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SIBIRIEN

Die aus dem Eis erwachen

von Astrid Korten (Autor:in)
35 Seiten

Zusammenfassung

SIBIRIEN: Nominierter Kurzthriller über Marek, der in den Wäldern Sibiriens Grauenvolles erfährt. DER MENSCH AUS ÜBELACKER: Bernhard-Erdogan Phies ist Jobvermittler in Übelacker, und überzeugter Prolet. Humor findet er zum Kotzen und vom Lachen bekommt man nur Falten. KREISLAUF DER ANGST: Kurztext über den Kreislauf der Angst.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Kapitel 1

SIBIRIEN

Marek geht nach Sibirien und erlebt dort Grauenvolles.

DER MENSCH AUS ÜBELACKER

Bernhard-Erdogan Phies ist Jobvermittler in Übelacker, und überzeugter Prolet. Humor findet er zum Kotzen und vom Lachen bekommt man nur Falten.

KREISLAUF DER ANGST

Kurztext über den Kreislauf der Angst.

3 Kurztexte: Spannendes, Humorvolles, Nachdenkliches

Kapitel 2

Über die Autorin

Die Autorin studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Maastricht. Ihr Spezialgebiet: Suspense-Thriller, Psychothriller und Romane. Bei ihrer akribischen Recherche lässt sie sich von Forensikern, Psychologen, Gentechnologen, Pathologen und Medizinern beraten.

Sie schreibt außerdem Biografien, Kurzgeschichten, Drehbücher.

Das Drehbuch „Zeilengötter“ wird verfilmt.

Über ihr bevorzugtes Genre, die Spannung, sagt die Autorin: „Psychopathen faszinieren mich. Sie leben außerhalb der Norm und meinen, über dem Gesetz zu stehen. Meine Feder kann genauso furchtbar und gnadenlos böse sein.“

Ihre Thriller erreichten alle die Top-Ten Bestsellerlisten vieler Ebook-Plattformen. Die Autorin ist Mitglied der Mörderischen Schwestern e.V. und außerdem als Kulturredakteurin für FRAUENPANORAMA tätig. In ihrer Freizeit spielt sie Tenor-Saxophon und malt Öl auf Leinen.

Auszeichnungen und Nominierung:

2016: Stefko, From Sarah with love: Halbfinale der Int. Writemovies Contest, Los Angeles.

2015: Sibirien – Die aus dem Eis erwachen Finale der Int. Writemovies Contest, Los Angeles.

Weitere Romane der Autorin:

Thriller / Psychothriller: Eiskalte Umarmung, Eiskalter Schlaf, Tödliche Perfektion, Eiskalter Plan, Eiskalte Verschwörung, Die Sekte, Zeilengötter, Wo ist Jay?

Weitere Thriller folgen.

Roman: Die verlorenen Zeilen der Liebe.

Anthologie: Winterküsse, Nix zu verlieren, Liebe ist überall.

Kurzgeschichte: Sibirien – Die aus dem Eis erwachen.

Mehr über die Autorin:

Website: www.astrid-korten.com

Die Autorin ist Mitglied der Mörderischen Schwestern e.V.

https://www.facebook.com/astridkorten

https://twitter.com/charbrontee

https://plus.google.com/astridkorten

https://astridkorten.blogspot.com

http://www.facebook.com/Astrid.Korten.Autorin

Twitter: https://twitter.com/charbrontee

Lektorat: Christine Hochberger

Bildnachweis: Fotolia

Covergestaltung: Illutié

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung der Autorin wiedergegeben werden.

Kapitel 3

Sibirien –Die aus dem Eis erwachen

Ich schließe meine Augen und sehe die Liebe.

Bis jemand kommt und mir sacht eine Hand auf die Schulter legt.

„Komm, es ist Zeit, ins Bett zu gehen.“

Ein Wimpernschlag, ich sehe nirgendwo Liebe.

Sie existiert in meiner Vergangenheit.

Und ist nicht Gegenwart.

