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Sherlock Holmes - Neue Fälle 23: Sherlock Holmes und die Kombinationsmaschine

von Klaus-Peter Walter (Hrsg.) (Autor:in) Franziska Franke (Autor:in) Johanna M. Rieke (Autor:in)
160 Seiten

Zusammenfassung

Natürlich hätte Holmes eine automatische Datenverarbeitungsmaschine, wie sie heute in jedem Haushalt steht, gut gebrauchen können. Da sie aber zu seiner Zeit nur ein vager Traum sein konnte, musste er sich noch auf die eigene Intuition und die gelegentlichen Geistesblitze seines treuen Begleiters, Mitbewohners und Chronisten Dr. Watson verlassen. Einmal, bei einem Aufenthalt in Ägypten nach der Reichenbach-Affäre, wurde der gute Doktor durch Mister Tristram würdig vertreten. Noch einmal hat Klaus-Peter Walter tief in die alte Munitionskiste aus Blech gegriffen, in der Dr. Watson Notizen und Manuskripte aufbewahrte. Von ihm gefunden wurden vier unveröffentlichte Fälle, die alle jene bizarren Aspekte aufweisen, die Sherlock Holmes so sehr schätzte. Verfasst wurden sie von Franziska Franke, Johanna M. Rieke sowie von Klaus-Peter Walter selbst. Die Berichte zeigen den Meisterdetektiv auf der Höhe seiner Bildung und Schaffenskraft. Die Printausgabe umfasst 254 Buchseiten.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis




Sherlock Holmes und der Artillerist im Ruhestand

Eine Studie in Düsternis
Klaus-Peter Walter

Eines Montagmorgens übernahm mein Freund ­Sherlock Holmes den kleinen, charmanten Fall eines Butlers, der jeden Morgen Kleingeld auf der Treppe des ­Hauses seiner Herrschaft fand. Wenn er es wegnahm, legte ein Unbekannter in der Nacht wieder neue Münzen hin. „Ein Drei-Pfeifen-Problem“, meinte Holmes zuerst. Bereits am Nachmittag desselben Tages erschien bei uns ein mittelgroßer, dünner Mann von etwa dreißig Jahren mit einem Vollbart in einem Jackett und Knickerbocker-­Hosen aus grobem Tweed, einem ebensolchen Mantel und einer Deerstalker-Mütze.

Mrs Hudson stellte ihn als ­Finley Lampard vor. Weil Holmes sein Mitwirken an der Lösung des Montagmorgen-Falles zugesagt hatte, konnte er sich dem neuen Klienten nicht sofort mit der ­gebotenen Aufmerksamkeit und Ausschließlichkeit ­widmen. Mister Lampards Schilderung seines ­Problems wies ­gravierende Ungereimtheiten auf, doch mein Freund wusste sich hochmögender Helfer zu versichern, durch deren Mitwirken sich der Fall fast ohne sein Zutun löste.

Nachdem also Mrs Hudson ihn hereingeführt und vorgestellt hatte, ließ sich Mr Lampard, der sich sichtlich unwohl in seiner Haut fühlte, auf Holmes’ einladende Geste hin in unseren Besuchersessel nieder. Wie meist begann mein Freund mit seinem üblichen Spielchen.

„Sie sind Jäger oder Jagdaufseher, wie ich sehe, Mister Lampard, nicht verheiratet und kommen aus Middlesex. Kann es sein, dass Sie ihre berufliche Tätigkeit eine Weile unterbrechen mussten? Ihre Kleidung ist nicht mehr neu und weist deutliche Spuren intensiver Benutzung auf, passt Ihnen aber nicht richtig. Möglicherweise waren sie längere Zeit krank, denn ihre Gesichtsfarbe ist für einen Mann, der normalerweise im Freien arbeitet, recht blässlich. Außerdem weisen Ihre Hände, vor allem die Fingernägel, wenig Spuren körperlicher Arbeit auf. Ferner frage ich mich, warum Sie so hastig aus Middlesex aufgebrochen sind, aber möglichst rasch nach Hause zurück wollen oder müssen. Wahrscheinlich noch heute und mit dem letzten Zug.“

Wie ein bei einer Missetat ertappter Schüler lief Lampard rot an.

„Mein Gott, sieht man mir das alles an, Mister ­Holmes? Wenn ich das gewusst hätte, ich wäre nie ... Das ist ja unheimlich! Geradezu gespenstisch. Sie scheinen ja förmlich durch mich hindurchzuschauen!“

„Ich räume ein, einen gewissen Scharfblick zu besitzen, den ich allerdings durch jahrelange Übung verbessert habe, Mister Lampard. Es ist nichts Übernatürliches daran. Wenn ich es erklärt haben werde, wird Ihnen alles ganz einfach erscheinen.“

„Äh, ja ... bitte!“

„Ihren Beruf, Mister Lampard, verrät mir natürlich Ihre Kleidung. Sie erzählt mir aber auch von dem Zeitdruck, unter dem Sie zu stehen scheinen. Hätten sie ausreichend Muße gehabt, hätten sie schon vor ihrer Abfahrt Tannennadeln, Ästchen und Blätter aus ihren Strümpfen entfernt. Sie waren aber so sehr beschäftigt, dass Sie selbst während der Fahrt keinen Gedanken an solche Äußerlichkeiten verschwendeten. Obwohl es heute den ganzen Tag nicht geregnet hat, war das Leder ihrer Stiefel durchnässt und ist wieder getrocknet. Statt sie gründlich zu putzen, haben Sie sie offenbar einfach oberflächlich mit einer nassen Bürste vom gröbsten Schmutz befreit. Wahrscheinlich waren Sie gerade aus dem Wald gekommen. Beim Trocknen blieben bräunliche Schlieren zurück. Wären Sie verheiratet, hätte Ihre Frau Sie wohl schwerlich in diesem Zustand nach London fahren lassen, es sei denn, sie selbst wäre der Auslöser dieser Fahrt gewesen, was ich aber angesichts des Fehlens eines Eherings ausschließen würde.

Es muss Sie also irgendetwas völlig Unerwartetes zu solch einem überhasteten Aufbruch bewogen haben. So unerwartet, dass Sie sogar die drei oder vier Patronen in Ihrer Westentasche stecken ließen. Viele Jäger tragen sie der Einfachheit dort, um schneller nachladen zu können.

Wie sehr es Ihnen pressiert, konnte ich bereits vor Ihrem Eintreten Ihren eiligen Schritten auf der Treppe entnehmen. Mrs Hudson war ganz außer Atem, weil Sie sie förmlich die Stufen hinaufgetrieben hatten. Beim Eintreten in unser Wohnzimmer fiel Ihr erster Blick auf die Kaminuhr. Was Sie sahen, beruhigte Sie etwas, und Sie konnten uns begrüßen. Bevor Sie uns die Hand reichten, steckten Sie rasch eine Fahrkarte in die Hosentasche. Eine Fahrkarte der Midland Railway von Hitchin in Hertford­shire nach London. Sie hatten die Karte nicht eingesteckt, sondern sie während der vergleichsweise kurzen Fahrt in der Hand behalten und nervös damit gespielt. Man kann es deutlich an den geknickten Ecken des Kartons erkennen. Der Farbe nach handelt es sich um eine Rückfahrkarte. Sie wollen uns also wohl nicht allzu lange die Ehre Ihres Besuches erweisen.“

„Ja ... nein, Mister Holmes. Ich muss so schnell wie möglich nach Hause zurück.“

„Dann sagen Sie uns doch schnell, um was es sich handelt.“

„Danke, ja, sehr gern. Aber ...“

„Was, aber?“

„Ich ... weiß nicht, wie ich es sagen soll ... Das mit der Krankheit.“

„Sollte ich mich diesbezüglich geirrt haben?“

„Ja, Mister Holmes. Nein. Doch, ich war nicht krank. Ich ... ich habe, um ehrlich zu sein, im Gefängnis gesessen. Unschuldig! Sieben lange Jahre! Wegen Totschlags. Erst vergangenen Herbst wurde ich entlassen. Daher meine blasse Hautfarbe.“

„Unschuldig? Interessant! Ich hatte etwas Ähnliches in Erwägung gezogen, wollte Ihnen aber natürlich nicht zu nahe treten. Möchten Sie nicht alles von Anfang an erzählen, Mister Lampard? Falls Sie die Anwesenheit von Doktor Watson beunruhigen sollte: Sie können ihm völlig vertrauen. Er ist als Arzt ohnehin an die Schweigepflicht gebunden und darüber hinaus mein engster Mitarbeiter. Ihm ist nichts Menschliches fremd.“

Ich bekräftigte Holmes’ Worte mit einem energischen Kopfnicken. Unser Gast fuhr, wenngleich noch widerstrebend, nach einem Seufzer der Erleichterung fort.

„Also, wie gesagt, ich habe wegen Totschlags im Gefängnis gesessen. Aber ich hatte die Schuld eines anderen auf mich genommen. Für Geld. Ich war ein Idiot!

Wie Sie schon richtig feststellten, war ich – und bin es wieder – Jagdaufseher, und zwar seit jeher auf Skirym Den, dem Sitz der Familie Gaviale. Liegt bei Hitchin. Edward, der damals sechzehnjährige Sohn meines Dienst­herrn Colonello Gaviale, war ein rechter Tunichtgut. Regelrecht verrückt. Er liebte es zum Beispiel, Hühnern den Kopf abzuhacken, sie hoch in die Luft zu werfen und sie kopflos herumflattern zu lassen, bis sie von selbst herunter­fielen. Außerdem trank er zu viel. Einmal erschoss er sturzbetrunken bei einer Treibjagd versehentlich einen Treiber. Genau in den Kopf. Aus nächster Nähe. Ehe ich mich versah, nahm der Colonello mir mein Gewehr ab und legte mir das seines Sohnes in den Arm.

‚Sagen Sie, Sie seien das gewesen, Fin.‘ Er nannte und nennt mich Fin. ‚Sie kriegen für jedes Jahr im Gefängnis einhundert Pfund und dürfen dann wieder in meine Dienste zurückkehren. Sie sind doch mein Freund und Jagdkamerad!‘

Völlig überrumpelt, wagte ich nicht zu widersprechen, und so kam es zu einem Prozess. Natürlich wurde ich verurteilt. Ich hatte ja alles zugegeben. Genau wie der Colonello es verlangt hatte. Sieben Jahre war ich eingesperrt. Wie oft dachte ich daran, mich einfach aufzuhängen. Mir fehlten die Wälder, der Geruch der feuchten Erde, die ... die Freiheit, einfach ... alles.“

„Das kann ich verstehen“, erwiderte Holmes. „Sie wurden aber doch wieder eingestellt?“

„Doch, doch, natürlich! Ich bin seit meiner Rückkehr wieder der Jagdaufseher. Der Colonello ließ vor meiner Rückkehr sogar das Jagdaufseher-Haus renovieren und neu möblieren. Er war sehr großzügig.“

„Wieso nennen Sie ihn eigentlich Colonello? Ist er Italiener?“

„Ja. Er heißt Emeraldo Gaviale. Sein Sohn war auf den Namen Eduardo getauft, aber alle nannten ihn Edward oder Eddie. Die Familie stammt in der Tat aus Italien. Der Großvater des Colonello, Adeodato, ging mit diesem Politiker, der später Italien einte, ins Exil nach London.“

„Sie meinen sicherlich Giuseppe Mazzini und das Risorgimento“, warf ich unhöflich vorlaut ein, froh, einmal etwas aus dem Bereich meines Hobbys, der Geschichte, beitragen zu dürfen.

