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Die Flucht des Gladiators

Gay Fantasy

von Kiran Coulets (Autor:in)
65 Seiten

Zusammenfassung

Sein „Liebhaber“, der sich schon für den neuen Imperator hält, möchte ihn am liebsten zum Gladiator ausbilden lassen. Ausgerechnet einen zarten Mann wie ihn! Dabei hat er sehr wohl magische Kräfte – aber lieber ergreift er die Flucht. An einem unerwarteten Ort funkt es mit einem anderen Mann, dem er vielleicht endlich sein kleines Geheimnis anvertrauen sollte …

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhalt

Sein „Liebhaber“, der sich schon für den neuen Imperator hält, möchte ihn am liebsten zum Gladiator ausbilden lassen. Ausgerechnet einen zarten Mann wie ihn! Dabei hat er sehr wohl magische Kräfte – aber lieber ergreift er die Flucht. An einem unerwarteten Ort funkt es mit einem anderen Mann, dem er vielleicht endlich sein kleines Geheimnis anvertrauen sollte …

*

Diese Geschichte wendet sich an ein ausreichend reifes Publikum. Es werden Handlungen dargestellt, die gefährlich sind und ein hohes Infektionsrisiko mit sich bringen können.

Prolog

„Was für eine beachtliche Leistung, Aurelius!“, sagte Turibius und klatschte immer noch, als er sich weiter annäherte.

„Oh, das …“

„Willst du nicht wie einer von denen sein? Ich traue es dir zu!“

„Ich weiß nicht …“

„Du solltest mich wirklich einmal in meine Villa begleiten. Deine Talente noch besser zum Einsatz bringen.“

„Turibius, ich habe Euch schon gesagt …“

„Du gehörst mir! Aber jetzt einmal …“

Alle traten sofort zur Seite, als sich Turibius umdrehte und sich dem Schanktisch zuwandte. Für Aurelius sah es nach einer guten Gelegenheit aus, die Taverne in dem ganzen Trubel zu verlassen. Der magische Fluss, der auch die Bildtransmission des Kampfes gerade wieder in Gang gebracht hatte, würde ihn schon schützen.

Der Gedanke an den Gesichtsausdruck von Turibius, und wie dieser mit der Zunge um seine Lippen geschleckt hatte, ließ ihn noch schneller dem Ausgang zustreben. Am besten, er ließ sich hier eine Weile nicht mehr blicken. Und noch besser, er benutzte nicht die Hauptstraße, wenn er sich in eine andere Stadt aufmachte.

Kapitel 1 – Die Zwischenwelt

Kurz vor dem Eingang hatte mich gerade irgendwas an meinen Traum in der letzten Nacht erinnert. Aber er blieb zu verblasst. Die Sonne brannte auf den Asphalt, und ich sah mich schon im kühlen Wasser. Ein Funke traf mich, ein Zucken, wie bei einer elektrostatischen Aufladung. Dabei hatte ich die Tür nicht einmal direkt mit den nackten Fingern berührt. Bei jeder der beiden Kassen standen vier Leute vor mir. Sonst standen die bis hinaus.

*

Stimmte die Temperaturanzeige oder schien da direkt die Sonne drauf? Ich suchte und fand eine Ablage für das Badetuch, das über meinen Schultern hing. Beim Gedanken an einen antiken Umhang fiel mir ein wenig von dem Traum wieder ein. Die Säule da draußen hatte wie antik gewirkt, obwohl sie wahrscheinlich aus den 1960ern stammte. Noch bevor ich auch nur zur Hälfte eintauchte, fühlte sich das kühle Wasser wärmer an. In der Mitte des Beckens merkte ich, dass ich schneller werden konnte und immer noch nicht müde wurde. Ich erreichte das Ende und drehte um.

Während ich aus dem Wasser trat, blockierte eine kleine Wolke das Sonnenlicht. Zumindest war für einen Moment ein Schatten über dem Gelände gelegen. Als ich nach oben sah, fiel mir aber keine auf. Ich wollte mich zum Trocknen einfach in diese Liegewiese stellen. Platz war zwischen einzelnen kleinen Gruppen genug, weil einige Leute bereits gegangen waren. Dieser Mann, der dort saß, fiel mir zum ersten Mal auf.

