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Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats

Mit einem Vorwort von Christine Thomas

von Friedrich Engels (Autor:in) Christine Thomas (Autor:in)
192 Seiten

Zusammenfassung

Seit dem Erscheinen des Buches im Jahr 1884 wurden viele neue Erkenntnisse über das Leben der Urvölker und deren Entwicklungsstufen gewonnen. Dennoch bleibt es ein Lehrbuch der Art und Weise die menschliche Entwicklung zu analysieren. Der historische Materialismus von Marx und Engels dient dazu, Schlussfolgerungen über den Fortgang der menschlichen Entwicklungen abzuleiten, indem sie untersuchten, wie unsere moderne kapitalistische Gesellschaft entstanden ist und woher Institutionen wie Familie, Staat und Eigentumsverhältnisse stammen. Die britische Marxistin Christine Thomas (Autorin des Buches »Es muss nicht bleiben, wie es ist: Frauen und der Kampf für eine sozialistische Gesellschaft«) geht in ihrem Vorwort auf die Aspekte der Forschung seit Engels‘ Zeiten ein und macht deutlich, was an diesem Standardwerk weiterhin Gültigkeit besitzt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Friedrich Engels und die Befreiung der Frau

Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats“

130 Jahre sind seit der Erstveröffentlichung des Buches „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats“ von Friedrich Engels vergangen. Für MarxistInnen war der Text lange ein bedeutender Beitrag zur Erklärung der Ursprünge der Unterdrückung der Frau. Kritisiert wurde das Werk von denen, die andere Erklärungen dafür bevorzugen, dass Frauen in der Gesellschaft als Menschen zweiter Klasse behandelt werden.

von Christine Thomas

Im Vorwort der ersten Ausgabe zu „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates“ erklärt Friedrich Engels bescheiden, seine Arbeit könne nur „einen geringen Ersatz bieten für das, was meinem verstorbenen Freunde [Karl Marx] zu tun nicht mehr vergönnt war“1. Im Zusammenhang mit seiner allgemeinen Analyse der Funktionsweise und der geschichtlichen Entwicklung des Kapitalismus zeigte Karl Marx in seinen letzten Lebensjahren ein besonderes Interesse am Studium früherer Gesellschaften. Engels bezog sich auf unveröffentlichte Notizen von Marx. Zudem räumte er offen ein, wie viel sein Buch der sieben Jahre zuvor veröffentlichten, bahnbrechenden Arbeit „Die Urgesellschaft“ des amerikanischen Rechtsanwalts und Amateur-Anthropologen Lewis Henry Morgen zu verdanken hatte.

Der Ausgangspunkt für das Verständnis der historischen Entwicklung der Gesellschaft, argumentierte Engels, sei der Produktions- und Reproduktionsprozess. Veränderungen der Art und Weise, wie wir unseren Lebensunterhalt erwirtschaften, verändern durch ein komplexes Zusammenspiel wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Kräfte die Produktionsweise und die sozialen Beziehungen. Soziale Institutionen, wie der Staat, die Familie – und die damit verbundene Unterdrückung der Frauen – sind historisch spezifische Phänomene und daher Veränderungen unterworfen. Vornehmlich gestützt auf Morgans Studien über die nordamerikanischen Irokesen und polynesische Gesellschaften, versuchte Engels zu zeigen, wie in der Vergangenheit egalitäre Gesellschaften existierten, in denen es weder Privateigentum, noch Staaten oder eine systematische Unterdrückung der Frauen gab und in denen die Familie nicht die elementarste soziale Institution war.

Im Licht von mehr als 100 Jahren archäologischer und anthropologischer Forschungen können wir heute sagen, dass die generelle Stoßrichtung der Engelsschen Argumentation ihre Gültigkeit behalten hat. Allerdings muss „Der Ursprung“ als Produkt seiner Zeit verstanden werden: Revolutionär und voller Sprengstoff in seinem Bestreben, die herrschende Ideologie, die die Institutionen der kapitalistischen Gesellschaft für universell und naturgegeben erklärte, in Frage zu stellen. Gleichzeitig jedoch eine Arbeit, die dadurch behindert wird, dass sie sich auf die dünn gesäten, wissenschaftlichen Erkenntnisse stützt, die in den 1880er Jahren verfügbar waren.

Im Ergebnis beinhaltet „Der Ursprung“ zwangsläufig sachliche Fehler in Bezug auf Details früherer Gesellschaften und ihrer Entwicklung. Engels selbst erkannte an, dass sein Buch der Überarbeitung bedürfe, sobald neuere Erkenntnisse vorlägen.

Klassenlose Urgesellschaft

In enger Anlehnung an Morgan identifiziert Engels die gemeinschaftlichen, egalitären „Gentes“ (Gruppen oder Sippen) als soziale Grundeinheit der klassenlosen Gesellschaft. Moderne Anthropologen akzeptieren die historische Existenz der „Gentes“, auch wenn sie heute als „kinship group“ (also als Verwandte) oder als „kin corporate group“ (also als Bezugsgruppe) bezeichnet werden. Auch dürfte ein allgemeines Einvernehmen darüber bestehen, dass über bedeutende geschichtliche Zeitabschnitte hinweg klassenlose, soziale Gruppen existierten, die weder Privateigentum – im Sinne von privatem Eigentum an den Produktionsmitteln – noch staatliche Strukturen kannten.

Nicht mehr akzeptiert würde hingegen die von Engels beschriebene Entwicklungslinie bei der Entstehung der „Gentes“. Es gibt keine Beweise für die verschiedenen, von ihm skizzierten Entwicklungsstufen von der ungehemmten „Promiskuität“ über die „Blutsverwandtschaftsfamilie“ (keine sexuellen Beziehungen zwischen den Generationen) zur „Gruppenfamilie“ (Heiratsverbot zwischen den Nachkommen). Sie basieren auf reiner Spekulation. Wie Morgan vor ihm, glaubte Engels fälschlicherweise, dass die in den untersuchten Gesellschaften vorherrschenden, verwandtschaftlichen Bezeichnungen – also die Worte, mit denen Menschen ihre Beziehungen zueinander beschrieben, zum Beispiel „Schwester“, „Vater“, „Ehefrau“ Verwandtschaftsbeziehungen und Heiratsgewohnheiten aus ferner Vergangenheit widerspiegelten. Tatsächlich drückten die Begriffe zeitgenössische soziale und ökonomische Beziehungen aus.

Morgans und Engels‘ egalitäres Kollektiv der „Gentes“ bildete die grundlegende soziale Organisationsform der auf einfacher Landwirtschaft (Hack- und Gartenbau)2 basierenden Gesellschaften. Bei diesen handelte es sich oft um matrilineare Gesellschaften (die Verwandtschaft wird über die mütterliche Linie vermittelt), in denen Frauen beachtliche Autorität besitzen konnten.

Eleanor Burke Leacock3 beschrieb, wie Frauen der Irokesen das Anlegen von Vorräten, von Gemüse, Fleisch und anderen Gütern, kontrollierten, Ehen arrangierten und „Sachems“ („Friedenshäuptlinge“ beziehungsweise „Stammessprecher“) nominierten und absetzten.

Einige LeserInnen von Engels‘ Buch zogen daraus den Schluss, dass dem Patriarchat (also der institutionalisierten Kontrolle der Männer über die Frauen) eine Zeit des „Matriarchats“, also der „Frauenherrschaft“ vorausging. Tatsache ist, dass es dafür keine Beweise gibt. Wo Engels von „Mutterrecht“ spricht, meint er offensichtlich matrilineare Verwandtschaftsbeziehungen und nicht Matriarchat4 – im Sinne von Frauenherrschaft.

Engels nahm an, dass matrilineare Gesellschaften den patrilinearen Gesellschaften grundsätzlich immer vorausgingen, Leacock scheint hiermit übereinzustimmen, wenn sie feststellt, dass es zwar zahlreiche Beispiele dafür gibt, dass sich matrilineare Gesellschaften in patrilineare Gesellschaften verwandelt haben, nicht jedoch für eine umgekehrte Entwicklung. Es gibt allerdings weder in die eine, noch in die andere Richtung belastbare Beweise, so dass diese Frage vorerst ungeklärt bleibt.

Darüber hinaus betrieben die ersten bekannten Gesellschaften keineswegs Hack- beziehungsweise Gartenbau, sondern die technologisch weniger anspruchsvolle Lebensweise des Jagens/Fischens und Sammelns.

Anthropologen wie Leacock und Richard Lee 4 führten extensive Studien an Jäger- und Sammler-Gesellschaften (sogenannten Wild- und Feldbeutern) durch. Sie werteten die konkreten Erfahrungen mit Völkern, die ihre Lebensweise bis in die heutige Zeit bewahrt haben, aus und analysierten zudem historische Dokumente, einschließlich der Aufzeichnungen der Jesuiten bezüglich der indigenen kanadischen Montagnais-Naskapi auf der Labrador-Halbinsel.

Jede dieser Gesellschaften wies eindeutig eigene, spezifische Charakteristika auf, die durch die Unterschiede der umgebenden Geographie und Umwelt bestimmt wurden. Dennoch schließen diese Unterschiede die Möglichkeit, allgemeine Merkmale herauszuarbeiten, die allen Jäger- und Sammler-Gesellschaften eigen sind, nicht aus.

Jede Regel hat ihre Ausnahme. Daher ist es wichtig, zu erkennen, ob die untersuchte Jäger- und Sammler-Gruppe beispielsweise bereits Kontakte zu Gesellschaften mit anderen Produktionsmethoden hatte oder ob sie eventuell nach einer Periode der Produktion nach einem technologisch fortschrittlicheren System zur Lebensweise der Wild- und Feldbeuter zurückkehrte.

Auch ist es notwendig, sich bei der Auswertung von Quellen darüber bewusst zu sein, dass die ursprünglichen Berichterstatter beziehungsweise Forscher möglicherweise durch Vorurteile oder unbegründete Vermutungen beeinflusst wurden.

Auch unter Berücksichtigung der genannten Vorbehalte ist es möglich, einige allgemeine Feststellungen zu den organisatorischen Prinzipien der Jäger- und Sammler-Gesellschaften zu treffen.

Verschieden aber gleichberechtigt

Obwohl die Größe einer Gemeinschaft in Abhängigkeit zur Umwelt und zum verfügbaren Nahrungsangebot variieren konnte, lebten die Jäger und Sammler in kleinen sozialen Gruppen oder Verbänden, die auf Verwandtschaftsverhältnissen basierten. (30-40 Menschen stellten normalerweise die ideale Höchstgrenze dar).

Die Zusammensetzung einer Gruppe konnte recht lose, die Zugehörigkeit fließend sein und „Verwandtschaft“ wurde durchaus flexibel interpretiert und musste nicht zwangsläufig Blutsverwandte beschreiben. Die Gruppen lebten nomadisch und waren bei der Nahrungssuche mobil. Zu verschiedenen Anlässen gab es Treffen mit anderen Gruppen, die der Zusammenarbeit, der Geselligkeit et cetera dienten. Die Herstellung und die Verteilung der Güter erfolgte kollektiv und kooperativ, die Produktionsmittel waren sehr einfach.

Auch wenn es einige persönliche Besitztümer gab, waren die Produktionsmittel Eigentum der gesamten Gruppe. Die Akkumulation von Besitzständen war auf Grund der nomadischen Lebensweise kaum möglich. Obwohl zwischen verschiedenen Gruppen Geschenke ausgetauscht wurden, wurde überwiegend für den direkten Verbrauch produziert.

Alle Erwachsenen, die dazu körperlich in der Lage waren, waren gewöhnlich direkt an der Produktion und der Verteilung der Nahrungsmittel beteiligt. Die wichtigste Arbeitsteilung basierte auf dem Geschlecht. Im Allgemeinen waren die Männer für die Jagd verantwortlich, während sich die Frauen hauptsächlich mit dem Sammeln von Früchten, Nüssen, Beeren et cetera beschäftigten. Die Erträge beider Geschlechter wurden kollektiv durch die Gruppe verteilt.

