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Seelische Ursachen der Zuckersucht

von Stefanie Hartl (Autor:in)
92 Seiten

Zusammenfassung

Z u c k e r Eine ernstzunehmende Droge, deren Konsum ein einfacher Weg zu sein scheint, unsichtbare Löcher des Lebens und der Seele zu füllen. Diese weißen, süßen Kristalle machen jedoch langfristig abhängig, müde und sogar krank. Anhand der persönlichen Geschichte der Autorin wird sehr deutlich, welche seelischen Ursachen schon in frühester Kindheit zu einer starken Zuckersucht führen können und welche Heilungsmöglichkeiten bestehen. Alles, was uns der Zuckerrausch zu geben vermag, verblasst im Vergleich dazu, wie sich ein seelisch gesundes und erfülltes Leben mit tiefer, wahrer Selbstliebe anfühlt. Das mit viel Liebe verfasste und gestaltete Buch verhilft dir, deinen seelischen Mangel nun endlich auf gesunde Weise auszugleichen und ein suchtfreies Leben zu genießen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Vorwort

Mit diesem Buch möchte ich Betroffenen der Zuckersucht Mut machen, die wahre Ursache dieser Sucht zu ergründen.

Denn diese liegt meiner Ansicht nach in einer verletzten Seele.

Dass Zucker sehr schädlich und eine Droge ist, werde ich nicht ausführlich erläutern, da dies meist bekannt ist und wir trotz diesem Wissen davon abhängig sind.

Das Verhalten ähnelt stark dem Verhalten allgemein suchtkranker Menschen. Mir fiel kaum ein Unterschied beim Suchtverhalten zwischen der Alkoholsucht meiner Verwandten und meiner eigenen Zuckersucht auf.

Daher habe ich mich auf eine lange Reise begeben, die wahren Ursachen zu ergründen und kann diese heute an euch weitergeben. Meine Zuckersucht war extrem und die Folge starker seelischer Verletzungen in der Kindheit. Aber auch die Folge eines unerfüllten Lebens. Darauf werde ich noch genauer eingehen. Der Hauptauslöser ist die mangelnde Selbstliebe, welche als Kind verloren ging, aufgrund verschiedenster, falscher Prägungen. Heute können wir die natürliche Selbstfürsorge wieder in uns aufblühen lassen, indem wir all das wieder verlernen. Unser Herz wird endlich wieder für uns selbst geöffnet. Mein Lösungsansatz ist, dass uns Drogen nicht mehr interessieren, wenn es unserer Seele wieder gut geht. Wenn das "nüchterne" Leben wieder schön, ausgeglichen und erfüllend ist, benötigen wir kein künstliches Mittel mehr, um es angenehmer zu machen. Wir sind nicht willensschwach oder schlechter als andere.

Unsere emotionalen Grundbedürfnisse wurden als Kind nicht befriedigt, und daher entstand die Gewohnheit, diese unbewusst mit Zucker zu unterdrücken.

Nichts war jemals grundsätzlich falsch mit uns.

Wir versuchten einfach nur irgendwie diesen Mangel auszugleichen. Ich erzähle nun meine Geschichte und erkläre danach anschaulich die Ursachen und Methoden der Heilung. Auf verwirrende Fragen allgemein zur Zuckersucht wird ebenfalls eingegangen, da die Sucht noch sehr unbekannt ist.

Auch lichtvolle Worte, die ganz intuitiv in dieses Buch einfließen wollten, finden ihren Platz.

Ich wünsche dir ganz, ganz viel Erfolg bei der

Heilung deiner Zuckersucht.

Du hast es so sehr verdient, ein gesundes,

glückliches Leben zu führen!

Beginn der Sucht

Wie begann eigentlich alles?

Ich wuchs in einer nach außen hin sichtbar normalen, netten, mittelständischen Familie mit Haus, Garten und Pool auf. Doch was passierte, dass ich diese Unmengen an Zucker konsumieren musste, da ich es anders einfach nicht aushielt?

Mein Wesen als Kind war herzlich, kreativ, fantasievoll, tierlieb und verträumt. Disney Filme, Hörspiele, malen, Klarinette spielen, turnen und Aufsätze schreiben waren meine liebste Beschäftigung. Ich verteilte oft kleine Liebesbriefchen an Erwachsene, die ich sehr mochte. Das kindliche, freie Dasein voller Lebensfreude und Lebendigkeit erfreute mich Tag für Tag.

