch konnte sowieso kein Kyphorer mehr überraschend in der Basis auftauchen.

Umgekehrt war es allerdings durchaus möglich.

Sabaldi musste damit rechnen, von waffenstarrenden Söldnern in Empfang genommen zu werden, falls die Kyphorer das dortige STAR GATE entdeckt und die Fallen überwunden hatten. Aber das war sein Risiko.

Er war in der großen Aussichtshalle allein.

Es ging alles blitzschnell.

Mit wenigen Handgriffen legte er die vorbereitete Gesichtsfolie an, die hauchdünn war und sich sofort mit seinem Blutkreislauf verband. Seine Kleidung wechselte Sabaldi nicht. Das war in der Rolle, die er spielen wollte, nicht vorgesehen.

Seine Augen vergaß er nicht: Kontaktlinsen verliehen ihnen Farbe.

Dann nahm er verschiedene kleine Geräte aus dem Einsatzkoffer, legte den Waffengurt mit dem kyphorischen Blaster an und ließ alles zurück, was ihn als Terraner verraten konnte.

Auch seine ID-Card.

Den kleinen Koffer deponierte er an einer Stelle, wo er bald gefunden werden konnte. Er hatte nicht vor, sein Verschwinden geheimzuhalten.

Fisher hatte bereits eine Ausrede parat. Franco Sabaldi hatte sich halt entgegen ausdrücklich anders lautendem Befehl abgesetzt.

Um seine Rückkehr, irgendwann, machte er sich keine Gedanken.

Er glich jetzt einem Kyphorer in terranischer Kleidung.

Mit wenigen Handgriffen löste er die Blockierung des STAR GATES, trat in den Gitterkäfig und klebte eine in allen Regenbogenfarben schillernde Folie außen an das Gitter.

Dann schloss er die Tür.

Das STAR GATE sendete automatisch.

Franco Sahaldi fand sich im gleichen Moment in der Gegenstation auf dem Planeten >Trick Stop< wieder.

In der Basis explodierte direkt nach seinem Verschwinden die Regenbogenfolie und verformte einen Teil der feinmaschigen Pyramidenkonstruktion.

Das Gerät war dadurch vorerst unbrauchbar geworden.

Damit war dem TSD-Spezialisten der Rückweg in die Basis auf dem gleichen Weg abgeschnitten - aber auch den Kyphorern und Craahls!

Sabaldi sah sich um. Nichts deutete darauf hin, dass das STAR GATE in der Zwischenzeit entdeckt und besetzt worden war.

Erleichtert atmete er auf.

Trotz allem war seine Sicherheitsmaßnahme richtig gewesen, denn er würde vielleicht irgendjemandem erklären müssen, wie er hierher gekommen war, um dadurch dann doch noch das STAR GATE zu verraten.

Der TSD-Spezialist verließ die Pyramide und trat in die Schlucht hinaus.

Rechts und links ragten die Felswände steil empor. Darüber glitzerte der Sternenhimmel mit unbekannten Konstellationen. Ein Astronom hätte vielleicht mit einem leistungsfähigen Computer anhand dieser Sternbilder errechnen können, wo in der Galaxis sich der Planet überhaupt befand, vielleicht aber auch nicht.

Sabaldi war kein Astronom. Er interessierte sich auch nicht für die galaktische Position dieses oder eines anderen Planeten. Für die STAR GATES zudem spielten Richtungen und Entfernungen sowieso keine Rolle.

Sabaldi lächelte. Er atmete die frische, würzige Luft des Planeten ein. Es war kühl.

„Nun, lange werden sie mich nicht warten lassen“, überlegte er. „Es sei denn, sie haben es inzwischen aufgegeben, zu warten und zu suchen und >Trick Stop< wieder geräumt.“

Das wäre nur in einem Punkt schlimm gewesen: Er würde das >normale< STAR GATE zu Fuß erreichen müssen, und das konnte Tage oder Wochen dauern. Von dort aus erreichte er dann mühelos per Transit die kyphorische Zivilisation.

Er war gespannt darauf, wie sich Theorie und Praxis zueinander verhielten.

Er drückte auf den kleinen Stift an dem Armband-Multigerät. In diesem Moment begann es, einen Peilton zu senden. Wenn es Kyphorer auf diesem Planeten gab, würden sie den Ton auffangen und Sabaldi finden.

Er beschloss, bis zum Morgengrauen zu warten. Wenn sie dann noch nicht kamen, wollte er sich auf den langen Marsch machen. Die Position des auf diesem Kontinent befindlichen STAR GATES war ihm ja bekannt.

Nach nicht ganz einer Stunde sah er die blinkenden Positionslichter des sich nähernden Schwebers.

*

Er konnte nicht behaupten, dass sie ihn schlecht behandelten. Im Gegenteil - er bekam seine regelmäßigen Mahlzeiten, und wenn er Wünsche äußerte, wurden sie ihm gewährt - sofern nicht Sicherheitsbestimmungen dagegen sprachen. Wollte er Unterhaltung, spielten sie ihm ein Holofeld in seine Zelle, in dem Filme abliefen.

Wollte er einen Blick nach draußen in die Umgebung werfen, wurde eine Wand seiner Zelle transparent.

Dennoch war ihm in jeder Sekunde klar, dass er ein Gefangener war. Ein Gefangener, wie sie keinen besseren hätten machen können und dem sie keine Chance boten.

Nicht die geringste!

Seine Zelle besaß weder Tür noch Fenster. Der Zugang hatte sich fugenlos geschlossen, und er öffnete sich nur, wenn Mahlzeiten geliefert oder Reste wieder abgeholt wurden. Frischluft diffundierte durch einen Teil der Zellendecke. Möbel gab es nicht: Sein Bett war eine Stelle des Fußbodens, an der das Material weicher, gummiartiger war.

Das Essen und die Getränke wurden in Behältern serviert, die sehr weich waren.

Bestecke fehlten. Er konnte die Nahrung auch so zu sich nehmen. Sie hatten ihm alles abgenommen, womit er einen Ausbruchs- oder Selbstmordversuch hätte unternehmen können, sogar seine Kleidung.

Und er befürchtete, dass sie ihm auch noch seinen Verstand nehmen würden.

Sein Name war Bryan Holmes, Professor der Dimensions-Physik und Erfinder des ersten serientauglichen terranischen Materietransmitters. Von anderen Dingen, die er für sich als Kleinigkeiten abtat, einmal abgesehen.

Zweiundsechzig Jahre alt, graue Haare, deren Bestand sich allmählich reduzierte, trockener Humor.

Der verging ihm jedoch allmählich.

Er hoffte nicht auf Rettung.

Sicher war seine Entführung nicht unbemerkt geblieben. Die Schießerei hatte garantiert Folgen gezeitigt. Nur war es fraglich, ob es terranischen Agenten gelang, ihm zu folgen, durchzubrechen und ihn zu befreien. Denn die Kyphorer würden alle Anstrengungen unternehmen, ihren Gefangenen zu behalten, um ihm sein Wissen entreißen zu können.

Er wünschte nur, es wäre schon vorbei.

Er hätte unter normalen Umständen vielleicht noch dreißig Jahre vor sich gehabt und bedauerte die Zeit, die sie ihm nun nehmen würden. Er wollte nicht in ewiger Gefangenschaft dahin vegetieren müssen. Er hatte sich einen besseren Lebensabend verdient.

Aber daran ließ sich nichts mehr ändern.

Wie lange war er jetzt schon hier in dieser Zelle? Einen Tag? Eineinhalb oder zwei?

Seiner Schätzung nach mussten rund fünfunddreißig Stunden verstrichen sein, aber da er nicht exakt wusste, wie lange er zwischendurch geschlafen hatte, konnte er nur eine grobe Schätzung durchführen. Es konnten fünf Stunden mehr, aber auch fünf Stunden weniger sein.

Er war ohnedies ein Mensch, der keine regelmäßige Schlafdauer hatte. Er konnte mehr als zehn Stunden hintereinander ruhen, er konnte aber auch nach drei oder vier Stunden schon wieder ausgeruht erwachen.

Die Panoramawand, die er hin und wieder einschalten ließ, bot ihm keinen Anhaltspunkt. Sie zeigte denselben Sonnenstand, und wenn der Planet nicht gerade ein Einseitendreher war wie man es viele Jahre lang dem Merkur angedichtet hatte, handelte es sich nur um eine Bildprojektion.

Plötzlich öffnete sich der Zugang. Zwei uniformierte Kyphorer und drei schwebende Kampfroboter traten ein, deren Schockstrahler auf Holmes zeigten.

„Eine Menge Aufwand für einen müden, relativ alten Mann“, sagte er spöttisch. „Übersteigt dieser Großeinsatz nicht Ihren Etat?“

Er sprach in seiner Muttersprache; Kyphorisch konnte er zwar lesen und auch bruchstückweise verstehen, aber er hatte sich nie intensiv damit befasst. Sprachen waren nicht so sein Fall.

„Mitkommen!“, schnarrte der kommandoführende Offizier.

Schulterzuckend folgte Holmes ihm. Es hatte keinen Sinn, sich zu weigern. Sie würden ihn schocken und gewaltsam abtransportieren. Er wollte aber weitgehend Herr seiner Sinne bleiben. Wenn er schon ihr Gefangener war, dann wollte er wenigstens registrieren, wo er sich befand, und gewissermaßen eine Art unfreiwilligen Touristen spielen.

Immerhin kannte er den Namen des Planeten: Ralion.

Das sagte ihm allerdings überhaupt nichts.

Sie führten ihn über den großen Korridor, durch den sie ihn her gebracht hatten. Hin und wieder zischte eine Gleiterplattform vorbei. Kyphorer oder Craahls, Männer oder Frauen, warfen ihm kaum einen Blick zu. Er sah auch keine Chance, auf eine der Plattformen zu springen und damit zu fliehen. Ein Survival-Experte hätte es vielleicht geschafft, aber er selober war kein durchtrainierter Hochleistungssportler. Es ging über seine Kraft und Ausdauer hinaus - bei weitem.

Abgesehen davon waren da noch die Roboter. Sie würden ihn auf jeden Fall erwischen.

Wohin sollte er auch fliehen? Er war ein Fremder auf dieser Welt, und das STAR GATE würde scharf bewacht sein. Bis er es auf die >PHÖNIX<-Norm eingestellt hatte, würden sie ihn schon wieder in ihrer Gewalt haben.

