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Ein Werwolf im Zoo

von Charlie Richards (Autor:in)
132 Seiten

Zusammenfassung

Als er seinem Bruder bei der Flucht aus dem Zoo hilft, entdeckt Rainy dort mehr als nur eine Vielzahl von Tieren. Rainy kundschaftet den Zoo aus, da er eine Rettungsmission für seinen Bruder plant, der in Wolfsgestalt von Wilderern gefangen und verkauft wurde. Dann nimmt er eine äußerst verführerische Witterung auf: Travis Carlyle, sein Gefährte. Doch Rainy findet schnell heraus, dass er, bevor er sich mit dem gutaussehenden Tierarzt verbinden kann, den davon überzeugen muss, dass Rainy es wert ist, sich für ihn zu outen. Travis führt ein ruhiges, unauffälliges Leben und meidet jegliche Situation, die ihn vor seiner Familie outen könnte. Nach so vielen Jahren des Alleinseins kann er der Liebe, Zuneigung und Akzeptanz, die Rainy ihm entgegenbringt, nur schwer widerstehen. Doch gerade als er entscheidet, dass Rainy es wert sein könnte, wegen ihm seine Sexualität zu offenbaren, findet er heraus, dass Rainy Geheimnisse vor ihm hat, und zwar eine ganze Menge: Werwölfe, Gestaltwandler und Gefährten? Als er mit eigenen Augen eine Verwandlung sieht, muss Travis die Wahrheit akzeptieren. Dumm nur, dass nicht alle begeistert sind, dass Travis sich den Wölfen anschließt, und er gerät in einen Streit zwischen Wandlern. Und dann stellt sich auch noch Travis’ Vater zwischen sie. Kann Rainy Tavis davon überzeugen, ein gefährliches, aber von Liebe erfülltes Leben mit ihm zu wählen, anstatt der bequemen, ruhigen Existenz im Kreis seiner Familie? Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene mit explizitem Inhalt. Jeder Band dieser Reihe geht auf die romantische Beziehung eines anderen Paares ein. Um die gesamte Handlung sowie die Geschichte aller Figuren zu erfahren, empfiehlt es sich, alle Bände in der Reihenfolge ihres Erscheinens zu lesen. Länge: rund 32.500 Wörter

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Kapitel 1

Rainy lehnte sich gegen den Zaun und grinste. „Na, da haste dich ja ganz schön in was reingeritten, Bruderherz.“ Er konnte ein Lachen nicht unterdrücken, als die dunkelbraunen Augen auf der anderen Seite des Zauns schmal wurden und er ein leises Knurren hörte. „Spring nicht gleich aus deinem Pelz, ich hol dich da bald raus. Dann kannst du mir sagen, wie zum Teufel du im Zoo gelandet bist.“

Dieses Mal war das Knurren nicht zu überhören und gleich darauf sprang sein Bruder gegen den Zaun und schnappte nach Rainy.

„Sie sollten wirklich nicht so dicht an den Zaun herantreten. Und was haben Sie getan, um ihn zu reizen? Sie sollten die Tiere nicht ärgern.“

Rainy drehte sich um und erblickte eine schlanke Frau in einer braunen Hose und einem grauen Hemd. Auf dem Hemd prangte das Logo des Zoos. Ihr blondes Haar war im Nacken zu einem Knoten zusammengefasst. Ihre vollen Lippen waren verzogen, passend zu dem feindseligen Funkeln in ihren blauen Augen und den Händen, die sie in die Hüften gestemmt hatte.

Aus dem Augenwinkel bemerkte Rainy, dass sein Bruder vom Zaun zurückwich und die Frau anstarrte. „Es tut mir leid. Ich wollte ihn nicht reizen.“ Er grinste und zuckte die Achseln. „Ich nehme an, er mochte den Geruch von dem Fleischsnack, den ich gegessen habe. Aber ich schwöre, ich habe ihm nichts davon gegeben.“ Rainy warf einen Blick über seine Schulter zu seinem Bruder. „Ich habe heute Abend noch was vor, also mache ich mich dann mal auf den Weg.“ Er zwinkerte der Frau zu und ging an ihr vorbei. „Danke, dass Sie so gut aufpassen.“

Er hörte Gemurmel, als er sich von dem Gehege entfernte. Er hatte schon herausgefunden, was er wissen musste, nämlich wie der Käfig verschlossen war, in dem der Werwolf eingesperrt war. Als Rainy erfahren hatte, dass sein Bruder in Wolfsgestalt im Zoo gelandet war, hatte er sich kaputtgelacht. Cliff war zwei Tage lang vermisst worden, bevor sie herausgefunden hatten, was mit ihm geschehen war und wo er steckte. Nur Cliff selbst konnte erklären, wie er dort gelandet war. Rainy lachte. Was würden die Menschen denken, wenn sie wüssten, dass es im Zoo einen Werwolf gab?

Ein verlockender, herber Duft stieg Rainy in die Nase und er hielt inne. Sein Zahnfleisch begann zu kribbeln und er musste sich darauf konzentrieren, seine Fangzähne zurückzuhalten. Während er mehrmals tief durchatmete, schaute er sich um. „Was zum Teufel?“, murmelte er.

Rainys Blick schweifte durch die Umgebung und versuchte die Quelle des köstlichen Dufts zu finden. Nach einem Blick über seine Schulter entdeckte er einen schlanken jungen Mann der mit der Frau sprach, die ihn soeben angesprochen hatte. Das schulterlange blonde Haar des Mannes war zu einem kurzen Pferdeschwanz zusammengefasst, der seinen Kragen streifte. Er war mittelgroß und die Muskeln an dem Arm, mit dem er eine schwarze Tasche hielt, waren gut definiert. Er trug die gleiche Kleidung wie die Frau, und dazu so etwas wie einen weißen Laborkittel über dem grauen Hemd.

Der Mann ging zusammen mit der Frau in das Gebäude, das sich in wenigen Metern Entfernung befand. Als der Mann am Ende der Treppe stehenblieb und sich zu Rainy umdrehte, stockte dem der Atem. Der Mann hatte die blauesten Augen, die er je gesehen hatte. Sein Schwanz, der von dem köstlichen, moschusartigen Duft des Mannes bereits halb hart war, füllte sich vollständig und drückte gegen seine plötzlich zu enge Jeans. Er machte einen Schritt auf den Mann zu, doch als sich die Augen des Fremden überrascht weiteten, zwang Rainy seinen Körper zum Stehenbleiben. Sein innerer Wolf wollte wimmern, als Panik in den Augen des Mannes aufblitzte, bevor er in das Gebäude schlüpfte und die Tür hinter sich zuzog.

