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Übertragen der Ideen Freinets auf die Herstellung einer Schülerzeitung an einer Schule für Lernhilfe

von Marc Debus (Autor:in)
152 Seiten
Reihe: Pädagogische Reihe, Band 4

Zusammenfassung

Das Buch gibt einen theoretischen und praktischen Einblick in das Erstellen einer Schülerzeitung, einschließlich der Planung und Reflexion der Unterrichtseiheit. Des Weiteren werden die Arbeitsformen und die Umsetzung der Arbeitsschritte beschrieben, in denen der Computer als modernes Schreibwerkzeug eingesetzt wurde.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1. Einleitung

Die Unterrichtseinheit, die dieser Arbeit zugrunde liegt, wurde an einer Schule für Lernhilfe und Körperbehinderte in Hessen durchgeführt (im Text kurz SLK). Das Anbieten von Arbeitsgemeinschaften ist in der Zeit der Durchführung an der SLK ein fester Bestandteil des Wahlpflichtunterrichts in den Haupt- und Mittelstufenklassen. Die Schülerinnen und Schüler (Aus Gründen der Lesbarkeit werde ich im folgenden Text ausschließlich den die Abkürzung SuS verwenden) durften sich für zwei Schulstunden, die immer donnerstags in der fünften und sechsten Stunde liegen, in eine der angebotenen Arbeitsgemeinschaften einwählen. Dieser Vorgang wiederholt sich halbjährig. Die Arbeitsgemeinschaften werden im Rahmen des Wahlpflichtunterrichts der SLK angeboten. Die Teilnahme an diesen Veranstaltungen wird nicht nach dem Notensystem beurteilt, sondern in den Kategorien teilgenommen, mit Erfolg teilgenommen und mit gutem Erfolg teilgenommen, bewertet.

Im ersten Halbjahr des Schuljahres 1997/98 entschied ich mich, die Arbeitsgemeinschaft „Schülerzeitung“ anzubieten. Im Rahmen des Erstellens einer Schülerzeitung lässt sich nicht nur die Eigenaktivität der SuS und der Umgang mit modernen Medien fördern, sondern es werden vor allem Schreibanlässe geboten, die im Interesse der SuS liegen und dadurch ein motiviertes Arbeiten mit Inhalten des Deutschunterrichts bedingen.

Die Lebenssituation von SuS, die eine Schule für Lernhilfe und Körperbehinderte besuchen, ist in den meisten Fällen äußerst kompliziert. Zum einen finden sich an der SLK SuS, die aufgrund einer körperlichen Behinderung nicht in der Lage sind, eine reguläre Grundschule zu besuchen, oder dem Unterrichtsablauf in einer solchen ohne besondere Hilfestellungen nicht folgen können. Zum anderen finden wir viele SuS, die aufgrund schwieriger familiärer oder wegen kultureller Probleme (andere Muttersprache, Anpassungsschwierigkeiten, etc.), an die SLK gekommen sind.

Da das Erstellen einer Zeitung fast in allen Arbeitsbereichen den Umgang mit Sprache erfordert, muss die Tatsache erwähnt werden, dass die meisten SuS, die vorher eine Regelschule besucht haben besondere negative Erfahrungen mit dem Fach Deutsch gemacht haben: „Zu diesem Ergebnis kommt L. KEMMLER, die in ihrer Untersuchung in der Grundschule, die Rechtschreibung als wesentlichstes Merkmal für Schulerfolg oder Schulversagen ermittelte“ (HANDWERK, 1978, S.47). Hieraus lässt sich leicht erkennen, welche wichtige Rolle die Rechtschreibung bei der Entscheidung spielt, ob ein Kind von einer Grundschule an eine Förderschule überwiesen wird. In diesem Zusammenhang ist ein besonderes Augenmerk darauf zu richten, ob die Mitwirkung an einer Schülerzeitung ein stärker motivierendes Arbeiten der SuS mit Inhalten des Deutschunterrichtes im Gegensatz zum Regelunterricht bewirken kann.