Zudem würde er >PHÖNIX< oder einen Transmitter auf Terra nicht einmal erreichen können. Auch die Sperrschaltung auf >PHÖNIX< würde längst erneuert sein.

Sie brachten ihn aus dem Gebäude. Kühle Luft umfächelte ihn.

„Wollt ihr mir nicht wenigstens etwas zum Anziehen geben?“, protestierte er.

Der Offizier besaß einen Translatorkristall, der Holmes Worte in seine Sprache übersetzte und umgekehrt.

„Wozu, Holmes?“

„Mir ist kalt.“

„Wohin wir Sie bringen, ist es warm genug“, behauptete der Kyphorer.

„Und wohin bringen Sie mich?“

„Dorthin.“ Er wies auf das Pyramidengebäude eines STAR GATES, das sich rund einen Kilometer entfernt befand und vor dem hektischer Betrieb herrschte.

„Bewegen Sie sich etwas schneller, Holmes!“

Sie brachten ihn also höchstwahrscheinlich zu einem anderen Planeten. Wenn er auf Ralion hätte bleiben sollen, hätten sie ihn sofort an die richtige Adresse schicken können. Irgendjemand musste entschieden haben, dass das Verhör auf einem anderen, vielleicht wichtigeren Planeten stattfand.

Vielleicht auf dem Zentralplaneten des Bundes?

Er war nicht einmal sicher, ob er es wirklich wissen wollte.

*

Holmes wusste nicht, dass sich ein TSD-Spezialist bereits auf Ralion befand. Und dieser Spezialist wusste nicht, wie nah er dem Gefangenen war. Er suchte immer noch unauffällig nach Informationen, die ihm den Aufenthaltsort des Professors verrieten.

Haiko Chan musste vorsichtig agieren. Es war schon ein Wunder, dass er, als Kyphorer getarnt, den Transmitter unbehelligt hatte verlassen können.

Waren die Kyphorer wirklich so leichtsinnig, dass sie nicht mit einem terranischen Agenteneinsatz rechneten, oder erwarteten sie ihn einfach noch nicht so früh?

Er ahnte nicht, dass sie ihn längst durchschaut hatten. Aber ein Befehl The-Faros verhinderte seine Festnahme. Sie ließen ihn im Glauben, unerkannt zu sein.

Währenddessen brüteten sie darüber, wie sie ihm den umgedrehten Bryan Holmes später wieder zuspielen konnten.

Bis dahin mussten sie ihn gewähren lassen. Der für die Beobachtung Verantwortliche hoffte, dass Haiko Chan zwischenzeitlich nichts unternehmen würde, was wirklich Maßnahmen gegen ihn erforderte. Das hätte nämlich The-Faros Plan zum Scheitern bringen können.

7

Sandy Torrance kannte den Mann nicht, der hereingeführt wurde, aber sie sah sofort, dass es ein Terraner war.

Ein nicht mehr junger Terraner.

Es beruhigte sie nicht. Ein TSD-Agent konnte es nicht sein. Männer und Frauen dieses Alters wurden nicht in den aktiven Einsatz geschickt, konnten demzufolge auch nicht in Gefangenschaft geraten.

Der Mann musste von Terra oder >PHÖNIX< geholt worden sein. Vielleicht war auch ein Raumschiff aufgebracht worden? Es gab viele Möglichkeiten. Sandy wollte sie nicht ergründen. Es war schon schlimm genug, dass der Mann hier war.

Er würde sie nicht erkennen, er würde auch keine Terranerin in ihr vermuten. Zu sehr hatte sie sich verwandelt.

Bron-Tüd war wieder da. Er war es, der den Terraner unter seine Verantwortung nahm. Die beiden Kyphorer, die ihn gebracht hatten, waren offensichtlich froh, dass sie wieder gehen konnten. Nur die Schwebe-Roboter blieben zurück. Sie waren darauf programmiert, den Mann unter ständiger Kontrolle zu halten.

„Setzen Sie sich!“, befahl Bron-Tüd dem Gefangenen und wies auf einen relativ bequemen Sessel.

Sandy lehnte sich an die Wand. Sie verzichtete darauf, neben Bron-Tüd Platz zu nehmen. Sie beobachtete aus der Distanz.

Wer war dieser alte Mann? Er wirkte stolz und überlegen, obwohl er seine Nacktheit als unangenehm empfinden musste. Für die Kyphorer spielte das nicht einmal eine Rolle; Sandy hatte bislang noch keine Nacktheitstabus bei ihnen feststellen können. Sie trugen im Freizeitbereich Kleidung oder ließen es bleiben, je nach Laune oder Witterungsbedingungen.

Sandy empfand es als deutliches Zeichen der Dekadenz; schon die terranische Antike hatte gezeigt, dass ein Volk umso näher am Abgrund stand, je mehr Tabus ignoriert wurden und sogar verschwanden. Sie zweifelte daran, dass es bei den Kyphorern anders aussehen konnte.

„Sie sind also der wichtigste Mann Terras“, sagte Bron-Tüd ohne Spott. „Ich wollte immer schon ein Alien-Genie kennenlernen und bin erfreut, dass es mir vergönnt ist. Ich heiße Sie als meinen bevorzugten Gast willkommen, Professor Bryan Holmes.“

Diesmal erschrak Sandy wirklich. Sie war froh, dass Bron-Tüd in diesem Augenblick nicht zu ihr her sah. Hoffentlich hatten die Augenlinsen der Roboter sie nicht erfasst und ihre Reaktion richtig interpretiert. Sollte jemand jedoch auf die Idee kommen, die automatischen Mitschnitte zu überprüfen, würde diese Reaktion auffallen und sie verraten - wenn ihr nicht eine gute Ausrede einfiel.

Ausgerechnet Holmes!

Mit diesem Mann hatten die Kyphorer das Schicksal Terras in ihrer Hand.

Sie musste ein Zwangsverhör verhindern oder sabotieren. Und dabei musste sie auch noch so vorgehen, dass niemand es bemerkte. Denn sonst war sie selbst erledigt. Wenn einer der Yoron-Zwerge auf sie angesetzt wurde oder sie von sich aus verriet, kam sie nicht mit dem Leben davon.

Noch besser wäre es natürlich, wenn es ihr gelänge, Holmes zu befreien. Das wäre eine gewaltige Niederlage für die Kyphorer gewesen!

Sie hoffte, dass sie nicht zum letzten aller Mittel greifen musste. Das hieß, dass sie ihn würde töten müssen, ehe er sein technisches Wissen preisgab.

Plötzlich war sie heilfroh, dass sie seinerzeit ihren eigenen Weg gegangen war. Für Terra und die Besatzung der JEFF MESCALERO war sie eine Deserteurin. Aber wäre sie damals nicht von Cheekan geflohen, befände sie sich jetzt nicht hier.

Und hatte sie damit nicht eine Art Schlüsselposition inne, was den Fortbestand der Menschheit betraf?

Sie durfte eben nur nicht versagen…

„Sie werden sich fragen, weshalb wir Sie hierher eingeladen haben, Holmes“, fuhr Bron-Tüd ungerührt fort. „Nun, wir werden uns mit Ihnen unterhalten. Auf eine ganz besondere Art und Weise, die nur auf diesem Planeten möglich ist. Denn die Yoroner, die diese Unterhaltung möglich machen, sind leider auf anderen Welten nicht lebensfähig. Deswegen mussten wir Sie der Mühe unterziehen, sich hierher zu begeben. Ich hoffe, Sie fühlen sich dennoch wohl?“

Holmes sah zwischen Bron-Tüd und Tala-Tar hin und her. Er schürzte die Lippen.

„Sicher, ich fühle mich pudelwohl“, log er. „Ich würde mich noch wohler fühlen, wenn Sie mir Ihre Waffe geben würden. Dann könnte ich Sie erschießen.“

„Mordlust ist eines wissenschaftlichen Genies nicht würdig“, klagte Bron-Tüd. „Aber ich bin unaufmerksam. Darf ich Ihnen eine Erfrischung reichen lassen?“

„Danke“, knurrte Holmes. „Ich bin gut versorgt. Kommen Sie zur Sache. Wann wollen Sie mich Ihren Folterknechten zum Fraß vorwerfen?“

„Oh, sind Sie so mitteilungsbedürftig, dass Sie darauf drängen? Dem kann entsprochen werden“, meinte Bron-Tüd leichthin. „Dazu müssen Sie sich allerdings in den Nebenraum begeben. Ich hoffe, die Yoroner sind schon anwesend.“

Sandy presste die Lippen zusammen. Es ging viel schneller als sie befürchtet hatte!

Und jetzt lächelte ihr der Kyphorer auch noch zu!

„Sehen Sie, der Professor weiß zwar nicht, dass Sie eigentlich längst Dienstschluss haben, aber ist er mit seinem Drängen nicht sehr entgegenkommend? Vielleicht geht es so um Stunden schneller?“

Sie drehte die Handflächen nach außen.

„Vielleicht...“

„Bitte, folgen Sie Tala-Tar nach nebenan, Holmes“, forderte Bron-Tüd den Gefangenen gespielt höflich auf.

Sandy löste sich von der Wand, öffnete die Tür und trat in den Verhörraum.

Es gab hier einen sehr bequemen Verhörsessel, der sich jeder Körperform perfekt anpasste, und mehrere Liegen, auf denen es sich die Fragenden bequem machen konnten. Für die Yoroner gab es recht einfache Sitzgelegenheiten.

Drei Zwerge waren tatsächlich schon anwesend.

Holmes reagierte auf den Anblick der grazilen Humanoiden mit den riesigen kahlen Birnenschädeln recht kühl. Er hob nur die Brauen und nahm die ihm fremde Lebensform kommentarlos hin. Aber Sandy sah, wie es in seinen Augen flackerte, als er sich in dem Raum umsah. Offensichtlich hatte er eine mit Technik ausgefüllte Laborzelle erwartet, Kyphorer in weißen Medizinerkitteln, die ihm Drogen injizierten, vielleicht auch mittelalterliche Folterinstrumente.

Aber nicht diesen in beruhigenden Farben angestrichenen nahezu leeren Raum!

„Bitte, nehmen Sie wieder Platz!“, bat Bron-Tüd.

Holmes warf einen Blick auf die Roboter, die ihm gefolgt waren.

„Freundlichen Bitten kann ich selten widerstehen“, behauptete er. „Ist die Oberfläche des Sessels wenigstens aus nichtleitendem Material?“

Bron-Tüd tat entsetzt.

