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Das Erwachen

Althea

von Derik Peterson (Autor:in)
221 Seiten
Reihe: Althea, Band 1

Zusammenfassung

Die Welt hat sich in einer Katastrophe verändert, Elektrizität funktioniert nicht mehr, dafür jetzt aber Magie. Was übrigens so nicht zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit passiert ist. Diesmal war die Umwandlung heftig, daher haben sich viele der überlebenden Menschen durch das spontane Erwachen der Magie verändert, in Ork, Zwerge, Elfen und noch einige andere magische Rassen. Eine Elfin namens Althea versucht ihren Weg zu finden, in einer völlig veränderten und fremden Welt und noch dazu in einem mindestens ebenso fremden Körper. Dabei ist noch ihr kleinstes Problem, dass sie einmal ein Mann gewesen war und sie in ihrem Körper kaum noch zurechtkommt. Ihr weit größeres Problem ist, dass die Welt ein sehr gewalttätiger Ort geworden ist, auf den sie so nicht vorbereitet war. Sie lernt es auf die harte Tour zu überleben, auf einem sehr steinigen Weg in eine unbekannte Zukunft, in der alle Würfel für die Menschen neu gerollt wurden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


 

 

 

 

Althea - Das Erwachen

 

Ein Roman von Derik Peterson

 

Impressum

Autor: Derik Peterson

AutorEmail: derikpeterson@t-online.de

Herausgeber:

Dirk Jost

Am Mühlbach 5

64853 Otzberg

Deutschland/Germany

 

 

derikpeterson@t-online.de

146 Seite(n)

78723 Wörter

409256 Zeichen

Widmung

Dieses Buch widme ich Sabrina M., die immer wieder auf‘s Neue den schweren Weg gegangen ist, mir begreiflich zu machen, dass konstruktive Kritik nicht schlimm ist.

Und den Kleinen.

Meinen Neffen, der Nichte und Freya.

 

Sabrina hat auch noch ein unglaublich tolles Cover gemalt, das aber leider irgendwann den Weg alles Irdischen gehen musste. Ich danke dir für das Cover, die Kritik und eine tolle Zeit.

 

Mein Dank geht auch meine anderen Helfer, Nicole, Matthias und Andreas. Ohne euch alle gäbe es die Althea Reihe nicht.

 

 

Buchbeschreibung

Die Welt hat sich in einer Katastrophe verändert, Elektrizität funktioniert nicht mehr, dafür jetzt aber Magie. Was übrigens so nicht zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit passiert ist. Diesmal war die Umwandlung heftig, daher haben sich viele der überlebenden Menschen durch das spontane Erwachen der Magie verändert, in Ork, Zwerge, Elfen und noch einige andere magische Rassen.

Eine Elfin namens Althea versucht, ihren Weg zu finden, in einer völlig veränderten und fremden Welt und noch dazu in einem mindestens ebenso fremden Körper. Dabei ist noch ihr kleinstes Problem, dass sie einmal ein Mann gewesen war und sie in ihrem Körper kaum noch zurechtkommt.

Ihr weit größeres Problem ist, dass die Welt ein sehr gewalttätiger Ort geworden ist, auf den sie so nicht vorbereitet war. Sie lernt es auf die harte Tour zu überleben, auf einem sehr steinigen Weg in eine unbekannte Zukunft, in der alle Würfel für die Menschen neu gerollt wurden.

 

 

1 Was einmal war

 

Es begann alles mit einem Sonnenuntergang. Sie wissen schon, einer derjenigen, die man nicht so leicht vergisst. Manchmal zehrt man noch wochenlang von der einen Erinnerung an einen solchen Moment. Unsere Sonne hing als riesiger, roter Feuerball am Horizont, ihr helles und Leben spendendes Licht spiegelte sich in den schneebedeckten Berggipfeln der Alpen wieder. Ich saß alleine auf einer hölzernen Bank inmitten einer grünen Wiese am Waginger See und genoss das wunderbare Naturschauspiel.

Es sah für mich so aus, als würden die Berge brennen, als hätte ein unheimliches und geheimnisvolles Feuer den Felsen und den Schnee entzündet. Es war bitterkalt auf der Bank, aber ich ertrug die Kälte problemlos. Also eigentlich, um ganz ehrlich zu sein, vielleicht auch doch eher ein bisschen weniger problemlos. Bestimmt aber doch wenigstens für eine Weile, belog ich mich selbst nicht wirklich sehr erfolgreich. Ich hing meinen düsteren Gedanken nach und sah trotzdem weiter gebannt nach Süden, ich konnte meine Augen einfach nicht von den feuerroten Berggipfeln lösen. Das fantastische Naturschauspiel hatte mein Innerstes fest im Griff. Als dann jedoch die Kälte anfing mir so richtig in die Knochen zu kriechen, konnte ich das schon bald nicht mehr ignorieren, die Zeit, mich selbst zu belügen, war schneller vorbei, als mir lieb war. Vielleicht war Spätherbst, oder besser gesagt Frühwinter, doch nicht die allerbeste Jahreszeit, um draußen einen Sonnenuntergang zu bewundern. Jedenfalls nicht für mich. Einmal Stubenhocker ...

Wir befanden uns in den ersten Geburtswehen des neuen Jahrtausends, es war die Zeit vor der großen Umwandlung, die damals die ganze Welt umfasste. Wenn ich es nur irgendwie geahnt hätte, was mich alles in der Zukunft erwartet, hätte ich mir deutlich weniger dunkle Gedanken gemacht und wäre stattdessen einfach laut schreiend davon gelaufen. Nicht, dass es mir irgendetwas genutzt hätte. Ich denke auch heute noch oft und gerne an die alten und friedlichen Zeiten mit warmen Erinnerungen zurück, vielleicht sogar ein wenig wärmer, als es mein Leben damals verdient hatte. Die Vergangenheit hatte jedoch immer etwas an sich, das einen dazu verführt, sie deutlich besser in der Erinnerung zu halten, als sie es eigentlich verdient.

Unsere Welt war aber auch wirklich nicht mehr ganz so schrecklich wie nicht einmal fünfzig Jahre davor. Es gab immer noch viel zu viel Böses und Furchtbares, Unmenschliches und Grauenhaftes. Aber es gab auch Hoffnung. Hoffnung auf eine Zukunft ohne Krieg, auf einen stabilen Frieden, ohne die furchtbaren Waffen des einundzwanzigsten Jahrhunderts in einem weiteren Weltkrieg benutzen zu müssen. Trotzdem, wenn man mich gerade in diesem Augenblick danach gefragt hätte, hätte ich wohl ausdrücklich nach Veränderungen verlangt. Manchen kann man es eben nie recht machen.

Wieder einmal alleine, hatte ich ein weiteres Mal bewiesen, dass ich offenbar zu einer einigermaßen glücklichen und ausgeglichenen Beziehung nicht in der Lage war. Ich vermisste diesmal meine Ex nicht besonders, wie auch die Mädchen davor, eigentlich war ich einfach nur erleichtert und genoss meine Einsamkeit. Merkwürdig, wie sehr sich die Gefühle mit der Zeit verändern. Nach einer gewissen Zeit der Einsamkeit wird das Gefühl immer beklemmender, immer unangenehmer, es verschiebt sich von etwas Positiven zu etwas Negativen.

Aber gerade jetzt erholte ich mich einfach nur von der erdrückenden Enge der Beziehung, die Einsamkeit war etwas Positives und Schönes für mich. Ich liebte das Mädel zwar immer noch sehr, aber die Luft zum Atmen tat mir gerade ziemlich gut, obwohl ich sie vermutlich nie wieder sehen würde. Ich war nicht mehr der Jüngste, aber auch nicht wirklich alt. Als einundvierzigjähriger Single macht man sich schon Gedanken, wie das Ganze wohl einmal mit einem enden würde. Ich wühlte mich tief in meinem ganz privaten Selbstmitleid. Eine eigene Familie, das war etwas, dass ich mir schon lange wünschte. Eigentlich schon in einem Alter, als meine Altersgenossen noch darüber nachgedacht haben, wie sie wohl das nächste Autotuning finanzieren konnten.

Aber trotz allem war es mir nie vergönnt gewesen mich in einer Beziehung wiederzufinden, in der ich so etwas verwirklichen wollte oder konnte. Inzwischen war ich mir ziemlich sicher, dass es wohl an mir liegen musste. Mir war zwar nicht ganz klar, was genau der Grund dafür war, aber es musste einfach an mir liegen. Der Gedanke, dass es an allen anderen lag, war einfach zu beängstigend und zu verrückt.

Wie war es nur wieder dazu gekommen? Nun, das Übliche, der Computer und die Einsamkeit, die er mit sich brachte. In meinen Beziehungen waren Frauen niemals auf einen anderen Menschen eifersüchtig. Es war immer diese merkwürdige Maschine, die mein Leben so von Grund auf verändert hatte, nachdem ich den ersten Kontakt hinter mich gebracht hatte. Nach einigen Jahren und endlosen Studien, die ich mit den Augen vor dem Schirm und mit der Nase in Fachliteratur verbrachte, hatte ich mir in der Informationstechnologie-Branche einen Namen gemacht. Ich war anerkannter Spezialist und war auch ein bisschen stolz darauf, mit dieser Maschine Dinge vollbringen zu können, die für andere unmöglich waren.

Leider kostet es sehr viel Zeit, so gut zu werden, und das bekamen auch meine Partnerinnen ziemlich früh mit. Den Rest der Beziehung beschreibe ich gerne mit Phasen. Erst kommt die „Ich kann nicht glauben, dass diese Maschine für dich wichtiger ist, als ich es bin“-Phase, dann kommt die „Wenn ich jetzt nicht hart vorgehe, wird er immer mehr Zeit mit dieser Maschine als mit mir verbringen“-Phase, und dann kommt der lange und steinige Weg der Entfremdung. Der letzte Ausbruch, um der zu diesem Zeitpunkt völlig zerrütteten Beziehung schließlich zu entkommen, der war dann eigentlich nur noch Formsache, was ihn jedoch deswegen nicht schmerzloser machte.

Nun ja, eigentlich sollte ich mich doch mittlerweile an das alles gewöhnt haben. Dieses Mal war ich es gewesen, der die logische finale Konsequenz gezogen hatte. Was aber nicht immer so gewesen war. Und mit jeder weiteren Trennung tat es mehr weh, es gibt Dinge, an die gewöhnt man sich einfach nicht. Ganz im Gegenteil. Es wird immer schlimmer. Es sind die Schmerzen in der Seele, die bleiben einem erhalten. Sie werden vielleicht taub, vernarben, bleiben aber für immer präsent.

Vielleicht ist es tatsächlich unmöglich, für jemanden mit meinem Beruf, eine wirklich glückliche Beziehung zu führen. Oder war es am Ende doch mein merkwürdiger Charakter, in dem das große Problem meiner Beziehungsunfähigkeit lag?

Eine andere Vermutung hatte ich noch. Ich war als ziemlich nett bekannt, auch weibliche Freunde hatte ich in meinem Leben immer reichlich gehabt. Nette Männer sind aber langweilig, viele Frauen bevorzugen meiner Meinung nach einen wilden und gefährlichen Mann, eben einen so richtig männlichen. Den können sie dann erfolgreich zähmen und das Familienglück ist perfekt. In dieses Bild passte ich nun mal gar nicht als überzeugter Pazifist. Ich habe meinen Wehrdienst aber trotzdem hinter mich gebracht. Meistens tue ich immer das, was gerade getan werden muss. Anweisungen Folge zu leisten fiel mir nicht sehr schwer.

Die Sonne war inzwischen nur noch eine kleine Scheibe und ich betrachtete bewundernd den rot glühenden Himmel und die wenigen Wolken, die sich gerade dort befanden. Dann versank die Sonne komplett hinter dem Horizont und es wurde dunkel.

Es ist immer wieder interessant, wie plötzlich sich manchmal der Tag dem Ende entgegen neigt und man sich in völliger Dunkelheit wiederfindet. Zeit ist wirklich relativ, in manchen Momenten rast sie dahin, in anderen ist sie zäh wie Honig. Oder erschien es mir einfach nur so, weil ich aus meinen viel zu trüben Gedanken erwachte? Ich musste mich jedenfalls im Stockdunklen an den Abstieg machen, in der Hoffnung, irgendwo mein Auto wiederzufinden. Mein guter, alter Opel Ascona Automatik, ein Familienerbstück, der mir deshalb sehr am Herzen hing, auch wenn er nicht mehr ganz der Jüngste war.

Dann wurde es auf einmal dunkler als nur dunkel. Alles um mich herum wurde abgrundtief und bodenlos schwarz. Eine absolute und totale Schwärze, eine Schwärze, die sich nicht nur durch das völlige Fehlen von Licht darstellte. Für einen Moment kam es mir vor, als wäre ich völlig alleine und einsam auf der Welt. Das letzte und einzige Lebewesen, so weit meine Sinne reichten, um mich herum war nur noch das absolute Nichts.

Es war der 29. November 2001, an dem die Welt, so wie ich sie kannte, unterging.

Ich kann mich noch an einen brennenden Schmerz erinnern, der mein Bewusstsein kurz danach auslöschte. Ich fühlte mich wie ein Mensch, der von einem unglaublich heißen und lodernden Flammenwerfer gebadet wurde. Es war das Furchtbarste an Schmerz, was ich bis dahin erlebt hatte. Vermutlich versank ich deshalb ziemlich schnell in eine erlösende Ohnmacht - man kann nur ein gewisses Maß an Schmerz ertragen, bis das Unterbewusstsein für Linderung sorgt und einem das Licht ausknipst.

 

2 Eine Geburt

 

Ich erwachte irgendwo an einem irgendwann, ohne auch nur das geringste Zeitgefühl, wie lange ich wohl im Dazwischen gewesen war. Völlig orientierungslos starrte ich an eine weiße Decke mit einer doppelten Neonröhre. Das Licht war zwar ausgeschaltet, trotzdem war es ziemlich hell in dem Zimmer. Über mir hing ein weißes Regalbrett, wie man es oft hässlich und schmucklos über Krankenhausbetten fand. Mein Körper hing an einer deutlich zu großen Menge von Schläuchen, einer ging durch die Nase in meinen Körper und ein weiterer durch einen Katheter in den Arm. Ich fühlte mich seltsam und merkwürdig leicht, ich war versucht, mich am Bett festzuklammern, um nicht davonzuschweben. Dann verschwanden die merkwürdigen und beklemmenden Eindrücke und alles wurde wieder beruhigend dunkel und schwarz. Ich versank erneut in einer tiefen Bewusstlosigkeit.

