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BRIEF AN EVA

Adam Bricht Sein Schweigen

von Ralph Benu (Autor:in)
113 Seiten

Zusammenfassung

Mysteriendrama - nach einer wahren Begebenheit.
Erinnerung an jenen besagten Sommer.

“Gott hat die Frau nicht aus des Mannes Kopf erschaffen, dass er ihr befehle; noch aus seinen Füßen, dass sie seine Sklavin sei; vielmehr aus seiner Seite, dass sie seinem Herzen nahe sei.”
– Talmud

Über dieses Buch

Es geschah im tiefsten dunklen Wald in einer verborgenen Lichtung, die in jener Nacht vom Vollmond erhellt wurde. Dort spitzte sich die Lage dramatisch zu und veränderte alles ...
Adam genoss das Leben mit seiner großen Liebe Eva im Paradies. Bis zu dem Tag als sie aus dem Garten Eden hinausgeworfen wurden, weil sie von der verbotenen Frucht aßen. Adam meidet Eva fortan (er war sauer auf sie) und wandert ziellos umher, bis ihn ein durchdringendes Licht erfasst. Er bereute zutiefst, in den Apfel gebissen zu haben, den ihn seine Liebe gereicht hatte.
Nach einem langen zermürbenden Weg auf der Suche nach seiner verlorenen Heimat, kam er unverhofft zu einer Waldlichtung. Dort erblickt er mit seinen erschöpften Augen die Schattengestalt einer jungen Frau, die ihn mit ihrem betörenden Gesang zu erwarten scheint ...

Vorbemerkung

Die Liebe ist der Schöpfer aller Dinge. Schmerz und Leid, Gut und Böse können der Liebe nichts anhaben. Schmerz und Leid, eingegossen in das Gefäß der Liebe können schnelles seelisches Wachstum hervorbringen. Wer Leid hässlich findet, hat es selber noch nicht erlebt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


 

 

 

 

BRIEF AN EVA

Adam Bricht Sein Schweigen

 

Mysteriendrama

Nach einer wahren Begebenheit

 

 

Ralph Benu

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Copyright © 2018 Ralph Benu

Alle Rechte vorbehalten

c/o AutorenService.de

Birkenallee 24

36037 Fulda

ralphbenu@yahoo.com

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Für Maggie May

Eine Begegnung, die ich nie vergessen werde ...

 

 

 

 

 

Vorwort

 

Dieser Brief wurde nach einer Begegnung mit einer Frau aus der Wut und zugleich aus tiefer Trauer heraus geschrieben. Besser gesagt im Zustand des Deliriums.

Der Schleier meiner Illusion wurde mit dem Schwert geteilt und Fledermäuse aus der Unterwelt strömten in Scharen zu meinem Haupt. Das Unterbewusste hatte sich derart geöffnet und mein Bewusstsein so überschwemmt, dass ich die Eindrücke in Worte gesperrt habe, um ihnen Herr zu werden.

Der Brief wurde weder konstruiert, noch ist er in ein literarisches Konzept gepresst. Er wurde so geschrieben, wie es der Geist es zu jenem Zeitpunkt diktierte. Es gibt zwei Handlungsstränge, einen aus der Unterwelt und einen, der die wirklich stattgefundene Begegnung erzählt. Die beiden Stränge wechseln sich ab und sind ineinander verwoben - ja, sogar teilweise ineinander verschmolzen. Der Leser wird in die Tiefen der Unterwelt hineingezogen und ohne Vorwarnung wieder in die Realität zurückgeworfen. Das heißt aber nicht, dass die Unterwelt keine Realität darstellt – ganz im Gegenteil!

Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgehen, dass Adam und Eva in dieser Erzählung als Platzhalter für Mann und Frau in der Gegenwart fungieren – Eva steht in diesem Brief auch für die Mutter aller Menschen.

Oft werden Themen wie in einer Litanei wiederholt und von einem anderen Blickwinkel neu betrachtet. Ich bitte um Nachsicht, lieber Leser!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Über dieses Buch

 

Es geschah im tiefsten dunklen Wald in einer verborgenen Lichtung, die in jener Nacht vom Vollmond erhellt wurde. Dort spitzte sich die Lage dramatisch zu und veränderte alles ...

Adam genoss das Leben mit seiner großen Liebe Eva im Paradies. Bis zu dem Tag als sie aus dem Garten Eden hinausgeworfen wurden, weil sie von der verbotenen Frucht aßen. Adam meidet Eva fortan (er war sauer auf sie) und wandert ziellos umher, bis ihn ein durchdringendes Licht erfasst. Er bereute zutiefst, in den Apfel gebissen zu haben, den ihn seine Liebe gereicht hatte.

