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Deine Roten Augen

von Jorn Straten (Autor:in)
68 Seiten

Zusammenfassung

Mit dem Geschrei der Möwen enden die Träume. Er steht nackt, rauchend am Fenster und schaut über das Meer. Bis erste Sonnenstrahlen auf ihren nackten Rücken fallen. Gesichter, Stimmen, Körper, roter Lippenstift am Spiegel. Augenblicke der Ewigkeit schlafen unter der Haut. Alte Narben verschwinden. Er berührt den Sinn, verlangt Unsterblichkeit. Hier, mit ihr, am Wendekreis seines Lebens. Nach "Durch die Nacht" ein neues Buch mit Gedichten und Prosa von Jorn Straten.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Der Autor

Jorn Straten wurde 1972 in Goslar geboren. Nach einem Abschluss in Tourismus und Marketing war er für einen Reiseveranstalter tätig. Er lebte mehrere Jahre in München und arbeitete dort u.a. für eine Fluggesellschaft, Fernsehsender und ein Münchner Verlagshaus. Mitte 2009 wurde es Zeit für Veränderungen und so zog es ihn in die Toskana, wo er für ein Unternehmen aus dem Bereich Collaborative Marketing tätig war. Später gründete er in Italien eine eigene Firma. Nach den Büchern Sextant, Phantominsel und Flaschenpost folgte der Gedichtband Tanz der Sirenen und Durch die Nacht. Seit mehreren Jahren lebt Jorn wahlweise in Italien und Indonesien.

Das Buch

Mit dem Geschrei der Möwen enden die Träume. Er steht nackt, rauchend am Fenster und schaut über das Meer. Bis erste Sonnenstrahlen auf ihren nackten Rücken fallen. Gesichter, Stimmen, Körper, roter Lippenstift am Spiegel. Augenblicke der Ewigkeit schlafen unter der Haut. Alte Narben verschwinden. Er berührt den Sinn, verlangt Unsterblichkeit. Hier, mit ihr, am Wendekreis seines Lebens.

Nach "Durch die Nacht" ein neues Buch mit Gedichten und Prosa von Jorn Straten.

Kreise

Seeluft und
Meeresrauschen.
Deine ruhenden
Augen.

Alles dumpf.
So ruhig.
Die Seele
schwebt.

Barfuß in
den Dünen,
die warme
Sonne.

Nackte Haut
im Sand.

Möven
ziehen neidisch
ihre Kreise.

Berlin 112

Allein unter Freunden,
hoffnungslos betrunken,
im Taumel der Nacht.

Auf den Straßen Berlins
verlief oft alles anders,
als es sollte.

Die Hure neben mir,
sie tat mir leid, denn es
lief nicht so, wie geplant.

Viel zu viel war falsch,
in einer Zeit ohne Halt,
vielleicht sollte es so sein.

Vom Rausch beschützt,
selbstbelogen in der Nacht,
bis der Tag anbrach.

Auf dem Heimweg
einen stummen Schatten
in meinem Geleit.

Und jeden Morgen
diese Angst
vor dem Spiegel.

Ich konnte
nicht mehr hören,
wie leid es mir tat.

Du bist ein Schwein.

Berlin.

Santo Prepuzio

Auf einem Felssporn im Nebel
lag schlafend das Dorf
der Hippies und Hexen.

Die Suche nach der Vorhaut
von Jesus von Nazareth
führte nach Calcata.

Das Dorf wirkte, als ob
es auf etwas warten würde,
einem Zauber erlag.

Weder Hippies noch Hexen
oder gar Teile einer Vorhaut
kreuzten meinen Weg.

Und doch war dort etwas,
man konnte es fühlen,
etwas melancholisches.

Vielleicht war es die Luft,
die Träume durch die
Gassen trug.

Vielleicht

Vielleicht morgen,
wenn die Sonne durch
das Fenster scheint.

Vielleicht morgen,
wenn sie nackt auf
der Fensterbank sitzt.

Vielleicht morgen,
wenn die Glut ihrer Kippe
in der Kaffeetasse zischt.

Vielleicht morgen,
wenn die Kissenschlacht
in meinen Armen endet.

Vielleicht morgen,
wenn sie mich weckt,
mit einem feuchten Kuss.

Vielleicht morgen,
wenn sie wieder
neben mir liegt.

Le Bar À Moules

Trenet, Aznavour, Brassens,
Piaf, Bécaud, Brel, Gainsbourg.
Melodien, unsterbliches Timbre.

Frisches Baguette zerbrach
zwischen meinen Fingern,
tauchte in Muschelsud.

Mir wuchsen vier Hände
für Muscheln, Brot und Wein.
Der Sud, die Gier.

Die Bucht von Arcachon,
die Meeresluft, die Sonne,
Gitanes und guter Wein.

Sinne verloren sich,
wie Salz in der Luft.

Drachenflug

Er hielt sprachlos
zwei Flaschen Bier
in der linken Hand,
sie hatte ihn verlassen.

Unter ihrem leeren Glas
ein Zettel auf dem stand:
»Wir sehen uns wieder,
am anderen Ende der Welt.«

Er taumelte aus der Bar,
ging hinunter zum Strand,
wo er sie in Gedanken
vor sich sah.

Sie lachte, ihre Haare
wehten im Wind, er sah,
wie sie an der Schnur des
roten Drachen zog.

Sie lagen dicht an dicht
im warmen Sand,
teilten sich die
letzte Zigarette.

Und immer wieder
dieser rote Drachen,
der über ihren Köpfen
im blauen Himmel stand.

Er ließ sich treiben,
sie ließ sich fallen, er stieg
wieder auf, dieses feine
Rauschen im Wind.

