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Vierzig schwüle Nächte 3

Homoerotische Märchen aus dem Land der lila Liebeslust

von Xaver Ludwig Cocker (Autor:in)
550 Seiten
Reihe: 40 schwüle Nächte, Band 3

Zusammenfassung

In weiter Ferne liegt das Land der lila Liebeslust, wo es keine Seltenheit ist, wenn ein Königssohn das Herz eines anderen Prinzen erobert. Niemand nimmt Anstoß am wollüstigen Ritter, der auf seiner Burg fröhlich mit seinem Knappen im Stroh rauft. Von solcherlei Begebenheiten wollen die Märchen in diesem Band erzählen - mal sinnlich und sehnsüchtig, mal frech und frivol, jedoch allesamt angehäuft mit liebenden lila Lüstlingen. Garniert werden die Märchen mit über 70 Illustrationen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Xaver Ludwig Cocker (Hrsg.)

Vierzig schwüle Nächte

Homoerotische Märchen aus dem Land der lila Liebeslust

Band III (15.-21. Nacht)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Texte: © Copyright by X.L. Cocker

Umschlaggestaltung und Illustrationen: © Copyright by Yeoj

Verlag:

YEOJ Selbstverlag

Postfach 11 11 03

35390 Gießen

yeoj@gmx.net

Die fünfzehnte Nacht

»Diese Demse, diese Demse«, beschwert sich Margarete und meint damit die drückende Hitze.

Ich stelle fest, dass sie mit diesem regionalen Ausdruck unbewusst ihre Herkunft preisgibt, aber ich verzichte auf einen Kommentar diesbezüglich. Schließlich plagt mich die Hitze genauso wie sie und die fünf anderen Geflüchteten, die sich in Giovannis Haus im Wald verstecken.

»Wenn wir uns nicht hier im abgelegensten Winkel der Welt verstecken müssten, würde ich sofort Zuflucht in einem Freibad suchen«, meint Arne.

Basil mustert ihn von hinten und zwinkert verdächtig. Vermutlich stellt er sich unser jüngstes Gruppenmitglied in engen Badeshorts vor. Margarete tippelt währenddessen hin und her und platziert diverse Schüsseln und Schalen mit Wasser an strategisch günstige Stellen.

»So kann ich, wo ich auch hinmuss, die Füße ins Nass tauchen«, erklärt sie. »Das tut bei dieser Demse gut, glaubt mir.«

Und mit gravitätischer Geste fügt sie hinzu:

»Ihr dürft eure Treterchen natürlich auch hineinlegen. Aber nicht zu wild herumplanschen!«

»Wenn du dich nicht so einpacken würdest in deinen Wust von Wäsche, dann würdest du nicht so schwitzen«, rät ihr Wilko.

Aber Margarete will auf Büstenhalter und Strumpfhosen unter Bluse und Rock nicht verzichten, denn erst diese Staffage macht sie, die ja eigentlich ein Mann ist, äußerlich zu einem weiblichen Wesen. Sie ignoriert Wilkos Hinweis und lenkt das Gesprächsthema hin zur Abendgestaltung.

»Die dritte Woche beginnt und es heißt wieder einmal Märchenzeit. Um uns vor zu viel Routine zu schützen, sollten wir den Rahmen aber abwechslungsreicher gestalten, finde ich.«

»Du langweilst dich, meine Gute?«, lächelt Giovanni. »Vielleicht solltest du das Protokollieren unserer Märchen übernehmen, wenn du unterfordert bist.«

Margarete schüttelt entrüstet den Kopf.

»Bei meiner Sauklaue tun wir damit niemandem einen Gefallen«, versichert sie. »Es wäre schade um eure Ideen und das gesamte Projekt. Nein, ich hatte anderes im Sinn.«

Da gerade nicht alle zugegen sind (Max fürchtet sich bei zu viel Sonne vor einem Sonnenbrand und Charlie hat sich mit Kopfweh hingelegt), wartet sie aufs Abendessen, ehe sie uns in ihre Gedanken einweiht.

»Es geht um Folgendes«, erklärt sie, während wir einen kühlenden Salat verputzen. »Giovanni hat vorletzte Woche Abend für Abend so hübsch die erzählten Märchen auf eine gemeinsame Moral heruntergebrochen und vergangene Woche bewiesen wir alle, dass wir das auch können. Daher schlage ich vor, das intellektuelle Level zu heben und unseren Gastgeber zu bitten, das übergeordnete Thema der Erzählungen vorzugeben, bevor wir die Märchenrunde starten. Was sagt ihr?«

Max ist nicht begeistert und erinnert uns alle daran, dass jeder sich gewöhnlich den ganzen Tag Gedanken macht, was er in der nächtlichen Erzählrunde beitragen will.

