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150 Kurzgeschichten - für Kinder und Erwachsene

150 neue, lustige, spannende, fröhliche und entspannende Kurzgeschichten und Märchen!

von Mario Otto (Autor:in)
500 Seiten

Zusammenfassung

Kurzgeschichtensammlung für Kinder - mit über 150 Kurzgeschichten! Neue, lustige, spannende, fröhliche und entspannende Kurzgeschichten und Märchen! Liebe kleine und große Leser und Leserin, es erwarten Dich 150 Kurzgeschichten - auf über 500 Seiten! IDEAL auch für kleine Pausen oder Lesefaulpelze - aber auch IDEAL zum Vorlesen.Auch sehr gut zum Verschenken, für Lesefaulpelze, zum Einschlafen und auf Reisen. Hinweis: Die Kurzgeschichtensammlung enthält alle Geschichten des Autors aus seinen erfolgreichen Büchern "Kurzgeschichten für Kinder & Erwachsene" Nr. 1 bis 6! (Manche davon werden sogar von Schulen empfohlen!) ++++++++++++++Liebe kleine und große Leser und Leserin, es erwarten Dich 150 kurze Geschichten. Also IDEAL auch für kleine Pausen, Busfahrten, als Gute-Nacht-Geschichten oder für kleine Lesefaulpelze! Gerade in Zeiten von Corona sind kurze Geschichten wichtig. Man kann in sie eintauchen, vergessen, lachen und träumen. Natürlich sind kurze Geschichte auch ideal, um Freude am Lesen zu bekommen und zu verbessern. Der Autor über sein Buch: "Dieses Buch ist für Kinder und Erwachsene. Das hat seinen Grund! Dieses Buch ist so gemacht, dass Große und Kleine daran Freude haben. Da die Geschichten zwischen einer und ein paar Seiten kurz sind, hat man nicht viel Zeit verloren. Ein großer Geschichtenschatz mit 150 Geschichten. Und wenn kleine Leser mal eine Geschichte erwischen, die eher für Größere sind, so werden sie keinen Schaden daran nehmen. Mein Wunsch ist es, dass dieses Buch in so vielen Familien gelesen wird, wie möglich! Wir müssen alle wieder mehr träumen. Das Fernsehen und die Computer lenken uns vom Träumen ab. Denn kaum etwas ist schöner und leichter, als in kurze Geschichten zu tauchen. Gerade weil sie kurz sind. "

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Amys Wünsche

Die kleine Amy hockte an einem dunklen, frühen Herbstabend vor ihrem Fenster und sah dem wilden Treiben des Wetters zu. Es regnete stürmisch und es heulte und pfiff der Wind. Den ganzen Tag schon durfte sie deshalb nicht raus, weil die Mutter Sorge hatte, dass die kleine Amy sich erkälten könnte.

Aber Amy liebte doch den Regen so sehr. Ihre Mutter aber sagte, dass sie sich heute mal zu Hause beschäftigen sollte. Sie könne doch Hausaufgaben machen, etwas spielen oder lesen.

Freilich hatte Amy doch den Tag damit verbracht, zu lesen, zu spielen und ihre Hausaufgaben zu machen! Und doch blieb noch viel zu viel Zeit vom Tag übrig und deshalb kniete sie auf dem alten Wäschekorb, der unter dem Fenster stand. Sie schaute betrübt, wie wundervoll der Regen, beinahe eimerweise aus den Wolken kam. Ihre Gedanken tobten dabei in ihrem kleinen Kopf beinahe ebenso munter, wie der kalte Herbstwind draußen vor ihrem Fenster.

Sie überlegte, wie schön es wäre, ein Hund zu sein:

"Ach, ich wäre so gern ein kleiner Hund, denn dann könnte ich immer draußen herumlaufen. Auch bei Regen! Das wäre so toll! Ach nein," überlegte sie, "ein Hund zu sein, ist doch nicht so schön! Ich müsste ja dann den ganzen Tag auf meinen Pfoten laufen. Und in meinem gemütlichen Bett schlafen, dürfte ich dann auch nicht mehr!" Nein, nein, das mit dem Hund werden wollen, hatte sich damit vollkommen erledigt.

Die kleine Amy überlegte weiter, wie schön es doch wäre, eine kleine Katze zu sein. Am besten eine kleine Katze, bei ihrer Oma Uli. Denn Oma Uli war so lieb und immer freundlich und gut gelaunt und gab ihren Katzen immer gute Teile vom Essen ab und nicht nur die Reste. Das gefiel Amy. Doch dann bekam sie Bedenken ... Denn auch als Katze müsste sie den ganzen Tag auf den Pfoten laufen. Und diese ständige Fellpflege! Nein, nein, das war wirklich nichts für sie.

So schön das auch gewesen wäre, den ganzen Tag faul im Katzenkörbchen liegen zu können.

Und außerdem, so überlegte sie, schmeckten ihr doch gar keine Mäuse!!! Denn ihr Lieblingsgericht waren doch Nudeln mit Tomatensauce ... hmmm … und duftende Apfelpfannkuchen mit vielen saftigen Apfelstücken drin.

Das gäbe es als Katze natürlich nicht mehr. Somit hatte es sich mit dem Katze sein wollen, ebenfalls vollkommen erledigt.

Dann überlegte sie, dass es als Hase auch fein wäre. Denn Hasen sind überall gerne gesehen und beliebt.

Man denke nur mal an Ostern! Und jeder findet Hasen überaus niedlich und sie würde obendrein immerzu gestreichelt werden. Sie überlegte und fand, dass ihr das schon ziemlich gut gefallen würde; schön gemütlich auf Mamas Schoss zu liegen, die flauschigen Pfötchen von sich gestreckt und ihre Mutter würde sich dann sicherlich gerne etwas Zeit für sie nehmen und sie ausgiebig streicheln und ihr die langen, schnuffeligen Hasenohren, die man auch Löffel nennt, inständig glattstreichen.

Doch dann kamen ihr Einwände. Denn Hasen können nicht sehr gut sehen. Und eine Brille tragen, das kam für sie nicht in Frage! Auf keinen Fall!

"Komisch," dachte die kleine Amy, "Hasen haben so schlechte Augen, obwohl sie so viele Möhren fressen! Das verstehe ich nicht" Nein, nein! Da hatte es sich mit dem Hase werden, auch schnell erledigt.

"Aber ein Igel zu sein, das wäre doch toll", dachte sie laut nach! Sie wiederholte es noch mehrmals laut und übermütig, dass sich schon vor Freude ihre quitschige Stimme überschlug. Es gab keinen Zweifel mehr!

Sie war von dieser Idee vollkommen überzeugt. Ein Igel zu sein, das schien ihr wunderbar! Und wenn sie keine Lust hätte, irgend etwas zu machen, könnte sie sich einfach einigeln und keiner käme an sie heran, denn die Stacheln würden sie beschützen. Aber dann fiel ihr ein, dass Igel nicht besonders schnell sind. Und über die große Hauptstraße zu gehen, wäre wahnsinnig gefährlich und sie hatte doch so große Angst im Straßenverkehr. Nein, nein, das mit dem Igelsein, das verwarf sie schnell wieder. Das war wohl doch nichts für sie!

"Aber ein fröhlich zwitschernder Vogel zu sein, das wäre doch so schön!", schwärmte Amy. Aber wenn sie zu Hause in einem Käfig wohnte, wie sollte sie da jemals allein herauskommen, wenn ihr danach wäre?

Und schönes Regenwetter, könne sie dann auch wieder nur vom Fenster aus sehen. Nein, nein, das war also auch nichts für sie. Sie müsste also etwas anderes werden. Vielleicht ein kleiner Regenwurm!? "Oh, ja", begann Amy schon zu schwärmen! "das wäre doch ganz sicher das Richtige für mich. Warum bin ich denn da nicht schon eher darauf gekommen?"

Ja, das war eine gute Frage, denn sie liebte doch den Regen so sehr, wie wohl kaum ein anderes Mädchen in der ganzen großen Stadt. Naja und sie hieße dann sogar mit Vornamen Regen und mit Nachnamen Wurm.

Sie stellte sich schon vor, wie die Tiere sie grüßen würden: "Guten Morgen, Frau Wurm!", und sie dann etwas verlegen erwidert:

"Ach, Sie können mich ruhig Regen nennen"

Ja, das freute sie und sie schmunzelte schon und freute sich, über diese großartige Idee. Und wenn es stürmt und regnet, könnte sie einfach den Kopf in die Erde stecken und unter eine Pflanze kriechen.

Doch die Heiterkeit verschwand schnell aus ihrem Gesicht! Denn unter der Erde, unter Pflanzen, war es doch so schrecklich finster! Und Dunkelheit, war ihr fürchterlich unheimlich. Außerdem würde sie da Dreck in die Augen kriegen und sie dachte dabei an den letzten Ostseeurlaub, wo sie zwei Tage lang ein Sandkorn am Auge hatte.

Nein, nein, das mit dem Regenwurm werden, das war also auch nichts, bemerkte sie betrübt.

Dann klopfte es an ihrer Zimmertür: "Amy, komm Essen!", rief ihre Mutter.

Amy fragte wenig erfreut: "Was gibt es denn?"

Und sie rief darauf lauter: "Mama, was gibt es denn heute?" Ihre Mutter antwortete melodisch: "Pfannkuchen, Schätzchen! Apfelpfannkuchen!"

Amy traute ihren Ohren kaum! Apfelpfannkuchen?

Das war doch ihr Lieblingsgericht!!!

"Ach," entschied sie, "ein Mensch zu sein, ist doch immer noch am schönsten"

ENDE

Miezekomm und Wuffwuff

Es war einmal eine kleine Katze, die hieß Miezekomm. Zumindest glaubte sie das.

Denn immer, wenn jemand sie sah und streicheln wollte, rief man sie "Mieze, komm!"

Miezekomm hatte ein großes Leid zu tragen, denn sie konnte nämlich nicht Miauen.

Sie konnte nur bellen wie ein kleiner Hund. Keines der anderen Katzen und Kätzchen verstand was Miezekomm ihnen erzählte. Und immer wieder erschraken sie sich, wenn Miezekomm mit Gebell antwortete.

Die Katzen versuchten es trotzdem noch einige Male und miauten und miauten, doch Miezekomm bellte und bellte, bis sogar Opa Hertwig mit einem lauten "Ruhe!!!" sein Wohnzimmerfenster zuschlug und die Katzen verscheuchte.

Miezekomm wurde ganz traurig. Keiner verstand sie. Die anderen Katzen gaben es auf, mit ihr zu sprechen. So schlurfte sie immer einsam durch die grauen Hinterhöfe der Großstadt.

Und jedes Mal, wenn andere Katzen und Kätzchen sie sahen, drehten sie sich um und liefen eilig davon. Denn Miezekomm war ihnen unheimlich. Es hatte sich nämlich schon überall herummiaut, dass Miezekomm seltsam war. Eine Katze die bellte!!! Dann noch ihre Pinselohren. Sie hatte nämlich lange Haare an ihren Ohrspitzen, die an Haarpinsel für Wasserfarbe erinnerten.

Das war ihnen alles nicht geheuer.

Miezekomm lief auf den Hinterhof einer Gaststätte, weil es dort abends an der Küchentür Essen gab – meist sogar warmes Essen. Misstrauisch überließen die anderen Katzen ihr ein Stück vom Fressen.

Miezekomm verzog sich damit und nagte abseits alleine daran herum. Wie fröhlich doch die anderen Katzen waren. Nur sie blieb alleine. Der Anblick, die anderen Katzen so gesellig und heiter zu sehen, tat ihr weh. Sie nahm ihr Fressen mit und verzehrte es zwischen zwei Mülleimern.

Während sie fraß, überlegte sie betrübt, was sie mit ihrem Leben anfangen sollte.

Diese Einsamkeit und sich mit niemandem unterhalten zu können, war sie leid. Plötzlich schreckte sie ein lautes Miauen direkt hinter ihr auf. Sie antwortete bellend und es war doch tatsächlich ein kleiner Hund. Und dieser miaute wie ein Kätzchen und wedelte fröhlich mit seinem Schwanz. Miezekomm bellte noch mal und der kleine Hund antwortete miauend. Er verstand sie!!! Sehr gut sogar! "Oh, wie schön, dass du mich verstehst!", sagte die kleine Katze. Und der kleine Hund erzählte ihr, warum er Wuffwuff hieß.

ENDE

Denn immer wenn ihn Menschen sahen und er miaute, sagten sie "Wuff-wuff" zu ihm.

"Ach, das ist ja komisch", sagte Miezekomm zu ihm.

Und so teilten sie sich das Fressen und besuchten noch weitere Gaststättenhinterhöfe, denn sie hatten sich so viel zu erzählen.

ENDE

Der trotzige Birnenbaum

Es war einmal ein mächtiger alter Birnenbaum. Dieser trug tausende, herrliche, große Birnen, in leuchtendem Gelb und Grün. Doch dieser Baum gab keines seiner Früchte her. Nicht ein einziges seiner verlockend reifen Birnen.

Es hatte sich auch schon herumgesprochen. Daher standen schon ein paar Bürger des Dorfes an dem Baum und zogen und zerrten an seinen Ästen und Zweigen, bogen und drehten an ihnen und rissen an den Birnen, ohne eine einzige dafür zu ernten.

Man holte schon den Pfarrer. Er sollte, ausgestattet mit dem Segen Gottes, in diesem Dorf wieder für Ordnung sorgen. Er sprach mehrere Litaneien in Deutsch und Latein und dennoch, kam dieser Baum nicht zur Vernunft. Manche sprachen schon von dämonischen Einflüssen und dass es da doch wohl mit dem Teufel zuginge!

Pures Teufelswerk! Hilflos stand der Herr Pfarrer, demütig, seine Mütze in den Händen, die Bibel unterm Arm, mit seiner schönen, nach Echthaar aussehenden Perücke, vor diesem hölzernen Riesen.

Man stelle sich einmal vor; dieser gewaltige alte Birnenbaum, hatte nicht nur dutzende Meter bis zur Baumkrone, sondern auch zwei nahezu strohballendicke Äste, die wie zwei monströse Arme, nach links und rechts, weit ausgebreitet waren. Und einige Dorfbewohner versuchten sogar tollkühn, auf diesen herumzuspringen.

Mit Leichtigkeit wackelte der Birnenbaum ein wenig mit seinen mächtigen Ästen und warf seine ungebetene Fracht wieder herunter. Dann hingen sie sich zu zehnt und zu zwanzig an die Äste und zogen an ihnen.

Fast alle aus dem Dorf, hängten sich an die Äste, also alle Männer, deren Brüder, die Onkel, die Kinder und sogar die alte Oma Gerda, die sich mutig an den Ast heben ließ. Und als ihre Füße in der Luft baumelten, ging der Wind etwas ungünstig.

Die umherstehenden Dorfbewohner sahen verlegen zu Boden oder drehten sich um.

Nun ja, so viele sich auch an die mächtigen Äste hängten und klammerten, so sehr sie auch an den Ästen rüttelten, der Baum ließ höchstens mal und das nur aus purer Absicht, eine besonders weiche Matschbirne herabfallen. Aber nicht auf Opa Helmuts haarlosem Kopf, der vollkommen uneitel war, sondern sie fiel ausgerechnet so ungeschickt, dass sie die schöne Perücke des Pfarrers nach hinten wegfegte.

Wieder sahen alle betreten zu Boden oder drehten sich um.

Die Kinder lachten laut und ungeniert, dass man bis zu den Backenzähnen, jegliche Zahnlücken sehen konnte. Aber nur, bis es von den Müttern schallende Ohrfeigen gab.

Dann hielten sie sich schmollend die Wangen. Aber, als sie wieder zum Pfarrer sahen, der eilig das faule Birnenmus aus seiner Perücke kämmte, um sie dann wieder auf seinem Kopf würdevoll zurecht zu legen, lachten sie erneut.

Inzwischen war das ganze Dorf versammelt.

Der Bürgermeister musste her und sollte das Problem lösen. Es könne ja wohl nicht sein, dass ein Baum seine Früchte nicht hergebe, tönten die Leute!

Und Herr Bürgermeister kam auch schon und fragte, was dieses ganze Theater solle.

Sie sollten doch einfach am Baum rütteln. Er schob ein paar Leute bei Seite und rüttelte und schüttelte an dem Baum, zog an den Ästen, welche etwas tiefer hingen und zog hin und her, hin und her und hängte sich sogar an eine einzelne Birne und schaukelte, wie ein junger Pavian. Die Leute lachten. Er sprang zu Boden und strich sich verlegen seine Glatze. Alle lachten.

Den Bürgermeister packte der Eifer; es mussten Leute aus dem Nachbarort her, posaunte er. Alle sollten jetzt mit anpacken! Und sie kamen zu Dutzenden.

Alle wollten helfen oder dieses ungewöhnliche Schauspiel sehen. Schon bald waren sie versammelt und zogen und zerrten an den Birnen und Zweigen und Ästen, rissen und schaukelten, doch noch immer fiel keine einzige Birne herab.

Der Pfarrer schaute nach oben und bat inzwischen eindringlich um ein Wunder.

Die kleine Laura sah verwundert mit ihrer Mutter dem regen Treiben zu. Für sie schien die Sache völlig klar! Als die Dorfbewohner von den Ästen ließen und sich erschöpft ins Gras gesetzt hatten, stellte sich die kleine Laura vor den kolossalen Birnenbaum.

Sie fand, dass er etwas grimmig und verstimmt aussah. Sie dachte sich, dass man ihn etwas aufheitern sollte. Und so stellte sie sich auf ihre Zehen und fing an, ihn links und rechts unter seinen hölzernen Armen zu kitzeln.

Die Leute staunten, denn der Baum begann, seine Äste ein wenig hoch und runter zu bewegen.

Laura kitzelte weiter und weiter und das Publikum jauchzte und feixte und feuerte sie an und der Baum rüttelte und schüttelte sich und herab fielen Birnen noch und nöcher, mehr und mehr, hunderte, tausende.

Die Zuschauer mussten schon mehrere Meter zurücktreten, denn die Birnen stapelten sich und stapelten sich, in mehreren Lagen, bis sich bald ein riesiger mauerhoher Kreis an Birnen, rund um den Baum herum gebildet hatte. Und das ganze Dorf jubelte, der Bürgermeister strich sich freudig seine Glatze, der Pfarrer nickte dankbar Richtung Himmel und alle klatschten und frohlockten. Das ganze Dorf freute sich noch lange Zeit. Alle waren glücklich, nur Laura nicht! Denn es gab den ganzen Spätsommer, bis in den nächsten Frühling hinein, jeden Tag, zu jeder Mahlzeit, etwas mit Birnen; Birnenkuchen, Birnenkompott, Birnensuppe, Birnendies und Birnendas.

ENDE

Die zwei Prinzen

Es war einmal ein König, der hatte eine Frau; die von allen geliebte Königin. Sie war stets sanft und in ihren Urteilen mild. Sie hatte selbst lange ein schweres Los zu tragen.

Sie war viele Jahre lang traurig. Denn der König brauchte einen Nachfolger, einen Prinzen! Denn wer sollte sonst der zukünftige König werden, wenn sie mal alt sei? Doch die Jahre vergingen und die Königin hatte noch immer kein Kind bekommen.

Es hatte sich schon überall herumgesprochen und so klopften immer wieder Gaukler, Wahrsager, Druiden, Narren, Spielleute und andere, die der Königin helfen oder zumindest ein paar Taler aus der königlichen Kasse verdienen wollten. So klopfte auch eines Tages eine junge Kräuterfrau an den Toren. Sie war nett anzusehen, freundlich und hatte die richtigen Worte auf der Zunge. Die Königin traute ihr sehr rasch. "Dieser Trunk wird Euch helfen, dass Ihr dem König schon sehr bald zwei Nachfolger schenkt!"

"Ach", seufzte die Königin, "Ein Sohn würde doch schon reichen!" Sie roch erstaunt an dem Fläschchen: "Und das wird gewiss helfen?" "Aber natürlich, Eure Hoheit!", und so ließ sie sich in gutem Glauben darauf ein, den rosafarbenen Inhalt aus der kleinen Flasche zu trinken. Er roch nach Waldmeister und schmeckte herrlich nach frischen, süßen Kirschen.

Diese freundliche Kräuterfrau wusste wohl sehr gut, was ihre empfindliche Kundschaft ansprach.

So verließ das Kräuterweib den Hof, nickte der Königin noch ein mal zuversichtlich zu, welche ihr erwartungsfroh und glücklich von der königlichen Terrasse entgegenlächelte.

Gleich hinter den Toren, wo niemand mehr das Kräuterweib sehen konnte, fiel all der Glanz und Freundlichkeit von ihr. Ihre Haare wurden pechschwarz, ihre Nägel lang und schmutzig, eine lange Nase bekam sie und einen Gesichtsausdruck wie 10 Tage Regenwetter mit Donner und mit nassen Strümpfen spazieren gehen! "Das war aber knapp! Ich muss wohl die Rezeptur ändern. Der Zauber hielt nicht so lange, wie ich dachte. Um ein Haar, hätte ich mich noch im Schloss zurückverwandelt"

Die Hexe bekam nach und nach ihre gewohnte lange Nase und Warzen wieder, ihre alten Zähne und ihre Haut wurden wieder faltig und schmutzig. "Das schöne Kleid verderb' ich mir noch mit diesem dreckigen Leib" Sie zog das Kleid sorgsam aus, entnahm ihre lumpige Kleidung aus einem Gebüsch und zog sie gleich an. Sie hob noch kurz den Saum und schlüpfte wieder in ihre alten Schuhe. Sie hielt kurz inne, dachte an die Königin, die ihr so leicht auf den Leim gegangen war und grinste fies dabei. Was hatte sie vor? Gar etwas Böses? Das Grinsen ließ nach und sie warf die Taler der Königin verächtlich in eine Pfütze und stapfte mit böse gellendem Lachen dahin, woher sie gekommen war.

Und der Trunk tat seine Wirkung! Denn an einem dunkelgrauen Tag im Mai, gebar die Königin hübsche Zwillinge. Igor und Iwan.

Der König lud das ganze Dorf zur Festlichkeit ein. Die Tische bogen sich wegen der vielen Köstlichkeiten, es gab bis in die Nacht, Tanz und Musik.

Die zwei jungen Prinzen hatten von der Wiege an, stets das bekommen, was der andere auch bekam. So wurde vermieden, dass sie sich zankten. Und sie wuchsen und wuchsen, jeder von ihnen bekam sein eigenes Pferd, sie lernten Reiten und mit dem Bogen zu schießen. Beide bekamen kostbare Schwerter, die sämtliche Kunstfertigkeit des Schmieds erfordert hatte und lernten damit zu kämpfen. Bekam der eine, ein neues Gewand, bekam der andere auch eins. So gab es nie Streit. Sie wurden schöne, junge Männer. Der König hielt sie möglichst von allen jungen Frauen fern. Keine war ihm gut genug, für seine Zwillinge. Sie verbrachten jede Minute zusammen. Igor und Iwan waren unzertrennlich und es passte kein Blatt Papier zwischen die beiden.

Bis ihnen eines Tages, wie zufällig, eine wunderschöne junge Frau über den Weg lief.

Die Prinzen kamen gerade vom See, wo sie wieder mal, wie Wilde, gutgelaunt rumgetobt hatten. Als die Prinzen vom hohen Gras auf den Pfad sprangen, erschrak sich die junge Frau, fiel vorn über, auf den Boden und ihre Lebensmittel rollten aus ihrem Korb.