„Ja, genau! Der Name Mazzini wurde im Hause oft erwähnt. Aber Adeodato blieb in England. Einer Frau wegen, der die Familie Gaviale auch ihren Grundbesitz verdankt. Sie wurde nur die Nonna genannt, die Großmutter. Obwohl sie wie unsere Queen Victoria hieß. Eine stattliche, energische Frau. Hart gegen sich selbst und andere. Kämpferisch fast bis zu ihrem letzten Atemzug. Beeindruckend! Ich habe sie noch selbst erleben dürfen.“

„Ah, daher! Und warum wird Mister Gaviale Colonello genannt?“

„Na, weil er als Oberst eine Abteilung der Royal Horse Artillery befehligte, bis er nach einundzwanzig Dienstjahren seinen Abschied nahm. Seither kümmert er sich ausschließlich um seine Ländereien und natürlich um die Jagd. Seine Trophäensammlung ist bestimmt eine der größten nach der des Königshauses.

Als er den Dienst quittiert hatte, nahm er sich eine Frau. Sie hieß Chiara, stammte aus Italien und war eine entfernte Verwandte. Sie starb bei der Geburt Eduardos. Der Colonello spricht allerdings nicht über private Dinge. Aber das alles ist nicht das Problem.“

„Sondern?“

„Ich habe im Wald etwas Schreckliches gefunden und weiß nicht, welche Bewandtnis es damit hat. Ich befinde mich in einer regelrechten Zwickmühle. Wenn der Colonello irgendwie damit zu tun hätte, würde ich wahrscheinlich über kurz oder lang meine Stelle verlieren. Oder womöglich würde er mir als lästigem Mitwisser an den Kragen wollen? Ich ... ich bin so verwirrt!“

Nach einer Pause fuhr er fort.

„Das Problem ist: Ich kannte sie, die Frau!“

„Welche Frau, Mister Lampard? Und was haben Sie gefunden? Ich schlage vor, Sie erzählen jetzt einmal, worum es eigentlich geht. Ganz von vorne. Lassen Sie nichts aus!“

„Ja! Also, die Frau! Bevor ich ins Gefängnis kam, hatte der Colonello ein Dienstmädchen. Maizie. Sie half in der Küche. Sie war ein einfaches Mädchen, sogar recht hübsch, solange sie den Mund geschlossen hielt. Ihre Zähne waren ... also sie hatte nicht mehr viele, und die, die sie hatte, waren voller Löcher. Aber sie konnte zupacken und war immer lustig und guter Dinge. Etwas oberflächlich vielleicht. Sie schrieb mir noch ein paar Briefe ins Gefängnis, aber das Schreiben war ihre Sache nicht. Ihre Briefe hatten noch mehr Rechtschreibfehler als ihre Zähne Löcher. Sie wurden von Mal zu Mal kürzer, die Briefe meine ich. Schließlich kamen überhaupt keine mehr. Jahrelang auf meine Entlassung zu warten, das hätte Maizie viel zu lange gedauert. Ich hatte eine wahnsinnige Wut auf sie. Als ich wiederkam, sagte der Colonello mir, dass sie schon vor Jahren gekündigt habe und fortgegangen sei. Niemand wisse, wohin. Und nun habe ich im Wald ihren Kopf gefunden.“

„Ihren Kopf?“

„Ja, ihren Totenschädel. Sonst nichts. Und den Unterkiefer dazu.“

„Aber so etwas liegt doch nicht einfach herum! Erzählen Sie genauer!“

„Ja, gerne. Also, in meiner Abwesenheit hatte der Colonello einer Zigeunersippe gestattet, ihr Lager auf seinem Grund aufzuschlagen. Bis ich kam, hatten sie sich – mit Erlaubnis des Colonello natürlich – sogar richtige feste Blockhütten errichtet. Als Gegenleistung sollten ihm die Männer bei der Waldarbeit helfen, aber meinem Eindruck nach taten sie das früher nicht und tun es bis heute immer noch nicht. Ihre Aufgabe scheint es eher, Wanderer und andere unerwünschte Besucher von den Waldungen des Colonello fernzuhalten. Außerdem wilderten die Zigeuner und stahlen jede Menge Holz. Natürlich erstattete ich dem Colonello sofort hierüber Bericht. Er versicherte, er wolle sich um die Sache kümmern, tat das aber nie. Ich wagte aber nicht, weiter in ihn zu dringen.

Nun gab es im Wald einen Meiler, der vor meiner Verurteilung noch nicht da gewesen war. Sie müssen wissen, früher, also zu Zeiten der Nonna, wurde in der Nähe von Hitchin etwas Bergbau betrieben, und für die Verhüttung brauchte man Holzkohle. Die Gaviales erzeugten eine ganze Menge davon und verdienten Geld damit, bis der Bergbau sich nicht mehr lohnte und aufgegeben wurde. Danach gab es auch keine Köhler mehr. Man findet noch hier und da im Wald aufgelassene Meilerplätze. Dieser eine Meiler aber war höchstens fünf Jahre alt, und er war nicht abgetragen. Heute Morgen musste ich feststellen, dass ihn jemand, vermutlich die Zigeuner, eröffnet und die Holzkohle gestohlen hatte. Allerdings hatten sie einen Teil der Holzkohle zurückgelassen. Vielleicht, dachte ich, sind sie gestört worden. Dann erkannte ich den Grund ihrer Flucht. Inmitten der Holzkohle lag ein menschlicher Schädel, schwarz vom Feuer. Völlig erschrocken war ich, als ich das Gebiss sah. Es waren eindeutig Maizies kaputte Zähne.“

„Sie haben keinerlei Zweifel daran?“

„Jeder Zweifel war ausgeschlossen. Ich suchte nach weiteren Knochenresten, fand aber keine. Nichts. Außer dem Kopf schien nichts das Feuer im Meiler überstanden zu haben.

Mir schossen sofort unzählige Gedanken durch den Kopf. Schließlich war ich einmal mit Maizie befreundet gewesen. Wir hatten sogar heiraten wollen. Würde ich jetzt nicht in Verdacht geraten, sie womöglich ermordet zu haben? Ich hatte wegen eines zu Tode gekommenen Treibers im Gefängnis gesessen. Natürlich war der Unglücksschütze Eddie gewesen, aber würde man mir das glauben? Ich wollte nicht zurück ins Gefängnis! Und was wäre, dachte ich weiter bei mir, wenn der Colonello etwas mit dieser Geschichte zu hätte? Schließlich war Maizie noch da gewesen, als ich fort musste. Ich konnte ja nicht wissen, ob das mit ihrer Kündigung stimmte. Vielleicht hatte er sie, aus welchen Gründen auch immer, umgebracht und den Meiler eigenhändig aufgeschichtet. Ich meine, hätte doch sein können! Vielleicht war ich jetzt für ihn zum unliebsamen Mitwisser geworden und meines Lebens nicht mehr sicher. Der Colonello pflegt, so gut kenne ich ihn, nicht lange zu fackeln. Ich beschloss, ihm nichts zu sagen und sofort Sie, Mister Holmes, aufzusuchen.“

„Das war sehr gescheit von Ihnen. Sie haben Ihren Fund jemandem gezeigt oder mit jemandem darüber gesprochen?“

„Nur jetzt mit Ihnen ... und Doktor Watson. Ich versteckte den Schädel und fuhr zu Ihnen. Nicht einmal zum Umziehen nahm ich mir Zeit. Und ... ja, jetzt bin ich hier! Aber ich wäre froh, wenn der Colonello vorerst nichts erführe!“

„Ich werde mein Bestes tun! Aber zuvor noch ein paar andere Fragen. Was ist mit Edward Gaviale? Dessen Schuld Sie auf sich genommen haben?“

„Mit Eddie? Der ist tot. Der Colonello wartete Eddies siebzehnten Geburtstag ab und schickte ihn zur Armee, damit sie ihm dort die Flausen austreiben. In der Schlacht am Atbara gegen die Mahdisten soll er versucht haben, einen Kameraden an der Fahnenflucht zu hindern und zur Truppe zurückzubringen. Dabei wurde Eddie getötet, der Kamerad schwer verwundet. Genaueres weiß ich nicht.“

„Ich weiß, der Colonello spricht nicht über private Dinge. Bevor wir irgendetwas unternehmen, sollten wir uns Ihren Fund einmal mit eigenen Augen anschauen. Können Sie ihn uns unauffällig zeigen?“

„Passt Ihnen morgen? Ich fürchte, heute Abend wird es zu spät werden.“

„Watson, reichen Sie mir doch bitte den Fahrplan der Midland Railway herüber.“

Ich tat, wie mir geheißen.

„Danke!“

Nachdem Holmes einen passenden Zug herausgesucht hatte, vereinbarte er ein Treffen mit Mister Lampard für den kommenden Tag.

„Ziehen Sie festes Schuhwerk an“, empfahl der Jagdaufseher, „der Weg ist etwas beschwerlich. Ich werde Sie am Bahnhof abholen!“

Nachdem sich unser Besuch verabschiedet hatte, zog Holmes mehrere Scrapbooks1 aus dem Regal und begann, sie durchzusehen.

„Haben Sie es übrigens bemerkt, Watson?“, fragte er beim Blättern.

„Nein, was denn?“

„Finley Lampard leidet unter Iris-Heterochromie. Die Iris des linken Auges ist wesentlich heller als die rechte. Eine sehr seltene Erkrankung.“

„Habe ich nicht bemerkt. Aber ich darf Sie korrigieren, Holmes. Es ist keine Erkrankung. Der Patient hat keinerlei Sehprobleme. Es gibt nichts, was wir Ärzte dagegen tun müssten. Selbst wenn wir könnten!“

„Wie auch immer! Skirym Den ... Hier ist nichts. Hier auch nicht. Aber hier! Vor drei Jahren!

Eine einzige Meldung, aber hochinteressant! Ein Wanderer wurde in den Wäldern um Skirym Den überfallen, verprügelt und ausgeraubt. Wie er behauptet, von Männern mit südländischem Äußeren und fremdartigem Akzent. Er meldete die Sache der Polizei in Hitchin, doch die dortige Polizei will keine Verdächtigen gefunden haben.“

„Das waren bestimmt die Zigeuner!“, merkte ich an. „Die hätte man doch finden und befragen müssen. Wo sie sich angeblich doch schon Blockhütten gebaut haben!“

„Eine Befragung würde sicherlich wenig erbringen. Wie Sie wissen, schotten sich Zigeuner nach außen stark ab, sie sind immer nur loyal gegenüber ihrer Sippe. Wenn man in sie zu dringen versucht, verstehen sie unter Umständen plötzlich kein Englisch mehr. Hätten Sie übrigens die Güte, mir ein Telegrammformular aus Ihrem Schreibtisch zu reichen? Danke! Ich werde es selbst aufgeben. Bitte reinigen Sie für morgen Ihren Webley und sorgen Sie dafür, dass die Spazierstockkamera von Monsieur Carpentier betriebsbereit ist. Sie wissen schon, die wir in dem Fall mit den bewegten Bildern verwendet haben.“

Er rieb sich freudig die Hände.

„Es geht schon wieder los!“


*


Am Morgen des folgenden Tages brachen auf. Nach kurzer Fahrt erreichten wir Hitchin. Vor dem Bahnhof des Städtchens, der eher einer Bedarfshaltestelle glich, wartete Lampard auf uns mit einem leichten zweisitzigen ­Brougham-Coupé, dem ein breitkreuziger Brauner ohne jegliche städtische Eleganz vorgespannt war.

„Habe extra den Wagen mit der geschlossenen Kabine aus der Remise des Colonello geholt, Gentleman“, erklärte Lampard. „Es muss uns ja nicht jeder sehen.“

Wir waren’s zufrieden, und nachdem wir nebeneinander Platz genommen hatten, schloss Lampard den Schlag und bestieg den Kutschbock. Leise knallte seine Peitsche. Unser Gefährt setzte sich in Bewegung. So schwerfällig, wie das Pferd gewirkt hatte, war es gar nicht. In schnellem Trab verließen wir auf engen Nebenstraßen die kleine Stadt in Richtung Wald. Lampard wollte ganz offensichtlich wenig Aufsehen erregen. Es dauerte nicht lange, da fuhren wir durch dichten Wald. Wenig später hielt das Coupé an.