Nach einem langen zermürbenden Weg auf der Suche nach seiner verlorenen Heimat, kam er unverhofft zu einer Waldlichtung. Dort erblickt er mit seinen erschöpften Augen die Schattengestalt einer jungen Frau, die ihn mit ihrem betörenden Gesang zu erwarten scheint ...

 

 

 

 

 

 

Vorbemerkung

 

Die Liebe ist der Schöpfer aller Dinge. Schmerz und Leid, Gut und Böse können der Liebe nichts anhaben. Schmerz und Leid, eingegossen in das Gefäß der Liebe können schnelles seelisches Wachstum hervorbringen. Wer Leid hässlich findet, hat es selber noch nicht erlebt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Gott hat die Frau nicht aus des Mannes Kopf erschaffen, dass er ihr befehle; noch aus seinen Füßen, dass sie seine Sklavin sei; vielmehr aus seiner Seite, dass sie seinem Herzen nahe sei."

-Talmud

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kapitel 1

 

Garten Eden

 

Liebe Eva!

Die Zeit ist reif, um Dir zu sagen, dass meine Liebe für Dich in all den Jahrtausenden gewachsen, gestärkt und neu entflammt worden ist. Sie gleicht jetzt einem Diamanten, dessen Facetten neu geschliffen und poliert worden sind. Er ist für Dich neu eingefasst worden, damit Du ihn wieder an Deiner zarten Hand tragen kannst.

Zu Beginn möchte ich Dir ein paar Worte sagen, die unsere Zeit im Paradies beschreiben, und hoffe, damit Deine Erinnerung zurückzuholen.

Zusammen lebten wir in Garten Eden. Er wurde gespeist von vier Flüssen, und das Sonnenlicht funkelte auf den sanften Wellen des fließenden Wassers. Wir tranken reinstes Sein, dessen Quellen sich unaufhörlich ergossen und uns Glück bescherten.

Die Blumen blühten in königlicher Pracht und strömten den Duft der Freiheit aus. Die Vögel ließen sich an den Bäumen nieder und sangen dreimal am Tag die Melodie unserer Liebe.

Als wir uns dort zum ersten Mal begegneten, sprangen unsere Herzen voller Freude, wie Kinder, die gerade beschenkt wurden. Zusammen spielten wir auf der Insel der Seeligen, als ob es kein Morgen gäbe. Wir erfreuten uns unseres Daseins, und unsere Tage gingen nicht zu Ende.

Begierden und Scham kannten wir nicht, die uns daran gehindert hätten, tief in unseren Seelengrund zu schauen - nichts belastete unser unsterbliches Wesen. Die Liebe fand ungehinderten Austausch zwischen unseren Tempeln. Golden leuchteten unsere Seelen im Sonnenlicht, wie ein fein gewobenes Tuch aus Muschelseide.

Wir bewegten uns nach allen Himmelsrichtungen, und keine Grenze stand uns im Weg. Jeden Tag gingen wir miteinander, Seite an Seite, durch den Garten Eden, und mein Herzschlag nährte Deine Sehnsucht.

Unsere Blicke waren durchtränkt von Liebe und Ehrfurcht. Der Nektar der Liebe prickelte auf unseren Lippen, und unsere Zungen sprachen mit freien Worten.

Das Leben eroberte unsere Herzen jeden Tag neu, und es umhüllte uns mit Geborgenheit und Wärme. Die Liebe floss durch unsere Herzen und bewässerte die Heimat unserer Seele.

Im Schlaraffenland fehlte es uns an nichts, und wir stillten unseren Hunger mit den köstlichsten Speisen. Ihre Nährstoffe versorgten uns mit Anteilnahme, Geduld und Liebe.

Der Wein der Liebe stand in unseren Gefäßen bis zum Rand, er lief sogar zeitweise über und floss auf den heiligen Boden unseres Gartens.

Die Sicht in unserem Paradies war so klar wie nach einem heftigen Wolkenbruch. Frische Luft wehte sanft am Ort der Ruhe, und unsere Lungen füllten sich mit Leben.

Wir hatten die Flügel des Adlers, die sich von der Liebe emportragen ließen, und nichts blieb unseren scharfen Augen verborgen.

 

Kapitel 2

 

Zarteste Versuchung

 

Die Liebe formte Dich mit einladenden Rundungen, die der Garten zuvor noch nie gesehen hatte. Schmetterlinge flatterten um Dein Naturell, die durch den Duft Deiner Ausstrahlung angezogen wurden, und tranken den süßen Nektar von Deinen Lippen.

Aus einem tiefen Schlaf bin ich erwacht, und ich sah Dich neben mir liegen. Deine Augenlider umschlossen noch Deine Augäpfel, aber Dein Antlitz strahlte mich schon an. Ich genoss es, Dir beim Schlafen zuzusehen, und bewunderte noch lange Dein ruhendes Wesen.

Deine Reize ließ ich auf mich einströmen, und meine Sehnsucht sog sie auf, wie Löschpapier die Tinte. Dann nahm ich das Geschenk entgegen, und ich berührte Dich vorsichtig mit meiner liebenden Hand. Deine Augen öffneten sich, und Deine kristallklare Seele spiegelte sich in der meinen.

Du wurdest mir als Weggefährtin geschenkt und hattest mich gleich an der Hand genommen und mir die Richtung gewiesen. Deiner Weisheit gehorchte ich.

Immer seltener erwachte ich am Morgen mit Dir an meiner Seite. Ich stand dann sofort auf, und meine Sehnsucht suchte den Garten nach Dir ab. Zu meinem Entsetzen fand ich Dich jedes Mal einen Schritt dichter an dem Baum des Lebens. Die Früchte erfassten allmählich Deinen Sinn.

Schlussendlich sah ich Dich unter den Ästen des Baumes, und Du schautest erstaunt hinauf in die Baumkrone. Das Tier schlängelte sich leise und sanft von der Baumkrone herunter zu Deinem erstaunten Gesicht. Zugeflüstert wurde Dir mit gefühlvoller Zunge, dass Du mehr erkennen würdest, wenn Du von der roten Frucht kostetest.

Deine Neugier nach dem Verborgenen ließ Dich von der Wahrheit abschweifen, und die Dunkelheit ergriff Dein Herz.

Gedanken schlichen sich heran, in denen Dir bewusst wurde, dass Dein Liebreiz im Stande war, meine Sinne und meinen Geist zu fesseln. Plötzlich sah ich den Apfel auf Deiner ausgestreckten Hand. Die Worte, die Du mir sagtest, schmeichelten mir, und Deine zur Schau gestellten Brüste fesselten meinen Geist und freien Willen - ich biss in den sauren Apfel.

Du glaubtest, uns Gutes zu geben, uns zu der wahren Erkenntnis zu verhelfen. Du aber wolltest Deinen eigenen Garten anlegen und selbst makellose Früchte hervorbringen. Du konntest nicht wissen, dass diese Erkenntnis schwer zu tragen war und zum Tode führte. Jene Reize an Dir, die mir Freude bereiteten und die Du gegen mich ausgespielt hattest, haben uns indirekt in den Kerker gebracht.

 

Kapitel 3

 

Einfallendes Licht

 

Das Licht ist wieder in mich eingefallen. Unter Qualen und höllischen Schmerzen. Der Fehler, den wir begangen haben, ist in mein Bewusstsein gestoßen und erinnerte mich an meinen Ungehorsam. Eine ehrfürchtige Erkenntnis floss durch mein Innerstes, die mich erschaudern ließ.

Unser Augenlicht verloren wir in dem Augenblick, als das Stück des Apfels in unseren Magen fiel. Das Eldorado verschwand vor unseren Augen.

Warum haben wir uns durch Ungehorsam knechten lassen, meine Liebe und Mutter aller Menschen?

Unser Bildnis stand gebeugt und geschunden vor meinen Augen und schrie um Hilfe.

Dein betörender Gesang war in mein Ohr eingedrungen, und die Begierde nach Dir hatte mich geblendet. Ich hing an Deinem Temperament und an Deinen roten Lippen. Ich vernahm die überzeugende Stimme eines Engels, der mir durch die Frucht mehr Leben versprach. Mit dem feinen Tuch Deiner Rhetorik ersticktest Du das liebende Feuer in meiner Seele. Meine Vernunft kapitulierte: Sie war von Deinem Zauber eingenommen worden.

Deine Reize haben mich abgelenkt und zur Unachtsamkeit verführt. Du hast meine Schwäche für Dich ausgenutzt und die Zügel meines Wagens in Deine Hand genommen.

Schwach, niedergeschlagen und ohnmächtig habe ich mich in diesem Moment gefühlt. Mir wurde eiskalt, und meine Sehnsuchtsqual nach Wärme wurde unermesslich.