Da Engels‘ Quellen hauptsächlich aus Gartenbau betreibenden Gesellschaften stammten, bezog er sich nicht auf die Rolle der Frau als Sammlerin, sondern konzentrierte sich stattdessen auf ihre Verantwortung für Kinderbetreuung und die Verwaltung des Haushaltes. Dennoch hatte Engels Recht, wenn er den „öffentlichen“ Charakter der Rolle der Frau in auf Verwandtschaftsgruppen basierenden Gesellschaften betonte.

Die Versorgung der Kinder war eine soziale Aufgabe, die zum Wohl der gesamten Gruppe erledigt wurde. Es gab keine künstliche Trennung zwischen der privaten Rolle der Frau in einem individuellen Haushalt und ihrer öffentlichen Rolle in Gesellschaft, wie es im Kapitalismus und anderen Klassengesellschaften der Fall ist.

In Jäger- und Sammler-Gesellschaften konnten die persönlichen Beziehungen zwischen Männern und Frauen sowohl verbindlich, als auch unverbindlich sein. Je nach dem, was praktischer erschien, konnten sich die Partner nach der „Hochzeit“ sowohl bei der Gruppe der Frau (matrilokal) als auch bei der Gruppe des Mannes (patrilokal) anschließen. Wegen der kooperativen Struktur der Gruppen führte der Abbruch einer Paarbeziehung nicht notwendiger Weise zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten für Frauen und Kinder.

Die wichtigste soziale Einheit war die kollektive Gruppe, nicht die Familie oder der Haushalt und diese basierte auf der gegenseitigen, wirtschaftlichen Abhängigkeit innerhalb der Gruppe und nicht auf der der einzelnen Frauen von ihren männlichen Partnern.

Leacock, Stehanie Coontz und Peta Henderson5 und Christine Ward Gaitley6 warnen vor der Gefahr, auf Grundlage der im Kapitalismus herrschenden, ungleichen sozialen Beziehungen Aussagen über die Rolle der Frau in der Gesellschaft vor der Entstehung der Klassen zu treffen.

Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen bedeutet nicht unbedingt Ungleichheit. Der wirtschaftliche Beitrag der Frauen in Jäger- und Sammler-Gesellschaften lieferte in der Regel den Großteil der Nahrungsmittel für die Gruppe. Obwohl sich die Rollen von Männern und Frauen unterschieden, war keine der anderen über- oder untergeordnet, sondern gleichermaßen wertvoll und notwendig für die Gruppe.

Leacock zeigt, wie Frauen die Kontrolle über ihre eigenen Erzeugnisse ausübten und selbstständig über die Tätigkeiten in ihrem Verantwortungsbereich entschieden.

Auch wenn überwiegend Frauen die Kinderbetreuung übernahmen und ihre Rolle bei der Fortpflanzung ihre Fähigkeit zu jagen normalerweise einschränkte (dies wäre für Schwangere und Frauen mit Kleinkindern gefährlich gewesen), verlieh ihnen dies keinen niedrigeren, sozialen Status. Tatsächlich war die Arbeitsteilung oft recht flexibel. Frauen fingen und jagten kleinere Tiere und begleiteten Männer zur Jagd, wenn sie nicht schwanger waren oder stillten. Ebenso übernahmen Männer bereitwillig die Kinderbetreuung, wenn dies erforderlich war.

Daher kann die benachteiligte Stellung der Frauen in der heutigen Gesellschaft nicht – wie es einige radikale FeministInnen (und Nicht-FeministInnen) versucht haben –, einfach mit ihrer Rolle bei der Fortpflanzung erklärt werden, ohne dabei die sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen zu berücksichtigen.

Theorien, die die männliche Vorherrschaft mit größerer Körperkraft oder Aggressivität erklären, haben sich ebenfalls als unhaltbar erwiesen. Obwohl Gewalt und vereinzelt auch kriegerische Auseinandersetzungen in frühen, klassenlosen Gesellschaften durchaus vorkamen, waren sie dennoch sehr selten. Auf Grund ihrer Studien bezeichnet Leacock Kooperation, Reziprozität7, Solidarität, Großzügigkeit, Geduld und Respekt als die wichtigsten moralischen Werte der ursprünglichen, klassenlosen Gemeinschaften.

Anders als es der grobe biologische Determinismus des stereotypen Bildes des aggressiven männlichen Jägers vorspiegelt, war selbst die Jagd normalerweise eine Tätigkeit, die auf der Kooperation zwischen Männern – und manchmal auch Frauen – beruhte.

Jäger- und Sammler-Gesellschaften zeichneten sich durch das Fehlen sozialer Schichten, eine nicht hierarchische Wirtschaftsweise und durch gesellschaftliche Beziehungen, die keine soziale Differenzierung auf der Grundlage des Reichtums kannten, aus.

Gesellschaft ohne Staat

Entscheidungsfindungen und Konfliktlösungen wurden normalerweise durch informelle Diskussion und Konsensbildung erreicht. Wenn sich ein Konflikt als unlösbar erwies, führte dies mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu, dass jemand die Gruppe verließ.

Die Meinung bestimmter Mitglieder der Gruppe mag ein größeres Gewicht gehabt haben als die anderer Gruppenmitglieder, aber diese Art der Autorität basierte auf persönlichen Eigenschaften oder dem Alter dieser Personen und ergab sich nicht aus den Eigentumsverhältnissen.

Sie konnten andere überzeugen und überreden, hatten aber keine Macht, ihnen ihre Ansichten aufzudrängen oder sie zu einer bestimmten Verhaltens- oder Handlungsweise zu zwingen.

Die Neolithische Revolution

Der Zusammenbruch der gemeinschaftlichen „Gentes“ und der Prozess der Entstehung des Privateigentums, der Klassen, der Familie als sozialer Institution, der Frauenunterdrückung und des Staates hatte für Engels seine Wurzeln in der Entwicklung der Produktivkräfte.

Im ersten Kapitel des „Ursprung“ skizziert er unter Verwendung der heute offensichtlich nicht mehr verwendbaren, aber im 19. Jahrhundert gebräuchlichen Begriffe – „Wildheit“, „Barbarei“, „Zivilisation“ – ein Entwicklungsschema.

Heutige Anthropologen würden eher die Bezeichnungen „Jäger- und Sammler/ Wild- und Feldbeuter“, „kleinbäuerliche“ und „städtische“ Gesellschaft wählen.

Einige der Beweise, die Engels für die Art, wie sich Gesellschaften verändert haben, anführt, werden heute durch wissenschaftliche Befunde, die seit Engels’ Buch geschrieben wurde, erhoben wurden, in Frage gestellt.

Dennoch gibt es eine überwältigende Zustimmung für die Auffassung, dass vor 8-10.000 Jahren eine revolutionäre Veränderung in der Produktionsweise stattfand. Diese Entwicklung wird im Allgemeinen als die „Neolithische Revolution“ bezeichnet, ein Begriff, der durch den Archäologen V. Gorden Childe geprägt wurde. Sie hatte das Potenzial, eine Entwicklung hin zur Herausbildung sozialer Schichten, ungleicher Machtverteilung und Reichtums- Geschlechts- und Klassenunterschieden zu entfesseln.

Diese radikale Veränderung wurzelte in der neu erworbenen Fähigkeit der Gemeinschaften, Pflanzen und Tiere zu domestizieren. Engels glaubte irrtümlich, dass die Entwicklung von Weidewirtschaft beziehungsweise Viehzucht dem Anbau und der Ernte von Feldfrüchten vorausging. Tatsächlich belegen historische Aufzeichnungen, dass beide Wirtschaftsweisen in (für frühgeschichtliche Verhältnisse) engem zeitlichen Zusammenhang auftraten, vermutlich ursprünglich im sogenannten „Fruchtbaren Halbmond“8. Einfache Landwirtschaft (Hack- und Gartenbau) entwickelte sich unabhängig in mindestens fünf, möglicherweise mehr, Gegenden der Welt und bereitete sich durch Abwanderung von Bauern, die Weitergabe des Wissens über neue Techniken oder durch Eroberungen immer weiter aus, so dass sie Europa vom westlichen Asien her um 3.500-6.000 vor unserer Zeitrechnung erreichte.

Hierbei handelte es sich nicht um eine gradlinige Entwicklung. Einige Gesellschaften begannen erst mit der landwirtschaftlichen Nahrungsmittelherstellung, nachdem sie mit Kolonialmächten in Berührung gekommen waren, andere widersetzten sich auch diesem Einfluss und behielten ihre Lebensweise als Jäger und Sammler bis in jüngste Zeit bei.

Dialektische Entwicklung

Engels ist oft dafür kritisiert worden, dass er im „Ursprung“ die Vorstellung einer gradlinigen Gesellschaftsentwicklung vertritt, was im Widerspruch zu seinen und Marx‘ allgemeineren Werken zu historischen Entwicklungen stünde. Diese Kritik scheint eher auf den fehlenden Informationen, die Engels über verschiedene Gesellschaften zur Verfügung standen auf der einen, und den Fehlern seiner „Interpreten „und „Gefolgsleute“ auf der anderen zu beruhen, als darauf, dass Engels tatsächlich dieser Auffassung war. Die Gründe dafür, dass historische Volksgruppen vom Jagen und Sammeln zu einfacher Landwirtschaft übergingen, unterschieden sich wahrscheinlich von Region zu Region.

Umweltfaktoren, wie der Rückgang wild vorkommender Nahrungsmittel oder eine Zunahme domestizierbarer Pflanzen könnten eine Rolle gespielt haben.

Einige Jäger und Sammler-Gemeinschaften, die in Gegenden mit ergiebigen natürlichen Ressourcen lebten (zum Beispiel der nord-westlichen Pazifikküste Nordamerikas) waren in der Lage, ein relativ sesshaftes Leben zu führen, aber die meisten lebten nomadisch und zogen umher, um das natürliche Nahrungsangebot optimal zu nutzen.

Dies begann sich mit der Einführung einfacher landwirtschaftlicher Techniken (Brandrodung, Hacke und Grabstock) zu ändern.

Der Boden musste nun vorbereitet und Feldfrüchte mussten gesät und geerntet werden. Dies erforderte mehr ständige Aufmerksamkeit der Produzenten.

Mit der Zeit wurden einige Verwandtschaftsgruppen immer sesshafter, bildeten kleine, dauerhafte Siedlungen und gaben die nomadische Lebensweise schließlich auf. Zusammen mit steigender Produktivität legte der sesshafte Lebensstil die Grundlage für eine höhere Fruchtbarkeit der Frauen und einen Bevölkerungszuwachs.

Die Größe einer Jäger- und Sammler-Gruppe war normalerweise dadurch begrenzt, dass auf die Besonderheiten des Nomadenlebens und die Verfügbarkeit des Nahrungsangebots Rücksicht genommen werden musste. Für Frauen war es nicht erstrebenswert, bei den Wanderungen mehr als ein Kind herumzutragen. Daher versuchten sie, die zeitliche Geburtenfolge (auf circa vier Jahre) auszudehnen, in dem sie den fruchtbarkeitsmindernden Effekt des Stillens ausnutzten, Abstinent lebten oder falls erforderlich, auch Abtreibungen und Infantizide9 vornahmen. In sesshaften Gesellschaften verloren diese Einschränkungen an Bedeutung und Frauen bekamen regelmäßiger Kinder (im Durchschnitt alle zwei Jahre). Die Bevölkerung begann langsam zu wachsen.

