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Vampir am Haken

von Charlie Richards (Autor:in)
115 Seiten
Reihe: Ein liebevolles Biss-chen, Band 8

Zusammenfassung

Nur ein kleiner Liebesbiss: Ein Bisschen hier und ein Ruck dort könnten zwei Leute zusammenbringen. Tate Locklear arbeitet seit fast zwei Jahrhunderten als Vampirvollstrecker für seinen Zirkel und ist bereit für eine Abwechslung. Als sein Meister nach Freiwilligen sucht, um im Wald Wandler zu beschützen, denkt er, dass es die Abwechslung ist, die er braucht. Tate entdeckt, dass es noch viel mehr ist, als der Geruch des Bluts eines zurückgezogenen Leopardenwandlers ihn lockt. Irgendwie muss er das hübsche Kätzchen, das als Psion bekannt ist, davon überzeugen, dass es sehr angenehm und vorteilhaft für sie beide sein könnte, wenn er länger in menschlicher Form bleibt, als nötig ist, um eine Tür zu öffnen und zu schließen. Damit zeigt sich leider auch ein neues Problem. Kann Tate Psion über seine Angst vor Blut hinweghelfen, damit er ihn beanspruchen kann? Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene mit explizitem Inhalt. Jeder Band dieser Reihe geht auf die romantische Beziehung eines anderen Paares ein. Ein liebevolles Biss-chen ist ein Spin-Off der Reihe Die Wölfe von Stone Ridge. Die Reihen können unabhängig voneinander gelesen werden, dies idealerweise entsprechend der Nummerierung der Bände innerhalb der Reihe. Aufgrund der Überschneidungen innerhalb der verschiedenen Reihen, die in der Welt von Stone Ridge angesiedelt sind, empfiehlt es sich, die Bände entsprechend ihrer Reihenfolge innerhalb der gesamten Welt zu lesen. Eine Übersicht über die empfohlene Lesereihenfolge gibt es auf der Website von Me and the Muse Publishing. Länge: rund 28.000 Wörter

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Kapitel 1

„Ich brauche zwei Freiwillige, die mit Toni gehen“, sagte Meister Adalric Bachmeier und betrachtete die Menge der Vampire, die sich im Aufenthaltsraum versammelt hatten. „Ihr müsst bereit sein, die Anweisungen von Alpha Dorian zu befolgen, als wären sie meine eigenen, während ihr seine Leute beschützt.“

Tate Locklear dachte nur ein paar Sekunden über das Anliegen seines Meisters nach, bevor er seine Hand hob. Er sah sich verstohlen um, während er darauf wartete, dass Adalric ihn beachtete und sich fragte, wer sich sonst noch melden würde. Er sah nicht sofort einen anderen Vampir in dem großen Raum die Hand heben.

„Danke, Tate“, rief Adalric. „Ich brauche noch einen.“

Tate senkte den Arm und verschränkte die Arme vor der Brust. Er sah sich noch einmal die Gruppe an. Nicht viele Vampire würden sich bereitwillig von ihrem Zirkel entfernen, um den Schutz einer Gruppe von Wandlern zu beaufsichtigen, die sie nicht kannten. Befehle zu erhalten war eine Sache, aber Adalric wollte Freiwillige.

Tate machte es nichts aus, da er seit fast zwei Jahrhunderten ein Low-Level-Vollstrecker in Adalrics Zirkel war. Dies würde ihm eine Veränderung bieten. Er war auch mehr als bereit für etwas Neues.

Dass Toni sie anführte, überraschte Tate auch nicht allzu sehr. Vor ein paar Monaten war der Lieblingsblutspender des Vampirvollstreckers ausgerechnet eine Verbindung mit einem Dämon eingegangen. Jetzt war das Paar – Peter und sein Dämon, Balthazar – dabei, sich ein Haus am Rande des Vampiranwesens zu bauen.

Es war immer noch etwas angespannt, wenn Peter und Toni im selben Raum landeten. Naja, mehr als ein bisschen angespannt. Gerüchten zufolge war Toni zwei Tage zuvor morgens in die Küche gegangen und hatte gesehen, wie Balthazar Peter küsste. Der Vampir war zwei Sekunden lang erstarrt, drehte sich dann um und verließ den Raum.

Tate war nicht dabei gewesen, Patrick aber. Als Koch des Zirkels war Patrick oft in diesem Raum. Er bereitete zu, was die Leute an Essen wollten oder auch irgendwelche Gerichte, die er im Kühlschrank ließ und die sich nehmen konnte, wer sie wollte. Nach einem Moment der Stille war Patrick Toni gefolgt und hatte ihn draußen auf der Veranda gefunden, wo er sich mit gesenktem Kopf an das Geländer lehnte. Patrick hatte angeboten, ihm alles an Essen zu besorgen, was er wollte.

Einige der Spender hatten begonnen, die Geschichte zu verbreiten. Als Adalric sie hörte, hatte er sie verdammt schnell zum Schweigen gebracht. Jetzt kannten zwar alle die Geschichte, aber niemand sprach darüber … zumindest nicht in Hörweite eines Mitglieds des inneren Kreises.

„Danke, Felicia“, kommentierte Adalric und Tate richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das, wo sein sollte. „Wenn ihr drei mit mir kommen könntet, bitte.“

Tate schob sich von dem Sofa weg, an das er sich gelehnt hatte. Während er sich zwischen Vampiren hindurchschlängelte, um zum Ausgang zu gelangen, nickte er einigen seiner Freunde zu. Mehr als einer schien verwirrt zu sein, und Tate nahm an, dass er einen oder zwei von ihnen in seinem Zimmer begrüßen dürfen würde, bevor er abreiste. Er konnte nicht sagen, dass er seine überstürzte Entscheidung bedauerte. Tatsächlich freute er sich schon darauf. Es war schon eine Weile her, seit er Zeit in einem Wald verbracht hatte.

