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Die mystische Rolle

von R.D.V. Heldt (Autor:in)
129 Seiten

Zusammenfassung

Ein flippiges Buch mit coolen Sprüchen und einer zauberhaften Geschichte für Jugendliche, junge Erwachsene und Junggebliebene. Bei einem Spaziergang mit ihrem Hund Maxi findet Betty auf ungewöhnliche Weise eine alte Schriftrolle. Was es damit auf sich hat, wird sie bald erfahren. Allerdings muss sie dafür ein Rätsel lösen. Auf unheimliche Weise enthüllt sich das Geheimnis der Rolle und Betty steht ein sehr guter Freund zur Seite, der sie in allen Lebenslagen unterstützt. Spontane Lacher sind ebenso garantiert, wie besinnliches Abgleiten in die Mystik.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1


Betty Braun, eigentlich Elisabeth Braun – sie konnte nie verstehen, wie ihre Eltern ihr das antun konnten und ihr diesen Namen gaben. Aber wahrscheinlich, weil ihre Großmutter väterlicher Seite ebenso hieß. Zum Glück nannten sie aber fast alle Betty.


Also, Betty war ein ganz normaler Teenager von fast sechzehn Jahren. Ihre beste Freundin war Angela Kunz, genannt Angie. Beide kannten sich schon aus der Grundschule und waren nun Internatsschülerinnen der zehnten Klasse – Mittelstufe. Ihr Wohnort war München. Ganz so normal war Betty in den Augen vieler Gleichaltriger wohl doch nicht, denn immerhin wohnte sie mit ihren Eltern in einem prächtigen Haus, direkt in Münchens Nobelviertel. Ihr Vater war nämlich ein ziemlich hohes Tier in einer bekannten pharmazeutischen Fabrik. Betty sollte später studieren und vielleicht in Vaters Fußstapfen treten.

Aber bis dahin dauerte es ja noch eine Weile. Sie genoss ihr Teeniedasein und war zufrieden, so wie es war.


Dies sollte sich jedoch ändern, als sie an einem Ferientag im Sommer mit ihrem kleinen Hund Maxi im nahegelegenen Park Gassi ging.

Betty saß auf der Parkbank und war ganz darin vertieft, auf ihrem Handy die SMS ihrer Freundin Angie zu beantworten. Es blieb natürlich nicht bei einer SMS und so ging es ständig hin und her. Darum achtete sie auch nicht auf ihre Hündin Maxi, die mit viel Energie neben der Parkbank in der Erde wühlte.

Betty wurde abrupt aus ihren Gedanken gerissen, als ein älterer Herr vor ihr stehen blieb und mit grimmiger Miene sagte:

„Na das ist ja wohl ein dicker Hund. So geht das aber nicht. Sitzt auf der Bank und passt nicht auf, was ihr Köter anstellt!“

Nun schaute sie auf Maxi und sah erst jetzt, dass diese ein ziemlich tiefes Loch gebuddelt hatte, was sie auch nicht besonders gut fand, antwortete aber schlagfertig:

„Das ist kein dicker Hund, sondern ein schlanker, süßer Rauhaardackel und keine Bange, das bringe ich schon wieder in Ordnung.“

Etwas Unverständliches vor sich hinmurmelnd ging der Mann weiter. Schnell schickte Betty noch eine SMS an Angie in der sie mitteilte, dass sie sich später noch einmal melden würde, weil sie nun keine Zeit mehr hatte. Gleich danach kümmerte sie sich um Maxi. An der Leine zog sie diese vom Loch weg, schimpfte aber nicht mit ihr, denn zur Natur eines Jagdhundes und besonders eines Rauhaardackels gehörte es Beute aufzuspüren und auch in der Erde zu graben.

Gerade wollte Betty die Erde wieder ins Loch schieben, als sie etwas entdeckte. Ganz unten im Erdloch lag eine Kiste. Dem Aussehen nach ähnelte sie einer Zigarrenkiste.