In Gesellschaften, die einfache Landwirtschaft betrieben, wirtschafteten die einzelnen Haushalte- oder Hausgenossenschaften oft – wenn auch keineswegs immer – selbstständig, das Land befand sich jedoch im kollektiven Besitz der Verwandtschaftsgruppe.

Die Nahrungsmittelverteilung erfolgte gemeinschaftlich und ökonomische und soziale Beziehungen waren im Allgemeinen auf Basis von Verwandtschaftsbeziehungen organisiert, die im Laufe der gesellschaftlichen Entwicklung dazu tendierten, immer stärker formalisiert zu werden.

Die gesellschaftlich akzeptierten Normen bezüglich des Zugangs zu Ressourcen – auf welcher Basis die Produktion organisiert wurde, wie die Arbeitsteilung aussah, wie die Erzeugnisse verteilt und innerhalb der eigenen, beziehungsweise mit anderen Gruppen ausgetauscht wurden, wer wen heiraten konnte et cetera – wurden mit der Zeit mehr und mehr reguliert und strukturiert. Sie waren jedoch noch immer auf der Grundlage von Verwandtschaft und auf den allgemeinen Wertvorstellungen der Kooperation und des Austausches, sowie der gegenseitigen Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten, auf die sich die Gruppe verständigt hatte, organisiert.

Die Entstehung der Klassengesellschaften

Wie Engels erklärte, trugen die neuen wirtschaftlichen und sozialen Kräfte, die aus den veränderten Produktionsmethoden entstanden, bereits die Saat für potenzielle Konflikte in und zwischen den Verwandtschaftsgruppen in sich. Sie untergruben die egalitären, kollektiven Organisationsprinzipien, auf denen die Gruppen basierten.

Dennoch handelte es sich nicht um einen unvermeidlichen oder gradlinigen Prozess und jede Gesellschaft hatte ihre eigene Dynamik.

In einigen schritten die inneren Prozesse fort, bis sich Klassenunterschiede herausgebildet hatten. In anderen wurden sie in Zwischenstadien der Entwicklung aufgehalten, manche brachen zusammen, bevor der Prozess abgeschlossen war.

Viele Gesellschaften entwickelten die Klassengesellschaft nicht aus sich selbst heraus. Sie wurde ihnen von außen durch Kolonialmächte aufgezwungen. Zudem handelt es sich um Prozesse, die sich in den meisten Fällen über Tausende von Jahren nach und nach entfalteten.

In Jäger- und Sammler- Gesellschaften war die Produktion überwiegend für den direkten Verbrauch der Gruppenangehörigen bestimmt.

Mit der Entwicklung der Landwirtschaft und den sie begleitenden technischen Verbesserungen, wie der Töpferei und der Metallverarbeitung – und später durch intensivere Produktionsmethoden mit Hilfe des Pfluges und der Bewässerung –, wurde es mit der Zeit möglich, die Erträge über das zur Befriedigung der unmittelbaren Bedürfnisse der Gruppe hinaus Erforderliche zu steigern.

Es wurde möglich, Vorräte überschüssigen Getreides und anderer Nahrungsmittel anzulegen, auf die man in Notzeiten, die durch Missernten, die von Stürmen, Dürren, Schädlingsbefall und so weiter verursacht wurden, zurückgreifen konnte.

Eine wachsende Überproduktion ermöglichte es zudem, einige Individuen oder Gruppen, wie zum Beispiel Handwerker, Händler, Krieger oder Priester von der Verpflichtung zur Teilnahme an der Nahrungsproduktion freizustellen.

In einigen Gesellschaften übernahm ein besonderes Mitglied der Gruppe, das besonderes Prestige gewonnen hatte (Dorfältester, „Anführer“ et cetera) die Verantwortung für die Sammlung und die Verteilung des Überschusses. Dies geschah oft bei zeremoniellen Festen.

Anfänglich verlieh dieses Amt, das für die Gruppe als Ganzes und zu ihrem Nutzen ausgeübt wurde, der Person, die es den Traditionen von Gegenseitigkeit und Großzügigkeit entsprechend ausübte und von der gewöhnlich erwartet wurde, mehr zu geben, als selbst zu nehmen, keine besondere Privilegien oder Kontrollmöglichkeiten.

Trotzdem war die Grundlage für die Entstehung von Differenzen und Wettbewerb zwischen den Nachkommen (Abstammungsgruppen beziehungsweise Familienverbänden) und Hausgemeinschaften gelegt, da mehr Produktivität mehr Prestige verlieh.

In einigen Fällen wurde das Amt des Anführers oder „Ältesten“ einer Abstammungsgruppe vererbbar und es tauchten Häuptlinge auf, die in Gesellschaften mit ausgeprägteren sozialen Differenzierungen einen privilegierten Zugriff auf die Ressourcen gewannen, auch wenn sie noch keine absolute Kontrolle ausübten.

Rangfolgen, Hierarchien und ungleicher Zugang zu Ressourcen entwickelten sich neben und im Widerspruch zu den bestehenden horizontalen und kollektivistischen Organisationsprinzipien der Gruppen.

In Gesellschaften, in denen der dominante Nachkomme, eine Gruppe oder der Häuptling versuchte, von der Verpflichtung zur Reziprozität abzuweichen, war der Weg für die Entstehung von Klassenunterschieden geebnet, die es einer oder mehreren sozialen Gruppen erlaubten, sich einen Teil der Erzeugnisse und / oder der Arbeit anderer anzueignen, ohne die verwandtschaftliche Verpflichtung zur Gegenleistung zu erfüllen.

Die Festigung staatlicher Strukturen

Je mehr sich Ungleichheit und Klassendifferenzierung herausbildeten, desto größer wurde die Notwendigkeit, spezielle Institutionen und Gewaltmittel zu schaffen, um die zunehmend komplexen Gesellschaften zu verwalten, die Produzenten zu zwingen, die Produktion zu erhöhen, und Abgaben beziehungsweise Steuern und Arbeitskraft aus ihnen herauszupressen.

Diese wurden wiederum benutzt, um die privilegierte Position der herrschenden Gruppe zu schützen, zu legitimieren und dauerhaft aufrecht zu erhalten.

Natürlich gibt es Berichte von Widerstand und Rebellion gegen etablierte beziehungsweise entstehende Formen von Klassenherrschaft, aber die herrschenden Eliten stützten sich oft auf Verwandtschaftsbeziehungen, die weiter existierten, obwohl die Klassenverhältnisse die Gesellschaft bereits dominierten.

Die Ideologie der verwandtschaftlichen Kooperation spielte eine entscheidende Rolle bei der Rechtfertigung von sozialen Schichten und Ausbeutung und dabei, deren Akzeptanz innerhalb der breiteren sozialen Gruppe sicherzustellen.

Die erfolgreichsten Familien und ihre Führer wurden gewöhnlich als den Ahnen und Göttern der Gruppe besonders nahestehend betrachtet. Dieses Umfeld erklärte ihre Fähigkeit, die Produktion zu steigern, besonders fruchtbar zu sein und so weiter und rechtfertigte so den Fortbestand ihrer Herrschaft als erforderlich für das Wohlergehen der gesamten Gruppe.

Die Rolle der Priester und Priesterkasten war eng mit der ideologischen Legitimation der ökonomischen und politischen Macht der herrschenden Schicht verknüpft. In einigen Fällen (zum Beispiel Mesopotamien) sind die herrschenden Gruppen selbst aus der Priesterkaste hervorgegangen.

Dort, wo sich dieser Prozess am weitesten entwickelte, wurde die Ideologie als Staatsreligion institutionalisiert. Die Entwicklung der Klassenbeziehungen variierte erheblich von Gesellschaft zu Gesellschaft und sie konnte ein veränderlicher Prozess sein, bei dem es zu Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Gruppen der Elite kam.

Im „Ursprung“ skizziert Engels die Prozesse, die bei der Herausbildung der Sklaverei im klassischen Griechenland und in Rom eine Rolle spielten. Die ersten bekannten Klassengesellschaften basierten allerdings auf dem, was Marx als „asiatische Produktionsweise“ bezeichnet. Die Bezeichnung ist irreführend, da sich solche Gesellschaften auch außerhalb Asiens entwickelten. Obgleich Sklaverei auch in diesen Gesellschaften existiert haben mag, war sie nicht die herrschende Produktionsweise. Grund und Boden befanden sich nicht in Privateigentum, wie dies in Feudalgesellschaften der Fall ist, sondern wurden als „Eigentum“ des Staates betrachtet. Dieser Staat beutete die Kleinbauern und andere, untergeordnete Gruppen aus, indem er im Interesse der herrschenden Eliten Abgaben oder Steuern eintrieb und kollektive Arbeitseinsätze bei groß angelegten, öffentlichen Projekten wie Straßenbau, Bewässerung und dem Bau von Tempeln und Begräbnisstätten einforderte.

Die ersten dieser Stadtstaaten entstanden wahrscheinlich um 3.700 vor unserer Zeitrechnung in Mesopotamien. Die wirtschaftliche Umverteilung, Religion, Handwerk, Schrift, Handel und so weiter wurden dort durch und um die Tempel herum organisiert. Der Staat stellte den Kleinbauern die Produktionsmittel zur Verfügung und eignete sich den Überschuss an.

Der Niedergang der Stellung der Frau in der Gesellschaft im Vergleich zu der des Mannes war untrennbar mit den wirtschaftlichen und sozialen Prozessen verbunden, die auch zur Entstehung sozialer Schichten, Klassenungleichheit und staatlicher Strukturen führten.

Es handelt sich daher nicht, wie einige „Interpreten“ von Engels anzudeuten scheinen, um ein plötzliches Ereignis, sondern um das Ergebnis einer langen, widersprüchlichen Entwicklung, die sich über Tausende von Jahren entfaltete. Im Laufe dieser Entwicklung existierten in verschiedenen Gesellschaften auf unterschiedlichen Entwicklungsstufen ganz unterschiedliche Grade der Unterordnung.

Engels liefert keine vollständige Erklärung, warum Männer – und nicht Frauen – das dominante Geschlecht wurden, aber die verfügbaren wissenschaftlichen Beweise deuten darauf hin, dass die bereits in den Verwandtschaftsgruppen existierende geschlechtsspezifische Arbeitsteilung dazu führte, dass überwiegend Männer die gesellschaftlichen Positionen innehatten, die am deutlichsten mit der Anhäufung, Lagerung und Verteilung des Überschusses in Verbindung gebracht wurde.

Auch wenn nachgewiesen ist, dass – insbesondere in afrikanischen Gesellschaften – auch Frauen Häuptlinge, Händler und Schamanen werden konnten, waren es überwiegend Männer, die diese Positionen einnahmen. Auch die Krieger, die für die Verteidigung und die Anhäufung des Überproduktes zuständig waren, waren überwiegend männlich.

In den Gesellschaften, in denen die landwirtschaftlichen Techniken schwerer und intensiver wurden, fiel Männern die Verantwortung für das Pflügen und die Bewässerung zu.

Die Arbeitsteilung führte unter den Bedingungen der egalitären, urkommunistischen wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen nicht zu hierarchischen Geschlechterverhältnissen. Sie bildete jedoch die Grundlage für die durch Männer dominierte Kontrolle über das wachsende Mehrprodukt und schuf so später die Basis für das wachsende Prestige und die zunehmende Macht der beziehungsweise einiger Männer in der Gesellschaft.

Institutionalisierte Geschlechterungleichheit

Gleichzeitig steigerten die veränderten Produktionsmethoden die Bedeutung der individuellen Hausgemeinschaften und Haushalte in ihrer Eigenschaft als wirtschaftliche Einheiten neben und in Konkurrenz zu der Verwandtschaftsgruppe.