Tief Luft holend schüttelte Rainy den Kopf und versuchte, die Sinneseindrücke loszuwerden. Einen Moment später realisierte er, dass er noch immer die geschlossene Tür anstarrte und zwang sich, wegzugehen.

„Wir werden zurückkehren“, versprach er dem aufgeregten Wolf, der in seinem Inneren hin und her lief. Etwas an dem Mann hatte sein Tier in Aufregung versetzt. Nachdem er sich um das Problem mit seinem eingesperrten Bruder gekümmert hatte, würde er sich die Zeit nehmen, den Grund dafür herauszufinden.

* * * *

„Hey, Schwesterchen!“ Travis grinste, als er sah, wie Lisa die Stirn runzelte. „Tut mir leid, dass ich zu spät komme. Doc Martin brauchte Hilfe, um Sally festzuhalten. Sie hat eine Schnittwunde am Bein.“

Lisa verdrehte die Augen. „Wer hat denn ein Krokodil Sally genannt?“

Travis lachte. „Eine Verwaltungsassistentin namens Bernice, die hier vor drei Jahren gearbeitet hat, als das Krokodil ankam. Ich habe keine Ahnung, warum der Name hängen geblieben ist.“

Er öffnete die Tür und ließ Lisa eintreten. Ein Kribbeln lief über seinen Rücken und er verharrte auf der Türschwelle, um einen Blick über seine Schulter zu werfen. Sein Blick driftete über den Weg zwischen den Tiergehegen, aber er sah nichts Auffälliges. Dann erblickte er einen Mann in etwa zehn Metern Entfernung, der ihn anstarrte. Als er seinen Blick über den Mann gleiten ließ, wollte er stöhnen.

Was für ein Körper!

Der Mann hatte eine sehr muskulöse Gestalt ohne jedoch aufgepumpt zu wirken, dunkles Haar und tiefgrüne Augen, die mit einer Intensität auf ihn gerichtet waren, die ihm erneut einen Schauer über den Rücken jagten. Eine dunkelblaue Jeans schmiegte sich an kräftige Schenkel und ein schwarzes T-Shirt spannte sich über gewölbten Brustmuskeln.

Gott, wie wäre es wohl, die mit meiner Zunge nachzuzeichnen?

Travis runzelte die Stirn, als er realisierte, in welche Richtung seine Gedanken wanderten. „Scheiße.“ Sein Freund Roger hatte sich im zweiten Jahr am College vor seinen Eltern geoutet. Rogers Familie hatte ihn daraufhin verstoßen und Travis’ Eltern hatten die Entscheidung unterstützt. Es war ihm nicht erlaubt, schwul zu sein, sofern er nicht seine Familie verlieren wollte.

Er rollte die Schultern und verdrängte die verstörenden Gedanken. Eine Bewegung ließ seinen Blick zurück zu dem Mann huschen und Travis sah, wie der einige Schritte auf ihn zu machte. Er spürte, wie seine Augen sich weiteten, als Panik sich breitmachte. Oh, verdammt, nein. Wenn der Mann zu ihm kam, würde Travis sicherlich irgendetwas Dummes tun und sich outen. Seine Füße setzten sich in Gang und Travis schloss rasch die Tür hinter sich, da sah er sich seiner Schwester gegenüber, die ihn anstarrte. Er holte tief Luft, um seinen rasenden Puls unter Kontrolle zu bringen, und bemerkte die Anspannung in Lisas Kiefer. „Was macht dir zu schaffen?“

Sie runzelte die Stirn. „Nichts. Nur so ein Idiot, der den neuen Wolf geärgert hat. Gott, manche Leute gehen einem echt auf die Nerven.“

Gott sei Dank hatte sie nicht mitbekommen, wie er eben auf den Mann reagiert hatte. „Was ist passiert?“

Travis sah, wie sie mit den Schultern zuckte. Als ihr Blick auf ihn fiel und er die Brauen hob, schüttelte Lisa den Kopf. „Ich bin nicht sicher. Als ich dort ankam, war der Wolf gerade gegen den Zaun gesprungen. Der Kerl dachte, es wäre lustig.“

„Und dann?“

Für einen Augenblick schien Lisa verwirrt. „Ach, nichts. Als ich ihn zur Rede gestellt habe, hat er irgendwas Lahmes erzählt von wegen der Wolf hätte den Geruch seines Fleischsnacks gemocht und dann ging er weg.“

Hm, er hatte noch nie erlebt, dass Lisa sich so aufregte, weil ein Besucher ein Tier reizte. Sicher, es war frustrierend, dass manche Leute keinen Respekt vor den Tieren hatten, aber wenn sie sich das zu Herzen nahmen, wären sie jeden Tag verärgert, den ganzen Tag lang. „Ganz ruhig, Schwesterchen. Ich bin sicher, dem Wolf geht es gut. Er saß ganz ruhig neben dem Zaun, als wir weggingen.“ Sich bewusst, dass ein Themenwechsel angebracht wäre, zwang er ein Lächeln auf sein Gesicht. „Also, wofür brauchst du mich?“

„Wir haben zwei Schlangen, die untersucht werden müssen. Sie haben die Mäuse nicht gefressen, die sie gestern Abend bekommen haben.“

Travis stöhnte. „Oh Mist. Du weißt, dass ich Schlangen hasse. Warum konntest du Carl nicht bitten, sie zu untersuchen? Er hat nichts gegen diese ekligen Viecher.“

Überrascht sah er, wie Lisa schauderte. „Tut mir leid, Travis, aber Carl ist mir unheimlich. Er fasst mich dauernd an. Ich möchte lieber nicht mit ihm zusammenarbeiten.“

„Er fasst dich an?“, knurrte Travis und folgte seiner Schwester entlang der Reihe von Käfigen. „Was meinst du mit ‚er fasst dich an‘?“

„Alles unschuldiges Zeug, weißt du?“ Sie wedelte mit der Hand. „Er berührt mich mit der Hand am Arm oder der Schulter, solche Sachen. Aber es ist mir dennoch unheimlich.“

„Nun, wenn irgendetwas passiert, lässt du es mich wissen. Ich werde mich um ihn kümmern.“ Wow! Wo kommt denn der Beschützerinstinkt plötzlich her?

Lisas Kichern brachte ihn zurück in die Gegenwart. „Was wirst du denn tun, großer Bruder? Ihm die Vorschriften der Personalabteilung in Bezug auf sexuelle Belästigung vorbeten?“

„Oh, autsch!“ Ja, er hielt sich gerne an die Regeln. Das musste er auch. Wenn seine Eltern je herausfanden, dass er lieber mit Männern ausgehen würde, anstatt mit den wenigen Frauen, die sich von seinem gebildeten Aussehen angezogen fühlten, wäre er am Arsch. Und nicht auf eine Art, die ihm gefiel.