Früher oder später erwachte ich erneut, meinem völlig unzuverlässigem Zeitgefühl nach vielleicht sogar Jahre nach dem ersten Mal, und blickte in das grelle, weiße Licht der Sonne, die durch ein Fenster schien. Es war ein sehr heller Tag, viel zu hell für die winterliche Jahreszeit fand ich, und die Heizung hatten sie hier wohl auch zu hoch aufgedreht, allerdings war es nicht unangenehm warm.

Ich schloss die Augen wieder, das grelle Licht schmerzte einfach unerträglich. Mein Körper fühlte sich an, als wäre eine Dampfwalze darüber gefahren, jeder einzelne Knochen und Muskel tat mir weh. Der Teil meines Körpers, der nicht schmerzte, war einfach nur völlig taub, sodass ich mir nicht mal sicher sein konnte, überhaupt noch alle Körperteile zu besitzen.

Es stank furchtbar hier, dieser Eindruck dominierte meine Sinne geradezu als Nächstes, nachdem ich erfolgreich die Schmerzen einigermaßen ausgeblendet hatte. Es war ein strenger Geruch nach Angst, altem Schweiß und Medizin. Noch dazu angereichert mit modrigem Pilzgeruch, was die Auswahl an Gerüchen nicht gerade verbesserte.

Ich setzte mich auf, was ich gleich darauf wieder bereute. Das ganze Zimmer drehte sich um mich herum, was doch eigentlich unmöglich war. Insbesondere, da ich doch sofort die Augen geschlossen hatte, als es damit anfing. Aber irgendwie war ich mir des Zimmers trotzdem noch bewusst. Und es drehte sich, völlig außer Acht lassend, dass es eigentlich völlig unmöglich war. Ich empfand das Zimmer sofort als ziemlich rücksichtslos.

Unendlich langsam beruhigte sich die ganze Sache, und die Welt und das Zimmer hörten irgendwann damit auf, sich zu drehen. Dafür kamen jetzt ganz neue Schmerzen und wurden mit jeder Sekunde schlimmer. Mein ganzer Körper fühle sich an, als würde ich in kochendes Wasser getaucht, meine Haut brannte und das Fleisch darunter wurde gerade von einem unbarmherzigen Höllenfeuer gar gekocht.

Ich erinnere mich nicht mehr daran, geschrien zu haben. Aber ich würde auch nicht dagegen wetten, die Schmerzen waren einfach unerträglich. Plötzlich und ohne Vorwarnung ebbten die brennenden Schmerzen jedoch genauso schnell ab, wie sie gekommen waren, und ich fing an, mich einigermaßen zu beruhigen. Mein Herz klopfte nicht mehr ganz so schnell, das Adrenalin und die Angst gingen etwas zurück. Und dann sehr viel später einmal, nach einer kleinen, gefühlten Ewigkeit, beschloss mein Körper, sich endlich etwas normaler anzufühlen. So wie sich ein Körper eben eigentlich so anfühlen sollte.

Als ich schließlich die Augen wieder öffnen konnte und mich umsah, erkannte ich mit getrübtem Blick wenigstens so viel, dass ich nach wie vor alleine in dem Zimmer war. Es sah nach einem normalen Krankenhauszimmer aus, aber irgendwie seltsam vernachlässigt, nicht so ordentlich gepflegt und desinfiziert, wie es sonst durch Heerscharen von Krankenschwestern sichergestellt wurde. Die Bettwäsche war nicht gerade sauber, auch meine eigene nicht, und eins der beiden anderen Betten in dem Zimmer war sogar umgeworfen.

Ich versuchte, mich aufzurichten, um aufzustehen, als plötzlich wieder alles dunkel wurde.

Das nächste Mal, als ich wieder aufwachte, fielen mir Bewegungen schon deutlich einfacher. Das vorherrschende Gefühl war zur Abwechslung grimmiger Hunger, und ich war schier am Verdursten, mein Mund war völlig trocken und verklebt. Leider konnte ich immer noch nicht vernünftig fokussieren, ich sah nach wie vor alles völlig verschwommen und unscharf.

Ich setzte mich erneut auf und bemerkte ein Ziehen an meinem Arm und an meiner Nase. Mein Arm war an einen leeren Tropf angeschlossen. Die Plastikkanüle steckte noch in meiner Vene. Mir wurde sofort übel. Ich hasste Nadeln. Ich hasse Nadeln auch heute immer noch, sie begegnen mir nur seltener. Ich zog sie zitternd und sehr vorsichtig heraus, es spritzte sofort ziemlich viel Blut aus der Wunde. Mir wurde noch übler. Ich bekam Panik, drückte den Daumen auf die Wunde und wartete. Ich hatte mich ziemlich eingesaut, das Bett war allerdings nicht merklich schmutziger dadurch. Erst nach einer ganzen Weile konnte ich endlich die Klebestreifen entfernen und den Daumen für etwas anderes nutzen.

Als Nächstes waren die Schläuche in meiner Nase dran. Ich zog daran und wurde mit einem Schmerz belohnt, der sich anfühlte, als ob ich gerade versuchte, mein Gehirn durch die Nase zu entfernen. Das Gefühl dieses Ding jetzt herausziehen zu müssen war jedoch übermächtig, also legte ich den Kopf in den Nacken und zog. Der Schmerz war mehr als nur eklig, meine Nase brannte, mein Kopf drohte zu explodieren und ich hatte immer wieder das Gefühl ersticken zu müssen, bis das Ding endlich heraus war. Ich atmete schnell und stoßweise, bis ich mich wieder beruhigt hatte.

Ich schaute mich erneut in dem Zimmer um, und wieder war ich mir des Zimmers und der Dinge darin merkwürdig deutlich bewusst. Mir war aus irgendeinem Grund auch sofort klar, wo das Zimmer ein Waschbecken hatte, ohne dass ich diese Richtung blicken musste. Dort war Wasser, und ich war am Verdursten.

Ich stand vorsichtig auf, glücklicherweise diesmal bewegungsfähig, ohne gleich wieder in Ohnmacht zu fallen, und schwankte zum Waschbecken. Ich drehte den Wasserhahn auf und trank, genau wie jemand, der gerade einem wochenlangen Trip durch die Wüste entkommen war. Ich hielt mich trotzdem einigermaßen erfolgreich zurück und legte beim Trinken wenigstens ein paar Pausen ein, ich wollte das Wasser durchaus auch bei mir behalten.

Ich musste mich zum Hahn weiter als gewohnt nach unten bücken, was mir irgendwie falsch vorkam. Das Waschbecken musste wohl ziemlich tief hängen.

Mein Blick war anfangs immer noch ziemlich verschwommen, klärte sich aber zu meiner Beruhigung mittlerweile zunehmend auf. Das Wasser schmeckte besser und süßer als die großartigste Limonade. Zwar hatte ich Leitungswasser schon immer gemocht, das hier jedoch war echt einmalig, und es fühlte sich auf meinem Gesicht einfach wunderbar an. Viel passte erwartungsgemäß nicht in den Magen, und mir wurde trotz aller Vorsicht schnell übel.

Ich lehnte die Arme müde auf das Waschbecken und schaute in den Spiegel. Im Spiegel war jedoch nicht mein Spiegelbild, sondern ein ganz anderes Bild. Das Bild war unfassbar schön und absolut fotorealistisch, durch leichte Bewegungen bekam es sogar einen dreidimensionalen Eindruck. Eine wunderschöne Frau blickte mir entgegen. Ihr Haar war schulterlang, völlig weiß, und sehr, sehr fein, fast so fein wie Spinnenseide. Ihre Schönheit wurde allein dadurch getrübt, dass die Haare unangenehm matt und ziemlich verklebt waren, als hätte sie diese eine ganze Weile nicht gewaschen. Ihr Gesicht war fein geschnitten, zierlich und hatte eine kleine und gerade Nase. Sie war völlig ungeschminkt.

Ich mochte das an Frauen, Schminke war nicht mein Ding, war sie noch nie gewesen. Ihre Haut war sehr blass, man konnte leicht die blauen Adern am Hals durch die Haut hindurchsehen. Ihre Augen hatte eine unmenschliche, goldene Iris, mit kleinen senkrechten Schlitzen anstelle von menschlichen runden Pupillen, die mich neugierig anstarrten. Ihr Blick war sehr irritierend, ich war versucht, die Augen niederzuschlagen und ihrem Blick auszuweichen. Die Ohren waren deutlich länger als normal und oben spitz zulaufend. Sie sah fast genau so aus, wie ich mir die Elfen beziehungsweise Elben aus dem Herrn der Ringe immer vorgestellt hatte. Unwirklich schön und auch völlig unmenschlich in ihrer artfremden Schönheit.

Als ich den Kopf drehte, um mir ihre Ohren besser anschauen zu können, drehte sie ihren Kopf mit. Als wäre sie ein Mimic, der alle meine Bewegungen nachäfft. Ich schaute mir den merkwürdigen „Spiegel“ genauer an, um zu sehen, welche Art von Monitor das wohl war, und auch da machte sie wieder jede meiner Bewegungen mit. Ich hob meine rechte Hand, um den Spiegel zu berühren. Die Hand, die sich von unten in mein Blickfeld schob, war jedoch nicht meine Hand, es war ganz offensichtlich ihre Hand. Sie hatte sehr zierliche Hände, die zu ihrem Gesicht passten, fast schon zu lang und zu dünn für meinen Geschmack. Da die Finger etwas zu lang waren, machten sie sogar einen leicht spinnengliedrigen Eindruck. Ich führte meine Hand dicht vor die Augen, ihre Hand bewegte sich wieder mit.

Dann fielen auf einmal alle Puzzleteile zusammen, meine Realität machte einen fast merklichen Ruck, als die Perspektiven in den richtigen Rahmen rutschten, und mir wurde auf einmal klar, was ich da anblickte. Es war völlig unmöglich, es war total krank. So etwas gab es doch nicht, so etwas konnte es nicht geben. Nach einer Weile völliger Fassungslosigkeit begriff ich, wen ich da ansah. Ich selbst war diese Frau, ich war dieses Spiegelbild.

Ich berührte meine Wange und fühlte die zu dünnen Finger in ihrem Gesicht, in meinem Gesicht. Ich war sie und sie war ich. Ich griff in meine Haare, und diese fühlten sich genauso verklebt an, wie ihre ausschauten. Auch machte das Spiegelbild zuverlässig alle Bewegungen mit, die ich vorgab. Ich konnte die Realität nicht länger verleugnen, sie war zwar eine völlig unmögliche und verzerrte Realität, aber es war doch anscheinend jetzt meine Realität.

Ich zog mir die Haare vor die Augen, sie sahen genauso aus wie ihre. Unsicher schlug ich mir mit der flachen Hand fest auf die Wange. Der Schmerz fühlte sich sehr real an. Ich kniff mir in den Arm, auch hier keine Überraschungen, sondern einfach nur Schmerz.

Ich zog das Krankenhaushemd aus, ich war wie erwartet nackt darunter. Ich sah keine Haare. Ich war völlig haarlos, bis auf die auf dem Kopf und den Augenbrauen, nicht einmal die Unterarme wiesen welche auf. Die Haut passte zu dem Gesicht, sehr bleich und fast durchscheinend zart. Kein Gramm Fett, die Muskeln zeichneten sich unter der Haut deutlich ab, leider auch einige Knochen. Ich war eher unterernährt, was ich von meinem alten Ich nicht gerade sagen konnte, auch wenn ich mir wenigstens ein paar Muskeln im Fitnessstudio antrainiert hatte. Hatte ich das Wort Stubenhocker schon erwähnt?

Was war nur mit mir passiert, und vor allem - wie war es geschehen? Wie kam ich in den Körper einer Frau und warum? Mir wurde wieder schwarz vor Augen, ich krallte mich am Waschbecken fest, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Mir war in den Moment völlig klar, dass ich vermutlich einen Schock hatte. Immerhin wurde mir gerade die Realität ziemlich brutal unter den Füßen weggezogen. Ich war durcheinander und verwirrt, es fühlte sich alles sehr real an, aber es war doch bestimmt nicht real. So etwas konnte nicht real sein, es durfte nicht real sein, ob ich wohl wahnsinnig geworden war und Halluzinationen hatte?

Wenn man über so etwas in schicken Büchern liest, kommt es einem immer viel einfacher vor. Der Held geht halt einfach irgendwie weiter und tut, was gerade eben so angesagt ist und getan werden muss. Man hat üblicherweise dann gleich auch noch praktischerweise eine wichtige Aufgabe bekommen. Meine eigene und gerade erlebte Realität sah jedoch völlig anders aus.

Ich kam mir nicht nur völlig verloren vor, ich zweifelte auch noch heftig an meinem eigenen Verstand. Ich wandte mich vom Spiegel ab und sah mich um. Ich war eindeutig viel zu durcheinander für diesen Anblick und verschob eine eingehendere Untersuchung meines Körpers auf später. So etwas kann man nicht einfach so akzeptieren, das braucht Zeit. So viel Zeit wie möglich. Wie irgendwie möglich. Ein Zitat des berühmtesten aller Detektive kam mir in den Sinn.

„Wenn Du das Unmögliche ausgeschlossen hast, dann ist das, was übrig bleibt, die Wahrheit, wie unwahrscheinlich sie auch ist.“

Also sollte ich, anstatt weiter mit dem Unmöglichen zu hadern, meinen alten Körper wiederzubekommen, anstatt dessen erst einmal herausfinden, was eigentlich mit mir passiert war und mich mit diesem vorerst mal abzufinden.

Ich sah mich um und untersuchte das Zimmer. Ein Schrank enthielt meine Kleidung, ein T-Shirt, abgetragene Jeans und meine Unterwäsche. Die Kleidung, wie ich sie heute, nein wohl nicht heute, aber an dem Tag getragen hatte, als ich den Sonnenuntergang bewundert hatte und meinen eindeutig zu dunklen Gedanken nachgehangen war. Irgendwie kamen mir gerade meine Probleme von damals ziemlich belanglos vor. Damals, war es heute oder damals gewesen?