In den ersten Klassengesellschaften bediente sich der Staat bei der Aneignung eines Teils der Erzeugnisse der Hausgemeinschaften des Haushaltsvorstandes, dem es oblag, den Tribut zu übergeben. Hierdurch wurde die Kontrolle der Männer über die Erzeugnisse der Frauen des Haushaltes gestärkt. Als Konsequenz hieraus wurden Frauen wirtschaftlich immer abhängiger von einem einzigen männlichen Haushaltsvorstand und verloren ihre relative Selbständigkeit in der Gesellschaft. Gleichzeitig wurde ihre Arbeit, die bisher in einer gesellschaftlichen Funktion für die Verwandtschaftsgruppe geleistet wurde, nach und nach zu einer privaten Tätigkeit im individuellen Haushalt.

Auch Frauen, die zu der/den ökonomisch dominanten Gruppe/n gehörten, verloren normalerweise ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit und gerieten unter die Kontrolle der Männer. Im Vergleich zu den untergeordneten Klassen, deren Arbeitskraft ausgebeutet wurde, um das Mehrprodukt zu erwirtschaften, behielten sie jedoch einen gewissen gesellschaftlichen Einfluss.

In frühen Verwandtschaftsgruppen diente „Exogamie“ (also die Heirat außerhalb der Gruppe), anders als von Engels angenommen, nicht unbedingt zum Ausschluss einer Eheschließung zwischen Verwandten (Inzest), sondern vorwiegend dem Aufbau von Kooperationsbündnissen zwischen verschiedenen Gruppen.

Auch „tauschten“ Männer Frauen nicht als Waren aus, wie Vertreter des anthropologischen Strukturalismus10 und einige FeministInnen behaupten. Vielmehr war die Verwandtschaftsgruppe als Ganzes, einschließlich der Frauen, in solche Entscheidungen eingebunden11.

Während Klassenungleichheit zunahm, übernahmen Eheschließungen innerhalb der herrschenden Eliten immer mehr eine politische Funktion mit dem Ziel, Reichtum, Macht und Prestige zu steigern und zu sichern.

Da die wirtschaftlich dominanten Gruppen danach trachteten, den Reichtum und die ökonomische Kontrolle in den herrschenden Familien und Hausgemeinschaften zu bewahren, erlangte die Erbschaft eine wachsende Bedeutung und stärkte und unterstützte die Verbreitung von Patrilokalität12 und Patrilinearität.

Gleichzeitig wurde die Kontrolle über die Fortpflanzung und die Sexualität der Frauen verstärkt, bis außereheliche Beziehungen von Frauen schließlich mit drakonischen Strafen belegt wurden.

Mit der Zeit wurde die monogame, patriarchale Familie, auf die Engels Bezug nimmt, die wichtigste Form der Familieneinheit. In ihr übt ein männliches Individuum die totale Kontrolle über alle Mitglieder seines Haushaltes aus. Dies schließt das Recht, physische Gewalt auszuüben, ein. Allerdings entstand diese Form der Familie erst in einem späteren Stadium der Entwicklung der Klassengesellschaft, als Engels vermutete.

Mit der Verfestigung der Klassenherrschaft wurden diese ungleichen Geschlechterverhältnisse nach und nach immer mehr institutionalisiert und in Gesetze gegossen, verstärkt und verewigt durch staatliche Ideologie und Religion.

Echte Befreiung

Trotz seiner Ungenauigkeiten bleibt Engels „Ursprung“ ein kraftvolles Buch, das die Entstehung der Frauenunterdrückung als Teil eines historischen Prozesses erklärt und zeigt, dass männliche Dominanz und die systematische Unterdrückung der Frau keine naturgegebenen Zustände sind.

Es zeigte, dass sich die gesellschaftliche Stellung der Frau in der Vergangenheit gewandelt hat (genau wie sich wirtschaftliche und soziale Bedingungen gewandelt haben). Und es zeigte, dass auch zukünftige Veränderungen die Basis für eine Veränderung des Lebens der Frauen und für ein Ende ihrer Unterdrückung schaffen können.

Engels schreibt, „dass die Befreiung der Frau zur ersten Vorbedingung hat die Wiedereinführung des ganzen weiblichen Geschlechts in die öffentliche Industrie“13.

Über die letzten Jahrzehnte hinweg haben wir gesehen, wie strukturelle Veränderungen im Kapitalismus in vielen Ländern der Welt zu einem signifikanten Anstieg der Beteiligung der Frauen am Arbeitsleben geführt haben. Während dies zweifellos einen positiven Effekt auf die Vorstellungen und Erwartungen der Frauen selbst hatte und auch die sozialen Einstellungen im weiteren Sinne beeinflusste, bleibt die soziale und persönliche Unabhängigkeit der Frau durch die Bedürfnisse des kapitalistischen Systems beschränkt.

Engels führt weiter aus, dass diese Wiedereinführung in die öffentliche Produktionssphäre wiederum „die Beseitigung der Eigenschaft der Einzelfamilie als wirtschaftlicher Einheit der Gesellschaft“ erfordert.

Die Institution Familie und die Rolle der Frau in ihr haben offenkundig signifikante Veränderungen erfahren, seit Engels „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats“ geschrieben hat. Dennoch hat sie ihre wirtschaftliche und ideologische Bedeutung für den unter einer systematischen Krise leidenden und von Widersprüchen zerrissenen Kapitalismus des 21. Jahrhunderts behalten: Sie ermöglicht es, Frauen am Arbeitsplatz als billige Arbeitskräfte auszubeuten, während sie gleichzeitig zu Hause ihre traditionelle Rolle als unbezahlte Pflegepersonen weiterspielen.

Die kapitalistische Ideologie hat sich in Bezug auf die Rolle der Frau und ihre Stellung in der Gesellschaft seit dem 19. Jahrhundert verändert. Aber die Ideen und Werte dieses auf Warenproduktion zur Profitmaximierung und der ungleichen Verteilung von Reichtum und Macht basierenden Systems stützen sich auf die Rückstände überholter Vorstellungen von männlicher Autorität und Überlegenheit, die ihre Wurzeln in früheren Klassengesellschaften haben. Sie verbinden sich mit ihnen und schreiben sie fort.

Als Konsequenz daraus sind Frauen weiterhin Gewalt, sexuellem Missbrauch und der Einschränkung ihr Sexualität und Fortpflanzung unterworfen, während sie sich mit Sexismus, Diskriminierung und Geschlechterstereotypen konfrontiert sehen und feststellen müssen, dass in Bezug auf das Geschlecht weiterhin mit zweierlei Maß gemessen wird.

Für Engels war die Überführung der Produktionsmittel in Gemeineigentum die Voraussetzung für die Lösung der Probleme, mit denen Frauen in der Gesellschaft konfrontiert sind: „Mit dem Übergang der Produktionsmittel in Gemeineigentum hört die Einzelfamilie auf, wirtschaftliche Einheit der Gesellschaft zu sein. Die Privathaushaltung verwandelt sich in eine gesellschaftliche Industrie. Die Pflege und Erziehung der Kinder wird öffentliche Angelegenheit; die Gesellschaft sorgt für alle Kinder gleichmäßig (…)“14.

In einer sozialistischen Gesellschaft werden die persönlichen Beziehungen von den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zwängen befreit, die sie bis heute einschränken. Hierdurch wird die Grundlage für eine wirkliche Befreiung gelegt. 130 Jahre nachdem sie geschrieben wurden, haben Engels Worte zur Beendigung der Unterdrückung der Frau nichts von ihrer Kraft verloren.


  1.  Friedrich Engels – „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats“ in: Karl Marx/Friedrich Engels – Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 21, 5. Auflage 1975, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 27.

  2. Der Hack- beziehungsweise Gartenbau ist die ursprüngliche Form der Landwirtschaft. Die Feldwirtschaft mit Hilfe von Pflügen (Pflugbau) und Bewässerungssystemen entstand später. Die Übergänge sind auf Grund unterschiedlicher geographischer Bedingungen allerdings fließend.

  3. Leacock: Myths of Male Dominance, Monthly Review Press

  4.  Leacock and Lee: Politics and History in Band Societies, Cambridge University Press, 1982; Lee, The !Kung San, Cambridge, 1979

  5. Coontz and Henderson: Women‘s Work, Men‘s Property, Verso, 1986

  6. Gaitley: Kinship to Kingship, Gender Hierarchy and State Formation, University of Texas Press, 1987

  7.  „Gegenseitigkeit“ im Sinne von Tausch und Austausch, oft von Geschenken und Gefälligkeiten

  8. Ein sichelförmiges Gebiet, das die hügeligen Randbereiche des südwestasiatischen Gebirgsbogens zwischen Palästina und dem Nordwestiran einschließlich des Zweistromlandes (Euphrat und Tigris) umfasst

  9. Kindstötungen, vornehmlich das „Aussetzen“ von Neugeborenen

  10. Weiteres dazu vor allem bei Levi-Strauss

  11.  Weiteres dazu bei Leacock, Gaitley, Coontz and Henderson

  12. Bei einer Heirat zieht die Frau in den Haushalt des Mannes.

  13. Friedrich Engels – „Der Ursprung… “ in: Karl Marx/Friedrich Engels – Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 21, 5. Auflage 1975, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 76.

  14.  ebenda S. 77

Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats

Im Anschluß an Lewis H. Morgans Forschungen

Geschrieben Ende März bis 26. Mai 1884.
Erstmalig veröffentlicht Hottingen-Zürich 1884.
Nach der vierten, ergänzten Auflage, Stuttgart 1892.
Alle wesentlichen Änderungen gegenüber der Erstauflage sind mit Fußnoten vermerkt.

Zur ersten Auflage 1884

Die nachfolgenden Kapitel bilden gewissermaßen die Vollführung eines Vermächtnisses. Es war kein Geringerer als Karl Marx, der sich vorbehalten hatte, die Resultate der Morganschen Forschungen im Zusammenhang mit den Ergebnissen seiner - ich darf innerhalb gewisser Grenzen sagen unsrer - materialistischen Geschichtsuntersuchung darzustellen und dadurch erst ihre ganze Bedeutung klarzumachen. Hatte doch Morgan die von Marx vor vierzig Jahren entdeckte materialistische Geschichtsauffassung in Amerika in seiner Art neu entdeckt und war von ihr, bei Vergleichung der Barbarei und der Zivilisation, in den Hauptpunkten zu denselben Resultaten geführt worden wie Marx. Und wie "Das Kapital" von den zünftigen Ökonomen in Deutschland jahrelang ebenso eifrig ausgeschrieben wie hartnäckig totgeschwiegen wurde, ganz so wurde Morgans "Ancient Society"1 behandelt von den Wortführern der "prähistorischen" Wissenschaft in England. Meine Arbeit kann nur einen geringen Ersatz bieten für das, was meinem verstorbenen Freunde zu tun nicht mehr vergönnt war. Doch liegen mir in seinen ausführlichen Auszügen aus Morgan kritische Anmerkungen vor, die ich hier wiedergebe, soweit es irgend angeht.