„Halten Sie uns für Barbaren, die Sie mit Stromstößen foltern? Aber nein, Professor. Wir sind eine zivilisierte Rasse. Wir verwenden subtilere Mittel.“

Zögernd nahm Holmes Platz.

Bron-Tüd nickte Sandy zu.

„Sind Sie einverstanden, dass wir beginnen?“

„Ja“, erwiderte Tala-Tar.

Im Stillen fügte sie jedoch hinzu:

Der Himmel stehe mir bei, dass ich tatsächlich eine Möglichkeit finde, es zu verhindern. Sonst ist Terra verloren!

Die großen Augen der Yoron-Zwerge wirkten auf sie trauriger denn je.

*

In der Zentrale der EXCALIBUR zeigten die Holografien ein fantastisches Bild!

„Tronische Impulsverstärkung!“, schlug Tanya Genada vor.

Tanith Callahan manipulierte bereits an den Sensortasten. Die Bilder wurden in Impulse zerlegt, das Wichtigste herausgegriffen und verstärkt. Die organischen Körper wurden noch plastischer sichtbar, während das technische Drumherum mehr und mehr verblasste.

Fasziniert sahen die Menschen in der Zentrale ein Wesen, das etwas über einen Meter groß war, dabei aber zu einem Drittel aus Kopf bestand! Der war birnenförmig, die Körper und die Gliedmaßen dabei unverhältnismäßig schlank und grazil.

„Ein Lebewesen im Innern einer Robotkonstruktion? Welchen Sinn soll denn das haben?“

„Schutz!“, behauptete Tanith Callahan. „Schutz vor Umwelteinflüssen! Schaut euch die dünnen Ärmchen und Beinchen an! Wie soll so ein Wesen den riesigen Schädel tragen können, wenn es sich auf einer Welt mit Erdschwere befindet? Ich wette, diese Geschöpfe stammen von einem Planeten mit niedriger Gravitation, ich tippe auf halbe Erdschwere.“

„Hm“, machte Lew Scott. „Dann wäre der Roboter also eine Art Exo-Skelett!“

„Wenn es sich nicht sogar um einen Kyborg handelt“, warf Tanya ein. „Die Durchleuchtung zeigt uns nicht, wo die Körper dieser Schädel-Zwerge mit dem Roboter verbunden sind, oder ob diese Wesen nur in einer Kapsel sitzen und den Roboter per Instrumenten steuern.“

„Ein Kyborg ist wahrscheinlicher“, meinte Tanith. „Wir müssten Gelegenheit haben, eine solche Konstruktion genauer zu untersuchen, vielleicht sogar zu öffnen!“

„Ich fürchte, dass man das nicht zulassen wird“, sagte Tanya bedauernd. „Vielleicht wird nämlich durch das Öffnen dem darin sitzenden Zwerg Schaden zugefügt.“ Sie schnipste mit den Fingern. „Möglich, dass wir die Herrin dieses Planeten etwas provozieren können. Wir senden dieses Bild über Funk an die Basis-II. Dann muss die Namenlose reagieren, so oder so. Die Reaktion werten wir aus. Auch aus einer negativen Antwort lässt sich etwas entnehmen.“

„Wahrscheinlich werden wir davon gejagt, so wie man euch bereits aus der Basis gejagt hat“, unkte Tanith Callahan.

„Ken ist noch drüben“, erinnerte Tanya. „Vielleicht kann er auch noch ein wenig nachhaken.“

„Sie spielen Vabanque!“, warf Lew Scott ihr vor. „Sie gehen das Risiko ein, dass auch unsere letzte Chance schwindet, die Speicherdaten von Basis-II zu übernehmen!“

„Oder wir gewinnen alles!“, behauptete Tanya. „Ich habe ein gutes Gefühl dabei.“

„Frauen und Gefühle...“

Tanya grinste den 2. Offizier an.

„Manchmal seid ihr Männer aber um Frauen-Gefühle verdammt verlegen, nicht?“ Sie wandte sich zum Funkpult um. „Mastix, schaffen Sie es, dieses Bild von dem Roboter-Zwerg in den Funk zu nehmen und zur Basis-II zu senden? Wenn ja, dann mit voller Leistung!“

„Hoffentlich kommt es an. Vorhin gab es schon einmal keinen Kontakt, als Sie alle noch drüben waren.“

„Vielleicht klappt es diesmal, Mastix. Funken Sie, bis die Antennen glühen. Ich will wissen, was hinter diesen seltsamen Konstruktionen steckt!“

8

Gelassen drehte Ken Randall den Kopf, als die Herrin des Planeten die Zentrale der Basis-II betrat. Diesmal trug sie nicht ihr durchsichtiges Schleiergewand. Die schmalen, glänzenden Streifen aus unbekanntem Material, die in verwirrenden Mustern auf ihrer Haut hafteten, ließen aber nicht weniger als jener Schleier vom Ebenmaß ihres Körpers sehen. Ein Ebenmaß, das fast schon künstlich wirkte.

„Sie sind noch hier, Randall.“

Es war eine Feststellung, keine Frage, aber sie ging auch nicht darauf ein, dass sie vor einer halben Stunde verlangt hatte, alle Terraner sollten die Basis verlassen.

Sie schien ihre Fassung wiedergefunden zu haben.

Mit einem Rundblick streifte sie die drei Humanoid-Roboter, die in der Zentrale standen, ohne beschäftigt zu sein.

Ken schwenkte seinen Sitz herum. Er lächelte.

„Geben Sie uns das Datenpaket, das wir brauchen, um den Zentralrechner unserer Basis wieder zu bestücken, und wir verschwinden“, eröffnete er.

„Ich sagte nein, und dabei bleibt es.“

Ken seufzte.

„Sie werden uns nicht eher los, bis wir haben, was wir wollen. Wir sind keine Kyphorer, sondern Terraner. Wir sind ziemlich stur - wir alle.“

„Sie sind so stur, dass Sie es wagen, einer der stärksten Mächte der Galaxis den Krieg zu erklären, obgleich Sie einfach unterliegen müssen.“

„Sie missverstehen“, erwiderte Ken ruhig. „Wir haben niemandem den Krieg erklärt. Wir haben uns nur gewehrt, als wir überfallen wurden.“

„Sie haben unberechtigt einen Transmitter benutzt, ohne dafür zu bezahlen“, erinnerte sie ihn.

Ken hob überrascht die Augenbrauen. Sie wusste also, was vor viereinhalb Jahren geschehen war!

„Warum hat uns dann der Bund keine Rechnung geschrieben?“, fragte er spöttisch. „Man hätte sich einigen können.“

„Es steht mir nicht zu, darüber zu urteilen“, versetzte sie ihm. „Auch ich bin nicht mit allem einverstanden, was Kyphora tut.“

Kyphora hat sie gesagt, nicht Bund von Dhuul-Kyphora, dachte Ken, ließ sich seine abermalige Überraschung jedoch nicht anmerken.

„Wenn Sie damit nicht einverstanden sind, warum helfen Sie uns dann nicht? Auch Xybrass unterstützt uns.“

„Xybrass?“ Sie starrte ihn an. „Xybrass?“

„Sie kennen ihn!“, behauptete Ken.

Er beugte sich vor, sah die Dunkelhaarige durchdringend an.

„Wer ist Xybrass wirklich? Oder - was ist er? Ein Dhuul?“

Sie schluckte heftig und schloss die Augen.

„Lassen Sie das!“, forderte sie.

„Wollen Sie meine Frage nicht beantworten?“

Sie rang mit sich.

„Nein“, stieß sie dann abgehackt hervor.

Plötzlich hatte Ken das unerklärliche Gefühl, einen Zweikampf auszutragen. Einen Kampf, der mit geistigen Kräften ausgetragen wurde.

Geist gegen Geist!

Aber war es wirklich ein Kampf?

Und wieso hatte er dieses Gefühl?

„Sie beantworten wohl generell keine Fragen? Auch nicht die, was zwischen Ihnen und dem Cheekah Scee war? Warum ist er zusammengebrochen? Warum haben Sie sich mit Ihrem Sessel gedreht, als er eintrat, damit er Sie nicht erkennen konnte?“

„Sie sind lästig, Randall. Ich sollte Sie wieder in Ihr Raumschiff versetzen und Sie zum Abflug zwingen.“

„Glauben Sie, dazu fähig zu sein?“, fragte er.

Sie nickte.

„Ich weiß es.“

„Sie können es nicht. Sie sind viel zu neugierig dazu“, erwiderte er. „Sie wollen wissen, warum ich mich dafür interessiere.“

„Ich spreche nicht über die Cheekah.“

„Aber über die Speicherdaten, die wir für Basis-I brauchen und für die Transmitterkontrolle. Ermöglichen Sie das Überspielen, und Sie sind uns los.“

Er wechselte die Themen in schneller Folge, um sie durcheinander zu bringen. Und er sah, dass sie immer wieder den Robotern Blicke zuwarf.

Weshalb?

Erwartete sie von den Maschinenkonstruktionen Unterstützung?

Aber wie, ohne Befehle zu erteilen?

„Sie erreichen bei mir nichts, Randall“, behauptete sie. „Sie verschwenden Ihre Zeit.“

„Wie erzeugen Sie die Illusionen, mit denen Sie uns nach der Landung narrten? Wie haben Sie es geschafft, diese Illusionen so realistisch wirken zu lassen?“

„Was wollen Sie eigentlich?“, fragte sie zornig. „Ich sende Sie wieder zurück, wie…“

„Sie senden mich nicht zurück“, unterbrach er sie. „Sie können es nämlich nicht. Vorhin, da ging es, da haben Sie mich überrascht. Aber ein zweites Mal geht es nicht. Sie drohen nur. Denn sonst hätten Sie es längst getan.

Ich will die Speicherdaten. Erlauben Sie die Übernahme!“

„Was machen Sie, wenn ich es nicht tu? Wollen Sie Gewalt anwenden? Drohen Sie dann mir?“

Es klang spöttisch, aber hinter dem Spott glaubte Ken Unsicherheit wahrzunehmen.

Er brachte diese Frau aus der Fassung!

Wieder sah sie zu den Robotern hinüber.

Da bewegte sich einer von ihnen, schritt zu einem der Pulte und schaltete.

„Wir empfangen Dauersendung seit vierzehn Kurzeinheiten.“

Eine Holografie leuchtete auf.

Die Dunkelhaarige und Ken sahen hinüber.