Die beiden halfen prompt, hoben ihre Sachen auf und beiden fielen ihre wunderschönen Augen auf. Doch sie waren von ihrer Schönheit zu eingeschüchtert und sagten rasch: "Dann einen guten Weg noch, werte Maid!", worauf sie plötzlich schmerzhaft ihr Gesicht verzog: "Aua…!" "Darf ich Euch helfen? Komm Igor, wir bringen sie nach Hause"

Und so erzählte sie, dass sie Milena hieß, von weit her kam, auf dem Weg zu ihrer Großmutter war und machte beiden Prinzen schöne Augen. Und sie humpelte und ließ sich von ihnen stützen, bis sie auf einem weichen, samtbezogenen Stuhl abgesetzt wurde.

"Hast Du gesehen, wie sie mich immerzu ansieht. Ich glaube ich bin verliebt!"

"Bruder, Ihr irrt! Sie hat stets meine Blicke gesucht!", und sie gerieten in einen fürchterlichen Streit, wer von ihnen diese Schönheit zur Braut nehmen würde.

So eilten sie zu ihrem Vater, der ungerührt auf seinem Thron saß und klagten übereinander, wer sie zur Braut nehmen dürfe. Der König entgegnete ihnen gelassen: "Beruhigt Euch! Ich habe Euch schon erwartet"

Und so besprachen sie sich und kamen fröhlich zur zukünftigen Braut gehüpft, die doch etwas irritiert schien. "Mein verehrter Bruder, ich lasse Euch den Vortritt!"

"Aber nein, ich bitte Euch! Ihr habt eine solch' wunderschöne Braut viel eher verdient als ich!"

"Iwan, nicht so bescheiden! Ihr seid es doch gewesen, der ihr sofort zu Hilfe gesprungen war!"

Und Milena vergriff sich im Ton: "Nun ist's aber gut!", senkte den Ton und aß in Gedanken zwei Stücke Kreide: "Dürfte ich mir vielleicht einen Prinzen aussuchen?", und sie sah Iwan schmeichelnd an, worauf dieser sagte: "Dies ist gänzlich unüblich, aber nun gut! Wie könnte jemand einer so schönen, jungen Frau eine Bitte ausschlagen?! Nicht wahr, Bruderherz?"

"Oh ja, Iwan! Wie recht Ihr habt!"

Und Milena entschied sich schnell für Iwan und in Windeseile, nämlich schon am nächsten Tag, sollten die Hochzeitsglocken läuten. Der König bestand allerdings darauf, dass nur ein kleiner, privater Kreis anwesend sein sollte. Er wolle sein Volk überraschen und vor vollendete Tatsachen stellen, da dies ja keine standesgemäße Hochzeit sein würde. "Mein Sohn, der Prinz und Du, eine einfache Frau aus dem Volk… Das verstehst Du doch sicher oder?"

"Aber gewiss', mein König!", versicherte Milena. "Ich habe ein Zimmer für Dich herrichten lassen. Bis morgen wird Euer Schlafzimmer fertig sein. Und Du wirst das Hochzeitskleid meiner Mutter tragen. Das wird Dir passen!" "Es ist mir eine Ehre"

Am späten Abend, nahm der König einen berühmten Druiden, einen echten Hexer an einem der Nebeneingänge in Empfang.

"Guten Abend, Eure Hoheit!", und verbeugte sich. "Psst! Nicht so laut", flüsterte der König streng. "Kommt herein!" Sie besprachen sich bis tief in die Nacht.

Der Hochzeitstag begann recht ruhig. Die Königsfamilie saß versammelt beim späten Frühstück. Der König befahl, dass alle länger im Bett bleiben sollten, damit die Dienerschaft in Ruhe und zügig die Hochzeitsvorbereitungen erledigen konnten. Es wurde königlich aufgetischt: Viel Gemüse, Obst, Geflügel und Fleisch.

Und Iwan schien heute wie ausgewechselt.

Er aß sämtlich ohne Besteck. Sogar das fettige Geflügel! Und er wischte seinen Mund zwischendurch mit seinem feinen Hemdärmel ab und schmatzte, wie es sich kaum die Schweine auf dem königlichen Hof erlaubten. Der König verkniff sich das Schmunzeln. Milena jedoch fragte irritiert: "Wie wird Euch, mein Prinz?! Wie wird Euch? Wie ist Euer Befinden? Ist Euch nicht wohl?"

Doch dieser lehnte sich zurück, strich sich mit seinem Ärmel, in einem Ruck über den Mund, dass ein paar Essensreste am Ärmel verblieben und prahlte: "Ah, so viel habe ich noch nie in meinem Leben gegessen. Wie soll mir sein, mein Schäfchen? Mir ist sehr wohl in meinem Leibe" "Ich dachte, Euch sei nicht wohl, als ich Euch so schlingen sah" Doch der Prinz winkte ab: "Wie soll einem Mannsbild anders sein, als hervorragend, wenn er sich den Wanst vollgeschlagen hat?", lachte er übertrieben laut und stieß unromantisch auf. Und es schwelte langsam aber absolut nicht leugbar, aus seiner Richtung, ein Mief unter der Tischdecke hervor. Alle drehten ihren Kopf zur Seite und nach hinten, sahen Richtung Fenster und taten so, als hätten sie es nicht bemerkt und wollten sehen, wie das Wetter war.

Ein Diener bemühte sich, teilnahmslose Gesichtszüge zu wahren, doch eilte bald in die Küche: "Ich glaube ich habe noch etwas vergessen!" Der König lachte: "Geh' nur Rasmus! Lass Dir Zeit", und alle lachten am Tisch.

"So Kinder, nun macht Euch fertig, es wird gleich Hochzeit gehalten, in unserem kleinen Saal. Der Bischoff wird Euch trauen"

Milena ließ sich von den Dienerinnen helfen, das Hochzeitskleid anzuziehen. Doch, es ging ihr nicht schnell genug: "Beeil Dich gefälligst. Und keine Widerrede! Verstanden?!", zischte sie finster. "Sobald ich Prinzessin und dann Königin bin, herrscht hier ein anderer Wind. Gewöhn Dich schon mal dran"

Der Saal war hergerichtet und inzwischen waren die besten Freunde und engsten Verwandten anwesend und es konnte Hochzeit gehalten werden. Iwan und Milena standen auf einer Estrade, also, wie auf einer kleinen Bühne und der Bischoff fragte beide, ohne sie beim Namen zu nennen, ob sie Mann und Frau werden wollen, bis dass der Tod sie scheide! Beide bejahten. "Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden. Somit erkläre ich Euch zu Mann und Frau"

Das Publikum klatschte und klatschte und Milena lächelte künstlich! Dann dachte sie: "Oh nein, der Zauber lässt nach!!!", und so, fiel nach und nach all der Glanz von ihr.

Ihre Haare wurden pechschwarz, ihre Nase wurde lang, krumm und mit einer dicken, fiesen Warze oben drauf, sie alterte um 20 Jahre und es

dauerte nicht lange, da war aus der wunderschönen, jungen Milena, eine alte, unansehnliche und böse Hexe geworden.

Sie hatte es befürchtet, dass der Zaubertrank nicht lange hält, aber da nun jeder erkannte, wer sie war, nahm sie es nun, wie es gekommen war und trumpfte auf! Sie rief laut zu den Gästen: "Mein schnuckeliger Prinz, nun bin ich eine echte Prinzessin!", und noch bevor sie weiter ausholen konnte, sah sie, dass ihr eben noch schöner, junger Prinz, immer kleiner, älter und hässlicher wurde. "Was passiert mit Dir mein schöner … mein, mein Prinz?"

Und aus dem schönen Prinzen, wurde der alte, derbe Tagelöhner Feodor. Der ständig von üblem Gestank begleitet wurde, der pupste und rülpste. "Nein, nicht Feodor, dieses alte Furzkissen!", schrie sie entsetzt!" Wo ist denn mein Prinz?"

Die Gäste lachten und lachten und als sich endlich der echte Iwan zu erkennen gab, er saß die ganze Zeit im Publikum, verkleidet, mit Bart und Hut, machte der König eine kurze Geste und das Publikum beruhigte sich: "Das hattest Du Dir fein ausgedacht, Du Hexe, Du Freundin der Finsternis!"

Die Hexe, die noch immer nicht glauben konnte, wen sie da eben geheiratet hatte, sagte verwirrt: "Aber woher wussten Euer Hoheit, dass ich es war?"

"Als Du beim Druiden Deine Kräuter gekauft hattest, hatte er mich sofort davon in Kenntnis gesetzt. Da war mir gleich klar, dass Du dahinter steckst. Dafür wirst Du Deine gerechte Strafe bekommen, Du hinterhältige Schlange!"

"Verschont mich, denn eines wisst ihr noch nicht!", versuchte sie sich zu retten.

"Schweig!", brüllte der König. Natürlich weiß ich, dass Du damals meiner Frau, der Königin, den Trank gegeben hattest, worauf sie endlich Prinzen gebar. Das werde ich bei meinem Urteil berücksichtigen. Auch wenn Du es nur für Deine hinterlisten Pläne gemacht hattest.

Die Hexe weinte ein paar kümmerliche Tränen: "Welche Strafe erwartet mich jetzt, Eure Hoheit. Ich bitte um Milde!"

"Du kriegst die für Dich höchste Strafe"

Das Publikum raunte erschrocken.

"Sieh Dir Deinen Gemahl an. Er freut sich, dass er von heute an Dich zur Frau hat"

Die Hexe flehte: "Euer Hoheit, ich bitte demütigst darum, werft mich lieber 20 Jahre in den Hungerturm, als zu diesem stinkenden Lumpensack"

Der König winkte ab: "Oh nein, Du hinterlistige Schlange. Du wirst ihm zu Hause eine gute Frau sein, ihm waschen, putzen und Essen machen und es mit ihm aushalten. Dies ist für Dich wahrlich Strafe genug. Das Urteil ist gefällt, nun darf gefeiert werden. Auf meine zwei prächtigen Söhne, auf dass sie bald ihre Prinzessinnen finden"

Die Hexe schlich sich an die gedeckte Tafel um sich an den Köstlichkeiten zu vergreifen.

Da fauchte der König:

"Du Hexe, nimmst Du wohl Deine Griffel vom Essen? Du kannst in die Küche gehen und Dir ein Brot schmieren und dann den ganzen Nachmittag Geschirr spülen und putzen! Danach erwartet Dich Dein Mann zu Hause. Er freut sich sicherlich schon. Nicht wahr, Feodor?"

Worauf dieser sagte: "Und wie ich mich schon freue, Euer Hoheit!"

Die Hexe kräuselte angewidert die Nase: "Ja, Du freust Dich. Man riecht es schon!"

Und wenn sie nicht gestorben ist, macht sie beim alten Feodor noch immer den Haushalt.

Mit oder ohne Wäscheklammern an ihrer langen Nase.

ENDE

Ina und (k)ein Zauber

Die kleine Ina war die Tochter einer echten Zauberin. Das wusste natürlich niemand.

Und Ina lag krank im Bett. Warum ihre Mutter sie nicht einfach gesund zauberte? Nun ja, sie wollte dem Kind ein gutes Vorbild sein. Ihre Mutter war sehr streng, aber sie meinte es immer nur gut mit Ina. Außerdem sagte sie, dass es wichtig sei, Erkältungen und Krankheiten durchzustehen, bis man wieder vollkommen gesund ist. Dadurch würden Kinder immer stärker und besser geschützt gegen jegliche Erkältungen und Krankheiten aller Art. Und man solle nicht zu oft der Natur und schon gar nicht dem lieben Gott ins Handwerk pfuschen! Somit blieb der Zauberstab im Schrank!

An diesem Winternachmittag, die Sonne brachte es nur noch zu einem schmalen Streifen am Horizont, begab es sich, dass die Mutter für Ina noch etwas in der Apotheke besorgen wollte.

"Bleib schön im Bett mein Schatz! Und lass ja niemanden rein, hörst Du?

Und wehe Dir, Du zauberst!", sagte sie ernst. "Nein, Mama, ich verspreche es!", und die Mutter verließ das Haus.

Ina war so hundemüde und fühlte sich gar nicht wohl. Sie war ein wenig eingeschlafen und wurde wach, weil es an der Tür klopfte. Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren. War ihre Mutter jetzt eine Minute oder 10 Minuten fort? Oder gar eine Stunde? Sie schloss wieder die Augen und ignorierte das Klopfen. Dann schnellte sie aus dem Bett hoch und hörte, dass jemand die Tür vorsichtig öffnete.

Sie stand auf, ihr Kranksein vergaß sie, zu neugierig und gespannt war sie, wer sich ungebeten Zutritt verschaffte. Da stand doch tatsächlich ein Gauner vor ihr.

Ein viel zu dünner, womöglich hungernder Riese, der Ina eher Mitleid als Angst machte.

Sie wollte ihm gerade sagen, wo es zur Küche geht, da fragte er: "Bist Du alleine?", und sah sich abschätzend um.

"Ja, aber Du musst sofort wieder gehen, denn ich darf niemanden rein lassen. Meine Mama kommt gleich wieder und dann kriege ich großen Ärger, wenn Du dann noch hier bist. Außerdem bin ich krank und muss sofort wieder ins Bett!"

Der dünne Riese lachte und schlug sich auf die Schenkel. Dann hörte er abrupt auf zu lachen und sagte finster: "Aber erst mal nehme ich alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist!"

Ina schüttelte den Kopf: "Glaubst Du im Ernst, ich will Deinetwegen Ärger kriegen?"

Ina machte den Stubenschrank auf, nahm den Zauberstab und sagte: " Akra-kacka-kabra, ich fliege aus dem Haus und komme nicht mehr wieder. Simm-Salami-Bimm-Bimm!"

Der Riese lachte laut und schüttelte seinen Kopf: "Falsch, falsch!!! Haha … so ein dummes, kleines Mädchen! Gib mal her, so musst Du das machen!", und riss ihr mit verächtlichem Blick den Zauberstab aus der Hand und sprach: "Akrakadabra, ich fliege aus dem Haus und komme nie mehr wieder, Simsalabimm!", und PUFF, war der Riese weg.

Ina stand da und schüttelte mitleidig den Kopf, legte den Zauberstab zurück in den Schrank und ging wieder in ihr Bett.

ENDE

Jule

Wie jeden Samstag schlenderte die kleine Jule mit ihrer Mutter über den städtischen großen Flohmarkt. Dort gab es so viele tolle interessante Dinge, dass beide jedes Mal staunten.

Aber so richtig unbeschwert konnten sie ihre Zeit nicht verbringen. Ihre Mutter redete schon seit gefühlten Stunden auf sie ein. Es ging mal wieder um die Schule und um schlechte Noten.

Jule hörte manchmal kaum was ihre Mutter sagte, weil das Stimmengewirr auf dem Trödelmarkt zu laut war. Das gefiel Jule. Sie nickte einfach nur ab und zu, damit die Mutter glaubte, sie habe alles gehört und verstanden.

Ihre Mutter kaufte hier und da ein paar Kleinigkeiten, wie Teelichthalter aus Porzellan, Klebstoff, welcher viel günstiger als im Supermarkt war, Eierbecher und 3 Putten sowie niedliche Engel aus Gips. Und für Jule noch zwei gebrauchte Lehrbücher – Deutsche Grammatik, Mathematik und Schreibhefte. "Wenn Du jetzt nicht langsam aber sicher zu lernen anfängst ..!", drohte sie und sagte mit Hilflosigkeit in der Stimme: "Ich weiß manchmal nicht, ob Du einfach nur schrecklich faul bist oder ob Du wirklich so…" Ihre Mutter schnaubte verärgert und schimpfte weiter: "Eine Fünf in Deutsch! So eine Schande. Wie krieg ich bloß die Grammatik in Deinen Kopf? Mensch, so dumm kann man doch nicht sein?!"

Jule erwiderte prompt: "Ich bin nicht dumm!" und ihr Gesicht bekam einen bitteren Ausdruck.

Ihre Mutter winkte ab. Als sie damit beschäftigt war, die Bücher und Hefte einzupacken, spürte Jule einen stechenden Blick im Nacken. Sie drehte sich um und schaute, woher dieser Blick wohl gekommen war. Da zog ihre Mutter sie schon am Arm und führte sie auf den Ausgang zu. Jule sah zurück und nun war es ganz klar. Sie entdeckte einen Stand mit fürchterlich altem Trödel, wo eine Zigeunerin saß und sie mit smaragdgrünen Augen ansah. Sie durchdrang sie förmlich mit ihren Blicken und Jule riss sich von Mutters Hand los und rannte auf den Stand zu.

Vorsichtig ging sie die letzten Schritte auf sie zu und wusste selbst nicht, ob sie ihr noch etwas näher kommen sollte.

"Gib mir deine Hand!", forderte die Frau mit slawischem Akzent. Jule reichte neugierig ihr kleines Händchen.

Da kam die Mutter verärgert zum Stand gelaufen:

"Was wird das denn Fräulein? Warum läufst Du einfach weg? Bei Dir piept´s wohl?!"

Die Zigeunerin jedoch war ganz auf Jule konzentriert und beachtete die Mutter gar nicht:

"Du bist eine sehr intelligente Mädchen!"

Aber Jule erklärte: "Ich habe in Deutsch eine Fünf und alle sagen, dass ich dumm bin!"

"Aber nein!", widersprach diese tröstende, wenn auch etwas unheimliche Frau mit ihren leuchtend grünen Augen. "Du bist großes Talent für Deutsche Sprache. Nicht wie ich! Du bist sehr klug! Du bist hübsch und sehr großes Genie!“

"Haha, schön wär's!", winkte Jules Mutter ab und schüttelte den Kopf.

"Komm, ab nach Hause jetzt!" und sie zog an ihrem Arm.

Die Frau steckte dem kleinen Mädchen mit einem verschwörerischen Augenzwinkern etwas in die Jackentasche.

Während Jule Richtung Ausgang gezogen wurde, sah sie zurück und die Zigeunerin nickte ihr gutmütig zu. Nur eine Sekunde später, als Jule erneut zurücksah, war sie verschwunden.

Jule versuchte sie noch mal zwischen den ganzen Leuten zu entdecken, doch ihre Mutter zog sie schon durch den Ausgang und redete wieder pausenlos auf sie ein. "Sobald wir zu Hause sind, machst Du Dich an die Schularbeiten und danach übst Du noch. Haben wir uns verstanden?"

Das Mädchen quengelte unterwegs und war verstimmt. Jule hielt fest in der Hand, was ihr diese geheimnisvolle Frau in die Jackentasche gesteckt hatte. Es war etwas Stiftartiges. Das bemerkte sie sofort. Aber wie es aussah, konnte sie unterwegs nicht sehen, denn sie wollte ihrer Mutter davon nichts erzählen. Sie hätte es ihr ganz sicher abgenommen und falls sie es überhaupt wiederbekommen hätte, wäre ganz sicher mal wieder irgendeine Bedingung daran geknüpft gewesen.

Kaum zu Hause, schloss Jule ihre Zimmertür, setzte sich an ihren Schreibtisch und zog einen wunderschönen Füller aus ihrer Jackentasche.

Jule staunte: "Oh, so ein schöner Füller. Das ist ja ein richtiger Füllfederhalter! Und wie schwer er ist!" Es war ein edler und vor allem kostbarer Füllfederhalter aus Horn mit einer goldenen Schreibspitze.

Jule leerte mehrere Tintenpatronen in einem Gläschen, legte ein Blatt Papier auf den Tisch und tauchte zum ersten Mal die Schreibfeder in die Tinte, welche sich mit Farbe vollsog.

In schönen Bewegungen glitt die Federspitze sanft über das Blatt. Nach zwei oder drei Worten, bevor die Schreibfeder trocken auf dem Papier kratzte, tauchte sie diese wieder in die Tinte und schrieb weiter.

Nach einer viertel Stunde platzte ihre Mutter ins Zimmer: "Bist Du fertig mit den Hausaufgaben, Fräulein?"

"Ja", log Jule einsilbig und hoffte, dass man ihr das Lügen nicht ansah.

"Dann komm essen! Und wasch Dir die Hände!"

Kaum saß das Mädchen mit frisch gewaschenen Händen am Tisch, forderte ihre Mutter: "Und ab heute wird jeden Tag zwei Stunden gelernt! Fernsehen kannst Du Dir jetzt erst mal abschminken!"

"Darf ich denn gleich noch etwas vor die Tür?", fragte Jule und machte einen ganz lieben Augenaufschlag.

"Höchstens 30 Minuten. Danach übst Du noch Mathe und dann ab ins Bett!"

Jule unterließ vorsichtshalber das Naserümpfen, aß ihr Abendbrot und verließ anschließend das Haus.

Sie stand am Friedensplätzchen und sah den anderen Kindern beim Toben zu.

Währenddessen sah sich ihre Mutter auf Jules Schreibtisch um und entdeckte ihr Gedicht:

Nie war mein Seel´ so trüb, wie an diesem Tage,

als überkam mich das Gefühl, ich wäre Mutter eine Plage.

Nie würd´ ich so glücklich, wie an diesem Tage,

hab´ keine Ruhe augenblicklich, bis mich ihre Liebe wieder trage.

Sie war zutiefst berührt und begann zu weinen, so lange, bis Jule wieder nach Hause kam.

Als Jule ihr Zimmer betrat, wischte sich ihre Mutter die Tränen aus dem Gesicht.

"Was hast Du, Mami?"

Ihre Mutter bemühte sich ihre Stimme gewohnt klingen zu lassen, doch sie war noch viel zu ergriffen: "Woher hast Du dieses Gedicht, mein Schatz?"

"Ist von mir. Hab ich geschrieben. Entschuldigung Mami, ich weiß, ich sollte eigentlich Hausaufgaben machen." Da unterbrach sie die Mutter liebevoll: "Komm her mein Schatz!" und nahm sie auf ihren Schoß und drückte sie lange und voller Liebe fest an sich und küsste ihr Haar. Eine ganze Weile verging und Jule war froh, sie zufrieden zu sehen.

Nachdem ihre Mutter mit einem Lächeln das Zimmer verlassen hatte, nahm Jule ihr Gedicht in die Hand und sah, dass einige ihrer Worte auf dem Blatt von Mutters Tränen verschwommen waren. Sie wusste gar nicht so recht, ob sie sich freuen oder selbst noch ein paar Worte wegweinen sollte.

Sie rahmte sich das Gedicht mit den von Tränen verwaschenen Worten ein und hängte es an die Wand, gleich neben ihrem Schreibtisch.

Als ihr Vater am frühen Abend nach Hause kam, hörte sie, wie ihre Mutter mit lobenden Worten über sie sprach. Sie war so überrascht, dass sie sich kaum traute, das Zimmer zu verlassen, um ihren Vater zu begrüßen. Es war ganz und gar ungewohnt für sie, dass sie im Mittelpunkt stand und dann sogar mit wertschätzenden Worten.

Der volle Mond blinzelte ins Zimmer und Jule konnte nicht einschlafen. Sie setzte sich an ihren Schreibtisch, legte sich erneut ein Blatt Papier zurecht, nahm ihren kostbaren Füller in die Hand und schon begann wieder ihre kleine Hand, den Füllfederhalter zu führen.

Sie tunkte alle drei bis vier Worte die Feder in die Tinte, bis sich diese erneut aufgefüllt hatte und schrieb, bis ihre Augen zufrieden das Geschriebene musterten.

Jule gähnte daraufhin und schlurfte in ihr Bett. Der Mond war inzwischen weitergezogen und bestrahlte nun nicht mehr ihr Bettchen, worauf sie rasch einschlief.

Am nächsten Vormittag fand Jule´s Mutter das Gedicht von vergangener Nacht:

Bin ich nur wert, wenn ich kann?

Kann ich nur, wenn ich was wert?

Hat man Talent etwa nur dann,

wenn es mir ward vererbt?

Ein Jeder zerrt an mir herum

und sieht an mir nur Makel.