Nach der materialistischen Auffassung ist das in letzter Instanz bestimmende Moment in der Geschichte: die Produktion und Reproduktion des unmittelbaren Lebens. Diese ist aber selbst wieder doppelter Art. Einerseits die Erzeugung von Lebensmitteln, von Gegenständen der Nahrung, Kleidung, Wohnung und den dazu erforderlichen Werkzeugen; andrerseits die Erzeugung von Menschen selbst, die Fortpflanzung der Gattung. Die gesellschaftlichen Einrichtungen, unter denen die Menschen einer bestimmten Geschichtsepoche und eines bestimmten Landes leben, werden bedingt durch beide Arten der Produktion: durch die Entwicklungsstufe einerseits der Arbeit, andrerseits der Familie. Je weniger die Arbeit noch entwickelt ist, je beschränkter die Menge ihrer Erzeugnisse, also auch der Reichtum der Gesellschaft, desto überwiegender erscheint die Gesellschaftsordnung beherrscht durch Geschlechtsbande. Unter dieser, auf Geschlechtsbande begründeten Gliederung der Gesellschaft entwickelt sich indes die Produktivität der Arbeit mehr und mehr; mit ihr Privateigentum und Austausch, Unterschiede des Reichtums, Verwertbarkeit fremder Arbeitskraft und damit die Grundlage von Klassengegensätzen: neue soziale Elemente, die im Lauf von Generationen sich abmühen, die alte Gesellschaftsverfassung den neuen Zuständen anzupassen, bis endlich die Unvereinbarkeit beider eine vollständige Umwälzung herbeiführt. Die alte, auf Geschlechtsverbänden beruhende Gesellschaft wird gesprengt im Zusammenstoß der neu entwickelten gesellschaftlichen Klassen; an ihre Stelle tritt eine neue Gesellschaft, zusammen gefaßt im Staat, dessen Untereinheiten nicht mehr Geschlechtsverbände sondern Ortsverbände sind, eine Gesellschaft, in der die Familienordnung ganz von der Eigentumsordnung beherrscht wird und in der sich nun jene Klassengegensätze und Klassenkämpfe frei entfalten, aus denen der Inhalt aller bisherigen geschriebnen Geschichte besteht.

Es ist das große Verdienst Morgans, diese vorgeschichtliche Grundlage unsrer geschriebnen Geschichte in ihren Hauptzügen entdeckt und wiederhergestellt und in den Geschlechtsverbänden der nordamerikanischen Indianer den Schlüssel gefunden zu haben, der uns die wichtigsten, bisher unlösbaren Rätsel der ältesten griechischen, römischen und deutschen Geschichte erschließt. Es ist aber seine Schrift kein Eintagswerk. An die vierzig Jahre hat er mit seinem Stoff gerungen, bis er ihn vollständig beherrschte. Darum aber ist auch sein Buch eins der wenigen epochemachenden Werke unsrer Zeit.

In der nachfolgenden Darstellung wird der Leser im ganzen und großen leicht unterscheiden, was von Morgan herrührt und was ich hinzugesetzt. In den geschichtlichen Abschnitten über Griechenland und Rom habe ich mich nicht auf Morgans Belege beschränkt, sondern hinzugefügt, was mir zu Gebote stand. Die Abschnitte über Kelten und Deutsche gehören wesentlich mir an; Morgan verfügte hier fast nur über Quellen zweiter Hand und für die deutschen Zustände - außer Tacitus - nur über die schlechten liberalen Verfälschungen des Herrn Freeman. Die ökonomischen Ausführungen, die bei Morgan für seinen Zweck hinreichend, für den meinigen aber durchaus ungenügend, sind alle von mir neu bearbeitet. Und endlich bin ich selbstredend verantwortlich für alle Schlußfolgerungen, soweit nicht Morgan ausdrücklich zitiert wird.

Vorwort zur vierten Auflage (1891)

Die früheren starken Auflagen dieser Schrift sind seit fast einem halben Jahr vergriffen, und der Verleger |J. H. W. Dietz| hat schon seit längerer Zeit die Besorgung einer neuen Auflage von mir gewünscht. Dringendere Arbeiten hielten mich bis jetzt davon ab. Seit dem Erscheinen der ersten Auflage sind sieben Jahre verflossen, in denen die Kenntnis der ursprünglichen Familienformen bedeutende Fortschritte gemacht hat. Es war hier also die nachbessernde und ergänzende Hand fleißig anzuwenden; und zwar um so mehr, als die beabsichtigte Stereotypierung des gegenwärtigen Textes mir fernere Änderungen für einige Zeit unmöglich machen wird.

Ich habe also den ganzen Text einer sorgfältigen Durchsicht unterworfen und eine Reihe von Zusätzen gemacht, wodurch, wie ich hoffe, der heutige Stand der Wissenschaft gebührende Berücksichtigung gefunden hat. Ferner gebe ich im weitern Verlauf dieses Vorworts eine kurze Übersicht über die Entwicklung der Geschichte der Familie von Bachofen bis Morgan; und zwar hauptsächlich deswegen, weil die englische chauvinistisch angehauchte prähistorische Schule noch fortwährend ihr möglichstes tut, die durch Morgans Entdeckungen vollzogne Umwälzung der urgeschichtlichen Anschauungen totzuschweigen, wobei sie jedoch in der Aneignung von Morgans Resultaten sich keineswegs geniert. Auch anderwärts wird diesem englischen Beispiel stellenweise nur zu sehr gefolgt.

Meine Arbeit hat verschiedne Übertragungen in fremde Sprachen erfahren. Zuerst italienisch: "L'origine della famiglia, della proprietà privata e dello stato". Versione riveduta dall' autore, di Pasquale Martignetti. Benevento 1885. Dann rumänisch: "Originea familiei, propnetcii, private i a statului". Traducere de Joan Ndejde, in der Jassyer Zeitschrift "Contemporanul", September 1885 bis Mai 1886. Ferner dänisch: "Familjens, Privatejendommens og Statens Oprindelse". Dansk af Forfatteren gennemgaaet Udgave, besorget af Gerson Trier. København 1888. Eine französische Übersetzung von Henri Ravé, der die gegenwärtige deutsche Ausgabe zugrunde liegt, ist unter der Presse.

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Bis zum Anfang der sechziger Jahre kann von einer Geschichte der Familie nicht die Rede sein. Die historische Wissenschaft stand auf diesem Gebiet noch ganz unter dem Einflusse der fünf Bücher Mosis. Die darin ausführlicher als anderswo geschilderte patriarchalische Familienform wurde nicht nur ohne weiteres als die älteste angenommen, sondern auch - nach Abzug der Vielweiberei - mit der heutigen bürgerlichen Familie identifiziert, so daß eigentlich die Familie überhaupt keine geschichtliche Entwicklung durchgemacht hatte; höchstens gab man zu, daß in der Urzeit eine Periode geschlechtlicher Regellosigkeit bestanden haben könne. - Allerdings kannte man außer der Einzelehe auch die orientalische Vielweiberei und die indisch-tibetanische Vielmännerei; aber diese drei Formen ließen sich nicht in eine historische Reihenfolge ordnen und figurierten zusammenhangslos nebeneinander. Daß bei einzelnen Völkern der alten Geschichte sowie bei einigen noch existierenden Wilden die Abstammung nicht vom Vater, sondern von der Mutter gerechnet, also die weibliche Linie als die allein gültige angesehn wurde; daß bei vielen heutigen Völkern die Ehe innerhalb bestimmter größerer, damals nicht näher untersuchter Gruppen verboten ist, und daß diese Sitte sich in allen Weltteilen findet - diese Tatsachen waren zwar bekannt, und es wurden immer mehr Beispiele davon gesammelt. Aber man wußte nichts damit anzufangen, und selbst noch in E. B. Tylors "Researches into the Early History of Mankind etc. etc." (1865) figurieren sie als bloße "sonderbare Gebräuche" neben dem bei einigen Wilden geltenden Verbot, brennendes Holz mit einem Eisenwerkzeug zu berühren, und ähnlichen religiösen Schnurrpfeifereien.

Die Geschichte der Familie datiert von 1861, vom Erscheinen von Bachofens "Mutterrecht". Hier stellt der Verfasser die folgenden Behauptungen auf: 1. daß die Menschen im Anfang in schrankenlosem Geschlechtsverkehr gelebt, den er, mit einem schiefen Ausdruck, als Hetärismus bezeichnet; 2. daß ein solcher Verkehr jede sichere Vaterschaft ausschließt, daß daher die Abstammung nur in der weiblichen Linie - nach Mutterrecht - gerechnet werden konnte, und daß dies ursprünglich bei allen Völkern des Altertums der Fall war; 3. daß in Folge hiervon den Frauen, als den Müttern, den einzigen sicher bekannten Eltern der jüngern Generation, ein hoher Grad von Achtung und Ansehn gezollt wurde, der sich nach Bachofens Vorstellung zu einer vollständigen Weiberherrschaft (Gynaikokratie) steigerte; 4. daß der Übergang zur Einzelehe, wo die Frau einem Mann ausschließlich gehörte, eine Verletzung eines uralten Religionsgebots in sich schloß (d.h. tatsächlich eine Verletzung des altherkömmlichen Anrechts der übrigen Männer auf dieselbe Frau), eine Verletzung, die gebüßt oder deren Duldung erkauft werden mußte durch eine zeitlich beschränkte Preisgebung der Frau.

Die Beweise für diese Sätze findet Bachofen in zahllosen, mit äußerstem Fleiß zusammengesuchten Stellen der altklassischen Literatur. Die Entwicklung vom "Hetärismus" zur Monogamie und vom Mutterrecht zum Vaterrecht vollzieht sich nach ihm, namentlich bei den Griechen, in Folge einer Fortentwicklung der religiösen Vorstellungen, einer Einschiebung neuer Gottheiten, Repräsentanten der neuen Anschauungsweise, in die altüberlieferte Göttergruppe, die Vertreterin der alten Anschauung, so daß die letztere mehr und mehr von der ersteren in den Hintergrund gedrängt wird. Es ist also nicht die Entwicklung der tatsächlichen Lebensbedingungen der Menschen, sondern der religiöse Widerschein dieser Lebensbedingungen in den Köpfen derselben Menschen, der nach Bachofen die geschichtlichen Veränderungen in der gegenseitigen gesellschaftlichen Stellung von Mann und Weib bewirkt hat. Hiernach stellt Bachofen die "Oresteia" des Äschylos dar als die dramatische Schilderung des Kampfes zwischen dem untergehenden Mutterrecht und dem in der Heroenzeit aufkommenden und siegenden Vaterrecht. Klytämnestra hat, um ihres Buhlen Ägisthos willen, ihren vom Trojanerkrieg heimkehrenden Gatten Agamemnon erschlagen; aber ihr und Agamemnons Sohn Orestes rächt den Mord des Vaters, indem er seine Mutter erschlägt. Dafür verfolgen ihn die Erinnyen, die dämonischen Schützerinnen des Mutterrechts, wonach der Muttermord das schwerste, unsühnbarste Verbrechen. Aber Apollo, der den Orestes durch sein Orakel zu dieser Tat aufgefordert, und Athene, die als Richterin aufgerufen wird - die beiden Götter, die hier die neue, vaterrechtliche Ordnung vertreten -, schützen ihn; Athene hört beide Parteien an. Die ganze Streitfrage faßt sich kurz zusammen in der nun stattfindenden Debatte zwischen Orestes und den Erinnyen. Orest beruft sich darauf, daß Klytämnestra einen doppelten Frevel begangen: indem sie ihren Gatten, und damit auch seinen Vater getötet. Warum denn verfolgten die Erinnyen ihn, und nicht sie, die weit Schuldigere? Die Antwort ist schlagend:

"Sie war dem Mann, den sie erschlug, nicht blutsverwandt."

Der Mord eines nicht blutsverwandten Mannes, selbst wenn er der Gatte der Mörderin, ist sühnbar, geht die Erinnyen nichts an; ihres Amtes ist nur die Verfolgung des Mords unter Blutsverwandten, und da ist, nach Mutterrecht, der schwerste und unsühnbarste der Muttermord. Nun tritt Apollo für Orestes als Verteidiger auf; Athene läßt die Areopagiten - die athenischen Gerichtsschöffen - abstimmen; die Stimmen sind gleich für Freisprechung und Verurteilung; da gibt Athene als Vorsitzerin ihre Stimme für Orestes ab und spricht ihn frei. Das Vaterrecht hat den Sieg errungen über das Mutterrecht, die "Götter jungen Stamms", wie sie von den Erinnyen selbst bezeichnet werden, siegen über die Erinnyen, und diese lassen sich schließlich auch bereden, im Dienst der neuen Ordnung ein neues Amt zu übernehmen.