Meine Aufmerksamkeit wurde durch weitere Fragen von meinem Körper abgelenkt, die wie Regentropfen immer zahlreicher wurden und sich in einem sicher schon bald überlaufendem Fass sammelten, meinem armen Kopf. Warum war das andere Bett in dem Krankenzimmer umgestoßen und warum war alles so verwahrlost? Meine Kleidung war relativ sauber, im Gegensatz zu mir selbst, meine Achseln rochen nach einigen Tagen ohne Wäsche. Das Krankenzimmer hatte doch sicher ein Bad. Ich öffnete eine der beiden Türen und fand tatsächlich eines dahinter.

Also ging ich zur Dusche und wusch mich gründlich; diesen fremden Körper zu waschen war allerdings nicht ganz einfach. Mein Unterbewusstsein rief mir ständig irgendwelche Bemerkungen zu, die alle mit verrückt, Zeit für die Klapse und Ähnlichem zu tun hatten. Meine Haut war definitiv deutlich sensibler als früher, und vor allem unglaublich weich und zart. Die Dusche hatte kein warmes Wasser, wie auch schon das Waschbecken zuvor.

Das störte mich jedoch merkwürdigerweise überhaupt nicht, ganz im Gegenteil, mir kam die Temperatur sehr angenehm vor. Seife und Shampoo waren auch vorhanden. Irgendwann hatte ich endlich den Eindruck nun einigermaßen sauber zu sein und suchte mir ein Handtuch. Ich fand eines an einem Haken an der Wand. Es war jedoch nicht in einem Zustand, dass ich mich damit abtrocknen wollte, ich zog die Nase kraus wegen des Geruchs und lies es hängen.

Also streifte ich das Wasser, so gut es ging, mit den Händen ab und wrang meine Haare aus. Dann wollte mich zum Trocknen wieder in das Bett legen. Das aber plötzlich nicht mehr sonderlich verlockend roch, also blieb ich etwas ratlos stehen. Ich lief unruhig in dem Zimmer hin und her und entschloss mich irgendwann ungeduldig dazu, meine Klamotten einfach halb nass anzuziehen. Ich war definitiv in dieser merkwürdigen Situation lange genug nackt herumgelaufen.

Ich fühlte mich nach der Dusche trotz allem merklich besser, langsam kam ich wohl wieder zu Sinnen. Das nächste Problem war, dass meine Kleidung mir überhaupt nicht mehr passte. Meine Unterhosen rutschten mir sofort wieder bis an die Knöchel. Das T-Shirt war noch einigermaßen brauchbar, allerdings viel zu kurz und viel zu weit. Meine Hosen waren auch viel zu weit und zu kurz, ich konnte sie aber wenigstens mit meinem Gürtel fixieren. Im allerersten Loch. Eigentlich brauchte ich doch das Letzte. Die Stiefel waren ebenfalls zu weit, passten überhaupt nicht mehr und waren völlig unbenutzbar.

Bei dem Versuch sie erfolglos anzuziehen, fing ich unvermittelt an zu weinen. Ich hatte meine Schuhe gemocht, es waren feste Stiefel und wirklich gut geeignet, um durch einen kalten und unfreundlichen Winter zu kommen. Und ich hatte eigentlich immer meine Füße gemocht. Standfeste Füße. Nicht allzu hässlich, so für Männerfüße jedenfalls.

Für die Winterjacke war es hier drinnen deutlich zu warm, aber ich würde sie bestimmt brauchen, wenn ich nach draußen kam.

Ich hatte seit Jahren nicht mehr geweint. Hormone, redete ich mir ein, wohl eine weitere Veränderung, die mit diesem weiblichen Körper daher kam. Tatsächlich war ich jedoch bis in meine Grundfesten hinein erschüttert, weiblich oder nicht. Ich öffnete die andere Tür, die wie erwartet zum Flur führte. Ich wollte mich jetzt endlich mit jemandem unterhalten, endlich Antworten auf meine unzähligen Fragen bekommen.

Der Flur war jedoch völlig leer, und auch alle anderen Zimmer in dem Stock. Es herrschte eine fürchterliche Unordnung, als ob jemand das Krankenhaus absichtlich verwüstet oder durchsucht hatte. Der größte Teil des Inventars, wie Medikamente und Geräte, war unerwarteterweise noch da. Die Türen standen offen, die Scheiben waren teilweise zerbrochen.

Alles sah danach aus, als ob das Krankenhaus seit Längerem völlig leer stand. Aber warum war ich dann noch hier? Irgendwie wurde alles um mich herum immer undurchsichtiger. Die klare und reine binäre Logik, die ich immer so an den Maschinen bewundert hatte, half mir gerade überhaupt nicht weiter. Mein Wissen war auf eine solche Situation nicht anwendbar, ich konnte mir absolut nicht erklären, was hier passiert war.

Der Strom war abgeschaltet, jedenfalls funktionierte keines der elektrischen Geräte, nicht mal das Not-Licht. Auch die Telefone waren so funktionslos wie alles andere.

Die gute Nachricht war, dass ich mich so langsam etwas sicherer auf den Beinen fühlte. Dabei war ich barfuß unterwegs, ich fühlte mich jedenfalls deutlich besser als noch eine Stunde zuvor. Dass ich noch keine Menschenseele getroffen hatte, verursachte bei mir ein allerdings merkwürdiges Gefühl in der Magengegend.

Was mich sofort wieder an meinen Hunger erinnerte, mein Magen knurrte übel gelaunt vor sich hin. Das ganze Krankenhaus war völlig leer, jedenfalls die Bereiche, die ich durchsuchte. Ich war versucht nach Hilfe zu rufen, wagte es jedoch aus irgendeinem Grund nicht. Ich brauchte aber dringend etwas zu essen, das Gefühl war mittlerweile stärker als alles andere.

 

3 Waging am See

 

Also verließ ich das Gebäude, um mich draußen umzusehen. An der Tür hing ein Messingschild.

 

Krankenhaus und Alten-Pflegeheim Waging am See

Salzburger Str. 29

83329 Waging am See

 

war darauf zu lesen. Ich war also nicht sehr weit weg von dem See, an dem ich meinen Wochenendausflug gemacht hatte. Der Ort hier war nicht einmal hundert Kilometer von meinem Apartment entfernt.

Die Sonne schien mir warm und freundlich ins Gesicht, die Temperatur hier draußen war genauso sommerlich warm wie im Gebäude. Die Erkenntnis, was das bedeutete, traf mich so hart und so plötzlich wie eine Ohrfeige. Ich musste monatelang außer Gefecht gewesen sein, es war doch gerade erst Anfang Winter gewesen! Diese ganze Geschichte kam mir immer unwirklicher vor, wie ein nichtendenwollender Albtraum. Ich kniff mich erneut in den Arm. Es tat weh.

Vor nicht einmal einer Stunde war mir noch nichts Unwirklicheres als mein neues Ich vorstellbar gewesen. Das relativierte sich gerade etwas angesichts meiner Umgebung, eine menschenleere Stadt war durchaus ebenfalls äußerst unwirklich. Ich fragte mich fast schon zwangshaft, was war nun eigentlich wirklich unwirklicher, sich nach einem Blackout in einem fremden Körper oder sich in einer menschenleeren Stadt wiederzufinden. Mir waren das eindeutig gerade zu viele wirklich und unwirklich, um noch mental gesund zu sein. Ich schob die äußerst beunruhigenden Gedanken fürs Erste beiseite und konzentrierte mich anstatt dessen auf meine Umgebung.

Ich nahm meine Umwelt viel direkter und intensiver wahr, als ich es gewohnt war. Ich hörte ungewohnt viele Tiere im Ort, überall war Bewegung, nicht nur die üblichen Vögel, sondern auch andere Tiergattungen, in einiger Entfernung bellte ein Hund unfreundlich und durchdringend. Der Wind ließ einen Baum rascheln, das Geräusch kam mir fast vor wie ein klassisches Konzert, so intensiv und mit Dutzenden von Instrumenten. Ich sah mit einer unglaublichen Schärfe in der Ferne, ich konnte sehr viel mehr Details als früher ausmachen, obwohl ich nie kurzsichtig gewesen war. Ganz im Gegenteil, aber das hier war etwas völlig anderes. Jedes noch so kleine Detail enthielt unglaublich viele Informationen, die mein Gehirn erstürmten. Ich hatte ganz offensichtlich nicht nur das Geschlecht gewechselt, es gab noch sehr viel mehr an mir, was jetzt anders war.

Die Straße vor dem Krankenhaus war menschenleer und schaute in etwa so aus, wie sie es in einem Endzeitfilm getan hätte. Es parkten einige Autos ganz normal so, wie man es erwarten würde, andere waren gegen Hindernisse geprallt oder einfach mitten auf der Straße liegen gelassen, kein Einziges bewegte sich oder hatte Insassen.

Gegenüber auf der anderen Straßenseite sah ich das Verkehrsamt inklusive einer Touristeninformation und ich fing, angesichts der Situationskomik, an laut und schallend zu lachen. Das glockenhelle Lachen verunsicherte mich jedoch zutiefst, und ich verstummte wieder. Was sollte ich jetzt nur tun? Irgendetwas unglaublich Furchtbares war passiert. Ich hoffte, dass es wenigstens nur diesem einen Ort hier widerfahren war und nicht noch mehr Orte erwischt hatte.

Vielleicht wurde hier ein Staudamm errichtet und sie hatten deshalb alles evakuiert - aber warum waren dann all die Autos zurückgelassen worden? Vielleicht eine Katastrophe? Die Häuser sahen intakt aus, Erdbeben hatte es jedenfalls schon mal keins gegeben. Und wie hatte ich all die Zeit überleben können, jemand musste doch für Nahrung und Medikamente gesorgt haben, oder ich hätte das monatelange Koma ganz sicher nicht überstanden. Koma, das klang schon mal wie eine richtige und vernünftige Erklärung dafür, dass ich so lange weggetreten war. Nicht, dass mir die Erkenntnis gerade auch nur im Geringsten weiterhalf.

Mein dann doch mittlerweile ziemlich grimmiger Hunger meldete sich durch lautes Magenknurren erneut zu Wort. Ich musste schnellstens etwas zu Essen finden. Allzu viele Reserven hatte mein neuer Körper offensichtlich eher nicht. Ich band die überflüssige Kleidung und meine Schuhe in der Jacke zusammen und warf sie mir über die Schulter. Dann ging ich die Straße einfach in einer Richtung los, irgendwo musste sich doch irgendwo etwas Essbares auftreiben lassen.

Was mir alles durch den Kopf ging, als ich die Straße durch das Dorf lief, kann ich heute nicht mehr beschreiben. Meine Gedanken waren völlig konfus, ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, alles war wie in Watte gepackt. Wie war ich in diesen Körper gekommen und warum war das Krankenhaus leer und verlassen? Normalerweise wurden Krankenhäuser nicht einfach so geschlossen, und schon gar nicht, wenn noch Patienten darin lagen! Irgendwie musste ich eine Antwort auf meine Fragen bekommen, und zwar möglichst bald, bevor ich völlig durchdrehte. Aber diese Gedanken brachten mich gerade auch nicht weiter.

Ich fing stattdessen an, wieder etwas mehr auf meinen neuen Körper zu achten, als ich vorsichtig die Straße entlang ging. Es fühlte sich überhaupt nicht nach meinem Körper an, soviel war schon mal sicher. Ich war ziemlich groß, viel zu groß für eine Frau, sogar größer als mein altes Ich früher. Ziemlich lange Beine, soweit ich beurteilen konnte, die zumindest beim Laufen guten Dienst verrichteten. Ich bemerkte, dass ich ziemlich leichtfüßig unterwegs war, verglichen zu früher. Ich war nicht wirklich dick gewesen, ein paar Pfunde zu viel vielleicht, aber durchaus doch eher unsportlich.

Trotz des durch den Hunger doch sehr geschwächten Zustands konnte ich weiter und kraftvoller ausschreiten, als es mir in meinem alten Körper möglich gewesen war. Jedenfalls, bis ich in ein Steinchen trat oder etwas anderes Spitzes, meine Fußsohlen hatten keine Hornhaut und die Sohlen waren sehr schmerzempfindlich. Trotzdem, in diesen Beinen steckte sehr viel mehr Kraft, als ich es von meinen alten her gewohnt war. Und ich war nicht in dem körperlichen Zustand, den ich von einem monatelangen Koma erwartet hätte, meine Muskeln funktionierten hervorragend, was eigentlich biologisch und medizinisch eine Unmöglichkeit war.

Ich brauchte dringend etwas zu essen und am besten gleich noch Schuhe, dieses neue Bedürfnis kam ziemlich bald durch die schmerzenden Sohlen, die nackt über den Asphalt laufen mussten. Meine Prioritäten änderten sich durch den Fußmarsch schnell. Hinter mir im Krankenhaus wagte ich es trotzdem nicht, nach Nahrung zu suchen. Allein die Vorstellung, mir verfaulten Krankenhausfraß anzutun, war mir zuwider; außerdem war mir das verlassene Gebäude nicht ganz geheuer.

Ich ging also weiter, an einem ziemlich ungepflegten Park vorbei, die Pflanzen darin waren alle völlig unbeschnitten wild gewuchert und das Gras war über einen halben Meter hoch. Die bunten Häuser des Ortes waren dafür sehr hübsch, die Gegend war wie viele andere in Niederbayern sehr gepflegt und auf Tourismus ausgerichtet. Jetzt sah sie nicht mehr so schön sauber aus, viele Türen und Fenster waren offen oder kaputt, es lag überall Müll auf den Straßen, die Fugen waren mit Gras und Unkraut bewachsen.

Ich ging auf eines der Häuser zu und klingelte. Ich konnte keine Klingel hören, also klopfte ich laut mit der Faust an die Tür. Die Tür öffnete sich, war nicht einmal verschlossen. Ich ging vorsichtig hinein und rief laut „Hallo?“ Wieder zuckte ich nervös zusammen, als ich eine viel zu hohe Stimme hörte, die eindeutig nicht zu mir passte. Niemand antwortete. Ich durchsuchte die Zimmer, man hatte die Wohnung anscheinend in großer Eile verlassen und es war auch nicht viel mitgenommen worden. Das Telefon war hier auch tot, und auch hier war kein Strom. Was war nur passiert?

