Lade Inhalt...

Gutenachtgeschichten vom Wolkenschloss

Entspannungsgeschichten für Kinder

von Volker Friebel (Autor:in)
108 Seiten

Zusammenfassung

Dieses Buch enthält 25 Gutenachtgeschichten vom Wolkenschloss und eine Einführung dazu. Mieze und Kunigunde helfen uns bei der Suche nach unseren Traummurmeln. Auch ein paar Verse und Bilder sind dazwischen geraten. Jede Geschichte wird mit Entspannungselementen eingeleitet und mündet in eine Entspannung aus. So werden die Gutenachtgeschichten zusätzlich unterstützt, um das Einschlafen zu erleichtern.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Einführung

 

Schlafen ist wichtig, für große Leute wie für kleine. Wenn der Schlaf auch eigentlich von alleine kommen sollte, ist es manchmal trotzdem schwierig, einzuschlafen. Aber: Geschichten können dabei helfen. Besonders wenn es Geschichten sind, die entspannen. Genau dafür sind unsere Geschichten gemacht, zum Entspannen und zum leichteren Einschlafen.

Jede Geschichte beginnt damit, dass wir eine breite Treppe hinuntersteigen und dabei zur Ruhe kommen. Am Ende der Treppe treten wir dann vor das Wolkenschloss oder in eines seiner Traumländer.

Bei der ersten Geschichte „Der Brunnen am Schloss“ ist dieser erste Teil sehr ausführlich. Bei den anderen Geschichten ist er kürzer gefasst. Wenn es uns gut tut, können wir aber auch zu den späteren Geschichten den ausführlicheren Teil verwenden. 

Den Hauptteil der Geschichte erleben wir manchmal mit dem Kätzchen Mieze, manchmal mit Königin Kunigunde vom Wolkenschloss, manchmal mit beiden zusammen und noch mit anderen Personen.

Der Drache Grünenstein kann uns begegnen, im Zauberwald das Mädchen Schummelfix, der Waldschrat, der Einsiedler, der Traum-Schmetterling, Esmeralda ...

Der Schluss ist wie der Anfang bei allen Geschichten gleich: Wir haben eine Traummurmel gefunden und liegen gemütlich in unserem Bett. Den Abschluss bildet eine Entspannung. Wir spüren die Ruhe in uns, die Schwere, die Wärme, die uns hineintragen in freundliche Träume.

Zwischen den Geschichten stehen im Buch Bilder zur Auflockerung. Und ein paar Verse zur guten Nacht, die gelegentlich gelesen werden können.

Der immer ähnliche Ablauf der Geschichten unterstützt Entspannung und damit das Einschlafen. Entspannend und vorbereitend auf den Schlaf wirkt es auch, wenn schon der Ablauf am Abend immer ähnlich und voraussehbar ist.

Das können Eltern unterstützen, durch möglichst immer gleiche Bettgehzeiten und einen immer gleichen Ablauf am Ende des Tages. Die Geschichte im Bett gehört dazu.

So wünsche ich mit den Gutenachtgeschichten vom Wolkenschloss einen schönen Abschluss des Tages und ein gutes Hinüber in das Land der Träume! Mieze und Kunigunde sind mit dabei!

 

Volker Friebel

 

Die Geschichten

 

Der Brunnen am Schloss

 

Leg dich bequem hin ... Räkel dich, bis du gut liegst ... Wann immer du möchtest, schließ deine Augen ... 

Wenn du spürst, wie du die Unterlage berührst, kannst du beginnen, ruhiger zu werden ...

Vielleicht spürst du auch deinen Atem gehen, ein und aus, ein und aus, ganz ruhig und gleichmäßig, ganz von allein ... Vielleicht spürst du, dass es ganz einfach sein kann, auszuatmen und beim Ausatmen die Luft loszulassen, dass sie leicht im Raum verschwindet ... 