Tate folgte Adalric durch das Haus die Treppe hinauf und wusste, dass sie zum Arbeitszimmer des Meisters gingen. Er war hinter Toni, der neben Adalric ging. Keiner der beiden sprach, also hielt Tate seine Neugier über den Auftrag in Schach.

Tate fühlte ein Ziehen an seinem Zopf und schaute über die Schulter. Er runzelte die Stirn, als er den schelmischen Ausdruck in Felicias blauen Augen sah, während er nach hinten griff, um den geflochtenen Zopf, der ihm bis zum Hintern reichte, nach vorne zu ziehen. Die Vampirin grinste bei seiner Bewegung.

Tate schüttelte den Kopf. Eines der Dinge, die er nur zu gerne hinter sich zurücklassen würde, war das spielerische – und manchmal nicht so spielerische – Ziehen an seinem Zopf. Wenn er seine langen schwarzen Haare in einem einzelnen geflochtenen Zopf trug, fanden viele andere Vampire es unterhaltsam, ihm die Haarbänder zu stehlen, so dass der Zopf sich löste und er ihn neu flechten musste.

Um dem entgegenzuwirken, nahm er sich gelegentlich die Zeit, sein Haar in zwei komplizierte Zöpfe zu flechten, einen hinter jedem Ohr. Das Problem war, es dauerte eine gute Stunde, bis er damit fertig war. Oft stellte er fest, dass es einfacher war, nur den einen Zopf zu flechten, da dies nur fünf Minuten dauerte.

Leider war Felicia eine der schlimmsten.

Soviel dazu, von ihr weg zu kommen.

„Warum hast du dich freiwillig gemeldet?“, flüsterte Felicia mit neugierigen blauen Augen. „Bist du gelangweilt oder so?“

Tate wusste, dass er nicht gut sagen konnte: um von Leuten wie dir wegzukommen, und zuckte die Achseln. „Ich bin seit Jahrhunderten hier. Ich suche nur nach einer Abwechslung.“

„Ich auch“, antwortete Felicia deutlich aufgeregt. „Zuerst dachte ich, will ich mich wirklich mit ein paar Wandlern rumschlagen? Ich meine … ich bin kein Fan von all den Haaren und dem Fell und so“, fuhr sie fort und wedelte abfällig mit der Hand. „Wer will schon die ganze Zeit Haare auf den Klamotten haben? Aber dann dachte ich, es ist schon ewig her, dass ich einen guten Kampf hatte. Das könnte so viel Spaß machen! Also –“

„Felicia“, rief Adalric. „Vielleicht möchtest du deine Meinung zu Fell lieber für dich behalten“, mahnte er. „Ich schicke dich nicht weg, um unsere Verbündeten zu beleidigen.“

Felicias Wangen röteten sich, als sie den Mund schloss.

Tate erkannte, dass sie Adalrics Büro erreicht hatten und er folgte den anderen Vampiren in den Raum. Der zweite Anführer ihres Zirkels, Daystrum, saß bereits auf einem Stuhl. Tate folgte Adalrics stillem Befehl sich zu setzen, den er mit einer Handbewegung gab, und ließ sich auf einem der Sofas nieder.

„Nun, dann“, begann Adalric und lenkte die Aufmerksamkeit aller auf sich. Hinter seinem Schreibtisch sitzend, legte er seine Unterarme auf das schwere Stück Eichenholz und betrachtete die Anwesenden. „Eure Aufgabe ist es, euch mit den Gerüchen jedes Wandlers im Rudel vertraut zu machen. Auf diese Weise wisst ihr, ob jemand Unbekanntes in Dorians Territorium eindringt.“

Tate nickte. Das hatte er erwartet. Auch wenn der Geruchssinn eines Vampirs anders funktionierte als der eines Wandlers, waren ihre Sinne immer noch extrem scharf. Sie bemerkten die leichten Unterschiede im Geruch des Blutes einer Person. Ihre Fähigkeit machte sie nicht nur zu großartigen Verfolgern, sondern ermöglichte ihnen auch, die besten Blutspender zu ermitteln.

„Nährt euch auch von einem Spender, bevor ihr heute Nachmittag abreist“, befahl Adalric. „Ich möchte, dass ihr alle mindestens eine Woche durchhalten könnt, bevor ihr in die nächste Stadt gehen müsst, um euch Blut zu beschaffen.“ Er verzog das Gesicht, als er erklärte: „Viele dieser Wandler sind in Dorians Rudel gelandet, weil sie von ihren eigenen Rudeln missbraucht oder verbannt wurden. Es wird vielleicht nicht einfach sein, einen von ihnen in euer Bett zu locken.“

Felicia schnaubte und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich würde lieber hungern.“

Während Tate Felicia stirnrunzelnd ansah, hörte er Adalric schnappen: „Wenn du voreingenommen gegenüber Wandlern bist, warum hast du dich dann freiwillig gemeldet, Felicia?“

„Oh, ich bin nicht voreingenommen“, konterte Felicia und sah tatsächlich verwirrt aus. „Wirklich nicht!“

Toni schnaubte. Er faltete die Hände hinter dem Kopf und grinste. „Ja, sicher.“ Seine tiefbraunen Augen glitzerten kühl, als er sie ansah. „Wenn du so beschissene Kommentare vor Brahms machst, der ein Gepardenwandler und Vollstrecker im Rudel ist, wird er dir einen Streifen Haut abziehen, und ich werde ihn nicht aufhalten.“ Er verzog seine Lippen, als er hinzufügte: „Warum sagst du, du würdest lieber hungern, als einen willigen Wandler als Spender zu nehmen? Was ist daran nicht voreingenommen?“

Felicias blaue Augen weiteten sich. Sie rieb sich mit den Händen über ihre mit Jeans bekleideten Schenkel und schüttelte den Kopf. „Nein, das habe ich nicht gemeint“, versicherte sie. „Ich meinte nur, dass ich nicht versuchen würde, die Meinung eines Unwilligen zu ändern, nur um satt zu werden … menschlich, Wandler oder sonst was.“

„Aha“, brummte Adalric und runzelte mit finsterer Miene die Stirn. „Sei nur klarer damit, wie du Dinge formulierst“, warnte er. „Oder jemand könnte es falsch verstehen.“

„Ja, Sir“, antwortete sie sofort.