Für mich persönlich wares wichtig, SuSn einer Förderschule den Spaß am Schreiben wiederzugeben, um die negativen Erfahrungen, welche viele SuS laut L. KEMMLER (Göttingen 1970) mit der Rechtschreibung gemacht haben, in ihren persönlichen Erfolg umzugestalten.

Den SuS müssen immer wieder alternative Schreibanlässe geboten werden, die für sie von so starkem Interesse sind, dass sie von sich ausschreiben wollen. Das Erstellen einer Schülerzeitung ist eine gute Möglichkeit, den SuS Schreibanlässe zu bieten, die diesen Spaß beim Schreiben wecken. Die SuS beschäftigen sich mit ihren Interessengebieten und verfassen Texte, die sie für so mitteilenswert halten, dass sie in der Schülerzeitung veröffentlicht werden sollen. Die Redaktionsarbeit bietet die Möglichkeit, über die Inhalte, die Formulierungen und die Form der Texte in den verschiedenen Phasen ihres Entstehens mit der gesamten Gruppe zu diskutieren. Dadurch können die SuS sich gegenseitig helfen, kontrollieren und verbessern, was dem Lehrer die Möglichkeit gibt, sich im Laufe der Zeit mehr und mehr aus der Redaktionsarbeit zurückzunehmen und somit einen weniger dirigierenden Einfluss auf das Unterrichtsgeschehen auszuüben.

Bei der Durchführung dieser Unterrichtseinheit innerhalb der Arbeitsgemeinschaft, die als Endprodukt die Weihnachtsausgabe der Neuen Schülerzeitung hervorgebracht hat, wurde das von CÉLESTIN FREINET in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts in Frankreich entwickelte pädagogische Konzept der Schuldruckerei besonders berücksichtigt (vgl. FREINET: L`ecole moderne Francaise, Übersetzung 1965, S.39ff).

Der Begriff der „Schuldruckerei“ beschreibt nicht nur den reinen Vorgang des Druckens eines Textes, sondern auch die verschiedenen Möglichkeiten der Entstehung, der zu druckenden Texte sind in dieses Konzept mit eingebunden. So verweist er in diesem Zusammenhang unter anderem auf das Erstellen einer Klassen- oder Schulzeitung (ebd.).

Veränderungen in der Vorgehensweise sind vor allem bei dem Druck des Endproduktes gemacht worden. Im Gegensatz zu den von FREINET verwendeten Materialien (Setzkasten, Druckerpresse) wurde der Satz und der Druck unserer Schülerzeitung mit einem Computer durchgeführt. Auf diese Vorgehensweise wird in Kap. 3.3. noch näher eingegangen. Außerdem wurden weitere Medien wie Fotografien und - aus Prospekten ausgeschnittene - Abbildungen verwendet, um der Zeitung ihre endgültige Gestalt zu geben. Die Vorgehensweise wird in Kap. 5. genauer erläutert werden.

2.1. Wesen und Funktion einer Zeitung

Die Zeitung ist das wichtigste Informationsmittel in der modernen Gesellschaft. Zeitungen zeigen vier typische Merkmale:

  • „Aktualität, d.h. Neuwertigkeit, Gegenwartsbezogenheit,

  • Publizität, d.h. grundsätzliche Zugänglichkeit,

  • Universalität, d.h. die grundsätzliche Offenheit nach allen Lebensbereichen hin,

  • Periodizität, d.h. regelmäßiges Erscheinen.“

(SCHULZE, 1995, S. 7)

Zeitungen übernehmen innerhalb der Gesellschaft verschiedenste Aufgaben. Sie sind ein nicht wegzudenkendes Mittel der Verständigung, der Kommunikation einer Gesellschaft. Sie tragen zur Informations-, zur Meinungsbildung und zur Unterhaltung bei: „Die Zeitung vermittelt jüngstes Gegenwartsgeschehen in kürzester regelmäßiger Folge der breiten Öffentlichkeit“ (WILKE, 1976, S.16).

