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Neumondnacht

Ein paranormaler Liebesroman

von Eliza Moon (Autor:in)
65 Seiten

Zusammenfassung

Was würdest Du tun, wenn der König der Vampire Dich in seinem Harem will?

Der Vampirkönig Matheus Lindgern interessiert sich nur für zwei Dinge: Er will die schlechten Beziehungen zu den angrenzenden Königreichen verbessern und eine Partnerin finden, die Königin an seiner Seite werden soll.

Von dem Moment an, in dem Alice sein Schloss betritt, kocht sein Blut. Er weiß, dass er sie will. Aber er ahnt nicht, dass Alice eine mächtige Hexe ist, die ihn spielend leicht vernichten könnte, wenn sie es nur wollte.

Alice ist eine kurvenreiche und wunderschöne Kriegerin, die schon im Krieg gegen Vampire gekämpft hat. Als der Krieg schließlich ein Ende findet, werden Alices Pläne durchkreuzt, ihre Kräfte als Heilerin einzusetzen, als sie auf das Schloss des Vampirkönigs entführt wird.

Alice ist entschlossen, den König zu hassen und so schnell wie möglich zu fliehen. Aber sie weiß, dass sie in Schwierigkeiten steckt, als sie entdeckt, wie sexy Matheus Lindgern wirklich ist.

Selbst als all ihre Instinkte sie vor diesem fatalen Fehler warnen, kann sie nicht anders, als sich in den König zu verlieben, der vielleicht nicht das Monster war, das sie erwartet hat. Ihr Entschluss, nach Hause zurückzukehren, beginnt zu wanken. Vor allem, als sie feststellen muss, dass da noch etwas in ihrem Bauch heranwächst …

Doch schon bald schon muss Alice lernen, dass nicht alle am Hof des Vampirkönigs gute Absichten hegen. Eine tödliche Falle ist im Begriff zuzuschnappen und Alice muss alles dran setzen, um zu überleben und diejenigen zu beschützen, die sie liebt …

Dies ist eine eigenständige Geschichte mit kurvigen Frauen, Vampiren, Magie und Action. Es gibt ein Happy End, also keine Cliffhanger.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Kapitel Eins

Der Sonnenuntergang malte den Himmel in satten, goldenen Farbtönen über den hoch aufragenden Nadelbäumen. Gemütlich richtete sich die Welt auf eine ruhige Nacht ein. Alice schritt mit einem Korb voller erster Frühlingsblumen und Kräutern an der Hüfte auf einem nebeligen Pfad hinab, der zu ihrer Hütte führte. Sie war entschlossen, diese zu erreichen, bevor der Tag gänzlich in die Nacht glitt. Alice zog die Tür zu ihrem Häuschen auf, das gleichzeitig auch ihren Laden beherbergte, trat ein, zog den feuchten Umhang von ihren Schultern und ließ ihr lockiges, kastanienbraunes Haar wie ein Wasserfall auf ihre Schultern fallen.

„Du warst aber lange weg“, kam eine samtige Stimme gedehnt aus einem Winkel des Raums. Auf Alices unordentlichem Schreibtisch lag über einem Stapel Bücher ausgestreckt ein schlanker schwarz-weißer Kater, der sie mit seinen gelb-leuchtenden Augen anstarrte. „Ich dachte mir, du würdest dich vielleicht beeilen nach Hause zu kommen, wo heute Nacht Neumond ist“, fuhr er fort, während er seine Pfote mit einem gleichgültigen Gesichtsausdruck leckte.

„Hätte ich Zweifel, dass die Dörfler meine vorübergehende Schwäche ausnützen könnten, hätte ich mich beeilt. Aber da ich nicht länger als Söldnerin diene, muss ich mir keine Sorgen machen. Trotzdem danke für deine Anteilnahme, Talon“, antwortete Alice und stellte ihren Korb mit ihrer Ausbeute auf den Tisch, um sie zum Trocknen herauszunehmen und zu sortieren.