Ich sei faul und dumm,

führ´ ins unumkehrbare Debakel.

Man führe mich liebevoll,

geleite mich am Händchen.

Lehre mir das Dur statt Moll,

so entfalteten sich Talentchen!

Das ging ihr sehr zu Herzen. Sie hatte ja bereits am Tag zuvor voller Rührung geweint, aber nun heulte sie wahrlich wie ein Schlosshund. Vor Ergriffenheit, vor Stolz, vor Einsicht, dass sie als Mutter nicht alles richtig gemacht und Jule wohl oft Unrecht getan hatte.

Sie rief auch gleich Jules Vater an und berichtete aufgeregt, was Jule geschrieben hatte. Auch ihm schossen die Tränen in die Augen. "Unser Kind ist also womöglich hochbegabt. Sie ist bestimmt völlig unterfordert!" Da waren sie sich einig. Jules Vater steigerte sich richtig hinein: "Vielleicht sollten wir sie noch mehr fördern, mit Privatlehrer usw." "Vielleicht können wir sie auf eine Privatschule schicken", ergänzte die Mutter.

Kaum aufgelegt, kam ein Anruf von Jules Lehrer. Sie kannten sich ja bereits, da sie schon öfter wegen Jules schlechter Noten telefoniert hatten.

Doch diesmal war alles anders, denn der Lehrer hatte nur Gutes über Jule zu berichten und schwärmte geradezu. Sie hatte den besten Aufsatz der ganzen Klasse geschrieben.

Ihr Lehrer war so positiv überrascht, dass er unbedingt Jules Mutter Bescheid sagen wollte.

Auch sie erzählte von Jules Gedichten und ihren wohlfeilen Worten.

Gegen 14 Uhr kam Jule zur Türe herein und ihre Mutter nahm sie sofort in den Arm und begrüßte sie herzlich. Das gefiel Jule, aber sie konnte sich nicht erklären, warum ihre Mutter plötzlich so anders zu ihr war. Sie betrat ihr Zimmer und ein nagelneues Fahrrad stand vor ihrem Schreibtisch. Jule staunte und bedankte sich brav, aber fragte sich: "Ist das für den gelungenen Aufsatz in der Schule?" Den hatte sie wohl eher ihrem edlen Füller zu verdanken, von dessen Existenz ihre Eltern nichts wissen sollten.

Als ihre Mutter anfing, von den Gedichten zu erzählen und dass ihr Lehrer angerufen hatte, weil sie den besten Aufsatz der Klasse geschrieben hatte, war es Jule sehr unangenehm.

Sie hatte schon fast geglaubt, sie hätte das Fahrrad einfach so bekommen und weil sie es sich schon so lange gewünscht hatte.

Liebevoll sagte ihre Mutter: "Ruh´ Dich aus mein Schätzchen. Ich bring´ Dir gleich einen Kakao!"

Jule setzte sich an den Schreibtisch und sah traurig und unzufrieden ihren Füller an, den sie schnell wieder in der Schublade versteckte, als ihre Mutter den Kakao und dazu noch Kekse brachte.

Liebevoll strich sie ihr übers Haar, was Jule genoss, aber so richtig annehmen konnte sie es nicht. Es kam ihr unverdient vor. Bald kam ihr Vater nach Hause, zog seinen Mantel aus, legte Süßigkeiten für sie auf den Schreibtisch und begrüßte sie mit einer erfreuten und innigen Umarmung. Auch er kam auf die Gedichte zu sprechen und vergewisserte sich, ob sie die auch wirklich ganz alleine geschrieben habe. "Ja, ganz alleine!“, versicherte Jule.

"Heute darfst Du eine halbe Stunde länger aufbleiben“, sagte ihr Vater und verließ ihr Kinderzimmer mit einem zufriedenen Lächeln.

So ging es viele Tage lang. Ihre Eltern waren so stolz, dass sie der ganzen Nachbarschaft von Jules Dichtungen erzählten. Kein Tag verging, wo Jule nicht mindestens zehn Mal auf ihre täglich neu verfassten Gedichte angesprochen wurde.

Sie konnte es schon nicht mehr hören. Fast täglich bekam sie kleine Aufmerksamkeiten oder gar Geschenke von ihren Eltern und Nachbarn und jede Menge Zuspruch. Natürlich ist Lob etwas Feines. Doch Jule war klar, dass ihr inzwischen gewonnenes Ansehen, nicht auf Ehrlichkeit und wahrem Talent beruhte. Ihr Füller war doch schließlich der Urheber, dem eigentlich das Lob gebührte. Oder etwa nicht? Jule wurde von Tag zu Tag unzufriedener.

Der Mond, der mit jedem Tag immer schmaler wurde, lugte gerade in ihr Zimmer, da saß sie am Schreibtisch, tunkte die Feder des Füllers ins Tintenglas und mit schwungvollen Bewegungen schrieb sie Wort für Wort und dachte lange nach, bis es Zeit wurde schlafen zu gehen.

Doch vorher fällte sie noch eine Entscheidung: Sie beschloss, auf das Lob und die Geschenke zu verzichten und nur noch Lob bekommen zu wollen, welches sie auch wirklich verdiente.

Sie wollte einfach nur, dass man sie liebt. "Einfach nur so, weil ich es bin!“, dachte sie sich und zerbrach entschlossen den Füller zwischen ihren Händen und warf ihn aus dem Fenster, wo er im Dunkeln verschwand.

Als Jule längst schon tief und fest schlief, ging ihre Mutter auf Zehenspitzen durch ihr Zimmer und fand wieder neue Zeilen von Jule und hopste eilig ins Schlafzimmer und las gemeinsam mit Jules Vater das neue Gedicht.

Beide schüttelten verwundert den Kopf. "Wir haben soviel falsch gemacht!“, bedauerte der Vater. Jules Mutter nickte zustimmend, mit Tränen in den Augen.

Sie lagen sich weinend in den Armen, während sie noch lange auf Jules Gedicht starrten:

Um meinetwillen sollt Ihr mich lieben.

Einfach nur, weil ich bin.

Ich sollt Euch am Herzen liegen!

Noch besser: Ganz tief drin!

ENDE

Der Apfelkuchen-Reigen

Heute ist das Wetter schön,

draußen lang spazieren geh´n.

Gemeinsam Äpfel suchen

dann gibt es Apfelkuchen

Man schält sie, schneidet klein,

dann in die Schüssel rein.

Heute ist ein schöner Tag,

es gibt Apfelkuchen nur für uns

Heute ist ein schöner Tag,

gut zu leben, ist doch keine Kunst!

Dann Mehl und gute Butter

vermengt mit etwas Zucker

und schon ist es soweit,

man nascht am Kuchenteig.

Ausrollen, stell´n den Ofen ein,

und dann kommt der Kuchen rein

Heute ist ein schöner Tag,

es gibt Apfelkuchen nur für uns

Heute ist ein schöner Tag,

gut zu leben, ist doch keine Kunst!

190 Grad! 40 Minuten,

schlecken wir uns ab die Pfoten.

Bis er uns lockt, in gold´nen Farben,

wie wir ihn am liebsten haben.

Zeige- Mittelfinger, Daumen

bringen kleine Streusel an den Gaumen.

Heute ist ein schöner Tag,

es gibt Apfelkuchen nur für uns

Heute ist ein schöner Tag,

gut zu leben, ist doch keine Kunst!

Übrigens: Noch mehr schöne Lieder von mir findest du auf www.mäuselieder.de

Julia und die Zaubererbse

Julia war ein kleines, unscheinbares Mädchen, aber sie hatte sehr unangenehme Charaktereigenschaften!

Sie war nämlich nicht nur stur, sondern sie konnte sich innerlich so aufregen, dass ihre Wangen und ihr Hals sich knallrot färbten und sie vor Wut nicht mehr sprechen konnte. Ihre Stimme war dann jedes Mal wie blockiert. Sie glaubte ständig, man belüge sie, würde sie schlecht behandeln und ihr immer und alle Zeit Unrecht tun.

Da sie nie darüber sprach, was sie dachte und wollte, sammelte sich ihre Wut wie Wasser in einem Fass. Irgendwann ist ein jedes Fass mal voll und es läuft über. Julia lief dann weg und redete mit niemanden mehr. Sie hatte ein paar Freundschaften zu etwas älteren Mädchen, die es wirklich gut mit ihr meinten. Aber diese sagten natürlich immer nur das, was Julia gefiel. Sie mochten die Kleine!

Aber WEHE, wenn sie es wagten, etwas zu sagen, was Julia nicht gefiel oder sie auf Fehler aufmerksam machten. Diejenige wurde mit wochen- oder gar monatelangem Schweigen bestraft. Und sie schaffte es immer wieder selbst aus dem kleinsten Ärgernis, eine ganz große Sache zu machen. Nie im Leben würde sich Julia entschuldigen. Im Gegenteil! Wer noch mal mit ihr sprechen wollte, musste sich gefälligst bei ihr entschuldigen, auch wenn sie die Schuldige war. So verlor sie natürlich auf Dauer den Kontakt zu den anderen Kindern. Denn warum sollten sich die Kinder ständig bei ihr für etwas entschuldigen, was sie nicht verbrochen hatten? Das machte keiner ein zweites oder drittes Mal. Aber einer blieb ihr. Er fühlte sich als ihr wahrer Freund, der sich von all ihren Wütereien und Sturheiten nicht abwimmeln ließ. Das war der kleine Tim.

Tim war ein fröhlicher, geselliger und zugleich auch etwas ängstlicher Junge und er akzeptierte Julia so, wie sie war. Er war sehr verliebt in die kleine Julia. Und anders als Julias ältere Freundinnen, welche ihr nur nach dem Mund redeten, war er immer ehrlich zu ihr, ohne sie dabei zu kränken.

Denn er wählte immer die richtigen Worte, im richtigen Augenblick, in der richtigen Tonlage. Denn wie gesagt, war Julia sehr empfindlich.

Eines Tages war es wieder mal soweit. Das kleine Fass in Julia drohte überzuschwappen. Dies sah man ihr natürlich nicht an. Das bedeutete: Ein falsches Wort und die Freundschaft stand auf dem Spiel. Und alles, was mal Wert hatte und gut war, wurde mit einem Mal für immer ausgelöscht. In Julia staute sich wieder die Wut! Sie platzte bald, ihr Herz bebte schon, bevor sie Tim getroffen hatte, der sie nichts ahnend freudig begrüßt hatte. Tim hatte heute keinen guten Tag erwischt. Er hatte ihr sein Lieblingsbuch geliehen und nun war es weg. Julia wusste nicht mehr wo es war. Womöglich hatte sie es verloren. Aber kein Wort der Entschuldigung.

Tim wusste, dass es zwecklos war, Julia aufzufordern, sich zu entschuldigen. Er wiederholte stattdessen noch fünfmal seinen Vorwurf in freundlichem Ton, dass sie es verloren hatte, weil sie nicht aufgepasst hatte.

Er hoffte, dass sie doch irgendwann mal darauf entschuldigend hätte reagieren müssen. Tat sie aber nicht.

Als er dann noch fragte, wann sie ihm das Geld zurückgäbe, welches er ihr geliehen hatte – er warte schon seit drei Wochen darauf - da lief sie puterrot an und lief einfach weg, ohne ein Wort zu sagen. Tim dachte noch, dass sie sicherlich das Geld holte. Doch die kleine Julia saß bald zu Hause und schmollte und war wütend. Sie explodierte wieder beinahe vor Zorn, bis ihr ganzer Hals fast bis zum Bauchnabel rot und heiß wurde. Tim klingelte bei ihr, doch sie machte nicht auf. Er schob ihr einen Zettel unter der Tür durch und bat, dass sie sich vertragen sollten. Er wartete lange, bis endlich ein Zettel von ihr unter dem Türschlitz hervorschaute, auf dem lauter wütende Sachen standen.

Tim schrieb mehrere Male ganz lieb, doch von Julia kam immer wieder nur Gift und Galle zurück. Jetzt reichte es Tim aber, er schrieb ihr wütend zurück und wusch ihr ordentlich den Kopf. Das passte gar nicht zu Tim. Er war doch ein ganz Lieber. Aber sie hatte ihn mit ihrem unfairen und undankbaren Verhalten so verärgert, dass er seiner Verärgerung Luft verschaffte. Er wartete noch bis zum Abend vor der Tür, doch es kam kein Zettel mehr. Und auf Klopfen und Rufen reagierte sie grundsätzlich nicht bei Streitereien.

Am nächsten Tag ging es genauso weiter. Er schrieb und wartete Stunden auf eine Antwort – sie schrieb jedoch, wann auch immer es ihr gefiel. Dass Tim wartete, rührte sie nicht. Sie habe ihn ja schließlich nicht gebeten zu warten. Wenn sie schrieb, dann meist etwas nicht sehr Hilfreiches, sondern Gemeines. Zudem immer neue Vorwürfe und Anforderungen, welche er zu erfüllen habe, damit sie sich überhaupt noch mal darauf einließe, mit Tim wieder befreundet zu sein.

Und dass sie alles verzeihen könne, das stünde gar nicht zur Debatte. Und er habe ja dies und das und jenes zu ihr gesagt. Was sie ihm aber alles geschrieben hatte, davon war natürlich keine Rede. Er gab jetzt nur noch nach, versprach Besserung, er wusste zwar selbst nicht so recht, wobei er sich bessern sollte, aber es schien Julia zu gefallen. Doch sobald sie sich beinahe wieder vertragen hatten, fing Julia wieder mit einem neuen Diskussionsthema an.

Da kam ihm eine Idee. Er lief schnell nach Hause, nahm etwas aus dem Küchenschrank, schrieb ihr eine kleine Geschichte und legte eine ganz besondere Pille dazu. Zugegeben, es war nur eine einfache Erbse. Aber jetzt war es eine Zaubererbse! Eine Erbse gegen Wut. Er schrieb ihr, dass diese Erbse bewirke, dass sie sich nie mehr aufregen könne. Julia war skeptisch und mäkelte, die Pille sähe aus wie eine gewöhnliche, hässliche Erbse. Tim versicherte, dass es keine gewöhnliche Erbse sei und sie sei doch seine Prinzessin und solle nicht auf dieser Erbse schlafen, sondern sie runterschlucken. Erst dann, wenn die Wut dann weg sei, für immer und alle Zeit, würde sie sehen, dass er ihr Prinz sei und sie ihn auch sehr liebte. Julia schluckte die Erbse – Verzeihung – die Zaubererbse mit viel Wasser runter.

Tim horchte an der Tür. Julia öffnete sie ein wenig und wollte gerade wieder rot anlaufen und sich aufregen, doch es ging nicht. Kein roter Hals, keine roten Wangen, keine Wut. Das Fass lief nicht über. "Schön!", sagte Tim "Nun können wir endlich Freunde sein, ohne dass du ständig vor Wut beinahe platzt und gar nicht sehen kannst, wie lieb du mich hast!“ Julia lächelte verlegen und nahm Tims Hand.

ENDE

Karli der Vagabund

Karli war ein großer Junge, ein Streuner, ein Lausebengel, ein Rumtreiber.

Er streunerte schon lange Zeit durch die Lande. Ein festes Zuhause hatte er nicht. Er war irgendwann mal aus einem Kinderheim ausgebüchst und seither hatte er kein Heim mehr von innen gesehen.

Er hatte beschlossen, seine Tante aufzusuchen, um bei ihr zu wohnen. Er hatte im Heim oft von dieser angeblichen Tante erzählt, dass sie ein riesiges Haus mit viel Land besäße, auf denen Apfelbäume wüchsen, welche Äpfel, so groß wie Kochtöpfe trügen.

Und sehr wohlhabend soll sie auch gewesen sein!

Natürlich glaubte ihm niemand. So einem wie Karli, glaubte man nicht mal wenn er die Uhrzeit sagte. An seiner Nasenspitze glaubte man zu erkennen, wenn er mal wieder eines seiner Märchen erzählte.

Eines Nachts, schlich er aus dem Heim und kehrte nie wieder zurück und genoss von da an, sein Leben in Freiheit. Ab und zu hatte er mal eine Begleitung, welche ebenfalls aus einem Heim oder von zu Hause weggelaufen war. Die meiste Zeit verbrachte er aber allein.

Karli hatte eine Schwäche: Faulheit! Er war wirklich faul. Fürchterlich faul. Stinkefaul!

Den ganzen Vormittag lag er im Gras, kaute auf einem Halm und schaukelte mit seinen übereinander geschlagenen Füßen. Er war sogar oft zu faul, sich Essen zu besorgen.

Er raffte sich dann doch irgendwann mal auf, gähnte wie ein alter Maulesel, streckte seine Glieder und machte laute Anstalten. Dann schlich er sich irgendwo heran und stibitze etwas Essbares. Einmal saß der strenge und angesehene Bürgermeister eines Ortes mit einer deutlich jüngeren Dame beim Picknick auf einer Wiese.

Der Bürgermeister sah sie lange hypnotisierend-lächelnd an, bis sie sich lange küssten und mit geschlossenen Augen, verliebt, ihre Nasen aneinander rieben. Karli schlich sich an die beiden heran, streckte sich, hob seinen Arm über das gnädige Fräulein - sie hätte eigentlich seinen Atem im Nacken spüren müssen - beinahe Stirn an Stirn mit dem

Herrn Bürgermeister und nahm sich einiges von ihren gut gefüllten Tellern.

Aber er nahm nicht alles! Schließlich wollte er ihnen ja nicht das Prandium, also das Frühstück im Freien, verderben.

Während er weglief, aß er immer schon soviel auf, wie er konnte. Für den Fall, dass er mal geschnappt würde, hätte er wenigstens etwas im Magen und die Tracht Prügel, die er dann bekäme, wäre nicht ganz umsonst gewesen.

Er flitzte einige hundert Meter und warf sich ins hohe Gras. So war er in Sicherheit.

Er faltete seine Hände, betete brav, entschuldigte sich beim lieben Gott für den Diebstahl und dass alles gut gegangen war.

Der Sommer hatte seinen Höhepunkt erreicht und Karli stand eines Tages, so hörte man jedenfalls über ihn, vor dem Haus seiner reichen Tante.

Er wollte schon anklopfen, da sei just in dem Augenblick ein Goldgräber vorbeigetrabt, auf einem alten Gaul, mit noch älterem Pferdewagen.

Nach Gold graben ... das klang nach Abenteuern! Aber die Äpfel von der Tante, die so groß waren wie Kochtöpfe ... das klang auch nicht übel. Hungern hätte er jedenfalls nicht müssen. Und so oft Essen stehlen, auch nicht, denn die Tante hatte ja viel Geld. Und ständig dem lieben Gott zu versprechen, nicht mehr zu klauen, wo er doch genau wusste, dass er das nicht einhalten konnte, gefiel ihm auch nicht so gut.

Also, Goldgraben oder unter die Fittiche der reichen Tante? Nun, man erzählte sich, dass Karli sich einen der besagten Äpfel unter den Arm genommen hatte und dem lahmen Pferdewagen nachlief, bis nach Amerika.

Leider habe dort niemand diesen riesigen Apfel je gesehen, denn Karli hatte ihn ja schon unterwegs aufgegessen.

ENDE

Der Vogel Pfiffikus

Ein Vogel namens Pfiffikus,

der fuhr mal mit dem Omnibus.

Er fuhr dann bis zur Endstation

Dort wartete sein Vater schon.

"Wo warst Du nur so lange?

Mir war schon Angst und Bange.

Bist Du immer noch kein Flattermann?

Wann fängst Du denn zu fliegen an?"

"Ach, Vater! Fliegen kann ich längst!

Und viel besser, als Du denkst.

Von morgens spät - bis abends früh,

spare ich mir ganz viel Müh`.

Ich fahre Bus und Eisenbahn

und spare ganz viel Kraft sodann"

"Sohn, Kraft einsparen ist nicht gut,

Du musst tun, was Vogel tut!

Kraft zurückbehalten, glaube mir,

vermehrt sich nicht, sie schadet Dir!

Glaub Deinem alten Vogelvater!

Bleib´ in Schwung, sonst lacht der Kater

ENDE

Narr oder König

Es war einmal ein König, der nicht lachen konnte. Er war mit den Jahren so griesgrämig geworden, dass er irgendwann nicht mehr lachen konnte. Egal was er auch versuchte, nichts brachte ihm ein Lächeln auf sein Gesicht. Seine Frau, die Königin, verpflichtete allerlei Leute, um ihn täglich aufzuheitern. Doch auch seine wunderschöne Tochter konnte noch so sehr strahlen wie der hellste und erfüllendste Strahl der Morgensonne, er verzog keine Miene.

Er war unheilbar verbittert. Sein Volk hatte große Angst vor ihm und war daher sehr gehorsam. Seine Urteile waren gnadenlos, sogar bei Eierdieben und Mundräubern sprach König Vaclav die höchstmögliche Strafe aus. So wurde es recht friedlich, wenn auch ängstlich im Dorf.

Kein Berufsräuber oder Gelegenheitsdieb traute sich mehr ein krummes Ding zu drehen.

Oft gab es monatelang keinen einzigen Zwischenfall. König Vaclav war zufrieden. Er sah es mit der Zeit als seine Aufgabe an, als Gottesfürchtiger dafür zu sorgen, dass alle friedlich miteinander lebten. Und vor allem wollte er sich auf keinen Fall aufregen müssen.

Wenn er wieder mal nicht einschlafen konnte und ganz alleine vor dem leeren Hoffenster stand und demütig zu den Sternen hinaufsah, fragte er sich: "Was soll ich denn noch tun, damit ich wieder lachen kann? Ich habe mit harter Hand dafür gesorgt, dass Frieden im Dorf herrscht. Und wehe einer fehlt sonntags in der Kirche, der kommt für zwei Wochen in den Hungerturm bei Wasser und Küchenabfällen! Nun schenk mir doch bitte, O Herr, mein Lachen zurück!". Er schlurfte betrübt ins Schlafzimmer, wo schon seine Frau, die Königin, mit einer Taubenfeder auf ihn wartete, um ihn durchzukitzeln. So sollte er gut gelaunt einschlafen und möglichst heiter aufwachen. Doch es half alles nichts.

An einem späten Morgen, der König saß auf seinem Thron, kamen wie gewohnt allerlei Gaukler, Tänzer, Narren und Witzerzähler. Inzwischen war an diesem Tag schon der dritte Gaukler an der Reihe.

"Ach, das bringt doch alles nichts! Sie geben sich alle zu wenig Mühe. Ich werde sie allesamt in den Hungerturm werfen!"

Alle erstarrten vor Schreck. Der Hofnarr beriet eilig den König und flüsterte ihm zu: "Eure Majestät, vielleicht ist der Anreiz zu niedrig, ein paar Taler sind zu wenig, für eine solch schwere Aufgabe, Euch wieder zum Lachen zu bringen. Ich habe einen Vorschlag!"

Der König hörte mit mürrischer Miene geduldig zu und alsbald entspannten sich seine Gesichtszüge und er sprach: "Wer es schafft, mich zum Lachen zu bringen, der darf meine Tochter heiraten und wird König!"

Alle jubelten, wenn auch vorsichtig, um den König nicht zu verärgern, weil sie sich freuten, wenn ein neuer seinen Platz einnähme.

Der Hofnarr nickte zustimmend und zufrieden, was sich schon wenige Sekunden später änderte.

"Aber", so drohte er voller Zorn, "wer es nicht schafft und hier meine Zeit vergeudet, der kommt für 3 Monate in den Hungerturm bei Wasser, Brot und Küchenabfällen!"

"Ouuuuhhh", raunten die Gaukler voller Furcht und es verließen einige rückwärts den Saal, andere versuchten sofort ihr Glück. Im ganzen Land wurde die Nachricht verbreitet, dass der Mann König wird, der König Vaclav zum Lachen bringt. Und nicht wenige landeten im berühmten und berüchtigten Hungerturm, in dem es langsam sehr gesellig und eng wurde.

