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Falkenträume: Venezianische Nächte

von Finja Jinski (Autor:in)
34 Seiten
Reihe: Falkenträume, Band 2

Zusammenfassung

Venedig im Jahre des Herrn 1631. Die Pest wütet wieder einmal in der Stadt und fordert Tausende von Tote. Militärische Kämpfe und politische Komplotte halten das Reich in Atem. Gleichzeitig ist Venedig aber das kulturelle Zentrum Europas. Sänger, Musiker und andere Künstler die dort lernen, genießen höchstes Ansehen. Der Adel feiert schillernde Feste in prunkvollen Gewändern und kunstvollen Masken. Sie treten den Schrecken der Zeit entgegen mit Ausschweifung und Dekadenz. Die junge Giulia darf zum ersten Mal an einer solchen Feierlichkeit der berühmten Patrizierfamilie Grimaldi teilnehmen. Doch neben den schillernden Lichtern gibt es auch die Schatten und dort wird ausschweifender gefeiert, als es sich Giulia jemals hätte träumen lassen. Ein Strudel aus Leidenschaft, Erotik und körperlicher Gier zieht sie hinein und lässt sie nicht mehr los. Kann sich Giulia ihre Unschuld bewahren?

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Die Autorin

Finja Jinski wurde 1980 in einem kleinen Ort, nähe der französischen Grenze geboren und lebt heute irgendwo in Deutschland.

Sie hat eine Schwäche für fantasiereiche Geschichten in denen Frauen als starke Persönlichkeiten beschrieben werden.

Ihre Leidenschaft und Faszination für das umfangreiche Thema BDSM, lenken den Fokus der eigenen Werke auf diesen Bereich. Dabei stehen für sie die Ästhetik und Erotik stets im Vordergrund.

Ihr literarisches Vorbild ist die Autorin Anne Desclos, welche unter dem Pseudonym Pauline Réage den Roman „Geschichte der O“ verfasste.

Die Geschichte

Jennys Kopf dröhnte und sie warf einen Blick auf die Uhr an ihrem PC. Gleich konnte sie Mittagspause machen. Heute war sie schon früh im Verlag gewesen, um an einem Manuskript zu arbeiten, welches vom Thema Pest handelte. Sie wollte dies zumindest beginnen, bevor alle Kollegen da waren. Es gab viel Recherchematerial, welches unheimlich interessant und spannend war. Über die unterschiedliche Ausbreitung und Häufigkeit in verschiedenen Ländern und Epochen sowie die Auswirkungen auf Handel und Politik. Sie wollte sich richtig darauf konzentrieren können und je mehr Kollegen da waren, umso lauter war es auch auf den Gängen und in den Räumen. In letzter Zeit fiel es ihr eindeutig schwerer, mit dem Lärm auf der Arbeit klarzukommen. Ihre Mittagspause verbrachte Jenny daher seit neuestem auf dem Dach des Verlagsgebäudes. Von dort hatte man einen sehr schönen Blick über die Stadt und auf den Kirchturm nebenan. Nur durfte man nicht vor 12 Uhr hinauf, da das Läuten der Glocken sonst ohrenbetäubend war. Sie füllte sich einen frischen Kaffee in ihren Becher, nahm die Dose mit ihrem Essen, ihr kleines Sitzkissen und ging kurz nach dem Mittagsläuten aufs Dach.

Jenny machte es sich auf dem Boden gemütlich. Der Tag war warm und sonnig, aber nicht mehr so schrecklich heiß wie die letzten 3 Wochen. Sie nippte an ihrem frischen, süßen Kaffee und seufzte. Dieser Moment tat ihr unheimlich gut.

Sie schloss die Augen und lauschte dem Zwitschern der Vögel. Mit einem Mal erschallte ein Schrei, der sie erschreckte und ihr unter die Haut ging. Sie saß kerzengerade und blickte sich um. Was war das gewesen? Wieder erklang er und Jenny erkannte, dass es ein Vogel sein musste. Erleichtert atmete sie tief durch und sah sich um. Der Vogel musste ganz in der Nähe sein.