Frei nach Haruki Murakami

Kapitel 4

Sibirien 1909

Marek war von kleiner Gestalt, ein spindeldürrer Pflock mit schmalen Schultern und Hüften, und einer struppigen schwarzen Haarmähne. Auch seine Augen waren dunkel, sein Lächeln breitete sich nur zögerlich auf seinem Gesicht aus, aber es wirkte ansteckend. Seine slawische Herkunft war ihm gut anzuhören und noch besser anzusehen, in der grimmigen Entschlossenheit, die in seinen Augen loderte. Als er in dem kalten Land im äußersten Osten von Russland eintraf, besaß er kaum mehr als die Kleidung, die er trug. Was er vorfand, war ein raues, aber prächtiges, unberührtes Land an der Grenze zu China, mit Seen und sprudelnd weißen Flüssen, an deren Ufern die Spitzen der Zedern- und seltenen Laubwälder in den Himmel ragten und durch die schwarze Erde die knochigen Knie der Granitfelsen schimmerten. Eine einsame und öde Landschaft, in der die Menschen sich mithilfe des pfeifenden Schlages der Axt mit doppelter Schneide und des grausamen Klanges der stählernen Tierfalle ernährten, die zuschnappte, um die wertvollen Tiger zu fangen.

Er wusste nicht viel über sibirische Amur-Tiger, Bären oder das Legen von Eisenbahnschienen. Und als er – nach dem ersten Schnee – den Versuch unternahm, in den plumpen Schneeschuhen zu gehen, stolperte er hilflos wie eine verwundete Antilope. Die Fallenleger und Schienenarbeiter schüttelten nur den Kopf über den störrischen jungen Mann. Was ihn nach Sibirien geführt hätte, fragten sie ihn. Er erklärte ihnen, er sei einfach nur gekommen, um Geld zu verdienen. Sie tranken Wodka und machten sich lustig über ihn, aber nur so lang, bis sie ihm in die Augen sahen und neugierig fragten, wie viel Zeit er denn dafür brauchen würde. Er antwortete mit trotziger Überzeugung, dass er es in zwei Jahren geschafft haben müsse. Er würde im Winter Fallen legen und im Sommer für die amerikanische Eisenbahngesellschaft arbeiten. Die Männer sahen, wie ernst es ihm war, und warnten ihn vor den Gefahren des sibirischen Winters; Temperaturen, die bis 30 oder 50 Grad unter null sinken konnten, dem Wahn, der jemand überkommen konnte, der sich allein und völlig eingeschneit in der Wildnis aufhielt. Sie brachten ihm bei, wo und wie man die Fallen setzen musste, damit sie Profit brachten. Er hörte zu, nickte ernst, denn dumm war er nicht. Er stellte eine Menge Fragen, notierte jede Einzelheit in einem kleinen schwarzen Notizbuch und studierte am Abend beim schwachen Licht seiner Petroleumlampe seine Aufzeichnungen, während die anderen schliefen.

Marek klapperte die Händler ab und merkte sich jedes Detail, bis er die Qualität und den Wert der Felle genauso beurteilen konnte wie alle anderen. Weil die Männer sahen, wie hartnäckig und vehement er seine Informationen einholte, brachten sie ihm auch bei, wie er mit einem Rudel Hunde umgehen musste, wie man ein Tier häutete und ein Fell spannte und wie man Fallen setzte. Einen Monat später kaufte er von dem Rest des Ersparten Vorräte und verschwand.

Die Männer schlossen Wetten ab, ob sie ihn jemals wiedersehen würden. Er könne wohl kaum in der sibirischen Wildnis überleben, behaupteten sie. Wie nahe sie der Wahrheit kamen, ahnte niemand.

Sein Notizbuch verlor er, und er zog sich Erfrierungen zu und fast wäre er ums Leben gekommen. Er wurde von einem Amur-Tiger oder einem ähnlichen Raubtier angegriffen, das in eine seiner Fallen geraten war, schwer verletzt. Drei Wochen war er eingeschneit und vier Tage am Rande des Wahns gewesen. Stimmen erwachten aus dem Eis, tuschelten in der Nacht. Sie ließen grauenhafte Bilder der Vergangenheit aufkommen: Eine Kindheit ohne Hoffnung. Hunger, Kälte, Einsamkeit. Im Frühling kehrte er zurück nach Slowenien, mit hohlen Wangen, die Augen in tiefen Höhlen und mit dem Gang eines Schlafwandlers. Aber er trug das größte Bündel Felle aus dem kalten Osten Russlands bei sich.