Es versuchten dennoch immer wieder die besten Witzerzähler und Gaukler sowie allerlei tollkühne Herren ihr Glück und scheiterten.

Eines Tages trat ein junger Barde vor den König. Er musterte den König von Kopf bis Fuß und konnte sich das Grinsen kaum verkneifen und schmunzelte, kicherte und fing an zu lachen und hörte gar nicht mehr auf.

Der König war irritiert. Wer wagte es, in seiner Gegenwart von Herzen aufrichtig zu lachen? Sonst standen sie doch allesamt voller Furcht vor ihm?

"Was ist so lustig?", fragte der König. Doch der Barde konnte kaum antworten, so sehr lachte er. "Sie, Eure Durchgeschlaucht! Sie sind so lustig!"

König Vaclav war verwirrt: "Versteh ich nicht!", sagte er und sah seinen Hofnarr fragend an. Dieser nickte gekünstelt zustimmend, aus Sorge, dass der Barde der nächste im Hungerturm wäre.

"Ich werde Euch zeigen, warum ich Euch so lustig finde", sagte der Barde ohne Scheu. Das beeindruckte den König und er fragte: "Wie heißt Du?"

Der Barde verneigte sich: "Meister Otto, Eure Majonäs!"

Der König runzelte die Stirn: "Na dann mal los, ich warte. Bring mich zum Lachen. Aber wehe!", drohte er, "Du weißt, was Dir sonst blüht! Ich hoffe, du hast noch gefrühstückt."

Meister Otto nickte: "Das weiß ich, Eure Ausgefaucht!" Und der Barde erklärte, was für seine Aufgabe, König Vaclav zum Lachen zu bringen, notwendig sei.

"Als Erstes müssen Eure wohlgeborene Torheit aufstehen und sich die Narrenkleidung anlegen. Ich bin mir sicher, sie passt ausgezeichnet."

Der König war unzufrieden und fragte, ob es denn wirklich nötig sei, dieses Kostüm anzuziehen.

Der Barde beruhigte ihn: "Aber Euer Sturheit, ich bitte Euch! Ihr wollt doch sicherlich endlich erfahren, was ich so lustig an Euch finde!

Daher bitte ich, dass Euer blau Gesessenes sich aus dem Throne erhebt. Ich kann nur Erfolg haben, wenn Euer Unverfrorenheit bereit ist, mitzumachen!"

Der König willigte ein. Und so saß der Barde auf dem Thron und König Vaclav stand da, in echter Hofnarrenkleidung, auf dem Kopf eine alberne Narrenkappe mit Glöckchen dran und sollte nun den Hofnarren spielen.

Der Barde schwärmte mit übertriebener Verzückung: "Ach, Herr König, wie euch die Narrenkleidung passt! Sie sitzt ausgezeichnet. Wie für euch

gemacht. Es gibt sicher keinen Zweiten auf der Welt, dem sie so gut steht!"

Der König war etwas verlegen, fast wäre ihm ein Lächeln über sein Gesicht gehuscht, bis er genauer über die Worte nachdachte und sich umsah.

Keiner traute dem Anblick so recht und alle hatten großen Bammel, lachen zu müssen. Dennoch konnten sie nicht anders, als voller Spannung zuzusehen.

Anfangs kam sich König Vaclav noch etwas unpassend in dieser Rolle vor. Die Dienerschaft auf dem Hof starrte ohne Pause und voller Unbehagen, was wohl gleich passieren würde. Gleichermaßen staunten sie auch, was der Barde mit Leichtigkeit aus dem König, vor dem alle Angst hatten, gemacht hatte. Eine Witzfigur! Sie erwarteten, dass König Vaclav bemerkte, dass er sich zum Narren machte, doch Vaclav gewann Gefallen an seiner Rolle und er lief auch schon ebenso ungeschickt herum, wie der echte Hofnarr, schlug Purzelbäume, wackelte mit dem Kopf, dass die Glöckchen an der Narrenmütze klingelten, hüpfte auf einem Bein und man glaubte, den Anflug eines Lächelns in seinem Gesicht zu sehen.

"Ach, ist das schön, wieder so herrlich rumalbern zu können wie ein Kind!", jauchzte er. Vaclav fand es auch urkomisch, den falschen König ein wenig zu kitzeln, um ihn aufzuheitern. Doch Meister Otto machte seine Rolle als König Vaclav hervorragend. Er mimte den strengen König und schimpfte, meckerte und urteilte über alles. Als er ein herrliches Stück Erdbeertorte gereicht bekam, rief er streng, die Erdbeeren seien ihm zu rot, er wollte gerne blaue Erdbeeren haben. Doch die gab es nicht. Der falsche König tobte, der Koch solle für 6 Monate in den Hungerturm bei Wasser und Brot. Der echte König amüsierte sich und schlug einen Purzelbaum vor Freude, wie großartig der Barde ihn nachahmen konnte und es blitzte ein Lächeln auf. "Blaue Erdbeeren. Die Erdbeeren zu rot.

Und deshalb 6 Monate Hungerturm!", wiederholte Vaclav belustigt. "Barde, ist das nicht etwas übertrieben?" Und König Vaclav schüttelte sich vor Lachen und der Barde, in der Rolle als König, blieb ganz ernst und sagte trocken: "6 Monate sind wirklich übertrieben.

Ich will milde sein! Er braucht nur zwei mal drei Monate in den Hungerturm!", worauf Vaclav kurz nachrechnete und wieder anfing zu lachen, dass die komplette obere Zahnreihe frei lag, wobei er beim Lachen, zugegebener Maßen, immer etwas dämlich aussah.

Doch er lachte, immer lauter und herzerfrischender und alle klatschten und jubelten: "Hurra, der König lacht wieder!" Ja, und wie schön er lachte. Voller Freude über sich selbst.

Er konnte gar nicht genug bekommen und gar nicht mehr aufhören zu lachen.

Doch das Lachen verging Vaclav bald, als er sein Versprechen einlösen musste. Der Barde jedoch nahm die Krone von seinem Kopf und der König wunderte sich daraufhin enttäuscht: "Was tust Du da, Barde? Die Krone gehört jetzt Dir!"

Doch der Barde schüttelte den Kopf: "Nein, nein! Nur ein Narr wird freiwillig König. Und Euer Hoheit seid der größere Narr von uns Beiden!"

Und so setzte er dem verblüfften König Vaclav, der noch immer das Narrenkostüm trug, die Krone wieder auf. Alle im Saal erstarrten. Wie würde der König nun reagieren? Würde er den Barden hängen lassen oder für Jahre in den Hungerturm sperren?

Doch der König klatschte plötzlich Beifall. "Großartig!", rief er und begann wieder von Herzen zu lachen wie ein kleiner Junge. "Wer hätte gedacht, dass ich einen solchen, klugen Schwiegersohn bekommen würde! Lasst alle aus dem Turm frei! Es wird heute noch Hochzeit gehalten!"

So nahm König Vaclav seine Tochter und den Barden zur Seite, ließ sich feiern, setzte dem Barden die Narrenkappe auf und sagte: "Nur ein Narr würde meine wunderschöne Tochter nicht heiraten!"

Der Barde überlegte nicht lange: "Ja, ich will!" Er warf die Mütze in die tosend klatschende Menge und das junge Paar küsste sich. Als der erste Kuss hinter ihnen lag, sagte ihm die Prinzessin lächelnd ins Ohr: "Keine Sorge mein Prinz, sobald wir geheiratet haben, könnt Ihr die Narrenkappe gleich wieder aufsetzen" und sie lachten und küssten sich - bis ans Ende Ihrer Tage.

ENDE

Opas Gedicht

Mutter betrat mein Zimmer mit bestürzt-traurigem Gesicht: "Opa ist tot!!!"

Ich konnte mit diesem Satz gar nichts anfangen.

Es schien mir ziemlich unwirklich. Denn in meinem Kopf sah ich meinen lieben Opa ganz lebendig und fröhlich in seinem Garten arbeiten; ein klarer Mittag, die Sonne schien vom Himmel, welcher die gleiche Farbe hatte, wie seine Augen; er trug seinen Gartenschlapphut auf dem Kopf, links eine leere Gießkanne, rechts ein Sträußchen gepflückter Blumen für Oma und sein liebenswertes Schmunzeln auf den Lippen.

Eine Woche später saßen wir im Zug. Die Beerdigung stand an und wir wollten noch einige Tage länger bleiben, um nicht gleich nach Opa's Beisetzung abzureisen.

Ich war nachdenklich. Meiner Mutter sah man nicht so genau an, was sie dachte.

Die Aussicht und Landschaft war abwechslungsreich, so dass die Fahrtzeit doch schneller verging, als ich befürchtet hatte. Mutter und ich sprachen nicht viel, aber wenn, versuchten wir uns ein wenig zu trösten.

Das Upland ist eine raue Gegend. Im Winter hart und unerbittlich.

Was hier wächst und groß wird, das haut so schnell nichts um.

Als wir aus dem Zug in die Schneekälte stiegen, sahen wir Onkel Peter der schon auf uns wartete, um uns abzuholen. Die Wipfel der Bäume lagen im Nebel und nur schemenhaft konnte ich unterwegs die Ski-Sprungschanze sehen.

Vor dem Haus nahm uns Oma in Empfang, zerrissen, zwischen Freude und Trauer.

Das Haus hatte immer noch seinen eigenen angenehmen Geruch.

Was genau diesen Duft hervorrief, konnte ich mir nie erklären. Ich sog ihn tief ein.

Die Beerdigung war traurig, herzlich und sehr respektvoll. Meine Verwandten weinten. Oh ja und wie fürchterlich traurig sie waren!

Da war ich umso erleichterter, dass ich bei Oma im Haus geblieben war.

2 Tage später, ein paar Verwandte saßen mit Oma im Wohnzimmer, stöberte ich respektvoll im Haus herum. Ich sah in Schubladen hinein, auf seinem Schreibtisch lagen einige interessante Sachen und immer näher rückten die Kindheitserinnerungen heran.

Ich hielt Großvaters Pfeife in der Hand, öffnete seine Tabakdose aus Keramik und steckte meine Nase hinein. Ich sah Opas reparierte Fliegenklatsche, welche ich als Kind durch zu wuchtiges Schlagen kaputt gemacht hatte. "Dass er die noch hat!", staunte ich amüsiert.

Dann hielt ich ein in Leder gebundenes Buch in der Hand, zog die Buchmitte an meine Nase und roch daran.

Ich schlug die erste Seite auf und sah sofort, dass es Opas Handschrift war. Ich strich mit meinen Fingern über die schöne Schreibschrift, als hätte ich die Worte fühlen können und begann zu lesen. Ich war überrascht, nein, ich war ergriffen, was mein Großvater dort schrieb:

Der Tod an sich überrascht nur kaum,

ein Jeder nimmt mal seinen Hut.

Wir sind Früchte bloß Baum

und verdrängen es nur gut.

Drum liest Du heut' die Zeilen mein,

bedenke stets und immerzu,

es kommt auch mal das Ende Dein

und Du gehst zur langen Ruh.

Nun hältst Du heut' dies' Buch traurig;

einer geht immer voran; heute ich!

Dein Großvater

ENDE

Tinas Geburtstag

Tinas zwölfter Geburtstag stand an und sollte groß gefeiert werden.

Zusammen mit ihrer Mutter hatte sie noch Tage zuvor selbst geschriebene, hübsche Einladungskarten verschickt.

Ihre zwei Freunde, Tim und Anna und deren Eltern, kamen mit so vielen tollen Geschenken, sie wusste vor Rührung kaum, was sie sagen sollte.

Tims Mutter kam mit einer hübschen Blechdose voller leckerer Plätzchen und einem großen Glas Lavendelhonig, den sie im letzten Herbst selbst eingelegt hatte. Tim schenkte ihr eine kleine alte Spieluhr mit einer romantischen Melodie. Anna schenkte ihr ein selbst genähtes Kopfkissen. Darauf, in einem Herzen, Tinas Name eingenäht.

In Wahrheit war es jedoch Tims Geschenk. Er mochte Tina nämlich mehr, als er zugeben wollte. Nur Anna wusste davon. So tauschten sie einfach kurzerhand ihre Geschenke. Doch Tims gerötete Wangen hatten ihn womöglich längst verraten. Tina lächelte nämlich so geheimnisvoll.

An diesem Septembergeburtstagsnachmittag aßen die drei Kinder gemeinsam die herrlichen Plätzchen und erzählten sich viel und lachten heiter. Bald schlug Anna vor, Verstecken zu spielen. Der Ort war auch schnell gefunden: in der alten, großen Villa, die verlassen am Waldrand stand, gar nicht so weit von Tinas Haus entfernt.

So richtig wohl war ihnen nicht dabei, in dieses alte Gebäude zu steigen. Doch gerade das machte seinen Reiz aus, dort zu spielen. Sie stiegen durch ein kaputtes Fenster ein und schauten sich um. Es war sogar noch zum Teil möbliert. Die Familie solle vor Jahren wohl sehr eilig ausgezogen und ins Ausland gezogen sein, meinte Tim. Doch warum, konnten sich die drei nicht erklären.

Jedenfalls war es wunderbar zum Versteckspielen. Es gab lange Flure und viele Zimmer und vom Schützenfest kam laute Musik herüber. So konnte man nicht jeden Schritt und Mucks des anderen hören.

Es machte das Versteckspielen viel spannender und schwieriger.

Tim drückte Tina einen Bonbon in die Hand und lächelte. Tina lächelte zurück.

Ihr Augenaufschlag machte Tim ganz verlegen. Damit sie es ihm nicht ansah, drehte er sich schnell zur Wand, hielt sich die Hände vor den Augen und begann zu zählen.

Die beiden Mädchen flitzten in verschiedene Richtungen.

Sie hatten viel Zeit, schließlich zählte Tim laut bis 100.

Anna hatte sich in einem der Schlafzimmer unter dem Bett versteckt und überlegte noch, ob sie sich nicht doch noch schnell ein anderes Versteck suchen sollte, denn es war doch etwas staubiger unter dem Bett, als sie vermutet hatte.

Tina stieg die Treppen hinauf, bis auf den Dachboden. Sie sah sich um und ihr fiel sofort der massive Holzschrank auf, mit seinen großen, breiten und schweren Schubladen, wovon eine bereits leicht geöffnet war. "Darin findet mich keiner!", dachte sie noch und lächelte siegessicher! Sie zog leise und mit viel Kraft die schwere, untere Schublade auf, legte sich hinein und ruckelte so lange hin und her, bis die Schublade fast geschlossen war. Als sie glaubte, jemanden zu hören, ruckelte sie vorsichtshalber noch mal.

Tim suchte instinktiv unter dem Bett und hatte Anna somit auch gleich schon gefunden.

Anna schmollte: "Oh, ne! Warum guckst du auch gleich unters Bett?"

Darauf Tim: "Und warum suchst du dir nicht mal ein anderes Versteck?"

"Hab ich doch!" Beide lachten. Dann suchten sie gemeinsam nach Tina.

Sie kamen die lange Treppe zum Dachboden hinauf, stießen vorsichtig die Türe auf und standen auch schon gemeinsam neben dem Schrank, wo Tina war. Sie blieb ganz leise, wurde es in der Schublade auch ziemlich schnell sehr stickig. Also länger als zwei Minuten würde sie es darin nicht aushalten, dafür war die Lade zu dicht verschlossen und zu wenig Luft darin. Deshalb musste sie aufpassen, dass man ihr inzwischen schon leises Hecheln nicht hörte. Außerdem war es rabenfinster in der Schublade. Sie wollte aber die Spannung vollends auf die Spitze treiben. Mit dem Bonbon im Mund und dem Papierchen zwischen den Fingern reibend, dachte sie an Tim und ihr Herzchen klopfte schneller.

Während es in der Schublade ziemlich schnell immer wärmer und stickiger wurde, dachte sie erneut vorfreudig: "Hier findet mich niemand!"

Anna und Tim standen noch mit dem Rücken zur Schublade und sahen sich um.

Dann rannten sie eilig die Treppen zu den unteren Etagen hinab. Sie suchten eifrig, doch Tina war nicht zu finden. Sie waren verwundert und machten sich inzwischen Sorgen. Dann hörten sie die laute Musik des Schützenfests und begannen erleichtert zu lachen. Tim sagte aufgeregt: "Tina ist ganz sicher aufs Fest gegangen! Komm, die haben wir gleich!", und schon rannten sie zum Fest und suchten sie. Anna vermutete: "Sie ist bestimmt beim Süßigkeitenstand! Du kennst sie doch!" Tim erwiderte: "Oder am Würstchenstand!"

So liefen Sie einer Vermutung der anderen nach. Doch Tina war nicht zu finden. Es war schon eine knappe Stunde vergangen, da trafen die Kinder erneut in der Villa ein.

Tim rief als erster nach dem Mädchen: "Tina, wenn Du da bist, komm bitte raus. Du hast gewonnen" Anna forderte mit einer Mischung aus Wut und Sorge in der Stimme: "Der Spaß ist jetzt wirklich vorbei, komm jetzt endlich raus!"

Tim kam ein Einfall und legte zuversichtlich seine Hand auf Annas Schulter:

"Vielleicht ist sie nach Hause gegangen als wir sie auf dem Fest gesucht hatten! Lass uns zu ihr gehen. Sie ist bestimmt zu Hause und lacht uns gleich aus, wenn wir kommen!"

Es war schon später Abend geworden, da saßen Tim und Anna besorgt in Tinas Wohnzimmer und Anna wischte sich Tränen aus ihrem angespannten Gesicht. Auch Tim war verzweifelt und fassungslos. "Wo steckt sie bloß?", fragten sie sich immer wieder.

Ihre Eltern suchten währenddessen auf dem Schützenfest und fragten jeden, den sie kannten. Doch niemand hatte das Geburtstagskind gesehen.

"Vielleicht ist ihr etwas in der alten Villa passiert?", stieß Tinas Mutter aus.

"Ach, was soll denn da passiert sein? Das hätten die Kinder doch bemerkt!", erwiderte Tinas Vater. Aber das beruhigte die Mutter nicht.

Und so gingen die Eltern mit Taschenlampen ins alte Gebäude, riefen nach ihr und durchsuchten jeden Raum, sahen unters Bett, sogar in die großen, alten Kleiderschränke! Doch Tina war nicht zu finden. „Vielleicht ist sie schon zu Hause und wir suchen hier und machen uns verrückt!“, brummte der Vater.

Schnell liefen sie zurück nach Hause, doch Tina war nicht, wie erhofft, Heim gekehrt.

Nur Tim und Anna saßen verweint im Wohnzimmer.

Tina hatte Recht: In der großen Schublade, welche man nur von außen wieder öffnen kann, da findet sie niemand.

ENDE

Ein gutes Herz

Ein kleines Mädchen namens Nadjinka fieberte und war sehr krank.

Ihre Mutter holte eine Schale kaltes Wasser und drückte den Lappen etwas aus.

„Du weinst ja Mami“, sprach es besorgt und schwach.

„Nein, nein! Ich habe eben bloß Zwiebeln geschnitten, Schätzchen"

„Werde ich sterben Mami?“

„Aber nein, mein Kind!“ Liebevoll tupfte sie ihrer Nadjinka die Schweißperlen von der Stirn.

„Also haben wir noch Zeit, nicht wahr Mami?"

„Aber ja, mein Liebes! Ganz viel Zeit haben wir!“

„Dann erzähle mir doch bitte eine Geschichte, ja? Aber eine Besondere! Eine, die Mütter eigentlich nicht ihren Kindern erzählen, hörst Du?“

Ihre Mutter setzte sich näher zu ihr und ihre Tochter schmiegte sich in ihre Arme.

Sie streichelte Nadjinkas Gesicht, wischte sich selbst die letzten Tränen von ihren Wangen und begann zu erzählen:

„Die Sonne brütete heiß über den goldenen Feldern von Bühl. Sie stand hoch oben und brannte an diesem Tag, wie Feuer auf der Haut. Jede Arbeit war beschwerlich.

Mariusz, ein junger Knecht, arbeitete wie ein Pferd für einen Hungerlohn bei einem Bauern.

Es gab viel zu tun und es gab nicht viele Dinge, die das Leben eines Knechtes hätten erleichtern können.

Mariusz war sehr arm, aber gut im Herzen.

Der Bauer vertröstete ihn schon seit vielen Tagen, dass er ihm seinen Lohn ganz sicher bald auszahlen werde. Als Mariusz eine kleine Pause nahm, um den Bauern wieder mal auf seinen noch ausstehenden Lohn anzusprechen, wurde der Bauer nicht nur unverschämt und ungerecht, sondern wurde auch noch regelrecht wütend und warf ihn mit beiden Händen aus seiner Stube. Mariusz landete vor der Tür auf allen Vieren im Schmutz.

„Und lass Dich hier nicht mehr blicken!“, rief ihm der Bauer hinterher.

„Wenn Sie mir mein Geld nicht auszahlen wollen, so geben Sie mir doch wenigstens ein Brot und ein paar Kartoffeln!“

„Nein, das hast Du Dir jetzt verscherzt. Verschwinde und wage Dich ja nicht noch mal wiederzukommen!!!“

So ging Mariusz, gebeutelt und gedemütigt.

Er lief schon eine Weile in Gedanken versunken, bis ihn ein dichter Wald umgab. Dieser spendete wenigstens etwas Schatten und Schutz vor der glühenden Sonne.

Er setzte sich, noch von der Arbeit und auch von seinem Wege erschöpft, auf einen Baumstumpf und wischte sich mit seinem hochgekrempelten Hemdärmel, den Schweiß von seinem Gesicht.

Die Erschöpfung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Doch schon wenige Minuten später, ging er weiter, bis ihm auf einem kleinen Pfad ein ärmlich aussehender alter Mann entgegenkam.

„Na mein Sohn“, begrüßte ihn dieser, “wohin des Weges?“

„Tja“, seufzte Mariusz, „ich wollte mein Glück in der Stadt versuchen."

„Dein Glück in der Stadt versuchen? So, so…!“

„Und Ihr, lieber Alter? Ist Euer Weg nicht beschwerlich, ohne Schuhwerk?“

„O ja, sehr beschwerlich! Und ich habe noch einen weiten Weg vor mir!“

„Hier, ich gebe Euch meine Schuhe. Meine Füße sind noch jung und ich schaffe meinen weiten Weg auch noch ohne!“

„Danke, Du hast ein gutes Herz mein Sohn. Du wirst es nicht bereuen! Hör mein Sohn: Wann immer Du Dir etwas ganz fest wünschst, wird es schon bald in Erfüllung gehen!“

„Danke, Alterchen, aber ich gebe Euch gerne meine Schuhe!“

Und Mariusz setzte sich rasch auf den Boden und zog sein Schuhkleid aus.

Doch kaum sah er wieder auf, bemerkte er, dass der alte Mann verschwunden war.

„Alterchen, wo seid Ihr?“

Er hatte sich wohl förmlich in Luft aufgelöst. Mariusz sah noch hinter einigen Büschen nach und kratzte sich verwundert am Kopf.

„Mama, im Märchen ist alles möglich!“

„Ja, Nadjinka!“, sagte ihre Mutter und streichelte ihr liebevoll durchs Haar.

„Hat er den alten Mann gefunden? Erzähle bitte weiter!“

Ihre Mutter lächelte vor Glück, dass sie ihr Kind von dessen schweren Krankheit hatte ablenken können und begann weiter zu erzählen: „Mariusz glaubte aufgrund seines Hungers zu phantasieren. Er schüttelte ungläubig den Kopf und ging bald weiter. Er schaute aber noch mehrmals zurück, ob der arme, alte Mann vielleicht doch wieder auftauchte. Doch der alte Mann blieb verschwunden.