„Gut.“ Der Vampirmeister ließ seinen Blick erneut über das Trio schweifen und schob dann mehrere dünne Akten über seinen Schreibtisch. „Diese enthalten allgemeine Informationen zu jedem Wandler, der sich derzeit in Alpha Dorians Rudel befindet. Sie sind formeller, also achtet auf die Rangordnung und benutzt Titel“, warnte er. „Macht euch mit diesen Leuten vertraut. Sie werden in eurer Obhut sein, bis Dorian und ein paar andere Alphas herausgefunden haben, wer im Wandlerrat der Verräter ist oder den Alpha, Beta und Vollstrecker der Anguswandler freigelassen hat.“

Adalric tippte mit dem Zeigefinger auf die Akten und fügte hinzu: „Während der Beta, Clark, und einer der Vollstrecker, Mercer, bereits weggebracht wurden, sind der Ex-Alpha, Donner, und der andere Vollstrecker, Karlylle, immer noch auf freiem Fuß. Dazu kommt noch die Person oder die Personen, die sie aus der Haft des Wandlerrats befreit haben, somit sind mindestens drei Wandler da draußen, vielleicht noch mehr, die es auf die Mitglieder dieses Rudels abgesehen haben, also seid vorsichtig.“

Während Tate langsam nickte, bemerkte er in seinem äußeren Blickfeld, dass Toni und Felicia dasselbe taten. Adalric stand auf. „Lest euch die Akten durch. Findet einen Spender. Dann bewegt eure Ärsche dort hin. Ihr werdet heute Nachmittag um zwei abreisen“, befahl er. „Die Fahrt dauert mehrere Stunden.“

Toni stand auf, also folgte Tate seinem Beispiel. Er bemerkte, dass Felicia dasselbe tat, aber Daystrum blieb sitzen. Nachdem Toni die Akten abgeholt hatte, reichte er Tate und Felicia eine. Er folgte Toni aus der Tür und ließ seinen Zirkelanführer zurück.

„Wenn ihr getrennt fahren möchtet, damit ihr eure eigenen Autos habt, ist das für mich in Ordnung“, sagte Toni und blieb auf dem Flur stehen, um einen Blick zwischen den beiden hin und her zu werfen. „Oder ihr könnt gerne mit mir fahren. Ich nehme meinen Bronco.“

Tate klopfte auf die Akte, die er gegen seinen Oberschenkel hielt. „Ich nehme meine Ducati“, sagte er. „Aber danke für das Angebot.“

„Wirst du in der Lage sein, genug Kleidung in dieses Ding zu stopfen?“, neckte Toni und grinste ihn an. „Deine Satteltaschen sind nicht so groß.“

Lachend zuckte Tate die Achseln. „Ich habe einen Rucksack. Außerdem brauche ich nicht viel. Nicht, dass ich einen Computer oder irgendsowas mitschleppen müsste“, erklärte er und grinste Toni an. Er wusste, dass der große Vollstrecker sich gerne mit Computerspielen beschäftigte und mit einigen der Spender spielte.

„Ich schließe mich dir an, Toni“, antwortete Felicia abwesend und blätterte bereits in der Akte. „Solange es dir nichts ausmacht, dass ich mitkomme, wenn du nach einem Spender suchst.“

Toni zögerte lange genug, bis Felicia ihren Kopf von dem hob, was sie offensichtlich las. „Was?“

„Ich habe mich nur gefragt, wie oft wir gleichzeitig weggehen können“, sinnierte Toni leise. „Und niemand fährt mein Baby außer mir.“

Felicias Brauen zogen sich zusammen. „Äh, richtig. Ich nehme an, sie haben auch keine Leihautos im Rudel, was?“ Sie legte den Kopf schief und beeilte sich hinzuzufügen: „Und ich frage nur, es soll nicht so klingen, als würde ich sie runtermachen.“

Toni lachte und tätschelte ihre Schulter. „Entspann dich. Ich weiß, was du gemeint hast, aber ich habe keine Ahnung.“ Er drehte sich um und ging den Flur entlang, während er über seine Schulter schaute. „Wenn du sicher gehen möchtest, dass du mobil bist, nimm dein Coupé.“

Schnaubend schloss sich Felicia Toni an, und Tate folgte ihnen, mehr an der Akte als an ihrem Gespräch interessiert. „Bitte“, antwortete Felicia sarkastisch und zog das Wort in die Länge. „Mein süßer Sportwagen in den Bergen? Auf keinen Fall. Ich werde einfach mit dir fahren und einen anderen Weg finden. Sicherlich gehen die Wandler von Zeit zu Zeit auf ein Bier in die Stadt, oder?“

Tate ignorierte alles andere, was gesagt wurde, und ging in eine andere Richtung zum Spenderflügel. Er würde sich zunächst um Nahrung kümmern und ein wenig Spaß haben, bevor er den harten Teil in Angriff nahm. Dann würde er seine Koffer packen und den Rest seiner Zeit, bevor sie aufbrachen, damit verbringen, sich die Akten anzuschauen.

Tate rollte langsam mit seinem Motorrad den Schotterweg hinunter. Er mied die Schlaglöcher und schlängelte sich von einer Seite der engen Straße zur anderen. Er fragte sich, ob der Alpha beleidigt sein würde, wenn er irgendwann die Straße ausbesserte.