Stell dir in Gedanken eine breite Treppe vor, die vor dir beginnt und immer tiefer führt, durch eine schöne Landschaft ... Geh langsam die Treppe hinab, Stufe um Stufe ... Mit jeder Stufe kann die Ruhe in dir größer werden, je tiefer du steigst, Stufe um Stufe ...

Mit jeder Stufe spürst du, wie du einfach nur noch lauschen möchtest, der Stimme folgen, Stufe um Stufe ... dorthin hinab, wo die Ruhe immer noch größer wird ...

Stufe um Stufe hinab ... der Ruhe zu, die immer noch größer wird ... Wo du einfach nur lauschen willst ...

Die Stufen enden auf einer Wiese am Grunde der Welt ... Um die Mauern des Schlosses hinter der Wiese ziehen Wolken ...

 

Du trittst an den Brunnen in der Wiese. Aus seinen Schalen strömt überfließend das Wasser des Lebens – und mit dem Wasser bunte Murmeln aus Glas ... Sie versinken im Brunnen … 

Am Brunnen steht eine Frau mit langem schwarzem Haar und lächelt dich an – Königin Kunigunde vom Wolkenschloss. 

„Das sind Traummurmeln“, sagt sie. Die helfen den Menschen, besser zu schlafen. Wenn die Menschen sie finden. Von hier strömen die Traummurmeln überall hin in die Welt.“ 

Du versuchst, eine Murmel zu fangen. Aber alle flutschen dir zwischen den Fingern davon. „Das geht nicht, Königin“, sagst du verlegen. 

„Finden musst du sie, finden“, lächelt die Königin. „Und nenn mich einfach Kunigunde.“ 

„Wo kann ich eine Murmel finden?“, fragst du. 

„Im Garten – und überall in der Welt“, sagt Kunigunde. Sie lächelt dir noch einmal zu. „Das ist Mieze“, sagt sie und nickt hin zur Katze. Dann geht sie zum Schloss. Ihre Katze bleibt zurück. Sie legt sich an den Brunnen und schließt ihre Augen. 

Du gehst schnell durch den Garten und versuchst, Murmeln zu finden. An einem Teich kommst du vorbei, an wilden Blumen, durch ein Wäldchen geht es, eine Brücke über den Bach. Atemlos kommst du wieder am Brunnen an. Murmel hast du keine gefunden. Kunigunde bleibt verschwunden. 

Da öffnet Mieze die Augen und schaut dich an. Ihre Augen sind groß, scheinen immer größer zu werden. 

„Du findest deine Murmel überall dort, wo du dich einlässt“, schnurrt sie. 

„Was meinst du damit?“, fragst du. 

„Du wirst schon sehen“, schnurrt Mieze. „Versuch es einfach – und sei dabei langsam.“ 

Noch einmal gehst du in den Garten, ganz langsam. Was Mieze wohl meint? 

Da sind die langen Halme des Grases. Ihre leichte Bewegung im kaum wahrnehmbaren Wind … 

Da sind die Blumen zwischen den Gräsern ... Ihre Formen und Farben ... Eine Biene summt, lässt sich auf einer Blume nieder ... Ein Schmetterling fliegt vorbei, verschwindet in der Weite des Himmels ... 

Am Himmel ziehen weiße Wolken. Du siehst ihnen zu, siehst die Langsamkeit in ihrer Bewegung. ‚Doch nichts auf der Welt kann sie aufhalten‘, denkst du. 

Du merkst, wie du im Schauen langsam geworden bist und ruhig. „Das also hat Mieze mit ‚sich einlassen‘ gemeint“, sagst du laut. 

Ob dich die Vögel hören? Sie singen schön, so schön wie zuvor. 

Im Gras liegt eine Traummurmel. Du nimmst sie auf und kehrst zum Brunnen zurück. 

Als du die Augen schließt, bist du zu Hause. 

Dein weiches Bett ... Wie gut es sich liegt! ... Wie wohl du dich in ihm fühlen kannst! ... 