Seit fast hundert Jahren war Talon nun ihr Gefährte. Alice hatte ihn aufgenommen, nachdem sie ihn in den verfallenen Ruinen einer Stadt gefunden hatte, die durch einen der vielen Kriegsherren zerstört worden war. Damals war sie angeheuert worden, gegen sie zu kämpfen. Talon war nur ein Kätzchen gewesen und jetzt, nach all den Jahren, denen er Magie ausgesetzt gewesen war, hatte er nicht nur Unsterblichkeit, sondern auch einen Platz an ihrer Seite als Vertrauter erlangt. Er war ihr liebster Gefährte und seit Langem schon ihr einziger Freund.

„Ich bin auf einen fantastischen Fleck voller Blumen gestoßen, nahe dem Bach, den wir neulich entdeckt haben. Außerdem habe ich endlich auch das Mutterkraut gefunden, das ich für den Schild-Zauberspruch benötige. Du weißt doch, ich wollte damit meinen Talisman besprechen“, sagte Alice, während sie fortfuhr, Blumen zu sortieren. Anschließend ging sie hinüber zu ihrem Herd, um Teewasser aufzusetzen.

„Ich entsinne mich. Du hast mich in den Strom fallen lassen, als ich dieser Maus nachgestellt habe, du boshaftes Weib“, sagte Talon verschnupft und bedachte Alice mit einem wütenden Blick, worauf sie schnaubte und sich neben ihm an den Tisch mit ihrem Tee setzte.

„Du wärst nicht hineingefallen, wenn du auf mich gehört und das arme Mäuschen in Ruhe gelassen hättest“, summte die junge Frau, während sie eines ihrer Notizbücher aufschlug und hastig die Anleitung für das Mutterkraut notierte. Alice hatte die Tendenz, Dinge zu vergessen, wenn ihr zu viele Sachen im Kopf herumschwirrten. Sie war eben keine 140 mehr. „Ist irgendwas Spannendes in der Stadt passiert, während ich unterwegs war? Ich nehme doch an, dass du die Dörfler ausspioniert hast?“, lächelte Alice, als der Kater sie anfunkelte.

„Ich habe nicht spioniert, ich habe lediglich Feldforschung betrieben. Aber ja, ich habe tatsächlich etwas Sonderbares bemerkt“, sagte Talon, während er gähnte und sich streckte. Erst dann fuhr er fort: „Ich habe eine Gruppe Neuankömmlinge gesehen, die mir doch eher verdächtig erscheinen. Die sind ums Gasthaus herumgeschlichen. Fahle, rote Augen ... Ich denke, du verstehst schon, warum mich ihre Ankunft neugierig macht.“ Alice silberne Augen blitzten interessiert.

„Vampire? So weit im Norden? Das ist tatsächlich merkwürdig.“ Sie runzelte ihre Stirn und drehte sich auf ihrem Stuhl, um ein Buch vom Regal zu angeln. „Ich dachte, sie würden niemals ihr Territorium im Westen verlassen. Zumindest nicht, nachdem sie ihr Gebiet an die Gestaltwandler vor zwanzig Jahren verloren haben“, murmelte Alice und schlug ihr Buch auf, um sich die Karte im Buchinneren anzusehen. „Ostende mihi“, befahl sie. Die Buchseite leuchtete auf, nur um kurz darauf wieder zu erlöschen. Alice fluchte.

„Neumond, meine Liebe. Du wirst deine Zauberkräfte mindestens bis morgen nicht nutzen können“, erinnerte sie Talon mit einem wissenden Summen.

Alice funkelte den Kater mit einem irritierten Blick an, schloss das Buch und lehnte sich zurück auf ihren Stuhl. Das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, waren Vampire, die in der Nähe ihres Dorfes herumschlichen. Die gutmütigen Dörfler standen seit dem Ende des letzten großen Krieges, in dem Menschen, Wandler und Feenwesen vereint gegen die Kreaturen der Nacht gekämpft hatten, unter ihrem Schutz.

„Meinst du, ich habe genug Energie, um einen Abwehrzauber um die Stadt zu legen?“, brummte Alice, während sie mit ihrer feingliedrigen Hand ihre vollen, braun gebrannten Wangen gedankenverloren rieb.