Ich spürte, wie mein Puls schneller wurde. Als würde ich immer noch schwimmen. Wie es aussah, war er so wie ich allein hier. Womöglich war er ein Student und einige Jahre jünger als ich. Seine Badehose war anscheinend aus irgendwelchem grobem Stoff. Fast wie ein umgebundenes Tuch. Er ließ seinen Blick umherwandern, als suchte er jemand oder etwas. Oder hatte gerade zum ersten Mal ein Schwimmbad gesehen.

Er würde es merken, wenn ich ihn noch länger anstarrte. Ich … konnte ja hier stehenbleiben, meinen Blick über das Becken schweifen lassen … und wieder nicht ganz direkt zu ihm. Nichts war von einem Badetuch oder T-Shirt verhüllt, sonst hätte ich die zarten Konturen von straffen Bauchmuskeln nicht sehen können.

So wie ich sah er sich um, konzentrierte sich manchmal auf bestimmte Dinge – verdammt! Bevor sich unsere Blicke womöglich gekreuzt hätten, wandte ich mich ab. Dachte daran, dass er jeden Moment aufstehen könnte. Als ich nachsah, war er noch dort. Mein Herzklopfen hatte sich immer noch nicht beruhigt, und ein Kribbeln bis in meine Fingerspitzen kam dazu.

Dieser Mann erhob sich – und ging auf mich zu. Toll, vielleicht fuhr er mich gleich an, warum … aber dafür war er viel zu zart. Er blieb stehen, sah doch woanders hin – und mein Kribbeln ließ nicht nach. Vielleicht packte er nun ebenfalls seine Sachen zusammen, die er irgendwo haben musste. Ich holte tief Luft, wieder einmal – und musste etwas tun.

Ich näherte mich, und meine Hände begannen zu zittern. Fühlte sich beinahe kalt an, obwohl die Sonne auf mich brannte. Zwei Meter stand ich nun von ihm entfernt und merkte deutlicher, dass er etwas kleiner als ich war. Ich schloss kurz die Augen, krampfte die Finger zusammen, trat noch einen Schritt näher …

„Äh, ich …“, begann ich zu sprechen und mein Herz zu rasen. „Ich habe … ich wollte …“

Ich konnte nicht mehr sprechen, weil mir etwas die Luft abschnürte. Vielleicht würde er mich einfach ignorieren. Aber … er drehte sich langsam in meine Richtung … und lächelte? Zitterte er ebenfalls ein wenig?

„Was …“, begann er leise, „… möchtest du denn?“

Sein Lächeln wurde fast noch deutlicher, auch wenn er den Blick mehr zum Boden richtete. Das Prickeln nahm mich völlig ein – und meine Finger wurden lockerer. Die Anspannung begann bei mir in eine andere Richtung zu laufen – und hoffentlich merkte er das nicht an meinen Badeshorts. Ach, das war doch noch nicht wirklich … und ich prüfte es nach. Er lachte, als ich gleichzeitig mit ihm wieder nach oben sah.

„Was denn?“, fragte ich.

„Ich hätte das gerade nicht gemacht.“

„Hätte ich nicht sollen?“

Das Lächeln verschwand, aber er sah mich immer noch an. Aus der Nähe wirkten auch seine Oberarme muskulöser, als ich erwartet hätte. Ich wollte nicht mit ihm kämpfen, aber er würde womöglich gewinnen.

„Willst du vielleicht …?“, fragte er und blickte dorthin, wo es Eis und Getränke gab.

„Äh, ja.“

Mein Kribbeln hatte sich in ein zartes Prickeln gewandelt. Fast hätte ich meine Hand an seinen Rücken gelegt, als würde ich ihn schon länger kennen. Dort drüben, auf der kleinen Anhöhe, gab es ein paar Sitzplätze, die ich mit ihm nun allein hätte. Aber … er setzte seine Schritte in Richtung des Gebäudes mit den Duschen.

Neben großen Bäumen stand es am Rand des Geländes – und er öffnete die Tür zur Männer-Abteilung. Jemand kam gerade heraus und drinnen war sonst niemand mehr. Es gab vier Duschen mit dünnen Wänden dazwischen. Ein wenig natürliches Licht fiel in den nicht ganz geschlossenen Raum. Er stellte sich zu der Dusche ganz hinten, ohne seine Badehose auszuziehen.