 

Da liegst du – ganz ruhig. Kannst du die Ruhe in dir spüren? Die Ruhe ist überall in dir ... Kannst du spüren, wie schwer du bist? Dein ganzer Körper ist schwer, angenehm schwer ... Kannst du spüren, wie warm du bist? Die Wärme strömt durch deinen ganzen Körper. Du bist warm, angenehm warm ... Dein Atem geht ein und aus, ein und aus, ganz ruhig und gleichmäßig, ganz von allein ... Du bist ruhig, schwer und warm – ruhig, schwer und warm ... Die Ruhe trägt dich in die Nacht, hinein in den Schlaf, in freundliche Träume ... 

 

 

Die Statue

 

Stell dir in Gedanken eine breite Treppe vor, die vor dir beginnt und immer tiefer führt, durch eine schöne Landschaft ... Geh langsam die Treppe hinab, Stufe um Stufe ... Mit jeder Stufe kann die Ruhe in dir größer werden, immer ruhiger, je tiefer du steigst, Stufe um Stufe ... Dein Atem geht, Stufe um Stufe hinab ... Du spürst vielleicht, wie dein Atem schon ruhiger und ruhiger wird ... Du spürst vielleicht schon die Ruhe in dir ... Die Stufen enden auf einer Wiese. Es ist die Wiese am Wolkenschloss ... 

 

Kunigunde steht am Brunnen und sieht dem Strömen des Wassers zu. Du stellst dich neben sie. Sie dreht leicht den Kopf zu dir, lächelt dich an – und schaut dann weiter ins Strömen. Hier und da rollt auch eine Traummurmel mit der Flut und versinkt in der Tiefe des Brunnens ... 

„Ich bin gern hier“, sagt Kunigunde mit weicher Stimme. „Viel lieber als im Schloss und im Thronsaal.“ 

„Das Wasser zu beobachten, tut gut“, sagst du, „und die Traummurmeln“, setzt du hinzu, weil gerade wieder eine mit dem Wasser in die Tiefe des Brunnens versinkt. 

„In den Thronsaal kommen Leute und wollen, dass ich ihren Streit schlichte“, sagt Kunigunde. 

„Das ist doch schön!“, sagst du. 

„Gestern waren zwei Schmetterlinge bei mir, die stritten sich um dieselbe Blume“, sagt die hohe Frau. „Dabei gibt es in der Wiese so viele Blumen.“ 

„Zwei Schmetterlinge? Weshalb stritten sie dann, wenn es viele Blumen gibt?“, fragst du. „War die Blume so schön?“ 

„Sie war schön.“ Kunigunde nickt. „Wie die anderen Blumen auch. Aber jeder der Schmetterlinge sagte, es sei seine Blume – das allein machte die schöne Blume besonders.“ 

Du nickst, ein wenig schuldbewusst. Denn wie oft hast du dich schon mit anderen gestritten, weil du etwas als dein eigenes wolltest – oder weil die anderen es als das ihre wollten. 

Kunigunde nimmt dich an der Hand. Ihr geht hinein in den Garten. Der Garten vor dem Wolkenschloss ist sehr weitläufig, ein Park mit vielen Bäumen, mit kleinen Gebäuden, mit Wasserläufen, Hecken und Blumeninseln. 

„Ich liebe die Bäume sehr“, sagt Kunigunde. „Sie stehen so sicher in ihrer Welt. Und kein Baum macht einem anderen seinen Platz streitig.“ 

„Aber das Wasser liebst du auch – und das strömt“, sagst du und blinzelt ihr zu. 

Kunigunde lacht. „Und ich liebe die Schmetterlinge“, gibt sie zu, „auch wenn sie streiten.“ 

Ihr seid stehen geblieben, vor der weißen Statue eines jungen Mannes. „Das war ein Dichter“, beantwortet Kunigunde deine Frage, bevor du sie stellen kannst. „Er schrieb Verse über Wolken und Bäume, über Vögel, über Bäche und über den Mond.“ 

„Auch über Menschen?“, fragst du. 