Vielleicht hatte hier jemand etwas Wertvolles versteckt, dachte sie und holte die Kiste heraus. Bevor sie die Kiste vorsichtig öffnete, betrachtete sie sie von allen Seiten. Enttäuscht sah sie, dass kein Schatz darin war, sondern nur eine alte und schon ziemlich vergilbte Schriftrolle. Sie wollte die Kiste gleich wieder schließen und zurücklegen, aber dann siegte ihre Neugier. Sie nahm die Schriftrolle heraus, rollte sie ganz behutsam auf und las, was dort geschrieben stand.


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Betty verstand dies alles nicht. Für sie handelte es sich nur um irgendein Kauderwelsch, ein Blabla, welches keinen Sinn ergab. Trotzdem fand sie irgendwie Gefallen an der Rolle. Darum packte sie sie wieder ein und verstaute die Kiste zwischen allen anderen Sachen, die ein Teenager benötigte, in ihrem Backpack. Bevor sie sich aber mit Maxi auf den Heimweg machte, schob sie die Erde zurück ins Loch und trat anschließend den Boden mit den Füßen schön fest, so, dass nichts mehr an ihren wühlwütigen Hund erinnerte.


Zu Hause angekommen schmiss sie den Backpack in eine Ecke ihres Zimmers und schaltete ihr Laptop ein, denn sie musste unbedingt mit Angie chatten. Es dauerte aber nicht lange bis beide feststellten, dass es günstiger wäre sich zu treffen, als stundenlang im Netz verbunden zu sein. Also kam Angie rüber.

Die Freundinnen erzählten sich den neuesten Tratsch aus ihrem Bekanntenkreis und Betty dachte gar nicht mehr an die Rolle.

2


Als Betty am Abend schon in ihrem Pyjama war und ins Bett gehen wollte, fiel ihr die Rolle wieder ein.

Sie kramte die Kiste aus ihrem Backpack hervor und setzte sich damit bequem in die Ecke ihres Bettes, das in einer Nische an der Wand stand. Dann las sie nochmals sehr aufmerksam den Text.

„So ein Quatsch“ sagte sie leise vor sich hin und Maxi, die in ihrem Körbchen neben dem Bett lag, hob den Kopf. Weil aber weiter keine Ansage gemacht wurde, legte sie sich wieder hin. Obwohl Betty es für Unsinn hielt, reizte es sie das angebliche Rätsel zu lösen. Welcher Name konnte gemeint sein?

Folglich fing sie an, aus den vorgegebenen Buchstaben Namen zu bilden, die sie, zum Verdruss von Maxi, jeweils drei Mal vor sich hin sprach:

„Rasci, Rasci, Rasci – Icars, Icars, Icars – Saric, Saric, Saric.“

Nichts passiert, dachte sie bei sich, ich wusste doch dass es Blödsinn ist.

Abschließend rief sie dann noch, ohne nachzudenken, einfach aus Spaß,

„Caris, Caris, Caris.“


Sie lachte und wollte gerade die Rolle weglegen, als auf einmal Umrisse im Zimmer zu erkennen waren und dann stand er plötzlich da, in voller Größe.

Maxi, die sonst jeden Fremden erst einmal mit Gebell begrüßte, verhielt sich merkwürdig. Schwanzwedelnd stand sie vor ihm, ohne einen Laut von sich zu geben. Betty hingegen kauerte sich noch weiter in die Ecke, nahm ein Kissen vor ihre Brust und drückte es fest umschlungen an sich. Sie war wie erstarrt vor Schreck. Mit weit aufgerissenen Augen blickte sie ihn an und zitterte am ganzen Körper, unfähig ein Wort zu sagen.

„Oh, nicht schon wieder“ sagte Caris. Er schüttelte dabei seinen Kopf und rollte mit den Augen.