Mein Herz schlug wieder schneller, als ich ihn dort sah und noch immer niemand sonst hier war. Manchmal zog ich meine Badeshorts unter solchen öffentlichen Duschen dann aus, wringte sie aus und ging nur mit einem umgeschlungenen Badetuch zur Garderobe. Wenn meine … Anspannung nicht nachließ, konnte ich sie damit auch jetzt vielleicht halbwegs verbergen. Wartete er darauf, dass ich zu ihm ging und …?

Ich behielt den Eingang im Auge und trat unter die Dusche neben ihm. Das Wasser war hier wärmer als bei denen draußen am Becken. Fast zuckte ich zusammen, als sich etwas wie ein leises Stöhnen zum Rauschen des Wassers mischte. Ich musste … nachsehen, was er machte.

Diese Hose trug er immer noch – und fast hätte ich seinen Rücken berührt. Er musste mich bemerkt haben und drehte sich um. Zuckte zusammen, obwohl ich nicht direkt vor ihm stand. Erneut warf er mir dieses Lächeln zu – und richtete den Blick mehr nach unten. Sollte ich vielleicht …? Das Prickeln erfasste mich wieder, als ich mit zwei Fingern über seine Schulter und etwas weiter hinunter streifte. Ich nahm auch die andere Hand und machte es auch auf der anderen Seite, weil sich sein Blick nicht veränderte.

Er drehte sich um, um das Wasser abzustellen. Ging hinaus und blieb beim Ausgang stehen. Als ich mich näherte und er die Tür ganz öffnete, fiel kein greller Lichtschein in den Raum. Das Licht hatte sich verändert – und die Geräusche waren beinahe verstummt. Ein Windstoß erfasste meine nasse Haut und ließ mich zittern. Ihn noch mehr.

Sein Blick war wieder wie zuvor – und lief ins Leere, weil niemand mehr hier war. Die Blätter der Bäume rauschten bei einem weiteren Windstoß, und Wolken waren aufgezogen. Vielleicht kam gerade ein Gewitter auf und alle waren zu den Garderoben und den Ausgängen geflüchtet. Aber er stand da – und zitterte. Umklammerte sich selbst.

„Da, nimm es“, sagte ich halblaut und wollte ihm mein Badetuch umhängen. Vielleicht tat er so, als würde er sich umsehen und mich nicht bemerken. Doch er ließ es sich umhängen – und klammerte sich mit den Händen daran fest.

„Fühlst du dann nicht die Kälte?“

„Nein, es geht schon. Aber gehen wir am besten zu den Garderoben.“

Diesmal ging ich voraus, zu dem größeren Gebäude in der Nähe des Ausgangs. Auch in dem langen Sportbecken war niemand mehr. Erste Regentropfen trafen die Wasseroberfläche. Ich dachte daran, dass jemand eher „Ist dir nicht kalt?“ und weniger „Fühlst du die Kälte?“ sagen würde. Ein Gedanke wollte aufkommen, noch zu schwach. Wie ein Name, der mir auf der Zunge lag und nicht einfiel.

„Möchtest du dann vielleicht noch …?“, begann ich, nachdem ich die kühlere Luft eingesaugt hatte.

„Ich bin Aurelius … gedenke zu sein.“

„Gut, dann bin ich … Mar… Marcellus.“

Aurum … Gold. Es passte zu seinem dichten, fast goldenen Haar. Trotzdem nicht sehr lang und auf den ersten Blick dunkel. Ohne das grelle Sonnenlicht fehlte der Glanz. Noch ein Stück von dem Traum kehrte zurück, aber …

Die Tür stand offen, und auch dort drinnen schien niemand zu sein. Statt seiner Hand umfasste ich sein Handgelenk – und fühlte den rasenden Puls. Bevor ich mich an das Suchen meines Kästchens machte, zog es mich zu diesem Durchgang zu den Kassen. Aurelius hatte seinen Blick noch immer auf den Ausgang in Richtung des Schwimmbeckens fixiert.

„Das ist der Sturm“, sprach er kühl aus.