„Noch eine Viertelstunde Fußmarsch, Gentlemen“, verkündete Lampard. Wir stiegen aus, froh über das Ende des Rüttelns und Ratterns, und machten uns auf den Weg. Der Jagdaufseher hängte über die eine Schulter einen fast leeren Rucksack, auf die andere an einem Riemen sein Jagdgewehr.

Die ersten Minuten marschierten wir abseits aller Wege, in Schweigen versunken. Ich genoss die morgendliche Stille des Waldes, die erwachenden Stimmen der Vögel, das Knacken der Baumstämme, den Geruch nach Moos und Tannennadeln. Kaum zu glauben, dachte ich, dass nur wenige Dutzend Meilen von hier das tumultöse ­Zentrum Londons lag! In wenigen Jahrzehnten würde sich die ruhelose Metropole sicher auch bis hierher durchgefressen haben. Die Wälder würden gerodet, Straßen gebaut, Häuser mit Wohnungen, Geschäften, Lokalen und Theatern, Fabriken und Kasernen errichtet werden und bald würde sich niemand mehr daran erinnern, dass es vor noch gar nicht langer Zeit stille, verwunschene Wälder gegeben hatte.

Lampards Stimme riss mich aus meinen melancholischen Gedanken. Er machte uns auf den einen oder anderen Platz aufmerksam, wo früher Kohlenmeiler gestanden hatten. Wenn man das nicht wusste, erkannte man das nicht.

„Man muss immer wissen, was man sehen soll, um es auch wirklich zu sehen“, erläuterte Holmes philosophisch. „Aber sagen Sie, Mister Lampard, Sie bewohnen eigenem Bekunden zufolge ein Jagdaufseher-Haus. Wie weit davon entfernt liegt Skirym Den?“

„Etwa zwanzig Minuten zu Fuß. Ich komme aber selten nach Skirym Den, wenn nicht gerade eine Jagd angesetzt ist. Oder um meinen Lohn abzuholen oder zum Schüssel­treiben2 nach der Jagd. Oder heute ganz kurz, als ich die Kutsche holte. Ich lebe lieber für mich. Die Leute reden, die Leute fragen ... Wenn Sie verstehen.“

„Ich verstehe. Hat es nicht Aufmerksamkeit erregt, als Sie die Kutsche holten?“

„Ich glaube nicht. Nein. Der Colonello lässt mir ziemlich freie Hand. Er fragt nicht viel, solange alles seinen Gang geht.“

„Aha!“

Den Rest des Weges schritten wir wieder schweigend aus. Innerlich frohlockte ich, denn ich hatte, Holmes’ Anweisungen folgend, mit der Spazierstock-Kamera heimlich mehrere Aufnahmen von Lampard gemacht, von denen ich mir sicher war, dass sie gelungen waren.

„Hier entlang, Gentlemen! Vorsicht, die Dornen!“ Lampard führte uns unter mit Farnen bewachsenen Kiefern bis zu einer kleinen kreisförmigen Lichtung. Farne und Brombeerranken hatten schon mit Erfolg begonnen, sie zurückzuerobern. In der Mitte der Lichtung standen die Reste eines Kohlemeilers.

Lampard legte den Rucksack ab, um einen Klappspaten herauszuholen und ihn aufzuklappen.

Mit seinem Klappspaten machte er ein paar rasche Bewegungen im Boden. Zu unseren Füßen kam etwas zum Vorschein, das wie ein mit Lehm beschmierter Stein aussah.

„Warten Sie“, sagte Holmes. Er hob einen menschlichen Schädel aus der Erde heraus und gab ihn mir. Zwei leere Augenhöhlen blickten mich an. Ich kam mir vor wie Hamlet.

„Was sagen Sie vom Standpunkt des Mediziners?“

Ich nahm den Fund vorsichtig in Empfang.

„Von der Größe her könnte es sich durchaus um einen Frauenkopf handeln. Durch die Austrocknung wird er noch etwas kleiner geworden sein. Die Zähne sind in einem erbarmungswürdigen Zustand. Unterschicht würde ich sagen. Hoppla! Was ist denn das?“

Aus dem Knochen ragten wulstig sieben schwer verrostete Stifte. Sie mussten zu Lebzeiten der nunmehrigen Toten bis zum Anschlag in den Kopf getrieben worden sein. Ich schüttelte den Schädel und klopfte mit dem Knöchel meines Zeigefingers darauf, damit Schmutz, ein paar Würmer und zwei oder drei Insekten aus dem Hinterhauptloch herausfallen konnten.

Ich machte Holmes gerade darauf aufmerksam, als mich Lampard unterbrach.

„Achtung, Mister Holmes! Doktor! Es gibt Ärger!“

„Was zum Teufel treiben Sie da, Fin?“, brüllte eine ärgerliche männliche Stimme. Ein kleiner, breitschultriger Mann in Jagdkleidung, mit ergrautem Haupthaar und einem ebenso ergrauten Schnauzbart, stieg von einem braunen English Hunter ab und trat, ein doppelläufiges Jagdgewehr in Vorhalte, auf uns zu.

„Wen haben Sie da in meinen Wald geschleppt?“

„Colonello!“, stieß Lampard erschreckt hervor. Da dieser die devote Haltung eines bei einer Missetat erwischten Schülers einnahm, antwortete Holmes an seiner Stelle.

„Guten Morgen, Colonello Gaviale! Mein Name ist Sherlock Holmes. Und das ist mein Freund und Kollege Doktor Watson. Wir sind beratende Detektive. Mister Lampard ist seit gestern unser Klient. Bitte verzeihen Sie das unbefugte Eindringen in Ihren Wald, aber hier wurde ein Mensch Opfer eines Verbrechens!“

„Eines Verbrechens?“

Statt einer Antwort hielt ich dem Mann den geschwärzten Schädel hin.

„Es wurden Nägel in den Schädel geschlagen!“

Der Colonello warf einen abfälligen Blick darauf.

„Man hat mir berichtet, dass Fin sich den Wagen geholt hat. Da wollte ich doch mal nach dem Rechten sehen.“

„Es ist Maizies Kopf!“

„Ein alter Schädel gibt Ihnen noch lange nicht das Recht, in meinen Wald herumzuschnüffeln! Und Fremde hierher zu führen.“

„Colonello!“, warf sich Holmes ins Mittel. „Mister Lampard ist sich wegen seiner Vorstrafe, über die er offen mit uns gesprochen hat, nicht sicher, dass der mysteriöse Fall von den Behörden unvoreingenommen untersucht wird. So versicherte er sich unserer Unterstützung, und ich denke, auch Ihnen dürfte an einer gründlichen Aufklärung der Hintergründe dieses mysteriösen Fundes gelegen sein. Denken Sie an Ihre Offiziersehre!“

Das schien dem Colonello zu denken zu geben, denn er ließ das Gewehr sinken und sicherte den Hahn. Gleichwohl gab er sich noch nicht kompromissbereit.

„Mir einen Detektiv auf den Hals zu hetzen! Also Fin, ich muss schon sagen! Nach allem, was ich für Sie getan habe!“

„Und ich? Habe ich nichts für Sie getan? Oder besser für Eduardo? Ich wusste doch auch nicht, was ich tun sollte!“

„Mann Gottes! Wer sagt Ihnen denn, dass das ausgerechnet Maizies Schädel ist? Schauen Sie sich dieses Dings hier doch einmal an! Pechschwarz ist es und sicherlich Hunderte von Jahren alt. Stammt wahrscheinlich noch aus der Zeit von Wilhelm dem Eroberer. Und es grenzt an Impertinenz, ohne meine Erlaubnis Fremde hierher zu schleppen, Fin.“

Holmes gab nicht auf.

„Überlegen Sie doch einmal etwas anderes, Colonello: Sie haben jetzt genau wie Ihr Jagdaufseher von dem Fall erfahren. Damit sind Sie für den Täter – ich sage noch nicht: für den Mörder – ein gefährlicher Mitwisser. Vielleicht kommt er zu dem Schluss, dass er Sie aus dem Wege räumen muss!“

„Pah!“, knurrte der Colonello. „Ich gehe nie unbewaffnet aus dem Haus, und Fin auch nicht.“

„Nun, man kann auch Bewaffneten auflauern und sie in einen Hinterhalt locken“, erwiderte ich. „Das sollte Ihnen als Militär doch sicher klar sein.“

„Gut! Ich verstehe. Vielleicht würde ich an Ihrer oder Fins Stelle ebenso denken! Kommen Sie erst einmal mit ins Haus. Dort können wir reden. Und feststellen, ob das alles wahr ist, was Sie da über Nägel im Kopf erzählen. Wahrscheinlich stecken Ihnen selber welche im Hirn!“


*


Skirym Den, wohin uns der Colonello führte, war ein typisches mehrflügeliges Sandsteingemäuer aus dem 18. Jahrhundert und ziemlich heruntergekommen. Ein fleckiger Treppengiebel ragte aus dem Grün eines verwilderten Gartens. Zwei verrostete altertümliche Kanonen links und rechts neben dem Eingang machten unzweideutig auf die frühere Profession des Hausherrn aufmerksam. Mir kam nur merkwürdig vor, dass es sich bei dem Zwölfpfünder links um ein elegantes Feldgeschütz auf zwei hochbeinigen Holzspeichenrädern handelte, bei dem verrosteten Achtzehnpfünder rechts um ein Schiffsgeschütz auf einer niedrigen vierrädrigen Lafette, komplett mit den Ösen für Flaschenzüge und Brocktaue. Wahrscheinlich waren sie bei irgendeinem Alteisenhändler erworben worden.

Die wahre Leidenschaft des Hausherrn erkannte man lange vor dem Betreten des Hauses. Über der Eingangstür prangte das Geweih eines Sechzehn-, wenn nicht gar eines Achtzehnenders, und drinnen war jeder Quadratzentimeter Wand mit Geweihen oder präparierten Tieren behängt. Wildschweine, Rot- und Damwild, ein Elch, Auerhähne, Dachse, Wölfe, sogar Eisbären und Tiger – es gab wohl kaum ein Lebewesen in Gottes Schöpfung, welches der Colonello noch nicht erlegt hatte. Nur den in solchen Haushalten fast schon obligatorischen Elefantenfuß als Schirmständer entdeckte ich nirgends.

Der Hausherr führte uns durch die Halle unter der Treppe hindurch gleich in eine Küche mit Haken an der Decke, einem Bohlentisch in der Mitte und an den ­Wänden aufgestapelten, heute leeren Zinkeimern und -wannen. Es roch nach Blut, ranzigem Fett und anderen, noch weniger erfreulichen Dingen. Kein Zweifel, der Raum diente dem Aufbrechen und Zerteilen der Jagdbeute. Es gab auch einen reichhaltigen Werkzeugkasten.

Holmes begann gleich unter den misstrauischen Augen des Colonello vorsichtig, mit aufgekrempelten Ärmeln den Schädel in einem Eimer Wasser zu reinigen. Die Eisenstifte staken fest im schwarzen Knochen und ragten nur wenige Millimeter aus ihm hervor. Als ich begonnen hatte, außen die Einschlagstellen mit meinem Taschenmesser von Ruß und Schmutz zu reinigen, stieß ich einen leisen Schreckensruf aus.

„Was?“, fragte Holmes. „Was ist?“

„So etwas habe ich noch nie gesehen! Die Person muss mit den Stiften im Kopf noch längere Zeit gelebt haben. Tage, wenn nicht Wochen. Sehen Sie hier, die Gallus­bildung an den Wundrändern! Die Wunden hatten schon zu heilen begonnen, das Knochenmaterial umschließt bereits diesen Stift ganz fest. Diesen hier noch nicht so sehr. Die Gallusbildung ist nämlich nicht bei jedem Stift gleich stark ausgeprägt. Ich fürchte, sie wurden in größeren zeitlichen Abständen voneinander eingeschlagen. Wer tut so etwas Entsetzliches?“

„Das herauszufinden sind wir hier, Watson!“

„Befindet sich in dem Werkzeugkasten eine Beißzange, Mister Lampard?“

Lampard nickte und reichte ihm das Gewünschte.