„Da ruft ihr mich und wenn ich erscheine, macht ihr euch vor Angst fast in die Hosen.“

Betty war noch immer nicht in der Lage etwas zu sagen und als Caris dann noch auf sie zukam, begann sie leise zu wimmern. Er merkte, dass er wieder einmal sanft vorgehen musste.

„Du brauchst Dich nicht zu fürchten. Du hast mich doch bei meinem Namen gerufen und kennst auch den Inhalt der mystischen Rolle. Wer das Rätsel um meinen Namen löst und mich drei Mal ruft, dem werde ich ein Leben lang dienen und ihn beschützen. Allerdings muss derjenige besonnen handeln und entweder einen Wunsch äußern oder in Gefahr sein. Beherzigt er das nicht, werde ich nach fünf unbedachten Handlungen nie wiederkommen. Ein Mal hast Du heute schon vertan, denn Du hast Dir weder was gewünscht, noch bist Du in Gefahr.“

Betty hatte sich inzwischen beruhigt und aufmerksam Caris Worten gelauscht. Darum sagte sie nun schnell:

„Das stimmt nicht. Ich wünsche, dass Du mir alles über Dich erzählst.“

„Hm, ich merke Du lernst schnell. Also gut, höre zu“ und Caris begann zu erzählen.

„Ich diente schon vielen Herren, solange sie auf Erden weilten. Alle hatten wie Du die Rolle gefunden und das Rätsel gelöst. Keiner hat mich je enttäuscht, denn sie haben die Regeln befolgt. Die Rolle mussten sie mir gleich nachdem sie den Inhalt kannten zurückgeben, damit ich sie sicher verwahren konnte und sie nicht in falsche Hände geriet. Auch von Dir verlange ich die Rolle zurück. Einen Tag kannst Du sie noch behalten, um noch einmal alles genau nachzulesen. Dann hole ich sie. Rufe mich morgen, wenn Du soweit bist und sage – ich wünsche mir, dass Du die Rolle nimmst - . Du bist jetzt mein neuer Herr. Wenn Du mich rufst, dann komme ich. Möchtest Du im Moment noch mehr wissen?“

Betty war nun sichtlich zutraulicher, denn während Caris sprach, hatte sie ihn genau betrachtet. Er war sehr muskulös, gebräunt, trug ein weißes Achselshirt und eine schwarze Trainingshose. Auf dem Kopf war er kahl und erinnerte Betty ein wenig an eine Figur aus der Putzmittelwerbung, denn er hatte sogar eine Creole im linken Ohrläppchen. Sie fand ihn eigentlich sehr sympathisch.

Darum antwortete sie auf seine Frage:

„Ja, wie lange machst Du das schon und bist Du ein richtiger Geist?“

„Da muss ich wohl am Anfang beginnen“ fuhr Caris fort.

„Also. Geboren wurde ich im Jahr 1451 n. Chr. in Irland. In dieser Zeit gab es noch die Hexenverfolgungen. Als Jugendlicher zog es mich immer nach Stonehenge und dort traf ich tatsächlich auf gute Hexen, die regelmäßig ihre Rituale veranstalteten. Irgendwann nahmen sie mich in ihrem Zirkel auf, obwohl ich keinerlei Kräfte besaß. Es waren eben gute Hexen, bei denen ich mich wohlfühlte und die niemandem ein Leid zufügten, ganz im Gegenteil. Sie halfen den armen Menschen und heilten viele Krankheiten. Trotzdem wurden sie verfolgt und wenn man sie erwischte, öffentlich hingerichtet.

Eines Tages, ich war gerade 35 Jahre alt, erwischten sie auch mich. Ich wurde der Hexerei angeklagt und getötet. Die Hexen trauerten um mich, konnten mich aber natürlich nicht wieder lebendig machen. Mein Tod war grundlos und darum belegten sie meinen Leichnam mit einem Zauber und verwandelten meine Seele in einen Geist. Von da an muss ich guten Menschen dienen und sie beschützen. Nur derjenige, dem ich diene kann mich sehen, alle anderen können nur meine Stimme hören. Sie verfassten gleichzeitig auch die Schriftrolle und belegten sie ebenfalls mit einem Zauber. Nur wer reinen Herzens ist kann diese finden und lesen, für alle anderen bleibt die Schrift verborgen.