Mariusz ging also weiter über Stock und Stein, Äste und Gebüsch, quer durch den Wald, was ihn viel Kraft erforderte. Zudem schwächten ihn sein Hunger und Durst zusehens. Er wünschte sich so sehr, seinen Hunger und Durst stillen zu können. Ihm war schon ganz flau im Magen, da sagte er leise zu sich: „Ich wünschte, ich würde endlich etwas zum Essen haben. Und sei es auch nur ein Kanten Brot."

Plötzlich, er traute seinen Augen kaum, stand auf einem großen Baumstumpf ein großer Weidenkorb, aus dem lauter Leckereien förmlich herausquollen.

Ungläubig und vorsichtig sah er sich links und rechts um, ging langsam auf den Korb zu und staunte, welche Leckereien da vor ihm lagen: knackige Äpfel, ein großes Stück saftiger geräucherter Schinken aus dem Schwarzwald, ein großer Krug kühles Wasser, ein Laib frisches Brot und würzig duftender Käse sowie mehrere Handvoll herrliche Trauben.

Ihm lief das Wasser im Munde zusammen. Doch er wollte niemandem etwas wegessen oder gar stehlen. „Dieser Korb“, so sagte er sich, „gehört mir nicht!“

So schwer es ihm fiel, sein Gewissen siegte und er rührte den Korb nicht an. Und so ging er weiter. Doch schon nach wenigen Schritten, glaubte Mariusz zu träumen und rieb sich erneut die Augen. Denn nur wenige Meter weiter standen zwei weitere solcher Körbe.

Doch erneut dachte er sich: „Diese Körbe gehören mir nicht!“ und ging hungrig seinen Weg. Doch schon kurz darauf sah er, wohin er auch schaute, viele dieser prall gefüllten Körbe um sich.

Er wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht und beschloss ehrlich: „Wo die Natur so großzügig gibt und genug für alle da ist, da wird auch etwas für mich dabei sein und ich werde daher ganz sicher niemandem etwas wegnehmen, wo doch so reichlich da ist."

Während er aus einem der vielen umherstehenden Körbe etwas nahm, fragte er sich: „Womit habe ich dies bloß verdient?“ und dachte an die Worte des alten Mannes:

„Wann immer Du Dir etwas ganz fest wünschst, wird es schon bald in Erfüllung gehen!“

Er schnitt sich eine Scheibe vom herrlichen Schinken ab und genoss, dass sich sein Magen füllte. „Also wenn ich mir etwas ganz fest wünsche, dann wird es in Erfüllung gehen? Ach, das wäre ja zu schön, um wahr zu sein!"

Die Abendsonne warf kühle Schatten und er schlief ein.

Und schon am nächsten Morgen war er wieder unterwegs und ließ die ganzen Körbe für andere stehen. Er packte sich nur etwas Brot, Käse und Schinken in die Tasche und nahm ein paar Trauben in die Hand. Fröhlich und gestärkt, legte er an diesem Nachmittage einen langen Waldmarsch hinter sich, bis er einem alten Kräuterweiblein an einem Bach begegnete.

Sie hatte es schwer, das Bächlein zu überqueren.

„Ach, mit dem Altwerden ist es so ein Leid!“, klagte sie.

„Kommt liebe Alte, ich helfe Euch!“

Er griff ihr beherzt unter den Arm und half ihr übers Wasser. „Danke Dir mein Sohn!“

„Aber liebe Alte, ich half Euch doch gerne!"

Und das eben noch alte Weib, nahm das Kopftuch ab und leuchtend blondes Haar fiel auf ihre Schultern.

Ihre Augen funkelten wie zwei Diamanten und ihre Haut war jung, schön und glänzte gesund in der Mittagssonne.

Mariusz setzte sich, beeindruckt und leicht benommen von ihrer Schönheit, auf einen Baumstumpf, ohne seinen Blick von ihr ablassen zu können und rieb sich die Augen.

Er konnte nicht anders und ging auf sie zu und griff nach ihren zarten, samtweichen Händen, um zu fühlen ob dieser prachtvolle Augenstern wirklich echt war oder ob er nur träumte.

Ihr Gesicht war so jung und wunderschön. Sie lächelte ihn an, er lächelte zurück! Er dachte wieder an die Worte des alten Mannes: „Wann immer Du Dir etwas ganz fest wünschst, wird es schon bald in Erfüllung gehen!“

„Aber ich habe doch gar keinen Wunsch ausgesprochen!", überlegte er vor sich hin.

Da sagte sie: „Du hast es zwar nicht ausgesprochen, lieber Mariusz, aber Dein Herz hat es gesagt!

Und ein gutes Herz, wird immer erhört!“

„Nadjinka?“, flüsterte die Mutter und erfühlte eine gesunde Temperatur auf der Stirn des Mädchens. Ein zufriedenes Lächeln machte sich auf ihren Lippen breit. Sie streichelte ihr zärtlich die Wange und sagte leise: „Ja Nadjinka, ein gutes Herz wird immer erhört!"

ENDE

Mimi und das Mondmännchen

Die Nacht liegt ruhig wie Blei, auf dem kleinen Dörfchen Bollerlund. Groß und mächtig schwebt der fast weiß leuchtende Mond am Himmel.

Es ist so still, dass sich auf den Wiesen die Igel kaum trauen über das knisternde Laub zu laufen um keinen Krach zu machen.

Das ganze Dorf schläft. Das heißt fast alle! Alle außer Mimi!

Mimi, die eigentlich Rosalinda heißt, liegt noch immer wach in ihrem Bett und wartet auf den Schlaf. Doch heute will sich der Schlaf scheinbar nicht einstellen.

Mimi wälzt sich schon mindestens 100-mal herum.

Mal nach links, mal nach rechts. Stets begleitet vom Knirschen ihres alten Holzbettes. Es ist rundherum mit kleinen bunten Blumen verziert. Das sieht sie aufgrund des Mondlichts im Spiegel gegenüber. Und da wird ihr wieder bewusst, wie hellwach sie doch noch ist und dass es wohl wenig Sinn macht, wenn sie sich weiterhin in den Schlaf quält. „Dann halt nicht“, seufzt sie enttäuscht. Sie steigt aus dem Bett, macht ihre kleine Öl-Lampe an und liest ein spannendes Gruselbuch weiter, genau an der Stelle, wo sie noch am frühen Abend aufgehört hatte zu lesen.

Das Buch ist so spannend, dass Mimi beim Lesen oft die Augen weit aufreißt und man sie aufschrecken hört.

Ob das so eine gute Idee war dieses Buch aus Opa Jackis Büchersammlung zu mopsen? Trotzdem macht es ihr Spaß durch das Lesen kleine Gänsehautschauer auszulösen und immer wieder zu spüren, wie sie wieder nachlassen. Sie ist so gespannt auf das Ende, dass sie es vor lauter Neugierde einfach nicht mehr aushält und die letzte Seite aufschlägt. Sie tupft sich ein kleines Schweißperlchen von der Stirn und legt es angeregt beiseite. Jetzt wo sie das Ende schon kennt, will sie die ungelesenen 100 Seiten auch nicht mehr lesen.

Wozu auch? Sie weiß doch jetzt wer das Ungeheuer ist.

Also darauf wäre ich nie gekommen. Wer konnte das auch ahnen? Blödes Buch. Mensch, jetzt muss ich aber echt einschlafen. Morgen will ich mich doch mit Kucki und Renata treffen. Ich brauche den Schlaf, sonst bin ich doch den ganzen Tag über so hundemüde!

Sie pustet ihre Lampe aus und schon scheint das himmlische Mondlicht in ihr Zimmer.

Wie schön doch der Mond ist, aber ich muss jetzt wirklich schlafen. Ich versuche es noch einmal.

So dreht sie sich auf die Seite und kneift feste ihre Augen zu und redet sich ein, sie wäre längst tief und fest am schlafen.

Sie liegt und liegt, pustet gelangweilt, bis sie sich erneut im Bett aufrichtet und mit leichter Verzweiflung überlegt, was sie jetzt bloß tun soll. Morgen ist doch ein großer Tag.

Ach es ist hoffnungslos! Ich kann einfach nicht einschlafen.

Sie wirft sich enttäuscht in ihr Bett zurück und schaut erbost den freundlich lächelnden Mond an und sagt:

Nicht mal du kannst mir helfen! Von wegen mächtiger Mond! Angeblich bist du verantwortlich für Ebbe und Flut aber du bringst es nicht zu Stande, dass ich endlich einschlafen kann. Hallo, Mann im Mond! Wenn du mich hörst, dann hilf mir! Sie schmunzelt ein wenig und seufzt dann: Ach... es ist hoffnungslos!

Husch!!!!!! Ein Sternenschweif!

Überrascht richtet sie sich auf! War da gerade etwas? Verschreckt zieht sie ihre Knie eng an sich.

Wie ein Stern, wie eine kleine Funken sprühende, fliegende Wunderkerze, fällt es vom Himmel bis in Mimis Zimmer. Sie traut ihren Augen kaum.

Durch das geschlossene Fenster, kam es mühelos und machte auf Mimis Bettkante halt. Mimi verlor direkt ihre Angst als sie sah, dass es ein kleines liebdrein schauendes Männlein war, etwa einen Handbreit hoch und einen Männerdaumen dick. "Wer bist du?"

"Ich bin das Mondmännchen. Und was möchtest du von mir?" Das Mädchen weiß gar nicht so recht, was es partout antworten soll und zuckt mit ihren Schultern.

"Na hör mal Mädchen, du bist ja lustig! Du hast mich doch gerufen!"

"Ich?"

"Ja, du! Jetzt bin ich hier! Also, dann mal los!!!"

"Dann mal los? Aber was denn?"

"Los, leg Dich hin", dirigierte es!

Das kleine und überaus zierliche Männlein wirkte so lieb und auch ein wenig lustig auf Grund der betreten hellen Stimme, dass Mimi befolgt was er sagt.

So und nun machst du erst mal die Augen zu, mein Kind.

"Erzählst du mir jetzt eine Geschichte?"

"Natürlich!"

"Warst du schon bei vielen Kindern?"

"Aber ja! Glaub mir, ich habe schon ganz schwierige Fälle gehabt und noch jedes Kind zum Einschlafen gebracht. Kennst du eigentlich den wunderschönen Ort Kastalanien??"

"Nein! Wo ist das?"

"Das ist ganz weit weg, sagte es sanft und winkte mit seiner kleinen Hand ab!"

"Lass Deine Augen geschlossen, dann kannst du es sehen"

"Oh ja… ich sehe es!"

"Gefällt es Dir dort?"

"Ja, sehr, liebes Mondmännchen!"

"Meine liebe Mimi, vor etwa einhundertdreiundfünfzig Jahren, lebte dort ein junges Mädchen namens Juliana. Juliana von Kastalanien. Sie lebte dort mit ihrer Großmutter in einem mit Efeu eingekleideten kleinen Haus mit viel dichtem Wald drumherum.

Juliana war ein ganz besonderes Mädchen. Ihre Oma war eine Hexe und sehr bekannt für ihre Tränke, Tinkturen und Salben. Sie war aber auch für ihre Hellsehereien und der Kunst des Wahrsagens bekannt.

Auch wenn viele ihre Nähe mieden, blieb sie für viele die letzte Rettung.

Denn damals gab es für Kranke nur wenige, wenn gar nur eine Möglichkeit wieder gesund zu werden und das war der Besuch bei einer Hexe. Wer gar nicht aus dem Haus konnte, den besuchte sie gleich vor Ort. Oft nahm sie Juliana mit, um ihr Wissen an sie, also der nächsten Hexen-Generation weiterzugeben.

Der Bauer Josef, ein bärbeißiger Typ und Haudegen, hatte sich beim Holzhacken mit der Axt verletzt und wimmerte nun im Bett wie ein kleiner frierender Hund. Er hatte auch wirklich allen Grund dazu. Seine Wunde war furchtbar anzusehen.

Julianas Großmutter, im Dorf auch, nicht böse gemeint, „die alte Hexe“ genannt, braute gerade ein stechend riechendes Gebräu, welches noch dazu qualmte und laut blubberte.

„So, noch etwas Fliegenpilz“, sagte die alte Hexe und „Juliana, reich mir mal das Wermutkraut rüber!“

„Großmutter, soll ich das Fett für die Salbe noch warm halten?“

„Das geht noch, danke. Schau du nur schön zu wie ich das mache. Du weißt, ich bin schon sehr alt und bis ich nicht mehr da bin, musst du alles gelernt haben"

Sie gab eine klein geschnittene Wurzel und ein paar Tröpfchen Lavendelöl in den Hexenkessel.

Dann puffte, qualmte und zischte es, dass es die reinste Freude war ihr dabei zuzuschauen, wie sie für den verletzten Förster, um den es sehr schlecht stand, eine wirksame Salbe und eine Tinktur zu bereitete.

„So Juliana, geh du schon mal zum Bauer Josef und bereite alles vor. Ich komme gleich. Ich fülle nur noch alles in Gefäße ab"

„Ja, Großmutter, bis gleich"

Sie nahm ihr geheimes Hexenbuch und schrieb ihre neuen und verbesserten Rezepte hinein.

Dieses Hexenbuch, welches Juliana noch nie in den Händen halten durfte, war ein ganz dickes, schweres Buch und Juliana hätte nur zu gern gewusst, was ihre Oma da alles hineinschrieb.

„Der Tag an dem es Dir gehören wird, kommt noch früh genug", sagte sie immer.

Juliana half dem sonst so kräftigen Bauern im Bett aufrecht zu sitzen. Er bemühte sich mit letzter Kraft, denn er wollte dem Mädchen mit seinem elenden Anblick keinen Schrecken einjagen. Das half aber nichts, denn er sah gar nicht gut aus. Die tiefe Wunde schmerzte fürchterlich. Juliana hatte schon viele Kranke und Verletzte gesehen, welche, die sogar noch viel schlimmer dran waren als Bauer Josef.

„Ich werde doch wieder gesund oder?“

„Aber natürlich! Wir brauchen Sie doch!“

„Und wenn ihr mich nicht mehr bräuchtet?“ Zum ersten Mal lächelte er, doch Juliana sah die Angst vor dem Sterben in seinen Augen.

Sie hielt seine Hand tröstend fest und legte ihre kleine Wange darauf. Das beruhigte ihn.

Die alte Hexe kam mit allerlei Töpfchen und Krügen.

Juliana hatte schon alles vorbereitet: frische Tücher und viel heißes Wasser gekocht. Und natürlich dem Bauern beigestanden und Trost gespendet.

„Hast du wirklich ganz toll gemacht!“, lobte die alte Hexe.

Sie reinigte die Wunde, betupfte sie mit einer Tinktur, welche sehr stark brannte, aber der Bauer wollte vor dem Mädchen stark sein. Er wollte nicht, dass es sich Sorgen machte. Sie hielt seine große kräftige Hand, die so rau und stark wie eine Bärentatze war und die Wunde fühlte sich schon bald viel besser an. Sie war nun gereinigt und mit einer besonderen Salbe versorgt und verbunden.

Der Bauer brauchte nicht viel zu sagen, ein Blick von ihm genügte.
Die alte Hexe genoss die Dankbarkeit, die ihr in den Augenblicken, in denen sie half, entgegengebracht wurde.

Schon am darauf folgenden Tag, fühlte sich der Bauer schon viel besser und konnte sogar schon ab und zu wieder aufstehen. Ja, es grenzte an Zauberei.

Und aus Juliana wurde …“

Da unterbrach das Mondmännchen seine Erzählung

und ärgerte sich: „Warum schläfst du denn noch nicht? Das habe ich ja noch nie erlebt! Ich habe bisher noch jedes Kind zum Einschlafen gebracht. So was ist mir ja noch nie passiert!“

Mimi musste lachen, weil das kleine Männchen so niedlich aussah, wenn es sich ärgerte. Sie sagte dennoch entschuldigend „Wie kann ich einschlafen, wenn du mir eine so interessante Geschichte erzählst? Und jetzt muss ich unbedingt wissen, wie es mit Juliana weiterging. Wurde sie eine richtige Hexe?“

„Das werde ich Dir nicht erzählen, wenn du jetzt nicht sofort einschläfst", sagte das Männchen patzig.

Doch es tat ihm jetzt schon leid. Es sagte versöhnlich:

„Natürlich werde ich es Dir erzählen. Ich hoffe aber, dass du danach endlich eingeschlafen bist. Ich werde sie extra ganz langweilig erzählen, damit du ganz müde und schläfrig wirst und du einschläfst.

Mimi schmunzelte und sagte aus Spaß gedehnt „O ja, bitte erzähl weiter, aber ganz langweilig bitte!", und lachte.

Das Männchen ärgerte sich erneut und sah dabei wieder so niedlich aus.

Doch Mimi lachte so süß, dass es nicht lange ernst bleiben konnte und beide lachten leise, damit niemand im Haus wach wurde.

Und das kleine Mondmännchen begann wieder zu erzählen:

„Aus dem kleinen Mädchen Juliana, war inzwischen eine große, anmutige Frau geworden. Und ihr langes dunkelbraunes Haar trug sie bis auf ihre zarten Schulterblätter. Nur ihre wunderschönen Augen, in tiefem Braun, sahen noch genauso gütig und unschuldig aus, wie als sie noch ein kleines Mädchen war.

Doch inzwischen war sie in die Fußstapfen ihrer Großmutter getreten und erbte natürlich auch das dicke Hexenrezeptbuch in dem alles stand, was sie wissen musste.

Eines Tages ritt eine Reiterstaffel, geführt von einem jungen gut aussehenden Mann, rasch, quer durch den Wald über Stock und Stein und suchte das Hexen-Häuschen von Juliana.

Als er eine große, schöne Frau vor einem Brunnen sah, wurde er etwas verlegen und traute sich fast gar nicht von seinem Ross zu steigen und fragte: „Guten Tag schöne Frau! Sagt mir, wo finde ich das Haus der alten Hexe?“

Juliana sah zu ihm auf und der schöne Reiter sah diese tiefbraun funkelnden Augen von Juliana. Und es muss wohl in genau dieser Sekunde gewesen sein, wo sich der Reiter in sie für alle Zeit verliebte!

„Die alte Hexe bin ich", schmunzelte sie.

Der schöne Mann wollte sich nichts anmerken lassen und sagte etwas betrübt: „Es ist wirklich sehr wichtig! Mein Vater, der König, ist sehr krank. Und weder der junge Medikus noch sämtliche Ärzte, konnten ihm bisher helfen. Es geht ihm von Tag zu Tag schlechter. Wenn jetzt nicht ein Wunder geschieht, dann wird er sicherlich den übermorgigen Tag nicht mehr erleben. Also bitte, sagt mir, wo ich die Hexe finde"

„Sie steht direkt vor euch, edler Reiter!“

Ungläubig stieg er von seinem Ross, seine Reiter sahen sich fragend an und schwiegen.

„Ihr seid die Hexe von der jeder spricht? Euer Ruf und eure Erfolge sind äußerst bemerkenswert! Ich mache euch ein Angebot: Wenn ihr es schafft, ihn wieder gesund zu machen, werde ich Euch zur Frau nehmen", und strahlte sie erwartungsfroh an.

Mimi richtete sich plötzlich auf und fragte gespannt, mit großen Augen: "Und??? Hat Juliana ihn geheiratet? Nun sag schon!"

Das kleine Mondmännchen ärgerte sich wieder. "Warum schläfst Du denn noch immer nicht?"

Mimi verzog ihr Gesicht: "Ja, ist ja schon gut!", und legte sich wieder hin.

Und das Mondmännchen erzählte weiter: Juliana stieg auf des Prinzen Pferd und sie ritten los.

Ja, der König sah unheilbar krank aus. Sein Blick war schon in gen Himmel gerichtet, als stünde er schon an der Himmelstüre, um zu klopfen. Juliana tat, viele Tage lang, was sie konnte, schlief wenig, ließ sich von dem Medikus aus dem fernen Arabien, assistieren. So sagte sie mal: "Ein Eimer heißes Wasser!", "Mehr saubere Tücher!" oder forderte streng: "Heb seinen Kopf an!", und der Medikus tat, wie Juliana befahl.

Der Prinz erkundigte sich immer wieder besorgt nach seinem Vater, doch stand er häufig nur im Weg. Und so, schob sie ihn immer wieder, wie eine Gardine beiseite.

Eines Abends, kam der Prinz wieder in des Königs Schlafzimmer. Juliana kam auf ihn zu: "Eurem Vater geht es ganz gut. Ich werde später noch mal nach ihm sehen", da schnappte der Prinz eilig nach ihrer Hand: "Juliana, denkt bitte daran, wenn Ihr ihn wieder gesund bekommt, heirate ich Euch!"

Sie schüttelte den Kopf und schien verärgert: "Wie kann man nur so töricht sein, mein Prinz?! Ihr solltet mich heiraten, weil Ihr mich liebt!"

Er ging sofort auf seine Knie und küsste ihre Hand:

"O, wie sehr ich Euch liebe! Bitte glaubt mir!"

Und der König sprach leise: "Meinen Segen habt Ihr!"

Da sprang der Prinz freudig zum Bett und drückte seine Lippen auf die Hand seines Vaters. Der König strich ihm über die Haare. "Lass mich noch mal Deinen Kopf streichen, mein Sohn!"

"Aber nein, Vater! Was redet Ihr!? Ihr werdet noch lange leben!"

Der König lächelte verschmitzt: "Ja, selbstverständlich, mein Sohn! Natürlich werde ich noch lange leben, aber es wird das letzte Mal sein, dass Du keine Krone aufhast! Denn Du bist ab sofort der König und morgen wird geheiratet!", und er fügte noch, vor Freude strahlend hinzu: "Hiermit seid ihr König und Königin!"

"Moment, Vater!", bat der Prinz: "Nur wenn meine Juliana will und mich von Herzen liebt, so, wie ich sie von ganzem Herzen liebe und verehre!"

Juliana war zu Tränen gerührt: "O ja, das tue ich! Und ja, mein Prinz, ich will! Ich will!", und rannte voller Glück und Liebe in seine Arme und Juliana wurde die gütigste Königin, die das Land je hatte.

Das Mondmännchen strahlte vor Freude: "Ach, war das nicht schön! Stimmt's, Mimi?! Mimi? Huhu, Mimi? Hmmm ... "

Das Mondmännchen ärgerte sich: "Das darf ja wohl nicht wahr sein. Jetzt schläft sie und hat den romantischen Schluss der Geschichte verpasst!"

O, wie sehr es sich ärgerte!

Doch schon kurz darauf lächelte es: "Wenigstens schläft sie jetzt!"

Und das kleine Mondmännchen flog zufrieden davon!

ENDE

Anna-Katharina

Lou saß, wie jeden Nachmittag, unruhig an ihrem Schreibtisch. Sie löste, wie jeden Tag nach der Schule, widerwillig und lustlos ihre Matheaufgaben. Jede noch so kleine Ablenkung war ihr stets willkommen. Die ließ auch nicht lange auf sich warten: Eine verirrte Stubenfliege, die mindestens ebenso unruhig wie sie war, tauchte plötzlich im Zimmer auf und flog nervös umher.

Lou beobachtete sie ausgiebig, denn dieser Flugkünstler lenkte sie wunderbar von den Hausaufgaben ab, bis Lous Mutter ins Zimmer platzte: „Bist du langsam mal fertig mit den Aufgaben?“

„Ja!“, sagte Lou einsilbig und ärgerte sich, weil die Fliege, im wahrsten Sinne des Wortes, `die Fliege' gemacht hatte und eilig aus dem Zimmer flog. „Adé, kleiner Freund, Du schöne Ablenkung!“, grummelte sie.