„Tut mir leid, Travis“, beruhigte Lisa ihn. „Es ist nur … Wir wissen beide, dass du nicht wirklich eine Kämpfernatur bist.“

„Nein“, gab er zu. „Aber ich bin schon länger hier. Beinahe sieben Jahre. Ich kann ein paar Beziehungen spielen lassen, um ihn versetzen zu lassen.“

Lisas Augen weiteten sich. „Das würdest du für mich tun?“

Er schlang einen Arm um ihre Schultern und grinste. „Natürlich. Du bist meine kleine Schwester.“

„Du bist der Beste, Travis. Ich würde für dich auch alles tun, das weißt du, ja?“

„Na klar, Schwesterchen.“ Er wandte sich ab und ging weiter an den Käfigen entlang. Sein Herz raste in seiner Brust. Würde sie das auch sagen, wenn sie wüsste, dass er lieber von einem Mann gefickt würde anstatt eine Frau zu vögeln? Oder würde sie genauso darüber denken wie ihre Eltern? Er konnte das Risiko nicht eingehen. Und war es überhaupt von Bedeutung? Er hatte seine Bedürfnisse schon jahrelang unter Kontrolle gehalten, ohne dass jemand es herausgefunden hatte. Verdammter sexy Fremder! „Kümmern wir uns um die verdammten Schlangen und dann raus hier.“

Lisa lachte. Travis lächelte.

Travis brauchte länger als erwartet, um nach den Schlangen zu sehen, hauptsächlich weil er sie so wenig wie möglich anfasste. Ekelhafte Kreaturen. Er wusste nicht, warum Lisa gerne mit ihnen arbeitete. Als er das Reptilienhaus verließ, schaute er auf seine Uhr und sah, dass es beinahe sechs Uhr abends war.

„Willst du noch etwas in der Cafeteria essen, bevor sie schließt?“

„Sicher“, sagte er nickend. Zu Hause wartete nichts auf ihn außer einem leeren Apartment und einigen Science Fiction-Büchern. Travis folgte seiner Schwester durch den Park und in das Café neben dem Geschenkeladen. Es würde in zwanzig Minuten schließen, aber das war genug Zeit, um etwas zu essen zu bekommen.

Als sie mit Essen fertig waren, war es dunkel. Das Café war um sie herum geschlossen worden, und Donny und Casey, Koch und Kassierer, hatten sich zu ihnen gesetzt und ein wenig mit ihnen geplaudert. Travis schaute sich in dem dunklen Tierpark um. Er vermisste die warmen Sommertage bereits.

„Es wird ganz schön früh dunkel, nicht wahr?“, murmelte Lisa neben ihm.

Travis nickte und starrte weiter hinaus in den Park. „Das stimmt wohl, aber ich mag die Stille der Nacht. Es ist schön, zu hören, wie die Tiere in ihren Gehegen zur Ruhe kommen.“

„Das ist wahr. Kommst du morgen zu Mom und Dad zum Abendessen?“

Erneut nickend, grinste er. „Ich will nicht, dass Mom mir einheizt, weil ich zweimal hintereinander das Abendessen donnerstags sausen gelassen habe. Sie meckert immer noch rum, dass mir die Tiere wichtiger sind als die Familie.“

Lisa legte eine Hand auf seinen Arm und er schaute in ihre besorgten Augen. „Sie macht sich nur Sorgen, weil du nie jemanden zum Essen mitbringst, und der einzige Grund, aus dem du es je sausen lässt, ist wegen der Arbeit.“

Travis stöhnte. „Oh Gott, Lis, fang du nicht auch noch an. Ich bin froh mit meiner Arbeit.“ Bei ihrem verletzten Blick verbiss er sich den Rest seiner üblichen Antwort, nämlich dass er niemanden in seinem Leben brauchte. Das war ohnehin alles Mist. Stattdessen sagte er: „Ich bin sicher, dass diese besondere Person irgendwo dort draußen ist, ich habe es nur nicht eilig, sie zu finden.“

Kapitel 2

Rainy sah zu, wie Cliff mit einer Hand durch sein dunkles Haar strich, das seinem eigenen so ähnlich war. Er konnte das Ausmaß der Verärgerung seines Bruders an dessen verstärktem irischen Akzent erkennen.

„Ich bin ziemlich sicher, dass es Wilderer waren. Ich war draußen und habe mir die Beine vertreten, als ich Blut roch. Ich fand ein verletztes Reh auf einer Lichtung. Der Geruch der Panik des Tieres war ziemlich überwältigend, deswegen habe ich die Männer erst bemerkt, als es zu spät war. Sie haben mich betäubt, aber da ich ein Werwolf bin, hat mich das nicht ganz ausgeknockt. Ich konnte mich nicht bewegen, doch ich erinnere mich, wie sie mich in einen Käfig geworfen und irgendwohin gebracht haben, wo es mehrere Käfige gab. Ich konnte andere Tiere riechen, aber sie gaben mir weitere Beruhigungsmittel, also konnte ich mich nicht verwandeln oder viel umsehen. Und schließlich bin ich dann im Zoo gelandet.“

Rainy sah, wie sein Bruder aufstand und hin und her zu laufen begann, wobei seine Bewegungen abrupt und aufgeregt waren. „Wir müssen diese Arschlöcher finden und dem ein Ende setzen.“

„Beruhig dich, Cliff“, sagte Declan. Der große Amerikaner mit afrikanischer Abstammung, ihr Alpha, erhob sich und legte eine Hand auf Cliffs Schulter, dann drückte er sie. „Da wir einen anderen Wolf an deiner Stelle da lassen mussten, damit es nicht wie Diebstahl aussieht, habe ich bereits Detective Stryker angerufen. Er wird nachforschen, wie du gekauft wurdest und versuchen, sie auf diese Art zu erwischen.“

Rainy lächelte. Detective Grady Stryker war kein Wolf, aber da er von Natur aus ein Einzelgänger war und man in schwierigen Situationen auf ihn zählen konnte, hatte Declan ihm Zugang zum Gebiet des Rudels gewährt. Der riesige Königstiger hielt sich von den meisten Wölfen fern, aber Rainy hatte sich mit ihm angefreundet, als sie sich in einer Schwulenbar in der nahegelegenen Stadt über den Weg gelaufen waren. Sie waren sogar mal miteinander ausgegangen – ein Mal – bevor sie schnell entschieden hatten, dass sie als Freunde besser zurechtkamen. „Wenn jemand die Wahrheit herausfinden kann, dann Grady. Er wird uns nicht hängenlassen.“

Cliff nickte. „In der Zwischenzeit würde ich gerne in den Zoo zurückkehren und versuchen, ob ich etwas herausfinden kann, indem ich mit den Angestellten arbeite. Wenn sie Tiere von Wilderern bekommen, muss es jemanden geben, der von innen den Weg ebnet.“

Nachdem der Alpha zustimmend genickt hatte, umarmten Cliff und ihr Vater Duncan einander. Rainy hörte ein gemurmeltes „Ich bin froh, dass du in Sicherheit bist“, bevor Duncan Cliff losließ und sein Bruder zur Tür hinausging.