Heute frage ich mich oft, ob sie mir damit etwas Gutes getan haben? Aber ich will mich nicht beschweren. Es ist eben alles Schicksal, dem man nicht entkommt.“

„Wow“, stellte Betty fest,

„für einen 560 Jahre alten Geist bist Du ganz schön cool.“

„Tja“, antwortete Caris ihr,

„man muss sich der Zeit immer anpassen, sonst verstaubt man und das wäre doch langweilig.“

Nun wollte Betty noch wissen, warum Maxi bei ihm so ganz anders reagiert hatte und Caris erklärte auch das.

„Tiere haben einen sehr feinen Instinkt und können mich auch wahrnehmen. Sie zeigen viel ehrlicher als die Menschen was sie empfinden. Sie spüren dass ich ihnen nichts antue und merken dass ich sie liebe. Darum lieben sie mich auch.“

Fürs erste war Betty zufrieden und hatte keine weiteren Fragen. Darum verschwand Caris ebenso lautlos wie er erschienen war. Betty dachte noch eine Weile über das Erlebte nach, schlief dann aber ein.


Gleich am nächsten Morgen, im Haus war es noch still, schlich sie sich mit der Rolle in das Büro ihres Vaters und machte eine Kopie. Diese Kopie schob sie zwischen ihre Schulhefte, damit sie keiner fand. Die Originalrolle las sie noch einmal ganz genau durch, bevor sie sie zurück in die Kiste legte, wie vereinbart Caris rief und ihm die Rolle zurückgab.


Als Caris fort war, holte sie die Kopie wieder hervor. Doch was war das? Das Blatt war leer. Keine Spur von einem Text. Das war Magie. Die Rolle behielt ihr Geheimnis.

Aber klar, jetzt fielen ihr wieder Caris Worte ein – nur wer sie findet kann sie lesen - . Darum war die Schrift verschwunden, damit kein anderer den Inhalt erfuhr.

3


Das Frühstück war die einzige Mahlzeit am Tag, an der die ganze Familie teilnahm, also Vater, Mutter und Betty. Sie alle genossen dies sehr, denn gleich im Anschluss musste der Vater zur Arbeit und Bettys Mutter hatte sich, als gelernte Kosmetikerin, im Untergeschoß des Hauses ein kleines Studio eingerichtet. Hier behandelte sie noch einige Privatkundinnen. Darum wurden beim Frühstück auch alle anfallenden Termine und Probleme, aber auch aktuelle Dinge besprochen.

Von Caris wollte Betty allerdings nichts erzählen, auch Angie nicht. Es hätte ihr sowieso niemand geglaubt und Beweise hatte sie ja keine mehr.

Als sie an diesem Morgen in die Küche kam, saß ihr Vater bereits am gedeckten Frühstückstisch, während ihre Mutter sich noch um den frisch gebrühten Kaffee kümmerte, den sie gerade aus der Glaskanne in eine Warmhaltekanne umschüttete.

„Morgen Paps“ begrüßte Betty ihren Vater und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Nachdem sie ebenso auch ihrer Mutter einen guten Morgen gewünscht hatte, nahm sie am Tisch gegenüber ihrem Vater Platz.

Mit einem Hundeblick, den Maxi nicht besser hinbekam, schaute sie ihren Vater aus großen braunen Augen an und sagte leise und langgezogen:

„Paaps?“

Das Fragezeichen dahinter konnte man förmlich spüren und Bettys Vater sagte nur:

„Was ist es diesmal?“

„Hm“ druckste Betty noch einen kleinen Moment herum, bis sie mit der Sprache herauskam. Inzwischen hatte sich auch ihre Mutter dazugesetzt.

„Ihr wisst doch, dass Eddie am Wochenende eine Fete schmeißt. Heute Nachmittag fährt Angie mit ihrer Mutter shoppen und ich wollte fragen, ob ich mitfahren kann?“

„Seit wann fragst Du uns?“ wollte ihr Vater wissen.

„Das hat doch sicherlich einen anderen Grund.“

„Na ja,“ druckste Betty wieder

„ich hab´ mal nachgeschaut und finde nicht so recht etwas was ich anziehen könnte. Da dachte ich,“

„Da dachtest Du“, unterbrach ihr Vater sie,

„ich kauf mir einfach neue Sachen für die Party. Aber da ich mein Taschengeld schon ausgegeben habe, frage ich einfach meinen alten Herrn. Stimmt ´s?“

Betty tat verlegen und hauchte:

„Ja.“

„Wie gut wir Dich kennen“ fühlte ihr Vater sich bestätigt und ergänzte:

„Normaler Weise gibt es das nicht und das weißt Du auch. Du sollst lernen mit Deinem Geld auszukommen. Da wir dieses Jahr aber nicht in den Urlaub gefahren sind, bist Du ein wenig zu kurz gekommen. Darum wollen wir mal nicht so sein.“

Während er noch sprach, holte er seine Geldbörse aus der Gesäßtasche seiner Hose, entnahm einen Geldschein und schob Betty einhundert Euro über den Tisch zu.

Diese sprang auf, stürzte sich auf ihren Vater, dass dieser bald den Halt auf dem Stuhl verlor und überfiel ihn mit Dauerküssen. Dabei rief sie ständig:

„Danke, danke, danke.“

Auch ihre Mutter blieb nicht unverschont und Betty bedankte sich ebenfalls bei ihr mit vielen Küssen.

Der Vater ermahnte Betty nur noch sich aber anständige Sachen dafür zu kaufen, bevor alle in Ruhe frühstückten.


Um 15.00 Uhr klingelte es an der Haustür. Es war Angie. Als Betty geöffnet hatte fragte ihre Freundin gleich:

„Na, hat es geklappt? Kommst Du mit?“

„Logo“ war die Antwort.

„100 Euro hab´ ich gekriegt. Dafür gibt es bestimmt tolle Klamotten.“

„Dann komm, lass uns los, meine Mutsch wartet schon“ forderte Angie sie auf.

Rasch holte Betty noch ihre Umhängetasche und schrie nach unten zu ihrer Mutter, dass sie jetzt fahren würden. Nachdem sie deren o.k. vernommen hatte, schloss sie die Haustür und beide Mädchen stiegen in den Wagen zu Angies Mutter, die schon auf der Einfahrt parkte.

Es dauerte nicht lange bis sie die Innenstadt erreicht hatten. Der Wagen wurde in einem Parkhaus abgestellt und der Spaß konnte beginnen.

Da Angies Mutter andere Dinge besorgen wollte, trennten sich hier auch ihre Wege. Sie machten eine Zeit aus, zu der sie sich wieder im Parkhaus treffen wollten und schlugen dann verschiedene Richtungen ein.

Die beiden Mädchen waren voll in ihrem Element. Schnatternd und lachend zogen sie an den Schaufenstern vorbei und begutachteten die Auslagen. So recht konnte sie aber nichts begeistern und sie beschlossen, zunächst in einem Kaufhaus ihr Glück zu versuchen. Wie ferngesteuert eilten sie auf die Textilabteilung zu. Hier rotierten nun die Ständer mit den T-Shirts, Blusen und Röcken. Leider gab es keinen Treffer. Entweder fanden sie die Sachen zu öde oder altmodisch, oder aber die Farben trafen nicht ihren Geschmack.

Bei den Jeans wurde Betty dann fündig. Sie entschied sich für eine blue bleached Caprijeans. Da es eine Stretchjeans war, passte sie wie angegossen und betonte Bettys schlanke Figur.

Nur halbwegs befriedigt verließen beide das Kaufhaus, denn was nutzte eine tolle Hose, ohne entsprechendes Oberteil. Somit setzten sie ihren Trip fort.

Plötzlich blieb Betty wie angewurzelt stehen, deutete mit dem Zeigefinger der rechten Hand auf ein rotes Top, mit dem eine Schaufensterpuppe in einer Boutique dekoriert war und stammelte immer nur:

„Da, da, das ist es.“

Sie packte Angie am Arm und zog sie mit sich in den Laden.

Die Verkäuferin war sehr freundlich, suchte für Betty das Top in der passenden Größe und führte sie damit zur Umkleidekabine, wo Betty es schnell anzog, um es Angie zu präsentieren.

„Oh Mann, ist das ein sexy Teil, einfach geil“

brach es aus Angie heraus, als sie ihre Freundin darin sah.

Es war aber auch toll, hatte ganz schmale Träger, bedeckte aber alles was nötig war und betonte trotzdem den Oberkörper. Der Clou waren aber die Pailletten, die den oberen Rand des Tops umsäumten.

Die Freundinnen nickten sich nur zu, dann war es beschlossen. Betty zog sich wieder um und ging mit ihrer Errungenschaft zur Kasse.

Unterwegs entdeckte sie noch ein Bolero, im Farbton passend zum Top, das sie ebenfalls mit zur Kasse nahm, denn am Abend konnte es ja kühler werden und sicher war sicher.

Langsam war es auch an der Zeit, an den Rückweg zu denken.

Als sie an einem Bäckerladen vorbeikamen und Betty noch zwanzig Euro übrig hatte, spendierte sie sich und Angie eine Laugenbrezel und einen Coffee to go. Für einen längeren Aufenthalt in einer Eisdiele reichte die Zeit leider nicht mehr.

Pünktlich kamen sie im Parkhaus an, wo sie bereits von Angies Mutter erwartet wurden. Nach kurzem Bericht über die erstandenen Sachen traten sie die Heimfahrt an.

Zu Hause musste Betty dann gleich ihren Eltern die neue Garderobe vorführen. Die fanden alles ganz chic und Betty war glücklich.

4


Pubertierende Mädchen sind nicht immer einfach. Dies musste auch Caris erleben.

Betty hatte am nächsten Tag ihre neuen Sachen angezogen und drehte sich damit vor ihrem Standspiegel hin und her. Beäugte ihre rechte Seite, drehte sich herum und schaute sich ihre linke Körperhälfte an. Sie wirkte sichtlich unzufrieden.

Dann hatte sie einen Entschluss gefasst und rief drei Mal nach Caris.

Dieser erschien auch im Nu und schaute verblüfft, als er Betty vor dem Spiegel herumtänzeln sah.

„Was liegt an?“ fragte er kurz.

Direkt, ohne Umschweife sagte Betty:

„Ich wünsche mir größere Brüste.“

Das war auch für Caris nicht alltäglich und etwas verstört antwortete er:

„Oh ne, was hast Du für´n Problem? Weißt Du was Du sagst?“

„Ja,“ sagte Betty sehr überzeugend „ich wünsche mir größere Brüste.“

Caris sagte nur:

„Wenn Du unbedingt willst, bitte.“

Er schnippte mit den Fingern und Bettys Brüste wuchsen. Sie wuchsen mehr und mehr, bis sie fast die Größe von Kokosnüssen erreichten.

„Halt,“ schrie Betty „so war das aber nicht gedacht.“

Die Größe ihrer neuen Brüste überforderte sie und sie sackte auf ihr Bett.

„Wie soll ich wissen was Du gedacht hast?“ spottete Caris.

„Größere Brüste sind eben größere Brüste. Alles andere wäre Verschwendung. Tennisbälle hast Du alleine.“

„Mach es wieder rückgängig“ bettelte Betty.

„Wie heißt das?“ forderte Caris.

„Ich wünsche mir meine alten Brüste zurück“ stammelte Betty.