Der Terraner erkannte eine Art transparentes Gehäuse, in dem ein eigenartiges Wesen abgebildet war. Großer Schädel, dürrer Körper...

Da wurden die Augen der Planetenherrin groß! Ihr Kopf flog herum, sie starrte Ken an:

„Sie - Sie wissen es? Was bezwecken Sie damit? Wie haben Sie oder Ihre Leute das herausgefunden?“

Sie taumelte zu einem der Schwebe-Sessel hinüber.

Die drei Roboter bewegten sich erstmals. Wären sie Menschen gewesen, hätte Ken sie für hochgradig verwirrt gehalten. Kaum weniger verwirrt als ihre Herrin.

„Randall, warum stellen Sie überhaupt noch Fragen?“, murmelte die Namenlose. „Sie wissen doch ohnehin alles - alles...“

Und Ken sah sie an wie ein Gespenst!

*

Um Bryan Holmes verschwamm die Wirklichkeit.

Der Sessel, in dem er sich niedergelassen hatte, war sein eigener in seiner Wohnung der Terranerstadt auf >PHÖNIX<. Er fühlte sich zuhause.

Nein, besser noch: Er befand sich zuhause.

Doch dann:

Hier stimmt etwas nicht. Du bist entführt worden, raunte etwas in ihm. Man hat dich auf einen kyphorischen Planeten gebracht und verhört dich!

Aber das war unmöglich.

Entführt?

Wie hätte man ihn entführen sollen? Er war doch zuhause!

Er entspannte sich. Konnte er als Gefangener der Kyphorer so entspannt sein? Er wäre doch im psychischen Stress!

Nein, er war in seiner Wohnung. Vielleicht hatte er von einer Entführung geträumt?

Dies ist nicht deine Wohnung!, schrie sein Unterbewusstsein.

Natürlich war es seine Wohnung! Wo sollte er sonst sein? Um ihn zu entführen, hätte man ihn durch das STAR GATE bringen müssen, und das war erstens abgeschirmt durch die Sperrschaltung, und zweitens bewacht.

Von einem einzelnen Mann, der seinen Job nachlässig ausführte! Erinnere dich! Ein Kyphorer, der aussah wie Jerry Bernstein, zwang dich, das STAR GATE umzuprogrammieren, und floh mit dir! Erinnere dich!

Er schüttelte den Kopf.

„Unmöglich“, murmelte er.

Er erhob sich und ging zum Getränkespender.

Er tastete sich einen Becher mit kaltem Tee und nippte daran.

Wenn ich nicht in meiner Wohnung wäre, könnte ich kaum den Tee trinken, dachte er. Etwas macht mich verrückt. Wahrscheinlich bin ich nur überarbeitet.

Der Melder des Sicht-Sprechgerätes summte. Holmes nahm das Gespräch an.

Sein Kollege wollte etwas von ihm.

„Bryan, Sie müssen uns helfen. Können Sie mal eben rüber kommen? Wir haben ein kleines, aber dringendes Problem.“

„Worum geht es denn?“

„Worum wohl?“ Der Kollege lachte leise. „Um den Sperren-Neutralisator! Wir stecken im Detail fest. Sie müssen sich die Sache doch einmal ansehen.“

Holmes seufzte.

„Natürlich, Gerhard. Ich komme gleich.“

Warum ist dein Kollege so unscharf im Bild? So gesichtslos?, drängte die Stimme im Unterbewusstsein. Das ist nicht dein Kollege. Du bist ein kyphorischer Gefangener auf einem fremden Planeten und wirst verhört!

„Muss doch ein verdammt merkwürdiges Verhör sein, bei dem keiner fragt und keiner antwortet“, sagte Holmes zu sich selbst beziehungsweise zu der Stimme seines Unterbewusstseins. „Außerdem werde ich doch wohl Gerhard von Wylbert erkennen, wenn ich ihn im Intercom sehe.“

Er ging zur Tür.

Er hatte schon damit gerechnet, dass von Wylbert und die anderen Probleme haben würden. Die Kyphorer besaßen neuerdings Sperrschaltungen, mit denen sie ihre STAR GATES vor terranischem Zugriff abschirmen konnten. So wollten sie verhindern, dass die Terraner einen Racheschlag landeten. Doch durch Zufall war den Menschen nun ein Schaltgerät in die Hände gefallen, und sie hatten es untersucht.

Holmes konnte nur staunen. Das Gerät hätte von ihm selbst stammen können, so wie es durchkonstruiert war. Sie arbeiteten nun daran, die dadurch ausgelösten Sperren zu umgehen oder zu durchbrechen. Von Wylbert und Holmes versuchten, eine Gegenschaltung zu entwickeln, aber sie stießen auf ungeahnte Schwierigkeiten.

Eigentlich hatte Holmes längst Dienstschluss, doch von Wylbert rief bestimmt nicht grundlos an.

Den Becher noch in der Hand, zog Holmes den Magnetsaum seiner Kombination bis zum Kragen hoch und ging zur Tür.

Es ist doch alles umgekehrt, du Narr! Nicht die Kyphorer haben eine Sperrschaltung für die STAR GATES entwickelt, sondern du selbst! Und die Kyphorer wollen die Gegenschaltung bauen! Was glaubst du, weshalb sie dich gefangengenommen haben? DU sollst ihnen die Sperre erklären und das Gegengerät entwickeln!

Kopfschüttelnd öffnete er die Tür.

Narr! Merkst du nicht, dass dies alles nur Illusion ist?

ILLUSION!

Und vor Professor Holmes explodierte die Welt...

Er stand nicht vor der Tür, die er geöffnet hatte.

Er hielt keinen Becher mit kaltem Tee in der Hand.

Er trug keine Kombination, deren Magnetsaum er soeben geschlossen hatte.

Er war nicht in seiner Wohnung, und vor allem hier gab es keinen Intercom.

Er saß im Sessel in der Verhörzelle.

Aus großen, traurigen Augen sahen drei Zwerge mit Riesenschädel ihn an.

Und da waren die beiden Kyphorer.

Illusion!

„So ist das also“, murmelte er. „Gratuliere. Fast hätten Sie es geschafft, nicht? Wie machen Sie das? Ich sehe keine Maschinen! Oder...?“ Er sah wieder zu den Zwergen hinüber. „Machen die das?“

Der Kyphorer schüttelte den Kopf.

„Nein, Holmes. Sie sind keine Hypnos. Wir brauchen sie dennoch. Aber das spielt für Sie keine Rolle mehr. Erinnern Sie sich? Sie wollten Ihren Kollegen von Wylbert aufsuchen! Nun, öffnen Sie die Tür und gehen Sie hinaus!“

Holmes stand wieder vor der geöffneten Tür.

Er machte einen Schritt nach draußen.

Da war die Straße, die zu den Flachbauten führte, die das Forschungszentrum beherbergten.

„Nein“, keuchte er. Das Bild verschwamm. „Nein, so kriegt ihr mich nicht! Zum Teufel, wie macht ihr das?“

Er fühlte, dass sein Körper schweißnass war. Sein Körper, der in einem Overall steckte.

Seine Hand drückte zu. Der Kunststoffbecher zerplatzte, der Teerest verspritzte.

Holmes wich zurück in seine Wohnung. Mit einem wilden Sprung war er am Intercom, tastete die Alarmziffer ein.

Die Holografie leuchtete auf und zeigte das Gesicht eines Offiziers.

„Haller hier. - Sie, Holmes? Was ist?“

„Commander“, stieß Holmes hervor. „Geben Sie Alarm! Hier sind Kyphorer. Sie versuchen, mich zu verhören! Sie zwingen mich mit irgendeiner verdammten Hypnose!“

Das Bild zerflatterte. Holmes lag wieder in seinem Sessel.

„Abbrechen!“, fauchte der Kyphorer wütend.

Diesmal übersetzte der Translatorkristall nicht, aber Holmes verstand ihn auch so.

„Führt ihn ab! Zelle siebzehn!“

Die Roboter schwebten auf Holmes zu. Wenn sie ihn mit den aktivierten Abstrahlpolen der Schocker berührten, wurde er davon zwar nicht paralysiert, aber es schmerzte ungeheuer.

Also erhob er sich. Warum sollte er sich dem Schmerz aussetzten, wenn ihm ohnehin keine andere Wahl blieb?

Er grinste den Kyphorer an.

„Mir ist zwar nicht klar, wie Sie die Illusion erzeugt haben, aber sie ist gründlich in die Hose gegangen, nicht?“

„Raus!“, brüllte Bron-Tüd außer sich vor Wut.

Bryan Holmes lächelte versonnen vor sich hin, während er zwischen den Robotern den Verhörraum verließ.

Er drehte sich noch einmal um und betrachtete die Zwerge mit den großen, traurigen Augen.

Sein überlegener Geist begann zu erfassen, was hier geschehen war.

*

„Das ist unmöglich“, behauptete Bron-Tüd, als Holmes draußen war. „Einfach unmöglich. Er kann doch nicht die Steuerung übernommen haben!“

Er warf Sandy Torrance einen fast verzweifelten Blick zu. Einen Moment glaubte sie, er mache sie für das Fehlschlagen des Verhörs verantwortlich.

Aber er tat es nicht. Er war ahnungslos.

Sie begriff es ja selbst nicht richtig. Sie hatte nichts getan. Holmes musste die Illusion aus eigener Kraft durchbrochen haben.

Interessanter noch: Er hatte sie kontrolliert, nachdem er erst einmal erkannt hatte, dass es nur eine Illusion war.

„Vielleicht haben die Zwerge nicht richtig gearbeitet“, sagte Sandy. „Oder ich bin einfach nicht stark genug, die Details glaubwürdig genug zu konstruieren.“

„Ach was“, knurrte Bron-Tüd. „Die Details haben Sie schon gut hinbekommen, denke ich. Und die Zwerge können nur richtig oder gar nicht arbeiten.“

„Das ist falsch, Bron-Tüd“, korrigierte sie sanft. Sie wusste jetzt immerhin schon genug über die Yoroner, um in diesem Punkt sicher zu sein. „Wir sollten darüber aber nicht in Gegenwart der Zwerge diskutieren.“

„Wie meinen?“ Er verstummte. „Gut“, sagte er dann. „Gehen wir zu mir oder zu Ihnen?“

Sie lachte leise.

„Wir gehen nirgendwo anders hin als ins Büro nebenan, und die Yoroner schicken wir für heute nach Hause“, schlug sie vor.