Die Erinnerung an einen sündhaft sexy aussehenden Blonden mit Pferdeschwanz ließ Rainy aufstehen. „Ich denke, ich gehe mit.“

Wiederum nickte Declan und gab damit die Erlaubnis.

Rainy ging schnell zur Tür hinaus. Es gelang ihm gerade noch, auf den Beifahrersitz von Cliffs Auto zu springen, bevor sein Bruder rückwärts aus der Einfahrt setzte. Als er sah, dass Cliff die Stirn runzelte, lachte Rainy. „Du hast doch nicht gedacht, dass ich dich das alleine machen lassen würde, oder? Wenn Wilderer unterwegs sind, müssen wir aufeinander aufpassen.“

Daraufhin grunzte Cliff zustimmend und lenkte das Fahrzeug auf die Straße.

Rainy ließ das Schweigen noch eine Weile andauern, bevor er sich wieder an seinen Bruder wandte. „Bist du sicher, dass du in der Verfassung dafür bist, großer Bruder? So gefangen zu werden ist eine ganz schöne Belastung. Vielleicht sollten wir lieber bis morgen warten.“ Obwohl sein Wolf bei dem Gedanken protestierte, konnte er an den müden Falten um Cliffs Augen und den weißen Fingerknöcheln, mit denen sein Bruder das Lenkrad gepackt hielt, erkennen, dass es ihm nicht gut ging.

Cliff schaute kurz zu ihm, dann holte er tief Luft. „Ich glaube, ich habe meine Gefährtin gefunden. Ich muss zurück.“

„Im Zoo? Das ist fantastisch!“ Rainy grinste ihn an. „Warum bist du nicht froh?“ Seine Augen weiteten sich, als ihm ein Gedanke kam. „Es ist doch nicht eines von den anderen eingesperrten Tieren, oder?“

Cliff lachte bellend. „Gott, nein. Es ist die Frau, die mit dir geschimpft hat.“

„Die mit mir geschimpft hat?“ Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die Frau war im Reptilienhaus verschwunden, zusammen mit dem Mann, der so wunderbar gerochen hatte. Vielleicht würden sie dort beide antreffen. „Toll! Ich werde dir helfen, sie zu finden.“

„Damit ihr wieder aneinandergeratet, bevor ich die Gelegenheit hatte, sie einzuwickeln? Das glaube ich nicht!“

„Ach, Cliff, das war eigentlich deine Schuld, weißt du. Hättest du den Zaun nicht angegriffen, hätte ich keinen Ärger bekommen.“

Darüber lachte Cliff. „Na klar, kleiner Bruder.“

Die Männer verfielen in freundschaftliches Schweigen und Rainy nutzte die Gelegenheit, etwas zu dösen. Die Rettungsaktion in der vergangenen Nacht war glatt gelaufen, hatte aber dennoch recht lange gedauert. Rainy hatte nur etwa eine Stunde schlafen können, bevor er losgezogen war, um Cliff aus dem Zoo zu befreien, und der Schlafmangel machte ihm zu schaffen. Ein Klaps auf den Kopf ließ ihn mit einem Ruck erwachen, und er erblickte den Eingang des Zoos vor sich.

„Also, deine Gefährtin arbeitet im Zoo“, begann Rainy, als sie ausstiegen. „Woher weißt du, dass sie es ist?“

Nachdem sie das Eintrittsgeld bezahlt hatten, schaute Cliff ihn an und zuckte die Achseln. „Ich weiß es einfach. Ich erkenne es daran, dass sie so wunderbar riecht. Und wie mein Körper auf sie reagiert, als könnte ich es nicht erwarten, sie auszuziehen, jeden Zentimeter ihres Körpers abzulecken und –“

„Hey! Das sind zu viele Informationen, Bruderherz. Ich verstehe, was du meinst.“ Das Bild des jungen Mannes, den er gestern gesehen hatte, tauchte in seinem Kopf auf denn, verdammt, das war genau die Reaktion, die Rainy auf ihn hatte. War es möglich …? Rainys Kopf schoss herum, als er ein köstliches, berauschendes Aroma einatmete. „Fuck. Dort drüben.“

Cliff wirbelte herum und folgte ihm. „Gute Nase, Rainy, aber woher wusstest du das?“

„Weil hier etwas ganz wunderbar duftet … und da ist es auch schon.“ Er konnte sein leises, wohlheißendes Knurren nicht zurückhalten, als er den jungen Mann erblickte, den er gestern beäugt hatte. Sein Schwanz regte sich spürbar, als sein Blick erneut über den blonden Mann glitt. Das Knurren neben ihm überraschte ihn, und Rainy schaute Cliff an, der ihn wütend anstarrte.

„Mein“, knurrte sein Bruder.

Rainys Augenbrauen schossen in die Höhe. „Was?“

„Die Frau gehört mir. Fass sie ja nicht an!“

Da bemerkte Rainy die Frau, die mit dem Objekt seiner Begierde sprach. Er lachte. „Verdammt, Cliff. Entspann dich. Als hätte ich es auf eine Muschi abgesehen. Du kennst mich doch besser.“ Er sah, wie die Anspannung aus der Haltung seines Bruders wich und legt eine Hand auf dessen Schulter. „Komm. Stellen wir uns unseren Gefährten vor.“

Dieses Mal schossen Cliffs Brauen in die Höhe.

„Ja, genau“, sagte Rainy. „Der Mann neben ihr gehört mir.“

Cliff nickte und ging voraus.

Als der jüngere Bruder blieb Rainy zurück und folgte Cliff den Pfad entlang. Sie holten ihre Beute schließlich vor dem Pinguingehege ein.

„Entschuldigung, Miss?“, sagte Cliff und berührte die Frau leicht am Arm.

Beide blieben stehen und wandten sich Cliff zu. „Ja?“, fragte sie und ihr Blick wechselte von einem Mann zum anderen, bevor er schließlich auf Cliff haften blieb.

Zu Rainys Freude schaute der Mann ihn eine Sekunde lang an, dann weiteten seine Augen sich, als er ihn erkannte. Er versuchte, sich auf die Worte seines Bruders zu konzentrieren, der über ein leeres Krokodilgehege sprach.