Ich durchsuchte alle Zimmer in dem Haus und fand keinen Menschen, nichts, es war völlig unbewohnt. Aber genau so möbliert, als würde das Haus nur darauf warten, dass die Anwohner zurückkehrten. Das vorletzte Zimmer war nicht ganz leer. Als ich die Tür öffnete, sprang mir eine halb verhungerte Katze mit einem sehr lauten Miau entgegen und lief an mir vorbei in Richtung Tür. Ich erschrak fast zu Tode, zitternd ging ich einen Moment in die Knie. Trotzdem betrat ich kurz darauf das Zimmer. Das Fenster stand offen und hatte der Katze wohl als Eingang gedient, ansonsten war der Raum aber ebenso leer.

Essen, ich musste dringend etwas Essen. Vorräte hatte ich in dem Haus keine gefunden, es musste doch irgendwo in der Nähe einen Laden geben. Ich ging die Straße weiter und sah bald darauf ein Lebensmittelgeschäft. Es war in der Nähe der Dorfkirche, auf die ich gerade zumarschiert war. Ich betrat den kleinen Laden, ein Reformhaus, wie mir die Ladenfront mit großen Lettern verriet.

Die Tür des Ladens war aus den Angeln gehoben, das Glas in der Mitte zersplittert. Ich stolzierte vorsichtig barfuß um die Glasscherben herum und wünschte mir erneut ein paar Schuhe. Das Schaufenster war interessanterweise noch unbeschädigt. Der Laden war relativ klein, aber angefüllt mit Regalen, die teilweise umgestürzt waren und teilweise noch aufrecht standen.

Im Großen und Ganzen machte der Laden einen völlig verwüsteten Eindruck. Augenscheinlich war aber nur wenig gestohlen, jedenfalls schätzte ich das mal so auf den ersten Blick. Die Kasse war auch nicht aufgebrochen, was das Ganze irgendwie noch ungewöhnlicher machte, welcher Mensch bei einigermaßen klarem Verstand verwüstete einen Laden und ließ das Geld und die meisten Waren da? Der Laden machte den Eindruck, als hätten hier Kinder ziemlich wild gespielt, und zwar ohne die Aufsicht ihrer Eltern.

Eine schnelle Untersuchung des Ladens ergab nichts Gefährliches, also gehorchte ich dem Willen meines Magens und suchte nach etwas Essbaren. Ah, und da waren sie! Feinstes Dosenfutter, davon hatte ich mich vor meinem Koma auch gerne mal öfter, teilweise sogar monatelang ernährt, also würde es diesen Körper bestimmt auch nicht gleich umbringen. Ich war versucht, ein bisschen Geld auf die Tresen zu legen. Schließlich war das hier eigentlich Diebstahl.

Mein Geldbeutel war noch in der Hose, mit allen Papieren und, soweit ich mich erinnerte, auch mit dem Geld, dass ich an jenem Tag am See dabei gehabt hatte. Nicht, dass es viel gewesen war. Oder mir die Papiere mit diesem Gesicht noch irgendwas genutzt hätten. Eine operative Geschlechtsumwandlung nahm mir wohl auch keiner ab, dafür waren die Veränderungen dann doch etwas drastisch. Ich musste unwillkürlich bei dem Gedanken lachen, und erschrak wieder über meine eigene Stimme, das klang doch alles furchtbar hoch. Früher hatte ich eine ziemlich angenehme Stimme gehabt, wie man mir mal gesagt hatte. Um genau zu sein eine heimliche Liebe aus fernen Landen, die ich eine Weile nur telefonisch und über das Internet kannte.

Ich fand schließlich in dem ganzen Gerümpel ein paar Dosenfrüchte, ein paar fertige Mahlzeiten wie Suppen, die man nur erwärmen musste, und einen Öffner. Ich öffnete sofort eine Dose mit Pfirsichen und aß die Pfirsiche gierig einfach mit den Händen. Die Soße war auch gleich leer getrunken. Die Früchte waren sehr lecker und sie füllten erfreulich den Magen. Die Dosen waren viel zu klein, fand ich in dem Moment, und öffnete gleich eine Zweite, die ich ebenso gierig leerte. Der Saft lief mir über das Kinn, aber das war mir gerade ziemlich egal. Danach ging es mir deutlich besser.

Plötzlich überfiel mich das beklemmende Gefühl, das Haus könnte vielleicht doch nicht ganz leer sein, und ich startete eine weitere Untersuchung, diesmal vor allem genauer im hinteren Teil des Ladens und dem Bereich, der in den Hinterhof führte. Aber auch hier war niemand da, und keiner reagierte auf meine Rufe.

Mein erstes „Hallo!“ ließ mich erneut zusammenzucken. Irgendwie musste ich wieder an meinen alten Körper kommen, dachte ich befremdet. Nur - wie sollte ich das anstellen? Trotzdem, es war eine Sache, hinter einer Frau her zu sein, die so aussah wie ich jetzt, aber die Frau selbst zu sein war doch ziemlich beängstigend.

Nicht zum ersten Mal an diesem Tag hatte ich meine Umgebung völlig aus dem Fokus verloren und stand regungslos mitten im Laden, voller Erschütterung über den Zustand, in dem sich das Dorf befand, den Zustand, in dem ich mich befand, und die völlige Abwesenheit von Menschen. Das Wort Plünderung ging mir noch durch den Kopf, als ich mir ein Taschenmesser einpackte, das neben der Kasse lag. Ich versuchte jedoch, so gut es ging, mich nicht weiter ablenken zu lassen.

Am liebsten wäre mir eine Waffe gewesen. Ich war verunsichert wegen der gruseligen Zustände in dem verlassenen Städtchen. Aber welche Waffe wäre sinnvoll gewesen? Ich wollte ganz sicher nicht auf einen ebenfalls verunsicherten Polizisten oder Soldaten stoßen, der mir vielleicht aus Versehen das Licht ausblies, weil er mich für gefährlich oder einen Plünderer hielt.

Ich verließ den Laden und sah mich weiter in dem Dorf um. Die Straßen waren überall völlig ungepflegt. Hier hatte auch schon lange kein Straßendienst mehr gereinigt. Wenn der dritte Weltkrieg ausgebrochen wäre, hätte aber alles doch bestimmt noch mal ganz anders ausgesehen, das hier war nicht die Folge eines Krieges, das war irgendwie anders. Unerklärlich und völlig unverständlich. Meine Generation war so ziemlich die Erste, die mit der fürchterlichen Drohung eines Atomkrieges aufgewachsen war. Endzeitszenarien und unrealistische Geschichten darum gab es haufenweise, bis sich die meisten Menschen endlich nach jahrzehntelangen Streitereien auf die Wahrheit geeinigt hatten. Nach dem Schreckgespenst Atomkrieg wäre einfach gar nichts mehr gekommen, nur noch Tod und Verfall für alle.

Und das hier sah einfach nicht danach aus, viel zu wenig Zerstörung, nicht einmal genug Vandalismus für irgendwelche Aufstände. Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass in Deutschland ein Bürgerkrieg ausgebrochen war, so stark hassten sich die verschiedenen Volksgruppen bei uns nun auch wieder nicht. Einen Bürgerkrieg hatte es vor kurzem in Jugoslawien gegeben, aber es sah hier auch nicht wirklich nach Krieg aus. Sogar die Preußen und die Bayern hassten sich nicht mehr stark genug für einen weiteren Bürgerkrieg, der letzte lag sehr lange zurück. Nirgendwo funktionierte der Strom, also konnte ich auch kein Radio oder einen Fernseher einschalten, der mir vielleicht endlich hätte Auskünfte geben können. Was hätte ich jetzt für eine Nachrichtensendung gegeben! Früher hatte ich oft gelangweilt weggeschaltet, um stattdessen einen schönen Film zu sehen. So verändern sich Interessen manchmal im Leben.

Die Häuser in dem Dorf waren wohl alle verlassen, einige offene durchsuchte ich. Ich fand nirgends Menschen, dafür scheuchte ich ein paar weitere verwilderte und scheue Katzen auf. Nagetiere gab es anscheinend genug, die meisten Katzen waren ziemlich gut genährt, nur ein paar wenige so halb verhungert wie die Erste. Vögel waren in ihren Käfigen verhungert und skelettiert, Aquarien waren ungepflegt und die Fische darin verschwunden. Einige der Häuser hatten verschlossene Türen, bei einigen davon klopfte ich lautstark ohne Erfolg an. Die ganze Stadt war anscheinend völlig menschenleer und verlassen.

Ich hoffte aber immer noch wenigstens auf ein lokales Phänomen; dass noch mehr Städte wie diese hier aussahen, konnte und wollte ich mir nicht vorstellen.

Ich fühlte mich völlig allein. Hier mitten auf der Straße in Waging fühlte ich mich genau wie in dem Moment, als ich das Bewusstsein verloren hatte. Ich kam mir vor wie der einzige Mensch auf Erden, der Einzige, der überlebt hat. Die Einzige. Eiskalte Schauer liefen mir den Rücken hinunter. Was sollte ich nur tun? Nur nicht den Mut verlieren.

Wenigstens würde ich wohl erst mal nicht verhungern oder verdursten. Ich musste jedoch dringend andere Menschen treffen. Menschen, die mir sicherlich erzählen konnten, was passiert war. Und ich wollte nach Hause. Mein Auto! Ich hatte keine Ahnung, wo es war, irgendwo am Waginger See, vermutlich abgeschleppt. Bei dem Gedanken fiel mir die Polizei ein. Die würden wissen, was mit der Karre war. Also, irgendwie nach Hause kommen, Menschen treffen, Polizei aufsuchen, mein Auto zurückverlangen, ein neues Bild für meinen Führerschein, meine Ausweise … ich stöhnte innerlich auf, als mir meine völlig unmögliche Lage klar wurde.

Aber ohne Hilfe kam ich trotzdem nicht weiter. Wo waren die Menschen nur? Ich wohnte in der Nähe von München, München war ganz sicher nicht verlassen, München war eine Millionenstadt. Ich musste also irgendwie nach München kommen, und am besten gleich noch nach Hause. Ich hatte damals ein Apartment in der Nähe von Riem, ein kleines Kaff mit dem Namen Aschheim. Sie wissen schon, bei Riem, wo mal der Flughafen war und jetzt das große Messegelände.

Ein Auto für den Weg dort hin zu stehlen, der Gedanke behagte mir irgendwie dann doch wieder nicht, das war schon noch mal etwas anderes als ein paar Lebensmittel zu stehlen. Ich musste mich aber für die Reise ausrüsten und mir das Notwendigste aus den Läden hier borgen und hoffen, dass mich niemand dabei erwischte. Was ich aber angesichts der fehlenden Leute für relativ unwahrscheinlich hielt.

Viel mehr Sorgen machte mir eigentlich die Tatsache, dass nicht deutlich mehr geplündert worden war. Was hielt die Leute davon ab, sich den Kram zu holen? Eine biologische Katastrophe? Irgendetwas sehr Gefährliches und Unsichtbares hielt sie vielleicht davon ab, Strahlung oder Kampfmittel oder so etwas in der Art. Dem ich mich dann gerade unwissend aussetzte. So bald wie möglich aus der Gegend zu verschwinden war ganz sicher eine gute Idee für mich. Aber nicht ohne Schuhe und nicht ohne wenigstens ein bisschen Ausrüstung.

Einen Fahrradladen fand ich zu meiner Freude als Nächstes, als ich weiter die Straße entlang lief, neue und schicke Fahrräder waren erwartungsgemäß überall in dem Laden verteilt. Ein Fahrrad war sicherlich ein tolles Fortbewegungsmittel, also betrat ich den Laden. Ein geländegängiges Mountainbike war schnell ausgesucht, und ab da war ich wenigstens schon mal deutlich schneller als vorher unterwegs.

Ich fuhr die Straße ein wenig hoch und fand dort einen Sportladen. Ich war begeistert, das war echt ein Glücksfall. Hier würde ich sicherlich alles finden, was ich gerade brauchte. Ich ging hinein, und der Laden war fast unversehrt. Als Erstes weckte eine Latte zum Messen der Körpergröße meine Aufmerksamkeit, das interessierte mich doch, wie groß ich jetzt eigentlich war. Ich stellte mich an die Messlatte und schob das gepolsterte Holzstück auf meinen Kopf. Ich war fast zwei Meter groß, das waren fast 20 cm mehr als früher, und das als Frau. Ich wiederholte die Messung zwei Mal, um ganz sicher zu gehen, dass ich keinen Fehler gemacht hatte, bis ich endlich glaubte, was die Latte mir da erzählen wollte.

Ich zuckte mit den Schultern, das war nichts, was ich zurzeit ändern konnte, stattdessen sah ich mich weiter um. Der Laden hatte wirklich alles Mögliche zum Thema Sport, und dann noch etwas, was ich hier überhaupt nicht erwartet hatte.

An einer Wand hing doch tatsächlich zu meiner großen Überraschung ein uraltes Samuraischwert. Der Preis, der daran hing, war geradezu lächerlich hoch, mein Auto war deutlich weniger wert gewesen. Ich nahm es herunter und testete kurz die Balance, es schien mir in Ordnung zu sein. Natürlich verstand ich nichts von Schwertern, es war aber deutlich besser als gar keine Waffe. Meine Fechtstunden waren zwar schon eine Weile her, vierzehn Jahre oder so, aber das musste reichen. Ich kam mir merkwürdig vor, auch ein wenig peinlich berührt, aber aus irgendeinem Grund erschien es mir richtig so. Das Schwert kam mir wichtig vor, ich fühlte mich sicherer damit.

Für einen kurzen Moment wurde mir wieder schwindelig, ich sah mein altes Ich vor einem Rechner sitzen und jetzt mich in diesem Laden dagegen, und mir knickten fast die Beine weg. In meiner alten Welt gab es sicherlich Männer, die Frauen gut behandelten. Aber es gab auch ziemlich viele, die es nicht taten. Ich war mir bei diesen Gedanken gar nicht so sicher, ob ich überhaupt anderen Menschen begegnen wollte, jedenfalls nicht so, wie ich jetzt war. Ich ballte die Fäuste, schlug mir auf die Oberschenkel und riss mich zusammen.

Ich sah mich weiter in dem Laden um und suchte mir neue und passendere Kleidung aus. Sporthosen und Jeans extra lang und ein paar hübsche T-Shirts und dann noch Funktionsunterwäsche. Einen Schlafsack und einen Rucksack fand ich ebenfalls. Feste Wanderstiefel waren auch im Angebot. Es machte eigentlich ziemlich viel Spaß, einmal nur die teuersten Gegenstände auszusuchen. Ich deckte mich also mit allem ein, was in den Rucksack passte.