»Wir sehen uns wieder,
am anderen Ende
der Welt. «

Abschiedsformel

Das ist für denjenigen,
der von den Wellen auf das
offene Meer getragen wurde.

Das ist für diejenige,
die mit Lippenstift am Spiegel
»Willkommen im Aids-Club« las.

Das ist für denjenigen,
dem die Kippe runterfiel und
dessen Auto sich überschlug.

Das ist für diejenige,
die auf ihrem Heimweg vom
Taxifahrer vergewaltigt wurde.

Das ist für denjenigen,
der sich mit seiner Pistole
durch die Hand schoss.

Das ist für denjenigen,
der mit tränenden Augen
von der Brücke fuhr.

Das ist für denjenigen,
der wegen Krebs
von uns ging.

Das ist für diejenige,
die wegen ihren Drogen
zu Grunde ging.

Das ist für denjenigen,
der von seinem Vater
geschlagen wurde.

Ich wollte Euch immer
etwas sagen, wollte fragen,
wie es Euch geht.

Und ließ es
immer bleiben.

Ich hoffe,
es geht euch besser,
dort, wo ihr seid.

Nachts im Freibad

Wir zogen uns aus,
rannten nackt durchs Bad,
zum weißen Sprungturm,
kletterten die Leiter
hinauf zum Siebener.

Dieser eine Windhauch,
ich sah ihre Gänsehaut,
als wir an der Kante,
an den Zehen vorbei,
in die Tiefe blickten.

Die Schwärze der Nacht
verhüllte alles, außer das
glänzende Wasser unter uns.
Es lag da, wie die Tür zu
einer fremden Welt.

Der Sprung Hand in Hand,
sie schrie vor Freude,
bis wir ins Wasser tauchten,
sich unsere Körper berührten.

Sekunden wurden Minuten,
bis wir auftauchten
und ich ihr Lächeln,
ihre grünen Augen sah.

Um uns herum
Blaulicht
und
Sirenen.

Doch auch sie
konnten uns nicht
mehr stoppen.

In diesem Sommer.
Neuzehnhundert
neunzig.

Lebenslinie

Wir essen, trinken, scheißen,
schlafen ein halbes Leben lang,
stehen immer wieder auf,
in dieser Wiederholung.

Wir suchen Freude, den Sinn.
Wissen von Trauer und Hass,
all das begleitet uns durch
Tag und Nacht.

Suchend nach der Hälfte,
tanzen wir blind an ihr vorbei,
in schrillen Nächten
und lauter Musik.

Ratlos klammern wir uns
an den Strohhalm der Freude,
sie lebt weit unten,
auf dem Flaschenboden.

Gekauftes Leben auf Zeit.
Das Haus am Meer, die Sonne,
der Regen unter einem Himmel
voll kleiner, weißer Wolken.

Dort lassen wir uns fallen,
verlassen uns immer wieder
auf den nächsten Tag.

Folgen dem Schicksal,
bis in den Tod.

Unsichtbar

Nachts tanzen
kleine Menschen auf
dem Felsen im Meer.

In der Dunkelheit
leuchten gelblich
ihre Augen.

Nur eine Handvoll
aller Menschen
können sie sehen.

Sie wissen schon,
warum.

Schon so spät

Er saß alleine am Tresen,
kurz vor halb zwei und
dachte über das Ende nach,
erinnerte sich an den Artikel
über das Leben nach dem Tod
und zwar als Baum.

Das klang besser, als in einem
der fünf Ozeane als Fischfutter
zu enden. Aber was passiert,
wenn der Baum gefällt wird,
werden dann Bretter
aus ihm gesägt?

Endet er einsam als Sekretär,
oder sogar als Barhocker?
Mit dem letzten Gedanken
konnte er sich anfreunden,
dann wäre er genau dort,
wo er sich immer frei fühlte.

Vielleicht wird dann sogar
ein netter Arsch irgendeiner
Blondine auf ihm sitzen.
Aber was, wenn sich
ein Fettsack mit fettigen Haaren,
stinkendem Schritt auf ihn setzt?

Dennoch klang es gut und er
würde es mit dem Anwalt klären,
dachte er, als er die Bartür
aufzog und, noch von
seinen Gedanken benebelt,
in die Nacht verschwand.

Als er die Straße überquerte,
erfasste ihn ungebremst
ein 40-Tonner mit der Werbung
“Nicht nur der Regenwald stirbt”.
Er flog fast 10 Meter weit,
durch eine wunderschöne,
sternenvolle, dunkle Nacht.

Im Flug dachte er,
wie schön doch die Sterne
in ihren Konstellationen
dort oben am Himmel stehen,
daß sich niemand Zeit nimmt,
sie zu sehen.

Als er auf dem Asphalt aufschlug
und sein Kopf auf einer Seite
zur Ruhe kam, sah er
einen dicken,
fetten Wurm.

Also keine Blondine,
auch kein Fettsack.

Nur ein scheiß Wurm.

Mahlzeit!

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752136630
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (März)
Schlagworte
Gegenwartsliteratur Poesie Gedichte Gedichtsammlung Poetry

Autor

  • Jorn Straten (Autor:in)

Jorn Straten wurde 1972 in Goslar geboren. Nach einem Abschluss in Tourismus und Marketing war er für einen Reiseveranstalter tätig. Er lebte mehrere Jahre in München und arbeitete dort u.a. für eine Fluggesellschaft, Fernsehsender und ein Verlagshaus. Mitte 2009 wurde es Zeit für Veränderungen und so zog es ihn in die Toskana, wo er für ein Unternehmen aus dem Bereich Collaborative Marketing tätig war. Später gründete er eine Firma in Italien. Zur Zeit lebt Jorn in Italien und Indonesien.
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Titel: Deine Roten Augen