Diese neue, aber entschieden richtige Deutung der "Oresteia" ist eine der schönsten und besten Stellen im ganzen Buch, aber sie beweist gleichzeitig, daß Bachofen mindestens ebensosehr an die Erinnyen, Apollo und Athene glaubt, wie seiner Zeit Äschylos; er glaubt eben, daß sie in der griechischen Heroenzeit das Wunder vollbrachten, das Mutterrecht zu stürzen durch das Vaterrecht. Daß eine solche Auffassung, wo die Religion als der entscheidende Hebel der Weltgeschichte gilt, schließlich auf reinen Mystizismus hinauslaufen muß, ist klar. Es ist daher eine saure und keineswegs immer lohnende Arbeit, sich durch den dicken Quartanten Bachofens durchzuarbeiten. Aber alles das schmälert nicht sein bahnbrechendes Verdienst;

er, zuerst, hat die Phrase von einem unbekannten Urzustand mit regellosem Geschlechtsverkehr ersetzt durch den Nachweis, daß die altklassische Literatur uns Spuren in Menge aufzeigt, wonach vor der Einzelehe in der Tat bei Griechen und Asiaten ein Zustand existiert hat, worin nicht nur ein Mann mit mehreren Frauen, sondern eine Frau mit mehreren Männern geschlechtlich verkehrte, ohne gegen die Sitte zu verstoßen; daß diese Sitte nicht verschwand, ohne Spuren zu hinterlassen in einer beschränkten Preisgebung, wodurch die Frauen das Recht auf Einzelehe erkaufen mußten; daß daher die Abstammung ursprünglich nur in weiblicher Linie, von Mutter zu Mutter gerechnet werden konnte; daß diese Alleingültigkeit der weiblichen Linie sich noch lange in die Zeit der Einzelehe mit gesicherter oder doch anerkannter Vaterschaft hinein erhalten hat; und daß diese ursprüngliche Stellung der Mütter, als der einzigen sichern Eltern ihrer Kinder, ihnen und damit den Frauen überhaupt, eine höhere gesellschaftliche Stellung sicherte, als sie seitdem je wieder besessen haben. Diese Sätze hat Bachofen zwar nicht in dieser Klarheit ausgesprochen - das verhinderte seine mystische Anschauung. Aber er hat sie bewiesen, und das bedeutete 1861 eine vollständige Revolution.

Bachofens dicker Quartant war deutsch geschrieben, d.h. in der Sprache der Nation, die sich damals am wenigsten für die Vorgeschichte der heutigen Familie interessierte. Er blieb daher unbekannt. Sein nächster Nachfolger auf demselben Gebiet trat 1865 auf, ohne von Bachofen je gehört zu haben.

Dieser Nachfolger war J. F. McLennan, das grade Gegenteil seines Vorgängers. Statt des genialen Mystikers haben wir hier den ausgetrockneten Juristen; statt der überwuchernden dichterischen Phantasie die plausiblen Kombinationen des plädierenden Advokaten. McLennan findet bei vielen wilden, barbarischen und selbst zivilisierten Völkern alter und neuer Zeit eine Form der Eheschließung, bei der der Bräutigam, allein oder mit seinen Freunden, die Braut ihren Verwandten scheinbar gewaltsam rauben muß. Diese Sitte muß das Überbleibsel sein einer früheren Sitte, worin die Männer eines Stammes sich ihre Frauen auswärts, von anderen Stämmen, wirklich mit Gewalt raubten. Wie entstand nun diese "Raubehe"? Solange die Männer hinreichend Frauen im eignen Stamm finden konnten, war durchaus kein Anlaß dazu vorhanden. Nun finden wir aber ebenso häufig, daß bei unentwickelten Völkern gewisse Gruppen existieren (die um 1865 noch häufig mit den Stämmen selbst identifiziert wurden), innerhalb deren die Heirat verboten war, so daß die Männer ihre Frauen und die Frauen ihre Männer außerhalb der Gruppe zu nehmen genötigt sind, während bei andern die Sitte besteht, daß die Männer einer gewissen Gruppe genötigt sind, ihre Frauen nur innerhalb ihrer eignen Gruppe zu nehmen. McLennan nennt die ersteren exogam, die zweiten endogam, und konstruiert nun ohne weiteres einen starren Gegensatz zwischen exogamen und endogamen "Stämmen". Und obwohl seine eigne Untersuchung der Exogamie ihn mit der Nase darauf stößt, daß dieser Gegensatz in vielen, wo nicht den meisten oder gar allen Fällen nur in seiner Vorstellung besteht, so macht er ihn doch zur Grundlage seiner gesamten Theorie. Exogame Stämme können hiernach ihre Frauen nur von andern Stämmen beziehn; und bei dem der Wildheit entsprechenden permanenten Kriegszustand zwischen Stamm und Stamm habe dies nur geschehn können durch Raub.

McLennan fragt nun weiter: Woher diese Sitte der Exogamie? Die Vorstellung der Blutsverwandtschaft und Blutschande könne nichts damit zu tun haben, das seien Dinge, die sich erst viel später entwickelt. Wohl aber die unter Wilden vielverbreitete Sitte, weibliche Kinder gleich nach der Geburt zu töten. Dadurch entstehe ein Überschuß von Männern in jedem einzelnen Stamm, dessen notwendige nächste Folge sei, daß mehrere Männer eine Frau in Gemeinschaft besäßen: Vielmännerei. Die Folge hiervon sei wieder, daß man wußte, wer die Mutter eines Kindes war, nicht aber, wer der Vater, daher: Verwandtschaft gerechnet nur in der weiblichen Linie mit Ausschluß der männlichen - Mutterrecht. Und eine zweite Folge des Mangels an Frauen innerhalb des Stammes - ein Mangel, gemildert, aber nicht beseitigt durch die Vielmännerei - war eben die systematische, gewaltsame Entführung von Frauen fremder Stämme.

"Da Exogamie und Vielmännerei aus einer und derselben Ursache entspringen - dem Mangel der Gleichzahl zwischen beiden Geschlechtern -, müssen wir alle exogamen Racen als ursprünglich der Vielmännerei ergeben ansehn ... Und deshalb müssen wir es für unbestreitbar ansehn, daß unter exogamen Racen das erste Verwandtschaftssystem dasjenige war, welches Blutbande nur auf der Mutterseite kennt." (McLennan, "Studies in Ancient History", 1886. "Primitive Marriage", p.124.)

Es ist das Verdienst McLennans, auf die allgemeine Verbreitung und große Bedeutung dessen, was er Exogamie nennt, hingewiesen zu haben. Entdeckt hat er die Tatsache der exogamen Gruppen keineswegs, und verstanden hat er sie erst recht nicht. Von früheren, vereinzelten Notizen bei vielen Beobachtern - eben den Quellen McLennans - abgesehn, hatte Latham ("Descriptive Ethnology", 1859) diese Institution bei den indischen Magars genau und richtig beschrieben und gesagt, daß sie allgemein verbreitet sei und in allen Weltteilen vorkomme - eine Stelle, die McLennan selbst anführt. Und unser Morgan hatte sie ebenfalls bereits 1847 in seinen Briefen über die Irokesen (im "American Review") und 1851 in "The League of the Iroquois" bei diesem Volksstamm nachgewiesen und richtig beschrieben, während, wie wir sehn werden, der Advokatenverstand McLennans hier eine weit größere Verwirrung angerichtet hat, als Bachofens mystische Phantasie auf dem Gebiet des Mutterrechts. Es ist McLennans ferneres Verdienst, die mutterrechtliche Abstammungsordnung als die ursprüngliche erkannt zu haben, obwohl ihm, wie er später auch anerkennt, Bachofen hier zuvorgekommen war. Aber auch hier ist er nicht im klaren; er spricht stets von "Verwandtschaft nur in weiblicher Linie" (kinship through females only) und wendet diesen für eine frühere Stufe richtigen Ausdruck fortwährend auch auf spätere Entwicklungsstufen an, wo Abstammung und Vererbung zwar noch ausschließlich nach weiblicher Linie gerechnet, aber Verwandtschaft auch nach männlicher Seite anerkannt und ausgedrückt wird. Es ist die Beschränktheit des Juristen, der sich einen festen Rechtsausdruck schafft und diesen unverändert fort anwendet auf Zustände, die ihn inzwischen unanwendbar gemacht.

Bei all ihrer Plausibilität, scheint es, kam die Theorie McLennans doch ihrem eignen Verfasser nicht zu fest gegründet vor. Wenigstens fällt ihm selbst auf, es sei

"bemerkenswert, daß die Form des" (scheinbaren) "Frauenraubs am ausgeprägtesten und ausdruckvollsten ist grade bei den Völkern, wo männliche Verwandtschaft" (soll heißen Abstammung in männlicher Linie) "herrscht" (S. 140).

Und ebenso:

"Es ist eine sonderbare Tatsache, daß. soviel wir wissen, der Kindermord nirgendswo systematisch betrieben wird, wo die Exogamie und die älteste Verwandtschaftsform nebeneinander bestehn" (S. 146).

Beides Tatsachen, die seiner Erklärungsweise direkt ins Gesicht schlagen, und denen er nur neue, noch verwickeitere Hypothesen entgegenhalten kann.

Trotzdem fand seine Theorie in England großen Beifall und Anklang: McLennan galt hier allgemein als Begründer der Geschichte der Familie und als erste Autorität auf diesem Gebiet. Sein Gegensatz von exogamen und endogamen "Stämmen", so sehr man auch einzelne Ausnahmen und Modifikationen konstatierte, blieb doch die anerkannte Grundlage der herrschenden Anschauungsweise und wurde die Scheuklappe, die jeden freien Überblick über das untersuchte Gebiet und damit jeden entscheidenden Fortschritt unmöglich machte. Der in England und nach englischem Vorbild auch anderswo üblich gewordenen Überschätzung McLennans ist es Pflicht, die Tatsache entgegenzuhalten, daß er mit seinem rein mißverständlichen Gegensatz von exogamen und endogamen "Stämmen" mehr Schaden angerichtet, als er durch seine Forschungen genützt hat.

Indes kamen schon bald mehr und mehr Tatsachen ans Licht, die in seinen zierlichen Rahmen nicht paßten. McLennan kannte nur drei Formen der Ehe: Vielweiberei, Vielmännerei und Einzelehe. Als aber einmal die Aufmerksamkeit auf diesen Punkt gelenkt, fanden sich mehr und mehr Beweise, daß bei unentwickelten Völkern Eheformen bestanden, worin eine Reihe von Männern eine Reihe von Frauen gemeinsam besaßen; und Lubbock ("The origin of Civilisation", 1870) erkannte diese Gruppenehe (Communal marriage) als geschichtliche Tatsache an.

Gleich darauf, 1871, trat Morgan mit neuem und in vieler Beziehung entscheidendem Material auf. Er hatte sich überzeugt, daß das bei den Irokesen geltende, eigentümliche Verwandtschaftssystem allen Ureinwohnern der Vereinigten Staaten gemeinsam, also über einen ganzen Kontinent verbreitet sei, obwohl es den Verwandtschaftsgraden, wie sie sich aus dem dort geltenden Ehesystem tatsächlich ergeben, direkt widerspricht. Er bewog nun die amerikanische Bundesregierung, auf Grund von ihm selbst aufgesetzter Fragebogen und Tabellen Auskunft über die Verwandtschaftssysteme der übrigen Völker einzuziehn, und fand aus den Antworten, 1. daß das amerikanisch-indianische Verwandtschaftssystem auch in Asien, und in etwas modifizierter Form in Afrika und Australien bei zahlreichen Volksstämmen in Geltung sei. 2. daß es sich vollständig erkläre aus einer in Hawaii und andern australischen Inseln eben im Absterben begriffenen Form der Gruppenehe, und 3. daß aber neben dieser Eheform auf denselben Inseln ein Verwandtschaftssystem in Geltung sei, das sich nur durch eine noch urwüchsigere, jetzt ausgestorbne Form der Gruppenehe erklären lasse. Die gesammelten Nachrichten nebst seinen Schlußfolgerungen daraus veröffentlichte er in seinen "Systems of Consanguinity and Affinity", 1871, und führte damit die Debatte auf ein unendlich umfassenderes Gebiet. Indem er, von den Verwandtschaftssystemen ausgehend, die ihnen entsprechenden Familienformen wiederkonstruierte, eröffnete er einen neuen Forschungsweg und einen weiterreichenden Rückblick in die Vorgeschichte der Menschheit. Erhielt diese Methode Geltung, so war die niedliche Konstruktion McLennans in Dunst aufgelöst.