„Auch über Menschen“, nickt Kunigunde. „Seine Verse über die Bäume und Vögel sind aber schöner geworden. Er fühlte sich denen wohl näher. Vielleicht, weil er so wenig wie diese im Leben besessen hat.“ 

Du denkst an die vielen Spielsachen in deinem Zimmer und sagst: „Aber es ist schön, etwas zu haben!“ 

„Ja“, nickt Kunigunde. „Besser, als nichts zu haben. Am besten aber ist es, so zu haben, als hättest du nichts, als könntest du alles davon auch verschenken.“ 

Du sagst nichts dazu. Du willst deine Sachen nicht verschenken. Aber manchmal freust du dich, wenn andere mit ihnen spielen. 

Ein Schmetterling fliegt an der Statue vorbei. Ein zweiter folgt ihm, holt ihn ein. Schon sind sie im Himmel verschwunden. 

Du entdeckt im Gras unter der Statue eine Traummurmel. Schnell bückst du dich und hebst sie auf. Kunigunde nickt dir zu und lächelt. 

Ihr kehrt mit der Traummurmel zum Brunnen zurück. 

Als du die Augen schließt, bist du zu Hause. 

Dein weiches Bett ... Wie gut es sich liegt! ... Wie wohl du dich in ihm fühlen kannst! ... 

 

Da liegst du – ganz ruhig. Kannst du die Ruhe in dir spüren? Die Ruhe ist überall in dir ... Kannst du spüren, wie schwer du bist? Dein ganzer Körper ist schwer, angenehm schwer ... Kannst du spüren, wie warm du bist? Die Wärme strömt durch deinen ganzen Körper. Du bist warm, angenehm warm ... Dein Atem geht ein und aus, ein und aus, ganz ruhig und gleichmäßig, ganz von allein ... Du bist ruhig, schwer und warm – ruhig, schwer und warm ... Die Ruhe trägt dich in die Nacht, hinein in den Schlaf, in freundliche Träume ... 

 

 

Alle Spatzen ...

 

Alle Spatzen wollen schlafen, 

alle Spatzen brauchen Ruh. 

Und so geht es auch den Schafen 

und auch unsrer bunten Kuh. 

 

Schlafen, schlafen, ruhen, ruhen ... 

ob im Bett oder im Gras 

„Gute Nacht“ zum Abschied muhen, 

alle, alle wollen das. 

 

Träum nur, träum, 

bis morgen! 

 

 

 

Grünenstein kann nicht schlafen

 

Stell dir in Gedanken eine breite Treppe vor, die vor dir beginnt und immer tiefer führt, durch eine schöne Landschaft ... Geh langsam die Treppe hinab, Stufe um Stufe ... Mit jeder Stufe kann die Ruhe in dir größer werden, Stufe um Stufe ... Dein Atem geht, Stufe um Stufe hinab ... Du spürst vielleicht, wie dein Atem schon ruhiger und ruhiger wird ... Du spürst vielleicht schon die Ruhe in dir ... Die Stufen enden auf der Dracheninsel ... 

 

Mieze spielt am Strand mit den Wellen: Immer wenn eine Welle des Meeres heran wogt, springt Mieze zurück. Wenn die Welle wieder zurückflutet, springt sie ihr nach. 

Du schaust ein Weilchen zu. Das Hin und Her der Wellen ist schön. Du spürst, wie es ruhig macht. Die Luft zu atmen tut gut. Dazu die Weite des Meers und des Himmels ... Ein paar weiße Wolken treiben durch das Blau ... 

Mieze hat dich entdeckt und läuft zu dir her. „Das macht Spaß“, schnurrt sie. Du lachst mit ihr und schaust dann über die Insel. 