Die Männer aus dem Lager sagten zu ihm, dass nichts auf der Welt die Anstrengung wert gewesen wäre, die er sich selbst auferlegt hatte. Sie sagten auch zu ihm, dass ein Mann mit einem Körpergewicht von knapp einhundert Pfund kaum eine Chance in einem Schienenarbeiterlager hätte, wo Durchhaltevermögen und Muskelkraft für eine Anstellung ausschlaggebend wären. Aber der Vorarbeiter der Gesellschaft war ein Mann mit großer Menschenkenntnis. Dieser sah Marek in die Augen, ohne auf seinen ausgemergelten Körper zu achten, und stellte ihn ein. Marek schwang nun die Axt und legte Schienen. Manchmal war er von der schweren körperlichen Arbeit am Abend zu müde, um zu essen, und während der ersten beiden Wochen wirkten seine Hände wie rohes Fleisch. Aber er beklagte sich nie.

Als die Schienenarbeiter sahen, dass der Griff der Axt blutig war, wollten sie ihm die Arbeit abnehmen, doch er stieß sie beiseite, biss die Zähne zusammen und schuftete weiter. Und wenn er später auf seiner Pritsche in der Holzbaracke lag, starrte er auf das Foto eines Mädchens, das er in seiner Hand hielt. Ein hübsches Mädchen mit großen Augen, das ihn selbstsicher ansah, den Kopf hocherhoben. Und dann schaute er auf seine zerschundenen Hände und betete leise, dass sie schnell abheilen sollten. Denn das Mädchen auf dem Foto war jung und schön und sie würde nicht ewig auf ihn warten. Sie hatte ihm nicht einmal versprochen, dass sie warten würde. Aber er hatte so ein seltsames Gefühl und er täuschte sich nie, wenn es um Gefühle ging.

Er hatte sie bei einem Picknick kennengelernt, und als sich ihre Blicke getroffen hatten, hatte sein Herz gerauscht und in seinem Kopf war alles strahlend hell und klar geworden. Sie hatten nicht viel gesprochen. Die Zeit war zu kurz. Aber ihre Hände hatten einander berührt und sie hatten sich tief in die Augen geschaut. Schließlich hatte er kurz und entschlossen gefragt: „Bist du schon jemanden versprochen, Lara?“

Sie war errötet und hatte die Pracht ihrer blauschwarzen Haare aus dem elfenbeinfarbenen Gesicht geworfen, und ihre melodische Stimme hatte sanft geklungen. „Ja und nein. Ich bin noch unentschlossen. Hast du denn die bestimmte Frage in Erwägung gezogen, Marek?“

Er hatte mit ernster Miene genickt und gesagt: „Ja, das habe ich, aber ich habe dir nichts zu bieten.“ Dann hatte sie gelächelt, während ihre ebenmäßig weißen Zähne in der Sonne schimmerten, und sie hatte gesagt: „Es gibt solche, die haben viel und es gibt solche, die haben wenig, aber ein Mann, der nichts hat, bin ich noch nicht begegnet.“

Daraufhin hatte er seine Hände lange betrachtet und irgendwann gesagt: „Ich spüre das Feuer in mir. Und ich habe gehört, dass Menschen mit einem starken Willen viel erreichen können, aber das braucht Zeit.“

Sie nickte. „Das ist so. Ein Winter ist lang, aber ich glaube, er wird dieses Jahr schnell vergehen. Marek wird sich wohl beeilen müssen, vermute ich.“

„Wirst du einem Glauben schenken, Lara, der dir – obwohl er dich kaum kennt –, sagt, dass er dich von ganzem Herzen liebt?“

Sie warf ihren Kopf in den Nacken.