Voraussetzung für eine Zeitung, die diese Kriterien erfüllen soll, ist die freiheitliche Verfassung des Pressewesens: „ In welchem Umfang nun eine einzelne Zeitung diese gesellschaftlichen Funktionen wahrnimmt oder wahrnehmen kann, hängt nicht von ihrem Typ, sondern auch von ihrer individuellen Zweckbestimmung, von der Intention des Herausgebers und nicht zuletzt vom angesprochenen Publikum ab“ ( SCHULZE, 1995, S. 8 ).

Mit diesen einzelnen Faktoren einer Zeitung, vor allem mit dem Aspekt der Meinungsbildung, hängt auch die Bildungsfunktion einer Zeitung zusammen. Damit ist keine „volkserzieherische“ Aufgabe gemeint, da eine Zeitung niemals wertfrei sein kann, weil sie immer von politischen Systemen beeinflussbar ist. Die Bildungsfunktion einer Zeitung liegt vielmehr darin, im öffentlichen Interesse aktuelles und latentes Wissen, sowie gesellschaftliche Normen zur Jugend- und Erwachsenenbildung zu vermitteln. Die Art der Vermittlung richtet sich nach der jeweiligen Zeitungsform, so z.B. bei der Tagespresse durch Nachrichtengebung und Kommentierung, bei Wochen - und Zeitschriftenpresse durch Dokumentationen, Berichte und Analysen (vgl. SCHULZE, 1995, S. 8).

Die von uns hergestellte „Neue Schülerzeitung“ zählt demnach zu der letztgenannten Zeitungsform.

2.2. Die redaktionelle Arbeit

Die redaktionelle Arbeit soll hier in ihren Aufgabengebieten kurz umrissen werden. Die verschiedenen Arbeitsschritte wurden in den Redaktionssitzungen der Schülerzeitung besprochen, in Einzelarbeit durchgeführt und danach gemeinsam ausgewertet.

2.2.1. Die Stoffbeschaffung

Die Redaktion ist das Herz einer jeden Zeitung, egal wie groß sie ist, oder welche Funktion sie übernimmt. Die Redaktion „...sendet journalistische Beobachter zu den Ereigniszentren, sammelt das über verschiedene Kanäle einlaufende Nachrichtenmaterial, sichtet und ordnet den Stoff, wählt aus, was sie für berichtens- und kommentierenswert hält, und bearbeitet den Text zur Veröffentlichung“ (SCHULZE 1995, S. 93).

In unserem Fall handelt es sich um eine regional ansässige Redaktion, die an ihrem Standort und in ihrem Umfeld Informationen durch ihre Mitglieder und Mitarbeiter beschafft und Informationen außenstehender Personen auswertet und verarbeitet.

2.2.2. Das Bildressort

„Fotos, Graphiken (Schaubilder) und Karikaturen sind seit langem fester Bestandteil der Zeitung. Soll das Foto vor allem visuelle Eindrücke von Personen und Ereignissen vermitteln, trägt die Grafik dazu bei, durch bildhafte Umsetzung komplizierte Vorgänge anschaulich zu machen. Die Karikatur dagegen ist ein meinungsbildendes Element: Sie will Sachverhalte nicht wiedergeben, wie sie sind, sondern, wie sie der Zeichner - ironisch zugespitzt oder satirisch - sieht“ (SCHULZE, 1995, S.136).

Bei der Herstellung unserer Schülerzeitung wurde hier vor allem auf Fotografien und Comicbilder zurückgegriffen, die aus Werbeprospekten ausgeschnitten wurden. Fotografien wurden vor allem bei Berichterstattungen aus der Schule und bei den Personenrätseln benutzt. Die Comicbilder, die ausgewählt wurden, hatten immer einen Bezug zu dem jeweiligen Artikel (Hobby der Lehrerin = Motorradfahren = Comicbild eines Motorradfahrers).

Fotos und Bilder sind sehr wichtig, da sie die Aufmerksamkeit der Leser auf sich ziehen: „Zwei Drittel der Leser beginnen die Lektüre einer Zeitungsseite mit dem Foto. Artikel mit Bildern werden häufiger gelesen, und sie bleiben länger im Gedächtnis. Diese Erkenntnisse der internationalen zeitungswissenschaftlichen Forschung beleuchten die zunehmende Bedeutung der Fotos in den Printmedien:“ (SCHULZE 1995, ebd.)