McLennan verteidigte seine Theorie in der Neuauflage von "Primitive Marriage" ("Studies in Ancient History", 1875). Während er selbst eine Geschichte der Familie aus lauter Hypothesen äußerst künstlich kombiniert, verlangt er von Lubbock und Morgan nicht nur Beweise für jede ihrer Behauptungen , sondern Beweise von der unanfechtbaren Bündigkeit, wie allein sie in einem schottischen Gerichtshof zugelassen werden. Und das tut derselbe Mann, der aus dem engen Verhältnis zwischen Mutterbruder und Schwestersohn bei den Deutschen (Tacitus, "Germania", c. 20), aus Cäsars Bericht, daß die Briten je zehn oder zwölf ihre Frauen gemeinsam haben, und aus allen anderen Berichten der alten Schriftsteller über Weibergemeinschaft bei Barbaren ohne Zaudern den Schluß zieht, bei allen diesen Völkern habe Vielmännerei geherrscht! Man meint einen Staatsanwalt zu hören, der sich bei Zurechtmachung seines Falls jede Freiheit erlauben kann, der aber vom Verteidiger für jedes Wort den formellsten juristisch gültigen Beweis beansprucht.

Die Gruppenehe sei eine pure Einbildung, behauptet er und fällt damit weit hinter Bachofen zurück. Die Verwandtschaftssysteme bei Morgan seien bloße Vorschriften gesellschaftlicher Höflichkeit, bewiesen durch die Tatsache, daß die Indianer auch einen Fremden, Weißen, als Bruder oder Vater anreden. Es ist, als wollte man behaupten, die Bezeichnungen Vater, Mutter, Bruder, Schwester seien bloße sinnlose Anredeformen, weil katholische Geistliche und Äbtissinnen ebenfalls mit Vater und Mutter, Mönche und Nonnen, ja selbst Freimaurer und englische Fachvereinsgenossen in solenner Sitzung als Bruder und Schwester angeredet werden. Kurz, McLennans Verteidigung war elend schwach.

Noch aber blieb ein Punkt, wo er nicht gefaßt worden war. Der Gegensatz von exogamen und endogamen "Stämmen", auf dem sein ganzes System beruhte, war nicht nur unerschüttert, er wurde sogar allgemein als Angelpunkt der gesamten Geschichte der Familie anerkannt. Man gab zu, McLennans Versuch, diesen Gegensatz zu erklären, sei ungenügend und widerspreche den von ihm selbst aufgezählten Tatsachen. Aber der Gegensatz selbst, die Existenz zweier einander ausschließender Arten von selbständigen und unabhängigen Stämmen, wovon die eine Art ihre Weiber innerhalb des Stamms nahm, während dies der andern Art absolut verboten war - dies galt als unbestreitbares Evangelium. Man vergleiche z.B. Giraud-Teulons "Origines de la famille" (1874) und selbst noch Lubbocks "Origin of Civilisation" (4. Auflage, 1882).

An diesem Punkt setzt Morgans Hauptwerk an: "Ancient Society" (1877), das Werk, das der gegenwärtigen Arbeit zugrunde liegt. Was Morgan 1871 nur noch dunkel ahnte, das ist hier mit vollem Bewußtsein entwickelt. Endogamie und Exogamie bilden keinen Gegensatz; exogame "Stämme" sind bis jetzt nirgends nachgewiesen. Aber zur Zeit, wo die Gruppenehe noch herrschte - und sie hat aller Wahrscheinlichkeit nach überall einmal geherrscht -, gliederte sich der Stamm in eine Anzahl von auf Mutterseite blutsverwandten Gruppen, Gentes, innerhalb deren strenges Eheverbot herrschte, so daß die Männer einer Gens ihre Frauen zwar innerhalb des Stammes nehmen konnten und in der Regel nahmen, aber sie außerhalb ihrer Gens nehmen mußten. So daß, wenn die Gens streng exogam,. der die Gesamtheit der Gentes umfassende Stamm ebensosehr endogam war. Damit war der letzte Rest der McLennanschen Künstelei endgültig abgetan.

Hiermit aber begnügte sich Morgan nicht. Die Gens der amerikanischen Indianer diente ihm ferner dazu, den zweiten entscheidenden Fortschritt auf dem von ihm untersuchten Gebiet zu machen. In dieser nach Mutterrecht organisierten Gens entdeckte er die Urform, woraus sich die spätere, vaterrechtlich organisierte Gens entwickelt hatte, die Gens, wie wir sie bei den antiken Kulturvölkern finden. Die griechische und römische Gens, allen bisherigen Geschichtsschreibern ein Rätsel, war erklärt aus der indianischen und damit eine neue Grundlage gefunden für die ganze Urgeschichte.

Diese Wiederentdeckung der ursprünglichen mutterrechtlichen Gens als der Vorstufe der vaterrechtlichen Gens der Kulturvölker hat für die Urgeschichte dieselbe Bedeutung wie Darwins Entwicklungstheorie für die Biologie und Marx' Mehrwertstheorie für die politische Ökonomie. Sie befähigte Morgan, zum erstenmal eine Geschichte der Familie zu entwerfen, worin wenigstens die klassischen Entwicklungsstufen im ganzen und großen, soweit das heute bekannte Material erlaubt, vorläufig festgestellt sind. Daß hiermit eine neue Epoche der Behandlung der Urgeschichte beginnt, ist vor aller Augen klar. Die mutterrechtliche Gens ist der Angelpunkt geworden, um den sich diese ganze Wissenschaft dreht; seit ihrer Entdeckung weiß man, in welcher Richtung und wonach man zu forschen und wie man das Erforschte zu gruppieren hat. Und dementsprechend werden jetzt auf diesem Gebiet ganz anders rasche Fortschritte gemacht als vor Morgans Buch.

Die Entdeckungen Morgans sind jetzt allgemein anerkannt, oder vielmehr angeeignet von den Prähistorikern auch in England. Aber fast bei keinem findet sich das offene Zugeständnis, daß es Morgan ist, dem wir diese Revolution der Anschauungen verdanken. In England ist sein Buch soweit wie möglich totgeschwiegen, er selbst mit herablassendem Lob wegen seiner früheren Leistungen abgefertigt worden; an den Einzelheiten seiner Darstellung klaubt man eifrig herum, von seinen wirklich großen Entdeckungen schweigt man hartnäckig. "Ancient Society" ist in der Originalausgabe vergriffen; in Amerika ist für so etwas kein lohnender Absatz; in England wurde das Buch, scheint es, systematisch unterdrückt, und die einzige Ausgabe dieses epochemachenden Werks, die noch im Buchhandel zirkuliert, ist - die deutsche Übersetzung.

Woher diese Zurückhaltung, in der es schwer ist, nicht eine Totschweigungs-Verschwörung zu sehen, besonders gegenüber den zahlreichen bloßen Höflichkeitszitaten und andern Beweisen von Kameraderie, wovon die Schriften unsrer anerkannten Prähistoriker wimmeln? Etwa weil Morgan ein Amerikaner ist und es sehr hart ist für die englischen Prähistoriker, daß sie, trotz alles höchst anerkennenswerten Fleißes im Zusammentragen von Material, für die bei der Ordnung und Gruppierung dieses Materials geltenden allgemeinen Gesichtspunkte, kurz für ihre Ideen, angewiesen sind auf zwei geniale Ausländer, auf Bachofen und Morgan? Den Deutschen konnte man sich noch gefallen lassen, aber den Amerikaner? Gegenüber dem Amerikaner wird jeder Engländer patriotisch, wovon ich in den Vereinigten Staaten ergötzliche Beispiele gesehn. Nun kommt aber noch dazu, daß McLennan der sozusagen amtlich ernannte Stifter und Führer der englischen prähistorischen Schule war; daß es gewissermaßen zum prähistorischen guten Ton gehörte, nur mit der höchsten Ehrfurcht von seiner verkünstelten, vom Kindermord durch Vielmännerei und Raubehe zur mutterrechtlichen Familie führenden Geschichtskonstruktion zu reden; daß der geringste Zweifel an der Existenz von einander absolut ausschließenden exogamen und endogamen "Stämmen" für frevelhafte Ketzerei galt; daß also Morgan, indem er alle diese geheiligten Dogmen in Dunst auflöste, eine Art von Sakrileg beging. Und obendrein löste er sie auf in einer Weise, die nur ausgesprochen zu werden brauchte, um sofort einzuleuchten, so daß die bisher zwischen Exogamie und Endogamie ratlos umhertaumelnden " McLennan-Verehrer sich fast mit der Faust vor den Kopf schlagen und ausrufen mußten: Wie konnten wir so dumm sein und das nicht schon lange selbst finden!

Und wenn das noch nicht der Verbrechen genug waren, um der offiziellen Schule jede andere Behandlung außer kühler Beiseiteschiebung zu verbieten, so machte Morgan das Maß übervoll, indem er nicht nur die Zivilisation, die Gesellschaft der Warenproduktion, die Grundform unserer heutigen Gesellschaft, in einer Weise kritisierte, die an Fourier erinnert, sondern von einer künftigen Umgestaltung dieser Gesellschaft in Worten spricht, die Karl Marx gesagt haben könnte. Es war also wohlverdient, wenn McLennan ihm entrüstet vorwirft, "die historische Methode sei ihm durchaus antipathisch", und wenn Herr Professor Giraud-Teulon in Genf ihm dies noch 1884 bestätigt. Wankte doch derselbe Herr Giraud-Teulon noch 1874 ("Origines de la famille") hülflos im Irrgarten der McLennanschen Exogamie herum, aus dem ihn Morgan erst befreien mußte!

Auf die übrigen Fortschritte, die die Urgeschichte Morgan verdankt, brauche ich hier nicht einzugehn; im Verlauf meiner Arbeit findet sich das Nötige darüber. Die vierzehn Jahre, die seit dem Erscheinen seines Hauptwerkes verflossen, haben unser Material für die Geschichte der menschlichen Urgesellschaften sehr bereichert; zu den Anthropologen, Reisenden und Prähistorikern von Profession sind die vergleichenden Juristen getreten und haben teils neuen Stoff, teils neue Gesichtspunkte gebracht. Manche Einzelhypothese Morgans ist dadurch schwankend oder selbst hinfällig geworden. Aber nirgendwo hat das neugesammelte Material dazu geführt, seine großen Hauptgesichtspunkte durch andere zu verdrängen. Die von ihm in die Urgeschichte gebrachte Ordnung gilt in ihren Hauptzügen noch heute. Ja, man kann sagen, sie findet mehr und mehr allgemeine Anerkennung in demselben Maß, worin seine Urheberschaft dieses großen Fortschritts verheimlicht wird.2

London, 16. Juni 1891


  1. "Ancient Society, or Researches in the Lines of Human Progress from Savagery, through Barbarism to Civilization". By Lewis H. Morgan. London, Macmillan and Co., 1877. Das Buch ist in Amerika gedruckt und in London merkwürdig schwer zu haben. Der Verfasser ist vor einigen Jahren gestorben

  2.  Auf der Rückreise von New York im September 1888 traf ich einen ehemaligen Kongreßdeputierten für den Wahlbezirk von Rochester, der Lewis Morgan gekannt hatte. Er wußte mir leider nicht viel von ihm zu erzählen. Morgan habe in Rochester als Privatmann gelebt, nur mit seinen Studien beschäftigt. Sein Bruder sei Oberst und in Washington im Kriegsministerium angestellt gewesen; durch Vermittlung dieses Bruders habe er es fertiggebracht, die Regierung für seine Forschungen zu interessieren und mehrere seiner Werke auf öffentliche Kosten herauszugeben; er, der Erzähler, habe sich auch während seiner Kongreßzeit mehrfach dafür verwandt.