Sie ist nicht groß. Ein hoher Berg mit schroffen Felswänden, offenbar ein Vulkan. Einige sanfte Grashügel. Da ist auch Wald, ein Stückchen weiter am Strand, bis in die ersten Hügel hinein. Straßen und Häuser kannst du keine erkennen. Überhaupt nichts von Menschen Gemachtes. 

Mieze folgt deinem Blick zum Vulkan. „Das sind Opa Fauchenstein und seine Kegelrunde“, schnurrt sie. 

Du schaust genau hin und entdeckst einige Gestalten, die den Berg flügelschlagend umkreisen. 

„Große Vögel?“, fragst du. 

„Drachen“, schnurrt Mieze. „Aber keine Sorge“, schnurrt sie dann, „heute bricht der Vulkan nicht aus. Ich soll nur Grünenstein eine Traummurmel von der Königin bringen.“ 

„Ist Grünenstein auch ein großer Vogel?“, fragst du hoffnungsvoll. 

„Er ist ein Drache“, schnurrt Mieze. „Aber fliegen kann er noch nicht. Und schlafen auch nicht.“ 

Ihr geht am Strand des Meeres, zum Vulkan. Die Wellen sind schön. Kleine weiße Vögel springen vor euch am Saum des Meeres entlang und suchen, ob die Wellen etwas für sie anspülen ... Muschelschalen liegen dort, aber die wollen sie nicht ... Grüner Tang liegt dort, den wollen sie auch nicht ... Bunte Steine liegen im Sand, die wollen sie auch nicht ... 

Ein Pfad führt am Hang des Berges hinauf, den geht ihr. Schritt für Schritt geht es den Felsenpfad aufwärts. Bald seid ihr ein ganzes Stück über dem Meer. 

Das Meer ist leiser geworden. Ist es der Himmel, den du um dich hörst? Vielleicht der leichten Zug seiner Luft? Vielleicht das Ziehen der weißen Wolken? 

Zwischen zwei Felsen am Rande des Pfads entdeckt ihr das Drachennest. Ein Drache liegt drin und sieht euch entgegen. 

Grünenstein ist wirklich kein großer Drache, siehst du. Aber ein müder, sehr müder Drache, sagen dir seine Augen. Ein müder, sehr müder Drache, wie er da ausgestreckt liegt. 

„Hallo, Mieze“, grollt er und lässt eine kleine Rauchwolke aus seinen Nüstern aufsteigen. „Schön, dass du mich wieder besuchst! Hast du etwas für mich?“ 

„Eine Traummurmel, von der Königin“, schnurrt Mieze und gibt sie ihm. 

Grünenstein kann die Murmel gerade noch fassen, dann ist er auch schon eingeschlafen. 

„Das ging aber schnell“, schnurrt Mieze. 

Du schaust über das Meer, wo gerade die Sonne am Horizont versinkt. „Das ist wunderschön“, sagst du. 

„Die Welt ist schön, man muss nur hinschauen“, schnurrt Mieze. Ihr beobachtet noch etwas die Sonne, dann geht ihr den Pfad zum Strand zurück. 

Eine Traummurmel! Du findest sie im weißen Sand. Möwen rufen am Himmel. Das Wogen der Wellen ist ruhig und stark. 

Als du die Augen schließt, bist du zu Hause. 

Dein weiches Bett ... Wie gut es sich liegt! ... Wie wohl du dich in ihm fühlen kannst! ... 

 

Da liegst du – ganz ruhig. Kannst du die Ruhe in dir spüren? Die Ruhe ist überall in dir ... Kannst du spüren, wie schwer du bist? Dein ganzer Körper ist schwer, angenehm schwer ... Kannst du spüren, wie warm du bist? Die Wärme strömt durch deinen ganzen Körper. Du bist warm, angenehm warm ... Dein Atem geht ein und aus, ein und aus, ganz ruhig und gleichmäßig, ganz von allein ... Du bist ruhig, schwer und warm – ruhig, schwer und warm ... Die Ruhe trägt dich in die Nacht, hinein in den Schlaf, in freundliche Träume ... 