2.2.3. Die Gestaltung der Zeitung

Sind die Texte geschrieben und die Bilder für die einzelnen Artikel vorhanden, beginnt der sogenannte „Umbruch“ der einzelnen Seiten. „Mit Umbruch bezeichnet man die Zusammenstellung des druckreifen Satzes in Rubriken und die Anordnung der Bilder ... nach dem Satzspiegel zu ganzen Seiten“ (SCHULZE, 1995, S.138).

Zum Umbruch zählt nicht nur die Gestaltung der einzelnen Seiten, auch die Reihenfolge, in welcher die Rubriken in der Zeitung erscheinen sollen, wird festgelegt.

Die Aufmachung der Zeitung ist außerdem von sehr großer Bedeutung für die Resonanz der Leser. Eine Zeitung muss den Lesern einen Anreiz bieten, sie zu kaufen: „In der Aufmachung spiegelt sich der eigene Stil einer jeden Zeitung wider, sie lässt zugleich ihre publizistische Absicht deutlich werden“ (SCHULZE, 1995, S.141).

Bestimmte Gestaltungspostulate (Übersichtlichkeit, Lesbarkeit, Lebendigkeit) sind für die Wirkung auf die Leser von großer Bedeutung. Die gesamte Aufmachung der Zeitung ist nicht nur wichtig für das eigentliche Lesen, sondern erfüllt gleichzeitig eine wirtschaftliche Aufgabe. Sie soll den Anreiz zum Kauf über die Schaffung von Blickfängen vermitteln (vgl., SCHULZE, 1995, ebd.).

Für die Schülerzeitung wurde aus den gängigen Schriften für Zeitungen, von den SuS, „Times New Roman“ ausgewählt. Diese Schrift ist eine der am häufigsten verwendeten Schrifttypen bei Zeitungen. Bei der Wahl der Schrift wurde auf eine geeignete Schriftgröße geachtet, um die Zeitung für alle SuS der Schule lesbar zu gestalten.

Die Berücksichtigung dieser Punkte ermöglicht ein Gestalten der Zeitung, das für die Leser zu einer größeren Übersicht und gleichzeitig zu einer optischen Attraktivität führt: „Ein geschicktes Layout wird darum Wert darauf legen, möglichst mehrere Blickpunkte auf einer Seite zu plazieren. Fotos Grafiken und Karikaturen tragen dazu bei Zeitungsseiten zu beleben, d.h. für den Leser attraktiv zu machen“ (SCHULZE, 1995, S.143).

2.3. Die technische Herstellung von Zeitungen

Ist die redaktionelle Arbeit abgeschlossen, beginnt die technische Herstellung der Zeitung. In diesem Bereich sind, über Jahrhunderte hinweg, die größten Veränderungen in der Zeitungsarbeit zu beobachten: „Bis in das 15. Jahrhundert hinein waren alle Schriften, auch voluminöse Bücher, Stück für Stück von Hand geschrieben worden. Erst die Erfindung der beweglichen Drucklettern durch den Mainzer Johannes Gensfleisch, genannt Gutenberg, um 1445 ermöglichte es, Texte massenweise und schnell zu vervielfältigen. ... Die Werkzeuge dieser alten Drucktechnik, mit der auch Zeitungen bis weit in das 19. Jahrhundert hergestellt wurden, finden sich heute nur noch in einigen wenigen Handsetzereien“ (SCHULZE, 1995, S.166). Die Arbeit mit diesen alten Techniken wurde in der Neuzeit weitgehend durch Elektronik und Datenverarbeitung ersetzt.