„Travis hier kann Ihnen mehr darüber sagen. Er ist einer der Tierärzte des Zoos.“

Als er plötzlich im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit stand, errötete Travis ganz hinreißend.

Oh ja! Rainy wollte herausfinden, welche Teile von Travis’ Körper noch erröteten, wenn er ihn vögelte.

„Sally hat eine Schnittverletzung am Bein, also steht sie jetzt unter Beobachtung. Jemand hat eine Flasche in ihr Gehege geworfen, und die ist zerbrochen. Wir kümmern uns hier gut um unsere Tiere, wenn ich also jemals herausfinde, wer es getan hat –“

Die Frau legte eine Hand auf den Arm des Mannes.

Rainy gelang es kaum, bei der intimen Berührung sein Knurren zu unterdrücken.

„Entspann dich, Travis. Sie kommt wieder in Ordnung.“ Die Frau wandte sich wieder an sie. „Mein Bruder nimmt es mit der Pflege unserer Tiere sehr ernst, so wie ich auch.“ Sie betrachtete Rainy mit verengten Augen. „Und deshalb mag es keiner von uns beiden, wenn Leute Unsinn mit ihnen machen.“

So ein Mist, sie erkannte ihn. Cliff musste das auch realisiert haben, denn er streckte die Hand aus und stellte sich vor. „Ich bin Cliff MacDougal. Das ist mein jüngerer Bruder Rainy. Er hat ihre kleine Unterhaltung gestern erwähnt. Glauben Sie mir, wir beide lieben Tiere und würden niemals etwas tun, um ihnen absichtlich Schaden zuzufügen.“

Äh, vergaß Cliff absichtlich ihre wöchentlichen Streifzüge? Es war nicht so, als würden sie dabei nicht jagen. Rainy musste sich ein Stöhnen verbeißen. Er hoffte, dass diese Bemerkung nicht später Probleme bereiten würde.

„Ich bin Lisa Carlyle und das ist mein Bruder Travis. Ich bin eine der Tierpflegerinnen hier.“

„Lisa, was für ein hübscher Name“, schmeichelte Cliff. „Ich habe mich schon immer gefragt, was hinter den Kulissen vor sich geht. Würden Sie mir die Ehre erweisen, heute Abend mit mir essen zu gehen? Ich würde sehr gerne mehr über Ihre Arbeit erfahren. Ich bin im nahegelegenen Wald Wildhüter und es interessiert mich, wie sich unsere Bereiche im Vergleich darstellen.“

Lisa zögerte und ihr Blick wanderte zu ihrem Bruder.

Da er ihre Befangenheit spürte, sagte Rainy: „Da wir uns gerade erst begegnet sind und ich leider wohl nicht den besten ersten Eindruck gemacht habe, wäre es Ihnen vielleicht lieber, wenn wir alle zusammen gingen?“ Rainys Blick wanderte von Lisa zu Travis. „Sie müssen ja sicherlich auch essen, Travis, nicht wahr?“

* * * *

Heilige Scheiße! Flirtete der Mann mit ihm? Hier in der Öffentlichkeit? Da er keine Erfahrung hatte, war Travis sich nicht sicher. Er schaute Lisa an, die nur fragend eine Augenbraue hob. Travis konnte an ihrem Getue erkennen, dass Lisa die Einladung gerne annehmen würde, aber Bedenken hatte, mit einem völlig Fremden alleine zu sein. Er nickte. „Sicher, aber heute Abend haben wir schon etwas vor. Wie wäre es mit morgen?“

Rainy und sein Bruder wechselten einen Blick, tauschten eine Botschaft, wie nur Geschwister es konnten. Die Männer nickten. „Das klingt fantastisch“, antwortete Cliff. Nachdem sie Ort und Zeit festgelegt hatten, gingen die beiden Männer auf einem Seitenpfad davon, wobei sie sich unterhielten und auf die Gehege deuteten, an denen sie vorbeigingen.

Als sie außer Sichtweite waren, packte Lisa ihn am Arm. „Vielen, vielen Dank, Travis. Der Mann ist der heißeste Kerl, den ich seit Jahren gesehen habe.“

Travis lachte und zog Lisa mit sich, weiter zum Reptilienhaus, um nach den Schlangen zu sehen. Er wollte es so schnell wie möglich hinter sich bringen. Und er war sicher, dass die Nähe der Schlange ihm helfen würde, den Ständer loszuwerden, den er hatte, weil Rainy eben so nahe gewesen war. Sicher, seine Schwester fand Cliff heiß, aber der war nichts im Vergleich mit Rainy. „Wirst du Mom von deinem Date morgen Abend erzählen?“, zog er sie auf.

„Auf keinen Fall! Sie würde eine Million Fragen stellen, auf die ich keine Antwort habe! Gott, seine Arme waren zum Ansabbern, findest du nicht?“, schwärmte Lisa. Travis öffnete die Tür und verdrehte die Augen. „Ich kann nicht glauben, dass du mich das gefragt hast. Ich gebe keine Kommentare zu den Attributen deiner Verabredungen ab“, beschwerte er sich gutmütig.

Lisa kicherte – sie kicherte. Was hatten diese zwei Männer nur an sich, das sie beide so beeindruckte, denn als Rainy den Blick dieser durchdringenden grünen Augen auf sich gespürt hatte, hatte er auch kichern wollen.

„Tut mir leid. Selbst du musst zugeben, dass sie beide umwerfend sind.“

Er schüttelte den Kopf und seufzte, nicht bereit, etwas zu sagen, das ihn verraten könnte. „Schauen wir nach deinen Schlangen.“

Kapitel 3

Dies war kein Date. Er würde es nicht als solches betrachten. Lisa hatte ein Date, und Travis war der Anstandswauwau. Sozusagen. Rainy und er würden nur aufpassen, damit Cliff und Lisa sich wohl fühlten. Scheiße, wem machte er etwas vor? Es fühlte sich an wie ein perfektes Date.

Er nahm ein Shirt und hielt es vor seine Brust. Travis hatte sich schon dreimal umgezogen und konnte sich immer noch nicht entscheiden, was er anziehen wollte. Er war noch nie in dem Lokal gewesen, in dem sie die Brüder treffen wollten, und er war nicht sicher, was dort angebracht war. Mit Blick auf seine Jeans und Halbschuhe zuckte er die Achseln. Er musste ja niemanden beeindrucken, richtig? Also, warum setzte er sich so unter Stress? Wütend vor sich hingrummelnd warf er das Shirt auf das Bett und sah sich in dem spärlich möblierten Raum um. Er war vor drei Jahren in die zwei-Zimmer-Eigentumswohnung gezogen, nachdem er zu einem der leitenden Tierärzte befördert worden war.