„Sie haben mich missverstanden“, murmelte Bron-Tüd. „Es geht mir nur um die dienstliche Besprechung. Aber da Sie doch Dienstschluss haben...“

Sie winkte ab.

„Ich komme dafür morgen später“, meinte sie. „Das gleicht sich dann aus.“

Im angrenzenden Büroraum eröffnete sie dem Kyphorer ihre Vermutung. Sie hätte lieber geschwiegen, aber wenn sie ihre Tarnung nicht gefährden wollte, musste sie einen Beitrag zur Klärung dieses Phänomens liefern. Dadurch verschaffte sie sich zugleich die Chance, am Ball zu bleiben. Und diese Chance brauchte sie.

Holmes musste von hier verschwinden, ehe er wirklich verhört wurde!

„Die Zwerge arbeiten nicht freiwillig“, äußerte sie ihren Verdacht. „Sie fühlen sich von uns unterjocht. Sie besitzen einen inneren Widerstand. Sie möchten nicht, dass wir ihre Katalysator-Fähigkeit nutzen. Das mindert die Kraft, die sie uns vermitteln.“

„Das kann nicht Ihr Ernst sein, Tala-Tar“, fuhr Bron-Tüd auf. „Katalysator ist Katalysator!“

„Ich bin mir absolut sicher“, versetzte Sandy. „Würden die Yoroner aus freiem Willen ihre Fähigkeit zur Verfügung stellen, wären die Kräfte, die wir erhalten, wesentlich stärker. So aber erhalten wir nur einen geringen Teil. Gering genug, dass ein Mann mit den entsprechenden Anlagen und einem festen Willen dagegen ankämpfen und vielleicht sogar die Kontrolle übernehmen kann.“

„Aber Holmes...“

„Ich bin noch nicht fertig“, unterbrach ihn Sandy respektlos. „Die anwesenden Yoroner scheinen mit Holmes zu sympathisieren. Deshalb gaben Sie ihm, als sie merkten, er befreit sich, ihre uneingeschränkte Kraft.“

Bron-Tüd hieb mit der flachen Hand auf den Tisch.

„Das ist doch Blödsinn!“, behauptete er. „Ein Katalysator kann den Grad seiner Wirkung nicht manipulieren, er kann auch nicht manipuliert werden! Er funktioniert einfach.“

„Dann ist vielleicht der Begriff falsch, den wir verwenden“, gab Sandy zu bedenken.

„Wir werden es morgen noch einmal versuchen. Wir nehmen die doppelte Anzahl Zwerge! Damit müssten wir auch die doppelte Kraft einsetzen können. Dem kann der Terraner dann nicht mehr widerstehen. Er wird glauben, in seinem Labor auf dem Bulowa-Planeten zu sein, und wird genau das tun, was wir von ihm wollen! Anschließend polen wir ihn geistig um, dass er als einer von uns arbeitet.“

„Sie werden sehen, dass Holmes dann auch mit doppelter Kraft dagegen arbeitet. Ich glaube, er hat begriffen, was geschieht. Er wird uns wahrscheinlich sogar von sich aus angreifen.“

„Was schlagen Sie stattdessen vor?“

„Etwas, das wahrscheinlich unmöglich ist“, erwiderte sie zögernd. „Wir müssen einige Yoroner überreden, dass sie uns freiwillig helfen. Dann könnte es gelingen. Sie müssen davon überzeugt sein, dass das, was sie tun, richtig, ja, auch für sie das Beste ist. Wenn sie nur unter Zwang helfen, nützt uns das wenig.“

Bron-Tüd seufzte.

„Ich halte Ihre Spekulation für Unsinn, Tala-Tar, nach wie vor“, blieb er skeptisch. „Wir versuchen es so, wie ich es vorhin beschloss.“

„Sie geben mir Nachricht, wann ich kommen soll, ja?“

Bron-Tüd erhob sich.

„Natürlich. Und dann werden wir seinen Widerstand brechen. Es muss sehr rasch gehen. Denn ich fürchte, unsere Leute werden den Agenten auf Ralion nicht lange hinhalten können, dem wir Holmes wieder zuspielen werden. Wenn ich nicht so erschöpft wäre, würde ich das Verhör jetzt noch fortsetzen. Aber... Nun, Sie sind ja jetzt im Bilde.“

Sie nickte.

„Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht, Bron-Tüd.“

Sie ließ ihn in seinem Büro zurück.

Holmes ist in Zelle 17, erinnerte sie sich.

9

Die Dunkelhaarige war fassungslos. Immer wieder sah sie die Projektion an, blickte wieder zu Ken Randall.

Der seinerseits konnte mit ihrer Behauptung nichts anfangen, dass er doch anscheinend alles wisse. Aber er wagte in diesem Augenblick keine Fragen mehr zu stellen. Er spürte, dass er damit alles zerstört hätte.

Schweigend sah er auf die Herrin der Urwelt nieder, die vor ihm im Schwebesessel kauerte.

„Bekommen wir jetzt die Speicherdaten?“, fragte er leise. „Ich verspreche Ihnen, dass wir sie wie bisher nur zur Verteidigung gebrauchen werden. Wir planen nicht, den Bund von Dhuul-Kyphora dadurch zu vernichten, dass wir Transmitterstraßen umleiten oder das Netz sogar ganz abschalten! Wir wollen nur unser System abschotten können, das ist alles!“

„Es ist doch abgeschottet!“, widersprach sie ihm und sah auf. „Die hiesige Kontrolle zeigt eindeutig an, dass…“

„Die Daten“, verlangte Ken wieder. „Wir brauchen sie. Sorgen Sie für eine Überspielung in die Tronic der EXCALIBUR. Ich denke, die besitzt genügend Kapazität, das Datenpaket aufzunehmen.“

„Manchmal können Sie unglaublich naiv sein, Randall“, sagte die Dunkelhaarige. „Ich will und werde Sie wahrscheinlich nie verstehen, und wenn ich noch einmal zehntausend Jahre leben sollte. Terraner...“

Sie deutete auf den Bildschirm.

„Noch einmal: Wie haben Sie das entdeckt?“

Ken war ahnungslos, was die Projektion eines in der Kapsel befindlichen Zwerges mit Riesenschädel zu bedeuten hatte, die von der EXCALIBUR in Dauersendung ausgestrahlt wurde, aber er hatte beschlossen, dies unter keinen Umständen zuzugeben.

„Lassen Sie mir dieses kleine Geheimnis“, bat er. „Sie verraten ja auch nicht alles. Wieso sollen wir nie wieder einen Cheekah in Ihre Nähe bringen?“

Sie wirbelte herum.

„Weil es besser für die Cheekah ist, mich nicht zu sehen!“, schrie sie auf. „Haben Sie dem armen Burschen nicht schon genug angetan, indem Sie ihn her brachten? Er hätte mich nie sehen dürfen! Sie können den Anblick…“

Sie verstummte und biss sich auf die Unterlippe.

„Was wollten Sie sagen?“, drängte Ken. „Sprechen Sie weiter!“

Sie zitterte. Aber der Moment der Unbeherrschtheit war vorbei. Sie fand wieder zu sich selbst zurück. Und im gleichen Moment spürte Ken ein leichtes Ziehen hinter seinen Schläfen, das sich jäh über seinen ganzen Körper ausbreitete.

Die Zeit schien still zu stehen.

Die Dunkelhaarige wollte ihn wiederum in die EXCALIBUR zurückversetzen!

Seine Hände schossen vor, ergriffen ihre Schultern.

„Nein!“, brüllte er sie an. „Nein! Sie schleudern mich nicht zurück! Diesmal nicht!“

Das Ziehen erlosch.

Die Dunkelhaarige zitterte wieder.

Ihre Augen flackerten. Sie sank in ihren Sessel zurück.

„Verschwinden Sie!“, flüsterte sie. „Verschwinden Sie einfach, Terraner Randall, ehe Dinge geschehen, die weder Sie noch ich kontrollieren können!“

Sie sah auf, starrte ihn an.

„Ich biete Ihnen einen Handel an. Einen fairen Tausch!“

Er legte den Kopf schräg. Ein spöttisches Lächeln erschien in seiner Miene.

„Auf einmal?“

„Sie bekommen die Daten“, räumte sie ein. „Dafür verlassen Sie 3-GHAL unverzüglich. Kehren Sie nie mehr hierher zurück. Ich werde die Basis so programmieren, dass sie Sie mit allen verfügbaren Mitteln angreift und vernichtet, falls Sie noch einmal in dieses System zurückkehren sollten. Diese Basis ist für Sie tabu, jetzt und für alle Zeiten. Ich vor allem bin für Sie tabu. Und auch die Yoroner!“

Ken atmete tief durch.

„Yoroner?“, murmelte er.

„Diese Wesen!“, schrie sie auf und deutete auf die Projektion. „Löschen Sie die Daten! Vergessen Sie alles! Das ist die wichtigste Gegenleistung für die Daten!“

Ken fuhr mit der Zungenspitze über die trocken werdenden Lippen. Er spürte, dass er einem großen Geheimnis auf der Spur war und er die Lösung verschenkte, wenn er auf diesen Handel einging. Aber wenn er es nicht tat, verhärteten die Fronten sich wieder. Und wer konnte wissen, was daraus entstehen mochte?

Die Herrin der Urwelt war im Moment verunsichert und psychisch labil. Aber dieser Zustand würde nicht lange anhalten. Danach würde sie gefährlicher sein denn je. Und mächtiger.

„Ich bin einverstanden“, erklärte er schließlich.

*

In ihrer Unterkunft warf sich Sandy Torrance auf das Bett, verschränkte die Arme unter dem Kopf und sah zur Decke hinauf.

Zelle 17!

Sie überlegte, ob sie in dieser Nacht schon etwas unternehmen sollte.

Holmes musste eine überdurchschnittliche Willenskraft besitzen. Anders war es nicht zu erklären, dass er die Kontrolle übernommen hatte.

Und er hatte es getan!

Wie auf Terra, so gehörten auch auf den Welten des Bundes von Dhuul-Kyphora parapsychische Phänomene in den Bereich der unerklärbaren Ausnahmeerscheinungen, zumindest offiziell. Man forschte zwar seit mehr als hundert Jahren, aber diese Dinge blieben offenbar ungreifbar.

So jedenfalls ihr persönlicher Kenntnisstand.