Sie hatte ihr Gesicht auf die Hände gestützt und hatte für wenige Sekunden die Augen geschlossen. „Machst Du voran?“, vergewisserte sich die Mutter erneut.

„Ja“, sagte Lou gedehnt und ärgerte sich noch immer, dass die kleine Stubenfliege ihretwegen abgehauen war.

„Und nach dem Gitarrenunterricht bist Du sofort wieder hier. Du hast immer noch sechs Tage Hausarrest, mein Fräulein!“

„Fünf“, verbesserte Lou.

„Ja, äh … aber, wenn man den Tag heute mitzählt, sind es noch sechs!

"Puuuhhh!" Lou seufzte schwer.

Der Kopf des Mädchens lag schon wieder schwer auf ihren Fingerknöcheln in der sie ihren Füller hielt und wippte schon seit sie am Schreibtisch saß, unruhig mit ihren Füßen.

Lou sah aus dem Fenster und hörte die gewohnten Geräusche der Straße.

Sie schaute auf die Uhr an der Wand und dachte: „Gleich endlich zum Gitarrenunterricht!", und beeilte sich nun mit den letzten Matheaufgaben. Sie wollte nicht auch noch zu spät zum Unterricht kommen. So kam sie, wie jeden Dienstag und Freitag, leicht außer Atem in der Wohnung ihres jungen Gitarrenlehrers Mario Maroni an.

Sein Name klang so schön italienisch, aber soweit sie wusste, war er Deutscher. Kaum hatten sie die ersten Übungen vom letzten Mal wiederholt, wurde es Lou bereits wieder langweilig und sie suchte nach Abwechslung. Da fielen ihr immer die tollsten Fragen ein und Mario wusste wirklich auf jede Frage eine Antwort.

Ja, Lou war raffiniert genug und wusste, wie sie drei oder gar vier Minuten Pause machen konnte. Sie brauchte ihn bloß etwas zu fragen.

Und das tat sie auch an diesem Nachmittag und sprach wieder seinen Namen so lieb und gedehnt aus: „Mariooooo, warum hat eine Spinne eigentlich acht Beine?“ Mario runzelte die Stirn und fragte sich, wie sie immer so plötzlich auf alle möglichen Fragen kam. Und warum gerade jetzt auf das Thema Spinnen?

Er fragte sich, ob er vielleicht eine auf dem Kopf hatte. Er war nämlich ziemlich ängstlich. „Hmmm... ja, weil der Vorderleib der Spinne praktisch in vier Bereiche aufgeteilt ist. Und für jeden Bereich, gibt es ein Bein links und ein Bein rechts!“

„Ich finde Spinnen gruselig!“ schüttelte sich Lou und fragte gleich noch: „Hast Du schon mal etwas ganz Gruseliges erlebt?", und ihr Gesicht verriet, dass sie gespannt auf Marios Antwort war und wohl Spaß am Gruseln hatte.

„O ja, hab ich!“, sagte er mit hochgezogenen Augenbrauen und man sah ihm an, dass er sich scheinbar von dieser Geschichte noch immer nicht ganz erholt hatte. „Aber wir müssen jetzt weiterüben. Komm!", und zeigte auf das Textblatt. Lou sah ihn gekünstelt traurig an.

„Nein, Lou, Du bist ja hier zum Gitarrelernen und nicht fürs Geschichten erzählen"

Lou stülpte ihre Unterlippe über die Oberlippe und schniefte theatralisch als ob sie weinte und musste sich dabei selbst das Lächeln verkneifen. Beide fingen an zu lachen.

„Ich mache Dir einen Vorschlag“, lenkte Mario ein. „Wenn Du Dich jetzt ganz doll anstrengst, bis 5 Minuten vor 18 Uhr, dann erzähle ich Dir noch schnell eine Gruselgeschichte"

Das Mädchen zog freudig die Augenbrauen hoch und nickte viele Male mit dem Kopf.

Die restlichen 45 Minuten, kamen ihr, wie nur 5 Minuten vor.

Draußen wurde es langsam dunkel und Mario zündete eine Kerze an. Das Zischen des Streichholzes unterstrich die Stille, die plötzlich in der Luft lag. Lou saß gespannt, mit großen Augen auf ihrem Stuhl und er begann die Gruselgeschichte zu erzählen:

„Ich hatte mal eine Gitarrenschülerin, ihr Name war Anna-Katharina. Sie kam mir vom ersten Augenblick an unheimlich vor. Sie trug ganz seltsame, alte Kleidung, mit irgendwie blassen oder abgetragenen Farben. Und Sie roch auch so seltsam. Oft hatte ich das Fenster aufreißen müssen wenn sie kam, obwohl es draußen laut war und es beim Unterrichten störte.

Nun ja, als sie das erste Mal vor mir stand und sie mir zur Begrüßung ihre Hand gab, erschrak ich und erstarrte fast zu Eis. Ihre Hand war so bitterkalt und zum ersten Mal fielen mir ihre schwarzen Augen und ihre dunklen Augenringe auf. Mit sandiger Stimme, fragte sie mich heiser: „Ist etwas?“ „Nein“, gab ich hastig und vielleicht etwas zu auffällig verängstigt zurück.

Ich riss mich für den Unterricht zusammen und rückte immer wieder mit meinem Stuhl, ein wenig von ihr weg. Doch sie schien irgendwie mit ihrem Stuhl schwebend, immer näher zu kommen.

Dieser derbe Geruch, den sie verströmte, machte mich so träge, dass ich meine Augen kaum noch aufhalten konnte. Ihr starrer, durch mich hindurch schauende Blick, lähmte mich.

Ich sah sie nur noch im Nebel.

Grelles Mondlicht leuchtete hell auf meine Augenlider.

Ich wurde wach, fühlte mich etwas schwach. Beide Gitarren waren am Schrank angelehnt und ich bemerkte, dass ich zwei eingetrocknete Tröpfchen Blut auf meinem Hemd hatte.

Im Spiegel sah ich mich nur noch ganz blass, nur noch schimmernd, als stünde ich in einem Nebel.

Was war geschehen? War ich mitten im Unterricht eingeschlafen? Das war mir wirklich peinlich.

Ich fühlte mich die darauf folgenden Tage etwas schlapp und das Tageslicht schien ich irgendwie nicht so gut zu vertragen. Es blendete und störte mich.

Ich war schon auf die nächste Begegnung mit ihr gespannt und wollte wissen, ob und was sie zu dem Vorfall zu sagen hatte.

Ich konnte mir noch immer nicht erklären, was passiert war. Es beschäftigte mich noch tagelang.

Eine Woche war inzwischen vergangen, doch sie erschien nicht zum Unterricht. Ich hatte noch fast eine Stunde lang auf sie gewartet, denn leider hatte ich nicht ihre Telefonnummer.

Es ließ mir keine Ruhe. Es dämmerte bereits draußen und ich lief in der Wohnung unruhig auf und ab.

„Wer ist diese Anna-Katharina überhaupt?“, ärgerte es mich. „Diese seltsame Person …“

Ich musste diese Sache aufklären. Ich nahm meinen Mantel und verließ das Haus.

Ich lief düstere Straßen, wie auch vom Mondlichtkegel erleuchtete Gassen entlang. Im Dunkeln sahen viele Häuser wie große, schwarze Ungeheuer aus und so manche finstere Straße, wirkte wie eine tiefe Schlucht, dessen Ende nicht einzuschätzen war.

Mir war schrecklich mulmig im Bauch. Ein kaltes Gruseln überkam mich. Doch nun gab es kein zurück mehr.

Ich musste mit ihr sprechen. Dann stand ich vor ihrem Haus und es lief mir kalt den Rücken runter.

Es war fürchterlich alt, dunkel und vermodert und es war kein Licht zu sehen.

Ich hatte etwas Herzklopfen und ich zögerte zu klingeln. Ich schlotterte mit den Knien und kratzte den letzten Mut zusammen und drückte auf die Klingel.

Nach einer gefühlten Minute drückte jemand auf.

Ich ging die Treppe langsam hinauf, denn mein Herz klopfte ohnehin schon ganz schnell vor Angst.

Ein ganz alter, trauriger Mann, stand im Nachthemd in der Tür.

„Sie wünschen?“

„Entschuldigen Sie die Störung, ich wollte gerne mit Anna-Katharina sprechen", sagte ich etwas unsicher.

„Mit wem, bitte?“ Ich hörte eine leichte Fassungslosigkeit in seiner Tonlage.

„Ja, mit Anna-Katharina! Sie ist meine Gitarrenschülerin. Wir hatten heute eigentlich Unterricht, aber sie ist nicht gekommen"

Es entstand eine kurze Pause.

Der alte Mann runzelte die Stirn und holte tief Luft:

„Lieber, junger Mann, jetzt machen Sie mich aber ganz traurig. Ich habe schon viel Unfug erlebt, aber das geht eindeutig zu weit. Sie hatten heute ganz sicher keinen Unterricht mit ihr! Das ist völlig unmöglich!“

Das verstand ich nicht und fragte unsicher nach:

„Warum unmöglich?“

„Anna-Katharina, meine Frau … “ er schluckte und sein Atem schien schwer „…sie ist seit 30 Jahren tot!“

Ich wurde starr vor Schreck, meine Augen waren angstvoll aufgerissen. Ich bekam einen Gänsehautanfall nach dem anderen, während seine Worte in meinen Ohren widerhallend hämmerten „…seit 30 Jahren tot …“

Nun wurde mir auch klar, warum sie so schrecklich roch, ihre alte, abgetragene Kleidung, warum ich keine Telefonnummer von ihr hatte … alles fügte sich plötzlich, wie ein Puzzle zusammen.

Mir schwindelte, ich lief in Panik die Treppen hinunter und rannte, so schnell ich konnte davon!"

Lou hatte, während Mario ganz in der Geschichte versunken erzählte, immer wieder Gänsehautschauer und saß noch immer mit großen Augen gebannt auf ihrem Stuhl.

„Hast Du diese Schülerin noch mal irgendwann gesehen?“, fragte sie.

„Nein, leider nicht! Oder vielleicht, besser so"

Mario rieb sich nachdenklich seine rauen Bartstoppeln.

„So Lou, jetzt musst Du aber gehen, wir haben schon längst die Stunde rum"

„Danke, für diese tolle Gruselgeschichte. Nächste Woche, musst Du mir noch eine erzählen"

„Mal sehen! Aber vielleicht erlebst Du ja bis nächste Woche selbst eine und dann kannst Du mir vielleicht eine erzählen!“, sagte Mario.

„Wohl kaum!“, seufzte Lou: „Zu Hause erwarten mich noch fünf Tage Stubenarrest"

Mario grinste. Er kannte Lou nur zu gut und wusste, dass sie immer irgendwas anstellte und sie nicht “unschuldig“ eine Woche Hausarrest bekam. Auch wenn er selbst diese Art von „Strafen“ ablehnte.

Sie verabschiedeten sich und das Mädchen hüpfte zufrieden und gar nicht begruselt, nach Hause.

ENDE

Ilona in der Stadt

Ilona wohnte in einem kleinen Dorf. Es war wirklich schön dort. Aber es war auch sehr ruhig. Natürlich hatte sie viele Freunde, aber sie hatte auch einen Wunsch: Sie wollte so gerne reisen! Ganz weit weg. Vielleicht sogar in ein anderes Land. "Ach, könnte ich doch reisen!"

Jeden Tag dachte Sie daran und schrieb sogar ein Gedicht:

Reisen will ich, fliegen, laufen!

Einfach nur ein Ticket kaufen!

In ein Flugzeug, "Guten Tag,

fliegen Sie mich, wohin ich mag!

Ach, wohin? Das weiß ich nicht!

Ganz weit weg! Dann freu ich mich!

Mein Koffer ist gepackt, juhu!

Fliegen Sie nach Malibu?

Nach Deutschland? Das ist schön!

Das wollte ich schon immer seh'n!

Vielleicht nach Köln oder Berlin?

Da würde ich gern hinziehen!

Vielleicht Düsseldorf oder München?

Da kauf ich mir ein kleines Hündchen.

Es kommt immer mit, wohin ich gehe

und ist immer in der Nähe.

Gegenüber vom großen Kino

heißt das Eiscafé "Bei Gino!"

Da esse ich gerne ganz viel Kuchen

"Den mit Apfel musst Du versuchen!",

sagt Gino und während dem Essen,

hab ich meinen Hund vergessen!

Ich kaufe ihm auch ein kleines Stück.

"Du hast wirklich großes Glück,

mein liebes, kleines Hündchen!

Ciao Düsseldorf, jetzt fliegen wir nach München!

ENDE

Tine und der Kaffee mit ohne Milch

An einem nebligen Novembermorgen schlurfte Tine noch etwas schlaftrunken in die Küche. Sie machte Kaffee und goss ihn in eine große Tasse. Sie gab ein kleines Löffelchen Zucker hinzu und einen Schuss Milch.

Sie setzte die Tasse zum Trinken an und hörte ein blechernes „Pfui Deiwi!“

Tine sah sich links und rechts um, horchte an der Tasse und schüttete misstrauisch den guten Kaffee weg.

Sie goss sich erneut Kaffee ein, gab wieder ein Löffelchen Zucker hinzu und wieder einen Schuss Milch.

Sie setzte zum Trinken an und wieder tönte es blechern „Pfui Deiwi!“

Erschrocken und inzwischen hellwach horchte Tine an der Tasse. „Pfui Deiwi!“, schallte es nochmals aus dieser.

Der Kaffee in Tines Tasse sah sie finster an und meckerte erneut: „Pfui Deiwi!“

„Aber was hast Du denn?“, fragte Tine.

„Ich mag keine Milch!!!", brüllte der Kaffee.

„Aber mir schmeckt Kaffee ohne Milch einfach nicht", stellte Tine klar.

„Dann musst Du Dir einen anderen Kaffee suchen!"

Jetzt meldete sich auch die Milch zu Wort: “Du bist doch nur sauer, weil Du mit mir verfeinert wirst und nicht ich mit Dir geschmacklich abgerundet werden muss!"

Und die Milch kicherte und schaukelte sich vor Lachen, dass der Kaffee beinahe über den Tassenrand geschwappt wäre.

Der Kaffee blubberte böse und murmelte einige Worte.

Tine erkundigte sich: „Stimmt das?“

Der Kaffee gab zu, dass er wirklich deshalb beleidigt war, weil er alleine nicht gut genug sei.

„Aber nein! Ich mag Euch halt am liebsten zusammen. Alleine seid Ihr ja ganz nett und genießbar, aber gemeinsam seid Ihr beide einfach unschlagbar köstlich!

Da freute sich der Kaffee und die Milch war etwas verlegen.

Beide bedankten sich bei ihr für die lieben Worte.

Jetzt erst vermischten sich der Kaffee und die Milch freundlich miteinander.

„Bis morgen, Tine!", rief der Milchkaffee.

Tine lächelte und nahm beherzt einen großen Schluck und der warme Milchkaffee floss angenehm in sie hinein.

„Bis morgen!", sagte Tine und streichelte dabei zufrieden ihren Bauch.

ENDE

Das Geschenk

Oma Franzi hatte ein Antiquitätengeschäft mit ganz vielen tollen Sachen.

Wertvolle Möbelstücke, altes Porzellan und Glas in allen Formen, kostbare Metallwaren, edle Teppiche aus dem Orient und vieles mehr aus den vergangenen 300 Jahren. Es war also von hinten bis vorne ein Geschichtsbuch zum Anfassen.

Oma Franzi hatte eines Tages im Lager eine Kiste in der Ware drinnen war geöffnet und nahm eine schöne, etwa 40 cm hohe Frauen-Skulptur heraus. Zwei alte Damen, die auf einer Bank sitzen und sich angeregt unterhalten.

Sie hielt sie musternd in ihren erfahrenen Händen und nickte zufrieden.

Sie fand auch gleich einen passenden Platz für diese seltsame Marmor-Skulptur; gleich links auf der Vitrine neben der Kasse.

Während Oma Franzi noch am Vormittag viel zu tun hatte und besonders am frühen Nachmittag, als langsam Ruhe einkehrte, hatte sie ständig das Gefühl, dass noch Kundinnen im Laden waren.

Sie schaute sich im Laden um und ging sogar hinten ins Lager, doch es war niemand dort. Dann hörte sie, dass wieder Stimmen vorne aus dem Laden kamen. Sie eilte hin, doch es waren keine Kunden da.

Sie stand vor ihrem Tresen, steckte ihre Hände in die Taschen und schaute grübelnd über den Laden.

Dann bemerkte sie, dass sich gleich hinter ihr zwei Damen unterhielten.

Oma Franzi schielte vorsichtig nach hinten und drehte dabei mehr und mehr ihren Kopf, bis sie auf die Marmorskulptur sah und ihr ein erstauntes „Na so was!“, aus dem Mund fiel.

Diese beiden Frauen waren es also, die sich schon den ganzen Vormittag ohne Pause unterhalten hatten.

Sie grüßten freundlich „Hallo!", und redeten unbekümmert weiter.

Oma Franzi grüßte die beiden alten Damen freundlich zurück und es entwickelte sich eine stundenlange Unterhaltung, die sie nur unterbrach, wenn Kunden in den Laden kamen.

Was aber den beiden Damen nichts ausmachte, denn sie plapperten einfach ohne Punkt und Komma weiter.

So kam Oma Franzi leider auch selten zu Wort, da die beiden Frauen ein sehr starkes Redebedürfnis hatten.

Oma Franzi fand es anfangs noch schön, jemanden zu haben mit denen sie sich so angeregt unterhalten konnte.

Sie fühlte sich plötzlich gar nicht mehr so einsam.

Am nächsten Tag, sie betrat gerade ihren Laden, hörte sie schon das Gespräch der beiden Frauen.

Das mochte sie gar nicht gern. Denn sie hatte morgens gerne ihre Ruhe.

Aus Höflichkeit erwähnte sie das nicht und machte ihre Arbeit so gut es ging.

Doch auf die Dauer fing sie dieses endlose Gerede der Damen fürchterlich an zu nerven. Sie war froh, als sie am Abend den Laden verlassen und abschließen konnte, um nach Hause zu gehen, wo sie zwar einsam war, aber dafür ihre Ruhe hatte. Noch abends im Bett, grauste es ihr schon vor dem nächsten Morgen.

Am dritten Tag stellte sie sofort nach Ladenöffnung die Skulptur in den hinteren Bereich des Ladens und Oma Franzi hatte inzwischen nur noch aus Höflichkeit genickt und so getan, als würde sie noch zuhören können, was diese beiden alten Quatschtanten zu erzählen hatten.

Doch das störte die beiden gesprächigen Frauen kein bisschen, im Gegenteil, sie schienen nun noch etwas lauter zu sprechen, damit Oma Franzi auch alles laut genug mitbekam.

Am Abend des dritten Tages, kurz vor Ladenschluss, stolzierte Frau Hutnadel vorbei und winkte gekünstelt freundlich am Schaufenster. Oma Franzi wusste, dass Frau Hutnadel sie absolut nicht mag. Umso mehr störte es sie, dass Frau Hutnadel auch noch so tat, als sei sie beinahe eine Freundin. Dabei wartete Frau Hutnadel nur auf Gelegenheiten, sich an anderer Leute Leid aufzuziehen. Besonders bei Oma Franzi, die es nun wirklich nicht leicht hatte, ihren Laden alleine zu führen.

Fast täglich, wackelte hochnäsig Frau Hutnadel scheinheilig am Laden vorbei und hatte im Mundwinkel stets eine geringschätzige Bemerkung über alles und jeden parat. Frau Hutnadel ging Franzi auf die Nerven mit ihrer Art und ihrem falschen Getue. Ebenso wie die ewig geschwätzige Skulptur es seit drei Tagen tat.

An diesem Tag also, war Frau Hutnadel mal wieder nur am Schaufenster entlanggegangen, um mit ihrem neuen Mantel anzugeben und ihrer auffälligen Kopfbedeckung, die eine übertrieben große Feder am Hutband kleben hatte.

Als sie vorbeistolziert und nicht mehr zu sehen war, sah man Oma Franzi plötzlich lächeln.

Dann steigerte sich ihr Lächeln, bis es im Laden laut schepperte vor Lachen, wobei sie sich sogar an einem Regal festhalten musste. Mit breitem Grinsen rieb sie sich die Hände und krümmte sich erneut mehrmals vor Lachen.

Am nächsten Tag stand die Skulptur in schönem Geschenkpapier mit Schleife und Grußkarte vor Frau Hutnadels Wohnungstür, mit einer ganz besonders freundlichen Widmung und Dank darauf, für Frau Hutnadel's stete Freundlichkeit.

„Ihre Oma Franzi“

ENDE

Das unheimliche Klopfen...

Es hämmerte wieder an der Tür, dass ich glaubte, Fingerknöchel stießen erbarmungslos gegen das Holz. Ich hatte mich so sehr erschrocken, dass ich, wie aus einem Sekundenschlaf erwachte und nun versuchte, die Lage abzuschätzen.

Ich stand vorsichtig, in Zeitlupentempo, von meinem Stuhl auf und merkte gleichzeitig, wie laut doch der Mensch in seiner Umgebung ist. Geräusche, die er sonst nicht wahrnimmt und in solchen Augenblicken so laut wirken.

Da ich mich seit 2 Tagen schon nicht mehr an die Tür rantraute, hatte ich es auch nicht geschafft, sie abzuschließen. Also ein sehr gefährlicher, kritischer Zustand!

Ich wollte mich aber nicht bemerkbar machen, dass ich zu Hause sei.

So schlich ich auf Zehenspitzen zur Tür und der Angstschweiß lief mir die Schläfen hinunter!

In meiner schlimmen Furcht, knetete ich meine Hände.

Plötzlich klopfte es wieder an der Tür, hinter der ich mich regelrecht starr vor Schreck befand.

Plötzlich klopfte es wieder an der Tür, hinter der ich mich regelrecht starr vor Schreck befand.

Ich weiß nicht, wie lange ich dort stand, weil ich irgendwie in dieser Situation, die Zeit aus den Augen verlor.

Wenn man die Augenblicke intensivst erlebt, kommen Sie einem um ein Vielfaches länger vor.

Seit 2 Tagen schon, klopfte es, immer wieder. an meiner Tür und seltsame Geräusche spielten sich davor ab. Manchmal hörte ich ein Schmatzen und stellte mir vor, wie mich ein Drache oder anderes Monster fressen würde. Und hin und wieder schien es leise zu Jaulen. Ich dachte mir, dass das Monster wohl jaulte, weil es so irrsinnig hungrig war und kaum erwarten konnte, mich zu fressen. O, wie groß meine Panik wurde, sobald ich nur daran dachte! Und seit 2 Tagen schon, lebte ich in Angst und Schrecken! Ich kriegte nachts kaum ein Auge zu.

Ich fragte mich immer wieder, wann dieser Wahnsinn ENDLICH aufhören würde!!!

Eine Stimme in mir sagte auffordernd: Jetzt oder nie!

Stell Dich endlich Deiner Angst!!!

Und mit einem Mal, da packte mich eine Entschlossenheit, die ich gar nicht unter Kontrolle zu haben schien und war mit allem abgeklärt:

Leben oder das Monster hat gewonnen!

Ich riss die Tür auf und schloss feste meine Augen und ich schrie und schlug mit den Händen in der Luft herum um diesen Drachen oder dieses furchtbare Monster besiegen ... bis ich nach wenigen Augenblicken, völlig entkräftet im Türrahmen stand und meine Arme erschöpft hängen ließ.

