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Sandige Versuchung

Eine Fantastische Kurzgeschichte in der Welt »Am Ufer des Luzik«

von Topaz Hauyn (Autor:in)
20 Seiten
Reihe: Am Ufer des Luzik, Band 1

Zusammenfassung

Samantha Sandfluss durchbricht die Wasseroberfläche. Trockene Luft trifft auf ihre nasse Haut. Wassertropfen rinnen kühl von ihrem Gesicht. Gleichmäßig schlägt sie ihre Flosse unter Wasser. Sie will einen Praktikumsplatz bei den Land-Sandmännern. Zu ihrem Glück, kommt der Sandmann, erkennbar an seiner Haarfarbe, gerade zum Ufer. In Begleitung einer Frau! Samantha verliebt sich auf den ersten Blick. Aber Liebe sucht sie nicht. Sie muss einen Ausweg finden. Auf der Suche nach einer fantastischen Welt, um darin einzutauchen? Lies »Sandige Versuchung«, eine fantastische Kurzgeschichte an den Ufern des Luzik.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Sandige Versuchung

Samantha Sandfluss tauchte durch die Wasseroberfläche. Trockene Luft traf auf ihre nasse Haut. Wassertropfen rannen kühl von ihrem Gesicht und aus ihren sandfarbig, feuchten Haaren in ihre Kleidung. Dunkelblond würden andere sagen. Gleichmäßig schlug sie mit ihren Flossen unter Wasser, damit die Strömung des Luzik sie nicht davon trug.

Ihre nackten Oberarme würden der Sonne nicht lange standhalten, die über der Kochwiese im Märchenland schien. Sie brauchte schnellstens ein langärmliges Oberteil um ihre empfindlich helle Haut zu schützen.

Alle in ihrer Familie hatten beinahe durchsichtig weiße Haut. Die brauchten sie im Polarmeer, um Sonnenlicht abzubekommen.

Mit einem Hauch von Neid dachte Samantha an ihre Cousine Salomé, die in wärmeren Gewässern lebte und eine wunderschöne dunkel gebräunte Haut hatte. Salomé würde ihre obsidianschwarzen Haare schütteln und über das bisschen Sonne auf der Kochwiese am Rand des Märchenwaldes lachen.

Über die runden Steine am Ufer und zwischen den hohen Grashalmen und Blütenstängeln hindurch sah Samantha auf die Kochwiese, ohne gesehen zu werden.

Sie legte ihre Hände auf einen Stein und stütze sich hoch. Schaute sich um. In der Mitte stand ein Steinklotz aus weißen Steinen. Die Feuerstelle aus der Beschreibung. Weiter zur Seite stand ein braunes, schiefes Etwas, dass nur das Wirtshaus sein konnte.

Viel näher am Ufer saß ein junger Mann, mit einem kurzärmligen Hemd und einem knackigen Hintern, der aus einem geflochtenen Korb ein Tuch in der Farbe trockenen Ufersandes holte und auf der Wiese ausbreitete. Der perfekte Stoff um ihn als Umhang zu verwenden und ihre Arme zu beschützen. Und der richtige Mann. Ein Sandmann, wie die Haarfarbe verriet.

Mit seinen sandfarbenen Haaren war er nicht alleine. Neben ihm stand eine Frau mit der gleichen Haarfarbe und schaute ihm gelangweilt bei der Arbeit zu. Warum er sich diese wohl machte, wo diese Frau so wenig Interesse zeigte?

Immerhin hatte sie gleich beim ersten Versuch die Richtigen gefunden. Nur in der Familie der Sandmänner gab es diesen sandfarbigen Ton in der Haarfarbe. Vielleicht musste sie gar nicht im Märchenwald nach ihm suchen gehen, sondern konnte vom Wasser aus ihre Frage stellen.

Weiter hinten, an der aus weißen Steinen gemauerten Feuerstelle, sah sie einen Wolf, verschiedene Prinzessinnen und eine Gruppe Bauern, die, an langen Stöcken aufgespießt, sich ihr Mittagessen über den Flammen rösteten. Der Duft der letzten Blumen im Sommer verschwand schnell unter dem dicken Geruch gerösteten Fleisches und dem Rauch des Holzfeuers. Die laute Unterhaltung übertönte das Gezwitscher der Vögel im Wald hinter der Wiese. Von dort trampelte gerade eine weitere Gruppe grün-brauner Waldbewohner heran, die es sich auf den Baumstumpfhockern einer freien Gruppe runder Holztische vor dem schiefen Wirtshaus gemütlich machten.

Volles Haus würden die Menschen sagen, die Samantha an den Küsten der Menschenwelt belauscht hatte.

Heute war sie nicht zum Lauschen da. Heute war sie in der Märchenwelt. Kein Grund sich zu verstecken. Weder vor den Landbewohnern noch vor den Wasserbewohnern. Alle hier wussten, dass es Meeresbewohner und auch dort Sandstreuer gab, die allabendlich die Träume verteilten.

Auf dem ganzen Weg hierher, von ihrem Zuhause am Meeresgrund, bis zum Übergang unter Island, und den ganzen Weg den Luzik herauf, hatte sie darüber nachgedacht, wie sie ihre Bitte am besten vortragen könnte.

Sie wollte, bevor sie die nächste Sandstreuerin in der Familie wurde, ein Praktikum als Sandstreuerin in der Menschenwelt machen. Ihre Eltern hatten sie ausgelacht, genauso wie ihre Zwillingsschwester Seli.