Zum Glück sah Tate bald, dass Tonis Bronco nach links abbog. Als er folgte, öffnete sich eine große Lichtung vor ihm. Es gab eine halb gebaute Garage mit einer Reihe von Fahrzeugen, darunter mehrere Motorräder, die davor geparkt waren und allesamt abgedeckt waren.

Auf der Lichtung befanden sich eine Ansammlung von Hütten sowie einige andere Gebäude, die zwischen die Bäume gesetzt waren. Ein paar große Bauernhäuser schienen älter zu sein, während einige kleinere Gebäude deutlich neuer waren. Sie alle bildeten eine lockere Hufeisenform um einen zentralen, grasbewachsenen Gemeinschaftsbereich.

Einige Kinder spielten in einem Klettergerüst aus Holz im Fort-Stil. Sowohl Männer als auch Frauen saßen an in der Nähe aufgestellten Picknicktischen. Es gab sogar Schaukeln, die sowohl von Kindern als auch von Erwachsenen besetzt waren. Weiter hinten, in den Bäumen versteckt, schien es ein halb gebautes Baumhaus zu geben.

Tate parkte sein Motorrad neben den anderen, zog dann sein Gepäck heraus und stellte es auf den Boden. Nachdem er einen Regenschutz über sein Motorrad gelegt hatte, hob er seine Taschen wieder auf und gesellte sich zu Toni und Felicia, die auf die Leute zusteuerten, die von den Picknicktischen aufstanden. Er holte sie gerade noch rechtzeitig ein, als er sah, wie Felicias Augen sich weiteten und ihre Nasenflügel flatterten.

Tate beobachtete sie interessiert und folgte ihr, als Felicia ihren Schritt beschleunigte und schnell die Picknickbänke erreichte. Er tauschte einen Blick mit Toni aus, dessen Brauen hochgezogen waren und seine eigene Neugier zeigten. Tate sah zu, wie Felicia einer schlanken, rotbraunen Frau die Hand reichte, die ein wenig überrascht aussah, als sie von der Bank aufstand.

„Hallo, Hübsche“, gurrte Felicia. „Ich bin Felicia Mosely und komme aus Meister Adalrics Zirkel.“ Sie zwinkerte. „Ich bin ein Vampir.“

„Äh, hallo“, antwortete die Wandlerfrau und griff vorsichtig nach ihrer Hand. „Ich bin Delilah. Ähm, ich bin eine Adlerwandlerin.“ Während Felicia Delilahs Hand an die Lippen hob und ihre Finger küsste, keuchte Delilah: „Heilige Scheiße. Du bist meine Gefährtin, oder?“

„Ich denke schon“, schnurrte Felicia beinahe. „Ich hoffe, wir können es herausfinden.“

„Nun, das ist gerade um einiges interessanter geworden“, kommentierte ein tiefer Tenor.

Tate drehte mich um und fand einen großen, schlanken Mann mit zurückgegelten, schwarzen Haaren neben ihnen stehen. Die dünnen Lippen des Mannes waren zu einem Grinsen verzogen, und seine fast schwarzen Augen funkelten amüsiert, als er seinen Blick über sie schweifen ließ. „Ich bin Alpha Dorian Yaris. Willkommen in meinem Rudel.

Kapitel 2

Psion tappte über die Lichtung zum Speisesaal. Das Bauwerk war neu, erst wenige Monate zuvor errichtet worden. Zwei Frauen, Delilah und Meagan, kümmerten sich zum größten Teil um die Essenszubereitung. Sie bereiteten normalerweise große Aufläufe und ähnliche Gerichte für viele Personen zu.

Allen stand es frei, die Küchen zu betreten und etwas kochen …, solange man hinter sich saubermachte. Psion traf sich oft mit Kai, dem Gefährten des Alphas, zum Kochunterricht. Der junge Mann war sehr freundlich, ganz zu schweigen von höflich und geduldig.

Psion schlüpfte durch die Hundetür in einen Seitenteil und sah sich in dem kleinen Raum um. Er fand ihn leer vor, was er sehr schätzte. Psion hasste es, sich vor anderen zu verwandeln.

Zum Glück brauchte Psion nicht lange, um seine Form zu ändern. Nachdem er von einer Wandlergang gerettet worden war, die von einem Grizzlybären-Wandler namens Kontra angeführt wurde, hatte es Monate gedauert, bis er überhaupt wieder in die menschliche Form zurückgekehrt war. Als er endlich sein menschliches Aussehen wiedererlangt hatte, war er wegen all den Narben, die seinen Körper bedeckten, beschämt gewesen und hatte es vorgezogen, in Katzenform zu bleiben. Wenigstens versteckte auf diese Weise sein Fell die meisten von ihnen.

Psion stand auf und ging zur rechten Seite des Raumes. In die Wand waren raumhohe Regale eingebaut, die jeweils Kleidung in verschiedenen Größen und Arten enthielten. Er schnappte sich eine Jogginghose und zog sie an.

Als nächstes griff Psion nach einem leichten, kurzärmeligen Rollkragenpullover. Er wusste, dass Dorian diese extra für ihn auf Lager hatte. Psion erinnerte sich kaum an sein ursprüngliches Rudel, aber er glaubte nicht, dass sein Alpha extra Rollkragenpullover bestellt hätte, nur damit er sich in menschlicher Form wohler fühlte.

Psion schob die Gedanken an die Vergangenheit beiseite, ließ seine Füße in ein Paar Flip-Flops gleiten und ging in den Essbereich. Er sah Delilah an einem Tisch sitzen und hob eine Hand, um zu winken. Als er sah, wie sie mit einer blonden Frau Händchen hielt, die er nicht kannte, ließ er seine Hand schnell sinken. Delilah bemerkte es sowieso nicht. Sie war viel zu sehr auf die andere Frau konzentriert.