I Vorgeschichtliche Kulturstufen

Morgan ist der erste, der mit Sachkenntnis eine bestimmte Ordnung in die menschliche Vorgeschichte zu bringen versucht; solange nicht bedeutend erweitertes Material zu Änderungen nötigt, wird seine Gruppierung wohl in Kraft bleiben.

Von den drei Hauptepochen: Wildheit, Barbarei, Zivilisation beschäftigen ihn selbstredend nur die ersten zwei und der Übergang zur dritten. Jede der beiden teilt er ein in eine untere, mittlere und obere Stufe, je nach den Fortschritten der Produktion der Lebensmittel; denn, sagt er:

"Die Geschicklichkeit in dieser Produktion ist entscheidend für den Grad menschlicher Überlegenheit und Naturbeherrschung; von allen Wesen hat nur der Mensch es bis zu einer fast unbedingten Herrschaft über die Erzeugung von Nahrungsmitteln gebracht. Alle großen Epochen menschlichen Fortschritts fallen, mehr oder weniger direkt, zusammen mit Epochen der Ausweitung der Unterhaltsquellen."

Die Entwicklung der Familie geht daneben, bietet aber keine so schlagenden Merkmale zur Trennung der Perioden.

1. Wildheit

1. Unterstufe. Kindheit des Menschengeschlechts, das, wenigstens teilweise, auf Bäumen lebend, wodurch allein sein Fortbestehn gegenüber großen Raubtieren erklärlich, noch in seinen ursprünglichen Sitzen, tropischen oder subtropischen Wäldern sich aufhielt. Früchte, Nüsse, Wurzeln dienten zur Nahrung; die Ausbildung artikulierter Sprache ist Hauptergebnis dieser Zeit. Von allen Völkern, die innerhalb der geschichtlichen Periode bekannt geworden sind, gehörte kein einziges mehr diesem Urzustand an. So lange Jahrtausende er auch gedauert haben mag, so wenig können wir ihn aus direkten Zeugnissen beweisen; aber die Abstammung des Menschen aus dem Tierreich einmal zugegeben, wird die Annahme dieses Übergangs unumgänglich.

2. Mittelstufe. Beginnt mit der Verwertung von Fischen (wozu wir auch Krebse, Muscheln und andere Wassertiere zählen) zur Nahrung und mit dem Gebrauch des Feuers. Beides gehört zusammen, da Fischnahrung erst vermittelst des Feuers vollständig vernutzbar wird. Mit dieser neuen Nahrung aber wurden die Menschen unabhängig von Klima und Lokalität; den Strömen und Küsten folgend, konnten sie selbst im wilden Zustand sich über den größten Teil der Erde ausbreiten. Die roh gearbeiteten, ungeschliffenen Steinwerkzeuge des früheren Steinalters, die sogenannten paläolithischen, die ganz oder größtenteils in diese Periode fallen, sind in ihrer Verbreitung über alle Kontinente Beweisstücke dieser Wanderungen. Die neubesetzten Zonen wie der ununterbrochen tätige Findungstrieb, verbunden mit dem Besitz des Reibfeuers, brachten neue Nahrungsmittel auf; so stärkmehlhaltige Wurzeln und Knollen, in heißer Asche oder in Backgruben (Erdöfen) gebacken; so Wild, das mit Erfindung der ersten Waffen, Keule und Speer, gelegentliche Zugabe zur Kost wurde. Ausschließliche Jägervölker, wie sie in den Büchern figurieren, d.h. solche, die nur von der Jagd leben, hat es nie gegeben; dazu ist der Ertrag der Jagd viel zu ungewiß. Infolge andauernder Unsicherheit der Nahrungsquellen scheint auf dieser Stufe die Menschenfresserei aufzukommen, die sich von jetzt an lange erhält. Die Australier und viele Polynesier stehn noch heute auf dieser Mittelstufe der Wildheit.

3. Oberstufe. Beginnt mit der Erfindung von Bogen und Pfeil, wodurch Wild regelmäßiges Nahrungsmittel, Jagd einer der normalen Arbeitszweige wurde. Bogen, Sehne und Pfeil bilden schon ein sehr zusammengesetztes Instrument, dessen Erfindung lange, gehäufte Erfahrung und geschärfte Geisteskräfte voraussetzt, also auch die gleichzeitige Bekanntschaft mit einer Menge andrer Erfindungen. Vergleichen wir die Völker, die zwar Bogen und Pfeil kennen, aber noch nicht die Töpferkunst (von der Morgan den Übergang in die Barbarei datiert), so finden wir in der Tat bereits einige Anfänge der Niederlassung in Dörfern, eine gewisse Beherrschung der Produktion des Lebensunterhalts, hölzerne Gefäße und Geräte, Fingerweberei (ohne Webstuhl) mit Fasern von Bast, geflochtene Körbe von Bast oder Schilf, geschliffene (neolithische) Steinwerkzeuge. Meist auch hat Feuer und Steinaxt bereits das Einbaum-Boot und stellenweise Balken und Bretter zum Hausbau geliefert. Alle diese Fortschritte finden wir z.B. bei den nordwestlichen Indianern Amerikas, die zwar Bogen und Pfeil, aber nicht die Töpferei kennen. Für die Wildheit war Bogen und Pfeil, was das eiserne Schwert für die Barbarei und das Feuerrohr für die Zivilisation: die entscheidende Waffe.

2. Barbarei

1. Unterstufe. Datiert von der Einführung der Töpferei. Diese ist nachweislich in vielen Fällen und wahrscheinlich überall entstanden aus der Überdeckung geflochtener oder hölzerner Gefäße mit Lehm, um sie feuerfest zu machen; wobei man bald fand, daß der geformte Lehm auch ohne das innere Gefäß den Dienst leistete.

Bisher konnten wir den Gang der Entwicklung ganz allgemein, als gültig für eine bestimmte Periode aller Völker, ohne Rücksicht auf die Lokalität, betrachten. Mit dem Eintritt der Barbarei aber haben wir eine Stufe erreicht, worauf sich die verschiedne Naturbegabung der beiden großen Erdkontinente geltend macht. Das charakteristische Moment der Periode der Barbarei ist die Zähmung und Züchtung von Tieren und die Kultur von Pflanzen. Nun besaß der östliche Kontinent, die sog. Alte Welt, fast alle zur Zähmung tauglichen Tiere und alle kulturfähigen Getreidearten außer einer; der westliche, Amerika, von zähmbaren Säugetieren nur das Lama, und auch dies nur in einem Teil des Südens, und von allen Kulturgetreiden nur eins, aber das beste: den Mais. Diese verschiednen Naturbedingungen bewirken, daß von nun an die Bevölkerung jeder Halbkugel ihren besondern Gang geht, und die Marksteine an den Grenzen der einzelnen Stufen in jedem der beiden Fälle verschieden sind.

2. Mittelstufe. Beginnt im Osten mit der Zähmung von Haustieren, im Westen mit der Kultur von Nährpflanzen mittelst Berieselung und dem Gebrauch von Adoben (an der Sonne getrockneten Ziegeln) und Stein zu Gebäuden.

Wir beginnen mit dem Westen, da hier diese Stufe bis zur europäischen Eroberung nirgends überschritten wurde.

Bei den Indianern der Unterstufe der Barbarei (wozu alle östlich des Mississippi gefundnen gehörten) bestand zur Zeit ihrer Entdeckung schon eine gewisse Gartenkultur von Mais und vielleicht auch Kürbissen, Melonen und andern Gartengewächsen, die einen sehr wesentlichen Bestandteil ihrer Nahrung lieferte; sie wohnten in hölzernen Häusern, in verpalisadierten Dörfern. Die nordwestlichen Stämme, besonders die im Gebiet des Kolumbiaflusses, standen noch auf der Oberstufe der Wildheit und kannten weder Töpferei noch Pflanzenkultur irgendeiner Art. Die Indianer der sog. Pueblos in Neu-Mexiko dagegen, die Mexikaner, Zentral-Amerikaner und Peruaner zur Zeit der Eroberung standen auf der Mittelstufe der Barbarei; sie wohnten in festungsartigen Häusern von Adoben oder Stein, bauten Mais und andre nach Lage und Klima verschiedne Nährpflanzen in künstlich berieselten Gärten, die die Hauptnahrungsquelle lieferten, und hatten sogar einige Tiere gezähmt - die Mexikaner den Truthahn und andre Vögel, die Peruaner das Lama. Dazu kannten sie die Verarbeitung der Metalle - mit Ausnahme des Eisens, weshalb sie noch immer der Steinwaffen und Steinwerkzeuge nicht entbehren konnten. Die spanische Eroberung schnitt dann alle weitere selbständige Entwicklung ab.

Im Osten begann die Mittelstufe der Barbarei mit der Zähmung milch- und fleischgebender Tiere, während Pflanzenkultur hier noch bis tief in diese Periode unbekannt geblieben zu sein scheint. Die Zähmung und Züchtung von Vieh und die Bildung größerer Herden scheinen den Anlaß gegeben zu haben zur Aussonderung der Arier und Semiten aus der übrigen Masse der Barbaren. Den europäischen und asiatischen Ariern sind die Viehnamen noch gemeinsam, die der Kulturpflanzen aber fast gar nicht.

Die Herdenbildung führte an geeigneten Stellen zum Hirtenleben; bei den Semiten in den Grasebenen des Euphrat und Tigris, bei den Ariern in denen Indiens, des Oxus und Jaxartes, des Don und Dnjepr. An den Grenzen solcher Weideländer muß die Zähmung des Viehs zuerst vollführt worden sein. Den späteren Geschlechtern erscheinen so die Hirtenvölker als aus Gegenden stammend, die, weit entfernt, die Wiege des Menschengeschlechts zu sein, im Gegenteil für ihre wilden Vorfahren und selbst für Leute der Unterstufe der Barbarei fast unbewohnbar waren. Umgekehrt, sobald diese Barbaren der Mittelstufe einmal an Hirtenleben gewöhnt, hätte es ihnen nie einfallen können, freiwillig aus den grastragenden Stromebenen in die Waldgebiete zurückzukehren, in denen ihre Vorfahren heimisch gewesen. Ja selbst als sie weiter nach Norden und Westen gedrängt wurden, war es den Semiten und Ariern unmöglich, in die westasiatischen und europäischen Waldgegenden zu ziehn, ehe sie durch Getreidebau in den Stand gesetzt wurden, ihr Vieh auf diesem weniger günstigen Boden zu ernähren und besonders zu überwintern. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß der Getreidebau hier zuerst aus dem Futterbedürfnis fürs Vieh entsprang und erst später für menschliche Nahrung wichtig wurde.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752137729
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (März)
Schlagworte
Anthropologie Materialismus Marxismus Urgesellschaft Urkommunismus

Autoren

  • Friedrich Engels (Autor:in)

  • Christine Thomas (Autor:in)

Angaben zur Person: (1820 - 1895) gemeinsam mit Karl Marx Begründer und führender Theoretiker des wissenschaftlichen Sozialismus und einer der ersten Organisatoren der internationalen Arbeiterbewegung, lebenslanger Freund und Mitstreiter Karl Marx‘
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Titel: Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats