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Veränderung auf leisen Pfoten

von Charlie Richards (Autor:in)
145 Seiten
Reihe: Die Wölfe von Stone Ridge, Band 28

Zusammenfassung

Aus dem Käfig: Pause … ein vorübergehendes Anhalten oder Ausruhen, eine Unterbrechung der Aktivität aufgrund von Zweifeln oder Unsicherheit. Derek Sommers flieht vor einer schlechten Situation, die durch dumme Entscheidungen Jahre zuvor noch verschlimmert wurde. Er hat einmal den Forderungen seines Vaters nachgegeben und es hat ihn die Beziehung zu seinem Bruder Deke gekostet. Als sein Vater dann verlangt, dass er eine bestimmte Frau heiratet, hat Derek genug. Er beschließt herauszufinden, ob Dekes Partner die Wahrheit gesagt hat und reist nach Stone Ridge in der Hoffnung, die Beziehung zu seinem Bruder wieder herzustellen. Aber Dereks Vater will ihn auch über die Staatsgrenzen hinweg nicht gehen lassen. Dillan Shoreman reist nach Stone Ridge, um seinen Patensohn Edwin zu besuchen. Als er beinahe einen unvorsichtigen Fußgänger erwischt, entdeckt er, dass der ramponierte Mensch sein Gefährte ist. Dillan war lange Zeit allein und dankt dem Schicksal für den unerwarteten Segen. Leider stellt er fest, dass es schwieriger sein wird, seinen Gefährten von einer gemeinsamen Zukunft zu überzeugen, als er denkt. Mit einem manipulativen Vater, einer Mutter, die ihm Schuldgefühle macht, und einer hinterhältigen Möchtegernbraut hat Dillans Gefährte bereits einiges am Hals. Kann Dillan Derek davon überzeugen, dass er ihm den Frieden, die Heilung und die Kraft geben kann, die sein Herz so dringend braucht? Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene mit explizitem Inhalt. Jeder Band dieser Reihe geht auf die romantische Beziehung eines anderen Paares ein. Um die gesamte Handlung sowie die Geschichte aller Figuren zu erfahren, empfiehlt es sich, alle Bände in der Reihenfolge ihres Erscheinens zu lesen. Länge: rund 35.000 Wörter

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Kapitel 1

„Wir werden dieses Wochenende eure Verlobung bekannt geben.“

Derek Sommers starrte seinen Vater Forest an. Sicherlich hatte der nicht gesagt, was er gehört zu haben glaubte. Sein Vater konnte nicht wirklich erwarten, dass er Jennifer Davidson heiratete. Derek hatte sie zweimal getroffen und jedes Treffen hatte einen bitteren Geschmack in seinem Mund hinterlassen.

Auch wenn die Frau mit ihrem herzförmigen Gesicht, dem wallenden blonden Haar und der perfekten Sanduhrfigur, für die die meisten Frauen wahrscheinlich töten würden, auffallend schön zu sein schien, war sie auch egozentrisch und manipulativ.

Vielleicht mochte sein Vater sie deshalb so sehr.

Derek hatte sie zum ersten Mal getroffen, als er ein halbes Jahr zuvor eine Dinner-Veranstaltung im Country Club besucht hatte. Nachdem Dereks Mutter Sophia Jennifer vorgestellt hatte, war die Blondine wie ein Seeigel mit seinen Stacheln an Dereks Seite hängengeblieben. Obwohl er Meeresfrüchte liebte und seine erste Neigung darin bestanden hatte, Jennifer mit nach Hause zu nehmen und es ihr zu zeigen, war er ihrer Persönlichkeit schnell überdrüssig geworden. Gutes Aussehen war offenbar wirklich nicht alles.

Als Derek sie Lindsey, seiner alten Highschool-Freundin, vorstellte, schüttelte Jennifer pflichtbewusst ihre Hand. Dann, nachdem sie Lindseys Finger losgelassen hatte, hielt Jennifer ihre eigene Hand direkt unter ihren Hals und ließ ihren Blick über Lindseys in ein gelb-blaues Kleid gehüllte Gestalt schweifen. Sie lächelte und sagte: „Du siehst wirklich hübsch aus, Lindsey. Die Mode des letzten Jahres steht dir wunderbar.“

Mit einem unsicheren Gesichtsausdruck antwortete Lindsey: „Äh … danke.“ Dann entschuldigte Lindsey sich und ging weg.

Derek hätte es darauf geschoben, dass Jennifer nicht richtig nachgedacht hatte, bevor sie sprach, aber sie machte den größten Teil des Abends mit solchen Kommentaren weiter. Immer wieder sagte sie etwas, das sich wie ein Kompliment anhörte, tatsächlich aber eine Beleidigung war. Nur weil Dereks Schwanz sie irgendwie interessant fand, bedeutete das nicht, dass er von diesem gesteuert wurde. Er war immer stolz darauf gewesen, seinen Kopf zu benutzen, und sein Verstand befahl ihm, sich so weit wie möglich von Jennifer fern zu halten.

Nachdem er nach ihrer Telefonnummer gefragt hatte, log Derek und sagte ihr, dass er früh morgens zu einer Besprechung musste, für die er seine Berichte noch einmal überprüfen sollte. Ihre Nummer löschte er von seinem Handy, sobald er in sein Auto gestiegen war. Leider hielt das seine Mutter nicht davon ab, Jennifer sowie ihren Bruder Wayne und ihre Eltern zu einer Dinnerparty einzuladen.

Derek war äußerst irritiert, als er herausfand, dass seine Mutter ihnen Plätze zugewiesen hatte, so dass er neben Jennifer saß. Er verbrachte das ganze Abendessen damit, seine Zähne zusammenzubeißen und ihr zuzuhören, wie sie alles über sich selbst erzählte, an welchen Wohltätigkeitsorganisationen sie beteiligt war, dass sie ihr Geld spendete – oder besser gesagt, das Geld ihres Vaters – und dass sie ihre freie Zeit damit verbrachte, in einem Krankenhaus Kindern auf der Krebsstation Geschichten vorzulesen.

Okay, Letzteres war wirklich verdammt bewundernswert.

Trotzdem wollte Derek nicht mit ihr zusammen sein. Es gab zu viele freundlich gesagte, aber abfällige Kommentare darüber, wie die Kleider, die andere Frauen trugen, sie aussehen ließen, oder auch dass die Manschettenknöpfe eines Mannes schön waren, aber nicht zu seiner Krawatte passten. Es war lächerlich und oberflächlich. Derek verstand es überhaupt nicht.

Er wollte es auch nicht verstehen. Derek wollte nichts mit Jennifer zu tun haben. Er strengte sich an, das ganze Abendessen über höflich zu sein, dann entschuldigte er sich bei seiner Mutter und ging nach Hause. Den missbilligenden Ausdruck seines Vaters übersah er nicht, aber das hielt ihn nicht auf.

Dass sein Vater offenbar seine Verlobung buchstäblich für ihn arrangiert hatte, als ob sie im sechzehnten Jahrhundert lebten, haute Derek glatt um.

„Also komm nicht zu spät.“

Forests Worte rissen Derek aus seinen Gedanken. Offensichtlich hatte sein Vater, während Dereks Verstand vor Schock erstarrt war, weitergeredet. Derek hatte absolut keine Ahnung, was sein Vater gesagt hatte. In Wahrheit war es ihm auch egal.

„Verstanden?“

Derek hob seinen Blick von der Stelle, an der er Forests Schreibtisch blicklos angestarrt hatte. Er begegnete dem Blick seines Vaters und bemerkte die zusammengekniffenen Augen und das hervorstehende Kinn des Mannes. Es war der gleiche Blick, den Forest den Rechtsassistenten zuwarf, wenn er dachte, sie würden schlampige Arbeit verrichten. Der Mann erwartete Gehorsam.

„Ich verstehe“, antwortete Derek. Als er die Worte sagte, verengte sich seine Brust. Irgendwie musste er einen Ausweg finden. „Ich muss den Anderson-Bericht noch beenden, bevor ich gehe“, erklärte er. „Gibt es noch etwas? Oder kann ich gehen?“ Auch wenn Derek die Worte knurren wollte, hielt er seine Stimme ruhig und respektvoll.

Forest lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Nachsichtig lächelnd winkte er mit der Hand. „Geh nur. Sende mir den Bericht per E-Mail, bevor du heute Feierabend machst.“

Derek drehte sich auf dem Absatz um und ging aus dem Raum. Er biss den Kiefer zusammen und knirschte mit den Zähnen. Wut durchströmte ihn.

Eine Entscheidung hatte diesen Zustand ausgelöst, dass Forest sein Leben kontrollierte. Derek hatte so sehr die Zustimmung seines Vaters behalten wollen. Als er in der Highschool Football gespielt hatte, war er mit der Head-Cheerleaderin ausgegangen. Forest hatte ihn mit Lob überschüttet.

Derek hatte das genossen.

Nachdem Derek die Highschool abgeschlossen hatte, hatte er sich von der Freundin getrennt und war auf die juristische Fakultät gegangen. Er hatte geglaubt, sein Vater würde es wollen, dass er seine ganze Aufmerksamkeit auf sein Studium richtete. Seine einzige außerschulische Tätigkeit bestand darin, Zeit mit seinem Bruder Deke zu verbringen.

Leider hatte Derek mehr als ein Gespräch zwischen seinen Eltern mitgehört darüber, wie man Deke helfen könnte, als wäre Schwulsein eine Art Krankheit, die geheilt werden könnte. Derek war damit nicht einverstanden, aber er hatte aus Angst vor Repressalien auch nie etwas gesagt. Es hatte Derek umgehauen, als Forest Deke endlich ein Ultimatum gestellt hatte: hör auf, schwul zu sein, oder werde verstoßen. Er hatte geschockt dagesessen, als Deke würdevoll aufgestanden war und das Haus verlassen hatte.

Derek vermisste die Zeit mit seinem Bruder, aber er hatte jahrelang an der Entscheidung seines Vaters festgehalten. Schließlich hatte er seinen Kopf aus seinem Hintern gezogen und beschlossen, mit seinem Bruder zu sprechen, um sich bei ihm zu entschuldigen. Derek hatte Deke aufgespürt und ihn einige Monate lang beobachtet, während er versuchte, Mut zu fassen. Leider war sein Bruder, bevor Derek herausfinden konnte, wie er sich ihm am besten nähern konnte, umgezogen und verschwunden. Dekes neuer Lover war schließlich mit seinen Freunden aufgetaucht, um seine Sachen abzuholen.

Als Derek auf sie gestoßen war, hatte er gefragt, was sie taten. Er hatte Luther, den neuen Partner seines Bruders, und einige seiner Freunde getroffen. Derek hatte erfahren, dass Michael jetzt Dekes Ex-Freund war – er betrachtete das als eine gute Entwicklung – und etwas in Luthers Augen und der Härte in seiner Stimme sagte Derek, wie sehr sich der Mann um seinen Bruder sorgte.

Bei dieser Begegnung hatte Derek auch gesehen, wie ein großer Native American und ein schlanker Kaukasier praktisch übereinander herfielen. Er musste zugeben, dass sein Schwanz sich verdickt hatte, als er zusah, wie das Paar rummachte. Die aggressive Interaktion zwischen den beiden war verdammt heiß.

Derek erreichte seinen Schreibtisch und bemerkte, dass er sich nicht an den Weg zurück in sein Büro erinnern konnte. Seufzend schüttelte er den Kopf. Er ließ sich auf seinem Platz nieder, stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch und rieb sich die Schläfen. Wann war sein Leben so kompliziert geworden?

Ganz einfach. Als ich zugelassen habe, dass meinen Vater zufrieden zu stellen mein ganzer Lebensinhalt ist. Wann habe ich aufgehört, mich um meine eigenen Bedürfnisse zu kümmern?

Derek knurrte leise vor sich hin und grummelte: „Zeit, mir mein verdammtes Leben zurückzuholen.“

Derek nahm den Hörer ab, drückte die Taste, um eine Amtsleitung zu bekommen, und rief dann seine Mutter an. Wenn ihm jemand sagen konnte, wie lange diese blöden Hochzeitspläne schon in Arbeit waren, dann war es seine Mutter.

„Hallo, Liebes“, begrüßte Sophia ihn. „Wie geht es meinem Baby heute?“

Derek kniff die Augen zusammen und starrte die gegenüberliegende Wand an. Er erinnerte sich, dass sie Deke früher so genannt hatte. „Mir geht es gut, Mutter“, antwortete Derek. „Ich hatte gerade ein verstörendes Gespräch mit Dad und dachte, du könntest mir vielleicht helfen.“

„Natürlich, Liebes“, stimmte Sophia zu. „Was ist los?“

Derek beschloss, direkt zu sein. Wenn er klug gewesen wäre … und geduldig genug … wäre er zu seinen Eltern nach Hause gegangen und hätte sie persönlich gefragt. Jetzt musste Derek sich auf die Hinweise in ihrem Ton verlassen.

„Warum plant Dad eine Verlobungsfeier für mich und Jennifer Davidson?“

„Oh, ich bin so glücklich, Derek“, quietschte Sophia und klang wie ein aufgeregtes Schulmädchen. „Ich habe jahrelang auf diesen Tag gewartet, Süßer. Ich gebe zu, ich war etwas besorgt, als du unsere Dinnerparty vorzeitig verlassen hast, aber als Forest von Raymond hörte, der sagte, Jennifer hätte ihm den Ring gezeigt? Oh“, keuchte sie glücklich. „Nun gut“, sagte sie in tadelndem Ton. „Du hast die Dinge immer gerne unter Verschluss gehalten. Das solltest du wirklich nicht tun, weißt du?“

„Jennifer hat was getan?“ Derek schluckte schwer. Wenn er nicht gesessen hätte, wäre er zusammengebrochen, da seine Knie plötzlich schwach waren. „Warum?“

Sophia klickte mit der Zunge. „Glaubst du wirklich, deine Verlobte könnte so etwas geheim halten? Besonders vor unserer Familie?“ Seine Mutter schnaubte. „Ich habe lange darauf gewartet. Ich hasse es, zu sehen, dass du allein bist“, fuhr Sophia fort. „Du bist mein einziges Kind, Liebling. Ich möchte nur, dass du glücklich bist. Dich niederlässt. Versorgt bist.“

Derek holte tief Luft und atmete langsam aus. Er hatte noch nie viel getrunken, aber in diesem Moment klang ein Whisky wie eine verdammt gute Idee. Vielleicht konnte er ohnmächtig werden, aufwachen und herausfinden, dass dies alles ein böser Traum gewesen war.

Derek schloss die Augen und rieb sich die Stirn, bemühte sich, etwas, irgendetwas zu sagen. Es traf ihn mehr, als er zugeben wollte, dass seine Mutter Deke so leicht verstieß. Er war ihr Kind. Wie konnte eine Mutter so etwas tun?

„Ich muss auflegen“, flüsterte Derek. „Ich –ich rufe dich morgen an.“

„Oh, sei Jennifer nicht böse“, rief Sophia. „Sie war nur aufgeregt.“ Sie lachte und fügte dann hinzu: „Wie könnte eine so fabelhafte Frau wie Jennifer nicht begeistert sein, einen so guten Fang wie meinen wundervollen Jungen zu machen?“

„Ich bin nicht böse“, murmelte Derek. „Ich werde mich bald bei dir melden.“

Derek legte auf, bevor seine Mutter noch etwas sagen konnte. Dann rief er seine Empfangssekretärin an und trug ihr auf, keine Anrufe durchzustellen. Er legte gerade auf, als sein Handy klingelte. Er zog es aus der Innenseite seiner Jacke und überprüfte die Nummer.

Meine Mutter.

Kopfschüttelnd schaltete Derek auch sein Handy aus.

Er vergrub sich in seiner Arbeit. Er hatte den Bericht, von dem er gesagt hatte, er müsse ihn fertig machen, bereits abgeschlossen, also arbeitete er an anderen Sachen. Schließlich zog ein leises Klopfen an seiner Tür seine Aufmerksamkeit auf sich.

Derek schaute auf die Uhr und erkannte, dass es fast halb sieben war. „Herein“, rief er. Als er sein E-Mail-Programm öffnete und die gewünschte Datei an eine Nachricht an seinen Vater anhängte, sah er Tiffany eintreten. Derek zwang sich zu einem Lächeln und fragte: „Was machen Sie noch hier, Tiffany? Sollten Sie nicht vor einer halben Stunde gegangen sein?“

Tiffany kam zu seinem Schreibtisch und straffte ihre Schultern. Sie legte einen Umschlag auf den Schreibtisch. Derek sah, dass Mr. Sommers darauf geschrieben war.

Derek legte die Fingerspitzen auf den Umschlag und zog ihn auf sich zu. „Was ist das?“

„Meine Kündigung.“

Derek hob den Kopf, um Tiffanys entschlossenen Gesichtsausdruck zu sehen. „Ich wusste nicht, dass Sie hier unglücklich sind, Tiffany. Liegt es an etwas, was ich getan habe? Belästigt Sie jemand?“

„Nicht jemand aus der Firma, nein“, sagte Tiffany zu ihm. Sie richtete ihren Blick auf Dereks Augen, dann hob sie das Kinn und konzentrierte sich auf die Fenster hinter seinem Schreibtisch. „Ich habe von Ihrer bevorstehenden Hochzeit gehört. Ich möchte gratulieren, aber ich kann nicht. Ich bin nicht sicher, was ich getan habe, aber Jennifer hat klargestellt, dass sie mich entlassen wird, sobald Sie beide verheiratet sind.“

Derek runzelte die Stirn. „Was? Warum?“ Dann hob er die Hand, stand auf und hielt ihre Antwort auf. „Hören Sie. Es spielt keine Rolle.“ Er sah, wie sie rot wurde, und erkannte, wie diese Worte klangen. Er schüttelte den Kopf und hob den Umschlag auf. „Ich akzeptiere das nicht.“ Er riss ihn in zwei Stücke.

„W-was machen Sie da?“, schrie Tiffany.

Derek legte seine linke Hand auf den Schreibtisch, hielt die beiden Umschlagteile in der anderen Hand und schwenkte sie in die Luft. Er beugte sich zu ihr und erklärte grimmig: „Hören Sie zu. Ich werde Jennifer nicht heiraten.“ Als Derek sah, dass Tiffany ihn anstarrte, fuhr er fort: „Ich mag die Frau nicht einmal. Ich weiß nicht, warum mein Vater Gerüchte verbreitet, dass wir heiraten würden.“

Derek warf den zerrissenen Umschlag in den Müll und richtete sich auf. „Nehmen Sie sich morgen frei“, befahl er und warf ihr einen ernsten Blick zu. „Ich werde das klären, und ich möchte nicht, dass Sie ins Kreuzfeuer geraten. Okay?“

Tiffany nickte langsam. „Okay“, murmelte sie und ihre Verwirrung war deutlich auf ihrem Gesicht zu sehen. „Warum sollte …“ Sie hielt inne und schaute nach links, in die Richtung von Forests Büro. „Warum?“

Für einen Moment hatte Derek sich das Gleiche gefragt. Er hatte nicht lange darüber nachdenken müssen. „Mein Vater ist ein Kontrollfreak, der das Leben seiner Mitmenschen regeln will.“

Tiffany schnappte nach Luft. Ihre Augen weiteten sich, als ihr Gesicht erblasste. „Mister Sommers“, flüsterte sie deutlich geschockt. Sie sah sich um, als könnte Forest plötzlich auftauchen. „Sie sollten solche Dinge nicht über Ihren Vater sagen.“

Derek schnaubte. Er ließ sich auf seinem Platz nieder und fuhr fort: „Es ist Donnerstag, Tiffany. Ich gebe Ihnen morgen frei. Kommen Sie nicht zur Arbeit“, sagte er noch einmal.

Nachdem er alle Geräte abgestellt hatte, stand Derek auf und lächelte sie an, als er sein Handy und seine Aktentasche nahm. „Ich werde auch nicht hier sein.“

Dann ging Derek an ihr vorbei aus dem Büro. Er schlüpfte in das Büro seines Vaters, setzte sich an den Schreibtisch des Mannes und holte einen Schreibblock heraus. Nach einem Moment des Nachdenkens schrieb Derek seinem Vater eine Notiz und ließ sie auf seinem Schreibtisch liegen.

Als er mit dem Aufzug zur Parkebene fuhr, fragte er sich, wohin er gehen sollte. Plötzlich erinnerte er sich an die Visitenkarte, die Luther ihm gegeben hatte.

Wäre Deke wirklich daran interessiert, ihn zu sehen?

Kapitel 2

Dillan Shoreman fuhr langsam mit seinem Motorrad die kurvenreiche Bergstraße entlang. Er schaute nach links und rechts und genoss die schöne Aussicht auf Kiefern und Bäche, während er den sauberen, frischen Duft in seine Lunge zog. Seine Raubkatze schnurrte in seinem Hinterkopf.

Lächelnd stimmte Dillan seiner anderen Hälfte zu. Er freute sich darauf, inmitten der Kiefern zu rennen, auf Bäume zu klettern und ein Reh zu erbeuten. Es war viel zu lange her, seit er seine Katze spielen gelassen hatte. Er war zu lange in der Stadt gefangen gewesen.

Jetzt jedoch überkam ihn eine Aufregung anderer Art.

Dillan verlangsamte sein Motorrad und betrachtete die Adresse, die auf einem Brett stand, das an einen Baum genagelt war. Er überprüfte die Nummer und bog mit dem Motorrad in die Schotterauffahrt ein, die in den Wald führte. Sein Motorrad vibrierte zwischen seinen Schenkeln und er rumpelte den Weg entlang.

Dillan lächelte, als er das große Gebäude zwischen den Bäumen sah. Er betrachtete das Haus, das auf einer großen Lichtung stand, und bewunderte die dunkelbraunen und tiefgrünen Wände. Es hatte ein rotes Schindeldach und eine riesige Veranda, die vor dem Haus beginnend um die linke Seite des Gebäudes lief.

Er hielt sein Motorrad drei Meter vor dem Garagentor an, schob den Ständer in Position und lehnte sein Motorrad darauf. Nachdem er seinen Helm vom Kopf genommen hatte, bewunderte er die Gegend erneut. Sein Patensohn hatte es gut getroffen.

Als Edwin Aldridge seine Absicht erklärt hatte, mit der Central Intelligence Agency zusammenzuarbeiten, hatte Dillan beinahe einen Herzinfarkt erlitten. Sein Patensohn arbeitete seit Jahren mit seinem Blut. Er wollte einen Weg finden, die Heilungsfähigkeit eines Wandlers zu nutzen, um die Heilung bei Menschen zu beschleunigen.

Edwin hatte entdeckt, dass Dillan sich in einen Puma oder Berglöwen, wie viele sie nannten, verwandeln konnte, als er vierzehn Jahre alt war. Dillan hatte sich mit ihrem Deutschen Schäferhund Congo im Hinterhof entspannt und dabei vergessen, dass Edwin wegen eines Lehrermeetings früher nach Hause kam.

Als Edwin damals die Glasschiebetür geöffnet hatte, war er noch nicht einmal ganz auf die Veranda getreten. Vor Schreck quietschend, ließ er sein Glas Eistee fallen, zog sich zurück ins Haus und schlug die Glasschiebetür hinter sich zu. Edwin verschwand, dann tauchte er mit dem Telefon in der Hand wieder aufgetaucht und starrte ihn an.

Zu Dillans ewiger Dankbarkeit presste Edwin sein Gesicht und seine Hände – das Telefon in seiner linken – an das Glas und sah ihn mit großen Augen an. In dem Moment, als Edwin die Tür geöffnet hatte, war Congo aufgesprungen und aufgeregt bellend, weil er sein anderes Herrchen sah, zum Haus gelaufen. Der Hund stand winselnd an der Schiebetür und zappelte, bettelte seinen Menschen an, die Tür zu öffnen und ihn zum Begrüßen hineinzulassen.

Edwin sah auf das Tier hinunter. Er sprach mit Congo, aber Dillan konnte die Worte seines Patensohns durch das Glas nicht erkennen.

Dillan nutzte die Ablenkung und verwandelte sich. Seinen Hinterhof umgaben dichte und weit über zwei Meter hohe Hecken, um seine Privatsphäre zu schützen. Darüber hinaus lag sein Haus mit der Rückseite an einem privaten Wildgehege, und seine Nachbarn zu beiden Seiten waren meilenweit von ihm weit entfernt. Es war der Grund, warum er sich in erster Linie entschieden hatte, das Haus zu kaufen.

Nach jahrhundertelanger Übung verwandelte Dillan sich nahtlos von einer Raubkatze zu einem Menschen. Sein Berglöwe murrte ein wenig in seinen Gedanken, da er mit seinem menschlichen Patensohn spielen wollte. Dillan hatte den Wunsch verdrängt und seinem Tier versprochen, sie einander bald vorzustellen.

Dillan erhob sich zu seiner vollen Größe von über eins achtzig und ging auf die Tür zu. Nachdem er Edwins Blick getroffen hatte und sein Patensohn ein paar Mal kurz nach unten schaute, erinnerte er sich schließlich daran, dass er nackt war. Verdammt, Wandler kümmerten sich unter normalen Umständen nicht wirklich darum.

„Edwin“, rief Dillan und griff nach der Jogginghose, die er über dem Geländer seiner hinteren Veranda zurückgelassen hatte. Er wickelte sie um seine Taille. „Lass mich rein, mein Sohn. Lass es mich erklären.“

Sofort riss Edwin die Tür auf, packte Dillan und zerrte ihn ins Haus. Obwohl Dillan sich hätte widersetzen können, ließ er sich von seinem Patensohn in den Raum manövrieren. Sekunden später hörte er, wie die Glasschiebetür zugeschlagen wurde und das Schloss einrastete.

„Hast du ihn gesehen?“, flüsterte Edwin und klang eher aufgeregt als ängstlich. „Ist er noch da draußen?“

„Nein, Edwin“, antwortete Dillan sanft. „Er ist nicht da draußen. Er ist hier drin.“ Als Edwin sich umdrehte und ihn entsetzt anstarrte, lächelte Dillan. Er streckte die Hände aus und hielt seinen Patensohn an den Schultern. „So viele Male habe ich versucht, einen Weg zu finden, es dir zu erklären.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich bin ein Wandler. Ich teile meinen Geist mit einem Berglöwen.“

Auf diese Enthüllung folgten viele Fragen, viele Erklärungen, eine Reihe von Änderungen und viel Angst, Keuchen und schließlich … Akzeptanz.

Dillan war erleichtert, dass die größte Hürde diese ganze Sache mit der Heilung war.

Edwins Eltern waren bei einem Verkehrsunfall mit einem betrunkenen Fahrer ums Leben gekommen. Auch wenn sein Patensohn erkannte, dass selbst eine Infusion mit Dillans Blut sie nicht gerettet hätte, war Edwin dennoch besessen davon, herauszufinden, ob das Blut von Wandlern irgendwelche allgemeinen Heilungsfähigkeiten besaß.

Lächelnd schüttelte Dillan den Kopf, als er die Erinnerungen beiseiteschob. Es war Jahre her, seit er Edwin gesehen hatte, aber er schickte seinem Patensohn alle paar Monate frische Blutproben.

Dillan hatte gemischte Gefühle darüber, dass Edwin sich mit der Regierung einließ, aber er hatte ihm erlauben müssen, seinen eigenen Weg zu wählen. Als er entdeckte, dass ein Wolfswandler seinen Patensohn beansprucht hatte, musste er denselben Glauben haben. Edwin war mit einem Wandler aufgewachsen und wusste über Gefährten Bescheid. Dillan vertraute darauf, dass Edwin auf sich selbst aufpassen konnte.

Das bedeutete nicht, dass Dillan den fraglichen Wolfswandler und sein Rudel, bei dem Edwin sich niedergelassen hatte, nicht überprüft hätte.

Nach fast fünf Jahren hielt Dillan es endgültig für sicher, in den Bundesstaat Colorado zurückzukehren. Da er für Edwin gesorgt hatte, nachdem dessen Eltern gestorben waren, war er viel zu lange in der Gegend geblieben, und die Leute hatten gemerkt, dass er nie zu altern schien. Jetzt, wo graue Strähnen sein frisch geschnittenes Haar durchzogen und ein dünner Spitzbart Lippen und Kinn umrahmte, würden ihn nur wenige aus seinem alten Kreis wiedererkennen.

Dillan verdrängte seine Erinnerungen, schwang sich von seinem Motorrad und legte seinen Helm auf den Benzintank. Dillan fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und schritt auf die Veranda zu. Er stieg die paar Stufen auf die Veranda hoch und klingelte. Dann trat er ein paar Schritte zurück, lehnte seinen Hintern an das Geländer der Veranda und wartete.

Nach ein paar Sekunden nahm Dillans sensibles Gehör das Geräusch von Schritten im Inneren wahr. Er lächelte, als er sich Edwins Reaktion ausmalte. Er hatte seinem Patensohn nicht gesagt, dass er kommen würde, wollte, dass es eine Überraschung war.

Als sich die Tür öffnete, nahm Dillan den schweren Geruch von Wolf wahr. Seine Nackenhaare sträubten sich sofort, aber er verdrängte die Reaktion. Anstatt Edwin, tauchte vor ihm ein großer, massiger Afroamerikaner auf, der ihn anstarrte.

„Wer sind Sie?“, brummte der Wolfswandler. Er schnupperte in der Luft, und ein leises Knurren drang aus seiner Kehle. „Was willst du hier, Katze?“

Dillan wurde klar, dass dies Byron Ziegler sein musste, Edwins Wolfswandlergefährte. Er blieb, wo er war, lehnte sich weiter gegen das Geländer. Auch wenn die Position ein Nachteil für ihn war, musste er den Wandler überzeugen, dass er keine Bedrohung war.

Dillan zwang sich zu einem Lächeln und sagte zu ihm: „Ich bin Dillan Shoreman, Edwins Patenonkel. Du musst Byron sein.“

Byrons leises Knurren verstummte, aber seine Haltung blieb angespannt. „Ja, ich bin Byron“, bestätigte er. „Edwin hat nichts darüber gesagt, dass du uns besucht kommst. Weiß Alpha Declan, dass du dich in seinem Territorium befindest?“

„Tatsächlich weiß er das“, antwortete Dillan. „Ich habe deinen Alpha gebeten, die Information für sich zu behalten, da ich nicht wusste, wann ich hier sein würde.“ Er grinste und streckte die Arme aus. „Und ich wollte, dass es eine Überraschung ist.“

„Byron, wer ist an der Tür?“, rief Edwin aus dem Haus. „Wen knurrst du an?“

„Ein unerwarteter Gast“, grollte Byron mit leiser Stimme. „Es ist für dich.“

Anstatt zurückzutreten und Dillan ins Haus zu lassen, trat Byron auf die Veranda. Sein Gesichtsausdruck blieb misstrauisch, seine Augen verengten sich und er beobachtete jede Bewegung, die Dillan machte.

„Du weißt, dass ich ihn großgezogen habe, oder?“, fragte Dillan leise und stellte sicher, dass seine Stimme nicht zu Edwin drang. An den Schritten seines Patensohns erkannte er, dass er sich näherte. „Ich würde ihm niemals auch nur ein Haar krümmen.“

„Das macht zwei von uns“, grummelte Byron. „Und ich werde es erst glauben, wenn Edwin es bestätigt.“

Dillan zuckte die Achseln. Es war ihm egal. Er hoffte, wenigstens mit dem Wolf auszukommen, um Edwins willen, wenn sonst nichts. Zumindest bestätigte ihm dies, dass sein Patensohn immer in Sicherheit sein würde.

Edwin erschien in der Tür. „Wer ist – Dillan!“ Er schrie auf. „Du bist hier!“

Dillan öffnete die Arme und fing Edwin auf, als sein Patensohn sich auf ihn stürzte. Er nutzte seine Wandlerkraft, um ihn zu halten und fest zu umarmen, so wie er es getan hatte, als Edwin ein Kind war. Fast sofort erreichte ein leises Knurren Dillans Ohren, und er stellte Edwin gleich wieder auf den Boden. Sein Patensohn wurde sofort aus seinen Armen gezogen.

Edwin lachte. Er grinste breit, als er über die Schulter zu einem finsteren Byron blickte. Er tätschelte den Arm um seine Taille und konzentrierte sich wieder auf Dillan.

„Ich wusste nicht, dass du kommst! Es ist so schön, dich zu sehen. Wie lange kannst du bleiben?“, fragte Edwin. „Wir haben ein Gästezimmer, das du benutzen kannst. Ich muss nur die Laken wechseln.“

Dillan wusste, dass Edwin das finstere Gesicht von Byron nicht sehen konnte, aber er konnte es auf jeden Fall. Kopfschüttelnd grinste er breit und antwortete: „Nein, Edwin. Ich brauche kein Zimmer. Ich habe eine Hütte im Wald gemietet.“ In der Hoffnung, den plötzlichen Ausdruck der Enttäuschung, den er auf Edwins Gesicht sah, zu vertreiben, fügte Dillan mit einem Augenzwinkern hinzu: „Ich war in Arizona, also ist es schon eine Ewigkeit her, seit ich auf einen richtigen Baum geklettert bin.“

Nach ein paar Sekunden lächelte Edwin wieder. „Nun, komm herein und ich stelle dir Diana vor, Byrons Halbschwester. Sie bleibt während der Frühlingsferien bei uns“, sagte Edwin zu ihm. „Wir haben uns gerade darauf vorbereitet, in die Stadt zu fahren und uns mit ein paar anderen in einem Diner zu treffen. Bist du hungrig?“

„Ah, das erklärt Byrons übertrieben beschützendes Knurren“, antwortete Dillan mit einem Lachen. „Und ja. Ich könnte was essen.“ Er grinste Byron an. „Wenn dein Wolf mich ins Haus lässt, würde ich gerne eine Tasse Kaffee trinken, während ihr euch fertig macht. Es war eine lange Reise.“

„Natürlich lässt Byron dich rein“, antwortete Edwin sofort und lachte. Dann wurde er nüchtern und sah über die Schulter zu seinem Wolfswandlerliebhaber. „Das ist Dillan, mein Patenonkel. Er würde mich oder irgendjemand anderen niemals verletzen.“

Byron schnaubte. „Ich bezweifle die Wahrheit dieser Aussage sehr, mein Liebster“, antwortete er. Byron legte eine Hand auf Edwins Taille und drängte ihn, sich zu ihm umzudrehen. Er umfasste Edwins Kiefer mit seiner anderen Hand. „Ich vertraue jedoch darauf, dass er uns nichts antun wird.“

Dillan sah von seiner Position neben den beiden aus, wie Edwin die Brauen runzelte. Sein Patensohn öffnete den Mund, wahrscheinlich, um ihm zu widersprechen.

Da er Edwin nicht mit seinem Gefährte über etwas so Lächerliches streiten sehen wollte … und da Byron recht hatte, trat Dillan vor. Er tätschelte seinem Patensohn die Schulter und erlangte seine Aufmerksamkeit. Dillan lächelte den Mann liebevoll an, den er als seinen eigenen Sohn großgezogen hatte.

„Byron hat recht, Edwin“, gab Dillan leise zu. „Ich habe getötet. Zur Selbstverteidigung gegen andere Wandler. Im Kampf.“ Er zuckte die Achseln, als er Edwins überraschten Gesichtsausdruck sah. „Ich werde mir eine Tasse Kaffee machen.“

„Oh“, antwortete Edwin und zog die Brauen zusammen. „Wieso wusste ich das nicht?“

Dillan verzog das Gesicht. „Es ist nicht etwas, das in normalen Gesprächen aufkommen würde“, enthüllte er. „Ich war jung, dachte, ich sei unbesiegbar, und es war der Bürgerkrieg.“ Er zwang sich bei Edwins schockiertem Gesichtsausdruck zu einem ironischen Lächeln und fügte hinzu: „Es ist nicht wirklich etwas, worüber ich gerne rede.“

„Oh“, flüsterte Edwin erneut.

Dillan nickte, wandte sich ab und ging ins Haus. Er sah sich interessiert um und nahm das rustikale Dekor und den Stil der amerikanischen Ureinwohner auf. Die Wände waren mittelbraun, ein Ton, der wahrscheinlich einen farbenfrohen exotischen Namen trug. Die Zimmer waren mit Hartholzböden ausgelegt, so weit er sehen konnte, und durch den offenen Grundriss war das sehr viel.

Dillan konnte Edwins leise Schritte hören und das zarte Rascheln, das nur ein weiterer Wandler sein konnte, der sich über Holz bewegte, was ihm verriet, dass das Paar folgte. Er tat sein Bestes, um zu ignorieren, wie die Haare in seinem Nacken zu Berge standen. Es war viel zu lange her, seit er auf dem Land eines Rudels gewesen war … sowohl Katzen als auch Wölfe. Dillan rief sich in Erinnerung, dass er die Erlaubnis von Alpha Declan McIntire hatte.

Der große irische Afroamerikaner war verständlicherweise vorsichtig gewesen, da sein Gefährte und seine Adoptivtochter in seinem Haus gewesen waren. Sobald sein Beta, Shane Alvaro und der Vollstrecker Carson Angeni dazu gekommen waren, war er überraschend warmherzig geworden. Er hatte sogar seinen menschlichen Gefährten Lark und ihre Tochter Sara vorgestellt, bevor sie losfuhren, um den Teenager zur Schule zu bringen.

„Ihr habt ein wunderschönes Zuhause“, gratulierte Dillan, ging in die Küche und nahm sich von dem Kaffee, den er in einer Glaskaraffe sah. „Ist das die schwache Brühe, die du immer gemacht hast?“, fragte er, drehte sich und grinste Edwin an.

„Wie auch immer“, grummelte Edwin, als er einen Flur entlangging und außer Sichtweite.

Byron lachte. „Ich bin froh, dass ich nicht der einzige bin, der Edwins Kaffee nicht ausstehen kann“, sagte er. „Nein, ich koche den Kaffee. Es wird dir Haare auf der Brust wachsen lassen.“

„Deshalb trinke ich ihn nicht“, sagte eine junge Frau, als sie in den Raum trat. Mit mokkafarbener Haut und tiefgrünen Augen schien sie von gemischter afroamerikanischer und kaukasischer Abstammung zu sein. Sie ging zur Küchentheke und setzte sich auf einen Barhocker. Dann streckte sie Dillan die Hand über die Theke entgegen. „Ich bin Diana Ziegler, Byrons Schwester.“

„Freut mich, dich kennenzulernen“, sagte Dillan und nahm ihre Hand. Er schüttelte sie kurz, bevor er sie losließ und sich darauf konzentrierte, einen Becher von einem der Haken über der Spüle zu nehmen. Nachdem er sich einen Becher eingegossen hatte, konzentrierte er sich wieder auf sie und grinste. „Ich bin Dillan Shoreman.“

„Edwins Patenonkel, oder?“, antwortete Diana nickend. Sie legte den Kopf schief und schnupperte in der Luft. „Katzenwandler. Welche Art?“

„Diana“, schimpfte Byron. „Du weißt es doch besser, als so zu fragen.“

Diana runzelte die Stirn. „Was denn? Es ist nicht so, als ob ich nicht einfach Edwin fragen könnte. Was ist das Problem?“ Sie konzentrierte sich auf Dillan, hob eine Braue und grinste. „Ist es ein Geheimnis? Bist du hier, weil du dich versteckst?“

„Deine offene Neugier ist erfrischend“, antwortete Dillan und lachte. „Ich verstecke mich nicht und es ist kein Geheimnis“, sagte er ihr. „Ich bin ein Puma. Manche nennen mich je nach Region einen Berglöwen oder Puma.“ Er zuckte die Achseln. „Ich bin eine große, gelbbraune Raubkatze.“ Er zwinkerte. „Viel hübscher als ein Wolf.“

Diana lachte und schüttelte den Kopf. „Nicht hübscher als mein Wolf. Ich habe eine schöne, tiefbraune Farbe, die zu meinen Haaren passt“, sagte sie und täuschte Hochmütigkeit vor, als sie ihr hellbraunes Haar über ihre Schulter warf und ihr Kinn hob. Ein frech-verspielter Schimmer ließ ihre dunkelgrünen Augen strahlen.

Dillan schnaubte. „Nun, wir werden wohl laufen und es uns ansehen müssen“, bot er an.

Diana summte kurz und nickte dann. Sie drehte sich um und sah Edwin an, der gerade mit einer anderen Jeans und einem blauen Pulli bekleidet ins Zimmer zurückgekehrt war. „Edwin kann es beurteilen.“

„Äh, was beurteilen?“, fragte Edwin und schob seine Brille auf seiner Nase nach oben. Seine Brauen zogen sich verwirrt zusammen. „Worüber redet ihr?“

Byron schnaubte. „Diana findet ihren Wolf hübscher als Dillans Katze. Ich denke, wir werden später alle laufen gehen.“

„Oh, cool“, antwortete Edwin grinsend. „Ich kann ein paar Gleichungen austüfteln, während ihr spielt.“ Er zwinkerte. „Dann fordere ich dich zu einer Partie Schach heraus, Dillan.“

„Du wirst untergehen“, antwortete Dillan, erfreut darüber, dass Edwin mit dem Spiel weitergemacht hatte.

„Du gehst dabei zugrunde, alter Mann“, neckte Edwin. „Ich habe geübt.“

„Versuch es, Junge“, witzelte Dillan zurück. Er trank den letzten Rest Kaffee, hielt den Becher hoch und winkte Byron damit, bevor er sagte: „Du hast recht. Guter Kaffee.“

„Alle bereit zu gehen?“, fragte Byron.

Dillan nickte. „Klar“, bestätigte er, drehte sich um und spülte den Becher aus, bevor er ihn verkehrt herum in der Spüle stehen ließ. „Zeig mir deine Stadt, Byron.“

Byron schnaubte und ging aus dem Haus. „Es gibt nicht viel zu sehen.“

„Du mochtest also meine Geradlinigkeit, was?“, sagte Diana und ließ ein paar Schritte aus, um bei Dillan zu sein und neben ihm gehen zu können.

Amüsiert über die Mätzchen der jungen Frau nickte Dillan. „Ja.“

„Kann ich mit dir auf deinem Motorrad fahren?“

Dillan lachte und wusste, dass er ihr geradewegs in die Falle gegangen war. „Sicher.“

Kapitel 3

Derek entdeckte das Elektronikgeschäft, als er auf den Parkplatz des Diners fuhr. Da er nicht wusste, wann ein kleines Elektronikgeschäft in der Stadt schließen würde, beschloss er, vor dem Abendessen schnell über die Straße zu dem Geschäft zu laufen. Er konnte immer noch nicht glauben, dass er sein Handy-Ladegerät vergessen hatte.

Vielleicht war es eine unbewusste Sache gewesen. Derek wollte ohnehin gerade nicht wirklich mir irgendjemandem in seinem Leben sprechen.

Als Derek am Donnerstagabend das Bürogebäude, in dem er arbeitete, verlassen hatte, blieb sein Telefon ausgeschaltet. Er war nach Hause gefahren und hatte ein paar Sachen zusammen mit seinem Rasierset in eine Sporttasche gepackt. Nachdem Derek alles in sein Auto geworfen hatte, war er losgefahren.

Derek wurde klar, dass er eine unbewusste Entscheidung getroffen hatte, nach Osten zu fahren, als er an einem Willkommen in Nevada-Schild vorbeikam. Er war weitergefahren, bis er kaum noch die Augen offenhalten konnte. Als er an einer Raststätte angekommen war, hatte er sich zu den Trucks und anderen Reisenden gesellt, die auf dem großen Parkplatz geparkt standen, seinen Sitz zurückgeschoben und in seinem Auto geschlafen.

Am nächsten Morgen hatte Derek Luthers Visitenkarte ausgegraben und Stone Ridge, Colorado, in sein GPS eingegeben. Mehr als ein Dutzend Stunden später wollte Derek mit seinen vor Überanstrengung brennenden Augen nur zwei Dinge: Essen und Schlafen. Um die Sache noch besser zu machen, hatte er versucht, sein Handy einzuschalten und festgestellt, dass es tot war. Es war so verlockend gewesen, es aus dem Fenster zu werfen und sich um nichts zu kümmern.

Leider konnte Derek seine Familie nicht vollständig hinter sich lassen. Das konnte er seiner Mutter nicht antun. Schon jetzt fühlte er sich schuldig, sie nicht angerufen zu haben und sie wissen zu lassen, dass es ihm gut ging. Nachdem Forest Deke aus ihrer Familie verbannt hatte, war sie extrem beschützend ihm gegenüber und wollte immer wissen, wie es ihm ging.

Derek gähnte herzhaft und rieb sich mit einer Hand die Augen, als er auf den Verriegelungsknopf auf seinem Schlüssel drückte. Er ging auf die Straße zu und wunderte sich, dass acht Autos auf dem Parkplatz des Restaurants sein konnten, aber keines auf der Straße. Nach einem Blick nach links, trat Derek über die Bordsteinkante und machte sich auf den Weg über die Straße.

Derek erreichte die Mitte, als er ein Hupen und das Quietschen von Reifen hörte. Er drehte sich nach rechts und starrte mit offenem Mund auf ein schwarzes Motorrad, das nur wenige Schritte entfernt um ihn herumfuhr. Er machte ein paar Schritte zurück, die Augen weit aufgerissen, stolperte und landete mit rudernden Armen hart auf seinem Hintern auf der anderen Straßenseite.

Derek sah zu, wie der Mann, der das Motorrad fuhr, beinahe umkippte und gerade noch rechtzeitig das Gleichgewicht fand. Die Frau hinter dem Fahrer zuckte zusammen, als sie sich mit angespanntem Körper an den Mann drückte. Ihr Griff um die Gürtelschlaufen des Mannes war so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.

Nachdem er das Motorrad aufgerichtet hatte, drehte der Fahrer den Kopf und konzentrierte sich auf Derek. Ein wilder Blick ließ ihn seine dunklen Augenbrauen senken und ein Knurren kam von seinen Lippen, die von einem Ziegenbart eingerahmt waren. Wut ließ seine grünen Augen funkeln.

„Hurensohn“, brüllte der schlanke, lederbekleidete Biker. „Was zum Teufel? Weißt du nicht, dass man aufpasst, wohin man geht?“

Derek schluckte. Auch wenn er Biker immer für groß, fett und tätowiert gehalten hatte, war dieser Typ nichts davon. Er wirkte schlank und durchtrainiert, so wie die schwarzen Lederchaps seine festen Schenkel umhüllten.

Derek schüttelte den Kopf und runzelte bei diesen Gedanken die Stirn.

Meine Güte, woher kam das dann?

Ein weiteres Hupen ertönte und jemand schrie: „Verdammt, Mann. Verschwinde von der verdammten Straße!“

Derek konzentrierte sich wieder auf seine Umgebung und bemerkte, wie der Biker sein Motorrad von der Straßenmitte auf den Parkplatz des Elektronikladens rollte. Er starrte hin und beobachtete, wie der Mann der jungen Frau einen Arm anbot und ihr vom Sitz des Motorrads half. Derek hoffte, dass es seine Tochter oder so war und nicht seine Freundin, denn es gab einen verdammt großen Altersunterschied zwischen ihnen. Es hatte jedenfalls nichts damit zu tun, dass sein müder Verstand ihn statt der Frau auf das Motorrad platzierte.

Guter Gott, ich muss wirklich erschöpft sein.

„Hey, bist du ok? Ich glaube nicht, dass ich dich erwischt habe“, knurrte der Biker plötzlich ganz dicht bei Derek. Der Mann streckte sogar die Hand aus und ergriff mit einer Hand seinen Oberarm. „Schau mich an.“

Derek gehorchte der fordernden Stimme und bemühte sich, sich zu konzentrieren. Wann war er so müde geworden? Vielleicht hätte seine erste Station ein Hotelzimmer sein sollen. Er sah ein wenig hoch, was nicht allzu oft der Fall war, da er eins fünfundachtzig groß war, und starrte in die Augen des Bikers … die –merkwürdigerweise – besorgt zu sein erschien.

„Ja, ja“, murmelte Derek. „Gut, nur müde“, gab er zu. „Es tut mir leid, dass ich dir in den Weg gelaufen bin.“

Die Augen des Mannes verengten sich und seine Nasenflügel flatterten. Sein Griff wurde etwas fester. „Bist du verletzt?“

„Äh“, begann Derek überrascht. Er riss seinen Blick von den faszinierenden Augen des Mannes los und blickte hinunter, zuerst auf seinen Arm, den der Mann festhielt, dann auf seinen Ellbogen, der schmerzte. Derek hob seinen Arm und bemerkte einen Kratzer von seinem Sturz. Mehrere winzige Blutstropfen sammelten sich auf seiner Haut. „Nur ein Kratzer“, antwortete er schließlich. „Es geht mir gut.“

„Nicht gut“, grollte der Mann. „Wir sollten das säubern. Wir wollen ja nicht, dass es sich entzündet.“

Ein Teil der Benommenheit, die durch Müdigkeit verursacht wurde, musste nachgelassen haben – denn es konnte sicherlich nicht sein, dass sein Blut durch die Anwesenheit dieses Mannes so schnell in seinen Adern floss –, und Derek schaffte es schließlich, sich zu konzentrieren. Er zog die Brauen zusammen und fragte: „Warte. Du hast mich gerade fast überfahren. Jetzt willst du meine Wunden reinigen?“ Derek schnaubte. „Hast du Angst, dass ich dich verklagen werde oder so?“

„Du würdest verlieren“, antwortete der Mann mit sicherer Stimme. Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln. „Du hast nicht aufgepasst.“

Derek schnaubte. „Richtig. Als ob du noch nie unaufmerksam gewesen wärst.“

„Das habe ich nicht behauptet“, sagte der Biker mit einem Grinsen. „Ich habe nur noch nie im Halbschlaf die Straße überquert.“ Er umfasste Dereks Kiefer, hob sein Kinn ein wenig und inspizierte offen sein Gesicht. „Wann hast du das letzte Mal geschlafen? Wirklich geschlafen?

Nun, das war eine bedeutungsvolle Frage. Schwer zu beantworten, vor allem, wenn sein Verstand nicht nur von Müdigkeit, sondern auch von dem Gefühl der warmen, schwieligen Hand, die ihn so berührte, getrübt war. Er sollte zurücktreten und den Kontakt beenden.

Stattdessen flüsterte Derek: „Ich bin Anwalt. Ich schlafe immer mit einem offenen Auge, weißt du?“

„Das ist eine Schande, Hübscher“, grollte der Biker und ein berechnender Schimmer drang in seine grünen Augen. „Es hört sich so an, als müsstest du dich etwas ausruhen und entspannen.“ Er legte den Kopf schief und blickte ihn abschätzend an. „Bist du ein Einheimischer? Oder einfach nur zu Besuch?“

„Besuch“, antwortete Derek, ohne zu zögern. Heilige Scheiße. Was machte dieser Mann mit seinem Gehirn? Es musste die Müdigkeit sein.

„Hast du hier ein Zimmer?“

„Noch nicht.“

„Gut. Du bist nicht in der Verfassung zu fahren“, wies der Mann darauf hin. „Steig hinter mir auf das Motorrad, und ich bringe dich zu einem Bett, in dem du dich ausruhen kannst.“ Der Mann sagte die Worte, als würde er fest damit rechnen, dass ihm gehorcht wurde. Er fuhr mit der Hand über Dereks Hals, streichelte mit dem Daumen einige Sekunden lang seinen Puls und ließ ihn dann los. „Komm mit mir.“

„M –Moment“, murmelte Derek mit gerunzelter Stirn und wurde frustriert darüber, wie neblig sich sein Kopf anfühlte. „Ich brauche ein Ladegerät.“ Genau, deshalb hatte er die Straße überquert. Straße. „Und was ist mit meinem Auto?“

„Ich werde dafür sorgen, dass es in meine Hütte gebracht wird“, versicherte der Mann. Er schlang seinen rechten Arm um Dereks Taille und plötzlich wurde Derek an den schlankeren, größeren Mann gedrückt. „Wir besorgen dir ein Ladegerät, Hübscher. Du schläfst ja im Stehen. Kümmern wir uns zuerst um dein Bedürfnis, dich auszuruhen, ja?“

„Ähm, okay?“, murmelte Derek und nahm an, dass er weitaus mehr erschöpft war, als er gedacht hatte. Während er mit Adrenalin unterwegs gewesen war, hatte er nicht bemerkt, dass er so müde geworden war. Jetzt jedoch, nicht einmal zehn Minuten nachdem er aus dem Auto gestiegen war, konnte er nur noch daran denken, einen Platz zu finden, wo er zusammenbrechen konnte. Nur, warte mal … „Wer bist du?“

Der Biker antwortete nicht, bis sie sein Motorrad erreicht hatten. Die junge Frau stand neben dem abgestellten Motorrad und musterte beide mit offensichtlicher Neugier. „Alles in Ordnung?“, fragte sie.

Dereks seltsamer Helfer nickte. „Alles gut, Diana. Wirst du meinem Patensohn mitteilen, dass ich meinen Gefährten getroffen habe und er sich nicht gut fühlt? Ich werde ihn irgendwohin bringen, wo er sich hinlegen kann.“

Die Augen der Frau, Diana, weiteten sich. „Oh. Oh! Ja, klar.“ Sie warf ihm einen Blick zu, den Derek selbst in seinem schlaftrunkenen Zustand eindeutig als abschätzend bezeichnen konnte. „Nicht schlecht, Katerchen“, sagte sie, grinste den Biker an und neckte ihn offensichtlich. „Er wird ein heißer Kerl sein, wenn er etwas geschlafen hat und nicht wie ausgekotzt und aufgewärmt aussieht.“

Während Derek spürte, wie er rot wurde, hörte er den Biker leise knurren. Seltsamerweise fühlte er, wie sich sein Schwanz in seiner Jeans verdickte. Derek veränderte seine Haltung und versuchte, einen bequemen Weg zu finden, um zu stehen, ohne auf sein plötzliches, unerwartetes Problem aufmerksam zu machen.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739470184
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (Oktober)
Schlagworte
gestaltwandler wandler shifter schwul gay romance gay fantasy liebesroman Roman Abenteuer Fantasy Romance Liebesroman Liebe

Autor

  • Charlie Richards (Autor:in)

Charlie begann im Alter von acht Jahren mit dem Schreiben von Fantasy-Geschichten und als sie mit neunzehn ihren ersten erotischen Liebesroman in die Finger bekam, erkannte sie ihre wahre Berufung. Jetzt konzentriert sie sich auf das Schreiben von homoerotischen Romanen, zumeist aus der Kategorie Paranormal, mit Helden jeglicher Art.
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Titel: Veränderung auf leisen Pfoten