Zum Ritter wurde ich geschlagen, dessen einzige Mission es war, die aufgehende Sonne zu finden. Eine schwarze Rüstung wurde mir angelegt und das Schwert meines Glaubens wurde mir wieder geschenkt.

Der Sehnsuchtsschmerz nach unserer Heimat wurde mir ins Herz gemeißelt. Meine Gedanken beschäftigten sich mit nichts anderem mehr, als den Weg zurück an den Ursprung zu suchen.

 

Kapitel 4

 

An zwei Orten gleichzeitig

 

Du verließest mich immer wieder, weil Du Dich nicht auf meine Marschroute begeben wolltest. Dann bin ich Dir viele Jahre aus dem Weg gegangen. Trotz alledem klopfte die Erinnerung an Dich unaufhörlich an die Tür meines Herzens.

Meinen beschwerlichen Fußpfad zurück an unsere Quelle empfandest Du als zu langweilig. Kein Feuer brenne unter meinem Hintern, sagtest Du mir ins Gesicht. Dabei wurde auf meine Natur Feuer geworfen, das sich in mir allmählich ausbreitete und vor mir neuen Raum freilegte.

Aus dem dunklen Wald bin ich zu einer verborgenen Lichtung gekommen, die vom Mondlicht beschienen wurde. Die Strahlkraft des Mondes hatte in jener klaren Nacht, als sich unsere Blicke in der Bibliothek trafen, fast ihren Höhepunkt erreicht.

Ängstlich trat ich aus der Hölle meines Lebens heraus und begegnete Dir unverhofft. Erwartungsvolle Augen schauten mich an, und Deine Sinne tanzten einen Reigen, der mich einlud, im Takt Deines Rhythmus zu tanzen.

Der erste Blick von Dir, der sich auf meinem Seelentuch im Garten Eden eingebrannt hatte, wurde lebendig, und ich erinnerte mich an unsere unbeschwerte Zeit. Wir standen einander gegenüber auf Augenhöhe, und auf unseren Augen lag noch nicht der Schleier der Erkenntnis von Gut und Böse.

Deinen lieblichen Duft atmete ich genussvoll ein und erkannte Dich wieder als Fleisch von meinem Fleische. Voller Hoffnung schauten wir uns beide in die Augen. In der Erwartung, einen Menschen zu finden, mit dem wir Freude erfahren würden, der unser Menschsein mit Liebe annähme. Einen Menschen, der mit Stärke gesegnet war und in unsere Wunden zu schauen vermochte, die das Leben uns zufügte und uns reifen ließ.

Du standest in der Waldlichtung, und der Mondschein erhellte Dich sanft in jener wolkenlosen Nacht unserer neuen Begegnung. Du hattest mir Deine Hand gegeben, und ich durfte Dein Wesen berühren. Du schienst sehr offen zu sein. Freude empfand ich über Deine Offenheit – unsere Versöhnung war uns sicher.

Tief verbunden waren wir wieder für Sekunden. Viele Jahre waren wir voneinander getrennt, und Du hattest Dich mir wieder geschenkt. Die schmerzvolle Erinnerung an unsere Verbannung aus dem Paradies entschwand für kurze Zeit.

In Deine geweiteten Augen hatte ich geschaut, in den sich der Mond spiegelte; sie ließen mich vergessen, Deine Kunst zu verführen.

Du bist anders, dachte ich mir. Dein offenes und natürliches Auftreten drang sofort zu mir durch und berührte mein kleines Herz. Auch Du warst auf dem Pilgerweg zurück an unseren Ursprung, sagten mir meine müden und trüb gewordenen Augen.

Endlich hattest Du Dich abgespalten von Deiner Mutter, die sich von der Schlange hatte verführen lassen. Endlich hattest Du den rechten Weg gefunden, und das himmlische Geschick führte Dich und mich zur selben Zeit in diese uralte Waldlichtung.

Dieser friedfertige Blick, mit dem Du mich empfangen hattest, hatte mich wieder Mut fassen lassen, und ich wollte mich wieder auf Dich einlassen und Dir mein Leben schenken.

 

Kapitel 5

 

Grüße aus Venedig

 

Es dauerte zwei Monate, bis wir uns das erste Mal trafen. Zwischenzeitlich schrieben wir uns Textnachrichten, und ich hegte eine Vorfreude, Dich erneut zu sehen.

Das Ganze schien vielversprechend zu sein. Gegenseitiges Interesse war bei uns vorhanden, so glaubte ich, meine Dulcinea.