Zwei Trinkflaschen steckte ich ebenfalls ein, falls ich mal eine Weile ohne Wasser auskommen musste. Genauso wie ein Feuerzeug, einen Campingkocher und Campingbesteck. Eine Karte der Gegend fand ich auch, ich war also bestens gerüstet. Der Rucksack erschien mir am Ende nicht einmal sonderlich schwer, obwohl ich mittlerweile doch einige Dinge darin hatte. Ich entschloss mich, im Moment eine dünne und flexible Jeans zu tragen, die mir ideal zum Fahrradfahren erschien, es war ziemlich warm.

Ich breitete die Landkarte aus und untersuchte den Weg, den ich nach München zu nehmen gedachte. Immer der Bundesstraße entlang, deutlich nördlich am Chiemsee vorbei, Trostberg, Obing, Wasserburg, Gräfing, irgendwie so. Ich schätzte die Strecke auf gut 100 km. Mit dem Fahrrad würde ich in gut drei Tagen locker dort sein, vielleicht würde ich es sogar in zwei schaffen. Wenn ich einigermaßen fit war, aber sogar in meinem alten Körper hätte ich die zwei Tage eventuell geschafft. Also bestimmt. Vermutlich. Vielleicht. Habe ich Stubenhocker schon erwähnt?

Essen konnte ich mir unterwegs kaufen oder schlimmstenfalls stehlen, da machte ich mir nach den Erfahrungen hier am wenigsten Sorgen. Ein wenig Bargeld hatte ich noch.

Gerade als ich mich auf den Weg machen wollte, machte ich doch noch einmal vor einem fremden Wagen halt. Ich überlegte es mir spontan anders und schob auch meine letzten Hemmungen beiseite, mit einem Wagen wäre ich in einer Stunde, maximal zwei in München, und nicht in zwei Tagen. Wie schwierig konnte es schon sein, einen Wagen kurzzuschließen?

Ich versuchte mich an ein paar Autos und fand schließlich ein offenes. Ich besorgte mir Werkzeug aus einem der Häuser und machte mich an die Arbeit. Der Wagen sprang nicht an, also versuchte ich es bei ein paar weiteren, nirgends hatte ich Glück. Irgendwann gingen mir die Wagen in dieser Straße aus, die beschädigten wollte ich gar nicht erst versuchen. Vielleicht mit einer neuen Batterie, nur woher nehmen? Ich wunderte mich ziemlich über ein Detail - normalerweise sprangen elektrische Funken über, wenn man die Kabel ungeschickt berührte. Hier passierte jedoch gar nichts in der Art, als wären die Batterien alle völlig entladen.

Also musste ich mich mangels Alternativen doch mit dem Fahrrad bis zum nächsten Dorf durchschlagen, irgendwann musste ich ja mal auf Menschen treffen. Vielleicht bekäme ich dann auch ein paar Antworten auf meine Fragen. Ich drehte in Waging eine letzte Runde, rief laut und versuchte noch ein letztes Mal, jemanden zu finden. Ich fand schließlich auch jemanden oder besser: etwas. Eingroßer Pudel stand plötzlich vor mir, wie aus dem Boden gewachsen. Sein Fell war viel zu lang, völlig zerzaust und verfilzt, er war etwas mehr als einen halben Meter groß. Seine Augen waren blutunterlaufen, und er knurrte mich bösartig an. Ich bremste sofort ab und blieb stehen, der Hund war mir unheimlich. Er hatte Schaum vor dem Maul, ich vermutete Tollwut oder etwas in der Art. Ich drehte ganz langsam das Fahrrad um, um ihn nicht zu provozieren, ich wusste genau, er würde mir hinterher kommen, sobald ich floh. Jetzt half nur noch Schnelligkeit, sonst würde mich das Vieh erwischen.

Ich stieg wieder auf und trat richtig fest in die Pedale, zum Glück war ich in einem kleinen Gang, schaltete aber schnell höher. Der Pudel war losgerannt, sobald ich anfuhr. Ich blickte mich voller Panik nach ihm um. Der Hund jagte mir bellend und knurrend hinterher und kam schnell näher. Er schnappte erst nach dem Reifen, dann nach meinem Fuß, als er mich endlich hatte. Verzweifelt ersuchte ich, ihn wegzutreten und gleichzeitig dabei seinen Zähnen nicht zu nahe zu kommen, das war nicht der richtige Zeitpunkt für eine Krankheit wie Tollwut. Plötzlich kam aus einer Seitenstraße noch ein Hund, der dem Pudel ganz ähnlich sah, auch er war halb verhungert und hatte blutunterlaufene Augen. Er war deutlich größer als der Pudel, es war ein deutscher Schäferhund. Jetzt jagten zwei dieser Viecher hinter mir her, mir liefen kalte Schauer den Rücken hinunter. Von Hunden getötet zu werden war kein schönes Ende. Der Pudel machte jedoch den letzten Fehler seines Lebens und schnappte nach dem Schäferhund. Der fiel den Pudel an und beide verkeilten sich in einem wütenden Kampf.

Ich trat, so fest ich konnte, in die Pedale und fuhr davon, auf dieses Schauspiel konnte ich gerne verzichten, ich wollte nicht warten, bis der Schäferhund den Pudel auseinandergenommen hatte. Hinter mir hörte ich das Krachen von Knochen, als brutale Kiefer zubissen, und das Jaulen des Pudels verstummte. Ich verließ Waging schließlich Richtung München fast genau so, wie ich angekommen war, angsterfüllt und benommen.

 

4 Der Aufbruch

 

Sobald ich den Ort verließ, überkam mich wieder eine neue Einsicht. Ich musste erst einmal absteigen, um irgendwie damit fertig zu werden. Der Grund dafür war meine neue Wahrnehmung der Natur und meiner Umgebung. Hier draußen ohne den ganzen Teer, den Beton und die Häuser, die die Natur ziemlich gründlich abschirmten, fühlte ich es noch einmal deutlicher als in der Stadt. Ich verließ die Straße und lief durch ein Feld, das Fahrrad als lästiges Anhängsel neben mir her schiebend. Nahe der Straße befand sich ein Bach, der von Bäumen gesäumt war.

Wie von unsichtbaren Schnüren gezogen bewegte ich mich darauf zu. Ich fühlte mich wie auf einen fremden Planeten versetzt. Das saftig und grün wachsende Feld, der glucksende Bach, die starken Bäume, die sich im Wind wiegten, die zwitschernden Vögel darin, die Insekten, die überall herumschwirrten. Ich war mir plötzlich allem um mich herum intensiv bewusst.

Die Natur um mich herum hatte sich zu etwas Freundlichem, etwas, was zu mir gehörte, gewandelt. Das Gefühl übermannte mich, in seiner Fremdheit und doch auch in einer sehr vagen aber trotzdem starken Vertrautheit. Ich ließ das Fahrrad fallen und ging zum Bach. Ich zog die Schuhe und die Hose aus und stieg barfuß in den Bach. Ich griff in den Schlamm und fühlte und fühlte. Der Schlamm war angenehm warm und weich, aber was mich wirklich beeindruckte war das reichhaltige Leben darin. Ich konnte es irgendwie fühlen, das Leben in dem Bachbett.

Ich streckte die Hände gen Himmel und fühlte nach dem Leben um mich herum. Vögel, Bäume, Insekten, die Pflanzen, sogar der Wind, der durch die Wipfel strich. Alles, was vorher einfach nur da und auch selbstverständlich war, hatte sich verändert. Es war zu etwas wirklich Wertvollem und Existenziellen geworden. Es war nicht mehr etwas, was man eventuell vielleicht durch Umweltschutz schützen sollte, sondern zu dem, was die Welt zusammenhielt, ohne das wir nicht existieren konnten. Etwas, was ein Teil von uns allen war. Etwas, was nun ein Teil von mir war.

Was ich vorher durch Wissenschaften und Aussagen von Fachleuten und Umweltexperten schon irgendwie auch gewusst hatte, das Alles war für mich jetzt völlige Gewissheit und das Wissen ein Teil von mir geworden. Ich hatte mich deutlich stärker verändert, als mir eben noch klar gewesen war. Wieder wurde mir klar: Es war nicht nur ein Wechsel des Geschlechts, es war sehr viel mehr.

Ich stapfte aus dem Bach heraus, setzte mich hin und gab mich diesen neuen und fremden Gefühlen hin. Ich streckte die Arme aus und ließ mich nach hinten fallen, und mitten in einem Stück Wiese irgendwo an einem völlig unwichtigen Bach im Nirgendwo erkannte ich plötzlich die Natur der Dinge. Ich fühlte mich eins mit dem Universum wie noch nie zuvor. Wie ein wirklicher Bewohner dieser Welt. Nicht wie ein Besucher in einer fremden Welt, so wie ich mich in meinem alten Leben manchmal gefühlt hatte. Sondern wie jemand, der endlich zu Hause angekommen war.

Diese Gefühle stürzten mich in tiefste Verwirrung, nicht nur, weil sie so fremd waren, nicht nur, weil das Innerste meiner Seele sie mehr als nur willkommen hieß, sondern vor allem auch wegen der Fremdartigkeit. Das war nicht mein Ich, nicht mein wahres Ich. Nicht das wirkliche Ich. Oder? Vielleicht war mein wahres Ich, tief in mir selbst vergraben, ja doch ganz anders, als ich immer dachte, vielleicht hatte sich mein wahres Ich einfach vor Computern und Schreibtischen tief in mir versteckt und nur auf die richtige Gelegenheit gewartet, hervorzukommen.

Irgendwann machte ich mich mangels Alternativen trotz allem einfach wieder auf den Weg. Es war mittlerweile früher Abend und ich musste mir noch einen Schlafplatz suchen. Ich hatte mir darüber nicht sehr viele Gedanken gemacht, es war schließlich mitten im Sommer und ich hatte einen guten Schlafsack.

Ganz alleine in dem menschenleeren Dorf hätte ich ganz sicher nicht übernachten wollen, da war mir hier draußen doch noch deutlich lieber und auch nicht so gruselig. Die Bäume in einem kleinen Waldstück dienten mir als Dach über dem Kopf und seit langem übernachtete ich wieder einmal im Freien. Es erinnerte mich an das eine Mal, als ich das nach einer ziemlich tollen Party gemacht hatte, es war damals ein tolles Erlebnis gewesen.

Ich rollte meinen Schlafsack und die Isomatte aus und kuschelte mich ein, musste den Schlafsack aber bald wieder öffnen, es war in dem Ding viel zu warm. Außer dem harten Boden fiel mir noch etwas auf. Es wurde nicht richtig dunkel, meine Umgebung war deutlich zu hell zum Schlafen.

Ich konnte aber sowieso nicht einschlafen, zu viele chaotische Gedanken gingen mir durch den Kopf. Die Geräusche des Wäldchens kamen mir unerträglich laut vor, lediglich die Gerüche waren unverändert. Ich lag auf dem Rücken und hielt mir meine Hände vor die Augen. Es waren schöne Hände, vielleicht ein wenig zu blass. Ich umgriff ein Handgelenk und drückte zu, so fest ich konnte. Es waren auch kräftige Hände, viel kräftiger als früher, obwohl sie so schlank waren.

Die Finger waren zierlich, die Nägel relativ kurz geschnitten. Ich spreizte die Finger und sah mir die Sterne und den Himmel durch die Lücken an. Der Himmel war so farbenfroh, ich erkannte bei jedem Stern die Farbe, was mir früher nie gelungen war. Der Anblick war unvergleichlich schön. Ich streckte ein Bein in die Luft und betrachtete meinen Fuß. Dann das andere Bein dazu. Das Gleichgewicht zu halten war seltsam leicht, ich brauchte nicht einmal darüber nachzudenken.

Eins musste ich trotz allem zugeben, es hätte für mich deutlich schlimmer kommen können. Ich berührte meine Brust und die Stelle zwischen meinen Beinen. Es fühlte sich jedoch einfach zu fremdartig an, ich zuckte zurück. Das musste definitiv warten, damit würde ich mich später auseinandersetzen. Irgendwann gelang es mir einzuschlafen, nachdem ich mir mein T-Shirt über die geschlossenen Augen gelegt hatte, das dämpfte endlich das Licht der Nacht.

Ich erwachte kurz nach Sonnenaufgang durch das laute Vogelgezwitscher, ich hatte so gut wie schon lange nicht mehr geschlafen und fühlte mich einfach großartig. Diese Reise hätte ein richtiger schöner kleiner Urlaub sein können, wäre da nicht die Ungewissheit um das gewesen, was den Leuten passiert war.

Ich blickte durch den Wipfel des Baumes, unter dem ich geschlafen hatte, in den strahlend blauen Himmel über mir und fragte mich neugierig, was die Zukunft für mich wohl bereithalten würde. Für mich hatte sich alles verändert, mein altes Leben, ja sogar ich selbst waren komplett verändert, nichts war mehr so, wie es noch vor kurzem gewesen war. Aber ich sah neugierig dem entgegen, was das Leben für mich bereithalten würde.

Meine Gedanken waren nach wie vor ziemlich konfus, es ging mir jedoch schon etwas besser. Ich brauchte einfach mehr Informationen darüber, was eigentlich passiert war. Wesentlich mehr Informationen, als ich im Moment hatte, also wälzte ich mich aus dem Schlafsack und begann etwas dafür zu tun.

Das Fleckchen, das ich mir letzte Nacht ausgesucht hatte, war wirklich eine schöne Gegend, eine kleine Waldlichtung, durch die ein glucksender Bach hindurchfloss. Das Wasser war völlig klar, um den Bach herum hatte sich Gras und andere Vegetation angesiedelt, in der ich so gut übernachtet hatte.

Okay, also um genau zu sein, hatte ich in dem Gras und der Isomatte und dem Schlafsack übernachtet, was doch einen deutlichen Unterschied in Bezug auf Komfort machte. Irgendwie war ein Erwachen selbst in dieser Idylle mehr oder weniger nackt im vom Morgentau nassen Gras liegend nicht unbedingt das, was ich mir so erträumte, neue Naturverbundenheit und Romantik hin oder her.