„Die zum Druck bestimmten Texte werden mit Hilfe einer schreibmaschinenähnlichen Tastatur an sogenannten Bildschirmterminals, die mit einem Satzrechner (Computer) direkt (on - line) verbunden sind, eingegeben. Auf dem Bildschirm ist der eingetastete Text sofort sichtbar. Von der Redaktion .... können Texte direkt in das System eingegeben werden. Auf diese Weise wird der Weg der Zeitungsnachricht beträchtlich verkürzt; denn statt ein Manuskript zunächst mit der Schreibmaschine zu verfassen, um es dann in der Setzerei noch einmal in Blei setzen zu lassen, kann der Redakteur seinen Text direkt mit der Videoschreibmaschine (Bildschirmterminal) niederschreiben.“ (SCHULZE: 1995, S.169)

Diese Art der Herstellung wird als „Neue Zeitungstechnik“ bezeichnet. Vor allem der Computer mit seinen Speichermöglichkeiten, ist ein wesentlicher Bestandteil dieser neuen Technik. Er wird nicht nur dazu genutzt, den Text einzugeben, sondern bietet auch schon die Option, den Text so zu setzen, dass das Einfügen von Bildern oder Graphiken möglich wird. Dies waren früher alles Arbeiten, die per Hand in den Setzereien der Zeitungen durchgeführt wurden.

Auch beim Erstellen unserer Schülerzeitung wurde der Computer in dieser Weise genutzt. Lediglich das Erstellen der Druckvorlagen unterscheidet sich von dem Verfahren großer Tageszeitungen. Dieser Unterschied ist durch die Auflagenhöhe unserer Schülerzeitung bedingt. Ein normaler Kopierer konnte zur Vervielfältigung genutzt werden. Dadurch verzichteten wir auf das Herstellen von Druckplatten, die zur wirtschaftlichen Vervielfältigung großer Auflagen nötig sind.

Der Weg, der beim Erstellen der Schülerzeitung gewählt wurde, entspricht somit im Wesentlichen den modernen Verfahren der Zeitungsherstellung.

3.1. Richtlinien zur Erstellung von Schülerzeitungen

Die Erziehungsziele und Aufgaben von Schülerzeitungen werden im hessischen Schulrecht genau umschrieben und fixiert. Sie werden in der „Richtlinie für Schülerzeitungen und Schulzeitungen“ festgelegt.

Allgemeines:

Schülerzeitungen unterscheiden sich von Schulzeitungen dadurch, „dass Schülerzeitungen das Grundrecht der Pressefreiheit zusteht und sie der Einflussnahme und der Verantwortung der Schule nicht unterliegt“ (AMTSBLATT, Erlass vom 17.10.1995, S.665). Das Impressum der Schülerzeitung nennt die als Herausgeber und Redakteurinnen und Redakteure verantwortlichen SuS. SuS – und Schulzeitungen sind periodische Druckwerke im Sinne des „Hessischen Gesetzes über Freiheit und Recht der Presse“. Jede Zeitung muss ein Impressum aufweisen. Bei Tatsachenbehauptungen in der Zeitung steht den betroffenen Personen das Recht der Gegendarstellung zu.

Inhalte und Aufgaben:

„Inhalt einer Schülerzeitung kann alles sein, was SuS interessiert, sie zur geistigen Auseinandersetzung anregt und zur Stellungnahme herausfordert. Dies verpflichtet nicht zur Begrenzung auf schulische Themen. Die Redakteurinnen und Redakteure und die Herausgeber sollen aber bedenken, dass sie für SuS, und zwar möglichst aller an der jeweiligen Schule vorhandenen Jahrgänge, schreiben. Die Schülerzeitung soll durch Gedankenaustausch, Bericht und Kritik das Schulleben bereichern, die SuS - möglichst auch Lehrerinnen und Lehrer sowie die Eltern - zur Mitarbeit anregen, die Schulgemeinschaft und die Arbeit der Schülervertretung fördern und damit ihren Teil zum Erziehungsauftrag der Schule beitragen. Das kann sie nur, wenn die an der Zeitung Mitarbeitenden sich bemühen, wahr zu berichten, sachlich zu argumentieren und zu kommentieren sowie taktvoll zu kritisieren; dabei ist es wünschenswert, den Willen zu konstruktiven Vorschlägen erkennen zu lassen“ (ebenda).