„Was für ein Sturm?“

Niemand war in diesem Eingangsbereich – und auch die Kassen nicht besetzt. Als wären sie nie geöffnet gewesen. Sogar die Plakate und Anschläge waren verschwunden – und das Kribbeln auf meiner Haut rollte wieder an, als ich es bemerkte. Schnell setzte ich meine Schritte zu den Ausgängen – verschlossen.

„Was ist das hier?“, redete ich gegen die matte Glasscheibe.

Ich merkte, wie er sich näherte, spürte es – und dann seine ein wenig feuchten, zitternden Hände auf meinen Schultern. Das Zittern ließ nach, als er sich fester an mich klammerte – und sehr nah hinter mir stehen musste. Nicht, dass er sich an mich presste – aber ich glaubte seine Erregung zu spüren. Zurückhaltend, aber mehr entfesselt als zuvor bei mir. Ich drehte mich um – und mit einem Lächeln überreichte er mir das Badetuch.

„Es ist also wahr“, verkündete er mit seinem Blick mehr nach oben als zu mir gerichtet. „Sie haben vor dem Verbotenen Bereich gewarnt.“

„Was? Wer hat gewarnt? Was ist verboten?“

Es war kein Donner, den ich draußen hörte, aber dieser Sturm musste stärker geworden sein. Peitschte den aufgekommenen Regen gegen die Türen und das Dach.

„Ich habe Angst … gedenke zu haben“, sprach Aurelius immer noch eher nach oben.

„Na dann … halte dich doch an mir fest.“

Er schluckte, sah mir endlich in die Augen, und ich legte dieses Tuch auf eine Sitzbank. Breitete gleichzeitig mit ihm meine Arme aus und spürte, wie er sich auf meinem Rücken zurechtzufinden versuchte.

„Du kannst ruhig ein bisschen fester“, setzte ich fort.

Er begann ein wenig herumzukneten und lachte, holte Luft. Ich bewegte mich mit ihm von der Tür weg, ließ ihn nicht los. Als wollte ich mit ihm tanzen, ohne dass es eine Melodie gab. Ich riss die Augen auf, die sich kurz fast von selbst geschlossen hatten, aber da war immer noch niemand außer uns. Er löste sich von mir und setzte sich hin.

„Die sind womöglich alle …“, begann er und holte tief Luft, „… in deiner Welt. Dort geblieben.“

„Oh, sie … gedenken zu sein? In meiner Welt?“

Das aufkommende Kribbeln erstickte, als er sich wieder an mich klammerte, diesmal fester. Sich für einen Moment von vorne an mich drückte. Irgendwie …

„Es ist auch für mich schwer zu begreifen, aber es ist passiert … augenscheinlich.“

„Mach das noch einmal!“

„Was …?“

„Fester zudrücken.“

Er sah mich ein paar Sekunden lang an, bis er sich wie zuvor an mich klammerte. Seinen Kopf auf meine Schulter legte und seinen nackten Oberkörper an meinen drückte. Das Trommeln des Regens ließ nach, und ich glaubte einen Lichtschein auf dem Boden aus kahlem, glattem Beton zu sehen. Ich zog Aurelius näher zu mir, und das Licht wurde heller. Was sich bei mir regte, drückt sich längst gegen ihn und er musste es längst gemerkt haben.

Als ich meine Umklammerung um ihn lockerte, mussten erneut Wolken aufgezogen sein. Das helle Licht blendete sich aus – und es donnerte. Ich spielte den Gedanken weiter und sah ihm direkt ins Gesicht.

„Ich weiß nicht, ob es funktioniert“, sagte ich und ließ meine Hände auf seinen Schultern. „Nur so ein Gefühl. Ist eine gefährliche Übung, aber ich glaube …“

Er stand da, als würde er gerade beim Weitspringen antreten und sich bereitmachen. Meine Hände waren ins Schwitzen geraten, als ich mich zu ihm beugte. Den Kopf ein wenig schräg hielt, mich weiter seinen Lippen näherte …

Ein Donnern schreckte mich auf – und es war, als hätte jemand mittendrin den Ton abgestellt. Das grelle Licht, das irgendwo von oben in den Raum fiel, blendete sich wieder ein. Es blieb so.