„Ich nehme an, das hängt davon ab, ob du meinen Anweisungen gefolgt bist und tatsächlich ein wenig Magie aufgespart hast oder nicht“, murrte Talon und blickte seine Herrin an. Als diese nur stöhnte und ihren Kopf schüttelte, ließ der Kater ein spöttisches Lachen erklingen.

„Tja, dann müssen wir es eben mit altbewährten Mitteln angehen“, sagte Talons Herrin wütend und sprang vom Stuhl auf, um schnell ihre Uniform anzuziehen, die sie seit Jahren nicht mehr getragen hatte: ein Paar Kniebundhosen, durchwoben mit Magie, und einen passenden Waffenrock, der sich ein wenig zu eng um ihre üppigen Formen schloss. „Da hab ich vermutlich seit meiner Zeit als Soldatin ein wenig zugelegt. Das werde ich wohl weiter machen müssen“, beschwerte Alice sich.

„Ich wollte nichts gesagt haben“, brummte Talon und glitt neben sie auf den Fußboden, während sie ein gefährlich aussehendes Messer um ihre Hüfte schnallte. „Willst du diese Typen wirklich bekämpfen? Das scheint mir nicht sonderlich schlau.“

„Gegen die kämpfen? Ich hoffe nicht. Ich möchte sie nur freundlich daran erinnern, dass dies ein geschütztes Gebiet ist und sie sich hier nicht ohne ordnungsgemäße Papiere aufhalten können“, antwortete die junge Frau und versuchte, ihr widerspenstiges Haar zu einem Pferdeschwanz zurückzubinden, bevor sie ihren Umhang wieder umlegte und durch die Tür in die nebelige Nacht hinaustrat.

Als sich ein plötzliches Gewicht um Alices Schultern legte und sie ein angestrengtes Ächzen hörte, blickte sie auf und sah Talon faul um ihren Nacken gewickelte. Alice seufzte.

„Du brauchst mich nicht zu begleiten, weißt du“, betonte sie. „Und falls du doch mitkommst, bin ich mir sicher, dass du auch laufen kannst.“ Statt einer Antwort schüttelte der Kater bloß seinen Kopf und rieb seine Nase an ihrer Wange.

„Ich kann dich doch unmöglich alleine einer Horde Vampire gegenübertreten lassen. Du bist nicht in Form und aus der Übung.“ Seine Stimme klang neckisch, aber es schwang auch etwas Ernsthaftes in ihr. Ein Vampir allein war gefährlich, aber in einer Gruppe? Talon wusste so gut wie Alice, zu was diese Kreaturen fähig waren. „Und natürlich könnte ich laufen. Aber der Boden ist schlammig und ich will mir nicht die Pfoten schmutzig machen.“

„Du bist so ein verzogener Quälgeist.“ Talons Herrin rollte mit ihren Augen, während sie eine Woge der Dankbarkeit durchflutete, wohl wissend, dass ihr bester Freund ihr zur Seite stehen würde. Denn einer Vampirgruppe gegenüberzutreten, im vollen Bewusstsein, dass ihre magischen Kräfte gerade am schwächsten waren, konnte bedeuten, dass sie heute Nacht nicht mehr nach Hause zurückkehren würde. Trotz allem verspürte Alice eine Pflicht den Einwohnern des Dorfes gegenüber, die sie aufgenommen und zu einem Teil ihrer Familie erklärt hatten. Alice würde ihre Familie nicht enttäuschen.

Kapitel Zwei

Vampire gehörten zu den tödlichsten Geschöpfen auf dem Planeten. Da sie stärker und schneller als jeder Mensch waren, empfanden sie sich gegenüber bloßen Sterblichen als Götter. Alice hatte sich bereits in der Vergangenheit mit ihnen auseinandersetzen müssen – eine der schlimmsten Narben an ihrem Körper stammte von einem Vampirbiss. Das Biest hatte es geschafft, seine Reißzähne in ihre Körperseite zu schlagen. Zwar hatte Alice es geschafft den Vampir loszuwerden, aber nicht ohne eine beträchtliche Verletzung an ihrer Hüfte davonzutragen.