Da gab es jedoch jemand, der sie in diesem Augenblick beobachtete, der ihr das genaue Gegenteil hätte beweisen können, doch dieser Jemand hielt sich wohlweislich zurück:

Maria Scott, wie sie zu ihren Lebzeiten als Mensch geheißen hatte. Als sie noch kein Metawesen gewesen war.1

Sie hatte manipulativ eingegriffen, damit Sandra Torrance ausgerechnet hierher hatte gelangen können, und sie war es auch gewesen, die das Verhör manipuliert hatte, natürlich mit der gegebenen Vorsicht.

Nichts und niemand durfte jemals Verdacht schöpfen. Ihre Manipulationen mussten unentdeckt und daher möglichst geringfügig bleiben. Trotz ihrer schieren Allmacht, denn es gab ebenbürtige Metawesen, die mit ihrem Vorgehen nicht einverstanden gewesen wären.

Sie hätten nicht nur alles verdorben, sondern sie hätten all jenen schrecklich schaden können, die Maria zu schützen trachtete. Nicht nur Einzelpersonen, sondern eigentlich… die Menschheit an sich!

Sie nahm weiter teil an den Gedankengängen der Agentin, die sich nach Kräften bemühte, für alles eine Erklärung zu finden, mit der sie leben konnte:

Für die Yoroner gehörten PSI-Kräfte jedenfalls zur Natur, auch wenn es noch so fantastisch klingen mochte.

Dabei besaßen die Zwerge selbst keine echte Para-Begabung. Sie konnten weder Gedanken lesen, Gegenstände durch Geisteskraft bewegen, hellsehen oder was es sonst noch an Para-Fähigkeiten gab.

Aber diejenigen, welche sich der unglaublichen Begabung der Zwerge bedienten, besaßen ebenfalls keine eigenen Para-Kräfte!

Doch es gab Kyphorer - und wie Sandy jetzt wusste, auch Menschen -, die eine besondere Veranlagung besaßen. Nämlich die Veranlagung, auf die Yoroner zu reagieren.

Wenn jemand diese Veranlagung besaß, reichte schon die bloße Anwesenheit eines Yoroners, den betreffenden Menschen oder Kyphorer Para-Fähigkeiten entfesseln zu lassen, die er eigentlich gar nicht besaß!

Deshalb nur nannten die Kyphorer die Zwerge Katalysatoren. Ihre Anwesenheit löste eben etwas ansonsten Unerklärliches aus.

In einem Punkt hatte Bron-Tüd allerdings recht:

Je mehr Zwerge anwesend waren, desto stärker und glaubhafter wurden die Illusionen, die der Nutznießer der katalytisch erzeugten Kraft hervorrufen konnte, desto stärker wurden auch die anderen Phänomene.

Psychokinese sollte ebenso möglich sein wie Hellsehen, Telepathie, Levitation, sogar Teleportation... Ja, schier alles war möglich. Es hing dann eigentlich nur noch davon ab, in welche Richtung die Grundveranlagung dessen ging, der sich der Yoron-Kräfte bediente!

Aber Sandy war auch sicher, dass ihre Behauptung stimmte, dass die Stärke davon abhing, wie weit die Yoroner sich unterbewusst dem Willen des Benutzers entgegenstellten! Vielleicht, sogar wahrscheinlich, waren sie in der Lage, große Teile Ihrer katalytischen Kraft zurückzuhalten?

Die Möglichkeiten eines Wesens, das aus dem Unsichtbaren heraus eingreifen konnte, ohne bemerkt zu werden, kam ihr dabei überhaupt nicht in den Sinn, und wenn doch, hätte Maria Scott dies wohlweislich verhindern müssen, um ihre eigene Tarnung nicht zu gefährden.

Sandy dachte jetzt noch daran, dass sie noch nicht einmal definitiv wusste, womit die Kyphorer die Yoroner unter Druck setzten. Eine Todesdrohung konnte es nicht sein, denn wenn sie die Yoroner umbrachten, hatten sie nichts davon!

Konnte also wirklich allein die Drohung, sie von ihrem Heimatplaneten weg zu bringen, ausreichen, sie parieren zu lassen?

Ja, vielleicht hing es sogar mit irgendwelchen anderen Rätseln zusammen, die die Zwerge umgaben und die unter anderem besagten, dass ein Yoroner eben außerhalb seines Planeten nicht lebensfähig war, was möglicherweise sogar noch schlimmer sich auswirkte als nur der Tod?

Unter Umständen gab es eine bestimmte Erdstrahlung oder eine Sonnenstrahlungskomponente, die nur hier existierte und ohne die die Zwerge nicht leben konnten.

Vielleicht besaßen die Kyphorer aber auch als Druckmittel eine Möglichkeit, gerade diese Strahlung zu manipulieren?

Sandy wusste es nicht – und Maria Scott würde es ihr nicht mitteilen, weil es letztlich für das Gelingen ihres Planes unerheblich blieb.

Und Sandy konnte auch nicht gerade hingehen und die Kyphorer fragen, ohne sich verdächtig zu machen.

Wahrscheinlich wusste jeder Kyphorer, der nach Yoron kam, darüber Bescheid, außer ihr!

Eigentlich war sie ganz froh darüber, dass die Zwerge Yoron nicht verlassen konnten. Allein die Vorstellung, dass die Kyphorer andere Planeten nur durch den Einsatz katalytisch-synthetischer Para-Kräfte kontrollieren konnten, war niederschmetternd.

Auch, dass sie sich auf Yoron jederzeit der Kräfte der Zwerge bedienen konnten, war schon schlimm genug. Es musste eine Möglichkeit geben, dieses Schwert stumpf werden zu lassen. Aber wie?

Sandy wusste, dass sie den Kyphorern diesen Planeten nicht entreißen konnte. Selbst wenn sie hier wie auf Ronca-3 die STAR GATES zerstörte, würde schon bald ein Pyramidenraumer Yoron anfliegen und neue Transmitter montieren. Damit war nichts gewonnen. Einen so wertvollen Planeten würden die Kyphorer niemals aufgeben.

Es musste andere Möglichkeiten geben. Oder sie musste sie auf später verschieben.

Sie grübelte über Professor Holmes nach. Das Verhör und die Gehirnwäsche mussten unter allen Umständen verhindert werden!

„Ah“, murmelte sie, wie um sich selber Mut zu machen, „ich denke, ich werde mir einen Yoroner schnappen und Holmes mit ihm zusammen entführen. Und zwar noch in dieser Nacht!“

*

Auf >Trick Stop< saß Franco Sabaldi drei Craahls und einem kyphorischen Offizier gegenüber. Sie hatten sein Funksignal gehört, ihn festgenommen und wunderten sich anschließend, woher er gekommen sein wollte, weil sie keinen Transmitter hatten entdecken können.

Da wurde ihm klar, dass das verflixte Ding unter einem Tarnfeld lag, das für Augen und Instrumente Unsichtbarkeit erzeugte.

Mit einer glaubwürdigen Story hätte er sich also die Zerstörung des STAR GATES in der Basis ersparen können.

Aber so war es auch gut.

Er erklärte den Craahls, wie sie den unsichtbaren Transmitter dennoch finden konnten.

Sie fanden ihn erst, als sie schon drinnen waren, und stellten dann fest, dass sie mit dem Gerät nichts anfangen konnten.

„Die Terraner werden so schlau gewesen sein, die Gegenstation zu blockieren“, behauptete Sabaldi, der sich jetzt Fran-Cos nannte.

Er gab sich als einer der kyphorischen Agenten aus, die nach der Kapitulation auf Terra zurückgeblieben waren. Dass er sich als Kyphorer dennoch nicht perfekt mit der kyphorischen Sprache auskannte, konnte er auch begründen:

„Ich ließ mich einem Wissenstransfer unterziehen, um möglichst unerkannt operieren zu können“, sagte er. „Ich lernte sieben terranische Dialekte, in denen ich mich jetzt wie ein Terraner verständlich machen kann. Aber bei dem Transfer muss ein Fehler geschehen sein. Ich habe andere Dinge vergessen. Was es jeweils ist, merkte ich immer dann, wenn ich dieses Wissen eigentlich brauchte.“

„Das ist unmöglich!“, fuhr der kyphorische Offizier auf.

„Doch“, widersprach Sabaldi und war froh, dass man auf Terra das Gerät gefunden hatte, mit dem die Kyphorer Jerry Bernsteins Grundwissen aufgenommen hatten, um es dem Agenten aufzupfropfen, damit der dann Bernsteins Rolle hatte übernehmen können, nach >PHÖNIX< reiste und Bryan Holmes entführte!

Das Gerät war untersucht worden. Die technischen Grundprinzipien waren Sabaldi von Wissenschaftlern erläutert worden, und man hatte auch gesehen, wo sich Bedienungs- und Übertragungsfehler einschleichen konnten. Er konnte seiner jetzigen Behauptung also auch zumindest den theoretischen Beweis nachliefern.

Und genau das tat er jetzt.

„So ganz bin ich noch nicht überzeugt, nicht in Ihnen einen Terraner vor mir zu haben, der sich als Kyphorer ausgibt.“

„Glauben Sie im Ernst, ein Terraner würde das Risiko einer so leicht nachprüfbaren Geschichte auf sich nehmen? Ein Terraner würde sich als Craahl maskieren. Das wäre unauffälliger! Erst später würde er sich weiter vorarbeiten, wenn er genug Informationen gesammelt hätte.“

„Ihren Identitätsausweis haben Sie natürlich nicht.“

„Natürlich nicht! Was glauben Sie, wo ich jetzt wäre, wenn die misstrauischen Terraner ihn bei einer stets möglichen Routinekontrolle entdeckt hätten? Für den Fall eines Hypnoverhörs war ich sogar recht froh, kaum mehr Kyphorisch zu sprechen als ein Terraner, der ein paar Brocken aufgeschnappt hat.“

Jetzt lachte der Kyphorer.

„Ich bin fast geneigt, Ihnen zu glauben, Fran-Cos.“

„Vielleicht überzeugt Sie auch noch die Nachricht, dass die Terraner keine Transmitterkontrolle mehr besitzen.“

Der Kyphorer war über die Vorgänge, die zur Kapitulation seiner Rasse geführt hatten, nicht informiert. Deshalb gestand er, den Wert dieser Information nicht ermessen zu können.

„Aber es gibt andere, die es beurteilen können. Ich werde Sie weiterleiten lassen zu Anta-Gor, dem neuen Zuständigen für den Bereich Sol-System.“

„Oh?“, machte Sabaldi erstaunt. „Hat man The-Faro denn in die sprichwörtliche Wüste geschickt? Würde mich schon sehr wundern, ehrlich gesagt!“

Der Kyphorer grinste nur.