Verantwortung und Mitarbeit:

Eine Schülerzeitung unterliegt den Grundrechten der freien Meinungsäußerung und der Pressefreiheit. Sie muss sich an die Vorschriften des Schulrechts, des Presserecht und des Strafrechts halten. Es findet keine Zensur statt. Das Erscheinen der Schülerzeitung bedarf nicht der Genehmigung des Schulleiters oder des verantwortlichen Lehrers. Die presserechtliche Verantwortung für Inhalt und Form der Schülerzeitung tragen ausschließlich und allein die Herausgeber und die Redakteurinnen und Redakteure der Zeitung. Es ist allerdings zu begrüßen, wenn ein Lehrer als Berater bei der Arbeit der Redaktion hinzugezogen wird. Der Lehrer ist dadurch allerdings nicht für den Inhalt der Zeitung verantwortlich. Die SuS, die eine Schülerzeitung herausgeben wollen, melden dieses Vorhaben der Schulleitung der Schule und werden über die Rechte, die in diesem Zusammenhang für sie wichtig sind, aufgeklärt. Außerdem erfolgt eine Information der Eltern über die Mitarbeit der Kinder in der Schülerzeitung (vgl. AMTSBLATT: Erlaß vom 17.10.1995, S. 665f.).

Kosten und Vertrieb:

Schülerzeitungen finanzieren sich selbst. Die Kosten werden durch die Einnahmen, Werbung und Spenden gedeckt. Über Einnahmen und Ausgaben ist in einfacher Form Buch zu führen. Schulen können die Herausgabe von Schülerzeitungen durch das Bereitstellen von Räumlichkeiten, Gerätschaften oder Materialien fördern. Die Schülerzeitungen dürfen in den Schulen vertrieben werden. Hierzu bedarf es keiner besonderen Genehmigung durch die Schulleitung. Der Vertrieb von Schülerzeitungen auf dem Grundstück der Schule darf nicht von einer Kontrolle der Inhalte durch die Schulleitung abhängig gemacht werden. Die Freiheit von jeglicher Zensur der Schülerzeitung bedeutet nicht, dass sich ihr Vertrieb in den Schulen in einem rechtsfreien Raum vollzieht. Die SuS unterliegen auch in diesem Tätigkeitsfeld den rechtlichen Vorgaben des Schulrechts (vgl. AMTSBLATT, ebd.)

3.2. Erfahrungsräume der SuS nach den Erkenntnissen der Freinet - Pädagogik

M. BEAUGRAND und M. BARRÉ nennen für das Arbeiten an einer Schülerzeitung sechs maßgebliche Aspekte, die in der unterrichtlichen Arbeit zum Tragen kommen (in: KOITKA, 1977, S.59 ff):

3.2.1. Eine Wertsteigerung der Schöpfung des SuSs.

Der einzelne SuS erhält durch das Eingeben in den Computer die Möglichkeit der Veränderung seines Textes. Durch den abschließenden Druck bekommt der SuS ein Bewusstsein für seine Kreativität und nimmt seine schöpferischen Möglichkeiten wahr. Die SuS übernehmen die Verantwortung für ihre Texte und gestalten diese selbst. Die Pädagogik des Erfolgs ist ein Grundaspekt bei FREINET.

3.3.2. Eine Sozialisierungsmöglichkeit.

Die kollektive Arbeit innerhalb der Arbeitsgemeinschaft verstärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl der SuS. In allen Phasen der Entstehung der Schülerzeitung ist die Gruppe darauf angewiesen, sich zu organisieren. Die Schwierigkeiten, die die SuS dabei überwinden, verstärken den Zusammenhalt der Gruppe.

3.2.3. Ein Mittel des Austauschs mit anderen Gruppen.

Die Schülerzeitung wird durch ihre Verbreitung innerhalb und außerhalb der Schule zu einem Mittel der Kommunikation. Die SuS der Arbeitsgemeinschaft teilen sich über ihre Zeitung mit und motivieren andere, ihre Zeitung zu lesen. Die Leser haben die Möglichkeit, auf Artikel und Texte zu reagieren und sich wiederum mit den Redaktionsmitgliedern der Zeitung in Verbindung zu setzen. Die SuS teilen sich nicht nur über ihre Zeitung mit, sondern müssen auch damit rechnen, dass sie von Lesern angesprochen werden, um Stellung zu ihren Artikeln zu nehmen.