„Dort!“, grollte Talon. Die weiße Spitze seines Schwanzes tanzte nervös, als sie dem Gasthaus näher kamen und eine kleine Gruppe in ihr Sichtfeld kam. Nickend stützte Alice ihren Kopf auf das Heft ihres Schwertes.

Die Klinge, aus purem Silber geschmiedet und mit Schutzsigillen graviert, war mit dem Blut eines Hohepriesters während der Sommer-Tagundnachtgleiche gesegnet worden. Anschließend war die Klinge in das Heft gesetzt worden, das von einem Drachenreißzahn angefertigt worden war. Das Schwert war eines der wenigen Dinge, die einen Vampir tatsächlich töten konnten. Und Alice hatte jahrelange Übung darin, wie sie die Waffe am besten einsetzen konnte.

Alices volle Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln, als sie sich der Vampirgruppe näherte. Ärgerlich blitzte die junge Frau die Vampire an, als diese ihre Blicke zu ihr wandern ließen und sie anstarrten, als wäre sie eine Delikatesse in der Auslage eines Fleischers.

„Schönen Abend. ‘Tschuldigung, wenn ich euch stören muss, aber ich wollt’ mal fragen, was eine Gruppe von Vampiren, so wie ihr es seid, hier in meinem kleinen Dorf zu suchen hat?“ Alice blickte die Vampire finster an und schätzte dabei deren Stärke ab.

Die Vampirgruppe bestand aus drei Männern, die jeder mindestens einen Kopf größer als Alice waren und reich verzierte Kleidung unter ihren Umhängen trugen. Die Vampire waren so wunderschön wie Marmorstatuen, die Alice in den reich geschmückten Palästen der Kriegsherren gesehen hatte. Das Einzige, was die Blutsauger gefährlich aussehen ließ, war die purpurrote Iris ihrer Augen. Die blutrote Farbe bohrte sich tief in Alices Seele. Die Männer schienen nicht sonderlich beeindruckt von ihrer kleinen Showeinlage, stattdessen waren sie mehr an ihrem vollen Dekolleté interessiert.

„Dreckige Schweine“, knurrte Talon in Alices Ohr, leise genug, dass die Vampire es unmöglich hören konnten.

„Ich entschuldige mich für unser Eindringen“, sagte da eine sanfte Stimme und eine Frau, die Alice zuvor nicht gesehen hatte, löste sich aus der Mitte der Gruppe. Sie war bezaubernd. Ihre Haare hatten einen goldenen Farbton und ihre Haut einen eleganten Alabasterteint. Die Frau strahlte Würde und Wichtigkeit aus, als sie sich langsam vor die Gruppe stellte. „Außerdem entschuldige ich mich für meine Begleiter, die wohl ihr gutes Benehmen während ihrer Abwesenheit vom Hof vergessen haben müssen. Mein Name ist Lady Jennifer Lindgern, Partnerin des verstorbenen Lords Alexander Lindgern und Mutter des amtierenden Clan-Oberhauptes Matheus Lindgern.“ Lady Lindgern blitzte ihre Begleiter an, ein Lächeln umspielte ihre rubinroten Lippen, als die Vampire ihre Blicke senkten.

„Ihr habt meine Frage nicht beantwortet. Was sucht Ihr hier?“, fragte Alice, ihre Augen mit einem strengen Blick auf die Frau vor ihr gerichtet. Alice kannte sie von irgendwoher, aber sie konnte die Adelige nicht genau zuordnen.

„Tatsächlich befinde ich mich auf einer kleinen Mission. Ich suche nach einem Geschenk für meinen liebsten Sohn“, erklärte Jennifer. Dabei hob sie ein Amulett, damit Alice das Schmuckstück sehen konnte. „Kinder sind ja so wählerisch ... Aber als Mutter kann man einfach nicht anders, als sicherzustellen, dass die Söhne nur das Beste vom Besten bekommen.“

Im Inneren des Amuletts befand sich ein verbleichtes Bild eines kleinen Vampirjungens, der darauf nicht viel älter als zwei oder drei aussah. Das Bild war alt und abgegriffen, die Farben längst verblasst.