Deinen Aufenthalt in Italien mit deinem Vater hast Du genossen. Du schicktest mir schriftliche Küsse aus Venedig, und das in italienischer Sprache, die Sprache der Liebe und der Romantik. Deine Worte streichelten meine verwundete Seele und hinterließen den Duft von Rosenbalsam auf meinem Herzen. Mein Herz war aus der Dunkelheit herausgetreten und hatte für Dich nochmals angefangen zu schlagen, trotz der vielen Verletzungen, die ihm auf dem Lebensweg zugefügt worden sind.

Mit dem Schwert eroberte ich unzählige Wüstengebiete und folgte dem Ruf der Liebe. Auf einem nahezu endlosen Weg bin ich gewandert, staubig und steinig, der mich in die Einsamkeit führte.

Ausgedörrt war ich, und nach jedem Tropfen Wasser dieser Welt lechzend. Auf meinem langen Marsch zu Dir bin ich an keiner Oase vorbeigekommen, die mir meinen Durst hätte stillen können. Ausgetrocknet war mein Körper und glich einer ägyptischen Mumie, die für das ewige Leben konserviert worden war.

Der Weg, die Wahrheit und die Liebe haben mich in die Einöde geführt. In mein Innerstes bin ich vorgedrungen - alles wurde mir abverlangt.

Im Flussbett meiner Sinne floss fast kein Wasser mehr. Du hattest es aber kurzzeitig wieder zum Fließen gebracht, und die spärlichen Gewächse am Flussufer erblühten nochmals für kurze Zeit.

Ich wollte wieder Leben in mir haben, damit Du wieder Leben hast, da Du von mir genommen wurdest. All mein Streben galt nur dem einen Ziel, Dir wieder zu begegnen, wieder in Zweisamkeit mit Dir am Leben teilhaben zu dürfen.

Nach zwei Monaten kam es dann zu einem Telefongespräch. All meine Willensstärke wandte ich auf, um meine entkräftete Zunge zu bewegen.

Mein Pfad zurück zu Dir erschöpfte mich zunehmend. Gesteinsbrocken von meinen Vorfahren lagen überall auf dem Weg. Nur schleppend schritt ich voran auf dem steilen und verwachsenen Pfad im Dunklen des Waldes.

Meine Müdigkeit und Schwäche hatte ich unter meiner Rüstung verborgen. Den eisernen Schleier, der vor meinen Augen war, mit allen verbliebenen Kräften gehoben, damit ich Dich wiedersehen konnte.

Ich hatte Sehnsucht nach Dir, meine Gefährtin, und wollte Deinen wahrhaften Blick auf meinem geschundenen Körper spüren, dich als Gegenstück haben und mich als Mann wahrnehmen.

Oh, wie brennt das erste Telefongespräch noch im Innersten meines Marks. Gehört hatte ich es aus Deinem eigenen Mund, und doch wollte ich es nicht wahrhaben.

Ich fragte Dich, ob Du Italienisch sprächest. Du sagtest, dass Du ein paar italienische Wörter in Deinem Vokabular habest, aber wenn Du nicht weiterkämest, Du es eben mit Deinem Charme bewerkstelligen würdest.

Diesen Charme ließest Du so stark ausströmen, dass meine schon fast ausgetrockneten Sinne nochmals in einen Rauschzustand gerieten und versuchten, sich an Dich zu klammern. Immer wieder hast Du bei unseren Begegnungen mit Deinem feinen Zerstäuber der Verführung um meinen Hals hantiert.

Meine noch nicht abgestorbenen Sinne bekamen nochmals Sättigung von Deinen übertriebenen Avancen, ohne dass ich es zu diesem Zeitpunkt bewusst merkte. Ja, Du wusstest um Deine Vorzüge und wie Du damit umzugehen hattest.

Groß ist der Liebreiz Deiner geheimnisvollen Natur.

Du hast es noch nicht aufgegeben, mit Deinem Charme zu spielen und ihn für Deine Ziele einzusetzen, auch wenn er uns mittelbar den Tod gebracht hat. Du konntest Dich in all den Jahrtausenden von Deinen Waffen nicht trennen. Mächtig ist Dein Zaubergewand, in das Du Dich kleidest und mit dem du intuitiv die Welt regierst.

 

Kapitel 6

 

Große und kleine Berge

 

Das Telefongespräch, das wir zwei Tage vor unserem Treffen führten, versprach viel. Bis jetzt schienst Du an einer Begegnung ehrliches Interesse zu zeigen. Ich freute mich auf jenen Samstag, an dem wir uns gegenüberstehen würden.