Alles war gut, bis mein Vater schwer krank wurde. Er hatte Magenkrebs und der Magen musste ihm entfernt werden. Diese Zeit konnte er nur schwer verkraften und spülte seine Sorgen seitdem mit Alkohol fort. Er veränderte sich immer mehr und schob die Schuld auf meine Mutter. Seine Wutausbrüche und gewaltsamen Methoden der Erziehung (vor allem meinem Bruder gegenüber) waren nur schwer aushaltbar. Mein Bruder musste aufschreiben, was er alles falsch gemacht hatte und dass sein Benehmen unangemessen war. Er wurde regelmäßig geschlagen und musste stundenlang holzarbeiten unter falschen Versprechungen. Als ich auch einmal mithelfen musste und irgendwann weglief, da ich die gequälte Stimmung nicht mehr aushielt, verfolgte mich mein Vater bis auf die Straße, um mich zurückzuholen. Ich war jedoch schneller und flüchtete zu einer Freundin.

Die Situation zuhause wurde so "kühl" und unerträglich, dass ich mich mit ca. 10 Jahren immer mehr in mein Zimmer und in meine eigene kleine Welt zurückzog und meine Katze und Süßigkeiten das einzige waren, das für mich da war.

Aus der kindlichen Interpretation heraus, dass etwas mit mir nicht stimmen muss, versuchte ich mich zu "verbessern".

(Kinder suchen nie den Fehler bei den Eltern, welche für ihr Überleben wichtig sind und daher aus kindlicher Sicht heraus fehlerfrei sein müssen, sondern bei sich selbst)

Mein Hauptziel war es, dünn zu werden. "Dünn sein" müsse die Lösung sein. Für alles! Dies war meine kindliche Lösung für das große Problem meiner Familie. Warum? Meine Familie verhöhnte dicke Menschen schon immer und wenn wir im Urlaub waren, lästerten sie über die "schlechten, fetten Menschen" am Strand oder am Pool. Mein Vater erklärte mir einst eindringlich, dass "Männer nur dünne Frauen bevorzugen". Ich solle mir dies merken.

Das tat ich.

Auch meine Großmutter glaubte sehr überzeugt, dass man als Frau unbedingt schlank sein muss, damit man dem Mann gefällt. Sie wirkte auf mich nie zufrieden mit sich selbst und ihrem Körper.

Diese Wahrheit bekam ich auch in Familien von guten Freunden mit. Sie sprachen ebenfalls abfällig über Übergewichtige und achteten sehr auf die Ernährung. Es herrschte auch hier das unausgesprochene Gesetz, dass Frauen dünn sein müssen, während es bei Männern ziemlich egal ist, wie sie aussehen. Aus mir bis heute unerfindlichen Gründen, beschloss die Familie meiner damaligen besten Freundin, über meinen Körper (welcher, wenn überhaupt, damals nur leicht über dem Normalgewicht war) schlecht zu reden und diese Freundin dazu zu bringen, sich von mir abzuwenden. Sie fragten mich oft, was ich zuhause denn zu essen bekommen würde. Ich verstand die Welt nicht mehr und schlussfolgerte aus den wenigen Fakten und Beobachtungen meiner kleinen Welt, dass nur dünne Menschen (vor allem Frauen) existieren dürfen.

Ich verglich meinen Körper ständig mit dem der anderen Kinder und kam immer zu dem Entschluss, dass meiner nicht schön und nicht dünn genug war. Folglich versuchte ich auch möglichst brav zu sein und nicht aufzufallen. Absolute Anpassung konnte vielleicht den "Makel meines Körpers" etwas ausgleichen.

Auch erfreute mich die Vorstellung, meine gesamte Familie glücklich machen zu können, wenn ich ein schönes, perfektes Kind wäre.

"Damit wird meine Familie zu retten sein! Und alle werden mich lieben! Das Leben wird dann ganz leicht sein und ich darf wahrhaftig existieren!

Ganz bestimmt!"