3.2.4. Eine Verbindung zur Umwelt.

Die SuS der Arbeitsgemeinschaft sind sich immer darüber bewusst, dass das Ergebnis ihrer Arbeit später von allen SuS der Schule (sowie deren Eltern, Geschwistern und Freunden) und auch den Lehrern gelesen wird und sie somit ihre Arbeit der Beurteilung durch die Außenwelt aussetzen. Dies motiviert die SuS zusätzlich, ihre Arbeit möglichst gut auszuführen, d.h. die SuS kommunizieren über das Medium Schülerzeitung mit der Außenwelt.

3.2.5. Die Entmystifizierung des bedruckten Papiers.

Eine Zeitung selbst herzustellen, hilft den SuS, sich bewusst zu machen, dass gedruckte Texte manipulierbar sind. Der SuS wird durch seine Arbeit eine kritischere Ansicht über das gewinnen, was in der Zeitung abgedruckt ist. Dadurch wird das Verständnis der SuS entwickelt, die in Zeitungen widergespiegelten Stimmungen und Meinungen adäquat zu bewerten.

3.2.6. Eine Geldquelle für die Schule

Man kann davon ausgehen, dass eine Schülerzeitung den Schulen keinen finanziellen Gewinn einbringt. Durch den Preis werden lediglich einige Unkosten gedeckt, die bei der Erstellung der Zeitung entstehen. In diesem Punkt besteht der für die SuS wichtige Aspekt darin, dass sie das von ihnen erstellte Produkt in den Klassen der Schule selbst verkaufen. Dadurch erhalten sie eine weitere Bestätigung ihrer Arbeit, weil den anderen SuS die Zeitung einen bestimmten (geringen) Betrag „WERT“ ist und dadurch die Arbeit der SuS honoriert wird. Außerdem entwickelt sich das Bewusstsein der SuS der Arbeitsgemeinschaft für den Preis einer Zeitung. Sie haben erfahren, welche Arbeit mit der Erstellung einer Zeitung verbunden ist, und dass diese Arbeit und das verwendete Material bezahlt sein wollen.

3.3. Notwendige Eigenschaften einer Schülerzeitung

Man muss beim Erstellen einer Schülerzeitung von klaren Zielsetzungen ausgehen, die festlegen, welche Kriterien die Zeitung erfüllen soll. Es ist ein großer Unterschied, ob eine Zeitung für die Klasse hergestellt wird und diese repräsentiert oder an der gesamten Schule Verbreitung findet und somit auch die gesamte Schule gegenüber der Öffentlichkeit repräsentiert, oder die Zielgruppe die gesamte Schulöffentlichkeit sein soll

Wenn den eben genannten Zielen einer Schülerzeitung Rechnung getragen werden soll, ist es nötig, bestimmte Regeln einzuhalten. Diese Regeln werden von BEAUGRAND und BARRÉ ebenfalls genannt (in: KOITKA, 1977, S. 61-62).

3.3.1. Die Zeitung muss repräsentativ für die Arbeit der gesamten Gruppe sein.

Alle SuS der Arbeitsgemeinschaft sollen sich in der Zeitung und ihren Texten wiedererkennen. Die Identifikation mit den Texten anderer SuS wird durch die Redaktionssitzungen erreicht. In diesen werden alle Texte besprochen, die später in der Zeitung erscheinen sollen. Einige SuS haben sich an der Auswahl der Illustrationen zu Texten anderer SuS beteiligt oder ihnen bei Formulierungsschwierigkeiten geholfen. Damit haben sie nicht nur eine Verantwortung für ihre eigenen Texte übernommen, sondern an den Texten ihrer Mitschüler ebenfalls aktiv mitgearbeitet. Sie haben so eine Zeitung geschaffen, die sie als Produkt ihrer gemeinsamen Arbeit ansehen.