Er schaute auf die Uhr und realisierte, dass er vor fünf Minuten hätte aufbrechen sollen, um Lisa abzuholen. Da er keine Zeit mehr hatte, brach er die Suche nach einem anderen Shirt ab, schnappte sich die Schlüssel von dem Tisch in der Nähe der Tür und eilte zu seinem Wagen. Er stellte einen Rekord auf und schaffte es, pünktlich bei seiner Schwester aufzutauchen. Sie stürzte zur Tür heraus, bevor er auch nur geparkt hatte. Wenigstens freute sich eine von ihnen beiden. Und es sollte Lisa sein, die sich freute, wies Travis sich in Gedanken zurecht. Sie hat schließlich das Date!

„Hallo. Danke, dass du mich abholst.“ Lisa küsste ihn auf die Wange und grinste. „Ich bin wirklich froh, dass du mitkommst. Dieser Mann macht mich ganz aufgeregt und gleichzeitig nervös. Es ist echt seltsam.“

Lachend legte Travis den Rückwärtsgang ein. Er wusste genau, was sie meinte. Doch in seinem Fall machte es ihm auch eine Scheißangst. „Du magst ihn wirklich, hm?“

Ihn anlächelnd nickte sie. „Ich hoffe, er ist so süß wie er gestern schien.“

„Ich bin sicher, das ist er. Wie könnte er das nicht mit einer Frau wie dir an seiner Seite?“

„Ich wusste, es gibt einen Grund, warum ich dich mitnehme“, sagte Lisa mit einem Grinsen.

„Oh, genaugenommen nehme ich dich mit, und Rainy war derjenige, der mich eingeladen hat“, hob er hervor.

Lisa lachte einfach. „Solange du mir nicht in die Quere kommst.“

„Keine Sorge, Schwesterchen. Ich werde dir aus dem Weg gehen“, antwortete er trocken.

„Hey, so habe ich das nicht gemeint. Mach dich nicht lächerlich. Wir sind nur eine Gruppe Freunde, die zusammen ausgehen und Spaß haben.“ Sie konzentrierte sich kurz auf ihn. „Bist du in Ordnung? Du scheinst ein wenig angespannt zu sein.“

„Mir geht es gut“, versicherte Travis ihr und ließ sein breitestes Grinsen aufblitzen. „Ich habe nur eine Menge Papierkram zu Hause.“

Seine Schwester drückte kurz seinen Arm. „Es ist Freitag, Travis. Lass die Arbeit für heute Abend ruhen und hab ein bisschen Spaß!“

Dieses Mal musste Travis sein Lächeln nicht erzwingen. „Das werde ich, Schwesterchen.“

Viel zu schnell erreichten sie den Irish Pub. Travis folgte seiner Schwester mit einem Schritt Abstand, dann griff er um sie herum, um die Türe zu öffnen und sie eintreten zu lassen. Er schaute sich überrascht um, beeindruckt von der Sauberkeit im Inneren. An der gegenüberliegenden Wand war eine Theke, an den beiden anderen Wänden befanden sich Sitznischen und einfache Holztische füllten den Raum dazwischen. Er erblickte die Brüder in einer Nische zu ihrer Linken. Sie schienen in eine Unterhaltung vertieft, hielten dann aber gleichzeitig inne und schauten zur Tür. Ein Lächeln erschien auf Cliffs Gesicht, als er Lisa erblickte. Travis riskierte einen Blick zu Rainy und sah, wie der jüngere Bruder seinen Blick keck über ihn wandern ließ. Er kämpfte gegen ein Schaudern an, als er die Hitze in Rainys Augen bemerkte und der Moment war vorbei. Rainy erhob sich und folgte seinem Bruder zu ihnen.

Nachdem Cliff Travis kurz angelächelt und zugenickt hatte, hatte der Mann nur noch Augen für Lisa. Travis sah, wie Cliff die Hand seiner Schwester küsste, die andere sanft auf ihren unteren Rücken legte, ohne sie loszulassen, und sie zu der Nische führte.

„Keine Sorge. Das werde ich mit dir nicht machen.“

Travis’ Kopf wirbelte bei den geflüsterten Worten zur Seite. Rainy stand dicht hinter seiner linken Schulter, sodass seine Brust beinahe Travis’ Rücken berührte.

„Nicht, dass es nicht sehr verlockend wäre“, hauchte er.

Travis konnte den hinreißenden Mann hinter sich nur anstarren.

„Komm, Hübscher. Gehen wir zu den anderen.“

Rainys Lachen und die Hand auf seiner Schulter rissen Travis aus seiner Schockstarre. Nein, nein, nein, das passiert nicht. Er hatte sich zu lange versteckt, um jetzt geoutet zu werden, weil sein Hirn in der Nähe dieses Mannes nicht funktionierte. Es war nicht von Bedeutung, wie gut der Kerl roch, wie das intensive Glitzern in seinen grünen Augen Gänsehaut auf seinem ganzen Körper ausbrechen ließ, oder wie die Anspielung in seinen Worten seinen Schwanz anschwellen ließ. Travis würde diesen Mann nicht an sich heranlassen.

Er sandte einen wütenden Blick über seine Schulter und schüttelte Rainys Hand ab. „Finger weg. Ich bin wegen meiner Schwester hier.“

Rainys Augen glitzerten immer noch, aber er zog seine Hand weg. „Natürlich. In dem Fall, nach dir.“

Travis ging zu dem Tisch und ein Blick nach hinten zeigte ihm, dass Rainys Augen an seinem Hintern klebten. Beim Gucken erwischt, grinste der Mann ohne jegliche Scham und zwinkerte. Erstaunt von dessen Kühnheit und Offenheit, was seine Sexualität betraf, schüttelte Travis den Kopf und setzte sich. Rainy setzte sich neben ihn und rutschte dicht genug ran, damit ihre Schenkel sich berührten. Indem er so dicht an die Wand rückte, wie er konnte, gelang es Travis, ein paar Zentimeter zwischen sie zu bringen.

Der Kellner erschien und Travis bestellte ein Sam Adams. Kurz darauf nahm er es dankbar entgegen und leerte die halbe Flasche in zwei großen Schlucken in dem Versuch, seine Nerven zu beruhigen. Nachdem sie ihre Bestellung aufgegeben hatten, schaute er über den Tisch und sah, dass seine Schwester mit Cliff ins Gespräch vertieft war. Keine große Hilfe. Er schaute den Mann neben sich an und fragte: „Also, was machst du, Rainy?“ Er realisierte, dass die Frage ein Fehler war, sobald der Mann sich ihm mit seinem sexy Lächeln und glitzernden Augen zuwandte.