Ich traute meinen Augen kaum: Vor meinen Füßen lag ein großer, etwas verwahrloster Hund und klopfte mit seinem Hundeellenbogen, weil die Pfote verletzt war, gegen meine Beine. Ein alter, kranker Hund, lag vor meiner Türe!!! Ich schüttelte lachend und mit Tränen in den Augen, meinen Kopf, vor Dummheit! Ich sah zum Himmel hinauf und dann wieder auf den Hund! Ich hielt die Türe weit auf und sagte theatralisch: „Bitte sehr!", und schloss hinter uns zufrieden die Tür.

ENDE

Amys Engel

Die kleine Amy lag, wie jeden Abend, traurig in ihrem Bettchen. Sie dachte darüber nach, warum ihr niemand glaubte, dass sie hin und wieder Wesen sah, die alle anderen Menschen nicht sehen konnten und sie deshalb auslachten und sich über sie lustig machten.

Noch am Tag zuvor, hatte sie es ihrer Freundin anvertraut und diese hatte es der ganzen Klasse erzählt. Und am nächsten Tag hatten alle ihre Mitschüler sie mitten auf dem Schulhof ausgelacht. Amy wurde furchtbar traurig und es schien, als würde die ganze Schule mit dem Finger auf sie zeigen und hämisch über sie lachen. Ja, sie schienen mit dem Auslachen gar nicht mehr aufzuhören. Sie bogen sich förmlich vor gemeinem Gelächter.

Amy rannte weinend nach Hause. Seitdem verbrachte sie die ganze Zeit in ihrem Zimmer.

Bloß wenn sie mal aufs Klo musste, öffnete sie leise und vorsichtig die Kinderzimmertür! Dann sah sie sich nach links und rechts um und trippelte, wie ein kleines Mäuschen im Konditorenkeller durch den Flur.

So eilte sie unbemerkt ins Badezimmer. Anschließend stellte sie sich auf ihre winzigen Zehenspitzen und drehte, nur ein wenig, den Wasserhahn auf und benetzte ihre Hände mit Wasser und machte so, eine Art Katzenwäsche.

Bevor sie jedoch wieder in ihrem Zimmer verschwand, kletterte sie noch leise und beinahe waghalsig, auf den mächtig wirkenden Wohnzimmerschrank und stibitzte ein paar Süßigkeiten, die ihre Mutter dort, wohl mehr vor sich selbst, der Figur wegen, versteckte und rannte schnell, wie der Wind zurück in ihr kleines Zimmer. Es war traurig anzusehen, wie sie so da lag! Vor Traurigkeit schlaff, wie leblos auf dem Bett, die Decke bis zu ihrem Bauchnabel, ihr Schmusetier im Arm und eine Träne auf ihrer Wange, die immer wieder hinunterkullerte.

Um sie herum, in ihrem Zimmer verstreut, lagen jede Menge Spielsachen, die doch sehr trostlos aussehen, wenn niemand mit ihnen spielt. Amy wünschte sich, dass sie dieses wundervolle Wesen mal allen Kindern zeigen kann!

So richtig, Hand in Hand, mit dem wunderschönen Engel, der sie in der letzten Zeit, hin und wieder in ihrem Zimmer, aufsuchte. Doch das schien völlig unmöglich!

Amys müde Augenlider konnten der traurigen Müdigkeit kaum mehr standhalten. Als ein Licht vorbeizog, wurde Amy wieder hellwach.

Würde der Engel sie vielleicht wieder besuchen?

Sofort sprang das kleine Mädchen mit viel Elan aus ihrem Bett und stand nun mit großen Augen am Fenster.

Enttäuschung: Es rauschte doch bloß ein Auto vorbei.

Sie murmelte mit Tränen in der Stimme: "Ein Auto! Kein Engel! Bloß ein dummes Auto!"

Kam also das Licht doch nur von einem Autoscheinwerfer. Hoffnungslos legte sie sich wieder in ihr Bettchen. Ihre Augen fielen müde und fast, wie Blei so schwer zu und sie schlief ein.

Ein sanfter Traum aus Licht und funkelnden Sternen umhüllte die kleine Amy. Und so erschien ihr nun doch endlich der lang ersehnte Engel.

Lieblich, schön, göttlich, bewundernswert und anbetungswürdig.

Der Engel flüsterte der schlafenden Amy etwas zu und versiegelte seine Botschaft mit einem kleinen, lieben Kuss auf ihrer Wange, wo eben noch ihre Tränchen waren. So schnell, wie er kam, so schnell verschwand der Engel auch wieder.

Amy wachte gutgelaunt auf! Ihre Mutter wollte sie gerade wecken und wunderte sich, dass die kleine Amy schon längst wach war. Sie gab ihrer Tochter einen Kuss, packte ihr das Pausenbrot in die Schultasche und ging zur Arbeit.

Amy setzte sich noch kurz auf ihre Bettkante und heckte einen Plan aus. Dann sprang sie voller Begeisterung in ihr kleines Röckchen, stellte sich im Badezimmer wieder auf ihre kleinen Zehenspitzen und machte sich bereit für die Schule.

Als sie dem Schultor immer näher kam und sie bereits das hämische Lachen der anderen Kinder hörte, ging sie weiter, bis sie mitten auf dem Schulhof stand und mehrfach belustigt wiederholte: „Haha!!! Ihr könnt nicht das sehen, was ich sehen kann! Haha!“ Sie lachte so laut und lachte sich so richtig in Stimmung, dass bereits nach wenigen Sekunden, vielen Kindern das Lachen verging und sie alle verstummten.

Sie wiederholte es dennoch wieder und zeigte mit ihren kleinen Zeigefingern rundherum, auf alle ihre Mitschüler.

Dann sahen sich alle Kinder gegenseitig verblüfft an, welche große Wirkung ihr lautes Lachen und überlegenes Auftreten auf die Schüler hatte.

Ein paar Ihrer Mitschülerinnen stellten sich wie ein Schutzwall, eine Mauer um sie.

Amy hatte plötzlich viele, viele Beschützer, die mit jeder Sekunde mehr wurden. Nun lachte niemand mehr.

Amy setzte sich selbstbewusst auf die kleine Schulhofmauer. Alle folgten ihr. Jeder aus der Schule bot ihr Kaugummis, Bonbons, belegte Brötchen und sämtliche Leckereien an, nur um in ihrer Nähe sein zu dürfen. Alle wollten nun ihre Freundin sein!

Amy genoss es sehr! Jeder aus der Schule wollte nun wissen, was sie denn sehen würde und stellten viele, viele weitere Fragen. Es gefiel ihr, dass nun jeder interessiert und fasziniert von ihr war. Man sah sie auf einmal in einem ganz anderen Licht und jeder wünschte sich nichts sehnlicher, als ihr nah zu sein! Aber die Häufigste war, was sie denn sehen würde.

Die kleine Amy sah über den Kindern ihren Engel schweben und wusste, woher sie diesen Mut und die Idee hatte, es der ganzen Klasse, sogar der ganzen Schule, einmal so richtig zu zeigen.

Sie zwinkerte ihm dankbar mit einem Auge zu.

Und ihren Engel sieht sie immer noch, der auch weiterhin auf sie Obacht gibt!

Und Amy wurde nie mehr ausgelacht! Sie war für immer die Lieblingsschülerin der ganzen Schule!

ENDE

Katjas Geburtstag

Die Seelen der Toten, so erzählte Petra, die stärkste und größte in der Bande, würden Tag wie Nacht, in den Kellern der kleinen Burg Aasberg, grauenhaft schreien. Schwarze Raben würden die Eingangstore bewachen. Die anderen Kinder hörten mit weit aufgerissenen Augen zu.

Bisher hatte zumindest Katja schon öfter gesagt, dass sie die Burg gerne mal von innen sehen möchte, sich aber niemals trauen würde.

Tim, Basti, Katja und Petra, die schon immer in dem 50 Einwohner Dörfchen wohnten, hatten sich also noch nie nah an die Burg getraut und schon gar nicht hinein!

Petra erzählte mit Reibeisenstimme, die schaurigsten Geschichten über vergangene Tage der Burg.

Hexen seien dort zu Tode gekommen. Auf alle möglichen und unmöglichen Arten und Weisen.

Schon die Worte, wie gerädert, geköpft, gestreckt, Streckbank und Dornenkrone, jagten der Bande Gänsehautschauern ein.

Doch zu groß war die Neugierde und so wählten sie beinahe wie zufällig, Katjas Geburtstag aus und standen ehrfürchtig und mit weichen Knien, am reichlich verzierten Zaun der Burg.

Sie sahen sich gegenseitig unsicher an, dann kletterten sie über den Zaun und halfen sich gegenseitig hinüber, dass niemand bei den fiesen Verzierungen und Widerhaken hängen blieb oder sich gar verletzte. Es wäre nicht auszudenken gewesen, wenn sich einer verletzt hätte und sie dann nur noch zu Dritt gewesen wären oder gar nicht erst hineingingen.

Basti lief immer einige Meter hinter den anderen Dreien. Als sie den verwilderten Garten und den, über die Jahrzehnte und Jahrhunderte immer schmaler gewordenen kleinen Bach überquerten, blieb Basti stehen und sagte mit tränenbedrückter in der Stimme: "Ich gehe nicht mehr weiter! Ich geh' da nicht hinein. Ich haue jetzt sofort wieder ab! Tut mir echt leid!", und Basti rannte, wie vom Teufel gejagt, in Richtung des Zaunes zurück. "Basti!!!", riefen noch die übrigen Drei, doch Basti rannte weiter.

Doch ob zu viert oder zu dritt, jetzt wollten es Tim, Katja und Petra erst recht wissen und trotz ihrer Angst in die Burg hinein. Man hatte ihnen jetzt Jahre lang die schlimmsten Dinge über diese Burg erzählt.

"Jetzt oder nie", sagte Petra.

Sie zogen mit aller Kraft die schwere, massive Holztür auf und lugten voller Ehrfurcht hinein. Es war etwas düster, aber wegen den großen Löchern und kleinen Fenstern ohne Glas drinnen, fiel etwas weißes Licht in das graue Dunkel, worin dicke Staubflocken tanzten. Basti hatte es sich doch wieder anders überlegt und sich ganz leise zu den Dreien gesellt, die dies mit einem leichten Schmunzeln, wortlos kommentierten.

So stiegen sie eine Kellertreppe unmittelbar des Eingangs hinab und Petra ging mit ihrer Taschenlampe voran. Katja hielt sich immer an Tims Ärmel fest.

"AAAAAHHHHH!!!!!!!!!", gellte ein Schrei durch den unteren Teil der alten Burg. Ein Schrei, welcher von menschlich nicht aushaltbaren Schmerzen zu zeugen schien.

Petra sprach ihren Freunden Mut zu und lächelte geheimnisvoll. Was führte sie bloß im Schilde?

Was extreme Situationen doch alles aus Menschen herausholen. Fast wie selbstverständlich, fasste Katja Bastis Hand und ließ sie nicht mehr los.

Als es durch einen weiteren schmalen Gang nach unten ging, schlüpfte Petra rasch durch. Katja zögerte!

"Nun komm schon!", sagte Petra harsch und fügte hinzu, "Schließlich war es Dein Wunsch in die Burg zu gehen"

Basti schritt nun voran und leitete Katja liebevoll an der Hand, obwohl er selbst fürchterliche Angst hatte. Diese Enge, diese Dunkelheit, diese kalte, feuchte Luft! Als etwas nicht Deutbares von der Decke fiel, es war etwas Deckenputz, überdeckte Basti, die schutzsuchende Katja, damit sie nicht verletzt oder beschmutzt würde. Das beeindruckte sie und sie lächelte verlegen, was er im Halbdunkel kaum sehen konnte.

Als sie nach einigen Minuten unmittelbar vor einer großen, zweiflügeligen Tür mit Rundbogen standen, hatten alle Vier den Schweiß auf der Stirn.

Petra schob Katja behutsam in den dunklen Raum. Hätte sie nicht die starke Petra im Rücken gespürt und Bastis inzwischen schweißnasse Hand gehalten, hätte sie es vor Angst wohl kaum ausgehalten.

Wusch!!! ...

Mit einem Mal ging das Licht an und ein fröhlicher Gesang schallte in den alten Gemäuer: „Zum Geburtstag viel Glück, zum Geburtstag viel Glück! Zum Geburtstag, liebe Katja, zum Geburtstag viel Glück!"

Katja traute ihren Augen und Ohren kaum, als sie den Raum, der als Festsaal diente, sah. So festlich geschmückt und alle waren so stolz auf sie, dass sie trotz ihrer Angst, gemeinsam mit ihren Freunden, durch die Burg gegangen war.

Ihre Verwandten kamen alle und küssten sie, knuddelten sie und der Onkel entschuldigte sich für den Urschrei und sagte, dass er hoffe, er habe ihr nicht allzu doll Angst gemacht.

Jetzt erst begriff Katja was hier gespielt wurde. Petra hatte alles gewusst. Katja patschte Petra eine auf den Hintern und nahm sie in den Arm. Anschließend umarmte sie Basti, mit leuchten in den Augen, der ebenfalls nichts von der Überraschung wusste und sie selbst in größter Angst beschützt hatte.

Diesen Geburtstag hat Katja sicher nie mehr vergessen!

ENDE

Mutterseelenallein

Es war gerade 18 Uhr als ich vom Fußballtraining kam. Das war am Stadtrand, wo ich mir auf dem kalten Ascheplatz beinahe den Hintern abgefroren hatte.

Meine Mutter hat immer zu mir gesagt, ich solle nach dem Training sofort nach Hause kommen oder mich vom Handy aus zu Hause melden. Schließlich sei ich erst 12 Jahre alt.

Da ich aber selten darauf höre, was meine Eltern mir sagen, insbesondere meine Mutter, meldete ich mich natürlich nicht und wollte noch heimlich ein wenig zu den Spielautomaten in der Spielothek.

Ich durfte da selbstverständlich nicht rein, aber ich stand oft nach der Schule an der Schaufensterscheibe.

Ich bewunderte die Leute, wie sie so viel Geld in die Automaten reinwerfen konnten. Ich dachte immer, dass die alle bestimmt das ganze Geld gewonnen hatten. Ich war so in die Abläufe vertieft und fasziniert, dass ich alles, was hinter mir war, überhaupt nicht wahrgenommen hatte. Ich vergaß alles um mich herum, sah nur noch die tollen, blickenden Lichter der Automaten.

Und plötzlich legte sich eine Hand auf meine Schulter.

Ich war starr vor Schreck und sah in der Spiegelung des Schaufensters den Schatten von einem großen Mann, der sich viel Mühe gab, ein wenig zu lächeln.

"Du möchtest auch gerne mal an den Automaten spielen, stimmts?"

"Ja, eigentlich schon"

"Wo ist denn das Problem?"

Ich zuckte mit den Schulter: "Ich darf da noch nicht rein"

"Kennst Du niemanden hier?"

"Nein, gar keinen!"

"Ich auch nicht. Ich spiele immer zu Hause an meinen eigenen Automaten"

"Ja? Sie haben eigene Automaten zu Hause?"

"Einen? Ich habe sechs Automaten! Und Du kannst ruhig Karsten zu mir sagen"

"Ich heiße Florian. Hm, Sie haben .. ich meine, Du hast sechs Automaten zu Hause? Aber das geht doch gar nicht. Das haben doch nur Geschäfte"

"Soll das heißen, ich lüge? Das tut mir sehr weh, dass Du mich als Lügner hinstellst und mir nicht vertraust"

"Tut mir leid, ich glaube nicht, dass Sie lügen! Entschuldigung", Ich lächelte verlegen und tippte mir gegen die Stirn: "ich meinte, dass Du nicht lügst!"

"Ja, ist okay" Er lächelte. "Aber wehe, Du sagst noch mal Sie zu mir!", und er massierte mir mit einer Hand die Schulter und hielt mir mit der anderen lächelnd die Faust unter die Nase.

"Ich mach Dir ein Angebot! Ich zeige Dir die Automaten bei mir und Du kannst mal an den Dingern spielen und dann fahre ich Dich nachher nach Hause"

"Hm ... am besten, ich ruf mal kurz zu Hause an und sage Bescheid"

"Das würde ich nicht machen. Die erlauben Dir bestimmt nicht an Automaten zu spielen und Spaß zu haben.

Und warum willst Du anrufen und unnötig Deine Mutter anlügen?

Komm lass uns gehen. Oder vertraust Du mir nicht?"

"Doch eigentlich schon"

"Warum so viele Zweifel? Was möchtest Du haben, wenn ich gelogen habe und gar keine Automaten habe?"

Ich lächelte wieder und wünschte mir in diesem Augenblick, dass er wirklich lügt, weil ich schon so lange, unbedingt die neue Spielkonsole haben wollte.

"Dann will ich den neuen Playstation 3 mit 1 oder 2 Spielen haben. Da gibt’s nämlich ein Spiel, das meine Mutter mir nicht kauft!"

"Die kauft Dir das Spiel nicht? Die verbietet Dir aber auch jeden Spaß, ne?"

"Ja, eigentlich schon"

"Weißt Du was, Florian? Ich kaufe Dir jedes Spiel, das Du haben willst. Ab jetzt sind wir Freunde und Du vertraust mir, okay? Und jetzt gehen wir ein wenig Automaten spielen und Spaß haben und morgen kaufe ich Dir die Playstation und die Spiele, ok?", und er rubbelte mir die Schultern, bis ich etwas lachen musste.

"Na komm Florian!"

"Ok, einverstanden!", und mein Herz klopfte aufgeregt.

"Mach Dir keinen Kopf, Florian! Ich fahr Dich nachher nach Hause und morgen bist Du stolzer Besitzer der neuen PS!", und er sprach es so aus, wie aus der Werbung.

Ich konnte mein Glück kaum glauben und fragte noch mal: "Wirklich?"

"Versprochen, Florian! Wir sind doch jetzt Freunde!"

Wir fuhren mit dem Auto und seither führt er mich durch finstere Straßen und einem unheimlichen Wald und redet kaum noch mit mir. Er sagt, es sei alles in Ordnung und sagt immer nur, "Wir sind gleich da!"

Mein Herz klopft so schnell.

Irgendwie, ist er gar nicht mehr so nett.

Was habe ich falsch gemacht? Ich würde gerne weglaufen, aber ich weiß nicht, wo ich bin. Ich sehe etwas verschwommen und wische mir immer wieder Tränen aus den Augen. Vorne endet der Wald!!! Ich sehe einen Parkplatz.

Da stehen zwei Leute! Ob ich um Hilfe schreien soll?

Wir gehen auf sie zu, aber ich traue mich nicht zu rufen.

Ich habe ein schlimmes Gefühl im Bauch. Ich habe solche Angst! Mama?

"Na, Florian!"

"Mama! Papa!"

"Na, hat Dir Papas Arbeitskollege angst gemacht?"

"Wir hoffen, das war Dir eine Lehre, Freundchen! Na, komm! Nicht weinen"

"Ich gehe nie wieder mit einem Fremden mit!"

"Gut so! Und jetzt nehmen wir Karsten mit nach Hause und laden ihn zum Essen ein, einverstanden? Und die neue Playstation, die kriegst Du zu Weihnachten. Gut?"

"Ach, Papa! Die ist mir jetzt gar nicht mehr wichtig! Ich bin so froh, dass es Euch gibt!"

ENDE

Bine und der Quälgeist

Es war in einer klaren Vollmondnacht.

Die Dächer schimmerten weiß vom hellen Mondlicht, als Bine mehrfach beim Schlafen gestört wurde.

War da schon wieder ein Gepolter? Sie glaubte, sich erneut geirrt zu haben und legte sich wieder hin. Sie drehte sich nach links und wälzte sich nach rechts und …

… als sie gerade wieder auf dem Weg in das Land der Träume war, wurde sie erneut von einem lauten Rumpeln aus dem Schlaf gerissen. Sie richtete sich auf und machte, noch etwas schlaftrunken, ein Auge auf!

Sie sah sich um und horchte. „Ach, ich habe mich bestimmt geirrt oder geträumt, dass unter meinem Bett ein lautes Geräusch war. Was soll da schon sein?“

Sie gähnte und legte sich erneut hin. „Rumpelrumpel!“

Bine schreckte auf. „Das ist wirklich unter'm Bett!!!“, fuhr es ihr durch den Kopf.

Sie schaute - erst mal vorsichtig - über die Bettkante und zog ihren Kopf wieder zurück! Sofort rumpelte es erneut, als würde ein Möbelstück verschoben.

Bine fragte sauer: „Wer ist denn da?“

„Meinst Du mich?“, meldete sich eine Stimme, die klang, als spräche jemand in Omas Suppenschüssel

„Ja, Dich meine ich! Wen denn sonst??? So eine dumme Frage!“

„Achso, Entschuldigung!“, sagte die Stimme „Ich bin ein Gespenst und beziehe gerade mein neues zu Hause!", und das Gespenst sah dabei unter dem Bett hervor und zu ihr hinauf.

„Unter meinem Bett?“ empörte sich Bine und sprang wütend auf den Teppich:

„Warum unter meinem Bett?“

„Weil ich unter allen Kinderbetten wohne und weil fast alle Kinder glauben, dass unter ihren Betten Gespenster wohnen. So kann ich nachts leicht spuken. Das macht Spaß!“

„Du spinnst wohl! Mach, dass Du hier verschwindest. Geh meinetwegen in den Keller"

„Aber, hast Du denn gar keine Angst vor mir?“

„Nein, aber wenn Du nicht gleich endlich verschwindest, dann wirst Du, Quälgeist, gleich vor mir Angst haben!“, drohte Bine.

Und so verschwand das eingeschüchterte Gespenst durch die Wand und suchte sich ein neues Zuhause und Bine konnte endlich in Ruhe schlafen und träumen.

ENDE

Wetterlinge

Es war einmal ein Wetterling …

Wie? Du kennst keine Wetterlinge? Das ist aber schade. Denn Wetterlinge sind ganz wundervolle Geschöpfe.

Ja, sie haben große Ähnlichkeit mit Schmetterlingen, sind aber viel toller!

Warum? Nun ja, Schmetterlinge lassen sich immer nur bei schönem Wetter blicken. Warum eigentlich? Wo sind sie bloß bei Regen und Schnee und Kälte? Oder hast Du schon mal einen Schmetterling bei grauem, kaltem Wetter flattern sehen? Oder gar bei Regen? Siehst Du! Jetzt weißt Du, warum ich Wetterlinge so toll finde.

Sie flattern auch fröhlich, unbekümmert und anmutig bei Kälte und sogar wenn es regnet. Und wenn die Regentropfen auf die Blätter der Bäume und Blumen prasseln, tanzen sie fröhlich und hüpfen und schlagen dabei belustigt mit ihren Flügeln oder gleiten, wie auf einer Wasserrutsche die großen Blattrippen hinunter.

Und mag der Wind auch noch so stark sein, sie breiten erheitert ihre Flügel aus und lassen sich durch die Luft tragen.

Natürlich lieben sie es auch, wenn die Sonne ihre Flügel wärmt, sie durch den Sommer fliegen und in den Blütenkelchen eine Pause machen und von den Blütenpollen naschen.

Es gibt übrigens auch Schneetterlinge, aber von denen erzähle ich Dir morgen. Setz Dich nun auf einen Wetterling und schlafe schön! Gute Nacht!

ENDE

Christa will spielen

Die kleine Christa hatte große Langeweile. Ihr ganzes Zimmerchen war voller Spielzeug, doch weder Stofftiere, noch Puppen und auch keine Bälle und Luftballons in verschiedenen Farben und auch keine Bausteine und keine Spielkarten luden dazu ein, alleine zu spielen.

Deshalb ging sie zu ihrer Mutter: „Mama, spielst Du mit mir?“

„Ach Liebchen, ich kann jetzt nicht. Du siehst doch, dass ich den Boden wische. Spiel doch ein wenig mit deinen Puppen, die ich Dir letztens unbedingt kaufen sollte!"