Vorsichtig setzte Holmes, den Schädel mit einer Hand auf die Bohlen der Tischplatte drückend, die Zange an. Weil die Stifte anders als richtige Nägel keine Köpfe hatten, rutschten die Zangenbacken mehrfach ab. Schließlich gelang es ihm aber doch, den ersten Stift herauszuziehen.

„Sind die alle so kurz?“, wollte ich wissen.

„Wollen sehen!“

Es dauerte nicht lange, da lagen sieben identische Stifte vor uns auf dem Tisch. Holmes ordnete sie so auf der Unterlage an, dass er jeden Stift wieder dem Loch zuordnen konnte, aus dem er ihn gezogen hatte.

„Soweit ich das jetzt schon beurteilen kann“, erklärte ich danach, „werden die Stifte wohl kaum ins Großhirn eingedrungen sein, oder wenn, dann nicht sehr tief. Mit Sicherheit waren die drei Hirnhäute verletzt, vielleicht auch die äußere Hirnrinde. Dann hat die Patientin – man gestatte mir diese Bezeichnung – möglicherweise Symptome eines Schädel-Hirn-Traumas gezeigt wie Sprach- oder motorische Störungen, Erbrechen oder Desorientierung, aber genau wird man das nicht mehr feststellen können. Es wird Blut und Lymphflüssigkeit ausgetreten sein und sie wird, solange sie noch lebte, furchtbare Schmerzen gelitten haben. Der Tod trat sicherlich nicht primär durch die Nagelung ein, allenfalls durch eine sekundäre Infektion oder, was zu vermuten, aber nicht mehr zu beweisen ist, durch die Hand eines Mörders. Eines Sadisten, wie ich vermute, denn die Nägel sind so beschaffen und wurden so verwendet, das man sie nur mit sehr viel Mühe hätte herausziehen können, von Eigenbemühungen des Opfers ganz zu schweigen. Selbst Sie, Holmes, hatten Schwierigkeiten, dies zu bewerkstelligen, und jetzt ist der Schädel schon skelettiert.

Aus dem Mittelalter sind übrigens Knochenfunde überliefert, da haben Patienten mit eingeschlagenen Schädeln kunstfertige medizinische Schädeloperationen viele Jahre lang überlebt.“

„Gut, gut, mein Lieber!“, bremste mich Holmes. „Haben die Stellen, in die die Stifte eingeschlagen wurden, irgendeine Beziehung zu den Funktionen der darunter liegenden Hirnteile?“

„Darauf wollte ich gerade kommen, denn ich vermute, dass ja. Die Nagelung beschränkt sich auf den Frontal- und den Parietallappen.“

Ich benutzte meinen Spazierstock als Zeigestock, wies damit wie in einer Vorlesung auf die Körperstellen, die ich ansprach, und machte dabei unauffällig Aufnahmen des Schädels. Niemand merkte etwas – außer Holmes natürlich, der meine Eigeninitiative – er hatte die Herstellung der Aufnahmen nicht angeordnet – mit einem wohlgefälligen Blick bedachte.

„Somit wären vor allem die Körpermotorik und die Sinneswahrnehmungen betroffen gewesen. Die Hirnforschung steht noch am Anfang, deshalb könnte kein Mediziner genau sagen, wie sich die Nagelung im Einzelnen ausgewirkt haben könnte. So viel scheint mir jedoch klar: Das Opfer wäre nicht mehr der Mensch, der es vor dem Akt war. Möglicherweise wäre es mehr oder weniger stark behindert und dauerhaft pflegebedürftig gewesen.“

„Doktor Watsons Ausführungen helfen uns ein gutes Stück weiter“, begann Holmes zu dozieren. „Denn wer jemanden im Affekt tötet, benutzt irgendetwas, was er gerade zur Hand hat, einen Stein, einen Stock, ein Stuhlbein, ein Messer. Keinesfalls aber fängt er sein Opfer ein, fixiert es irgendwie und schlägt im Stifte an genau ausgewählten Stellen in den Kopf. Das wäre vorsätzlicher Mord und erfordert Planung, Aufwand und auch Kraft. Wir haben es also nicht mit einem blindwütig agierenden Täter zu tun, sondern mit einem sehr beherrschten, kaltblütigen. Er wusste recht genau, was er da anrichtet. Ich sage bewusst er, denn ich vermag nirgendwo das Wirken einer weiblichen Hand zu erkennen. Statistisch gesehen verwenden die weitaus meisten Mörderinnen Gift, weil ihnen, von Ausnahmen abgesehen, die körperliche Kraft zu einer direkten Konfrontation mit dem Opfer abgeht. Ich irre also wohl kaum, wenn ich von einem männlichen Mörder ausgehe. Und nun kommt die Preisfrage: Wenn die Tote wirklich Maizie ist, wer könnte ein Motiv für eine solche Tat haben?“

Lampard und der Colonello sahen sich an. Dann begann der Colonello zu sprechen.

„Ich weiß nicht, ob Ihnen Fin, ich meine Mister Lampard, erzählt hat, warum er zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Er hat versehentlich im Rausch einen Treiber erschossen. Ich möchte kein Aufsehen, und ich möchte vor allem nicht, dass er in einen schlimmen Verdacht gerät!“

„Hier handelt es sich um ein Offizialdelikt. Ein Mensch ist unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommen, wenn nicht gar ums Leben gebracht worden. Das muss der Polizei gemeldet werden!“

„Keine Polizei!“, protestierte der Colonello.

Gegen dessen Widerstand kamen wir nach längerer Diskussion trotzdem überein, vom Polizeiposten in Hitchin einen Constable holen zu lassen, der dann über das weitere Vorgehen entscheiden sollte. Bis nach über einer Stunde ein müder, beleibter alter Beamter mit roter Schnapsnase erschien, der sich unsere Geschichte desinteressiert anhörte. Er hatte bestimmt nicht mehr viele Diensttage vor sich, und ihm graute sichtlich davor, sie mit Ermittlungen verbringen zu müssen statt mit Alkoholgenuss.

„Das Eisen ist doch mindestens hundert Jahre alt,“ befand er. „Der Schädel liegt sicher schon seit ewigen Zeiten im Wald. Bringen Sie ihn zu Reverend Brodyker, der soll ihn beisetzen, wie es sich gehört. Dann herrscht wieder Ruhe! Meine Herren!“

Mehr sagte er nicht und schlurfte los in Richtung Tür.

„Sollten wir nicht wenigstens einen Archäopteryx zurate ziehen, der sich mit solchen Altertümern auskennt?“, rief ihm Holmes hinterher. Ich hätte beinahe laut losgelacht. Der Constable winkte ab und öffnete die Tür.

„Vielen Dank übrigens, Colonello, für ...“ Als er das Gesicht des Hausherrn sah, brach er ab. „Danke, ich finde allein hinaus“, murmelte er im Gehen.

„Also wirklich, Holmes“, tadelte ich milde, als der Polizist draußen war. „Archäopteryx! Der Urvogel! Ich bitte Sie!“

„Unsere Polizei! Kompetent und up to date!“

„Sie hören es ja, Mister Holmes. Niemand interessiert sich für den Schädel. Es gibt keinen Fall für Sie! Fahren Sie wieder nach London und schicken Sie mir die Rechnung. Und mit Fin spreche ich später wegen seiner unerhörten Eigenmächtigkeiten!“

„Hier lag und liegt ein Offizialdelikt vor“, wiederholte Holmes.

„Wir würden uns mitschuldig machen, wenn wir das nicht verfolgen würden“, ergänzte ich.

„Genau! Wir werden also so oder so weiter ermitteln, jedoch zunächst von London aus. Die komplizierte Sachlage erfordert das Ergreifen außerordentlicher Mittel. Ich mache Sie dafür verantwortlich, Colonello, dass der Schädel unversehrt bleibt. Mister Lampard, am besten bewahren Sie ihn und die Stifte an einem sicheren Ort auf. Wir melden uns, sobald wir mehr wissen.“

Dann verließen wir Skirym Den. Lampard brachte uns zum Bahnhof.

„Der Colonello“, meinte er auf dem Bahnsteig, bevor der Zug einrollte, „wird mir die Hölle heiß machen! Wollen Sie Maizies Kopf nicht lieber selbst mitnehmen?“

„Stellen Sie sich vor, unsere hochkompetente Polizei würde uns damit erwischen“, gab Holmes zu bedenken. Ich nahm den Ball gleich auf.

„Berühmter Detektiv mit Schädel von Mordopfer erwischt, wird in den Zeitungen stehen.“

„Das geht natürlich nicht“, meinte Lampard. „Aber ich bin beunruhigt.“

„Es wird Ihnen nichts geschehen, denke ich“, erläuterte mein Freund. „Übrigens, wie hieß Maizie mit Nachnamen?“

„Crooke, Mister Holmes, war ihr Name. Maizie Crooke.“

„Crooke, aha! Und wo stammte sie her?“

„Hier aus der Gegend. Aus Ickleford. Dem Nachbarort von Hitchin.“

„Ah ja! Die nächsten zwei oder drei Tage werde ich leider unabkömmlich sein. Ein anderer Fall, wenn Sie verstehen. Wenn wir danach wiederkommen, werden wir das aber heimlich tun. Wir avisieren unser Eintreffen per Telegramm! Auf Wiedersehen! Und geben Sie gut auf sich acht!“

„Mach ich, Mister Holmes! Auf Wiedersehen!“


*


Auf der Rückfahrt im Zug brachte Holmes seine Verwunderung zum Ausdruck.

„Ich verstehe das nicht! Warum kommt dieser Lampard zu uns, wo die Sache sich doch ganz anders und viel einfacher bereinigen ließe? Er hätte den Schädel doch einfach nur in den nächsten Fluss werfen müssen und niemand hätte einen Zusammenhang zwischen ihm und der Toten herstellen können! Ich frage mich, ob der Colonello und Lampard Komplizen oder Gegner sind. Wahrscheinlich Komplizen. Auf die Polizei können wir – ich bin versucht zu sagen wie immer – nicht zählen. Ganz davon ­abgesehen, dass der Colonello sie anscheinend schmiert. Um ein Haar hätte der Constable sich verplappert und sich für irgendeine Wohltat bedankt. Haben Sie das Gesicht des Colonello gesehen?“

„Er war alles andere als begeistert.“

„Aber da wäre noch etwas.“

„Nämlich?“

„Die Geschichte von der Schlacht. Wieso versucht ein junger Mann, der als Tunichtgut bekannt und zum Zwecke der Besserung vom Vater zum Militär gezwungen worden war, plötzlich, einen Kameraden von der Desertion abzuhalten und lässt sich dabei von der eigenen Artillerie totschießen? Das erscheint mir nicht schlüssig.“

„Sie haben keinen Krieg miterlebt, Holmes, und können gar nicht wissen, was eine Schlacht mit einem Menschen, aus einem Menschen machen kann. Es liegt jenseits der Vorstellungskraft von Zivilisten. Das Geschrei, der Kanonendonner, die Schreie, das Blut! Da kann man schon verrückt werden! Besonders, wenn man es vorher vielleicht schon war!“

„Eben darum hatte ich Sie um heimliche Aufnahmen von Lampard gebeten.“

„Sie sind ja auch, wie man so sagt, im Kasten!“

Nachdem wir in die Baker Street zurückgekehrt waren, widmete sich Holmes zunächst wieder dem Kleingeld auf der Treppe. Das nahm mehr Zeit als geplant in Anspruch. Ich entwickelte derweil die Bilder aus der Spazierstock-Kamera. Sie waren gut belichtet und scharf.

Holmes, dachte ich, würde mit dem Ergebnis zufrieden sein.