„Ich bin Buchhalter. Ich mag Tiere zwar gerne, habe aber nicht das Verlangen, mit ihnen zu arbeiten. Das überlasse ich meinem Bruder.“

„Was ist mit deinem Akzent? Stammt deine Familie aus Irland?“

Rainy nickte grinsend. „Ja, das tut sie. Unsere Eltern sind vor einigen Jahren eingewandert. Sie haben einen ziemlich ausgeprägten Akzent, also haben wir den von ihnen übernommen, auch wenn wir selbst das Land nur einige Male besucht haben.“

Er sah, wie Rainys Blick kurz zu seinem Bruder huschte, und Travis schaute in diese Richtung. Als Cliff dem jüngeren Mann bestätigend zunickte, fragte Travis sich, wie die Rangfolge zwischen ihnen war. Rainy schien dem anderen Mann den Vortritt zu lassen, folgte seinem Beispiel und erlaubte ihm, die Entscheidungen zu treffen. Es war eine interessante Familienmentalität und Travis fragte sich, ob es an ihrer Herkunft lag.

„Wolltest du schon immer Tierarzt werden?“

Rainys Frage riss Travis aus seinen Gedanken. Er zuckte die Achseln. „Nicht wirklich. Eigentlich wollte ich Schriftsteller werden.“

„Ach, du schreibst?“

„Als ich jünger war, aber jetzt nicht mehr sehr oft. Ich habe einfach nicht mehr die Zeit dafür.“

Rainy musste das Bedauern in seiner Stimme gehört haben, denn er fragte: „Warum bist du dann Tierarzt geworden, wenn du deshalb nicht die Zeit hast zu tun, was dir Spaß macht?“

Travis erkannte die verständnislose Neugier in Rainys Augen und musste lächeln. Den Mann schien das wirklich zu interessieren, aber wie sollte er ihm sagen, dass in den Augen seines Vaters eine Schriftstellerkarriere einfach nicht akzeptabel war?

„Unsere Eltern.“

Travis’ Blick schoss zu Lisa. Sie hatte offenbar Rainys Frage gehört, und er wusste, dass sie es nicht gut gefunden hatte, dass er das Schreiben praktisch aufgegeben hatte, um den Wünschen seiner Eltern zu entsprechen. Jetzt nutzte er es nur noch, um Stress abzubauen.

Lisas Lippen waren zu einer dünnen Linie gepresst. „Sie sind ziemlich kontrollierend, gelinde ausgedrückt.“

„Inwiefern kontrollierend?“

Travis streckte eine Hand über den Tisch und ergriff Lisas, bevor er Cliffs Frage beantwortete. Er fand es nett, dass sie seinetwegen empört war, doch sie hatte ein Date. Sie sollte sich nicht deswegen aufregen. „Es ist in Ordnung, Schwesterchen.“ Sein Blick wanderte zu dem Mann neben ihr. „Indem sie drohten, mir die finanzielle Unterstützung zu streichen, hauptsächlich. Die brauche ich jetzt nicht mehr, aber als ich im College war schon.“

Er errötete, erstaunt, dass er das eingestanden hatte. Was hatten diese Männer an sich, das ihn ermutigte, mehr preiszugeben, als er es gewöhnlich tat? Travis spürte eine leichte Berührung an seinem Knie und wandte sich Rainy zu. Er konnte dessen Gesichtsausdruck nicht auch nur ansatzweise deuten. Die Ankunft des Kellners mit ihrem Essen brach die Spannung und bewahrte ihn davor, noch mehr erklären zu müssen. Er war noch nie so froh über eine Unterbrechung gewesen.

Als er sich über sein Steak hermachte, stöhnte er vor Genuss. Wow, das ist gut.

Rainy erstarrte neben ihm, einen Bissen wenige Zentimeter vor seinem geöffneten Mund, die grünen Augen auf Travis’ Lippen gerichtet. Travis schluckte schwer und wünschte sich, sein Schwanz würde nicht ausgerechnet in diesem Moment so hart, dass es fast wehtat, nur von dem Ausdruck von unverhohlener Lust auf Rainys Gesicht.

Errötend senkte Travis den Blick. Als er unter seinen Wimpern aufschaute, erkannte er, dass Cliff den Austausch mitbekommen hatte, aber Lisa konzentrierte sich weiterhin auf ihr Essen. Er stieß den Atem aus, obwohl er nicht bemerkt hatte, dass er die Luft angehalten hatte, und aß weiter.

Plötzlich spürte er einen Arm auf der Rückenlehne der Sitzbank. Travis schaute Rainy an, aber der Mann schaute über den Tisch hinweg seinen Bruder an. Etwas überrascht bemerkte er, dass Rainy sein Steak bereits aufgegessen hatte.

„Es gibt eine schöne Bar etwa eine halbe Stunde von hier entfernt, mit einer schönen großen Tanzfläche. Was haltet ihr davon, wenn wir dorthin fahren?“

Lisas Augen strahlten. „Tanzen? Oh, das klingt toll. Was hältst du davon, Cliff?“

Er lächelte sie an. „Du meinst, die Gelegenheit zu haben, dich in den Armen zu halten? Das klingt nach einem fantastischen Plan.“

Lisa erwiderte sein Lächeln und Cliff strich mit einem Finger über ihre Wange. Der Kellner brachte die Rechnung und Cliff nahm sie ohne zu zögern entgegen.

„Moment“, sagte Travis.

Rainy berührte ihn mit der Hand, die hinter seinem Rücken lag, an der Schulter. „Ganz locker, Travis, lass ihn das machen. Du kannst ihm nachher in der Bar ein Bier ausgeben.“

Travis nickte und sie gingen zu dritt aus dem Pub. Cliff holte sie auf dem Parkplatz ein. Er nahm Lisas Hand und zog sie an sich. „Du fährst doch mit mir, ja?“

Sie schaute Travis an, und er lächelte und winkte ihr zu. „Nur los. Ich werde euch folgen.“

Er holte tief Luft, als er zwischen den Autos hindurch zu seinem Wagen ging. Plötzlich spürte er jemanden hinter sich und schaute über seine Schulter. Wenig überraschend stellte er fest, dass Rainy sich zu ihm gesellt hatte.