Am Tag zuvor hatte ich mir frei genommen, um mich von der fordernden Arbeit und meinen inneren Qualen zu erholen. Um halb zwei verabredeten wir uns im Seerestaurant Hard, und anschließend wollten wir einen Segelausflug unternehmen. Gespannt wartete ich auf Dich und jetzt war der Tag endlich gekommen, an dem wir uns wieder gegenüberstehen würden.

Deine feine Art, Deine liebliche Sprache und Deine Ausstrahlung, all das erweckte in mir wieder das Bild, welches ich einst im Garten von Dir hatte. Meine entflammte Sehnsucht wartete auf Dich, wie ich einst auf Dich wartete, bevor ich in einen tiefen Schlaf versetzt wurde und Du aus mir entnommen wurdest. Deine Augen vermisste ich, die mich anschauten und meiner Sehnsucht sagten: „Ich bin da.“

Du fuhrst mit Deinem Fahrrad zu unserem vereinbarten Treffpunkt. Unter meiner Rüstung fiel es mir nicht leicht, Dich zu erkennen. Mit Deinen hastigen Blicken suchtest Du die Umgebung nach mir ab. Ich erinnerte mich, dass Deine Haare in der Bücherei schwarz gestrahlt hatten, und jetzt glänzten sie dunkelbraun mit blonden Strähnen.

Du erkanntest mich nicht gleich, ich ging hin zu Dir, wir schauten uns an und reichten uns die Hände. Wir suchten uns einen Tisch auf der großen Terrasse mit der Aussicht auf das Binnenbecken, das ideal für Segel- und Windsurf-Anfänger ist. Es waren noch fast alle Tische frei. Wir ließen uns am Rand der großen Terrasse nieder und waren schon neugierig aufeinander.

Der Duft der Erotik lag in der Luft, und das Gespräch wurde lebendig. Jeder erzählte mit Begeisterung von sich, beflügelt von der Anwesenheit seines Gegenstückes.

Du legtest mir gleich eine Mappe vor mit all Deinen akademischen Abschlüssen, metaphorisch gesprochen. Ich hatte mich zudem für Deine Abschlüsse gefreut. Die Prüfung für den Magister in darstellender Kunst auf Lehramt legtest Du erst vor kurzem ab, und Deine Augen sprühten vor Freude.

Jetzt im Nachhinein muss ich sagen, diese Selbstdarstellung, die Du an jenem Tag betrieben hattest, grenzte an eine Impertinenz sondergleichen. Deine Titel, die Du mir schon nach drei Minuten um die Ohren gehauen hattest, um mir zu zeigen, welchen Status Du in dieser Welt hast, fand ich zum Kotzen.

Kein Berg sagt zum anderen, er sei größer oder kleiner!

Das Beste kommt ja noch, Du hattest mir schon nach fünf Minuten vorgejammert, wie wenig Du verdienst ... also bitte, was sollte ich davon halten?

All Deine beleidigenden Fragen (zu denen ich noch kommen werde) und das Gejammer um das Geld und all das an einem der schönsten Sommertage in jenem Jahr.

Bei diesen Zeilen schüttele ich nur noch meinen Kopf, damit alle zwanghaften Bilder, die Du in meinen Schädel gehämmert hattest, herunterfielen, und ich sie dem Feuer übergeben könnte.

Zu jenem Zeitpunkt hatte ich mir nicht allzu viel dabei gedacht. Mein aufgelöstes Bewusstsein konnte die aufsteigende Intuition meiner verwundeten Seele nicht mehr greifen.

Ignoriert hatte ich die Bilder von Dir, welche mit meinem Seelentuch verwoben waren. Eingesenkt wurden sie, nachdem wir in den sauren Apfel gebissen hatten. Ausgeblendet hatte ich alles, und nicht wahrhaben wollte ich diese Aussagen von Dir.

Du warst einmal der Diamant, mit all den funkelnden Facetten im Licht der göttlichen Weisheit. Ein Geschenk, mit dem ich vielleicht etwas nachlässig umgegangen war.

Ich hätte es Dir öfters sagen sollen: Halte Dich fern vom Baum des Lebens. Immer mehr bist Du abgedriftet und hast von diesem Tier Schmeicheleien bekommen anstatt von mir.