Christa schlurfte zurück in ihr Zimmer und nahm eher lustlos die teuren Puppen und es verging eine halbe Stunde. „Mama, können wir jetzt etwas zusammen spielen?“ Und sie schaute ihre Mutter erwartungsfroh an. „Nein, Christa, jetzt muss ich einkaufen. Aber Du kannst gerne mit!“ Christa schüttelte den Kopf: „Nein, dann werde ich etwas malen" und sie saß schon bald an ihrem kleinen Schreibtisch und kaute auf ihrem Stift herum.

Als ihre Mutter einige Zeit später wiederkam, stand Christa schon im Türrahmen.

„Mami, spielst Du gleich mit mir?“ Ihre Mutter verzog leicht verärgert das Gesicht. „Also Christa, ich bin noch gar nicht ganz drinnen und habe noch nicht mal die Taschen abgesetzt." Das kleine Mädchen verzog den Mund und sah ihr dann geduldig beim Auspacken zu.

Als die Mutter die Einkaufstüten ausgepackt und alles eingeräumt hatte, stürzte das Mädchen seiner Mutter entgegen: „Komm, jetzt hast Du den Einkauf erledigt und alles weggepackt. Jetzt spielen wir endlich!", bat Christa schmollend. „Aber nein Liebchen, jetzt muss ich doch kochen.

Das musst Du aber einsehen. Wir wollen doch nachher etwas essen.

Oder hast Du gar keinen Hunger?“ „Doch schon!“, gab Christa zu, während die Mutter ihr tröstend eine Strähne aus dem Gesicht strich. „Na also, endlich siehst Du es ein! Du kannst mir ja etwas helfen!“ Christa stimmte zu und deckte schon mal den Esstisch.

Die Mutter kochte und es dampfte und zischte und roch herrlich in der Küche. Und Nachtisch hatte die Mutter auch schon gemacht. Es gab Sahnepudding.

Die Schüssel durfte Christa schon mal auskratzen und hatte links und rechts an ihrem Mäulchen den Pudding kleben und ihre Händchen klebten auch schon vom Puddingabschlecken.

Das gefiel Christa. Nach dem Essen und dem herrlichen Pudding wollte Christa gerade fragen, ob die Mutter Zeit habe, mit ihr zu spielen, doch da rief sie eilig:

"Komm Mami, ich helfe Dir!" und packte schnell das Geschirr zusammen, ließ Wasser ins Spülbecken ein und spülte, so schnell sie konnte.

Ihre Mutter trocknete ab und räumte gleich alles in die Schränke. Als alles gespült, abgetrocknet und weggeräumt war, sprang das Mädchen auf Mutters Arm. „Komm Mami, jetzt spielen wir aber!" Und die Mutter sagte: „Aber ich muss doch noch..." und biss sich auf die Lippe. „Einverstanden, jetzt spielen wir!", stimmte sie zu.

Christa sprang sofort von Mutters Arm und stürmte eilig in ihr Zimmer. „Komm, Mama, schnell!“ Und sie kramte ein Brettspiel hervor, das sie doch so gerne mit ihrer Mutter spielte.

Und so saßen beide auf dicken Kissen und der flauschigen Wolldecke auf dem Boden und spielten Brettspiele, lachten, tobten, alberten und kicherten herum. Zwei Stunden vergingen, ohne dass sie es bemerkten. Die Mutter hielt das Mädchen anschließend fest in ihrem Arm, drückte es an sich und schwärmte: „Ach Liebchen, das war wirklich schön heute!“

Und Christa sagte: „Na also, Mama! Endlich siehst Du es ein! Zusammen spielen ist doch immer noch am schönsten!"

ENDE

Der sprechende Vogel

Der kleine Anton war ein lieber Junge und er wünschte sich schon seit langer Zeit ein Haustier. Und weil er in der Schule gute Noten bekam, durfte er sich etwas wünschen.

So gingen seine Eltern in die Zoohandlung und hatten keine feste Vorstellung, welches Haustier sie für ihren kleinen Anton kaufen sollten.

Da empfahl der Ladenbesitzer prompt den kleinen Vogel, rechts oben mitzunehmen! Er war nicht gerade klein und seine Farbe konnte man als dunkelweiß bezeichnen, wodurch sein roter, nach vorne gekrümmter Schnabel noch mehr auffiel.

Aber das Besondere war, dass er sprechen konnte. Die Eltern wunderten sich noch, warum der Ladenbesitzer ihn nicht lieber selbst behalten wollte.

Doch als er Ihnen den Preis sagte, der sehr niedrig für einen solchen großen Vogel war, da konnten sie nicht anders und bezahlten ihn schnell, bevor der Ladenbesitzer es sich vielleicht doch noch anders überlegte. So eilten sie mit dem Käfig unter dem Arm nach Hause.

Ja, Anton hätte viel lieber einen Hasen bekommen oder Mäuse! Doch so kam der kleine Anton zu dem sprechenden Vogel!

"Wie heißt Du?", und der Vogel antwortete, er heiße Hieronymus von Vogelhausen.

"Oh", staunte Anton, "dann bist Du also ein adeliger Vogel?" "Oh ja, das bin ich! Und ich habe eine lange, ruhmreiche Ahnenreihe! In meiner Familie waren nämlich alle ziemlich berühmt"

Anton kam sich beinahe schon ganz klein vor. Der Vogel hob den Schnabel eitel nach oben und stützte seine Flügel in die Vogelhüfte: "Kennst Du zum Beispiel meinen berühmten Urgroßonkel, Pucki von Vogelhausen?"

Anton schüttelte den Kopf. "Oder meinen Neffen, Zebrafinki von Vogelhausen?", und Anton schüttelte erneut den Kopf und zuckte mit seinen Schultern.

"Aber Du kennst bestimmt meine Tante, Lora von Vogelhausen?" "Nein, kenne ich auch nicht!"

"Und meinen besonders dichterisch veranlagten Urahn, Falter von der Vogelweide?"

Auch den kannte Anton nicht, was den Vogel wohl beleidigte: "Du kennst aber auch gar nichts! Du bist ja eine Schnarchnase! Wie alt bist Du?"

"Ich bin 9 und in 10 Monaten werde ich 10"

"Ja und in 22 Monaten wirst Du 11. Man, man, man, Anton! Du bist ja ein komischer Mensch!"

"Und Du bist ein komischer Vogel", sagte Anton trotzig. "Ich wollte sowieso keinen Vogel sondern lieber einen Hasen!"

Worauf der Vogel ihn ermahnte: "Na, Freundchen, ein bisschen nett!!!"

Er musterte den Jungen streng und legte dabei seinen Kopf schief: "Du bist also 9!?

Dafür bist Du aber ganz schön groß, ideal, dass ich Dir ganz viele tolle Sachen erzählen kann!"

"Findest Du? Ich bin leider der Kleinste in meiner Klasse. Jaja, freilich kannst Du mir viele tolle Sachen erzählen, aber jetzt muss ich leider gehen. Ich gehe zu meinem Freund Flori. Aber wir sehen uns ja nachher wieder"

Hieronymus versuchte noch Anton zu überreden:

"Ach, lass doch Deinen Freund! Bleib doch lieber hier und füttere mich mit den vielen, schmackhaften Sachen, die Deine Eltern für mich gekauft haben. Und außerdem wollte ich Dir noch ganz viel erzählen!"

Anton zuckte mit den Schultern: "Tut mir leid, aber jetzt habe ich leider keine Zeit. Bis später!", und Anton eilte davon.

Am Abend kam Anton zurück und stellte ihm eilig ein Schälchen frisches Wasser in den Käfig.

Hieronymus bat Anton um etwas Aufmerksamkeit und Zeit: "Anton, mein lieber Junge, Du gehst doch wohl noch nicht schlafen?" Anton gähnte und schlüpfte schon in sein Bett: "Doch, ich bin schon sehr müde!"

Hieronymus schüttelte verständnislos den Kopf:

"Dann bring mir doch wenigstens noch die Knabberstange aus der Küche!"

Anton murmelte leise: "Nein, das mache ich morgen! Ich liege schon so schön"

Der Vogel schüttelte wieder verständnislos seinen Kopf: "Mit Dir ist aber auch nichts los!"

Am Morgen machte sich Anton für die Schule fertig und Hieronymus fragte erstaunt: "Wie? Lässt Du mich gleich schon wieder allein?"

"Ja, ich muss doch zur Schule!"

Dem Vogel riss bald der Geduldsfaden: "Aber wenn Du aus der Schule kommst, dann nimmst Du Dir aber etwas Zeit für mich und fütterst mich. Und außerdem wollte ich Dir doch noch so viel erzählen"

Anton schüttelte den Kopf: "Tut mir leid, aber daraus wird nichts! Ich habe nach der Schule direkt den Klavierkurs"

"Aber am Abend, hast Du doch bestimmt etwas Zeit für mich?", und Anton zuckte mit seinen Schultern und schüttelte dabei den Kopf: "Nein, heute Abend schlafe ich bei meinem besten Freund Michi. Aber bitteschön, hier hast Du die Knabberstange und ich lasse Dir den Käfig offen. Bis Sonntag, Hieronymus!"

Und der Junge eilte aus dem Zimmer.

Der Vogel war richtig sauer: "So ein gemeiner Junge! Nimmt sich keine Zeit für mich! Hier bleibe ich keine Sekunde länger als nötig. Ich mach' die Flatter und hoffentlich kriegt der Junge dann richtig Ärger und kein Haustier mehr", und Hieronymus zog beleidigt seinen Schnabel hoch, verließ den Käfig und flatterte auf das Fensterbrett.

Er sah sich nach links und rechts um, flog direkt zum Nachbarhaus und sah in die Fenster hinein und schon beim dritten Fenster dachte er sich: "Ah, eine alte Omi, wunderbar!", und flatterte auf das Fensterbrett von Oma Gerda. Er ließ absichtlich einen Flügel etwas hängen, der jedoch vollkommen gesund war und tippte mit seinem Schnabel gegen das Küchenfenster.

Oma Gerda ließ Hieronymus hinein: "Oh, armes Vögelchen, Dein Flügel ist ja kaputt"

Hieronymus ließ den Kopf sinken, kreuzte hinter seinem Rücken zwei Federn und schniefte: "Ich heiße Fritzchen und habe einen langen Weg hinter mir. Meine letzten Besitzer haben mich einfach samt Käfig an den Straßenrand gestellt. Nun bin ich hunderte Kilometer geflogen und kann einfach nicht mehr! ... und großen Hunger habe ich auch!", und er schielte auf den frisch gebackenen Kuchen.

"Och, Du Ärmster! Komm, ich werde Dich schön pflegen und Dir erst mal einen schönen Teller mit Kuchenkrümeln geben"

Hieronymus murmelte zufrieden: "Na also, geht doch!"

Und er verbrachte viele, schöne, kuchenreiche Jahre bei Oma Gerda!

ENDE

Tim und die Kumpelkuh

Das Abendessen war bereits verspeist, es gab frische Hühnersuppe und es war längst schon dunkel. Der Herbst brachte, wie jedes Jahr, viel Regen mit sich und draußen tobte der Herbstwind. "Mama, warum weht denn der Wind?" Seine Mutter überlegte kurz: "Damit alle Blätter von den Bäumen fallen, sonst frieren Sie doch am Baum! Und die Blätter müssen ja auf den Boden fallen und irgendwann zu Erde werden"

Ja, das verstand Tim sehr gut und ließ noch seine großen blauen Kulleraugen nachdenklich in seinem Köpfchen kreisen.

Und wie auf Knopfdruck; immer wenn es Zeit wurde, zu Bett zu gehen, fielen ihm lauter Fragen und Wünsche ein. Seine Mutter zog ihm gerade seinen Schlafanzug an, da sagte er plötzlich, vollkommen überzeugt: "Ich möchte gerne einen Hund!" "Einen Hund!?", wiederholte seine Mutter. "Ja, genau, einen Hund! Der so groß ist, wie eine Ziege!", und fügte, vollkommen überzeugt hinzu: " ... und eine Kumpelkuh!"

"Eine Kumpelkuh?? Was ist das denn?"

"Ach, Mami, dass Du so was nicht weißt! Eine Kumpelkuh natürlich!"

Tim schüttelte noch ein wenig ungläubig seinen Kopf und schien bald plötzlich ein wenig traurig zu sein. Er sprang in Mutters Arme: "Bekomme ich einen Hund oder eine Kumpelkuh?"

Seine Mutter strich ihm über den Kopf: "Tut mir leid, Tim, aber das geht leider nicht! Du hast doch schon so viele Stofftiere! Hier, den Stoffhund, den Du letzten Monat unbedingt haben wolltest"

Tim winkte ab: "Aber ein Stoffhund ist keine Kumpelkuh!"

"Ja, das stimmt allerdings", gab seine Mutter aufrichtig zu. "Und was willst Du überhaupt mit einer Kumpelkuh? Mit der kannst Du nicht mal zusammen etwas zu Abend essen!"

Tim schüttelte den Kopf: "Da kennst Du aber die Kumpelkühe schlecht, Mami!"

Sie beteten noch und Tim bekam von ihr und seinem Vater einen kleinen Kuss.

"Schlaf schön!"

Der nächste Tag verlief, wie ein ganz gewöhnlicher Tag und Tim hatte natürlich noch einige Male gefragt, ob er nicht vielleicht doch noch eine Kumpelkuh bekäme, welches seine Mutter immer mit schmalen Lippen und Kopfschütteln liebevoll verneinte.

Und kurz vor dem Abendessen, seine Mutter richtete gerade Salat und Abendbrot, fragte Tim erneut nach einer Kumpelkuh und seine Mutter antwortete wieder tröstend: "Nein, tut mir leid!"

"Ja, das tut Dir leid, aber davon kriege ich auch keine Kumpelkuh!", und seine Augen füllten sich mit Tränchen, er schniefte und rannte in sein Zimmer, wo er in den Stoffhund weinte.

Da kamen seine Eltern ins Zimmer: "Schätzchen, sieh doch mal!" Doch Tim wollte nicht schauen und sah dann doch mit verweintem Gesicht vom Stoffhund auf.

"Schau mal Tim, was wir für Dich haben! Wir haben zwar keinen Hund für Dich, der so groß wie eine Ziege ist und auch keine Kumpelkuh, aber 2 kleine Hamster. Die tun es doch auch oder?", und Tim wischte sich mit seinem Ärmel die Tränen aus den Augen und rieb freudig seine Nase an den zwei kleinen Hamsterschnäuzchen, die ihn mit ihren kleinen schwarzen Knopfäuglein putzig ansahen.

"Oh, die sind ja so niedlich!!!", freute sich Tim.

Und seine Eltern sagten noch: "Und mit Deinen zwei neuen Freunden, kannst Du wenigstens zusammen zu Abend essen! Es gibt nämlich heute Salat!"

ENDE

Das Gespenst das noch zu klein zum Spuken war

Es war einmal ein kleines Gespenst, das hieß Mühmüh! Es wohnte mit seinen Eltern und drei großen Geschwistern in dem schaurig-schönen Keller einer alten Burg. Seine zwei großen Brüder hießen Uiuii und Uaahh. Und seine große Schwester hieß Huuhh.

Mühmüh trug ein Bettlaken als Hemd mit drei eilig angenähten Brustknöpfen die bis zum Bauchnabel reichten. Die Knöpfe dienten wohl dazu, dass es nicht gleich auffiel, dass es vorher mal ein Bettlaken war. Und dieses Hemd reichte vom Kopf bis zum Boden. Wobei man niemals sein Gesicht sehen konnte! Es war schließlich unter dem Laken. Verzeihung! Unter dem Hemd natürlich! Und weil Gespenster niemals ihre Hemden wechselten, leuchteten sie auch niemals strahlend weiß. Sie schimmerten nur weißgrau. Aber man konnte noch ahnen, dass sie einst mal leuchtend-weiß gewesen waren.
Die herrschaftliche Burg war, wie es sich für eine mittelalterliche Burg gehörte, von einem tiefen Graben umgeben. Das hat man früher so gemacht, damit die Feinde nicht einfach in die Burg hineinspazieren konnten. Und so hatten Feinde erst das Wasser zu überqueren. Und mit pitschnasser Kleidung, kämpfte kein Eindringling gern.

Und natürlich stand die Burg am höchsten Punkt in der ganzen weiten Gegend. Nur die Kirche mit ihrer breiten Turmspitze, lag höher. Denn nichts durfte höher sein, als das Gotteshaus. Die Burg war eingerahmt von Wiesen und Wald, soweit man sehen konnte.

Und eine asphaltierte Straße, führte auf direktem Wege zur Burg. Denn wie sollten sonst die Besucher die Burg erreichen? Schließlich fanden dort jeden Tag Führungen statt, mit anschließender Übernachtungen.

Die Menschen liebten es, sich alte Gebäude, Denkmäler und Sehenswürdigkeiten anzuschauen. Vor allem liebten sie es, vor Ort, auch übernachten zu können. Naja und die Gespensterfamilie liebte es, wenn sie Gäste hatte.

In der Burg gab es unzählige Zimmer und Gänge. Deshalb bekam jeder Gast einen Plan in die Hand. So wollte man vermeiden, dass sie sich verliefen. Was aber selbstverständlich dennoch täglich geschah.

Und so manchen Gästen war es wohl doch etwas zu spukvoll. Denn an jenem Tag, es war Mühmühs 199. Geisterkindergeburtstag, waren die alten Gäste überraschend und eilig abgereist und es waren neue Gäste gekommen. Die Gespensterfamilie freute sich und fegte jubelnd über den Boden.

Der Abend neigte sich dem Ende, die Besucher erwartete der große Höhepunkt des Tages in Form eines großen Festes! Von diesem hielten sich die Gespenster natürlich fern.

Und nachdem man im großen Saal fürstlich gespeist und gefeiert hatte, wurde es ruhig in der alten Burg. Sehr ruhig. Naja, hin und wieder klapperte mal eine eindrucksvolle Ritterrüstung oder ein Schaukelstuhl wippte hin und her. Der Mond schien in die Gänge des Ostflügels, weshalb es durch den Schatten, im Westflügel der Burg stockfinster war. Alle lagen in ihren Betten.

Die Kirchenglocke schlug Mitternacht. Die Gespenster rissen gespannt ihre Augen auf. Schon war es Zeit zum Spuken.

Mühmüh durfte wieder mal nicht mit. Er sei noch zu klein. Schließlich sei er ja erst 199 Jahre alt. Schon schlüpfte, schlich und sauste die Familie durch die alten Gemäuer, Tunnel und Gänge der Burg. Mühmüh saß also traurig auf einem alten Bett im Keller.

Mühmüh war völlig unzufrieden. Er wollte auch endlich spuken. Er wollte nicht jede Nacht von seinen Geschwistern die herrlich schaurigen Spukgeschichten hören, die sie wieder erlebt hatten.

Und während er jede Nacht auf seine Familie warten musste, verging auch die Zeit so langsam. Jedenfalls deutlich langsamer als sonst.

Doch Mühmüh wollte nicht mehr warten. Er wollte endlich groß sein und ebenfalls spuken. Er musste bloß im Wald nach einer Hexe suchen. Die würde ihm schon irgendwie helfen können, so dachte er sich. Woher er wusste, dass es dort eine Hexe gab? Na, weil doch in jedem Märchen eine Hexe im Wald wohnt. Warum also nicht auch im Grafenwald?

So flitzte Mühmüh durch die Tür, sauste über den Hof durch das Burgtor und verließ zum ersten Mal die alten Mauern. Er war doch ein wenig überrascht: der Wald, die Bäume, sie schienen so dunkel. Wie schwarze Bösewichte, eng beieinander gesellt.

Dicht an Dicht! Noch dazu spielte der Mond gekonnt mit Licht und Schatten, was einer Gespensternacht noch mehr Spannung verleiht.

Mühmüh schwebte dennoch auf und davon in Richtung Wald.

Doch der Wald erschien ihm anders als sonst! Er hatte schon oft von der Burg aus, nachts darauf geschaut. Doch von oben sah er irgendwie freundlicher aus. Nicht so dunkel und unheimlich. Zum Glück schien in jener Nacht der Mond hell und mächtig.

Mühmüh sauste also immer tiefer in den Wald hinein. Irgendwann merkte er, dass er absolut nicht mehr sagen konnte, aus welcher Richtung er gekommen war. Das machte dem kleinen Gespenst ziemliche Angst. Doch zu groß war der Wunsch, die Hexe zu finden. Sie musste ihm einfach helfen. Wer, wenn nicht sie? Als das Gespenst losgezogen war, stand der Mond noch hoch oben und vor ihm. Inzwischen lag er weit hinter Mühmüh und dadurch wuchsen die Nachtschatten immer schwärzer.

Als Mühmüh kaum noch seine Hand vor Augen sehen konnte, hörte er sachte Schritte in seiner Nähe. War da jemand? Hatte jemand auf einen morschen Ast getreten?

Zaghaft, beinahe zitterig, fragte er halblaut: "Haalloo, ist da jemand?" Doch niemand antwortete. In seiner Angst flüchtete Mühmüh eilig. Er drosselte erst seine Geschwindigkeit als er unweit vor sich ein warmes Licht flackern sah. Es kam aus dem Fenster eines kleinen Häuschens. Er pirschte sich vorsichtig heran und lugte durchs Fenster. Innen brodelte es in einigen Kesseln und Töpfchen. Er wollte gerade anklopfen. Doch, o Schreck! Eine unangenehm knarzige, knatschige, alte Stimme hinter ihm sprach ihn an!

Was er denn suche, wollte die alte Hexe wissen. Sie schüttelte sich ein wenig belustigt und bat ihn herein.

"Ja, ja, ja ... es ist immer das Selbe. Ich weiß warum Du hier bist! Du willst gerne ein großer Geist sein. Glaube mir, da bist Du nicht der Erste!"

Sie warf rasch einige seltsame Zutaten in den Kessel, maß irgendwelche Pulver ab, kniff dabei immer ein wenig die Augen zu, da sie wohl schlecht sehen konnte.

Das kleine Gespenst sah der Hexe dabei besorgt zu. Es zweifelte inzwischen an der greisen Kräuterfrau. Doch diese schien völlig in ihrem Element, wenn auch ziemlich tattergreisig. "Sooo, dann noch etwas Fliegenpilz und ähhhmm ... Moment, Moment, Moment ... irgendwas kommt da doch noch rein ... na, war das noch mal? Moment, gleich fällt's mir bestimmt wieder ein ... ääähmm ... ach ja, genau! Drei Spinnenbeine, zwei Pelzläuse von schlecht erzogenen Meerschweinchen und ein Fledermausohr und Seite 666 aus Kafkas Gesammelten Werken!"

Dann puffte und rauchte es stark! Die Hexe und Mühmüh standen plötzlich in heftigem, tiefgrauem Qualm und husteten!

"Oh verflixt! Ich meinte eigentlich Seite 7 von Goethe! Naja, wird ja wohl hoffentlich nicht schaden, gell?"

Mühmüh wurde es mulmig im Gespensterbauch!

Autor

  • Mario Otto (Autor:in)

Liebe große und kleine Leserin, Mario Otto - Autor und Liedermacher sagt Hallo! :-) Schau Dich einfach um und kauf, was Dich am meisten anspricht! Ich wünsche Dir viel Vergnügen und freue mich auf jegliche Rückmeldung in Form von E-mail oder echter Post. Und ich schreibe auch ganz sicher zurück! Übrigens ... kennst Du schon meine Homepage? Dort kündige ich auch an, wenn ich wieder eine (kostenlose) Online-Lesung und Konzert gebe. (Handgemachte Musik!) Bis die Tage! Dein Mario Otto
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Titel: 150 Kurzgeschichten - für Kinder und Erwachsene