„Nein, tut mir leid“, verkündete ich und ließ nur noch eine Hand auf ihm. „Ich kann doch nicht …“

„Doch es hat funktioniert … augenscheinlich.“

„Ja, das merke ich.“

Seine feste Erektion drückte sich gegen meinen Oberschenkel. Ich richtete meinen Blick dorthin, so dass er es merken musste. Ein Lächeln folgte und er blickte zu Boden. In eine andere Richtung. Immer mehr reimte sich in meinen Gedanken zusammen. Aber etwas verhinderte, dass dieses Zittern und Kribbeln wieder aufkam. Er war es – und es war ein ganz anderes Kribbeln, das nun blieb. So wie das nun beinahe goldene Licht. In einem Farbton, der nicht jeden Tag zu sehen war.

Er ging voraus in Richtung der Garderobe und hinaus zum Becken. Niemand außer uns war hier und der Regen auf den verlegten Steinen fast zur Gänze wieder aufgetrocknet. Es gab eine große Uhr, aber die Zeiger schienen sich nicht zu bewegen. Nicht mehr seit dieser Sache. Nun richtete sich sein Blick doch in Richtung des Buffets, und ich folgte ihm. Die großen Bäume am Rand der Wiese warfen bereits längere Schatten, als wir die Terrasse erreichten.

Er studierte die Karte, wo auch einige Dinge abgebildet waren. Auch hier war niemand, auch nicht hinter dem Verkaufsfenster. Aber die kleine Tür … ließ sich öffnen. Ich entdeckte einen Kühlschrank, der nicht zu laufen schien. Aber der Inhalt fühlte sich kalt an.

„Klares Wasser?“, fragte ich zu Aurelius hinaus, der seinen herumsuchenden Blick wieder auf mich fixierte. „Oder Bier?“

„Du meinst Cervesia?“

Ich zuckte mit den Schultern und fand sogar Gläser. Füllte zwei davon, und das Geld konnte ich ja später hierlassen. Wenn es jemals jemand nehmen würde. Etwas wie ein Stich oder ein Zucken fuhr bei dem Gedanken durch mich. Aber dieses andere Gefühl machte sich wieder breit, als ich nach draußen zu ihm sah. Und besser schnell nach draußen ging.

Einer der Tische gefiel mir besonders, und ich stellte die Gläser ab und setzte mich hin. Er ebenfalls, nahm seines in die Hand und hob es ein bisschen an. Sah es von allen Seiten an, als hätte er so etwas noch nie gesehen. Nahm einen Schluck – und zuckte so mit den Schultern, wie er es vielleicht bei mir gesehen hatte.

„Es gedenkt ein wenig anders als unseres zu sein“, kommentierte er.

„Als eures? Und warum gedenkt alles zu sein?“

„Die Sprache ändert sich gerade. Alles ist im Umbruch.“

Ich prostete ihm zu und er nahm einen weiteren Schluck, während mich die noch wärmenden Sonnenstrahlen trafen. Es sollte doch noch irgendwo ein Badetuch oder sonst etwas geben, falls ihm wieder kalt wurde. Während sich meine Gedanken ordneten, wollte dieses Gefühl wieder aufkommen, das mir die Luft abschnürte. Mich zittern ließ und meinen Magen zusammenkrampfte. Doch etwas beschützte mich davor. Er war es. Ein Mann, wie es ihn … in meiner Welt vielleicht nicht gab. Aber in seiner.

Ein Schauer lief trotzdem wieder über meinen Rücken, als ich das leere Gelände überblickte. Fühlte sich für einen Moment so an, als wäre es kalter Wind. Überall schienen hohe Bäume, Gebüsch oder Mauern die Grenzen des Schwimmbades darzustellen. Und was lag dahinter? Er stand auf, ich auch, und wir prosteten uns nochmals zu, bevor wir die Gläser leerten.

„Darf ich dich etwas fragen?“, begann ich nach ein paar Minuten Stille wieder zu reden.

„Ja?“

„Wie genau bist du jetzt hierhergekommen? Ich meine …“

„Ich zeige es dir“, unterbrach er mich – und machte sich zu diesem Gebäude mit den Duschen auf.