*


Es muss wohl am zweiten Tag nach unserer Rückkehr aus Hitchin gewesen sein, als der Telegrammbote Nachricht von Sherlocks Bruder Mycroft aus Whitehall brachte. Holmes las mir während einer kurzen Phase der Anwesenheit das Epistulum vor, wobei er natürlich alle Abkürzungen für mich auflöste.

„Emeraldo Gaviale, ital. Abkunft; Oberst a.D. Äthiop., China, Indien, Afghan., Ägypt. 1883 regul. als Oberst aus Dienst gesch. Mehrere vergebl. dienstl. Untersuchungen wg. angebl. Grausamkeit. Sohn Eduardo ­Gaviale, Fähnr., 1898 Stationierung in Ägypten. Teiln. an der ­Atbara-Schlacht. Durch freundl. Artilleriefeuer gefallen bei dem Versuch, einen Deserteur zu retten. Möglicherweise ebenfalls Desertionsversuch, jedoch keine offiz. Untersuchung. M.“

„Leider schreibt mein Bruder nicht, ob sich die Grausamkeit des Obersten gegen den Feind oder die eigenen Leute richtete. Es würde aber durchaus zu seinem galligen Charakter passen. Die ganze Angelegenheit ist ausgesprochen mysteriös! Würden Sie mir bitte eines der Porträts von Lampard reichen? Ich darf Sie übrigens zu Ihrer ruhigen Hand beglückwünschen. Und geben Sie mir bitte noch ein paar weitere Telegramm-Formulare aus ihrem Schreibtisch.“

„Nichts, was ich lieber täte, mein Freund! Darf ich – nur für die Annalen – fragen, was Sie vorhaben?“

„Dürfen Sie, mein Teuerster, dürfen Sie. Ich muss mich noch einmal an meinen Bruder wenden. Auch von anderen Personen erwarte ich mir entscheidende Hilfe. Aber jetzt muss ich mich erst um das Kleingeld auf der Treppe kümmern. Halten Sie sich bereit, wir müssen in Kürze einen ganz besonderen Besuch abstatten. Ich zähle auf Ihre Begleitung. Ohne Sankt Webley übrigens. Unbedingt ohne ihn! Wir würden damit nur unliebsames Aufsehen erregen! Bis dahin leben Sie wohl, mein Freund!“

Mit diesen kryptischen Ankündigung griff er seinen Mantel vom Haken und eilte die Treppe hinunter. Unten fiel die Haustür ins Schloss.


*


Am nächsten Tag brachte ein Whitehall-Bote einen Brief. Natürlich von Mycroft. Als Holmes am Abend kurz herein­schneite, um hastig ein Sandwich zu essen und eine Tasse Tee hinunterzustürzen, öffnete er den Umschlag, zog ein Schreiben daraus hervor und las es durch.

„Das ist, besorgt auf Intervention meines Bruders, ein Passierschein für einen gewissen Mister Holmes, Esquire, und seinen Begleiter Doktor Watson, unterschrieben von Mister Willowshank Bolpence persönlich, seines Zeichens Direktor der Strafanstalt Pentonville im nördlichen London.“

„Was wollen wir denn im Gefängnis, Holmes? Jemanden besuchen?“

„Wohl eher nicht. Es geht um eine Frage von Identität. Lassen Sie sich überraschen, mein Lieber! Jetzt werden Sie verstehen, warum ich Sie bat, Ihren geliebten Revolver zu Hause zu lassen.“

Das verstand ich ganz gut. Noch einen Tag später brachte uns eine Droschke nach Pentonville in den Norden Londons. Unterwegs las Holmes weitere Telegramme, die in seiner Abwesenheit eingetroffen waren. Er nickte befriedigt, äußerte sich aber zunächst nicht dazu.

Am Eingang der Haftanstalt wiesen wir unseren Passierschein vor und wurden von einem mit einem Schlagstock bewaffneten Wachmann hineingeführt.

Gefängnisse erfüllen mich immer mit Beklommenheit. Das war hier in besonderem Maße der Fall, denn Pentonville ähnelt einer Kathedrale, und die Religion, die hier ausgeübt wird, heißt Bestrafung und Buße. Von einer dreistöckigen großen Mittelhalle aus verzweigten sich in mehreren Richtungen die Zellentrakte. Auf Brücken, welche die einzelnen Trakte verbinden, patrouillierten uniformierte Wachen. Alles war hell und bot im Notfall freies Schussfeld in sämtliche Gänge hinein, auf nahezu jede Zellentür.

Ein älterer Herr im Gehrock, Direktor Willowshank Bolpence höchstpersönlich, empfing uns mit ausgesuchter, wenngleich etwas parfümiert und unterwürfig wirkender Höflichkeit.

„Sie gehören ja sozusagen zu den Hauptlieferanten unserer Einrichtung, Mister Holmes. Übrigens habe ich alle Berichte Doktor Watsons über Sie gelesen. Es ist sozusagen meine Pflichtlektüre, wenn Sie verstehen.“

Er lachte über seine Scherze.

„Ihr Besuch bedeutet deshalb eine große Ehre für mich. Da Ihr Herr Bruder involviert ist, wage ich kaum zu fragen, worum es geht? Sicher etwas streng Geheimes? Staatstragendes?“

„Mitnichten, Mister Bolpence! Es geht um die Frage einer Identität. Mein Bruder bat Sie, uns Einsicht zu gewähren in die Akte des Häftlings Finley Lampard, der, wenn auch nicht ganz freiwillig, für einige Jahre Ihr Logiergast war. Dabei sind wir sehr froh, dass jeder Neuankömmling bei Ihnen fotografisch porträtiert wird.“

„Niemand ist ganz freiwillig unser Logiergast. Wenn der Aufenthalt hier auf Freiwilligkeit beruhen würde, könnten wir dichtmachen. Kleiner Scherz! Wenn Sie mir bitte nun in mein Büro folgen wollen. Die Akte, selbstverständlich mit Porträtaufnahme, liegt schon für Sie bereit. Bitte sehr, Mister Holmes. Doktor.“

„Danke sehr!“

Holmes nahm an einem Tisch Platz, wo die Akte lag, und schlug sie auf. Ich zog meinen Zwicker aus der Tasche und blickte ihm über die Schulter.

„Potztausend!“, entfuhr es mir. „Das soll Finley Lampard sein?“

Der Häftling, der da vorschriftsgemäß für den Fotografen die Hände auf die Brust gelegt und mit traurigen Augen in die Kamera geblickt hatte, war wesentlich älter – und kahler – als der Mann, den wir als Finley Lampard kannten, und sah ganz anders aus.

„Ist er das nicht?“, fragte der Direktor erstaunt.

„Jedenfalls nicht derjenige, der sich uns in der Baker Street unter diesem Namen vorgestellt hat. Mmmh! Sieben Jahre Haft. Entlassen im vergangenen Herbst. Wenigstens das stimmt.“

„Bei uns stimmt alles“, protestierte der Direktor. „Fehler sind ausgeschlossen.“

„Das meine ich nicht“, beruhigte ihn Holmes. „Die Identität, von der ich sprach, ist offenkundig nicht gegeben. Wir sind einem Betrüger aufgesessen!“

„Aber Mister Holmes, doch nicht Sie! Das ist doch ganz und gar unmöglich!“

„Leider doch! Mister Bolpence, wir sind Ihnen zu allergrößtem Dank verpflichtet. Ich werde Sie meinem Bruder empfehlen!“

„Seien Sie herzlich bedankt, Mister Holmes. Und wenn Sie wieder einmal etwas wissen wollen – Sie brauchen doch wirklich nicht zuerst Sir Mycroft zu bemühen. Wenden Sie sich ganz direkt an mich persönlich! Was ich für Sie tun kann, werde ich mit dem allergrößten Vergnügen tun. Als Leser Ihrer Abenteuer von Anbeginn an. Sie verstehen!“

Holmes bedankte sich kühl. Ehe Bolpence ihn auch noch zum Abschied die Hand küssen konnte, verließen wir das gruselige Gemäuer.

„Lampard ist nicht Lampard“, erklärte Holmes draußen. „Arbeiten Sie niemals mit ungeprüften Tatsachen, Watson. Niemals!“

„Gut, Holmes. Werde ich nicht. Aber wer ist der Mann, der sich Lampard nennt, wirklich?“

„Das werden wir bald erfahren. Ich habe einen bestimmten Verdacht, aber noch keinen Beweis.“

Auf dem Nachhauseweg teilte er mir noch den Inhalt eines Telegramms aus Ickleford mit. Der dortige Pfarrer hatte im Kirchenregister nachgeschlagen.

„Maizie Crooke wurde in Ickleford geboren und getauft. Nach der Firmung gaben ihre Eltern sie außerhalb in Stellung. Der Pfarrer weiß aber nicht mehr wo und bei wem. Er hat seit ihrem Weggang nichts mehr von ihr gehört. Sie wäre in diesem Jahr fünfundzwanzig Jahre alt geworden. Gut zu wissen, wenngleich es in keiner Weise weiterhilft.“

Dann endlich war das Drei-Pfeifen-Problem, das sich unter der Hand in ein Drei-Tage-Problem verwandelt hatte, glücklich gelöst und Holmes konnte telegrafisch unsere Rückkehr nach Hitchin ankündigen. Schon vorher hatte ich einige Briefe von ihm zur Post bringen müssen. Ich musste sagen, Holmes plante wirklich, außerordentliche Maßnahmen zu ergreifen.

Als wir dort am folgenden Tag aus dem Zug stiegen, überfiel uns der Jagdaufseher mit einer schlechten Nachricht. Einer sehr schlechten.

„Der Kopf ist nicht mehr da, meine Herren. Vermutlich zerstört. Ich hatte ihn in das Jagdaufseherhaus mitgenommen und in einer alten Munitionskiste aus Holz in meinem Schlafzimmer aufbewahrt. Als ich am Tag nach ihrer Abreise unterwegs war, hat jemand das Haus angezündet. Es brannte bis auf die Grundmauern nieder. Ich konnte Maizies Kopf nirgends mehr finden.“

„Warum haben Sie nicht sofort ein Telegramm geschickt?“

„Der Colonello meinte, Sie kämen ja ohnehin bald. Er ließ mich nicht fort, eines aufzugeben.“

„Das ist sehr verdächtig“, entfuhr es mir.

„Es wirft jedenfalls noch mehr Zwielicht auf den Colonello“, bestätigte Holmes. „Zeigen Sie uns die Brandstelle?“

„Ja, gerne!“

Von dem Jagdaufseherhaus standen nur noch die Grundmauern. Für den Bau des Hauses war der Wald in einem Umkreis von etwa zwölf Yards gerodet worden. Es stand so frei, dass bei seinem Brand die Flammen nicht auf die Bäume übergegriffen hatten. Als wir uns der Brand­ruine näherten, fiel mir etwas entfernt etwas Rotes in dem vom Feuer ausgebleichten Gras auf. Holmes, den ich sofort ­darauf aufmerksam gemacht hatte, hob einen Fetzen rot gemusterten Tuches, herausgerissen vielleicht aus einem Hemd oder einem Rock. Seltsam war jedoch, dass der Fetzen mit einem Stein beschwert war.

„Wahrscheinlich hat ihn einer der Zigeuner verloren“, mutmaßte Lampard. „Da der Brand nachts ausbrach, muss ich das übersehen haben. Ich zog sofort nach Skirym Den um. Meine gesamte Habe befand sich hier im Haus. Viel war es aber nicht.“

„Hier versucht jemand, ganz offensichtlich, Spuren zu verwischen und Verdacht auf die Zigeuner zu lenken. Wie sonst wäre zu erklären, dass auf dem Stofffetzen ein Stein liegt? Irgendwer wollte wohl verhindern, dass er ­weggeweht wird. Wo halten sich diese Zigeuner jetzt auf?“

„In ihrem Lager, vermute ich. Ich halte mich von ihnen fern. Aus ihnen ist sowieso nichts herauszubekommen.“

„Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Eine Befragung wäre allenfalls das allerletzte Mittel, wenn gar nichts anderes mehr Erfolg verspricht. Was sind das für zerbrochene Holzbretter da im Gras?“

„Das sind Bodendielen. Offenbar wurden sie herausgebrochen und aus dem Fenster oder der Tür geworfen. Meiner Meinung nach wollten sich die Diebe überzeugen, dass es keinen unterirdischen Vorratsraum oder so etwas gibt.“

Holmes erwiderte gar nichts.