„Was sucht Euer Sohn denn?“, fragte Alice, ihre Augen loderten, während sie den Blick der anderen Frau erwiderte.

Als die Vampirdame ein heiseres Lachen ausstieß, runzelte Alice ihre Stirn und ihre Hand zuckte zum Griff des Schwertes, bereit zum Angriff.

„Was er braucht, ist eine Partnerin. Aber leider weiß der Junge nicht, was er will. Ich stelle ihm eine Frau nach der anderen vor, in der Hoffnung, dass er sich für eine entscheidet, um sich niederzulassen“, führte Lady Lindgern aus, ihre Augen dabei neugierig auf die Zauberin vor ihr gerichtet. „Die aussortierten Frauen werden aber in seinem Harem bleiben, damit er, wie es ihm gelüstet, mit ihnen spielen kann.“

Alices Augen blitzten auf. Sie hatte in der Vergangenheit bereits mit Vampiren zu tun gehabt und früh gelernt, dass deren Clanführer und Hochadel sich als Statussymbol ihrer Macht und ihres Reichtums einen Harem hielten. Alice hatte das immer abgelehnt, aber sie hatte nie die Chance gehabt, etwas gegen diesen Brauch zu unternehmen. Aber nun, da diese Vampirtruppe in ihrem Dorf aufgetaucht war, würde Alice alles daransetzen, damit nicht eines der jungen Mädchen, die unter ihrem Schutz standen, dieses Schicksal ereilen würde.

„Du wirst dich woanders nach einer potenziellen Partnerin für deinen Sohn umsehen müssen. Dieses Gebiet steht unter meinem Schutz. Ich werde euch einmal, und nur ein einziges Mal, bitten, dieses Gebiet zu verlassen. Ansonsten werde ich euch eigenhändig von hier eskortieren müssen.“ Sie starrte die Vampire wütend an, ein magisches blaues Leuchten schimmerte in ihren silbernen Augen. Das war so ziemlich das Einzige, das sie ohne die Kraft des Mondes zu Stande brachte, aber hoffentlich würde es ausreichen, die Vampire davonzujagen.

Dies schien leider nicht der Fall zu sein.

Statt sich zurückzuziehen, wie Alice gehofft hatte, lachten die Vampire nur. Stattdessen hefteten die Vampirmänner ihre Augen auf die Hexe, während sie ihre vermeintliche Beute umzingelten. Ihre weibliche Anführerin stand zwischen ihnen und blickte die Hexe abschätzend an. Alice mochte den hungrigen Ausdruck in Lady Lindgerns Augen nicht.

„Es scheint hier ein Missverständnis vorzuliegen“, seufzte die Vampirin und führ mit ihrer Zunge über ihre Lippe. Sie hatte einen siegessicheren Ausdruck auf dem Gesicht. „Wir sind nicht hier wegen der Menschen. Wir haben das schon zig Mal versucht, aber ohne Erfolg.“ Lady Lindgern kicherte und betrachtete Alice langsam. „Wir sind deinetwegen hier, meine Liebe. Warum sonst haben wir bis heute Abend gewartet, um unseren Schachzug zu machen?“

Alice hatte keine Zeit zu antworten, denn die Vampire fielen plötzlich über sie her. Alice schrie auf und stach mit ihrem Dolch zu und verletzte einen der Vampire an seinem Unterarm. Der verletzte Vampir taumelte zurück, während Dampf aus seiner Wunde herauszischte. Alice fühlte, wie starke Arme sie an ihrer Hüfte fassten. Sie knurrte und Talon sprang mit wütendem Fauchen in das Gesicht des Angreifers und vergrub seine Klauen in dem Vampirgesicht.