„Na also, geht doch“ sagte Caris, bevor er mit den Fingern schnippte und Bettys Brüste wieder ihre ursprüngliche Form annahmen.

„Rein in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln. Ihr Teenager wisst einfach nicht was ihr wollt. Bist Du nun zufrieden?“ vergewisserte er sich.


Plötzlich ging die Tür auf und Bettys Mutter kam ins Zimmer. Caris verhielt sich mucksmäuschenstill, denn sehen konnte sie ihn ja nicht. Er durfte sich auch nicht in den Sessel setzen, denn dann gäbe es Abdrücke, die ihn verraten könnten. Also blieb er auf der Stelle stehen.

„Was ist los, warum schreist Du so laut?“ wollte die Mutter von Betty wissen.

Etwas verdattert, aber doch spontan antwortete diese:

„Ich, äh, hab ich geschrien?“

„Ja, Du hast ganz laut halt gerufen“ erklärte die Mutter.

Betty tat einen Moment als würde sie nachdenken.

„Ach das. Ich habe mit Angie telefoniert und hatte den Freisprecher eingeschaltet, weil ich meine neuen Sachen anprobiert habe. Als sie dann auflegte, wollte ich noch etwas sagen und habe darum halt gerufen. Kam aber zu spät.“

Weil die Tür offen geblieben war, kam Maxi herein und lief geradewegs schwanzwedelnd auf Caris zu.

Dieser ging nun immer weiter rückwärts, bis er mit seinem Kopf an die Ecke des Hängeregals stieß, welches an der Wand befestigt war.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht rieb er sich mit der rechten Hand den Kopf und konnte sich ein kurzes Grunzen nicht verkneifen.

„Was war das“ horchte Bettys Mutter auf „und was macht Maxi in der Ecke?“

Ach du Schande dachte Betty sagte aber:

„Was? Ich habe nichts gehört.“

Sie ging auf Maxi zu und nahm sie auf den Arm. Sie streichelte ihren Hund und sagte:

„Du suchst bestimmt Dein Spielzeug in der Ecke. Wir schauen gleich einmal nach.“

Etwas ungläubig schaute Bettys Mutter sich noch einmal um, verließ dann aber das Zimmer.

„Autsch“ fing Caris an, als er aber von Betty durch ein

„psst“ unterbrochen wurde. Sie flüsterte:

„Nicht so laut, meine Mutter könnte Dich noch hören. Warte einen Moment.“

Leise schlich sie zur Tür, öffnete diese einen Spalt und sah, dass ihre Mutter bereits unten an der Treppe angekommen war.

„Die Luft ist rein“ gab sie Entwarnung und schloss wieder vorsichtig die Zimmertür.

„Was wolltest Du sagen?“

„Au, au“ stöhnte Caris und rieb sich noch immer seinen Kopf.

„Das ist ja gerade noch einmal gut gegangen. In Zukunft musst Du besser aufpassen. Ich will durch Dich ja nicht zum Invaliden werden. Aber eines muss ich Dir lassen, Du bist ganz schön gerissen und um Ausreden nicht verlegen. Donnerwetter.“

„Zeig mal Deinen Kopf“ befahl Betty und während sie nachschaute sprach sie weiter:

„Ja, kleine Notlügen sind erlaubt. Mit Deinem Kopf ist äußerlich alles in Ordnung, aber vielleicht ist innen etwas durcheinandergeraten“ spöttelte sie.

„Vielen Dank auch,“ entgegnete Caris ebenso spöttisch

„bei dem, was Du anstellst, wäre es nicht verwunderlich.“

Als Caris sich wieder verabschieden wollte sagte sie noch schnell:

„Ach, übrigens kannst Du morgen mal ausspannen. Angie und ich wollen mit unseren Freunden abhängen. Dann werde ich Dich kaum rufen.“

Caris verschwand.

5


Am nächsten Tag trafen sie und Angie sich mit ihren Freunden zu einem Picknick.