Alpha Dorian bemerkte ihn jedoch. „Psion“, rief der kalifornische Kondor-Wandler von rechts. „Hol dein Essen, dann komm her. Ich muss mit dir reden.“

Als Psion nickte, rutschte Kai aus der Sitznische, wo er neben seinem Alpha und Gefährten gesessen hatte. „Ich werde dir helfen“, bot Kai an und kam auf ihn zu. „Meagan hat einen wunderbaren Kartoffelauflauf mit Käse gekocht, und ich weiß, dass du ihn lieben wirst. Da sind Schinken- und Wurststückchen drin“, fuhr er fort und drückte seine Begeisterung für das, was er offenbar für ein schmackhaftes Gericht hielt, deutlich aus. „Komm mit. Ich werde ihn dir zeigen.“

Psion nickte erneut und folgte Kai in Richtung Küche. Der Raum, der groß genug war, um gewerblich genutzt zu werden, beeindruckte ihn immer wieder. Er war von Hexen entführt worden, als er noch ein Teenager war, und wurde dann fast drei Jahrzehnte lang festgehalten. So etwas hatte er noch nie gesehen.

Tatsächlich hatte er die meisten Sachen nicht einmal gekannt, bis Kai anfing, ihm alles zu erklären. Wer brauchte schon einen Mixer und eine Küchenmaschine? Er konnte sich noch erinnern, wenn auch nur sehr vage, zuzusehen, wie seine Mutter Gemüse hackte und in Würfel schnitt, obwohl er auch zugeben konnte, dass das kleine Plastikgefäß mit der rotierenden Klinge, die herunterkam, wenn man oben drauf drückte, die Sache viel schneller erledigte.

Psion lächelte bei der Erinnerung und blieb in der Tür stehen. Er sah sich um und stellte erfreut fest, dass der Raum leer war. Kai seine Unwissenheit zu zeigen, wenn sie Essen zubereiteten und kochten, war eine Sache. Niemand sonst brauchte zu bemerken, wie wenig er über die reale Welt wusste.

Immerhin lerne ich.

Psion war dankbar für die Chance zu lernen und ging auf Kai zu. Er blieb neben ihm stehen und schaute auf die Schüssel, die der kleinere Mann aus dem Kühlschrank zog. Als Kai sie ihm reichte, nahm er sie fraglos entgegen, drehte sich um und stellte sie auf die Theke.

Zehn Minuten später kehrte Psion mit seinem Teller voll köstlichem Auflauf – er hatte einen Happen probiert, als er ihn in der Mikrowelle aufwärmte – sowie ein paar anderen Dingen, zurück zu dem Platz, wo Alpha Dorian saß. Er setzte sich ihm gegenüber, während Kai auf die Bank neben Dorian rutschte und die beiden Gläser Limonade vor sie stellte. Sofort hob der Alpha seinen Arm und drückte seinen Geliebten an seine Seite.

Psion fragte sich, wie das wohl wäre. Wie würde es sich anfühlen, jemanden zu haben, der ihn immer mit offenen Armen willkommen hieß? Natürlich musste er dafür in Menschenform sein, denn er glaubte nicht, dass viele Leute die ganze Nacht mit einer sehr großen Katze kuscheln wollten. Na ja, vielleicht, aber es würde wahrscheinlich nicht dasselbe sein. Oder doch?

„Und? Schmeckt es dir?“

Die Frage von Alpha Dorian riss Psion aus seinen Gedanken … und hielt ihn davon ab, weiterhin auf seinen Teller zu starren, ohne ihn richtig zu sehen. Er hob den Kopf und sah die leicht verzogenen Lippen und die warmen, dunklen Augen des schlanken Mannes. Psion erkannte das Verständnis und die Geduld im Ausdruck des Alphas und seufzte leise. Diese Leute waren so nett zu ihm, aber manchmal fühlte er sich in ihrer Nähe wie ein Kind.

„Es ist köstlich“, antwortete Psion und schaufelte mit seiner Gabel einen kräftigen Happen auf. „Danke.“ Er bemerkte, dass Delilah und die fremde Frau gegangen waren und konzentrierte sich wieder auf seinen Teller. „Wer war diese Frau?“, fragte er, bevor er einen Bissen nahm.

Psion summte anerkennend, als die Aromen über seine Zunge strömten. Der Käse war glatt und cremig und die Wurststückchen schmeckten scharf. Die kleinen Kartoffelstücke und der Schinken schienen sich perfekt zu vermischen. Es war wirklich lecker.

„Sie heißt Felicia“, sagte Dorian. „Sie ist eine Vampirin und gehört zu den drei Personen, die heute angekommen sind. Das wollte ich dir sagen, bevor du ins Haus gegangen wärst und Fremde gerochen hättest“, erklärte er. „Ich wollte nicht, dass du beunruhigt bist.“

Psion nickte langsam und stach mit seiner Gabel in ein Stück Truthahn, das sich ebenfalls auf seinem Teller befand. „Noch drei Vampire?“, überlegte er. „Woher kommen die?“

Kai streckte die Hand aus und berührte Psions Handrücken, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. „Diese drei sind aus dem Zirkel, in dem meine Freunde Partner haben. Dorian und ich haben sie schon einmal getroffen. Sie sind ziemlich nett.“

Psion nickte erneut und warf einen Blick auf den jetzt leeren Tisch, an dem die Frauen gesessen hatten. „Warum hielt Delilah ihre Hand?“

„Nun, wie sich herausstellte … ist Felicia Delilahs Gefährtin“, sagte Kai. „Sie aßen zusammen und lernten sich kennen.“

„Oh, wow“, murmelte Psion. Er grinste und freute sich für seine Freundin. „Das ist wunderbar.“

Dorian nickte. „Allerdings. Ich habe Felicia zwar nur einmal getroffen, aber sie schien höflich zu sein“, erklärte er. „Hier sind Bilder der beiden anderen Männer. Wenn du sie siehst, kannst du dir ihren Geruch einprägen.“ Dorian zog sein Handy heraus, tippte ein paarmal darauf und schob es dann über den Tisch zu ihm.