Ihr Blick wanderte zum Kirchturm und dort sah sie ihn sitzen. Jenny erschrak erneut und schaute weg. Der Schrei erklang ein drittes Mal und obwohl Jenny nicht wollte, musste sie ihren Kopf drehen und ihn ansehen. Auf einer Kante saß ein männlicher Turmfalke. Terzel wurden diese genannt, abgeleitet aus dem Lateinischen, da die Terzel ungefähr ein Drittel kleiner waren als die Weibchen. Nach ihrem letzten Erlebnis mit einem Falken, wollte sie alles über dieses Tier wissen.

Nun saß der Falke in ihrer Nähe und sein Blick hielt sie gefangen. Jenny merkte, wie ihr schwindelig wurde. Sie schloss die Augen und atmete tief durch. Es war nur ein Vogel. Nur ein Vogel! Dennoch zitterte sie am ganzen Körper, als er erneut schrie. Jenny musste die Augen wieder öffnen und sah, wie sich das Tier erhob und über ihr zu kreisen begann. Es war ihr nicht möglich, sich zu bewegen, weder den Körper noch den Kopf. Nicht einmal die Augen konnte sie abwenden und sie spürte den Strudel, in den sie erneut gezogen wurde. Die Welt wirkte unscharf und verschwamm vor ihren Augen, alles drehte sich, nur der Falke stand nun in der Luft und fixierte sie wie seine Beute. Dann stieß er auf sie hinab. Seine dunkelbraunen Augen kamen näher und näher. Jenny wollte nun selbst schreien, doch sie konnte nicht.

Dann wurde alles schwarz.

Venedig im Jahre des Herrn 1631.

Giulia blickte in den Spiegel und war sehr zufrieden mit dem Bild, welches sich ihr bot. Sie war eine junge Frau, die gerade als volljährig galt. Klein und zierlich wie sie war, wirkte sie fast wie eine Fee. Giulias Haar war lang und dunkelbraun gelockt. Ihre Augen leuchteten bernsteinfarben. Heute Abend durfte sie das erste Mal zu einem großen Maskenball. Sie zählte nun endlich zu den Erwachsenen und so würde sie ihren Vater zu dieser Veranstaltung begleiten. Ihre Mutter war vor einigen Monaten verstorben und ihr Vater litt furchtbar unter diesem Verlust. Auch sie selbst vermisste ihre Mutter schrecklich, doch er schien regelrecht daran zu zerbrechen. Giulia konnte sich noch gut daran erinnern, wie ihre Eltern früher jede Einladung angenommen hatten, die eine Gelegenheit zum Tanz bot. Ein Kindermädchen passte dann auf sie auf und ihre Mutter erzählte ihr an den Tagen danach immer wieder davon in allen Einzelheiten. Giulia konnte es nicht erwarten, endlich mit ihr gemeinsam zum Ball gehen zu dürfen. Dann jedoch war alles anders gekommen:

Ihre Mutter Anna hatte eine Freundin für mehrere Tage besucht, die nicht zum niederen Adel gehörte wie sie selbst. Anna hielt an der Freundschaft fest, die schon deutlich länger bestand als ihre Ehe mit Giuseppe Cantato. Die besagte Freundin war zu diesem Zeitpunkt aber bereits krank, ohne es zu wissen. Als sich die ersten Symptome zeigten, wagte Giulias Mutter es nicht mehr, nach Hause zu gehen. Sie wollte den Tod nicht zu ihrer Familie bringen. Sie kannte die Vorschriften, denn oft genug war der schwarze Tod schon über Venedig gekommen. Anna Cantato starb im Sommer 1630 an der Pest und mit ihr Abertausend weitere Menschen.