„Idioten!“, stöhnte Lady Lindgern, als Alice es schaffte, einen ihrer Gefolgsleute ins Herz zu stechen und ihn wie Stein fallen ließ, bevor sie sich ihrem nächsten Angreifer zuwandte.

Jahrelang wurde Alice zur Kämpferin ausgebildet und sie würde diese Blutsauger sicherlich nicht die Oberhand gewinnen lassen. Sie hatte vielleicht ihre Magie nicht, aber das hieß nicht, dass sie zu unterschätzen war. Mit einem Knurren wirbelte sie herum und fluchte, als es einem der Männer gelang, ihre Klinge wegzuschlagen und die Hexe taumelnd auf den Boden zu werfen.

„Verdammte Katze!“, brüllte der Vampir, der sich mit Talon abmühte. Lady Lindgerns Scherge fluchte, als er zurückstolperte und Talon gegen die Mauer des Gasthauses schlug. Der Kater stieß ein Quieken aus und fiel, als sein Körper gegen die Wand prallte. Panik schoss durch Alices Körper. Die Hexe taumelte vorwärts und versuchte, ihren Kater zu erreichen. Da sie ihre Deckung fallen ließ, erlaubte sie einem der Vampire, seine Arme um sie zu legen. Seine Krallen gruben sich in ihre Schultern, um sie an Ort und Stelle zu halten.

Angst erfüllte die Hexe, als sie gezwungen war, still zu halten. Sie fluchte und stieß Verwünschungen aus, als der Mann etwas um ihren Hals legte. Alice brauchte einen Moment, um zu begreifen, was das Ding war. Aber als sie den Gegenstand an ihrer Kehle glühen spürte, durchströmte sie Entsetzen.

Es war ein Halsband.

Nicht irgendein Halsband, sondern ein speziell für die Gefangenhaltung von Hexen geschmiedetes. Der einzige Zweck dieses Halsband war es, Alice davon abzuhalten, ihre magischen Fähigkeiten voll auszuschöpfen. Zuvor hatte die Hexe nur von ihnen gehört, aber jetzt, wo sie eines um den Hals hatte, spürte sie, wie ihre Magie in ihrem Körper fast ganz erlosch. Alice stöhnte leise und spürte, wie sie auf die Knie fiel, als Schwäche sie überkam. Alice funkelte Lady Lindgern an, die sich nun auf sie zubewegte, während einer der Vampire die Hexe an ihren Handgelenken fesselte.

„Glaubst du wirklich, dass ich deinen Sohn mit mir machen lasse, was er will?“, spie Alice aus. „Ich bin keine Hure.“ Sie knurrte und kämpfte gegen ihre Fesseln an. Fluchend wurde Alice auf ihre Beine gezerrt, ihr ganzer Körper bebend vor Wut. „Ich habe nie behauptet, dass du eine bist, Schatz. Aber mein Gefühl sagt mir, dass du dich an die Gesellschaft meines Sohnes noch gewöhnen wirst. Schließlich ist die Freiheit in der Ehe besser als die Knechtschaft, nicht wahr?“, sagte Lady Lindgern und tätschelte Alices Wange leicht. Als Alice aber versuchte, in ihre Finger zu beißen, zog die Vampirherrin ihre Hand hastig zurück.

„Eine Ehe mit deinem Sohn wird kaum etwas anderes als Knechtschaft sein. Du wirst es noch bereuen, mich meiner Freiheit beraubt zu haben“, knurrte Alice. Wut stieg in ihr auf, als Lady Lindgern nur müde lächelte und ihren Wachen zuwinkte. „Auf geht’s, meine Herren. Dieses feurige kleine Biest kann sich auf dem Weg zurück in das Vampirschloss austoben“, befahl die Vampirin und ging zu einer Kutsche, die vor dem Gasthaus auf sie wartete. Trotz ihrer widerspenstigen Behauptungen konnte Alice spüren, wie Panik ihren Körper durchflutete. Sie wusste nicht, wie sie sich aus dieser misslichen Lage befreien konnte, nur dass es schnell gehen musste. Man konnte so manches über Vampirclans sagen, jedoch nicht, dass man ihnen leicht entkam.