Psion streckte die Hand aus und nahm das Gerät. Er betrachtete die Aufnahme von zwei Männern, die er nicht kannte, wie sie mit Delilah und der Frau, die er jetzt als Felicia kannte, sprachen. Beide Männer sahen gut aus, lächelten und begrüßten Delilah, als würden sie sich für die Frauen freuen.

Als er den kleineren der beiden betrachtete, fühlte Psion, wie seine Katze in seinem Kopf munter wurde. Er betrachtete den gebräunten Mann genauer und nahm seine kantigen Züge und das lange schwarze Haar, das zu einem Zopf geflochten über seiner Schulter lag, wahr. Der Zopf hing ihm bis auf halbe Brusthöhe. Aus irgendeinem Grund wollte er dieses dicke Haar berühren und daran ziehen. Psion fuhr mit den Fingerspitzen über den abgebildeten Zopf … und das Foto veränderte sich.

Psion ließ das Telefon beinahe in seinen Auflauf fallen und schaffte es gerade, es zu fangen. Er hielt Alpha Dorian das Telefon hin. „W-wer sind die?“

Kai grinste und nahm das Telefon. Er berührte den Bildschirm, kehrte zum vorherigen Bild zurück und hielt es dann hoch, damit Psion es sehen konnte. „Der größere Typ ist Toni Bastille. Er ist der Erste Vollstrecker der Gruppe“, erklärte er. Er zwinkerte und deutete auf den schlankeren Mann, der indigener Abstammung zu sein schien. „Dieser heiße Typ ist Tate Locklear. Er ist Single, und nach allem, was ich gehört habe, bringt einen der Biss eines Vampirs zum Orgasmus.“

„Kai“, knurrte Dorian warnend. Er verengte die Augen, als er seinen Gefährten ansah.

Völlig ohne Reue grinste Kai Dorian breit an, als er seine Stimme senkte und murmelte: „Ich habe gehört, dass es einem Paarungsbiss ähnlich sein kann.“

Dorian knurrte erneut, ergriff sein Handy, rutschte dann von seinem Sitz und schob Kai dabei vor sich her. Lachend landete Kai fast auf dem Hintern, aber sein Gefährte legte den Arm um seine Schultern und stützte ihn. „Genieß dein Abendessen“, knurrte Dorian geradezu, aber es war nicht aus Wut.

Als er sie gehen sah, wobei Kai lachte und Dorian knurrte, konnte Psion die starke Erregung riechen, die von den beiden ausging.

Psion lachte leise und konzentrierte sich wieder auf das Essen. Er aß schnell und war bestrebt, zu seiner Katzengestalt zurückzukehren. Da er Jahre als Nebelparder verbracht hatte, fand er vier Beine und Pelz bequemer … unter anderem.

Nachdem Psion seine Mahlzeit beendet hatte, brachte er sein Geschirr in die Küche. Er wusch es schnell ab, trocknete es und räumte es weg. Er kehrte in den Raum zurück, der von anderen als Umkleidekabine bezeichnet wurde, und zog sich aus. Nachdem er an dem Stoff geschnüffelt hatte, beschloss er, dass er die Sachen noch einmal tragen konnte, also faltete er sie zusammen und steckte sie in ein leeres Fach.

Rasch verwandelte Psion sich. Er schlüpfte zurück durch die Hundetür und tappte über die Lichtung. An der Ecke des Farmhauses, in dem die alleinstehenden Männer wohnten, blieb er stehen, und sah zu dem halbfertigen Baumhaus auf.

Psion wünschte, er könnte dort oben schlafen, aber er wusste, dass sein Alpha das nicht gutheißen würde. Zumindest für den Moment musste er seine Nächte drinnen verbringen. Dorian hatte ihm versichert, dass, wenn die Bedrohungen für das Rudel nicht länger bestanden, er wieder in der Lage sein würde, draußen zu schlafen.

Er freute sich darauf. Nachdem er jahrzehntelang in einem Käfig gesteckt hatte, beruhigte ihn das Schlafen im Freien. Es erinnerte ihn daran, dass er endlich frei von den Hexen war.

Psion benutzte die Hundetür im hinteren Teil des Hauses, hielt dann inne und betrachtete das Regal mit Hosen und T-Shirts. Er beschloss, die Verwandlung sein zu lassen, verließ das Foyer und ging durch die Küche. Psion hörte den Fernseher im vorderen Wohnbereich, hielt inne und schnupperte in der Luft, um festzustellen, ob er neue Düfte roch.

Das tat er.

Einer der Düfte, die Psion noch nie gerochen hatte, kitzelte seine Sinne. Nun, er bemerkte eigentlich zwei männliche Gerüche, aber nur einer zog seine Aufmerksamkeit tatsächlich auf sich. Den anderen merkte er sich zwar, kümmerte sich aber nicht weiter darum.

Psion stellte fest, dass seine Neugier zum ersten Mal seit Jahrzehnten geweckt war. Er reckte die Nase in die Luft und schnüffelte aufmerksam. Der Geruch war berauschend, ein wenig süß, mit einem Unterton von Eisen, den Psion für außergewöhnlich hielt. Er folgte seiner Nase, wollte die Quelle finden.

Anstatt in den Vorraum zu führen, stellte Psion fest, dass der Duft auf der Treppe stärker wurde. Er trabte in den zweiten Stock und folgte dem Geruch zu einer Tür. Sie war geschlossen, und er glaubte, leises Schnarchen aus dem Raum kommen zu hören.

Psion drückte seine Nase an den Riss am Boden und schnupperte. Ein Schauer von etwas, das er nicht mehr gefühlt hatte, seit er von den Hexen gefangen wurde, lief durch ihn hindurch. Sein Fell sträubte sich, und zum ersten Mal seit Jahrzehnten kämpfte er gegen den Drang an, sich zu verwandeln.