Seitdem wir aus dem Land wo Milch und Honig fließen gegangen worden sind, weil wir die Grenzen überschritten haben, versuchte ich, einen Weg zurückzufinden. Meine Füße beschritten einen mühseligen Pfad, der auf den Karten dieser Welt nicht eingezeichnet ist.

Durchdringender Schmerz waren die Begleiter auf meinem Weg zu Dir. Er führte hinaus aus der unersättlichen Stadt mit all den verruchten Nebengassen und endete für mich auf der Lichtung, die das Mondlicht erhellte.

Nicht heilende Wunden, die mein Herz freilegten, trug ich aus den Kämpfen davon. Der mir angelegte Panzer verbarg meinen entstellten Körper, damit die Welt an mir nichts zu laben hatte.

Tödliche Verletzungen, die Du durch meinen Schutzschild nicht sehen konntest, als wir uns im Restaurant gegenübersaßen, und der Gestank meiner eiternden Wunden war noch nicht zu Deiner feinen Nase vorgedrungen.

Erwartung auf neues, lebendiges Leben an meiner Seite setzte ich in Dich, mein Engel. All meine Aufmerksamkeit hatte ich in den Gesprächen Dir geschenkt und meine Schmerzen für kurze Zeit nicht wahrgenommen. Unterdrückt hatte ich die Leiden meines Fleisches, um innig an Deiner Seite zu verweilen.

Ich glaubte, ich sei angekommen am Ziel meines Weges und ich könne Dich erneut als Geschenk entgegennehmen. Müde und fast schon leblos war ich vom Klettern auf die höchsten Berge der Welt geworden, um Dir jetzt im Mondschein zu begegnen. Erholung brauchte ich von meinem dornenreichen Fußpfad zu Dir, dann würdest Du Dich erneut an meine Seite legen.

Meine Hilflosigkeit für diese Welt erkanntest Du zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Meine Rüstung glänzte für Dich goldig im Sonnenschein dieses Sommertages, im Juli jenes bedeutungsvollen Jahres.

Ein starker Ostwind blies heute über das Wasser und ließ die Seglerherzen höher schlagen. Drei Schiffen schauten wir zu, wie sie den schützenden Hafen verließen. Ich fragte Dich, ob ich Dich einladen dürfte, und es war Dir angenehm. Ich bezahlte, und wir liefen Richtung Segelhafen.

Zu Fuß waren es zehn Minuten. Mit Anteilnahme führten wir unser Gespräch fort. Viele Radfahrer und Spaziergänger nutzten heute den sonnigen Tag, um draußen Zeit zu verbringen. Wir mussten acht geben, nicht vom regen Fahrradverkehr übersehen zu werden. Von weitem sahen wir die Segelschiffe mit ihren weißen Segeln, in denen der Wind seine Kraft entfaltete.

Der schreckliche Wind Gottes, der in meinem Herzen so stark wurde und mir entgegenblies, so dass ich meine Richtung nicht mehr gehen konnte - er hatte mich zum Stoppen gebracht. Umkehren musste ich, damit ich den Wind der Erkenntnis wieder in meinem Rücken hatte.

Das Licht, das Du beim Erwachen im Paradies sahst, das unsere Heimat erhellte – zur Suche nach diesem Licht bin ich aufgebrochen. Nicht in meine Augen schautest Du als Erstes und empfandest tiefes Glück. Nein, das alles durchdringende Licht im Garten der Wonne fiel in Dein Auge, und Du erkanntest mich als Deinen Mann.

 

Kapitel 7

 

Die Schatzkarte

 

Die Sonne hatte sich erst in den letzten Tagen durchgesetzt, und die Wasservögel drehten fröhlich ihre Runden. Das Strandbad gegenüber verbuchte die ersten Badegäste. Aber nicht mehr als ein paar wenige wagten sich ins Wasser. Viele blieben an der Sonne und genossen die wärmenden Strahlen.

Am Steg waren wir angekommen. In Reih und Glied lagen diese Schiffe im geschützten Hafen und standen bereit für eine Ausfahrt dem Horizont entgegen. Ich griff nach dem Stegschlüssel in meinem Rucksack und öffnete das Tor zu den wartenden Segelschiffen.

Du schautest mir gespannt zu, wie ich auf das Segelschiff stieg, meine Balance hielt und die Abdeckplane entfernte. In Deinem Gesicht lag ein erwartungsvoller Ausdruck - es war Dein erster Segelausflug.

Die Abdeckplane des Schiffes war jetzt zusammengelegt und am Steg angebunden. Ich reichte Dir meine Hand und half Dir auf die White-Lady, die voller Freude darüber war, Dich das erste Mal begrüßen zu dürfen.