Giulia schmerzte der Gedanke, ihre Mutter an diesem besonderen Abend nicht an ihrer Seite zu haben. Wieder sah sie in den Spiegel. Ihr zartblaues Kleid schimmerte und war mit weißer Spitze verziert. Der Stoff rauschte und raschelte bei jeder Bewegung und Giulia fühlte sich fast königlich darin. Wenn sie doch nur nicht so zierlich wäre! Eine kleine Maske aus weißer Spitze gehörte ebenfalls dazu. Ihre Zofe steckte ihr die dunklen, lockigen Haare hoch und legte ihr dann die Maske an. Diese wurde ebenfalls mit Nadeln im Haar befestigt, damit sie sich beim Tanz nicht lösen konnte. Nun war sie bereit für ihren ersten Ball.

„Giulia, andiamo! Es wird Zeit, Liebes.“ Das war ihr Vater, der nach ihr rief.

„Ich komme schon!“ Ein letzter Blick in den Spiegel und sie eilte die Treppe hinunter, wo sie von ihrem Vater erwartet wurde. Giuseppe blieb der Mund offen stehen und er bemühte sich, die Tränen wegzublinzeln. Seine Tochter wusste warum. Im Esszimmer hing ein Porträt ihrer Mutter, wie sie in jüngeren Jahren ausgesehen hatte. Sie ähnelte ihr wirklich sehr und Giulia war sich nicht immer sicher, ob dies den Vater nun tröstete oder ihm erstrecht das Herz brach.

„Mein Engel, du siehst bezaubernd aus. Wann bist du nur so groß geworden? Eine Frau bist du und eine wunderschöne. Gott, wenn dich Anna nur so sehen könnte!“ Und in diesem Moment liefen die Tränen über sein Gesicht. Sie nahm ihn in den Arm und tröstete ihn, so gut sie konnte.

„Wir müssen nicht zu dem Ball, wenn es dir zu schwerfällt.“ Giulia fühlte sich verpflichtet dies zu sagen, auch wenn es ihr größter Albtraum wäre, würde er darauf eingehen. Giuseppe Cantato schüttelte den Kopf.

„Nein, Liebes, wir fahren. Ich habe es dir versprochen und deiner Cousine auch. Beim ersten Ball in vornehmer Gesellschaft will ich dich begleiten. Dieses Versprechen halte ich.“

„Dann lass uns fahren, Vater.“ Unterwegs würden sie Alessia abholen, die Tochter ihres Onkels, Giuseppes älterem Bruder. Giulias Cousine war vier Jahre älter als sie und sehr selbstständig. Ihr Vater war geschäftlich ständig auf Reisen und ihre Mutter pflegte viele Kontakte zu den anderen Damen von Stand. Sie war eigentlich immer irgendwo zum Tee eingeladen und unterwegs. Alessia wirkte auf Giulia wie die eigentliche Herrin des Hauses. Dass ihre Cousine heute mit ihnen fuhr, erfreute sie sehr. Alessia war bestens informiert über Klatsch und Tratsch und pflegte selbst viele Kontakte zu den jungen Herrschaften Venedigs. Somit würde Giulia perfekt in die Gesellschaft eingeführt werden.

Kaum war die zweite junge Dame in die Kutsche eingestiegen, summten die Stimmen durcheinander und Giuseppe konnte sich seiner Melancholie hingeben.

Ausgerichtet wurde dieser Ball von der Familie Grimaldi, einer der angesehensten Familien Venedigs. Hunderte von Lampions erleuchteten das Anwesen und verzauberten Giulia vom ersten Moment an. Magisch wirkte all das auf sie. Staunend entstieg sie der Kutsche und blickte sich um. Sie merkte, wie ihr ein Arm angeboten wurde und hakte sich ein. Strahlend sah sie in das Gesicht ihres Vaters, der sie etwas gequält, aber warmherzig anlächelte. Giulia wusste, wie weh es ihm tat, ohne ihre Mutter hier zu sein. Sie hatten abgesprochen, dass er gehen könnte, wenn es ihm zu viel werden würde. Alessia wäre ja noch da und würde Giulia später mit zu sich nehmen. Es war ohnehin nicht selten so, dass sie bei ihrer Cousine zu Besuch war und auch dort nächtigte.