Verlangen. Lust. Bedürfnisse.

Psion legte seine Pfote gegen die Tür und wollte sich auf die Hinterbeine erheben und sein Ohr gegen das Holz drücken. Er wollte nur eine bessere Vorstellung davon bekommen, wer dort drinnen sein könnte … und ob die Person wirklich schlief. Er maunzte fast vor Überraschung, als sich die Tür öffnete und von seinen Pfoten wegbewegte.

Psion landete auf allen vieren und erstarrte. Sein großäugiger Blick schweifte wild durch den Raum, seine einzige Bewegung. Als die Atmung desjenigen, der auf dem Bett lag, stockte und dann wieder gleichmäßig einsetzte, ließ seine Anspannung nach. Psion warf einen Blick auf das Schließblech der Tür und bemerkte eine Menge Kratzer auf dem Messing, sodass ihm klar wurde, dass die Tür offenbar normalerweise nicht richtig schloss.

Ich muss das Beta Luc gegenüber erwähnen.

Nachdem dieser flüchtige Gedanke durch Psions Kopf geschossen war, zog ihn der Geruch des Fremden erneut an. Er kroch langsam weiter in den Raum, nahm sich dabei einen Moment Zeit, um mit einer Pfote die Tür größtenteils zu schließen. Falls jemand vorbeiging, wollte er nicht wirklich befragt werden.

Das Zimmer war eines der gewöhnlichen, die jeder hatte – mit einem Bett, einer Kommode und ein paar Regalen ausgestattet. Die einzige andere Tür führte zu einem begehbaren Schrank. Nur das Zimmer, das sich die Dingo-Brüder am Ende des Flurs geteilt hatten, verfügte über ein angeschlossenes Badezimmer.

Psion wusste, dass einer der Brüder, Lucius, sich kürzlich mit einem Vampir namens Gypsum verbunden hatte. Lucius und seine Brüder waren erst am Vortag zu Gypsums Zuhause in einem anderen Bundesstaat aufgebrochen. Es war der Grund, warum diese neuen Vampire jetzt hier waren … um sie zu schützen.

Als Psion das Bett umrundete, hielt er inne und betrachtete die Gestalt des Vampirs, der auf dem Bett lag. Es war der Native American – Tate. Er lag auf der linken Seite, den linken Arm unter das Kissen geschoben, auf dem sein Kopf ruhte. Sein rechter Arm verschwand unter der Decke.

Doch der dicke Zopf, den er auf dem Foto gesehen hatte, war das, was Psions Aufmerksamkeit wirklich fesselte. Er lag unter Tates Hals und hing dann über den Rand des Bettes, erreichte fast den Boden, wobei die schwarze Spitze etwa einen Zentimeter vom Holz entfernt war.

Psions Pfoten kribbelten praktisch vor Verlangen, danach zu schlagen.

Psion schlich vorwärts und teilte seine Aufmerksamkeit zwischen Tates geschlossenen Lidern und dem dicken Zopf auf. Er wusste, dass es eine schlechte Idee, wirklich, er wusste es, aber er konnte einfach nicht anders. Psion musste zumindest seine Wange an den Haaren reiben … und vielleicht mit der Pfote darüber streichen.

Nur ein paar Berührungen, dann bin ich weg.

Mit diesem Gedanken streckte Psion die Pfote nach dem Zopf aus. Er schnupperte daran und nahm den Duft von Melone wahr, kombiniert mit dem, was wahrscheinlich der natürliche Moschusgeruch des Vampirs war. Als nächstes rieb er seine Wange daran und stellte fest, dass das Haar wunderbar geschmeidig war.

Psion ließ sich auf die Seite fallen, hob eine Pfote und stupste sanft gegen den Zopf. Er schwang wie ein Pendel hin und her und faszinierte ihn. Er streckte die Hand aus, stupste erneut dagegen und wollte sehen, wie er noch weiter schwang.

Als Psion sah, dass der Zopf gegen die Seite des Bettes schlug, wurde ihm klar, dass er sich vielleicht mitreißen gelassen hatte. Trotzdem war er fasziniert von den dichten schwarzen Haaren. Der Zopf schwang so schön.

Psion war so hypnotisiert vom Schwingen des hübschen Zopfs, dass er es kaum bemerkte, als der Vampir vom Bett rollte. Der große Körper des Mannes landete auf ihm und ließ ihn aus seiner Begeisterung aufschrecken. Psion maunzte erschrocken, als er versuchte, wegzukriechen. Tates viel größere Gestalt drückte ihn zu Boden und machte es schwierig, sich zu bewegen.

Der Vampir schaffte es irgendwie, sich an Psions Rücken zu drücken, seine Arme um ihn zu legen und seine Vorderbeine zu ergreifen. Sein Griff tat nicht weh, aber er war definitiv fest. Psion konnte sich nicht befreien, egal wie er sich drehte.

„Ruhig, hübsche Mieze. Ich werde dich nicht verletzen. Beruhige dich einfach.“

Tates besänftigendes Gemurmel durchdrang schließlich die Panik, die Psions Gedanken trübte. Er erstarrte, nur sein Ohr zuckte, als er dem Vampir zuhörte, der ihn niederhielt. Er nahm Tates Geruch wahr und spürte, wie sich seine Muskeln entspannten.

Hm.

„So ist es gut“, murmelte Tate. „Dir passiert nichts. Ich werde dich nicht verletzen. Ich bin neu hier. Ich bin hier, um dich und dein Rudel zu beschützen.“ Er drückte seine Nase gegen die Basis von Psions Schädel und atmete tief ein. „Verdammt, Katze“, flüsterte er. „Bist du hier reingekommen, weil ich für dich gut rieche?“

Psion öffnete den Mund, um zu antworten, und brummte leise zur Bestätigung.