Die Brandstelle war inzwischen abgekühlt, sodass Holmes in die Reste des Hauses eintreten konnte. Lampard erklärte uns, wie die Räume aufgeteilt gewesen waren.

„Hier konnte ich mir Essen kochen und mich waschen, hier schlief ich, und das hier war sozusagen das Wohnzimmer.“

Holmes bohrte mit seinem Spazierstock – nicht dem mit der Kamera im Griff, sondern dem, in welchem ein Degen verborgen war – in den verkohlten Trümmern herum. Besonderes Augenmerk richtete er auf den Schlafraum, in dem die Munitionskiste mit dem Schädel gestanden haben sollte. Es fanden sich weder Überreste des einen noch des anderen, vor allem nicht die Stifte aus dem Schädel. An den Wänden hatten Jagdtrophäen gehangen, die jemand vor Ausbruch des Feuers auf den Boden geworfen hatte. Knochen und Geweihe widerstehen ­normalerweise ­Bränden recht gut. Diese Erkenntnis bestätigte sich hier erneut. Während von den Holzplatten, auf die die Tierschädel aufgeschraubt oder -genagelt gewesen waren, restlos vernichtet waren, konnte man die Überreste der Trophäen – Geweihe, Gehörne, Kieferknochen – noch gut erkennen. Holmes durchsuchte die verwüsteten Räume sehr sorgfältig, fand aber keine erwähnenswerten Spuren.

„Hier können wir wohl nichts mehr ausrichten, Mister Lampard. Bringen Sie uns bitte nach Skirym Den. Ich würde gerne noch einmal mit dem Colonello sprechen.“

Diesen trafen wir vor dem Haus, ein Gewehr am Riemen über der Schulter. Offenbar wollte er gerade zur Jagd aufbrechen. Eben brachte ein Stallknecht den ­English Hunter, den wir schon einmal gesehen hatten. Als der Colonello uns kommen sah, beschied der dem Stallknecht mit einer Geste, das Tier wieder wegzuführen. Nach den üblichen Begrüßungs-Präliminarien blieb Lampard, der anscheinend sehr vertrauten Umgang mit dem Colonello pflegte, einfach bei uns stehen, statt, wie es von einem Bediensteten füglich zu erwarten gewesen wäre, beiseite zu treten oder unter einem Vorwand wegzugehen.

„Ich kann Sie beruhigen, Colonello“, begann Holmes, wobei er eine von mir entwickelte Aufnahme aus der Tasche zog. „Obwohl Maizies Schädel vernichtet scheint, gibt es noch immer einen Beleg von seiner Existenz. Doktor Watson war so freundlich, in Ihrer Wildküche eine Aufnahme anzufertigen. Bitte verzeihen Sie, wenn er dabei nicht vorher um Ihre Erlaubnis nachsuchte!“

„Was fällt Ihnen ein, Holmes? Sie wagen es? Sie ...“

„Echauffieren Sie sich nicht, Colonello, und erzählen Sie bitte von den genauen Umständen, unter denen Ihr Sohn starb“.

Der Colonello atmete tief durch.

„Na gut! Niemand soll sagen können ...“

Was niemand sagen können sollte, ließ er unausgesprochen. Er ließ sich auf einer Bank vor dem Haus nieder, deren einst grüne Farbe fast völlig abgeblättert war, und lud uns mit der Hand ein, es ihm nachzutun. Auch wir ließen uns nieder, doch ich griff unauffällig in die Jackentasche, bereit, meinen Webley zu ziehen, wenn der Colonello Anstalten machen sollte, nach seiner Waffe zu greifen. Der dachte jedoch gar nicht daran, sondern räusperte sich und begann seine Erzählung.

„Obwohl es Sie und Doktor Watson nichts angeht, Mister Holmes, will ich Ihnen erzählen, wie es gewesen ist. Eddie war ganz und gar aus der Art geschlagen. Er war labil und leicht zu beeinflussen, denn er hatte leider die weinerliche, weiche Seele seiner Mutter geerbt. Er trank zu viel, frönte exzessiv dem Kartenspiel und neigte zu melancholischen Phasen, in denen er sich kindischen Träumen hingab von sozialer Gerechtigkeit und solchem Unsinn. Klang manchmal wie einer von diesen Sozialisten oder Proudhonisten3 oder wie man die nennt. Andererseits konnte er regelrecht verrückt sein. Wenn er getrunken hatte, was er oft genug tat, wurde er aggressiv und ­gewalttätig. Ich gebe zu, das war vielleicht mein Erbe. Ich pflege Probleme auf militärische Art zu lösen: Feind erkennen, umzingeln und mit der Artillerie draufgeben, bis alles sich erledigt hat. Bewährte Methode. Klappt meistens. Und man braucht feste Hierarchien. Wie beim Militär. Pech, wenn einer da nicht mitmachen und sich nicht unterordnen will. Wie Eddie.

Nach diesem Unfall mit dem Treiber hatte ich die Nase voll von seinen ständigen Fisimatenten. Ich zwang ihn, in die Army einzutreten, weil ich hoffte, dass man dort endlich einen Mann aus ihm machen würde. Ich sollte mich geirrt haben. Die strenge militärische Disziplin hatte keineswegs die erwünschte Wirkung auf ihn. Er hätte lieber heute als morgen einen Vorwand gefunden, den Abschied zu nehmen oder sich freigekauft, wenn er Geld gehabt hätte. Irgendwo habe ich noch seine weinerlichen Briefe. Bitte, Vater, ich will nach Hause! Widerlich!

In der Schlacht von Atbara – er war gerade zum Fähnrich avanciert – geriet er ins eigene Artilleriefeuer, als er versuchte, einen in Panik geratenen Kameraden, der ihm im Range gleichgestellt und offenbar sein bester Freund war, am Davonlaufen zu hindern. Der Kamerad erlitt schwere Kopfverletzungen durch Granatsplitter, überlebte aber und wurde wegen der Schwere seiner Verwundung als dienstunfähig aus der Army entlassen. Es gab aber Gerüchte, denen zufolge nicht er, sondern Eddie versucht hätte, zu desertieren. Ihnen wurde aber Gott sei Dank nicht offiziell nachgegangen.“

„Darf ich den Namen des Kameraden erfahren?“

„Er hieß Pradrick Hawell-Neckett. Letzter Überlebender einer einst glanzvollen Familie. Keinerlei militärische Tradition.

‚Er wird eine Operation nicht überleben‘, sagten die Ärzte, ‚aber er hat ohnehin keine lange Lebensspanne mehr vor sich.‘

So nahm ich ihn mit hierher, um ihn zu pflegen. Vielleicht, so hoffte ich, könnte ich eines Tages die Wahrheit aus ihm herausbekommen und den Makel vom Namen Gaviale abwaschen, den die Desertionsgerüchte hinterlassen hatten.“

Holmes notierte sich den Namen in sein Notizbuch.

„Und wo ist Ihr Sohn begraben?“

„Er liegt im Sudan auf einem britischen Militärfriedhof. Ich unterließ es, seine Totenruhe zu stören und seine sterblichen Überreste nach England zu überführen.“

„Was geschah dann?“

„Na, ich brachte Pradrick nicht in Skirym Den unter, sondern in Fins Haus. Das stand ja inzwischen leer. Maizie stellte ich als Pflegerin ab. Sie zog dort ein und pflegte ihn wirklich aufopfernd, aber ich zahlte ihr ja auch ein fürstliches Salär für ihre Mühen und ihre Diskretion.

Zunächst lag Pradrick in einer Art Dämmerschlaf. Er lag mit offenen Augen auf dem Bett und reagierte auf nichts. Eine Kanone hätte neben ihm abprotzen können, er hätte nicht einmal den Kopf gewendet. Maizie hatte die größte Mühe, ihm ab und an etwas Wasser einzuflößen oder ihn zu nötigen, wenigstens eine Kleinigkeit zu essen. Sie musste es ihm buchstäblich vorkauen. Die beiden ­lebten mehrere Monate lang ganz für sich in dem Haus. Dann schien sich Pradrick plötzlich zu erholen. Die Wachphasen dauerten länger und länger, bis er sogar wieder aufstehen und ein paar Schritte durchs Zimmer machen konnte. Er fand sogar die Sprache wieder. Erst entrangen sich nur einzelne Worte seinem Mund, dann schließlich wieder ganze Sätze. Zusammenhängende Sätze, jedenfalls meistens.

Allerdings war er irgendwie nicht mehr normal. Da war nichts mehr von militärischer Disziplin zu spüren. Er war aufbrausend und aggressiv, klagte über mörderische Kopfschmerzen, über Halluzinationen und Stimmen in seinem Kopf. Außerdem fühlte er sich von Meuchelmördern verfolgt. Oft beschuldigte er Maizie und mich, ihn vergiften zu wollen. Völlig unbegründet. Manchmal schlug er ohne Grund um sich oder wie wild den eigenen Kopf gegen die Wand. Er war ... er war völlig verrückt. Damit er mir keine Dummheiten machte, ließ ich vom Schmied eine Fußfessel anfertigen, mit der man ihn an der Wand anketten konnte.

Ich glaubte, alles Menschenmögliche getan zu haben, als ich mich auf eine schon lange vor der Kampagne im Sudan geplante mehrmonatige Tigerjagd in den Dschungel von Dschaipur begab. Hätte ich es bloß nie getan, dann wäre alles nicht so weit gekommen!

Bei meiner Rückkehr musste ich feststellen, dass Pradrick etwas wirklich Schreckliches angerichtet hatte. Noch bevor ich das Haus betrat, bemerkte ich die geschlossenen Fensterläden. Beim Eintreten warf mich der Gestank fast um. Alles war verdreckt. Pradrick lag nackt auf seinem Bett, daneben, ebenfalls ohne Kleider, Maizie. Nur war sie nun statt Pradrick mit der Fußfessel an die Wand fixiert. Das arme Mädchen war ganz offensichtlich guter Hoffnung, wenn man in solch einem Fall überhaupt von guter Hoffnung sprechen kann. Ihr Kopf war vor einiger Zeit kahl geschoren worden, aber schon wieder mit einem stoppelkurzen Flaum bedeckt. Ihre abgeschnittenen Locken bedeckten den Boden. Ihr ausgemergelter Körper und ihr Kopf, auch der Mund, waren über und über mit Grind, Blut und Blutergüssen überzogen. Mit leeren, leblosen Augen starrte sie gegen die Zimmerdecke. Offenbar war sie dem Verdursten nahe. Als ich auf Pradrick zu trat, fing er an, zusammenhangloses Zeug zu schreien und griff mich an.

‚Du bist ein Kannibale! Du willst mich fressen! Du bist ein Unhold!‘

‚Pradrick! Ich bin es. Emeraldo!‘, antwortete ich so ruhig wie möglich. ‚Was hast du mit Maizie gemacht? Hast du sie geschwängert?‘

‚Maizie? Die Vampirfrau? Sie wollte mich beißen und mein Blut trinken! Und ihren Balg damit nähren. Ich musste sie unschädlich machen. Sie hat sich gewehrt, aber ich habe sie gefesselt. Sie hat geschrien und geschrien. Ich sagte ihr, ihr Geschrei verursache mir Kopfschmerzen, aber sie wollte nicht schweigen. Da habe ich ihr Eisenstifte in den Kopf getrieben, damit sie ruhig ist! Sieben Stifte! Und zack! Und zack! Und zack!‘

Bei jedem zack! schlug er mit der Faust auf das Bett. Ich richtete meine Doppelflinte auf ihn, ohne die ich nie das Haus verlasse, um ihn in Schach zu halten, während ich mit der Hand über Maizies Kopf fuhr. Er hatte ihr tatsächlich Stifte bis zum Anschlag in den Kopf getrieben. Auf dem Boden, zwischen Maizies Haaren, sah ich noch den Hammer liegen.