Ich wusch mich am Bach, trank etwas Wasser und aß noch eine von den Dosen leer, die ich mir mitgebracht hatte. Auf dieser schönen Lichtung ein Feuer zu machen kam mir irgendwie wie eine Schändung vor, also ließ ich es bleiben und begnügte ich mich wieder mit Obst und verspachtelte eine Ravioli aus der Dose, nicht allzu lecker, so kalt.

Ich strich mit den Händen über das nasse Gras. Es fühlte sich alles so lebendig an. Um mich herum war so viel Leben, nicht wie in einer Wüste oder an den Polen, es gab hier Leben im Überfluss. Diese Tatsache wurde mir immer stärker bewusst. Im grünen Streifen des Planeten zu wohnen, wo sich das Leben so einfach entwickelte, nicht wie in den lebensfeindlicheren Gegenden, war ein echtes Privileg, das wir alle mit Füßen getreten hatten, das zumindest die meisten von uns ganz sicher nicht zu schätzen wussten. Nachdenklich starrte ich in den Bach und beobachte das Spiel des Lichtes auf der glitzernden Oberfläche.

Ich raffte mich irgendwann auf, packte mein Zeug zusammen und machte mich wieder auf den Weg, beschloss aber, die nächste Mahlzeit warm zu mir zu nehmen, Sakrileg, Privileg oder was auch immer. Die Straße wiederzufinden war nicht schwer, ich hatte die Lichtung leicht abseits der Straße gefunden und mich einfach zum Schlafen niedergelegt.

In einem kleinen Gang war das Feld bequem mit dem Rad zu schaffen, kurz darauf war ich wieder auf der Straße. Der Himmel zog sich bald danach zu, der Wechsel des Wetters kam sehr schnell und überraschend, so wie man es oft in den Bergen vorfindet. Kurz darauf fing es an zu regnen und ich musste absteigen, da mir das Wasser in die Augen lief und ich alles nur noch sehr verschwommen sah. Der Regen auf meinem Kopf und auf meiner Haut fühlte sich merkwürdig an, das Wasser war so weich und angenehm warm. Es fühlte sich so schön und zärtlich auf meiner Haut an, es war schon fast eine erotische Erfahrung. Ich ließ das Fahrrad fallen und legte den Rucksack dazu.

Dann reckte ich mein Gesicht dem Himmel entgegen, breitete die Arme aus und fing so viele der Regentropfen auf, wie ich konnte. Ich drehte mich im Kreis und fing an zu Musik des Regens auf der Straße zu tanzen. Alle Sorgen und Ängste waren für einen Moment völlig vergessen. Ich fühlte mich so leicht, unbeschwert und glücklich wie noch nie zuvor. Ich zog das T-Shirt aus, um die Regentropfen direkt auf meiner Haut zu spüren. Ich drehte mich, ich wirbelte umher und genoss meine so einfach mitspielende Muskulatur und den unglaublichen Gleichgewichtssinn beim Tanz. Ich tauchte unter diesen Regentropfen hinweg, um jene anderen dann wieder mit offenen Armen willkommen zu heißen. Dann blieb ich wieder stehen, sah in den Himmel und streckte die Zunge heraus. Ich genoss den Augenblick mit vollen Zügen. Ich konnte nicht ahnen, dass dies der letzte unbeschwerte Moment meines Lebens bleiben sollte.

Irgendwann ließ der Regen nach und ich sammelte mein T-Shirt wieder ein und zog mich an. Ich musste über mich selbst lachen, ich konnte eigentlich nicht einmal sehr gut tanzen, aber es hatte mir trotzdem viel Spaß gemacht. Ich fühlte mich wohl, mir war trotz der nassen Kleidung nicht kalt. Der Rucksack war wasserdicht, wie ich zu meiner Erleichterung feststellte. Ich schnallte ihn wieder an und hob das Fahrrad auf. Ich fuhr weiter, immer der Straße entlang Richtung München, wo ich mein Schicksal erhoffte und vermutete.

 

5 Eine unangenehme Überraschung

 

Irgendwann sah ich vor mir eine einsame Gestalt, die mir zu Fuß entgegenkam. Sie hatte eine ziemlich breite Statur und war eher klein, bestimmt fast zwei Köpfe kleiner als ich.

Bald darauf wurde mir klar, dass die Gestalt in einem ordentlichen Tempo rannte und schnell näherkam. Es war ein wirklich merkwürdiger Anblick, die Haut des Wesens, ich wusste wirklich nicht, wie ich es sonst nennen sollte, war dunkelgrün. Die Kleidung war abgerissen und schmutzig. Es hatte kaum Haare. Die Eckzähne standen hervor wie zwei Hauer, und zwar die unteren zwei Eckzähne, nicht die oberen, wie man es von wilden Tieren her kannte.

Das Geschlecht war nicht feststellbar, aber die Vorstellung, dass es weiblich war, war einfach so abstrus für mich, dass ich erst mal annahm, dass es ein Mann sein musste. Wobei menschlicher Mann ganz sicher auch nicht zutreffend war.

Seine Brust war mit einem Lederpanzer geschützt, und zwar nicht mit einen, der so schön wie in den Hollywoodfilmen aussah, sondern mit einem sehr grob zusammengeschusterten und verdreckten. Das Leder bestand aus mehreren Schichten und war sehr dick. Teilweise war der Panzer noch durch Metall und Gummiteile von Autoreifen verstärkt.

Er blieb endlich in einiger Entfernung vor mir stehen und versuchte offensichtlich wohl mich einzuordnen. Er starrte mich ziemlich blöde an, er wusste offenbar überhaupt nicht, was er mit der Situation machen sollte. Man sah deutlich, wie sein Gehirn zu arbeiten anfing, der Hellste war er ganz sicher auch nicht.

Dann setzte er an, zu sprechen, wobei ich mir nicht sicher war, ob seine Stimme, die sehr tief und dunkel war, oder die Tatsache, dass er überhaupt sprechen konnte, für mich erschreckender war. Als ich nicht reagierte, schrie er mich laut in einer unbekannten Sprache an, sie klang ein wenig wie Russisch, fand ich. Ich antwortete ihm und erklärte ihm, dass ich ihn nicht verstand. Er schrie noch etwas, worauf ich ihm wieder erklärte, dass ich seine Sprache nicht verstehe, schon etwas gereizter. Ich streckte die Hände mit den Handflächen nach unten aus und versuchte ihn ein wenig zu beruhigen.

Statt einer Erwiderung zog er zu meinem Entsetzen ein riesiges Schwert hinter seinem Rücken hervor. Es war wie sein Panzer sehr roh bearbeitet, eher schon eine schwere Stahlleiste mit Griff, und sah ziemlich bösartig und gefährlich aus. Dann stürmte er auf mich zu.

Ich drehte das Fahrrad um und trat so fest ich nur konnte in die Pedale, dummerweise war ich noch in einem ziemlich hohen Gang und es tat sich fast gar nichts. Auf einmal hörte ich mit Schrecken ein lautes Krachen, dann trat ich ins Leere. Ich schaute nach unten, die Kette war gerissen. Einen Moment lang war ich völlig geschockt und regungslos. Mein Gesichtsausdruck war jetzt vermutlich nicht viel intelligenter als seiner vorher.

Dann reagierte ich rein instinktiv. Ich sprang vom Fahrrad, ließ meinen Rucksack fallen und versuchte verzweifelt, das alte Samuraischwert herauszuziehen bekam aber den bescheuerten Rucksack nicht auf. Panikerfüllt gelang es mir endlich, die Schnüre zu lockern und ich bekam den Griff zu fassen. Ich zog sofort die blitzende Klinge.

‚Toll, und was jetzt?‘, dachte ich mir, das ungewohnte Schwert ungeschickt in der Hand. Er stürmte auf mich zu und wusste anscheinend genau, was er tun musste. Ich versuchte seinen Angriff zu parieren und trat beiseite, um ihm gleichzeitig auszuweichen. Seine Klinge prallte auf Meine und mir wurde fast der Arm aus den Gelenken gerissen.

Ich griff mit der zweiten Hand ebenfalls an den Schwertgriff und schalt mich einen Narr. Eine Närrin. Als er zum zweiten Schlag ausholte, versuchte ich den wieder zu parieren, ebenfalls, mit mehr Glück als sonst etwas, wieder erfolgreich. Allerdings wurden mir so langsam die Arme und Hände taub.

„Warum kämpfst du mit mir, ich habe dir nichts getan!“, rief ich ihm zu, aber er kämpfte verbissen weiter und starrte mich hasserfüllt an.

Er brüllte mir noch etwas in seiner Sprache zu, was ich wieder nicht verstand. Ich versuchte ihn nun zu treffen, aber meine Klinge prallte völlig wirkungslos an seiner Lederrüstung ab. Ich konnte gerade nur noch das Schwert für seinen nächsten Schlag hochreißen, dann wurde mein linker Arm fast völlig taub, so fest hatte er zugeschlagen.

Mir wurde klar, dass ich den Kampf bald beenden musste, oder es würde mein erster und letzter Schwertkampf werden. Meine Arme und Handgelenke schmerzten wie Feuer und wurden immer schwerer, vor allem weil ich seine Schläge so ungeschickt abwehrte. Mein Glück war nur, dass er wohl auch kein Meister im Fechten war. Aber er hatte sehr viel Kraft in seinen Schlägen und die deutlich schwerere Waffe.

Dann durchfuhr mich ein stechender Schmerz im linken Arm, es brannte wie Feuer. Offenbar hatte sein letzter Schlag mich gestreift, er sah das Blut fließen und grinste mich furchterregend an, siegessicher. Er holte hinter seinem Kopf weit aus und ließ die Klinge auf mich herunter sausen.

Dem Schlag konnte ich stolpernd mit sehr viel Glück nach rechts ausweichen, ohne die Balance völlig zu verlieren. Er hatte weniger Glück als ich, von seinem Schwung vorwärts getragen kam er ins Straucheln und fiel auf die Knie. Ich sah eine ungeschützte Stelle an seinem grünen Hals über der Lederrüstung, in die ich das Samuraischwert stach. Es war fast wie ein kleines Wunder, ich verfehlte die Stelle trotz der krummen Klinge nicht.

Der Treffer fühlte sich für mich sehr merkwürdig an, ich konnte fühlen, wie ich seine Halswirbel durchtrennte, fast so als wären es meine eigenen. Der Schmerz durchzuckte mich, als wäre es mein Halswirbel, der durchtrennt wurde. Als ich die Klinge wieder herauszog, schoss sehr viel Blut aus der Wunde, sehr unwirklich aussehendes dunkelgrünes Blut. Ungläubig fasste er sich an den Nacken und drehte sich zu mir um.

Ängstlich wich ich einen Schritt zurück. Ich werde seinen ungläubigen Blick für den Rest meines Lebens nicht vergessen, er blickte mich aus weit aufgerissenen Augen an, die Aggression, die vorher sein Gesicht beherrscht hatte, war völlig verschwunden. Dann brach sein Blick, und er war bereits tot, als er am Boden aufschlug.

Ich fiel auf die Knie und übergab mich. Ich hatte einen Menschen getötet! Nicht ganz Mensch, aber auf jeden Fall ein denkendes und fühlendes Wesen. Es war so oder so zu viel für mich, ich musste einfach träumen, das konnte nicht die Realität sein. Wieder fing ich an zu weinen. Mein neuer Hormonhaushalt schaffte es immer wieder, mich völlig zu verwirren, früher hatte ich bei Gefühlsausbrüchen deutlich gelassener reagiert.

Allerdings hatte ich auch noch nie zuvor einen Menschen getötet.

Ich konnte mich einfach nicht an meine neuen Körperfunktionen und Reaktionen gewöhnen, irgendwie fühlte sich alles falsch und ungewohnt an. Wie ein Schuh, der einfach nicht passen wollte. Ich hatte vorher noch nicht einmal einen Fisch getötet, das größte waren Insekten.

Er tat mir leid, obwohl er gerade versucht hatte, mich zu töten. Ob er Familie hatte, Kinder, eine Frau? Ich sah meine Hand an und dann die Seine. Es hatte vor der Umwandlung so etwas wie ihn nicht gegeben, da war ich mir ganz sicher, genauso wenig wie so etwas wie mich. Ob er auch einst ein Mensch gewesen war? Er hatte sich bestimmt ebenfalls verändert, genau wie ich, was uns zu Leidensgenossen machte.

Sein Schicksal war jedoch das deutlich schlimmere, und jetzt war er tot. Warum hatte er mich nur angegriffen? Trotz meines Ekels fing ich an, den toten Körper zu durchsuchen, was keine leichte Aufgabe war, ein paar Mal war ich kurz davor, mich wieder zu übergeben. Ich brauchte jedoch nichts dringender als Informationen.

Ich griff nach seinem Schwert, das ich zu meiner Überraschung recht gut schwingen konnte; aber leider fühlte es sich zu unausgewogen an, um für mich wirklich nützlich zu sein. Ich war mit dem Samuraischwert deutlich besser dran. Das Metall war offensichtlich Stahl, aber kein besonders guter, soviel konnte ich an den leichten Rostspuren erkennen.

Unter seiner Kleidung und der Lederrüstung fand ich eine Schriftrolle, die mich doch sehr verwunderte, wer benutzte heutzutage noch Schriftrollen anstatt eines Briefes oder etwas anderes Modernes? Die Schrift war für mich leider nicht lesbar, ich hob sie trotzdem auf. Die Buchstaben waren auf jeden Fall nicht römischen Ursprungs, vielleicht kyrillisch oder so etwas in der Art.

Ich fand ebenfalls einige Nahrungsvorräte in einem Beutel, die das Wesen am Gürtel trug, die sahen eigentlich recht essbar aus, irgendwas Getrocknetes. Ich probierte einen kleinen Bissen, es hatte die Konsistenz von geräuchertem Fleisch, vielleicht Rind, es war jedenfalls essbar.

Seine Kleidung war nicht nur abgetragen und verdreckt, sondern stank noch dazu zum Himmel. Ich war unsicher, was ich mit der Leiche tun sollte. Ich hatte keinen Spaten oder etwas in der Art dabei, fand jedoch am Gürtel des Wesens einen Klappspaten. Ich beschloss, es zu beerdigen, die Erde am Straßenrand war locker und es war sicher machbar.