„Wirst du dich für mich verwandeln, hübsche Mieze?“, fragte Tate, löste seinen Griff von Psions Beinen und wich von ihm zurück. „Mein Meister hat uns eine Liste von Leuten in deinem Rudel gegeben“, fuhr er fort, wobei seine Stimme sanft und beruhigend blieb. „Bist du Psion?“

Psion schaute über seine Schulter und betrachtete Tates warme braune Augen. Er nickte, wollte ihm antworten und bestätigen, dass er Psion hieß. Trotzdem war er sich nicht sicher, ob er sich für den Vampir verwandeln wollte. Es gab keine Kleidung zum Verstecken seiner Narben.

„Komm schon, hübscher Psion“, drängte Tate und rieb ihm mit den Fingerspitzen über den Kopf. „Verwandle dich, damit wir reden können.“

Psion verspürte den seltsamen Wunsch, Tate zu gefallen, und verwandelte sich.

Kapitel 3

Tate vibrierte beinahe, als das Adrenalin seinen Körper durchströmte. Er konnte sein Glück nicht fassen. Nach dem Kribbeln seiner Zähne und dem berauschenden Geruch des Bluts dieses Katzenwandlers zu urteilen, war Tate sich fast sicher, dass Psion sein Geliebter war.

Als er von dem Geräusch des Türschnappers, der über das Schließblech kratzte, geweckt wurde, blieb er still und atmete ruhig. Er hatte gewartet und sich gefragt, was sein ungebetener Gast wollte. Es hatte zwar niemand gesprochen, aber ihm war klar geworden, dass er den Geruch des Fremden nicht erkannte, jedoch definitiv mochte. Dann fühlte er, wie jemand seinen Zopf berührte, und wäre vor Schreck fast aus dem Bett gesprungen.

Tate riss ein Augenlid auf und stellte fest, dass seine Neugier geweckt war. Obwohl es dunkel im Raum war, hatte er keine Probleme gehabt, die Gesichtszüge des Katzenwandlers zu erkennen. Er hatte die Raubkatze, einen sehr hübschen Nebelparder, sofort von den Bildern in der Akte wiedererkannt. Glücklicherweise schien die Katze, als sie auf dem Boden lag und mit Tates Zopf spielte, viel glücklicher zu sein als in den Schnappschüssen.

Nun sah Tate voller Erwartung zu und freute sich darauf, Psions menschliche Form zu sehen. Es machte ihm nichts aus, mit den Fingern durch das Fell der schönen Katze zu fahren, das seidig und größtenteils glatt war, aber er wollte noch lieber Haut berühren.

Was hatten die kleinen Unebenheiten, die er unter dem Fell spürte, zu bedeuten?

Allerdings beunruhigten die erhabenen Stellen, die von dem Fell um Psions Hals nicht ganz versteckt waren, Tate mehr als ein bisschen. Er konnte erraten, was sie verursacht hatte – ein Halsband. Ein enges Halsband mit einer verdammten Würgekette.

Als Psion seine menschliche Gestalt angenommen hatte, bestätigte sich Tates Verdacht. Die Narben waren in der menschlichen Gestalt des Wandlers viel deutlicher zu sehen, und die Erhebungen waren kleine Narben, die aussahen wie von Stichen … als ob jemand einen heißen Schürhaken in seine Haut gestoßen hätte. Trotz der Narben fand Tate die glatte Haut und den kompakten Körper des Mannes hinreißend. Auch wenn er noch ein wenig untergewichtig war, hatte Psion seit den Fotos definitiv ein paar Pfund zugelegt.

Tate bemerkte, dass er beim Starren ertappt worden war, als Psions Haut eine hübsche rosafarbene Tönung annahm und er eine Hand an seinen Hals legte, offensichtlich versuchte, die Narben dort zu verbergen.

Tate streckte die Hand aus und fuhr mit den Fingern seiner linken Hand durch die kurzen grauen und schwarzen Haare auf Psions Kopf. Er umfasste sanft seinen Schädel, als er den kleineren Mann anlächelte. Die andere Hand legte er sanft über Psions Finger an seinem Hals.

„Du bist ein wunderschöner Mann, Psion“, murmelte Tate. Er begegnete Psions ungläubigen grauen Augen und massierte sanft seine Kopfhaut mit den Nägeln. „Danke, dass du dich verwandelt hast. Möchtest du zu mir aufs Bett kommen?“ Ihm wurde klar, wie das klang, also fügte er schnell hinzu: „Der Parkettboden ist kalt, und wir sind beide nackt.“ Tate konnte sich nicht an das letzte Mal erinnern, als er Kleidung im Bett getragen hatte, also hatte er nicht einmal darüber nachgedacht, als er sich ausgezogen hatte.

„Oh, okay“, flüsterte Psion. „Ich denke schon.“

Als Tate die Nervosität des Mannes sah und sein Unbehagen witterte, wusste er, dass er langsamer vorgehen musste. In Gedanken ging er durch, was er in der Akte über den Mann gelesen hatte – gerettet von Biker-Wandlern nach Jahrzehnten, in denen er von Hexen gefangen gehalten und missbraucht wurde. Tate nahm an, dass Psion nicht gleich als erstes von ihm besprungen werden wollte … obwohl er und sein pochender Schwanz genau das liebend gerne tun würden.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739499406
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Juni)
Schlagworte
gestaltwandler wandler romance fantasy schwul gay Roman Abenteuer Fantasy Romance Liebesroman Liebe

Autor

  • Charlie Richards (Autor:in)

Charlie begann im Alter von acht Jahren mit dem Schreiben von Fantasy-Geschichten und als sie mit neunzehn ihren ersten erotischen Liebesroman in die Finger bekam, erkannte sie ihre wahre Berufung. Jetzt konzentriert sie sich auf das Schreiben von homoerotischen Romanen, zumeist aus der Kategorie Paranormal, mit Helden jeglicher Art.
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Titel: Vampir am Haken