Wie ihr euch denken könnt, wurde ich eines Besseren belehrt. Dies musste ich jedoch jahrelang auf harte Weise lernen, denn ich quälte mich sehr mit Diäten und Sport. Ich zwang mich mit 10 Jahren dazu, stundenlang Inliner zu fahren und ab 16 Uhr nichts mehr zu essen. Als ich abends einmal eine Tomate aß, quälten mich starke Vorwürfe, da ich ja aus meiner unbewussten Sicht heraus glaubte, nicht existieren zu dürfen und versagt hätte, wenn ich mich nicht strikt an die Diät hielt. Ebenso setzte ich aufs Spiel, "jemals geliebt werden zu können". Also verfolgte ich jahrelang dieses scheinbar erreichbare Ziel und ging als Teenager fünfmal die Woche ins Fitness-Studio und abends noch schwimmen oder zu Step-Aerobic. Mit Hunger zu Bett gehen war schon fast normal und ein Zeichen für mich, alles richtig gemacht zu haben.

Ich wusste alles über Diäten und versuchte alles erdenklich Mögliche, um schlank zu werden. Mein ganzer Alltag bestand daraus. Zeitweise versuchte ich das Gegessene wieder zu erbrechen, was ich jedoch kaum über mich bringen konnte. Daher hörte ich nach ein paar "gescheiterten" Versuchen wieder auf damit. Ebenfalls "scheiterte" ich damit, das Essen nach dem Kauen nicht zu schlucken, sondern einfach wieder auszuspucken.

Dieser extreme Fokus auf "schlank werden" ermöglichte es mir, die wahren Probleme zuhause auszublenden. Und einem hoffnungsvollen Ziel entgegenzulaufen, dass vielleicht doch noch alles wieder gut werden würde. Es war wie auf einer Straße mit nebligem Horizont zu rennen, von welcher ich mir erhoffte, dass der Nebel am Ende der Straße nur Gutes in sich verbarg. Gleichzeitig konnte ich den dunklen Wald am Straßenrand ausblenden.

All dies führte zu einem enormen seelischen Mangel in mir. In meiner inneren Welt waren gefühlt hundert Löcher. Ich war sehr, sehr weit von meinem wahren Selbst entfernt und empfand das Leben als sehr hart.

Permanente, emotionale Anspannungen tobten in mir, welchen ich mit dem Konsumieren von Zucker entgegenwirkte. Kurz konnte er diese beruhigen, aber nicht lange. Ich hasste mich so sehr dafür, denn genau dies verhinderte meinen Abnehmerfolg und somit die "Lösung aller Probleme."

Durch das jahrelange Verfolgen dieses einen Ziels, durch jenen kindlichen Tunnelblick, verlor ich meine ganze Lebensfreude. Mein jugendlicher Alltag bestand daraus, in die langweilige Schule zu gehen und unter großer Angst mit dem Bus heimzufahren, was mich daheim denn wieder erwarten würde. Schnell Mittag zu essen und in mein Zimmer zu verschwinden, wo ich meist Süßigkeiten aß, welche ich mir am Nachhauseweg kaufte. Kurz erfuhr ich dadurch eine Beruhigung und Entspannung. Dann machte ich Hausaufgaben und lernte sehr viel, da ich ja ein braves Kind sein wollte, um welches sich niemand sorgen müsse. Danach machte ich Sport, schrieb auf, was ich alles gegessen hatte, und schaute abends fern oder war am PC. Nebenbei war zuhause die Hölle los. Mein Vater war stets betrunken und verfolgte meine Mutter den ganzen Tag über durch das gesamte Haus, um ihr vorzuwerfen, dass sie an seinem Leid schuld sei. Abends saß er sich zu ihr ins Wohnzimmer im 1. Stockwerk und predigte ihr, wie schlecht es ihm doch geht und dass er mit der richtigen Frau glücklicher wäre. Aus Angst davor, dass er meiner Mutter gegenüber handgreiflich werden könnte, saß ich oft abends unten auf der Treppe, um dies zu bewachen. Einmal schlug er die ganzen Wohnzimmermöbel klein, während meine Mutter weinend in der Ecke saß.

Währenddessen versuchte ich ihn zu beruhigen und davon abzubringen. (Hier lernte ich, dass Wut etwas sehr Negatives sein kann, und unterdrückte seitdem jegliche Wut in mir)

Es ging so weit, dass er sich in unserer Garage erhängen wollte, um meiner Mutter zu zeigen, wie schlecht es ihm ging. Er wollte diesen Selbstmordversuch nicht wirklich durchführen. Dennoch brachte ihn die Polizei zu einer dreitägigen Entgiftung, nach welcher alles wie bisher weiterging.