Kapitel Drei

Für Menschen war das Vampirschloss eine Dreitagesreise entfernt. Da Vampire aber keine Rast einlegen mussten, konnte die unfreiwillige Reisegruppe die Strecke in anderthalb Tagen meistern. Während der Reise erlangte Alice genug Kräfte wieder, um wenigstens Talons Präsenz zu spüren. Der Kater lebte und gemessen an der Stärke seiner Präsenz schien er der Reisegruppe auf den Fersen zu sein.

Zumindest würde Alice ihren Freund an ihrer Seite haben.

Das Schloss war gewaltig und geradezu malerisch. Alles was Alice um sich herum sah, war eine Zurschaustellung des Wohlstands seiner Besitzer. Verschlungene Details zierten den importierten, seltenen Stein, der zum Bau des prunkvollen Schlosses benutzt worden war. Zum Schloss gehörte auch ein wundervoll angelegter Garten, der nur so mit exotischen Blumen und Bäumen zu strotzen schien, die sich über das Anwesen verteilten. Vor dem Schloss stand stolz ein Wasserspiel, das einen der größten Siege in der Geschichte der Vampire feierte.

„Na, was denkst du über dein neues Zuhause? Deine Hütte ist dagegen nichts, wenn du es mit all den Annehmlichkeiten vergleichst, die dich hier erwarten. Selbst, wenn mein Sohn dich nicht als seine Gefährtin auswählen sollte“, zirpte Lady Lindgern in Alices Ohr, als sie die Hexe zwang, aus der Kutsche zu steigen.

Die Sonne war schon länger über dem Anwesen gesunken, was den Vampiren erlaubte, sich frei auf dem Gut zu bewegen. Alice Augen hatten sich bereits an die Dunkelheit gewöhnt und so konnte sie die verschiedenen Formen, die sich in der Dunkelheit abzeichneten, wahrnehmen. Die Szenerie war theatralisch und prunkhaft. Die Hexe hatte die Arroganz der Vampire, die sich schlicht für etwas Besseres hielten und dies auch unbekümmert zur Schau trugen, noch nie leiden können.

„Ja, es ist tatsächlich imposant, aber um ehrlich zu sein, es trifft leider nicht meinen Geschmack“, spöttelte Alice, nur um ihr Gesicht schmerzhaft zu verziehen, als die Vampirherrin ihre rasiermesserscharfen Fingernägel in ihre Schulter grub. „Mir scheint, dass hinter diesem ganzen Glanz und Pomp das Ganze doch einen rustikalen Reiz hat“, fuhr die Hexe fort und fauchte, als Lady Lindgern sie vorwärts stieß.

„Ich bin mir sicher, dass du es noch früh genug zu schätzen wissen wirst“, antwortete Lady Lindgern verschnupft, als Alice nicht den erwarteten Respekt zollte. „Du wirst dein Leben umgeben von Luxus verbringen, selbst wenn mein Sohn kein Interesse an dir zeigen sollte. Du musst nur lernen, nett zu sein. Wenn Du es nämlich nicht bist, das schwöre ich dir, wird dein Leben hier sehr viel schwerer werden.“

„Weißt du, ich müsste erst gar nicht versuchen nett zu sein, wenn Du mich nicht entführt hättest“, knurrte Alice und ächzte, als sie durch einen kunstvoll verzierten Eingang geführt wurde. Ihre Blicke trafen sich mit denen einiger menschlicher Bediensteter, als diese versuchten, so schnell wie möglich aus dem Weg ihrer Herrin zu eilen.

Irritiert über die grobe Behandlung schnalzte Alice mit ihrer Zunge und schwor sich, dass sie noch eine Möglichkeit finden würde, sich an Lady Lindgern zu rächen. Doch schon wurde die Hexe, die grollend taumelte, eine Treppe hoch und einen dunklen Korridor entlanggezogen. Doch plötzlich stoppte die Gruppe vor einer großen Eichentür.