Es wurde aber dann doch eine ziemliche Plackerei, ich musste einige Steine ausbuddeln. Nach mehreren Stunden war das Loch endlich groß genug und ich rollte den Körper hinein. Dann bedeckte ich den Leichnam mit der Erde und den Steinen aus dem Loch.

Ich war völlig verdreckt und verschwitzt. Ich fragte mich, ob mein alter Körper das überhaupt hinbekommen hätte. Ich versuchte mich an ein Gebet zu erinnern, ich bekam jedoch nur ein halbes Vater Unser zusammen, also sprach ich noch unbeholfen die Worte Kyrie Eleison über seinem Grab.

Dann wurde mir klar, was ich da gerade vollbracht hatte. Das Wesen war ungeheuerlich kräftig und muskulös, und trotzdem lag er jetzt vor mir in seinem Grab und nicht ich. Mein altes Ich wäre nicht annähernd kräftig genug gewesen, ich war also deutlich stärker als früher. Was ich eigentlich gleich vermutet hatte, als ich den Rucksack zum ersten Mal angehoben hatte. Trotz der Unterernährung.

Ich untersuchte die Wunde, die ich am Arm hatte. Es fühlte sich weniger schmerzhaft als erwartet an, und sah auch nicht sehr tragisch aus. Ich entschloss mich das Ganze einfach an der Luft zu lassen, nachdem ich die Wunde provisorisch gereinigt hatte. Es floss kaum Blut, und ich dachte mir, den Rest wird schon dein Körper erledigen, wobei ich hoffte, dass das auch für meinen neuen Körper galt.

Der, wie ich vermutete, der Körper einer Elfe war. Man konnte mein Äußeres ziemlich sicher mit einer vergleichen, sehr feingliedrig, spitze Ohren, hochgewachsen. Was wusste ich über Elfen? Eigentlich gar nichts, nur was ich aus Märchen und Romanen wusste, und das war alles sehr widersprüchlich, außerdem gab es doch in der Wirklichkeit keine Elfen!

Sich selbst zu belügen machte aber auch keinen Sinn, ich musste mir nur an die Ohren oder an die Brüste fassen, um mir klar zu machen, dass es sehr wohl die Wirklichkeit war. Ich wusste jetzt auch, dass es offensichtlich nicht nur mich erwischt hatte, andere Menschen waren auch verändert, meine Welt kannte keine Wesen wie jenes, das ich gerade verbuddelt hatte.

Woher hätten sie sonst kommen sollen.

Mein Fahrrad war leider irreparabel, die Kette war gerissen, wie ich schon vermutet hatte. Ich setzte also meine Reise zu Fuß fort und ging weiter die Straße entlang in Richtung Westen. Immer in der Hoffnung, jemanden zu finden, der ein wenig hilfsbereiter war, oder wenigstens gesprächiger.

Diesmal befestige ich das Schwert so, dass ich es jederzeit erreichen konnte, vor allem schneller als beim letzten Mal. Beim Marschieren bemerkte ich bald, dass die Wunde unglaublich schnell verheilte und schon nach einer Weile kaum noch Schmerzen verursachte.

Ich wechselte irgendwann von der st2105 auf die st2104, Richtung Otting, also erst einmal nördlich, ich wollte einen Berg im Westen umgehen, auf dem keine Straßen verzeichnet waren. Ich fluchte leise, als ich die Karte überprüfte, es hätte von Waging auch eine direkte Straße nach Otting gegeben, die ich jedoch durch meinen überhasteten Aufbruch wohl übersehen hatte.

Nach einer ganzen Weile erreichte ich Otting. Ich fühlte mich kaum müde, der neue Körper hatte einige Vorteile, und das, obwohl ich nach dem monatelangen Koma völlig untrainiert war. Ich fühle mich so fit wie noch nie zuvor, ich lief trotz des schweren Rucksacks leichtfüßig die Straße entlang. Das Dorf war relativ klein und lag eigentlich ziemlich genau auf meiner Strecke Richtung Chiemsee, ich ärgerte mich erneut wegen des Umwegs, der Grüne könnte noch leben, wenn ich nicht so dämlich gewesen wäre.

Das Dorf war menschenleer, genau wie das Letzte, keine einzige Seele war zu sehen, keine spielenden Kinder, niemand in den Fenstern, einfach nur nichts. Die Häuser die ich durchsuchte waren ebenfalls leer. Das Dorf hatte eine kleine Kirche, die ich von der Hauptstraße aus leicht sehen konnte.

Ich hielt auf die Kirche zu, in der Hoffnung, dass sich vielleicht dort jemand versteckt hatte. Die Häuser waren typisch für die bayrische Architektur, teilweise wieder wunderschön bemalt, viele aber auch reinweiß, ein typisches idyllisches bayrisches Dörfchen.

Dort angekommen sah ich mir die Gegend um die Kirche herum an. Doch die Idylle nahm ein jähes Ende, blankes Entsetzen, grenzenloser Schrecken und eisige Furcht durchfuhren mich - ich fand Hunderte von skelettierten Leichen, tote menschliche Körper.

Sie waren alle in dem kleinen Friedhof vor der Kirche auf einer Stelle gestapelt, offensichtlich zum Massenbegräbnis vorbereitet, welches aber nie stattgefunden hatte. Viele Gräber auf dem Friedhof waren noch dazu sehr frisch, etwas Furchtbares musste hier passiert sein.

Ich hatte noch nie so viele tote Menschen gesehen, wobei einige der toten Skelette wirklich ungewöhnlich aussahen. Manche waren sehr kleinwüchsig, und manche wieder ähnelten eher dem Wesen, das ich auf der Straße getötet hatte, jedenfalls schloss ich das aus den Hauern.

Alle Leichen waren fast vollständig skelettiert, sie waren also schon eine ganze Weile tot. Ich sah auf den ersten Blick keine Elfentypen wie mich, allerdings wollte ich auch nicht genauer nachsehen und hatte keine Ahnung, ob man von den Knochen her überhaupt einen Unterschied sah. Vermutlich eher nicht, ein paar der längeren Skelette konnten also durchaus auch Elfen sein.

Die allermeisten waren ganz normale Menschen. Es musste doch irgendwo auch noch lebendige Menschen geben, die Leichen waren auf jeden Fall von irgend jemandem hier hergebracht worden, irgend jemand musste doch noch überlebt haben, mit dem ich mich darüber unterhalten konnte, was passiert war!

Ich betrat die Kirche, vielleicht fand ich dort etwas, das mir weiter half. Ich öffnete die Flügel der Tür, sie war nicht verriegelt, und betrat den großen Raum.

Es war nicht das geringste Lebendige zu sehen, aber ich fühlte ein Kribbeln zwischen den Schulterblättern, das mir langsam den Rücken herunter kroch. Ich stellte meinen Rucksack ab und nahm das Samuraischwert heraus. Ich zog es nicht aus der Scheide, ein Schwert in einer Kirche kam mir auch so schon unpassend vor.

Die langen Reihen der Holzbänke waren deutlich zu erkennen, sie waren aus irgendeinem sehr dunklen Holz gemacht, vielleicht sogar Eiche und stark abgenutzt. Das Holz glänzte in einem sehr dunklen Braun. Am Ende des Ganges stand der Altar, auf dem ein großes Kreuz aus Silber und Gold stand.

Das Gewölbe über mir war in einer einheitlichen Farbe gehalten und nicht besonders schön verziert, keine Da-Vinci-Deckenmalerei. Es musste eigentlich ziemlich dunkel in der Kirche sein, die Läden vor den großen Kirchenfenstern waren geschlossen, lediglich ein wenig Licht sickerte durch die Ritzen, ich konnte aber alles problemlos sehen, für mich war der Raum fast taghell.

Der Boden bestand aus tönernen Fliesen in einem dunklen Terrakottaton. Am Kopf der Kirche fand ich eine Tür, die in ein kleines Häuschen führte, das direkt an die Kirche gebaut wurde. Hier musste wohl einmal der Pfarrer gewohnt haben.

Ich untersuchte das Erdgeschoss, fand jedoch nichts Besonderes. Ein Stapel Zeitungen sagte mir nichts Neues, die Letzte war auf den Tag datiert, bevor ich die Besinnung verloren hatte. Irgendwer musste doch etwas darüber berichtet haben, aber es war nichts zu finden. Auch funktionierte keine Elektrizität, und alle Batterien, die ich fand, waren offenbar leer, eine Taschenlampe wäre nett gewesen.

Im oberen Stockwerk fand ich einen anscheinend menschlichen Mann, der tot in seinem Bett lag. Es war offenbar der Priester, der wahrscheinlich auch die Leichen aufgeräumt hatte, er war aber auch schon seit einiger Zeit tot und wie die Leichen unten fast vollständig skelettiert.

Ich wandte mich ab und rannte aus der Kirche, voller Panik und Ekel. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich den Mann nicht beerdigt hatte, aber ich konnte mich nicht dazu durchringen, in das Haus zurückzukehren oder mich auch nur dem Friedhof erneut zu nähern.

Ich beschloss, mich erneut mit dem Thema Auto zu beschäftigen. Die Suche nach einem funktionierenden Fahrzeug beschränkte ich diesmal auf die Suche nach einer Batterie, die noch genug Ladung hatte: Ich schlug die Fenster der Fahrzeuge ein, öffnete die Motorhaube und schloss die Batterie testweise mit einem Kabel kurz, aber nirgends wurde ich mit dem erhofften Funken belohnt.

Danach suchte ich mir eine funktionierende Dusche in dem Ort und wusch mich gründlich, das tat unglaublich gut, vor allem die Erde aus dem Grab war unangenehm auf der Haut und unter den Fingernägeln gewesen. Ich verbrachte die Nacht in einem einigermaßen sauberen Bett. Am nächsten Morgen, nach einem weiteren kalten Frühstück, stockte ich meine Vorräte auf und verließ das Dorf wieder, diesmal Richtung Kammer. Ein brauchbares Fahrrad fand ich leider nicht.

 

6 Dunkelheit und Feuer

 

Ich war schon eine Weile unterwegs, als ich auf der Straße einen Trupp von Leuten begegnete, die sich in militärischer Ordnung fortbewegten. Ich überlegte noch, dass das wohl kaum ein gutes Zeichen war, erhoffte mir jedoch nichts mehr als endlich Antworten auf meine Fragen zu bekommen. Also blieb ich auf der Straße und lief weiter dem Trupp entgegen.

Die Leute waren allesamt ziemlich klein, wie ich gerade noch erkennen konnte, viel kleiner als ich selbst. Der Führer des Trupps saß auf einem Pferd und ritt vor seinen Leuten. Dann sah ich entsetzt, dass die Haut dieser Leute genauso grün war wie desjenigen, den ich gestern getötet hatte.

Er spornte sein Pferd an, sobald er mich erblickte, rief etwas und die Meute fing an, schreiend auf mich zuzurennen. Es war vielleicht doch nicht die beste Idee gewesen, auf sie zuzugehen, zum Weglaufen war es jetzt dummerweise viel zu spät, außerdem war ich noch nie besonders gut im Laufen gewesen. Ich lief trotzdem, so schnell ich konnte, los, weg von der Straße auf eine Wiese, sprang über den Graben und rannte weiter. Offensichtlich hatte sich das mit dem Laufen mit meinem neuen Körper ebenfalls geändert, ich lief ziemlich schnell und ausdauernd.

Leider nützte es mir gerade trotzdem nicht wirklich viel, denn ich hörte das Pferd galoppierend und laut schnaubend hinter mir schnell näherkommen, nirgends war eine Möglichkeit zu sehen dem Pferd zu entkommen. Die Hufe des Pferdes auf der Wiese wurden immer lauter und dann sah ich für eine kurze Zeit den Himmel in hell grellen Flammen stehen, bevor es schließlich dunkel um mich herum wurde.

Als ich wieder aufwachte, war das Erste, was ich fühlte, Schmerz. Der ganze Körper tat mir weh, mein Gesicht fühlte sich an wie ein geschwollener Klumpen, ich konnte mich kaum bewegen. Mein Kopf tat mir weh, und als ich meinen Hinterkopf anfasste, fühlte ich eine ziemlich stark geschwollene Wunde und mein mit getrocknetem Blut verklebtes Haar. Der Typ auf dem Pferd hatte mich ziemlich brutal mit einer Keule oder etwas Ähnlichem niedergeschlagen, ich zuckte vor Schmerz zurück, als ich die Stelle fand, wo er mich getroffen hatte.

Ich lag auf dem Boden in einem Haus, soviel konnte ich sehen, ich war alleine in einem Zimmer. Man hatte es nicht für nötig befunden, mich zu fesseln. Mein ganzer Körper war mit Schnitten und Striemen übersät und ich war völlig nackt. Ich fühlte mich entsetzlich, zwischen meinen Beinen war der schlimmste Schmerz von allen, und was das bedeutete - ich wollte einfach nicht darüber nachdenken.

Frauen waren für mich mein Leben lang etwas Schützenswertes gewesen, ich sah sie als etwas schon fast Heiliges an. Auf Vergewaltigung und Misshandlung hatte ich schon immer mit grenzenloser Verachtung reagiert. Mir waren Männer, die so etwas taten, einfach zuwider. Und jetzt war ich selbst zum Opfer geworden! Ich konnte vor Zorn kaum denken, jemand hatte diesen Körper, den ich immer noch nicht ganz als den meinen ansehen konnte, auf das Schlimmste misshandelt, es kam mir fast wie eine Entweihung vor.

Ich wollte einfach nur weg, aus diesem Körper in meine alte Heimat, zurück in mein Leben, dass ich doch irgendwie immer noch einigermaßen genossen hatte. Ich wusste nicht, was ich hier sollte, was für eine Welt war das nur geworden. Ich bedeckte meine Blöße mit einem schmutzigen Bettlaken, dass ich in dem Zimmer auf dem Bett fand. Es war ein kleines Kinderzimmer, mit einer verspielten Tapete und jede Menge Spielzeug in den Regalen.

Dann öffnete sich die Tür, und herein kam eines dieser grünen Wesen. Er rief etwas in der unbekannten Sprache, die ich wiederum nicht verstand, mir war aber trotzdem klar, was er wollte. Ein Zweiter kam herein, und ging auf mich zu. Ich sah dunkelrote Schleier vor den Augen, vor Wut und Scham. Lieber wollte ich sterben als zuzulassen, dass diese Schweine diesen Körper weiter missbrauchten. Ich wich zurück, in einer Ecke des Zimmers und schrie laut auf. „Lasst mich in Ruhe, was wollt ihr nur von mir, ich habe doch nichts getan.“ Von draußen hörte ich ein dreckiges Lachen. Er ignorierte meine Schreie und kam näher, ich zitterte am ganzen Körper.