 

Das Zwergendorf

 

Stell dir in Gedanken eine breite Treppe vor, die vor dir beginnt und immer tiefer führt, durch eine schöne Landschaft ... Geh langsam die Treppe hinab, Stufe um Stufe ... Mit jeder Stufe kann die Ruhe in dir größer werden, Stufe um Stufe ... Dein Atem geht, Stufe um Stufe hinab ... Du spürst vielleicht, wie dein Atem schon ruhiger und ruhiger wird ... Du spürst vielleicht schon die Ruhe in dir ... Die Stufen enden auf einem Weg zwischen Feldern ... 

 

Mieze erwartet dich. Du gehst zu ihr. Sie schnurrt und lässt sich streicheln ... 

Ein leichter Wind läuft über das Korn. Wie Wellen bewegen sich seine goldenen Ähren. Eine Schar Spatzen steigt auf, wirft sich hinein in den Wind und flattert zwitschernd davon ... 

Ihr geht den Weg zu einem Dorf in der Ferne. Links und rechts Felder und Äcker. Am Kürbisacker bleibst du stehen. Wie riesig die Kürbisse sind! 

„Daraus macht die Königin gern eine Suppe“, schnurrt Mieze. „Der König mag sie. Ich nicht.“ 

Am Rand des nächsten Kornfelds blühen Kamille und roter Mohn. In der Blüte des Mohns krabbeln kleine Käfer. Gerade breitet einer seine Flügel aus und fliegt davon. Du schaust ihm nach in den Himmel. Wohin er wohl fliegt? Was wohl sein Ziel sein mag in der weiten Welt? 

„Vielleicht hat er gar keines“, schnurrt Mieze. „Vielleicht will er einfach nur fliegen. Wir haben ein Ziel. Wir wollen zum Dorf.“ 

Ein Schmetterling kreuzt euren Weg und verschwindet im Himmel über dem Kartoffelacker. 

‚Menschen gehen immer auf Wegen‘, denkst du. ‚Für Schmetterlinge ist die Welt viel, viel größer. Sie fliegen über alles ringsum hinweg.‘ 

Am Horizont glüht der Himmel. Die Sonne ist schon untergegangen, die Dämmerung hat eingesetzt. Blinkt da nicht ein erster Stern? 

Ihr erreicht die ersten Häuser des Dorfs. Es ist ein Zwergendorf. Alles ist weniger als halb so groß wie zu Hause. Über den Gartenzaun könntest du steigen. Und durch die Haustüre – passt du da überhaupt hinein? 

An einem Kaufladen kommt ihr vorbei. Er hat geschlossen. Im Schaufenster siehst du allerlei winzige Waren. Die kleinen Hosen und Hemden: Ob sie deine Kleidergröße hier überhaupt haben? Es wären hier die Kleider eines Riesen. 

Die Dorflinde ist eine ganz normale Linde, sogar besonders schön und groß und alt. Aber die Rundbank um sie sieht wie für Zwerge gemacht aus. ‚Weil sie für Zwerge gemacht ist‘, denkst du. 

An der Schule kommt ihr vorbei, die nun am Abend verlassen ist. Aus dem Rathaus kommt gerade ein Mann – gerade einmal halb sie groß wie du. Er lüftet seinen Hut und grüßt. Du grüßt zurück. Um Mieze macht er einen weiten Bogen. Sie muss für ihn so groß wie ein Löwe sein. 

„Keine Angst“, schnurrt Mieze, als sie deinen Blick bemerkt. „Ich mag Zwerge. Ich fresse sie nicht.“ 

„Mäuse und Spatzen magst du aber auch“, sagst du misstrauisch. „Und Schmetterlinge“, schnurrt Mieze und leckt sich die Lippen. Gerade flattert einer an euch vorbei in einen Garten. 