Da begriff Sabaldi, dass der Offizier ihm eine kleine Falle gestellt hatte. Offenbar war The-Faro tatsächlich immer noch am Ball. Und nur ein Kyphorer würde wissen, dass man den Oberkommandierenden als führenden kyphorischen Politiker niemals degradieren konnte, nur weil er einmal eine Niederlage hatte hinnehmen müssen. Da musste etwas von der Mentalität der Kyphorer mitschwingen, was ein Terraner nicht kannte - aber Sabaldi hatte offenbar, ohne es zu wissen, die richtige Antwort gegeben.

„Sie erhalten eine vorläufige Identitätskarte“, eröffnete der Offizier großzügig. „Danach werden Sie nach Ralion geschickt. Dort befindet sich The-Faro momentan. Tragen Sie ihm vor, was Sie zu sagen haben.“

Sabaldi entspannte sich. Die erste große Hürde war genommen.

Galaxis, ich komme, dachte er. Und gleich zu The-Faro, dem damaligen Chefschwein.

Was er nicht ahnte, war, dass dort, wo The-Faro war, sich häufig auch William Maverick aufhielt, der Renegat.

Sabaldi und Maverick hatten für MECHANICS INC. gearbeitet, der eine als SURVIVAL-EXPERTE, der andere als Wissenschaftler.

Sabaldi war Maverick, der als Wissenschaftler immer ein kleines Licht gewesen war, nicht persönlich bekannt.

Aber Maverick kannte natürlich Sabaldi.

Vielleicht erkannte er ihn sogar trotz der Maske?

Von dieser Gefahr ahnte Franco Sabaldi alias Fran-Cos jedoch noch nichts.


  1. Siehe Band 169/170: „Jenseits der Welten“ von Wilfried A. Hary und W. K. Giesa

10

Ken Randall betrat die Zentrale der EXCALIBUR. Er legte einen Behälter auf das Kommandopult, der die Abmessungen einer Aktentasche hatte.

„Programme“, sagte er.

Er öffnete den Behälter.

Violettschimmernde Folien, in transparente Hüllen verpackt.

„In diesen Folien sind die Daten gespeichert, die der Basis durch die Löschung fehlen. - Wie geht es Scee?“

„Er ist wieder auf dem Damm, sagt Doc Uary“, berichtete Tanya. „Aber er kann nicht sagen, was in ihm diesen Blackout ausgelöst hat. Ihm fehlt die Erinnerung von dem Moment an, in dem er den Raum betrat, in dem wir uns befanden.“

„Er hat also Lady Namenlos nie gesehen?“

„Mit Sicherheit nicht. Könnte es sein, dass ihr Anblick für ihn so etwas ist wie der Teufel für uns?“ Tanya lächelte. „Symbolisch gemeint, meine ich.“

„Ich weiß es nicht“, erwiderte Ken. „Und ich habe auch nicht vor, an dieser Sache zu experimentieren. Ich möchte unseren Freund nicht noch einmal zu Boden gehen sehen. Was war das eigentlich für ein Bild, das ihr gefunkt habt? Lady Namenlos reagierte darauf recht überraschend.“

Er berichtete von dem abgeschlossenen Handel, der zu dem Datenpaket geführt hatte.

„Und du glaubst, dass das tatsächlich Datenpakete sind?“

Er nickte.

„Unlöschbar, wie sie behauptete, und sie hat es eigentlich nicht nötig, uns zu belügen. Wir sollten jetzt dem Handel entsprechend 3-GHAL verlassen und nach Terra zurückkehren. Außerdem: Je eher wir dort sind, desto schneller ist die Basis wieder einsatzklar.“

Tanya nickte.

„Dieser Zwerg saß in der Robothülle“, eröffnete sie dem staunenden Commander.

„Verblüffend“, gestand Ken. „Eine originelle Lösung. Aber weshalb maskieren diese Zwerge sich so? Yoroner hat Lady Namenlos sie genannt und verlangt, dass wir die Daten löschen.“

„Was wir natürlich nicht tun werden“, warf Scott ein.

Ken sah ihn kopfschüttelnd an.

„Vertrauen gegen Vertrauen“, meinte er. „Ich habe ein Versprechen gegeben, und dazu stehe ich. Sobald wir wissen, dass die Basis wieder programmgesteuert wird, werden wir diese Informationen löschen.“

Er lächelte.

„Was nicht heißt, dass wir uns in der Zwischenzeit nicht damit befassen werden. Diese Roboterzwerge könnten mich schon reizen. Etwas ist mit ihnen nicht in Ordnung. Aber ich weiß nicht was.“

Er ließ sich in seinen Sessel fallen.

„Kommandant an alle Stationen. Klar Schiff zum Start. Countdown läuft. Null in einhundert Minuten.“

Einhundert Minuten später startete die EXCALIBUR und verließ den Planeten 3-GHAL, wie die Abmachung es verlangte.

Tanya seufzte:

„Nur schade, dass wir Basis-II nicht mitnehmen konnten! Die darin lagernden Raumschiffe wären eine großartige Verstärkung unserer Flotte geworden.“

„Und auch ein großartiges Risiko“, gab Ken zurück. „Erinnert euch daran, dass das kyphorische Gesetz allen Nicht-Kyphorern die überlichtschnelle Raumfahrt verbietet! Wenn einer unserer Raumer zufällig einem kyphorischen Schiff in die Ortung läuft, geht der Höllentanz von neuem los.“

*

Die Herrin der Urwelt saß lange ruhig da und versuchte, ihre Gedanken wieder in geordnete Bahnen zu lenken.

An diesem Terraner Ken Randall war etwas Besonderes. An den Terranern überhaupt?

Als sie gekommen waren, hatte sie sie zunächst für Kyphorer gehalten, die sich Basis-I angeeignet hatten. Denn von der Übernahme jener Basis wusste sie durch ihre Beobachtungsraumschiffe.

Aber die Terraner verhielten sich atypisch. So hatte sie ihnen gestattet, zu ihr zu kommen.

Sie wollten Daten?

Doch auch wenn sie nicht so wie die Kyphorer waren, waren sie dennoch ein kriegerisches Volk. Und die Dunkelhaarige verabscheute den Krieg. Zu lange hatte ihre Art einst einen erbarmungslosen Krieg geführt. Wie sinnlos war doch alles gewesen!

Frieden musste herrschen, Handel und Verkehr, damit ein Volk leben konnte.

Aber dieser Terraner Randall hatte sie verunsichert. Er hatte sie dazu gebracht, Dinge zu tun, die sie nicht wollte.

Er musste es geschafft haben, sich der Yoroner zu bedienen. Anders konnte die Herrin von 3-GHAL sich ihr Nachgeben selbst nicht erklären.

War sie den Terranern nicht schier unendlich überlegen gewesen? Und wieso hatte sie diese Überlegenheit nicht einfach genutzt, noch nicht einmal gegen einen einzelnen Terraner wie Ken Randall?

Überhaupt hatten die Terraner die Yoroner entdeckt, die sich in den schützenden Hüllen befanden. Nur in ihnen fanden sie die gleichen Überlebensbedingungen vor wie auf ihrem eigenen Planeten. Eine Möglichkeit, von der die Kyphorer nicht einmal etwas ahnten!

Die Dunkelhaarige hatte sich der Katalysator-Kraft der Yoroner bedient, um anfangs die Illusionen zu schaffen, und auch, um Ken Randall als Zeichen der Stärke und Unbeugsamkeit in sein Raumschiff zurückzuteleportieren.

Aber Randall und seine Terraner hatten durchschaut, dass Yoroner hier aktiv waren, und Randall musste die Yoroner benutzt haben, um sie, die Planetenherrin, damit zu verunsichern und dazu zu zwingen, die Daten zu übergeben.

Er war ein gefährlicher Mann, der über einen unglaublich starken Willen verfügte. Sie hatte es wirklich nicht geschafft, ihn ein zweites Mal in sein Schiff zurück zu teleportieren!

Sie verstand das nicht.

Aber dieser Mann faszinierte sie.

Er faszinierte sie so sehr, dass sie am liebsten Millionen von Lichtjahre zwischen ihn und sich gebracht hätte, um sich nicht in der Faszination seiner Stärke und Fremdheit zu verlieren.

Sie befahl den Yoronen in ihren Roboter-Hüllen, an Bord ihres Fernraumers zu gehen. Dann, als das geschehen war, versiegelte sie die Basis. Sie wollte zunächst fort von hier, weit fort. Später konnte sie immer noch zurückkehren und die Basis auf einen anderen Standort programmieren.

Als sie ebenfalls ihr Fernraumschiff aufsuchte, dachte sie wieder an Randall und hoffte, dass er sein Versprechen einhielt und die Daten über die Yoroner aus der Tronic seines Raumers löschte. Niemand durfte erfahren, dass mit diesen speziellen Hüllen Yoroner außerhalb ihrer Welt leben konnten - vor allem Kyphorer durften es nicht erfahren. Und sie mussten auch nicht wissen, dass diese Yoroner ihr aus freiem Willen halfen und sie damit superstark werden ließen – noch stärker als sie es ohnedies schon war.

Denn natürlich hatte sie selber PSI-Kräfte, obwohl sie das vor den Terranern aus verständlichen Gründen geleugnet hatte. Sie wäre auch ohne Yoroner ausgekommen. Solche Effekte, wie die Illusionen, die sie den Terranern anfangs vorgegaukelt hatte, ja, die wären nicht möglich gewesen. Sie hätte halt andere Mittel einsetzen müssen, um die beabsichtigte Wirkung zu erzielen.

„Start!“, befahl sie.

Und ihr Raumschiff nahm selbständig Fahrt auf und verschwand in den Tiefen des Weltalls.

Ken Randall, ich will dich niemals wiedersehen. Aber ich muss es, denn ich fühle, dass du mein Schicksal sein wirst!

Ich, Yulendra!

Wie Xybrass, der wie ich die Sehnsucht nach dem Tod im Herzen trägt und doch nicht sterben kann.

Wir, die letzten beiden der Dhuuls!

*

Als die EXCALIBUR senkrecht zur Ekliptik das Tarr-System verließ und mit dem Phasenpuls-Antrieb der nötigen Sprunggeschwindigkeit entgegenstrebte, ortete Calaroni eine weitere Schiffsbewegung auf dem Planeten.