„Versuche, mal nicht so ein säuerliches Gesicht zu machen, ja?“, befahl Lady Lindgern, den Blick auf Alice geworfen. „Die meisten Mädchen würden über Leichen gehen, um die Frau eines so mächtigen Vampirherrn zu werden.“ Alice runzelte nur ihre Stirn, was Lady Lindgern dazu veranlasste, die Gefangene abwertend zu mustern.

„Ich würde gerne mit diesen Mädchen tauschen. Gehen wir also?“, forderte Alice und fluchte, als die Tür geöffnet und sie in den Raum gestoßen wurde.

Der Raum war riesig. Überall standen Liegestätten und Sitzkissen verstreuten sich über das Gemach. Die unterschiedlichsten Frauentypen, angefangen beim Alter, Größe bis hin zu Abstammung und selbst Spezies, rekelten sich auf ihnen. Alice konnte Menschen, Vampire und selbst Feen sehen, die sich alle über den Raum verteilten und leise miteinander sprachen. Alice nahm an, dass dies die Konkubinen waren, die die Vampirherrin zuvor erwähnt hatte. Sie musste alles dran setzen, diese Frauen und Mädchen zu befreien, wenn sie floh. Der Gedanke, dass so viele junge Mädchen als Sexsklavinnen für einen Vampirlord herhalten mussten, machte die Hexe rasend.

„Du da!“, bellte Lady Lindgren ein besonders kleinwüchsiges Menschenmädchen an, das große blaue Augen hatte und kurzes, dunkelblondes Haar. Das Mädchen war niedlich, mit einer knabenhaften schlanken Figur. „Hol’ Matheus!“, befahl die Vampirin der Sklavin, die eifrig nickte und davon eilte, um den ihr gegebenen Befehl auszuführen.

„Weißt du, ein ‚Bitte‘ tut niemand weh“, murmelte Alice, eine Verwünschung ausstoßend, als man ihr dafür auf den Hinterkopf schlug. Alice hatte keine Zeit, gegen ihre Behandlung zu protestieren, denn bevor sie sich gegen die Herrin wenden konnte, kam das junge Mädchen mit einem Mann in seinem Schlepptau zurück.

Und was für ein Mann. Alice war selber ein wenig erschrocken, wie attraktiv sie den Vampirkönig fand. Sein kurzes goldenes Haar umwehte sein alabasterfarbenes Gesicht sanft. Seine Augen hatte die Farbe des Efeus, der sich Alices Hütte hochrankte. Der Vampir war ritterlich gebaut, aber strahlte die Erhabenheit eines Lords aus. Macht und Würde schienen mit jedem Schritt von diesem Mann auszugehen den er tat. Als er sich Alice näherte, breitete sich ein charmantes Lächeln auf seinen blassen und vollen Lippen aus.

„Mutter, ich habe nicht geahnt, dass du schon so früh zurück sein wirst.“ Der Mann, von dem Alice annahm, dass es sich um Matheus Lindgern handelte, lächelte noch breiter, während seine tiefe Tenorstimme durch die warme Nachtluft schwang und einen angenehmen Gegensatz zu den Sopran- und Altstimmen bildete, die ebenfalls im Raum herumschwirrten. „Und wer gibt mir hier die Ehre?“, sagte der junge Lord Lindgern, als er sich Alice langsam näherte.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752138030
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (März)
Schlagworte
Liebesroman shifter drachenromane Gestaltwandler werwolf formwandler Paranormal romantasy paranormale geschichten Romance Fantasy

Autor

  • Eliza Moon (Autor:in)

Eliza Moon ist seit langem fasziniert von Gestaltwandlern, Vampiren und paranormalen Biestern… und natürlich von heißen Männern! Ihre Bücher kombinieren diese Faszinationen und erzählen die dampfenden Geschichten heißer Biester und der starken Frauen, in die sie sich verlieben.

Eliza lebt auf einem Bauernhof und wenn sie keine Bücher schreibt, verbringt sie gerne Zeit mit ihren Pferden, träumt von weit entfernten Orten und von muskulösen Gestaltwandlern, die ihre Füße massieren.

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Titel: Neumondnacht