Immer wieder suchte er sich andere Frauen, um seinen inneren Mangel an Liebe damit füllen zu können. Sie sollten ihn retten, was jedoch keine Einzige vollbringen konnte. Meine Mutter nahm dies stillschweigend hin, da sie keinen anderen Ausweg sah aus finanziellen Gründen. Außerdem handelte sie aus dem Glauben heraus, dass für Kinder das Wichtigste die Versorgung und ein geregeltes, gut organisiertes Leben sei. Sie wusste es zu diesem Zeitpunkt eben einfach nicht besser und wollte doch nur unser Bestes.

Unser heiles Zuhause war nun endgültig kaputtgegangen.

Dennoch versuchten wir den Schein einer intakten Familie zu bewahren. Mein Bruder und ich gingen zur Schule, meine Mutter erledigte den Haushalt während inmitten unserer scheinbaren "Normalität" ein erwachsener Mann schon vormittags bei seinem 10. Bier im Esszimmer saß.

Abends aß ich oft wie ferngesteuert Süßigkeiten und Schokolade, welche ich aus der Küche "klaute". Ich versuchte immer aufzupassen, dass dies niemand mitbekam, da ich große Angst davor hatte, was dann passieren würde. Ich kam mir wie ein Verbrecher vor, da ich so viel davon benötigte und es mir verboten wurde. Ich verhielt mich wie ein Dieb, der die Süßigkeiten "stahl".

Als ich dadurch immer weiter zunahm, versuchte meine Mutter verzweifelt das Essen wegzusperren oder mir Angst zu machen, dass es so nicht mehr weitergehen könne. Verzweifelt beratschlagte sie sich mit meiner Großmutter, was sie denn dagegen tun könne.

Immer wenn ich dies mitbekam, fühlte ich mich, wie als wäre ich ein Fehler, welcher so wie er ist, einfach nicht akzeptiert werden würde. Für die zugesperrte Küchentür erhielt ich wiederum eine laute Ansage von meinem Vater, weshalb er wegen mir nicht in die Küche gehen konnte. Ich fühlte mich so schuldig und hatte so viel Angst vor ihm, da man nie wusste, wie er reagieren würde. Zu oft sah ich, wie er meinen Bruder schlug und demütigte oder in einem Wutanfall auf Dinge einschlug. Oder er sperrte uns in den Keller in einen dunklen Raum mit gelagertem Holz, in welchem wir über unsere "Fehler" nachdenken sollten.

"Fehler" waren für ihn z.B. auch unverschuldete Fahrradunfälle. Als ich einmal stürzte und mich am Arm verletzte, schimpfte er mich, da ich angeblich nicht richtig fahrradgefahren bin. Ich stand mit Tränen und einer blutigen Wunde am Arm zuhause angekommen am Waschbecken und hörte nur Beschimpfungen von ihm, da ich einen "Fehler" begangen hatte. So vergrub ich meine wahren Gefühle und lernte, keine Schwäche zeigen zu dürfen. Neben Wut, war nun auch Traurigkeit ein "falsches Gefühl".

Manche Reaktionen meiner Eltern sind mir bis heute unerklärlich.

Meine Mutter ordnete mir einmal an, mich wiegen zu müssen, bevor ich ein Eis bekam. Sie hatte leider wenig Empathie und dachte, dass dies für ein Kind nicht weiter schlimm sei. Dies verwirrte mich jedoch sehr, und seitdem entwickelte ich eine gewisse Hassliebe zur Waage. Die Anzeige ihrer Zahlen bestimmte fortan meine Stimmung.

Den ganzen Tag über hatte ich Anspannungen in mir und versuchte mich mit Zucker zu beruhigen.

In der Drogerie gegenüber unseres Hauses kaufte ich oftmals heimlich Traubenzucker, wofür mir sogar einmal eine Kundin dort Geld borgen musste, da ich nicht genug dabei hatte. Ich war wie ein kleiner Junky, der davon aber nichts wusste. Die Zuckersucht hatte mich ab ca. 9 Jahren fest im Griff und sorgte für erhebliche, zusätzliche Schwierigkeiten. Gleichzeitig versuchte ich aus Angst immerzu verzweifelt abzunehmen, um akzeptiert zu werden.