»Eine Meerfrau in der Luft«, hatte Seli gefragt, »wo bekommst du das Wasser her, um nicht auszutrocknen?«

»Brauche ich nicht«, hatte Samantha geantwortet und war losgeschwommen. Bei ihren Besuchen bei Salomé hatte sie die Verwandlung ihrer nass schimmernden Schuppen und Flossen in zwei Beine. Jahrelang. Sie brauchte immer noch eine Weile und war danach erschöpft, aber sie schaffte es. Seli dagegen konnte es bis heute nicht. Hatte es nicht versucht oder geübt.

Schnell sah Samantha sich nach einer Ablenkung von ihren Gedanken auf der Wiese um. In der Tür des Wirtshauses glitzerte etwas. Was das wohl war? Nächstes Jahr, wenn sie zum Herbstsonnenwendfest ins Märchenland kommen durfte, würde sie es herausfinden. Oder schon eher, wenn sie ihr Praktikum bekam.

Noch eine Idee, die Seli lustig gefunden hatte.

»Du belauschst zu viele Menschen«, hatte Seli gespottet.

Zum Glück hatten ihre Eltern sie nur nachdenklich angesehen und dann genickt.

»Frag Familie Sandreich im Märchenland«, hatte ihr Vater gesagt. »Sie wohnen in der Nähe des Luzik, der an der Kochwiese entlangfließt.«

Samantha zwirbelte zwei Grashalme zwischen den Fingern zusammen. Sie war hier. Sie hatte ein Ziel. Trotzdem wollten ihre Gedanken nicht verschwinden.

»Dumme Idee«, hatte Seli gesagt. »Was willst du dort lernen?«

Die Frage konnte Samantha selbst nicht richtig beantworten.

Sie wusste nur, sie wollte etwas anderes als das Wasser sehen. Wollte die Menschen an Land kennenlernen, bevor sie, als Sandstreuerin, nie mehr reisen durfte. Dabei reiste sie so gerne. Durch die Meere war sie mit ihrer besten Freundin, Katja, geschwommen und hatte alle ihre Cousins und Cousinen kennengelernt, lange bevor sie sich beim Familientreffen der Dekade getroffen hatten.

Ein verändertes Bewegungsmuster an der Grillstelle zog Samanthas Aufmerksamkeit zurück auf die Wiese. Die Würstchen schienen fertig zu sein, die Gruppe um die Feuerstelle zerstreute sich. Selbst der Wolf trottete davon, mit einen Stock im Maul und einem Würstchen daran.

Leider konnte Katja nicht mit ins Märchenland kommen. Sie war ’nur’ eine Meerfrau und wusste nicht, dass Samantha keine gewöhnliche Meerfrau war. Irgendwann würde sie es ihrer Freundin sagen. Bis dahin war sie froh überhaupt eine Freundin zu haben. Außerhalb ihrer Familie.

Samantha dachte wehmütig daran, wie einsam sie sich manchmal fühlte.

»Ich will Wasser!«, sagte eine Stimme. »Klebriger Bananensaft? Wer trinkt das freiwillig?!«

»Schon gut, Sabrina«, sagte eine weiche, angenehm warme Stimme, die sich in Samanthas Ohren wie das beruhigende dahingleiten warmer Meeresströmungen auf Kalten anhörte.

Sie schaute sich um.

Wer hatte diese schöne Stimme, die ihr mehr das Gefühl gab Zuhause zu sein, als es das aus Seealgen geflochtene Haus ihrer Eltern, oder der mit Seefrüchten bepflanzte Garten ihres Vaters je getan hatte? Ihr liebster Ort waren die Grenzen zwischen den Strömungen. Die Bewegung fühlte sich heimeliger an, als ihr Bett, in dem sie nur schlief, weil ihre Kuscheltiere sie darin beschützten. Doch auch die verblasste hinter dem Gefühl, dass diese Stimme in ihr weckte.

Es war der Sandmann mit dem knackigen Hintern, der mit wiegenden Schritten zum Ufer herunterkam.

Welch ein Glück für sie. Sie konnte auf seine Picknickdecke verzichten und ihn direkt fragen, ob er sie für ein Praktikum aufnehmen würde.

In seinem kurzärmligen hellbeigen Hemd und den kurzen, sandgelben Hosen sah er wunderschön aus. Sogar seine Augen glänzten wie ein ruhiger Sandstrand in der Südsee. Einladend und heimelig zugleich. Er sah viel jünger aus, als sie erwartet hatte.

Samanthas Hände glitten vom Stein. Sie tauchte unter.

Besser sie machte sich noch ein bisschen hübsch, statt verstrubbelt von der Reise und angetrocknet von der Sonne vor ihm zu schwimmen. Sie strich mit ihren Fingern durch ihre Haare. Sie konnte nicht strubbelig vor ihm Auftauchen und den ersten Eindruck ruinieren. Schließlich sollte er sie für ein Praktikum aufnehmen.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752141535
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (Juni)
Schlagworte
Frau Erwachsen werden Arbeiten erste Liebe Meerfrau Meerjungfrau Märchen Sandmann Erzählungen Kurzgeschichten Fantasy

Autor

  • Topaz Hauyn (Autor:in)

Topaz Hauyn schreibt seit vielen Jahren Kurzgeschichten und Romane. Ihre Geschichten wurden, unter anderem in Sammlungen, in Anthologien wie »Drachenlachen - frech und fröhlich« und eigenständig veröffentlicht. Am liebsten liest undschreibt sie romantische Geschichten, mit Gestaltwandlern und fremden Welten. Ausflüge in Science Fiction eröffnen weitere faszinierende Welten. Sei es auf einem Raumschiff oder auf einem unbekannten Planeten, ihre starken Figuren schaffen sich überall einen Platz.
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Titel: Sandige Versuchung