Die verborgenen Tiefen meiner Seele durchschritt ich, um Dir noch einmal meine Hand zu reichen. Dir in mein Boot zu helfen, mit dem ich über die sechs Weltmeere gesegelt war. Jetzt galt es wieder, mit neuer Erfahrung, die Segel aufzuziehen und mit Dir das siebte Weltmeer zu besegeln.

All die quälenden Jahre keine Berührung mehr von Dir, meine Prinzessin. Wo hattest Du Dich versteckt, Fleisch von meinem Fleische, das aus meiner Seite entnommen worden war?

Etwas ungeschickt griff Deine mit Leben durchzogenen Hand nach meiner absterbenden Klaue. Sobald meine Hand die Deine berührte, vernahm ich den Schlag Deines suchenden Herzens.

Für mich nach all den Jahren des Einsiedlerlebens ein Geschenk, das mit Gold nicht aufzuwiegen war. Die Berührung Deines Fleisches hatte mir noch einmal Geschmack verliehen, und ich war nahe daran, meine Lippen für Dich zu öffnen. Es fühlte sich an wie die erstmalige Verbindung mit Dir in Garten Eden.

Wie gern wollte ich Dich an meinen Körper ziehen und Dir meine verborgene Schatzkarte in Form einer großen Wunde zeigen, die mich zu Dir auf diese Mondlichtung führte.

Meine naive Verliebtheit in Dich war auf den auszehrenden Wegstrecken zu Dir verblasst. An meine offene und blutende Seite wollte ich Dich ziehen, damit meine Wundheilung schnell voranschritt.

Meine Wahrheit, unsere Wahrheit, wollte ich Dir zeigen. Zeit und Geduld hättest Du mir schenken müssen. Die Wunden meiner Einsicht wollte ich vor Dir nicht mehr zurückhalten, mein Goldstück.

Der Gebirgspfad, der aus den reinsten Diamanten bestand, hatte den Granitstein, der mein Herz umschloss, immer mehr abgeschliffen. Bei unserer Begegnung bestand der Stein nur noch aus einer hauchdünnen durchsichtigen Hülle.

Nur meine Eisenrüstung verdeckte die Sicht zu meinem offenen Herzen. Zeigen wollte ich Dir mein Herz, wie es nach all den Jahren der Enttäuschungen immer noch für Dich schlug.

Den Pfad, auf dem ich ging, wollte ich Dir zeigen. Dieser Weg war steinig und stetig ansteigend. Zur selben Zeit stetig hinabsteigend in die Unterwelt meines Seins.

Ich wollte mich vor Dir ausziehen und Dir meine duftenden Wunden zeigen, damit Du wieder Anteil an mir nähmst. Nie zuvor hättest Du so etwas gesehen, nie zuvor hättest Du solche Gefühle der Ohnmacht in Dich aufnehmen müssen.

Mann wollte ich Dir wieder sein, und mein blutiges Schwert weglegen, damit beide Hände nach den Deinen greifen könnten. Dich an meine offene Seite heranziehen, damit mein liebendes Herz Dich wieder nähren könnte.

Die Männlichkeit hatte Dir an mir gefehlt, und trotz meiner Schwachheit war ich als Sieger von den größten Schlachten zu Dir auf die Mondlichtung gekommen. Unsere Wege hatten sich unerwartet auf der Lichtung des Waldes gekreuzt, und der Mond hatte, in dieser kalten Nacht, schon fast seine ganze Fülle erreicht.

All die Gefahren, welchen ich ausgesetzt gewesen war, hatten mich heranreifen lassen, der sich allen Widrigkeiten im reich der Finsternis entgegengesetzt hatte. Im Kampfe hatte ich mich bewährt, um wieder bei Dir zu sein.

Alles hatte ich gegeben für Dich, meine Liebe. Zurück wollte ich zu Dir, um mit Dir am Ort des Glücks Ruhe zu finden und mit Dir in fürstlicher Atmosphäre die Zweisamkeit zu genießen.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752143737
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (April)
Schlagworte
Hoffnung Leid Drama Romantik Beziehung Heldenreise Mystik Liebe Brief Sieg Romance Fantasy Lyrik Gedicht Poesie

Autor

  • Ralph Benu (Autor:in)

Der Autor Ralph Benu lebt in Österreich und verfasst überwiegend mystische Texte. Seine Leser entführt er zu verborgenen Welten, der menschlichen Seele.