Ein Teufelskreis begann, welcher großen Stress, Angst und Frustration hervorrief.Erwähnenswert ist noch, dass ich nie stark übergewichtig war als Kind und Jugendliche. Erst später hinterließ dieser Wahnsinn, verbunden mit der Zuckersucht, Spuren an meinem steigenden Gewicht. Jedoch konnte ich dies in den jungen Jahren damals nicht sehen und empfand mich immer als zu dick, obwohl ich es nicht wirklich war.

Unsere suchtbelastete, dysfunktionale Familie, sowie der fehlende gesunde Rahmen für persönliche Entfaltung, mitfühlende Gespräche und ein harmonisches Zusammensein hatte sehr herausfordernde Auswirkungen.

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Auswirkungen der Sucht

Die Folgen waren sehr weitreichend

für mein ganzes Leben

Die Auswirkungen waren enorm. Angefangen bei den Selbstvorwürfen und dem immerwährenden Selbsthass, bis hin zu sozialem Rückzug, Depression und gefühlt körperlichem Verfall. Die Tatsache, immer mehr Zucker zu benötigen, war ein Indiz für mein kindliches Verständnis, dass ich willensschwach sein müsse und dass irgendetwas mit mir nicht stimmen würde. Auch das Beobachten des normalen Konsumverhaltens der anderen Kinder verfestigte diese Überzeugung immer weiter in mir.

Ich vermutete ebenfalls, dass ich die Gene meines Vaters hätte, durch welche ich zu einem Suchtverhalten verdammt sei und mein Leben lang stark auf die Ernährung achten müsse. Dies waren keine guten Aussichten.

Jene Gedanken trieben ihr Unwesen in mir und bissen sich über Jahre hinweg fest in meinem System. Dies hatte zur Folge, dass mein Verhalten immer schüchterner und ruhiger wurde. Ich versuchte mich zu verstecken und meine Lebendigkeit war kaum mehr vorhanden. Mein ganzes Handeln basierte auf Angst. Mit 14 Jahren war jegliche, realistische Körperwahrnehmung verschwunden. In einem Urlaub in Bulgarien (siehe Foto) empfand ich mich als viel zu dick, obwohl ich es nicht war, und fühlte mich in keiner Kleidung wohl.

Da ich sowieso keine Verbindung mehr zu mir selbst hatte, fand ich mich später auch in einem Beruf wieder, der meinem Wesen so gar nicht entsprach. Hier aß ich oft heimlich Süßigkeiten, da ich wie damals als Kind Angst hatte, was passieren würde, wenn man mich "erwischen" würde. Mein System schickte immerzu die abgespeicherte Meldung, dass ich ein Verbrecher sei, wenn ich zu viel Süßes aß. Die Büroarbeit erledigte ich gewissenhaft und spielte das brave (Schul-)Mädchen. Meine Seele war in dieser Zeit tief in mein Inneres zurückgezogen, was jegliche Verbindung zu mir selbst unterband.

Da ich mich selbst so stark ablehnte, erfuhr ich auch Ablehnung von außen. Die Welt war wie ein Spiegel, welcher keine schönen Bilder zeigte. Ich hasste diesen Spiegel und die Menschen, die er zeigte, welche mich schlecht behandelten und ablehnten. Also versteckte ich mich noch mehr.

Umso mehr ich dachte dick zu sein, umso mehr wurde ich es über die Jahre hinweg wirklich. Das Entgegenwirken aus Angst führte nur zu mehr negativen, unrealistischen Gedanken und somit zu mehr negativen Gefühlen und mehr Frustessen. Auch als übergewichtige junge Erwachsene hat man es nun einmal nicht leicht in vielerlei Hinsicht. Vor allem nicht, wenn man von klein auf gelernt hat, dass dicke Menschen der Abschaum der Gesellschaft sind. Wenn man sich der Liebe unwürdig fühlt, kann man sich selbst nicht lieben und erlaubt auch anderen nicht, sich wahrhaftig lieben zu lassen. Das Herz verschließt sich aus Selbstschutz.

Ständig versuchte ich meinen Wert zu beweisen und andere glücklich zu machen. Zum Beispiel durch große Geschenke oder eben durch ein gutes Aussehen. Ich dachte, dass meine Mutter und meine Oma dann sehr glücklich sein würden. Und mein Wert endlich sichtbar wäre.