„Von der Basis startet soeben ein Raumschiff!“, meldete er.

„Oh“, sagte Scott. „Madam belieben misstrauisch zu sein. Sie schickt uns einen Beobachter nach, der sich vergewissert, dass wir das System tatsächlich verlassen.“

„Sir, das Energiespektrum unterscheidet sich stark von dem eines Dodekaeder-Raumers“, wandte Calaroni ein. „Das ist ein völlig anderer Typ!“

„Pyramide?“

Tanith Callahan schüttelte den Kopf, kaum, dass ihr die Bemerkung herausgerutscht war.

Kyphorische Pyramidenraumer landeten ihres Wissens nach normalerweise nicht auf Planeten. Die unvermeidliche Reibungshitze und der Luftdruck deformierten den umhüllenden Gitterkäfig und machten den Transitantrieb unbrauchbar. Die Kyphorer besaßen Zubringerschiffe oder benutzten für gewöhnlich STAR GATES, um ihre Raumer zu betreten oder zu verlassen.

Allerdings hatte sie auch von Spezialanfertigungen gehört, die das empfindliche Gitternetz gewissermaßen einfahren konnten, um auf Planeten zu landen. Doch gesehen hatte sie das bislang noch nie.

Vielleicht war es ja doch nur ein Gerücht?1

„Ich versuche, ihn besser hereinzubekommen“, versprach Calaroni.

Ken überlegte. Wahrscheinlich war es die Dunkelhaarige, die entweder den Planeten verließ oder einen Kurier irgendwohin sandte.

Sekundenlang spielte der Terraner mit dem Gedanken, das Schiff zu verfolgen. Aber wenn es in die Überlichtphase ging, wie sollte er es am Zielort wiederfinden? Eine Verfolgung wurde in dem Moment sinnlos, in welchem das Raumschiff einen Transit durchführte.

„Achtung, schalte fremdes Objekt auf Projektion“, rief Calaroni. „Raumer beschleunigt mit unglaublichen Werten. Man sollte meinen, da wären nur Roboter an Bord, die diese Beschleunigung ertragen.“

„Oder sie haben noch bessere Andrucksneutralisatoren als wir“, rief Tanya ihm zu.

Die Bildprojektion in der Mitte der Zentrale schaltete um und zeigte jetzt die weitere Umgebung. Neben dem Planeten war nun auch ganz am Rand der Wiedergabe das fremde Raumschiff zu sehen.

„Vergrößerung!“

Die ließ sich mit der großen Holografie nicht mehr verwirklichen, aber wozu gab es Einzelschirme?

Die zeigten, was die Ortung der EXCALIBUR zu leisten imstande war!

Da glaubten sie alle in der Zentrale, in einen bodenlosen Abgrund zu stürzen. Was da flog, war eines jener Schiffe, die sie ihrer Form wegen >Libellen< genannt hatten.

In diesem Augenblick stieß Ken seinen Entschluss um.

„Hinterher! Wir stoppen sie!“

Aber es war zu spät, zumindest zu spät, den Raumer stoppen zu wollen.

Der Libellenraumer erreichte bereits annähernde Lichtgeschwindigkeit knapp außerhalb der Ekliptik und verschwand von einem Augenblick zum anderen mit unbekanntem Ziel, ohne eigens erzeugtes Mini-Black Hole, obwohl es sich um keinen Pyramidenraumer handelte.

War es denn möglich, dass es noch eine weitere Möglichkeit des Transits zwischen den Sternen gab, von der niemand auf der EXCALIBUR jemals etwas gehört hatte?

Im nächsten Moment stürzte die EXCALIBUR in das vor ihr künstlich erzeugte Mini-Black Hole, durchraste ohne messbaren Zeitverlust eine riesige Distanz durch die auf hundert Prozent verstärkte Raumkrümmung und erschien in unmittelbarer Nähe des heimatlichen Sol-Systems aus einem zweiten Mini-Black-Hole wieder im Universum.

So war es als Ziel zumindest beabsichtigt gewesen.

Und dann wussten sie, dass sie ganz woanders herausgekommen waren.

Erstes Anzeichen hierfür war die Ortung des Libellenraumers mit der geheimnisvollen Fremden an Bord!

Wie war es möglich, dass sie dem Libellenraumer hatten folgen können, ohne dessen Ziel zu kennen?


  1. Siehe jedoch Band 24: „Die Rebellen von Moran-Dur“ von Frank Rehfeld

11

Da materialisierte jemand in der Zentrale, den sie nur allzu gut kannten:

Xybrass!

Er wirkte ungewöhnlich ernst, als er sich umsah.

Sein Blick blieb schließlich an Ken Randall hängen, und bevor noch jemand etwas sagen konnte, meinte er:

„Sie sind leider nicht vollzählig. Es fehlen noch ein paar äußerst wichtige Personen Ihres Grundteams, nämlich Dr. Dimitrij Wassilow, Dr. Yörg Maister, Mario Servantes, Juan de Costa und Dr. Janni van Velt.“

Dann winkte er in einer eher lässig anmutenden Art ab und fügte hinzu:

„Nun, sei es drum. Jetzt seid ihr schon mal hier, und jetzt werdet ihr endlich erfahren, wer ich bin und wer Yulendra ist. Sie hat gewissermaßen den Test bestanden, als sie so reagierte auf meinen Namen wie sie reagierte. Denn es ist von erheblicher Bedeutung, dass sie nichts von alledem weitergeben wird an die Hor-Hekenu.“

Niemand hakte nach dieser Eröffnung nach.

Ken fragte lediglich, wo sie sich hier überhaupt befanden, ohne die Frage anzufügen, wie so etwas denn eigentlich möglich sein konnte.

Die Antwort war lapidar:

„Wir sind dort, wo alles begonnen hat – in jenem Sonnensystem, in dem die Rasse der Dhuuls entstand – und wo sie schließlich für immer ihren Niedergang fand, durch die Schuld der beiden letzten der Dhuuls: Yulendra und mir!“

Xybrass legte eine Kunstpause ein, während der es niemand wagte, ihn zu stören.

Dann fuhr er fort und klang dabei ungewöhnlich kleinlaut, wie jeder bemerken konnte:

„Unsere Unsterblichkeit - und dass uns dadurch verwehrt wird, uns weiter zu entwickeln zu Metawesen gleich der Hor-Hekenu - ist die Strafe für unser unvorstellbares Verbrechen und die Cheekah allein schon mit ihrer Existenz die unleugbaren Beweise.

Und falls die Hor-Hekenu, jene Metawesen, zu denen die meisten der überlebenden Dhuuls damals, vor fünftausend Jahren, am Ende des Großen Krieges gegen die Uralten, jemals erfahren, was hier gespielt wird, werden sie aus ihrer interessenlosen Lethargie erwachen, um wieder teil zu haben an der Welt der Lebenden, und das kann es für uns nur noch schlimmer werden lassen.

Sie allein sind nämlich der Grund für all jene Vorsichtsmaßnahmen, die ich die ganze Zeit über habe treffen müssen!

Um mich zu schützen und damit euch, ja, die ganze Menschheit. Denn ausgerechnet die Menschheit ist auf einer Welt entstanden, die eine Besonderheit hat in diesem Universum.

Seit einer Milliarde Jahren, um genauer zu sein…“

*

„Was, zum Teufel, ist denn nun wieder los?“, polterte die Stimme in der Dunkelheit. „Ein alter Mann wie ich braucht auch mal Ruhe!“

„Licht!“, befahl Sandy Torrance auf Kyphorisch.

Die Schaltung reagierte und ließ es in der Zelle hell werden.

Hinter der Terranerin stolperte der aufgeregte Yoroner mehr in die Zelle als dass er ging.

Seinen Unterjochern schaden, ohne dass jemand merkte, was los war, ja, ohne dass jemand auf die Idee kam, ein Yoroner sei beteiligt, ja!

Sandy konzentrierte sich. Ihr Wille rief längst die Illusion von Dunkelheit und Stille hervor.

Der Yoroner arbeitete gern und freiwillig - das hieß, er arbeitete nicht, er war nur einfach da, was vollkommen ausreichte.

Wenn Sandys Vermutung nicht stimmte und die Katalysator-Energie nicht ausreichte, um die Überwachungsgeräte zu täuschen, war in ein paar Minuten hier die Hölle los.

Sandy Torrance ging das Risiko ein. Sie hatte die Flucht geplant. So oder so - sie würde noch in dieser Nacht Yoron verlassen. Mit einem lebenden Professor Holmes an ihrer Seite oder mit einem toten.

Er durfte Terra nicht verraten.

Was sich wirklich in Zelle 17 abspielte, durften die Kyphorer nach menschlichem Ermessen jetzt nicht einmal mehr andeutungsweise erkennen.

Sie warf Holmes eine Kombination zu.

„Anziehen!“

„Was ist das für ein neues Spiel?“, wollte er misstrauisch wissen. „Gefällt Ihnen mein Mister-Universum-Körper plötzlich nicht mehr? Was soll ich außerdem mit einer kyphorischen Uniform?“

„Bron-Tüd braucht sie nicht mehr, und Sie haben seine Größe“, erklärte sie.

„Was ist mit...?“

Sie machte die typisch menschliche Geste des Halsabschneidens.

Da erst begriff Holmes, dass sie die ganze Zeit über in seiner Sprache geredet hatte, ohne einen Translatorkristall zu benutzen!

„Was…?“

„Nun machen Sie schon, oder wollen Sie >PHÖNIX< im Adamskostüm wiedersehen? Mir völlig egal.“

Er sortierte die Uniform, legte sie an.

Kopfschüttelnd sah er immer wieder von Sandy zu dem Yoron-Zwerg.

„Der Verdacht, den Sie meiner Meinung nach haben, ist richtig, Holmes“, erklärte sie schnell. „Sie haben Bron-Tüd und mir vor ein paar Stunden eine Show geliefert, die ihn zum Nachdenken brachte. Schade, dass er seine Gedanken nicht mehr weitergeben kann, aber wenn Sie sich nicht beeilen, erwischt man uns.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752136401
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (März)
Schlagworte
STAR GATE fantastisch SF SG science fiction Fantastik Phantastik SciFi Roman Abenteuer Fantasy

Autor

  • Wilfried A. Hary (Autor:in)

Nähere Angaben zum Herausgeber und Hauptautor siehe Wikipedia, Suchbegriff Wilfried A. Hary
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Titel: STAR GATE – das Original: Die 19. Kompilation