„Man sagte mir, ich soll mich dir anschließen. Ich hoffe, du hast nichts dagegen.“

„Nein, gar nicht.“ Er warf dem Mann den Autoschlüssel zu, worauf der ihn auffing und fragend eine Augenbraue hob. „Du weißt, wo wir hinfahren. Ich nicht. Du kannst fahren.“

Rainy grinste. „Wirklich? Es macht dir nichts aus? Manche Leute sind sehr eigen, was ihre Autos angeht.“

Ein Lachen drang aus Travis’ Kehle und überraschte sie beide. Er blieb neben seinem alten Pick-up stehen, legte eine Hand auf die Ladefläche und grinste. „Ich gehöre nicht zu diesen Leuten. Dieser Rostkübel gehört mir. Willst du immer noch fahren?“

„Das würde ich immer noch gern. Und du solltest das öfter tun.“

„Was tun?“

Rainy packte ihn am Oberarm und zog ihn näher. „Lachen. Du bist viel zu ernst.“

Die geflüsterten Worte zielten genau auf seine Lenden und die Erektion, die nie ganz abgeebbt war, pulsierte hinter seinem Reißverschluss. Er musste ein Stöhnen unterdrücken, als ein Lufthauch über sein Ohr strich. Wie sehnte er sich danach, nachzugeben und zu ergreifen, was der Mann ihm bot. Es war so lange her, seit er versucht gewesen war, aber selbst im College hatte er sich immer unter Kontrolle gehabt. Was, wenn seine Eltern davon erfuhren? Bei dem Gedanken riss er die Augen auf und er wusste, dass Rainy seine Panik sah.

Der größere Mann lächelte, dann zog er sich zurück. „Entspann dich“, murmelte er und öffnete den Pick-up. „Es ist niemand hier außer uns. Niemand hat es gesehen.“

* * * *

Rainy starrte das Lenkrad an und wartete darauf, dass Travis einstieg. Er nutzte die Gelegenheit, um tief Luft zu holen, aber das machte seinen Schwanz nicht weniger hart. Verdammt, er könnte gerade Nägel damit einschlagen. Travis’ Duft erfüllte den Pick-up und Rainy wollte den Mann auf der Sitzbank umdrehen und sich bis zu den Eiern in seinem Körper versenken, bis keiner von ihnen mehr sagen konnte, wo er endete und Travis begann.

Aber der Mann hatte seine Sexualität so tief nach unten gedrängt, dass wohl Ketten nötig wären, um sie hervor zu zerren. Ketten … na, das war doch mal eine Idee! Ketten, ein Bett, und – Rainy knurrte und schlug mit den Fäusten auf das Lenkrad. Scheiße!

„Ist alles in Ordnung? Springt er nicht an?“

Lächelnd schüttelte er den Kopf. „Alles okay. Sorry. Bist du so weit?“ Er schaute bedeutungsvoll auf den Sicherheitsgurt, den der Mann noch immer nicht angelegt hatte, und ignorierte Travis’ verwirrten Gesichtsausdruck. Er ergriff seinen eigenen Sicherheitsgurt und ließ ihn einrasten. Sicher, es war so gut wie unmöglich, einen Werwolf zu töten, aber ein Mensch war nicht so widerstandsfähig. Rainy würde mit seinem menschlichen Gefährten vorsichtig umgehen müssen.

„Oh. Ja.“

Nachdem er das Klicken des Anschnallgurtes gehört hatte, ließ Rainy den Pick-up an und fuhr vom Parkplatz. Mehrere Minuten lang herrschte Schweigen.

Schließlich fragte Travis: „Also, wie gefällt es dir, Buchhalter zu sein?“

Rainy grinste. Sein kleiner Gefährte füllte gern die Stille. Interessant. „Die meiste Zeit gefällt es mir gut. Ich arbeite gerne mit Zahlen, das ist also definitiv ein Plus.“ Da er mehr über Travis wissen wollte, fragte er: „Wie lange arbeitest du schon im Zoo?“

„Seit beinahe sieben Jahren. Ich wurde als Assistent eingestellt, als ich noch studierte, und habe mich hochgearbeitet. Jetzt bin ich einer von zwei leitenden Tierärzten.“

Er konnte den Stolz in Travis’ Stimme hören und lächelte. „Schön. Kommst du gut mit allen Tieren zurecht? Oder gibt es welche, mit denen du lieber arbeitest als mit anderen?“

Wärme durchströmte Rainy, als Travis lachte, und sein Schwanz zuckte. Gott, er konnte es nicht erwarten, die Mauern des Mannes einzureißen. Er wollte ihn ständig zum Lachen bringen, vor allem, wenn das weiterhin eine solche Auswirkung auf seine Libido hatte. Bald, versprach Rainy seinem unruhigen inneren Wolf. Bald.

„Ich muss sagen, ich mag keine Reptilien. Derzeit hat Lisa einige Schlangen, die etwas verschluckt haben, was ihnen nicht bekommt, und mich um die zu kümmern finde ich gruselig. Ich will einfach nur davonlaufen, wenn sie eines von diesen Dingern aus ihren Terrarien zieht. Ich weiß nicht, wie sie es schafft, mit ihnen zu arbeiten.“

Rainy lachte und nickte mitfühlend. „Mit denen möchte ich auch nichts zu tun haben“, gab er zu. „Manche Tiere sind liebevoller als andere.“

„Da wir von liebevoll sprechen, wir haben da ein Zebra …“

Rainy hörte zu, als Travis ihm von einem der Zebras erzählte, das Doritos liebte. Das Tier tat alles dafür, ging sogar so weit, das Maul durch den Zaun zu schieben, um Tüten aus Kinderwagen zu reißen. Während er zuhörte, betrachtete er Travis aus dem Augenwinkel. Gegen die Tür gelehnt entspannte der Mann sich, ein Bein angewinkelt auf den Sitz gezogen, während er angeregt sprach. Er sah so entspannt aus. Was würde nötig sein, damit Travis sich so entspannte, während Rainy ihn in den Armen hielt? Er war schon in der Vergangenheit mit Männern ausgegangen, die sich nicht geoutet hatten, aber normalerweise blieb es bei zwei oder drei Dates, da sie Angst hatten, was die anderen dachten. Dieses Mal wusste er, dass es um seinen Gefährten ging, und Rainy musste einen Weg finden, um Travis zu zeigen, dass mit ihm zusammen zu sein das Risiko wert wäre.

Viel zu früh steuerte Rainy den Pick-up auf den Parkplatz der Bar. Er entdeckte Cliffs Auto und parkte in der Nähe. Er grinste, als er die beschlagenen Scheiben entdeckte und schüttelte den Kopf.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739459837
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (Juli)
Schlagworte
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Autor

  • Charlie Richards (Autor:in)

Charlie begann im Alter von acht Jahren mit dem Schreiben von Fantasy-Geschichten und als sie mit neunzehn ihren ersten erotischen Liebesroman in die Finger bekam, erkannte sie ihre wahre Berufung. Jetzt konzentriert sie sich auf das Schreiben von homoerotischen Romanen, zumeist aus der Kategorie Paranormal, mit Helden jeglicher Art.
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Titel: Ein Werwolf im Zoo