Ein paar Jungens aus ihrer Clique hatten schon einen Führerschein und einer sogar ein eigenes Auto. Zwei andere borgten sich den Wagen von ihren Müttern. So war die ganze Gruppe untergebracht und gemeinsam fuhren sie zu einem Waldhügel.

Direkt vor dem Hügel befand sich ein freier Wiesenplatz. Er war ideal für ihr Vorhaben und sie beschlossen, hier alles aufzubauen.

Mehrere Decken wurden ausgebreitet, auf denen sie es sich bequem machten. Nur einige hatten noch etwas zu tun. So baute ein Freund noch den mitgebrachten Holzkohlegrill auf, um Würstchen und Fleischstücke darauf zu grillen. Das war zwar nicht erlaubt, aber wen störte es schon. Für Teenager galten eben manchmal etwas andere Gesetze. Solange nichts passierte, war es ja auch o.k.

An Plastikteller, -bestecke und –gläser hatten sie auch gedacht. Es konnte also losgehen.

Sie waren sechs Mädchen und fünf Jungens und insgesamt eine lustige Runde.

Das Fleisch und die Würstchen brutzelten schon auf dem Grill, als sich noch zwei Nachzügler dazugesellten.

Es war Eddie, der seinen Cousin mitbrachte.

Wow, dachte Betty und ihr fielen fast die Augen heraus,

sieht der gut aus.

Dabei handelte es sich um Toni. Er kam aus Norddeutschland und war zu Besuch bei Eddies Familie. Daher kannten sie ihn bisher auch nicht. Als er Betty begrüßte wurde sie verlegen und Röte stieg ihr ins Gesicht.

Nur nichts anmerken lassen dachte sie und griff schnell nach ihrem Plastikglas mit Wasser, um zu trinken. Doch das Glas rutschte ihr aus der Hand und das Wasser ergoss sich über ihr T-Shirt. Jetzt hatte sie natürlich alle Aufmerksamkeit. Alle lachten und verbanden das Erröten mit dem kleinen Unfall. So hatte das nasse T-Shirt durchaus etwas Gutes.

Nach dem Essen wurde das Plastikgeschirr in extra mitgebrachte Müllsäcke entsorgt, die Grillkohle mit Wasser gelöscht und nachdem sie erkaltet war, ebenfalls in einen Müllsack befördert. Sie verhielten sich wirklich vorbildlich.

Als alle Arbeit erledigt war, setzten sie sich in Gruppen zusammen, je nach Interesse.

Einer hatte zum Beispiel seine Gitarre dabei, eine andere ihr Laptop und wieder andere ergötzten sich an mitgebrachten Kosmetikartikeln. Wie gesagt, die Interessen waren sehr unterschiedlich.


Betty und Angie zogen es vor einen Spaziergang zu machen, denn sie hatten Wichtiges zu besprechen. Dabei ging es – wie konnte es anders sein – um Jungens, speziell um Toni.

Die beiden bestiegen den Hügel und benutzten hierfür einen nicht befestigten Pfad, der eigentlich nicht betreten werden durfte.

Sie waren schon ein Stück gegangen und längst außer Sichtweite der Gruppe, als Betty voller Entzückung abwechselnd die Arme ausbreitete, sich dabei im Kreis drehte oder schnell auf der Stelle trippelte und dabei ihre zu Fäusten geformten Hände vor den Mund hielt. Dabei piepste sie immer:

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739313474
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (Juli)
Schlagworte
Geist Freundschaft Abenteuer Fantasy Mystik Liebe Gemeinschaft

Autor

  • R.D.V. Heldt (Autor:in)

Rita Heldt wurde 1954 in Niedersachsen geboren. Ihre Liebe zur Schriftstellerei entdeckte sie bereits in jungen Jahren, indem sie kleine Gedichte und Geschichten schrieb. Sie machte eine Ausbildung zur Bürokauffrau und arbeitete als Personalsachbearbeiterin und Mitarbeiterbetreuerin.
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Titel: Die mystische Rolle