Wortlos folgte ich ihm, bis er zuerst den schon bekannten und leeren Raum betrat. Da war noch eine Tür zu einem Raum, wo vielleicht etwas aufbewahrt wurde. Weiter ging es jedenfalls nicht, da war nur eine Wand. Dunkel, vielleicht uralt, fast wie grobes Gestein und weniger aus Beton.

„Hier durch“, kommentierte er und blickte nach unten.

Er ließ mich vorbei und ich berührte die Wand mit meinen Händen. Spürte, was ich zuvor nur erahnt hatte. Irgendwie war sie wärmer, als sie sein sollte. Als brodelte dort etwas, das sich erst befreien musste. Ich spürte … wie sich seine Hände auf mich legten. Wie er direkt hinter mir stand.

„Da draußen ist deine Welt?“, sprach ich gegen die Wand, während er mit seinen Handflächen eine Entdeckungsreise begann.

„Ja.“

„Und das Schwimmbad ist jetzt eine … Zwischenwelt?“

„So scheint es zu sein.“

Die Temperatur der Wand schien sich zu verändern, je mehr er sich näherte. Wieder spürte ich seinen Oberkörper an mir – aber seine Hände nicht an meiner Hose.

„Ruhig ein bisschen tiefer“, sagte ich etwas leiser.

„Ich … weiß nicht …“

Sanft drückte ich ihn weg, als ich mich umdrehte, und legte nur eine Hand auf ihn.

„Es war nur so ein Gedanke. Bei dem Ausgang … zu meiner Welt … haben wir nur ein bisschen … gekuschelt … und der Sturm war weg.“

„Ja, aber hier … ist viel mehr nötig, augenscheinlich.“

„Oh, und du bist dir nicht sicher, ob du …?“

Das Licht reichte noch, um sein verzerrtes Gesicht zu erkennen. Ich wollte sein Handgelenk umfassen, vergewisserte mich, ob er meine Annäherung vielleicht unterbrechen wollte. Aber nichts hielt mich davon ab, erneut seinen Puls zu fühlen. Zehn Schläge in sechs Sekunden waren immer noch zu viele, aber wahrscheinlich weniger als beim letzten Mal. Ich musste ihn hier herausholen – und trat mit ihm ins Freie.

War der Sonnenstand tiefer gefallen, als er sollte? Noch stand die glühende Scheibe ein wenig über dem Garderobengebäude. Er folgte mir zurück zu diesem Imbiss-Lokal, von wo aus die Sicht darauf noch besser war. Am Rand der dortigen Terrasse stehend verfolgte er das Spektakel. Blieb stehen, als ich mich knapp neben ihn stellte.

„Darf ich?“, fragte ich und ließ meinen Arm so über ihm schweben, dass er es merken musste. Ich glaubte ein zartes Lächeln zu erkennen und senkte ihn ab. War das eine Träne? Noch eine?

„Es ist nur so, mir hat …“, setzte ich fort und spürte dieses Brennen im Hals. „Mir hat wirklich gefallen, was ich gesehen habe, und …“

Er drehte sich zu mir und legte seine Handfläche auf meinen Rücken. Legte seinen Kopf ein wenig schräg – und näherte sich, während die Sonne versank. Ich ebenfalls, suchte Halt an ihm – und spürte seine warmen Lippen. Merkte, dass er mich noch enger an sich ziehen wollte. Ein Geschmack, fast süß und prickelnd, breitete sich in meinem Mund aus. Doch ich musste nach Luft schnappen.

Sein Mund blieb offen, als ich neben ihm stand und mich an ihm abstützte. Nur noch ein roter Schimmer erstreckte sich entlang des langgezogenen Daches. Sein Mund war immer noch offen, als er sich zu mir drehte.

„Warte …“, begann ich, „… das war dein erster Kuss, habe ich recht?“

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752140248
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (April)
Schlagworte
Rom homosexuell Römer schwul römisch Parallelwelt LGBT gay Historisch Fantasy Urban Fantasy Erotik Erotischer Liebesroman Liebesroman

Autor

  • Kiran Coulets (Autor:in)

Unter dem Namen Kiran Coulets erscheinen prickelnde homoerotische Geschichten, die auch einmal härter werden können.
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Titel: Die Flucht des Gladiators