‚Du Idiot! Du idiotischer, blöder Idiot‘, schrie ich, schier außer mir.

‚Ich bin kein Idiot! Ich bin Fähnrich Hawell-Neckett, Sir! Ich diene meinem Vaterland, Sir! Ich bin ein tapferer Soldat, Sir!‘

‚Du bist ein Idiot!‘, schrie ich. ‚Du gehörst in eine Irrenanstalt. Man müsste dich einsperren und den Schlüssel wegwerfen. Und das wäre gut so!‘

Ich weiß nicht mehr, was ich ihm alles an den Kopf warf. Ich glaube, ich nannte ihn sogar einen Kretin. Aber ich rechnete nicht mit dem vehementen Angriff, den er vortrug. Sein Faustschlag war kräftiger, als ich es je für möglich gehalten hätte. Für einen Augenblick war ich völlig benommen. Diesen kurzen Augenblick nutzte er, um mir die Doppelflinte zu entreißen, sich die Läufe in den Mund zu stecken und auf einem Fuß balancierend mit dem großen Zeh des anderen Fußes – er trug ja weder Schuhe noch Strümpfe – den Abzug zu betätigen. Sein Kopf zerplatzte förmlich. Sein Blut spritzte bis zur Decke hinauf, besudelte die Wand und sogar mich, obwohl ich vor ihm stand und nicht hinter ihm.

Als er zu Boden stürzte und reglos liegen blieb, trat eine Stille ein, die mir fast physisch wehtat. Eine Weile stand ich wie versteinert. Dann gewann die militärische Disziplin wieder die Oberhand und ich begann, kühl zu überlegen. Nach menschlichem Ermessen wusste niemand, dass Pradrick überhaupt hier gewesen war. Ich trug seine Leiche ein Stück weit in den Wald zu einem umgestürzten Baum, warf ihn in die Grube, die beim Umstürzen des Baumes entstanden war, und holte von Skirym Den eine Zwei-Mann-Schrotsäge. Einer der Zigeuner, deren Verschwiegenheit ich mir sicher sein konnte, half mir, den Stamm direkt über dem Baumteller zu durch­trennen. Mit lautem Krachen stürzte der Baumteller in die Grube zurück. Das war’s! Unter dem Baumteller würde niemand Pradrick finden, und ausgraben schon gar nicht, es sei denn, irgendwer würde einen Baukran oder einen Dampfbagger in meinen Wald schaffen. Aber wie soll so etwas zugehen? So aber würde er wenigstens in britischer Erde ruhen, nicht in irgendeinem gottvergessenen Land im Wüstensand. Ich wusste, dass ich für den Rest meines Lebens dieses furchtbare Geheimnis würde hüten müssen, aber was sollte ich tun? Gut, ich gebe zu, ich wollte mit Pradricks Leiche auch diese unselige Geschichte im Sudan begraben. Es ging um die Familienehre. Ist ja kein Kapitalverbrechen.

Ich nahm mich auch Maizies an. Hilfe holen konnte ich natürlich nicht. Das hätte unbequeme Fragen aufgeworfen nach dem Woher und dem Warum der Stifte in ihrem Kopf und nach ihrem Kind. Ich überlegte mir, dass ich sie wohl besser zu Pradrick in die Grube geworfen hätte, aber so skrupellos, eine schwer geschundene nackte Schwangere lebendig zu begraben, war ich denn doch nicht. Wieder half mir das Schicksal. Zwei Tage blieb sie noch am Leben, in denen ich sie eigenhändig wusch wie ein kleines Kind, ihr Wasser einzuflößen versuchte und ihre Wunden mit Jod behandelte. Allein, es half nichts. Sie bekam in der Nacht Fieber und erlebte den darauffolgenden Morgen nicht mehr.

Weil ich keinen passenden umgestürzten Baum mehr für ihre Beseitigung fand, trug ich Maizies Leiche ins Freie und errichtete über ihr einen kleinen Kohlemeiler. Es gab ja genügend alte Meilerplätze im Wald. Ein neuer würde da nicht weiter auffallen. Ich zündete ihn an und wartete ab. Als ich nach ein paar Tagen meinte, er habe lange genug gebrannt, löschte ich ihn ab und ließ ihn stehen. Er würde in Wind und Wetter irgendwann zerfallen. Von Maizie war bestimmt nichts mehr übrig. Auch das ist kein Kapitalverbrechen!“

„Wieso kam dann Maizies Kopf trotz Ihrer Bemühungen wieder zum Vorschein?“, fragte Holmes. Der Colonello wies auf Fin.

„Fin. Na ja, vielleicht auch ich. Ich bin kein Köhler. Vielleicht war der Meiler nicht groß genug. Wie auch immer! Nach seiner Entlassung zog Fin wieder ins Jagd­aufseherhaus, das ich eigens hatte renovieren lassen, um alle Spuren zu beseitigen. Ich hatte inzwischen mit den Zigeunern eine Übereinkunft getroffen, dass sie auf meinem Grund und Boden ihr Lager aufschlagen dürften, wenn die Männer mir bei der Waldarbeit helfen würden. Das taten sie so gut wie gar nicht, diese Faulpelze! Stattdessen meldete mir Fin gelegentliche Fälle von Wilderei und Holzdiebstahl. Eines Tages erwischte er sie beim Ausräumen von Maizies Meiler, obwohl ich ihnen streng verboten hatte, sich diesem auch nur zu nähern. Fin vertrieb sie durch einige Schüsse in die Luft, doch sie konnten mit einem Teil der Holzkohle flüchten. Als er die Reste des Meilers begutachtete, entdeckte er den Schädel und erkannte Maizie. So nahm das Unglück seinen Lauf, denn Fin suchte, ohne mich zu informieren, wie es seine Pflicht gewesen wäre, ausgerechnet Sie auf, Mister Holmes.“

„Das klingt alles sehr schön, Colonello, allein – Ihre wunderschön ausgedachte Geschichte weist Lücken und Ungereimtheiten auf. Gleich zwei verrückt gewordene Fähnriche, das scheint mir doch kaum glaublich. Und wer sagt uns denn, dass Maizie nicht doch ermordet wurde? Ihren Körper können wir nicht mehr untersuchen! Und liegen unter dem Baumteller wirklich die sterblichen Überreste von Pradrick Hawell-Neckett? Oder sind es in Wirklichkeit die von ganz jemand anderem? Zum Beispiel die von Finley Lampard?“

„Der steht doch hier vor Ihnen, Holmes! Also, ich muss mir das nicht länger anhören! Verlassen Sie sofort meinen Grund und Boden! Alle beide!“

„Bitte gedulden Sie sich noch einen Augenblick! Wir erwarten nämlich noch einen Gast, den ich so frei war, hierherzubestellen. Bis er eintrifft, will ich Sie noch an ein paar bescheidenen Gedanken teilhaftig werden lassen.“

„Was? Einen Gast? Noch mehr Schnüffler?“ Die Gesichtsfarbe des Colonello wechselte ins Dunkelrote. Gleich würde es hier eine wüste Schießerei geben!

„Genau! Sie können ihn nicht mehr aufhalten. Es wäre also besser, Sie hören mir ruhig zu!“

„Ich sehe schon, gegen Sie hat man kaum eine Chance!“

„Wahrscheinlich nicht! Nun denn! Wie Sie sich vielleicht erinnern, Mister Lampard, fielen mir bei Ihrem ersten Besuch in der Baker Street Ihr für einen Jagdaufseher vergleichsweise blasser Teint, Ihre im Vergleich zu Ihrer Kleidergröße schlanke Gestalt und Ihre wohlgepflegten Hände auf. Sie gaben daraufhin unumwunden einen Gefängnisaufenthalt als Grund an. Ich muss eingestehen, dass mir das bis vor Kurzem auch plausibel erschien. Was ich jedoch nicht verstand, war Ihr Motiv, uns zu engagieren. Sie hätten Ihren Fund lediglich heimlich verschwinden zu lassen brauchen, und die ganze Angelegenheit wäre auf immer vergessen worden. Warum haben Sie das nicht getan? Es kann eigentlich nur einen Grund geben. Sie kamen nicht aus freien Stücken, sondern weil der Colonello Sie geschickt hatte. Ihnen war ja zugegebenermaßen von Anfang an nicht wohl bei Ihrem Besuch. Aber warum schickte der Colonello Sie zu uns? Weil Sie in Wirklichkeit Eduard Gaviale sind. Wenn wir das nicht bemerkt hätten, könnten Sie jetzt still und zufrieden als Fin Lampard leben.“

„Schwachsinn!“, brüllte Gaviale. „Schierer Schwachsinn!“ Holmes ließ sich nicht beirren.

„Ich denke, Colonello, der echte Finley Lampard fand den Schädel und ging damit direkt zu Ihnen, Colonello. Bedrohte er Sie oder erpresste er Sie? Das werden wir nie erfahren. Auf jeden Fall war er plötzlich tot.“

„Was für ein Schwachsinn!“, wiederholte der Colonello. „Schwachsinn! Schwachsinn! Schwachsinn! Sie haben keinen einzigen Beweis für diese ungeheuerlichen Unterstellungen, Holmes! Verschwinden Sie! Augenblicklich!“

„Jedenfalls ward Finley Lampard nicht mehr gesehen. Keine andere Erklärung passt besser zu den Fakten.“

„Fakten!“, höhnte er. „Da steht Finley doch! Ist das nicht Fakt genug? Haben Sie keine Augen im Kopf?“

Holmes blieb ganz ruhig.

„Erzählen Sie doch einmal, Sie angeblicher Mister Lampard! Wie war das damals im Gefängnis? Beschreiben Sie doch einmal die Abläufe bei Ihrem Haftantritt in Pentonville!“

Die Worte kamen zauderlich und stockend.

„Na ja, ich ... äh, wurde verurteilt und vom Gerichtssaal direkt nach Pentonville gebracht. Dort wurde ich in meine Häftlingskluft eingekleidet und in eine Zelle gesteckt.“

„Welche Nummer?“

„C-421, glaube ich!“

„So! Glauben Sie! Mussten Sie keine Formalitäten erledigen?“

„Ein paar Formulare unterschreiben. Für meine Habseligkeiten und meine Kleidung.“

„Sonst nichts?“

Holmes lachte kurz auf.

„Ein Häftling, der nach siebenjähriger Haft seine Nummer nicht zu kennen behauptet! Meine Herren, ich muss es schon fast als Beleidigung auffassen, wie gering Sie ­meinen Intellekt einschätzen. Sie versuchen die ganze Zeit, uns einen kapitalen Bären aufzubinden! Colonello, schauen Sie doch Doktor Watson einmal tief in die Augen!“

„Was??“

„Tun Sie es einfach! Danke!“

Ich war fast einen Kopf größer als der Colonello und musste mich förmlich zu ihm hinunterbeugen. Er blickte mich hasserfüllt an. Ich sah es prima vista.

„Heterochromie der Iris. Schwach ausgeprägt.“

Holmes warf einen Blick auf seine Taschenuhr.

„Doktor Watson hat bemerkt, Colonello, dass Sie zwei verschiedenfarbige Augen haben, eine ebenso harmlose wie seltene Angelegenheit. Der angebliche Finley Lampard nennt, wie Doktor Watson sicherlich gerne wird bestätigen können, ebenfalls zwei heterochromatische Augen sein eigen. Habe ich recht, Doktor?“

„Natürlich, Holmes!“, erklärte ich. „Sie bemerkten das bereits bei seinem ersten Besuch bei uns in der Baker Street. Bei Katzen habe ich das schon gesehen, bei Menschen noch nicht. Das Phänomen ist unglaublich selten. Ein Fall auf mehrere Hunderttausend, wenn nicht gar auf eine Million. Die beiden Männer müssen Vater und Sohn, zumindest aber nahe Verwandte sein.“

Der Colonello schimpfte wieder los.