„Da müssen wir auch hin“, schnurrt Mieze und springt mit einem Satz über den Gartenzaun. Das Tor ist zu eng, so steigst du darüber. 

Hinter dem Haus steht ein kleines Fenster weit offen. Ein Zwergenkind liegt mit offenen Augen in seinem Bett. Es sieht müde aus. 

„Ich kann nicht schlafen!“, sagt es, als es euch sieht. 

„Du musst die Augen schließen, das ist das ganze Geheimnis“, schnurrt Mieze. 

„Und denk an etwas Schönes“, sagst du und gibst ihm eine Traummurmel durch das Fenster. 

Das Zwergenkind schließt die Augen und räkelt sich. Bald ist es eingeschlafen. 

Im Gras der Wiese steht ein Gartenzwerg. Neben ihm liegt eine Traummurmel für dich ... Du nimmt sie ... 

Als du die Augen schließt, bist du zu Hause. 

Dein weiches Bett ... Wie gut es sich liegt! ... Wie wohl du dich in ihm fühlen kannst! ... 

 

Da liegst du – ganz ruhig. Kannst du die Ruhe in dir spüren? Die Ruhe ist überall in dir ... Kannst du spüren, wie schwer du bist? Dein ganzer Körper ist schwer, angenehm schwer ... Kannst du spüren, wie warm du bist? Die Wärme strömt durch deinen ganzen Körper. Du bist warm, angenehm warm ... Dein Atem geht ein und aus, ein und aus, ganz ruhig und gleichmäßig, ganz von allein ... Du bist ruhig, schwer und warm – ruhig, schwer und warm ... Die Ruhe trägt dich in die Nacht, hinein in den Schlaf, in freundliche Träume ... 

 

Träume

 

Stell dir in Gedanken eine breite Treppe vor, die vor dir beginnt und immer tiefer führt, durch eine schöne Landschaft ... Geh langsam die Treppe hinab, Stufe um Stufe ... Mit jeder Stufe kann die Ruhe in dir größer werden, Stufe um Stufe ... Dein Atem geht, Stufe um Stufe hinab ... Du spürst vielleicht, wie dein Atem schon ruhiger und ruhiger wird ... Du spürst vielleicht schon die Ruhe in dir ... Die Stufen enden auf einer Wiese. Es ist die Wiese am Wolkenschloss ... 

 

Königin Kunigunde steht am Brunnen und sieht dich an. Sie lächelt. Hier und da rollt eine Traummurmel im strömenden Wasser des Brunnens und versinkt in der blauen Tiefe ... 

„War dein Tag schön?“, fragt Kunigunde. 

„Ja“, sagst du. „Und jetzt suche ich Traummurmeln.“ 

„Weißt du denn, was ein Traum ist?“, fragt Kunigunde. 

„Man träumt, wenn man schläft“, fällt dir ein. „Manche Träume sind schön, manche nicht.“ 

„Auch im Traum regt sich dein Leben, dein Tag“, sagt Kunigunde ernst. „Im Traum wird das, was du erlebt hast, zu dir selbst.“ 

„Dann bin ich also aus Träumen gemacht“, meinst du leichthin. 

Die Königin lacht hell. „Ja“, entgegnet sie dann. „Und aus Sternenstaub.“ 

„Und meine Eltern?“, fragst du. 

„Die auch“, nickt Kunigunde. „Wir sind Kinder der Sonne, wir sind Kinder des Mondes.“ 

„Was denn nun, Sonne oder Mond?“ Du blinzelst.

„Wir haben so vieles in uns, von überall her“, sagt Kunigunde. „Aus all dem wird mit der Zeit unser eigenes, das niemand sonst ist.“

„Wie lang dauert das?“, fragst du.

„Es hört nie auf, geschieht das ganze Leben lang“, antwortet Kunigunde. „Und dann kommt ein Windstoß, wirft alles durcheinander und du schaust ganz neu in die Welt.“ Sie lacht.