Wie es die Etikette forderte, wurden die Gäste durch die Grimaldis persönlich begrüßt. Je höher der Stand, umso länger die Begrüßung. Im Falle der Familie Cantato fiel die Begrüßung recht kurz aus. Neben Felicitas und Antonio Grimaldi stand ihr erstgeborener Sohn Marco. Er war ein großgewachsener, junger Mann Mitte 20 und gut aussehend mit seinen langen, braunen Haaren und den leuchtend grünen Augen. Auf Giulia wirkte er sehr desinteressiert, zumindest bis er Alessia erblickte. Da hellten sich seine Züge auf und er hauchte ihr einen Kuss auf die Hand. Ihren Vater begrüßte er mit einem höflichen Kopfnicken und Giulia selbst wurde von ihm geflissentlich ignoriert. Was war das denn für ein Benehmen? Sie fühlte einen leichten Stich in der Brust.

Sie betraten den großen Tanzsaal und Giulia war überwältigt. So viele Menschen in festlichen Kostümen. Ein Kleid schöner und prunkvoller als das andere und eine Maske aufwendiger als die nächste. Sie musste sich zusammenreißen, damit ihr nicht der Mund offenstand. Giuseppe Cantato stellte seine Tochter einigen Freunden vor, die sie herzlich begrüßten und sich freuten, dass Giuseppe nun wieder am öffentlichen Leben teilnahm. Giulia wünschte sich dies zwar auch, aber sie bezweifelte, dass ihr Vater dies in nächster Zeit öfter tun würde als zwingend erforderlich.

Alessia begleitete sie die ganze Zeit und wartete nur darauf, dass sie die Erlaubnis von Giuseppe bekam, seine Tochter nun ihren eigenen Bekannten vorstellen zu dürfen. Giulia hauchte ihrem Vater noch einen Kuss auf die Wange, falls sie ihn nicht mehr sehen würde, bevor er den Ball wieder verließ. Dann wurde sie von Alessia durch den Raum geführt.

Sie trafen auf eine Gruppe junger Leute, die sich fröhlich albernd unterhielten. Alessia stellte ihr alle jungen Damen und Herren vor und nach kürzester Zeit verlor Giulia den Überblick. Sie stand lächelnd daneben und fühlte sich ein wenig verloren. Es war nicht ihre Art, sich einfach in Gespräche einzubringen. Ihre Cousine war da ganz anders. Also lächelte sie brav und nickte. „Möchtest du vielleicht tanzen?“ Giulia wandte ihren Kopf um und sah in zwei, fast schwarze Augen hinter einer dunkelblauen Maske. Da alles besser war, als nur hier zu stehen, nickte sie und ließ sich auf die Tanzfläche führen. Sie versuchte, sich an den Namen des jungen Mannes zu erinnern.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752129472
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (Januar)
Schlagworte
Fantasy Paranormal Zeitreise düster dark Liebesroman Liebe Dark Romance

Autor

  • Finja Jinski (Autor:in)

Finja Jinski wurde 1980 in einem kleinen Ort, nähe der französischen Grenze geboren und lebt heute irgendwo in Deutschland. Sie hat eine Schwäche für fantasiereiche Geschichten in denen Frauen als starke Persönlichkeiten beschrieben werden. Ihre Leidenschaft und Faszination für das umfangreiche Thema BDSM, lenken den Fokus der eigenen Werke auf diesen Bereich. Dabei stehen für sie die Ästhetik und Erotik stets im Vordergrund.
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Titel: Falkenträume: Venezianische Nächte