3.3.2. Die Zeitung muss von einwandfreier Qualität sein.

Die Zeitung soll der Arbeitsgemeinschaft in Inhalt und Form (Typographie, guter Abzug, ansprechende Aufmachung) Ehre machen. Die Gruppe sollte nicht gezwungen werden, ihre Zeitung zu einem festgelegten Datum fertiggestellt zu haben. Dadurch könnte später den Eindruck entstehen, mit mehr Zeit hätte die Zeitung besser gestaltet werden können.

Die Planung der Unterrichtseinheit wurde so gewählt, dass für Bereiche, die eventuell einen größeren Zeitrahmen benötigen, Möglichkeiten der zeitlichen Erweiterung gegeben waren (siehe: Planung der Unterrichtseinheit, Kap. 4.).

3.3.3. Die Zeitung muss das angesprochene Publikum interessieren.

Eine große Vielfalt ist die beste Möglichkeit, ein weitgestreutes Publikum anzusprechen. Deshalb wurden in unserer Schülerzeitung verschiedene Rubriken angelegt. Diese wurden von den Mitgliedern der Redaktion so ausgewählt, dass ein großes Interesse von Seiten der Leserschaft zu erwarten war. Dadurch sollte bei den übrigen SuS der Schule ein Interesse am Kauf unserer Zeitung geweckt werden. Besonders die Berichte über die Arbeit der anderen Arbeitsgemeinschaften stellten sehr viele SuS der Schule, die zur Leserschaft unserer Zeitung gehören, in dieser Zeitung repräsentativ dar.

3.3.4. Die SuS sollen die Verantwortung für das übernehmen, was sie geschrieben haben.

Veröffentlichungen in einer Zeitung haben bestimmte Regeln zu erfüllen. So stehen die Namen der SuS unter den von ihnen geschriebenen Artikeln. Außerdem finden sich die Namen der Redaktionsmitglieder mit Vor- und Zunamen im Impressum der Zeitung. Somit übernehmen die SuS der Arbeitsgemeinschaft die Verantwortung für die von ihnen selbst geschriebenen Artikel, sowie für das fertige Gesamtprodukt. Auch die Leser der Zeitung erfahren auf diese Weise, dass die Redaktion hinter den Texten ihrer Zeitung steht und sich nicht davor scheut, die Namen der Autoren zu nennen. Dadurch ist die Zeitung nicht nur ein Erziehungsfaktor für ihre Redakteure, sondern auch für die Leser.

3.4. Der Druck der Zeitungen

In den neueren Werken, die sich mit der Pädagogik FREINETS und seiner Schuldruckerei beschäftigen, wird bereits auf die Verwendung moderner Medien zum Satz und Druck einer Zeitung verwiesen. Somit ist erkennbar, dass der in Kap. 2.2. beschriebenen Entwicklung auch in der FREINET - Pädagogik Rechnung getragen wird. Einige grundlegende Aspekte gelten allerdings immer, egal welche Methode für den Druck und die Vervielfältigung gewählt werden:

Vorbereitung des Textes:

  • mit einem sauber geschriebenen Text ohne Fehler arbeiten,

  • die Aufgaben gut einteilen, damit nicht die Überbelastung einzelner SuS Setzfehler hervorruft.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783946922735
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Juni)
Schlagworte
Förderschule Arbeit mit behinderten Menschen Schülerzeitung Förderschulpädagogik Unterricht Schule für Lernhilfe Unterrichtseinheit Wissenschaft Schule Lernen Bildung

Autor

  • Marc Debus (Autor:in)

Marc Debus ist gelernter Sonderpädagoge und arbeitet heute in einer der Schulleitung einer Schule für den Förderbedarf "Geistige Entwicklung" im Main-Kinzig-Kreis und am Staatlichen Schulamt in Hanau. Vorher war er in einem Beratungs- und Förderzentrum im Wetteraukreis tätig und arbeitete mehrere Jahre im "Projektbüro Inklusion" des Hessischen Kultusministeriums.
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Titel: Übertragen der Ideen Freinets auf die Herstellung einer Schülerzeitung an einer Schule für Lernhilfe