Wie schön sie doch ist. Und ihre Haut, so zart. Ihre dunklen Augen schenkten ihm den Hauch eines Lächelns, und sie sagte: „Ich habe gelernt, keinem von euch zu trauen. Ihr seid fähig, jedem Mädchen den Kopf zu verdrehen.“ Aber dann wurde ihre Stimme sanft: „Ja, Marek, da ist etwas in deinen Augen, das mir sagt, dass du es ernst meinst.“

Kurz darauf hatten sie sich getrennt. Sein Schulfreund Branislav, der als Journalist arbeitete, hatte ihm das Geld für die Bahnfahrt geliehen. Er war nach Sarajewo gefahren, um sich einen Pass ausstellen zu lassen und hatte unmittelbar danach eine russische Eisenbahngesellschaft aufgesucht. Er hatte während der Fahrt nach Sibirien als Maschinist geschuftet, und in Russland angekommen, hatte er mit den Fellen und der schweren Arbeit in diesem Eisenbahnlagercamp innerhalb eines Jahres viertausendsiebenhundert Dollar gespart. Geschrieben hatte er Lara nur ein einziges Mal. Ihre Antwort war jetzt zerknittert und mittlerweile verblasst, aber er kannte jedes Wort in- und auswendig. Sie hatte nicht geschrieben, dass sie auf ihn warten würde, aber, dass es da auch keinen anderen gab. Noch ein Jahr musste er sich gedulden. Nur noch ein einziges Weihnachtsfest in der Wildnis, dann konnte er ihr zwar weniger bieten, als sie verdiente, aber wesentlich mehr, als dieses Nichts vor seiner Abreise. Der Gedanke war beklemmend und tröstlich zugleich.

Das darauffolgende Jahr lief nicht besonders gut, weil er feststellte, dass er einen ganzen Winter nicht würde durchhalten können. Er kehrte früher aus den Wäldern zurück, mit nur halb soviel Tierfellen wie das erste Mal. Aber er erhielt für die Pelze immerhin zweieinhalbtausend Dollar. Er legte den größten Teil des Geldes auf einer Bank in Wladiwostok an und kaufte von dem Rest des Geldes Postkreditbriefe, und kehrte im Frühjahr nach Slowenien zurück. Es war Ende April, die Narzissen durchbrachen die Scholle. In dem Dorf wartete er an der Schulpforte.

Als Lara ihn erblickte, fuhr sie ihre Hand an die Kehle und biss auf ihre Lippen, dann rieb sie sich die Augen, als wäre ein Staubkörnchen hineingeraten, und sie sagte: „Da bist du endlich.“

Als er sie betrachtete, in der Sonne, die ihr Haar, von dem er so oft geträumt hatte, leuchten ließ, brachte er kein Wort über seine Lippen. Tief in seinem Brustkorb hörte er wieder dieses stürmische Rauschen, und er blieb stehen wie ein Schuljunge, bis sie auf ihn zukam und seinen Arm nahm.

Sie gingen nebeneinander, sprachen kein Wort. Sie verließen das Dorf, liefen über die Felder bis zu dem Hügel, von dem das Tal unter ihnen grün und sanft war und das Dorf einer Puppensiedlung glich. Und noch immer konnte er es nicht fassen, dass er ihre Hand hielt, ihre Zartheit unmittelbar neben ihm war, und ihr Duft, der ihn schwindlig werden ließ und dafür verantwortlich war, dass er kein Wort über seine Lippen kam. Aber die Stimmen aus dem Eis flüsterten seltsame Worte in sein linkes Ohr, moralisch verwerflich, und voll von beißendem Spott.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739389714
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (Juni)
Schlagworte
Leid Psychothriller Grauen Thriller Ekel Eis Kälte

Autor

  • Astrid Korten (Autor:in)

Die Autorin studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Maastricht. Ihr Spezialgebiet: Suspense Thriller, Psychothriller und Romane. Sie schreibt außerdem Kurzgeschichten und Drehbücher. Ihre Thriller erreichten alle die Top Ten der E-Books Bestsellerlisten. SIBIRIEN wurde in Los Angeles nominiert, Zeilengötter wird von Hollywood verfilmt.
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Titel: SIBIRIEN