„Für alle Ihre Hirngespinste, Holmes, gibt es doch keinerlei Beweise ... mehr. Finito! Hauen Sie ab, bevor ich Gewalt anwende! Der Stallbursche wird Sie zum Bahnhof fahren.“

Holmes warf einen neuerlichen Blick auf seine Taschenuhr.

„Hier kommt auf die Minute pünktlich unser Beweis gefahren!“

Tatsächlich kam in diesem Moment eine herrschaftliche vierspännige Kutsche um die Biegung gefahren. Genau vor uns hielt ein livrierter Kutscher das Gespann an, stieg vom Kutschbock und öffnete den Schlag für den oder die Insassen. In der Kutschtür erschien, den Zylinder in der einen und ein Aktenkonvolut in der anderen Hand, kein Geringerer als der ehrenwerte Gefängnisdirektor Willowshank Bolpence. Mister Bolpence war Holmes’ schriftlicher Einladung offenbar mit allergrößtem Vergnügen nachgekommen. Nun entstieg er seinem Gefährt und begrüßte uns herzlich. Die Anwesenden erhoben sich alle.

„Mister Holmes, Doktor Watson, welche Freude!“

„Ganz unsererseits, Mister Bolpence, ganz unsererseits! Danke, dass Sie den Weg hierher zu unserem kleinen Ortstermin nicht gescheut haben. Darf ich die Vorstellung übernehmen? Hier der hiesige Hausherr, Colonel a.D. Emeraldo Gaviale und hier sein Jagdaufseher. Meine Herren, Mister Willowshank Bolpence, Leiter der Strafanstalt Pentonville in London. Sie werden ihn ja sicherlich noch in bester Erinnerung haben, Mister Lampard.“

Bolpence blickte sich erstaunt um.

„Lampard? Dieser Herr? Das ist nicht Lampard!“

„Damit wäre der Zwecks Ihres Hierseins bereits erfüllt, Mister Bolpence. Ihr Häftling Lampard und dieser Herr hier sind also verschiedene Personen.“

„Ganz offenkundig!“, beeilte sich Bolpence mitzuteilen. „Sie deuteten es ja bereits in meinem Büro an. Übrigens ... Ich habe auf Ihre Bitte und mit ausdrücklicher Billigung Ihres Herrn Bruder die Akte mitgebracht! Bitte sehr!“

„Was zum Teufel soll das beweisen, Mister Holmes?“, begehrte der Colonello auf.

„Es beweist, dass Ihr Sohn noch nie ein Gefängnis von innen gesehen hat. Sonst hätte er gewusst, dass jeder neue Häftling in Pentonville bei seiner Einlieferung fotografiert wird. Sehen Sie!“

Mister Bolpence hob die Akte mit der Fotografie hoch. Sie war für alle Anwesenden deutlich lesbar mit der Aufschrift Lampard Finley versehen. Der Häftling auf der Fotografie hatte keinerlei Ähnlichkeit mit dem angeblichen Finley Lampard, der mit verkniffenen Lippen zwischen uns stand. Holmes wollte aber ganz sichergehen.

„Mister Bolpence“, fragte er, „war die Häftlingsnummer Finley Lampards C-421?“

„Eine solche Nummer gibt es bei uns nicht!“, erklärte Bolpence ohne Zögern. „Ich glaube kein Dienstgeheimnis preiszugeben, wenn ich sage, dass die richtige Nummer IR 1005 16 3 91 lautet. Außerdem ist dieser Herr viel zu jung. Der echte Finley Lampard war fast zwanzig Jahre älter.“

Da brach es aus dem falschen Lampard heraus.

„Ich glaube, es ist Zeit, reinen Tisch zu machen. Ja, meine Herren, ich bin Eduardo Gaviale. Ich bin ein Deserteur. Auf dem Höhepunkt der Schlacht verließen mich die Nerven und ich ließ mein Geschütz und meine ­Kameraden ­schmählich im Stich. Prad, also Fähnrich Pradrick Hawell-Neckett, versuchte, mich zurückzuhalten. Er holte mich ein und es kam zu einer regelrechten Prügelei zwischen uns. Ich war geradewegs auf die Linien der Mahdisten zugerannt, aber in einen Frontabschnitt, den unsere Geschütze noch nicht bestrichen. Wir hatten Glück und waren von den Arabern nicht bemerkt worden. In dem Augenblick, als Prad mich zu fassen kriegte, eröffneten die Unsrigen ausgerechnet auf diesen Abschnitt das Feuer. Prad war sofort tot, sein Kopf war nur noch eine blutige Masse. Ich selbst wurde von einem Granatsplitter getroffen, merkte es aber nicht sofort. Der Schock, wenn Sie verstehen. Mir kam noch ein irrwitziger Einfall. Das wäre die Gelegenheit, heil aus der Sache mit der Desertion herauszukommen! Rasch vertauschte ich unsere Soldbücher. Es war nur ein Handgriff. Dann wurde ich ohnmächtig.“

„Sie nahmen also spontan die Identität von Pradrick Hawell-Neckett an?“

„Ja, genau. Gleich darauf müssen uns die Sanitäter aufgesammelt und ins Lazarett geschafft haben. Niemand bemerkte den Tausch. Unsere Einheit erhielt eine Verlustnachricht, das war’s.“

„Sie haben gewonnen, Holmes!“, mischte sich der Colonello ein. „Jetzt bleibt nur noch, die Kapitulation zu unterschreiben. Ja, ich wurde natürlich benachrichtigt, doch bis ich im Sudan eintraf, war mein angeblicher Sohn schon lange begraben. Durch Zufall – ich wollte im Lazarett einen verwundeten Offizier besuchen, den ich noch aus meiner aktiven Zeit kannte – stand ich unvermittelt vor Eddies Krankenbett. Sie können sich meine Verwunderung vorstellen, doch ich ließ mir nichts anmerken, las seinen Namen auf der Schiefertafel an seinem Bett ab und mimte den Überraschten.

‚Pradrick‘, stieß ich mit gespielter Überraschung hervor. ‚Das ist der junge Hawell-Neckett. Ich kenne seinen Vater gut! Wie schrecklich das ist!‘

Im Nu fasste ich einen Plan.

‚Ich werde mich um ihn kümmern‘, versprach ich, ‚schon um meines gefallenen Sohnes willen.‘

Diese Art von Gesülze, Sie verstehen.“

„Und zu Hause ließen sie Eddie in Maizies Obhut und fuhren zur Tigerjagd?“

„Der Maharadscha hatte mich eingeladen, da kann man doch nicht absagen. Was sollte ich tun?“

„Aber während Ihrer Abwesenheit drehte Eddie erneut durch?“

„So ist es!“

„Ja, schon“, versuchte sich Eddie zu rechtfertigen. „Aber das war nicht wirklich ich ... Das war ... jemand anderes. Ein Fremder in meinem Kopf. Der Granatsplitter! Ich war nicht ich selbst. Ich kann nichts dafür! Ich kämpfte dagegen an. Ich hatte wahnsinnige Kopfschmerzen. Immer wieder schlug ich meinen Kopf gegen die Wand, damit die Stimmen in meinem Kopf verstummten. Aber sie verstummten nicht! Sie flüsterten mir bei Tag und bei Nacht böse Dinge ein. Maizie versuchte mit all ihrer Liebe ... Sie wollte mich trösten ... Sie gab mir das Morphium, das mein Vater gegen die Schmerzen da gelassen hatte. Schließlich wurde sie schwanger! Das machte die Stimmen und die Schmerzen noch schlimmer! Ich verlangte mehr Morphium, aber sie hatte keines mehr. Ich konnte sie überreden, meine Fußfessel zu lösen. Sie tat es, weil ich sie so lieb darum bat. Aber ich überwältigte sie, fesselte sie an die Wand und rasierte ihr das Haar ab, um sie zu demütigen. Sie sollte mir endlich das Versteck des Morphiums verraten! Dass es alle war, glaubte ich ihr nicht! Ich fand ein Kistchen Stifte für das Präparieren von Trophäen. Die schlug ich ihr in den Kopf. Damit sie genau solche Kopfschmerzen bekommen sollte wie ich.

‚Hörst du die Stimmen jetzt?‘, fragte ich immer wieder, aber sie wimmerte nur. Und gab mir kein Morphium. Irgendwann fand uns dann Vater. Aber es war zu spät.“

„Sagte ich es nicht?“ Triumph lag in Holmes’ Stimme. „Zwei wahnsinnige Fähnriche wären zu viel des Zufalls gewesen! Es war tatsächlich nur einer. Aber wie“, fragte er weiter, „verschwand denn dann der Fremde aus Ihrem Kopf, um im Bilde zu bleiben, Eddie? Sie wirken heute völlig gesund und geistig normal. Können Sie das vielleicht erklären, Colonello? Spielte da nicht ein gewisser Arzt eine Rolle?“

„Sie wissen aber auch alles! Ja, ich fand unter, na sagen wir konspirativen Bedingungen einen Arzt, der anders als die Quacksalber vom Militär bereit war, meinem Sohn zu helfen. Eine wirkliche Kapazität. Er holte den Granatsplitter aus dem Schädel meines Sohnes heraus. Danach war sein ganzer Wahnsinn wie weggeblasen. Als hätte es ihn nie gegeben. Alles erschien uns wie ein böser Traum. Nur das Grab unter dem Baumteller und der Schädel erinnerten daran, dass die Wurzeln des Traumes in der Wirklichkeit gründeten.

Der Arzt war zwar ein Genie, wusste aber, was er wert war. Seine Rechnung zog mir wahrlich und wahrhaftig die Hosen aus.“

Holmes schaute zur Kutsche, doch dort blieb alles ruhig. Der Colonello fuhr fort.

„Etwa um die Zeit, als Fin aus dem Gefängnis kam, waren die Zigeuner dann endlich auf die Idee gekommen, den Meiler zu plündern. Fin, der sofort seine Dienstpflichten mit der gewohnten Genauigkeit wieder aufgenommen hatte, fand zufällig den Schädel, zählte zwei und zwei zusammen und forderte eine üppige Gratifikation für sein Schweigen.“

„Die du nicht mehr hattest“, ergänzte Eddie.

„Nein, wie gesagt, der Arzt war gut, aber ein ziemlicher Raffzahn.“

„Na, na, das will ich aber nicht gehört haben! Solche Undankbarkeit hätte ich von Ihnen nicht erwartet!“

Das meckernde Lachen, das aus der Kutsche erklang, konnte nur einem gehören, nämlich Professor Hillary Bentingham, einem der Leibärzte des Königshauses. Seit einigen Jahren war er Sir Hillary. Holmes hatte den notorisch hocheitlen Mediziner und Seelenarzt offenbar ebenfalls eingeladen, und er schien schon ungeduldig auf seinen Auftritt gewartet zu haben, den er sprang wie Jack-in-the-Box förmlich aus der Kutsche!

„Kunst hat ihren Preis, nicht wahr, Watson! Sei gegrüßt, altes Haus!“

Er rammte mir zur Begrüßung mit brachialer Herzlichkeit die Faust in die Rippen.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783957192226
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Januar)
Schlagworte
Detektiv Großbritannien Spannung Krimi Ermittler Historisch

Autoren

  • Klaus-Peter Walter (Hrsg.) (Autor:in)

  • Franziska Franke (Autor:in)

  • Johanna M. Rieke (Autor:in)

Klaus-Peter Walter (* 18. April 1955 in Michelstadt im Odenwald) ist ein deutscher Autor. Er studierte Slawistik, osteuropäische Geschichte und Philosophie in Mainz und promovierte 1983. Seitdem ist er als freier Publizist tätig. Er schrieb unter anderem für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Welt und den SWR.
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Titel: Sherlock Holmes - Neue Fälle 23: Sherlock Holmes und die Kombinationsmaschine