Durch das jahrelange strikte Diät- und Sportverhalten, was jedoch nicht wirklich viel Erfolg zeigte, aufgrund der parallelen Zuckersucht, verlor ich jegliche Selbstwirksamkeit. Ich sah keinen Sinn mehr darin, auf irgendetwas hin zu arbeiten oder etwas zu verändern. Nichts machte mehr Sinn, da ich all meine, aus dem kindlichen Schmerz heraus motivierten Ziele nie erreicht hatte. Mit ca. 23 Jahren gab ich völlig frustriert auf, machte keinen Sport mehr und aß was ich wollte. Meine Familie konnte ich ja schließlich sowieso nicht mehr retten und die Akzeptanz und Liebe anderer war auch kaum erreichbar. Also was machte es schon für einen Unterschied, wie ich aussah. Ich hatte nun absolut genug, "schmiss alles hin", und das Pendel schwang in die andere Richtung.

Durch die unkontrollierte Zuckersucht und wenig Bewegung nahm ich immer mehr zu und alles war mir egal. Bis mein Körper überall schmerzte aufgrund der Übersäuerung und sogar einige Gelenke wegen Entzündungen weh taten. Auch die Kopfhaut litt sehr darunter.

Ich fühlte mich zeitweise wie eine 80-Jährige, welcher alle Bewegungen weh taten. Jedoch war mir auch dies aufgrund des Selbsthasses egal und ich wollte mich schon ganz aufgeben. Der Zucker löste auch eine starke Antriebslosigkeit, Energielosigkeit und Müdigkeit aus.

Die Auswirkungen waren also enorm hinsichtlich des Selbstbewusstseins, der körperlichen und seelischen Gesundheit, der gesellschaftlichen Behandlung, der Berufswahl und meines Verhaltens.

Die Müdigkeit und Energielosigkeit begleiteten mich jahrelang und sorgten dafür, dass ich in der Freizeit nicht viel unternehmen wollte. Der Alltag wurde trist und grau, welchen ich künstlich mit bunten Süßigkeiten und Serien versuchte lebendiger zu machen.

Auch wenn die Zuckersucht "nur" ein Symptom ist, bewirkt sie, dass das Leben nochmals zusätzlich unglaublich erschwert wird.

Beispielsweise führt eine Nikotinsucht nicht sofort zu äußerlichen Veränderungen, welche gesellschaftlich auch noch verachtet werden und dazu führen, dass man sich körperlich unwohl fühlt.

Daher empfinde ich die Zuckersucht als eine sehr schwierige Lebensaufgabe, auch wenn Zucker keine "harte" Droge ist.

Ich glaube jedoch, dass kein Leid umsonst ist, und dieser steinige Weg große Erkenntnisse bereithält.

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Wege zur emotionalen Heilung

Tiefe seelische Heilung bewirkt das

Desinteresse am Zuckerkonsum

Die Heilung war ein "Auf und Ab" und "Hin und Her". Sie begann mit etwa 25 Jahren, als ich eines Tages auf meinem Wohnzimmerboden saß und mich ganz grundsätzlich fragte, was mit mir denn eigentlich los sei. Es war, als hätte sich ein Fenster in meinem Bewusstsein geöffnet, welches mir ermöglichte, kurz durch einen Schleier zu sehen.

Etwas in mir wusste, dass ich mehr war als das schüchterne, zurückgezogene, essgestörte, minderwertige Schulmädchen. Nach dem Lesen von Essstörungsbüchern suchte ich mir Hilfe bei Therapeuten, anderen Betroffenen in Internetforen, Büchern und Videos. Am meisten half mir jedoch das bewusste, wertfreie Beobachten meines Verhaltens. Dieses zeigte mir deutlich, dass ich sehr, sehr süchtig nach Zucker war. Zucker war meine "Zigarette". Meinen Beobachtungen zufolge benötigte ich immer Zucker bei:

- starken inneren Anspannungen - Langeweile - Belohnungsdrang - Stress

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752141344
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (April)
Schlagworte
Süßigkeiten Zucker Meditation Sucht Psychologie Zuckersucht Heilung Befreiung Seele Suchtbekämpfung Esoterik Wahrsagen Tarot Pendeln Spiritualität autogenes Training

Autor

  • Stefanie Hartl (Autor:in)

Die Autorin wuchs in einem schwierigen, von Alkoholmissbrauch geprägten Umfeld auf und entwickelte eine starke Zuckersucht. Sie schreibt über ihre Geschichte und ihre Heilungsreise.
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Titel: Seelische Ursachen der Zuckersucht