Er packte mich, zerrte mich an den Haaren hoch und schleuderte mich durch den Raum, mir kam es so vor, als wollte er mir den Kopf abreißen. Er packte mich mit seinem Arm um meinen Hals und hielt meine Arme fest, dann kam der andere näher. Er zog seine Hosen herunter und entriss mir das Laken, nackt und bloß lag ich vor ihm, und er griff nach meinen Beinen. Seine hässliche und abstoßende Fratze kam immer näher, er sabberte, die Hauer sahen aus der Nähe noch furchterregender aus.

Die roten Schleier vor meinen Augen wurden noch ein bisschen dunkler, ich war so zornig und wütend wie noch nie zuvor in meinem Leben. Ich konnte meinen Zorn fast körperlich spüren, mein Unterbewusstsein übernahm vollkommen die Kontrolle. Ich fühlte, wie mein Geist nach außen griff, und dann stieß ich nach dem Wesen. Ich spürte seinen Körper mit meinem Geist, und dann warf ich ihn voll panischer Angst weg von mir. Er flog durch den Raum, wie von einer riesigen und unsichtbaren Faust getroffen, und prallte gegen die Tür.

Der Körper flog weiter durch die Tür, sein Kopf blieb am Türrahmen hängen, so hart war der Aufschlag. Der Kopf wurde sauber abgetrennt, Blut spritzte aus der Wunde und dann prallte der Körper hart gegen die Wand des Flurs hinter der Tür. Die Steine gaben nach, und der kopflose Körper sackte auf den Boden.

Der andere, der mich festhielt, ließ mich fallen und blieb für einige Sekunden regungslos stehen, ich fiel nach hinten und konnte ihn wieder deutlich sehen. Sein Gesicht war völlig blutleer, dann rannte er schreiend aus dem Zimmer.

Ich blickte immer noch fassungslos auf die kopflose Leiche -wie hatte ich das bloß gemacht? Dann beherrschte mich nur noch ein Gedanke: Flucht. Ich musste sofort verschwinden, nichts wie weg von diesem Ort des Grauens. Ich blickte aus dem Fenster, aber es war zu hoch, um zu springen. Ich wickelte mich wieder in das Laken und verließ das Zimmer. Vorsichtig und ängstlich lief ich durch das Haus auf der Suche nach der Haustür. Ich lief die Treppe hinunter und sah den Ausgang aus dem Haus.

Es war anscheinend sonst niemand mehr in dem Haus, jedenfalls war niemand hinter mir her, also lief ich von meiner Angst getrieben sofort auf die Straße, genau so nackt, wie ich war. Ich kannte den winzigen Ort, es war Leopoldsberg, an dem Ort war ich vorbeigekommen, nachdem ich in Otting gewesen war.

Ich lief, so schnell ich konnte, in die Richtung Westen, in die ich schon mal zuvor gelaufen war, auf den Wald zu. Aus einem anderen Haus kam der Anführer des Trupps gelaufen. Er hob sein Gewehr und gab einige Schüsse in meine Richtung ab. Oft klickte es nur, sehr zuverlässig war seine Waffe zum Glück nicht.

Er musste öfter von Hand nachladen, um die nächste Patrone in den Lauf zu bringen. Ich rannte, so schnell ich nur konnte, auf einen angrenzenden Wald zu, ohne auch nur zurückzublicken. Um mich herum konnte ich die Kugeln hören, es war wie ein leises, tödliches Singen und das Pling beim Einschlag der Bleikugeln. Dann erreichte ich endlich den Wald und war fast in Sicherheit. Ich wollte schon aufatmen, als ich einen fürchterlichen Einschlag in meinem Rücken fühlte, der mich nach vorne schleuderte, direkt auf den weichen Waldboden.

Fassungslos starrte ich auf meine rechte Schulter, in der ein Loch so groß wie ein Handteller war, Blut floss wie ein kleiner Springbrunnen aus der offenen Wunde, das Fleisch war aufgerissen und ich konnte meine Knochen sehen, die teilweise zersplittert waren. Dann füllte sich die Wunde mit Blut. Der Schmerz blieb merkwürdigerweise aus, ich konnte aber fühlen, wie mein Leben aus mir heraus lief, mein ganzer Körper pochte wie ein Presslufthammer.

Ich kannte mich nicht mit Schussverletzungen aus, aber so etwas konnte nur von einem Dumdum Geschoss verursacht werden, da war ich mir sicher. So eine Verletzung war selbst in einem Krankenhaus äußerst kritisch, hier war sie absolut tödlich. Ich wusste in diesem Moment, dass ich hier in diesem Waldstück sterben würde. Der Gedanke war völlig klar in meinem Kopf und ich wusste, dass es die Realität war, meine letzte Realität.

Mein Leben lief wie ein rasend schneller Film vor meinen Augen ab. Ich fragte mich, was es für ein Sinn gehabt hatte, warum steckte ich in diesem Körper - nur, um darin zu sterben? Das war zu ungerecht, ich wollte weiterleben, es durfte so nicht enden, ich wollte von mir aus auch in mein altes Leben zurück und mich wieder mit Computern und meinem Job beschäftigen, aber nicht in diesem Wald sterben.

Dann kamen die roten Schleier vor meinen Augen zurück und mein Unterbewusstsein übernahm wieder die Kontrolle. Mein ganzer Körper fing an zu brennen. Ich fühlte mich, als ob mich jemand in glühende Lava getaucht hätte, der Schmerz sickerte durch meine Haut und durch mein Fleisch auf meine Knochen. Ich konnte mich nicht bewegen, keinen Laut von mir geben, obwohl ich mir die Seele aus dem Leib schreien wollte, ich konnte nur still auf dem Waldboden liegen und atmen, was mich alles an Konzentration kostete, die ich noch aufbringen konnte. Ich sah die Wipfel der Bäume, die sich sanft im Winde wiegten. Dann überwältigte mich der Schmerz völlig und ich sah gar nichts mehr.

Die roten Schleier schlossen sich um mein Blickfeld und alles, was ich sah, war ein grelles Rot. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, dann verebbten die Wellen des Schmerzes langsam. Dann waren sie vollkommen verschwunden. Wie auch alle anderen Schmerzen, die ich vorher in meinem Körper gefühlt hatte, ich war völlig ermattet, aber schmerzfrei. Ich tastete mich vorsichtig ab. Ich war über und über mit Blut bedeckt, aber an meiner Schulter war nur rosige, irgendwie frisch aussehende Haut, da, wo das Loch gewesen war.

Auch alle Striemen waren verschwunden, die Schnitte waren verschwunden und auch der Schmerz zwischen meinen Beinen war verschwunden, ich fühlte mich völlig geheilt und war nur noch furchtbar hungrig und durstig und unglaublich müde. Wie lange ich dort gelegen hatte, konnte ich nicht genau sagen, mein Zeitgefühl war mir abhandengekommen, als ich mich wie eine brennende Fackel gefühlt hatte; lange konnte es aber nicht gewesen sein. Ich kroch auf allen Vieren an den Baum heran und blickte in das Dorf zurück.

Der Trupp sammelte sich gerade zum Abmarsch, anscheinend wollten sie nicht mal nachsehen, was aus mir geworden war. Vermutlich hielt mich der Anführer für tot oder er wollte es nicht riskieren genauer nachzusehen, vielleicht hatte er seinen toten Mann inzwischen gefunden. Ich wollte nicht in das Dorf zurückgehen, auf keinen Fall, ich wollte einfach nur noch weg. Nach meiner Ausrüstung zu suchen wagte ich ebenfalls nicht aus Furcht vor den Grünen. Ich würde mir eben Neue besorgen müssen. Fast völlig nackt, nur mit einem Laken bekleidet, lief ich durch den Wald in Richtung Westen, irgendwie musste ich das nächste Dorf oder wenigstens ein Haus erreichen.

Ich kam nur langsam voran, als ich durch den Wald lief, ich musste vorsichtig gehen und wollte auch meine empfindlichen Füße nicht zu stark belasten. Meinen Durst konnte ich an einem kleinen Bach stillen, der glucksend einen Weg durch den Wald nahm. Grimmigen Hunger hatte ich jedoch nach wie vor. In dem Bach konnte ich aber wenigstens auch noch notdürftig das Blut abwaschen. Der Bach färbte sich rot, ich konnte es nicht fassen, dass ich diese Menge an Blut verloren und doch überlebt hatte. Ganz zu Schweigen von den anderen Verletzungen und dem völlig verschwundenen Loch in meiner Schulter.

Meine Heilung hatte mich aber auch sehr viel Substanz gekostet, ich konnte meine Rippen deutlich zählen, ich sah jetzt noch verhungerter als vorher aus. Mit knurrendem Magen ging ich weiter, bis ich den Wald verlassen musste. Eine Wiese lag vor mir und irgendwie kam mir die Gegend bekannt vor. Ich blickte mich vorsichtig um. Dies war die Wiese, auf der mich die Truppe überfallen hatte! Ich hoffte nur, sie waren weiter auf dem Weg nach Osten. Als ich anfing geduckt über die Wiese zu gehen, konnte ich die Spuren des Pferdes erkennen. Die Stelle, an der mich der Reiter niedergeschlagen hatte, war noch von vielen Füßen niedergetrampelt.

Ich wollte gerade meinen Blick schauernd abwenden und weitergehen, doch sah ich einen dunklen Fleck auf dem Gras. Ich ging näher und konnte meinen Rucksack erkennen! Was für ein ein unglaubliches Glück. Ich riss den Rucksack auf und öffnete gierig zwei der Dosen, ich bekam sie kaum auf, so stark zitterten meine Hände vor Hunger und Aufregung.

Sie hatten den Rucksack wohl einfach von mir heruntergerissen und beiseite geworfen, ohne ihn genauer anzusehen. Meine gesamte Ausrüstung war noch da, noch nicht einmal das Schwert hatten sie mitgenommen, es steckte im Rucksack. Ich wollte die Kleidung noch nicht anziehen, erst wollte ich mit Seife den Rest des Blutes von mir abwaschen. Ich zog nur eine Unterhose und ein T-Shirt an, die Unterhose färbte sich auch sofort rot.

Leider hatte ich keine Ersatzschuhe, ich musste also barfuß zum nächsten Dorf laufen. Keine angenehme Vorstellung, aber auf der Teerstraße wollte ich sowieso nicht mehr laufen, das kam mir jetzt viel zu gefährlich vor, eine sichere Distanz zur Straße war besser. Ich packte meinen Rucksack zusammen und verschwand von der Wiese, die mir auf einmal viel zu weit und zu offen vorkam, weiter zum nächsten Wald. Diesmal versuchte ich die Straße im Auge zu behalten, lief aber ein gutes Stück abseits und mied auch alle Waldwege.

Als ich endlich wieder auf einen Bach stieß, konnte ich mich richtig mit Seife waschen. Ich hatte das Gefühl, mich wieder und wieder waschen zu müssen, den Schmutz dieser Kerle abzuwaschen, hektisch, fast panisch. Irgendwann hatte ich das Gefühl einigermaßen sauber zu sein, vor allem auch im Schritt. Die Wunden waren zwar verheilt, aber der Hass und das Bewusstsein des Erlebten war noch da. Trotz meines Dursts nach Rache wusste ich aber genau, dass ich einen Angriff auf den Trupp nicht überlebt hätte, außerdem hatte ich viel zu viel Angst noch einmal mit diesen Typen eine Konfrontation zu suchen.

Meine Wut auf sie wurde mit jedem Moment stärker. So starke Emotionen waren neu für mich. Ich wusste, dass ich nichts mehr als Rache an diesen Kreaturen wollte. Ich stellte mir vor, sie wieder zu treffen und sie diesmal alle bis auf den letzten Mann zu töten. Dann schob ich jedoch diese Gedanken etwas beschämt beiseite, ich war eigentlich nie ein gewalttätiger Mensch gewesen. Jetzt hatte ich in einer Woche schon zwei fühlende und denkende Wesen getötet.

Ich zog mir die Kleidung an, die ich zum Wechseln in den Rucksack gepackt hatte, und beschloss erst mal weiterzugehen und mir einen Platz zum Übernachten zu suchen. Ich wollte einerseits, so schnell es ging, von den grünhäutigen Wesen weg, andererseits hoffte ich, insgeheim, dass sich irgendwann einmal eine Gelegenheit ergab, Rache zu üben. Ich hatte es also nicht zu eilig, sehr viele Kilometer zwischen uns zu bringen.

Dann erinnerte mich mein immer noch knurrender Magen wieder an meinen Hunger. Ich öffnete mir eine weitere meiner Dosen. Nach der Mahlzeit fühlte ich mich wieder einigermaßen bei Kräften und machte mich auf die Suche nach einem Schlafplatz.

 

7 Durch den Wald

 

Ich traf nach einer Weile in dem Wald auf ein einsames Haus, es hatte wohl einem Förster gehört, wie ich aus dem grünen Geländewagen schließen konnte, der vor dem Haus stand. Niemand reagierte auf mein Klopfen, es war wieder ein verlassenes Gebäude. Vorsichtig betrat ich das Haus mit gezogenem Schwert, nachdem ich die Tür eingetreten hatte, es war jedoch völlig leer. Etwas humpelnd, ich hatte mir bei dem Tritt den Fuß verstaucht, durchsuchte ich das Haus nach Waffen und Vorräten und wurde auch bald fündig.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739323671
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (Oktober)
Schlagworte
Drachen Elfen Althea Fantasy Ork

Autor

  • Derik Peterson (Autor:in)

Als großer Fan von Rollenspielen und dem klassischen Fantasy Genre ala Tolkien wollte ich schon immer einmal etwas über unsere Welt schreiben, die in die Situation versetzt wurde, dass Magie funktioniert. Ich spiele gerne mit Überraschungen und Wendungen, deshalb sind meine Geschichten nie ganz geradeaus. Mein Lieblingscharakter ist immer ein weiblicher Elf, deshalb ist Althea auch genau das geworden. Naja, fast. Es gibt ganz bestimmt noch mehr von mir zu lesen, also Ausschau halten.
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Titel: Das Erwachen