„Und im Traum arbeiten wir daran – und spielen damit.“ 

„Aber warum muss es dann auch schlechte Träume geben?“, fragst du. „Schlechte Träume sind schlecht! Ich will, dass alle Träume schön sind!“ 

„Auch das Schlechte gehört zur Welt“, sagt die Königin. „Wenn du dich im Traum damit beschäftigst, kannst du über es siegen.“ 

„Wie das?“, fragst du. 

„Sag dir vor dem Einschlafen tief in dich hinein, dass der Schlaf gut wird und die Träume gut“, antwortet Königin Kunigunde ernst. „Und mach dir ein gutes, starkes Gefühl dabei. Und sag dir, dass du deine Träume bestimmst und nicht sie dich. 

Manchmal“, Königin Kunigunde lächelt, „manchmal ist man im Traum fast wach. Man träumt – aber weiß, dass man träumt. Das soll geschehen, wenn dein Traum schlecht ist. Du kannst ihn im Traum dann verändern.“ Königin Kunigunde legt dir ihre Hand auf die Stirn. Du spürst ihre Kraft und Zuversicht. Sie gehen über in dich. 

„Daran will ich beim Einschlafen denken“, sagst du. 

„Beim Einschlafen“, Kunigunde sieht dich an, „beim Einschlafen mach dir nur ein gutes Gefühl, dass der Traum gut ist, dass der morgige Tag gut ist. Und denk an das Schöne, was du erlebt hast.“ 

Ein Vogel fliegt her, trinkt vom Brunnen. Ihr schaut ihm ein Weilchen zu, bis er davonfliegt und im Himmel verschwunden ist. 

„Fliegen muss schön sein“, sagst du, „wie so ein schöner Traum.“ 

„Ja“, antwortet Königin Kunigunde schlicht. 

Aus dem Strahl des Brunnens ist eine Traummurmel in den Sand des Weges gefallen. Kunigunde hebt sie auf. Sie dreht sie zwischen den Fingern und gibt sie dir. „Träum etwas Schönes“, sagt sie und lächelt. 

Als du die Augen schließt, bist du zu Hause. 

Dein weiches Bett ... Wie gut es sich liegt! ... Wie wohl du dich in ihm fühlen kannst! ... 

 

Da liegst du – ganz ruhig. Kannst du die Ruhe in dir spüren? Die Ruhe ist überall in dir ... Kannst du spüren, wie schwer du bist? Dein ganzer Körper ist schwer, angenehm schwer ... Kannst du spüren, wie warm du bist? Die Wärme strömt durch deinen ganzen Körper. Du bist warm, angenehm warm ... Dein Atem geht ein und aus, ein und aus, ganz ruhig und gleichmäßig, ganz von allein ... Du bist ruhig, schwer und warm – ruhig, schwer und warm ... Die Ruhe trägt dich in die Nacht, hinein in den Schlaf, in freundliche Träume ... 

 

Träume, träume!

 

Träume, Hase, träume, Reh, 

träume, 

denn im Winter fällt der Schnee, 

träume! 

 

Träume, Katze, träume, Hund, 

träume, 

denn im Herbst wird alles bunt, 

träume! 

 

Träume, Gräslein, träume, Geiß, 

träume, 

denn im Sommer wird es heiß, 

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739475486
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (November)
Schlagworte
Schlafen Gutenacht Einschlafprobleme Gutenachtgeschichten Zubettgehen Einschlafgeschichten Einschlafen

Autor

  • Volker Friebel (Autor:in)

Volker Friebel ist promovierter Psychologe und Verfasser von Büchern mit den Spezialgebieten Entspannung, Gesundheit, Sprache und Musik sowie Texten literarischer Art. Er lebt und arbeitet als Ausbildungsleiter, Schriftsteller, Bildermacher und Musiker in Tübingen.
Zurück

Titel: Gutenachtgeschichten vom Wolkenschloss