»Da ist es unnötiger Stress, wenn man unmittelbar vor Beginn der Runde erst erfährt, unter welchem Motto man seine Geschichte hätte konstruieren sollen.«

Giovanni pflichtet ihm bei. Wilko meldet sich und schlägt vor, dass man alternativ das Thema für die kommende Nacht immer am Ende der abgelaufenen Märchenrunde bekanntgeben könne.

»Damit kann ich mich schon eher anfreunden«, sagt Max. »Aber das würde bedeuten, dass wir erst morgen mit Margaretes neuem Level an Erzählanspruch starten können.«

»Vielleicht nicht«, entgegnet Giovanni. »Wenn ich mir für heute ein Motto überlege, das viel Interpretationsspielraum lässt, weil es weit gefasst ist, müssten wir heute schon die Idee in die Tat umsetzen können.«

Wir ahnen, dass er von Margaretes Vorschlag einfach sehr geschmeichelt ist und nicht noch einen Tag warten will, um sich mit seinen Vorgaben wichtig zu machen. Aber weil er unser aller Freund ist und ein lieber Kerl, selbst wenn er sich aufplustert, verzeihen wir ihm dieses Vorpreschen und bitten ihn, seinen Vorschlag fürs nächtliche Thema preiszugeben.

»Denn du hast bestimmt schon was im Hinterkopf«, lächelt Charlie.

»Exakt«, nickt Giovanni, hebt bedeutsam den Finger und sagt nur ein Wort:

»Unersättlichkeiten!«

»Gutes Stichwort«, witzelt Basil und scheffelt sich noch etwas Salat auf den Teller.

»Den Begriff kann man wirklich vielfach deuten«, meint Wilko anerkennend. »Ja, zu meiner Geschichte, die ich heute erzählen will, könnte er passen.«

»Zu meiner auch«, sagt Arne eifrig.

»Damit ist es abgemacht«, ergreift Giovanni wieder das Wort. »Unsere Märchen werden heute alle unter dem Motto ›Unersättlichkeiten‹ stehen und wir wollen uns nach jedem Beitrag darüber austauschen, wie gut der Erzähler das Thema getroffen hat.«

Eine Stunde später, nachdem die Teller aufgewaschen und die Beete gegossen sind, treffen wir uns auf der Terrasse wieder und Basil bittet darum, das erste Märchen erzählen zu dürfen.

»Wilko deutete zwar vorhin an, er wüsste schon eine passende Geschichte«, sagt er, »aber meine brennt mir quasi unter den Nägeln und ich will sie los werden, bevor ich Einzelheiten vergesse.«

Wilko hat kein Problem damit, andere vorzulassen, und mit verschmitztem Gesichtsausdruck fängt Basil an.

Sechse fickeln durch die ganze Welt

Auf seinem Lustschloss saß einst ein sehr reicher König. Es war nicht verwunderlich, dass er reich war, denn er hatte so viele begabte Lustdiener bei sich, die seine Gäste wunderbar zu verwöhnen wussten, dass jene oft und öfter zu Besuch kamen und jedes Mal ihren Gastgeber mit Gold und Silber beschenkten. Auch hatte der König allerlei Liebesspielzeug angehäuft. Da gab es Luststäbe in allen Formen und Größen; weiche Kissen, in denen die Grafen und Herzöge ihre Fleischspeere einführen konnten; Fesseln, Seile, zarte Peitschen und Kostüme aller Art. Pülverchen und Tinkturen zur Steigerung der Manneskraft lagerten in den königlichen Gemächern und Statuen mit reizvollen Körpern sowie Gemälde mit üppigen Gestalten ließen das Auge eines jeden Gastes freudig lustwandeln. Doch um seine Gästen bei ihren Besuchen stets aufs Neue zu unterhalten, hieß der König am Ende eines jeden Lustgelages seine Minnediener gehen, um frischem Fleisch Platz zu machen, und statt eines guten Lohnes bekam jeder nur drei Heller Zehrgeld auf den Weg. Einer jener entlassenen Minnediener zog mit seinem stolzen Riemen zwischen den Schenkeln und den drei Hellern in der Tasche durch das Land und schimpfte über den König:

»Wart, mein Lieber, das lass ich mir nicht gefallen! Wenn ich die rechten Freunde finde, sollst du ein armer Mann werden, alle deine Schätze der Lust wirst du noch herausgeben! Für drei Heller soll ich den Grafen und Herzögen meinen Hintern geöffnet haben? Das bisschen Geld schmilzt doch dahin wie der Schnee in der Frühlingssonne! Nein, das beleidigt meine Ehre! Ich werde euch noch zeigen, wer hier der Meister der Lust ist!«

Sprach’s und lief voller Zorn in den Sommerwald. Darin sah er einen kräftigen Burschen stehen, der hatte sich gerade ins weiche Moos gelegt und seine Beinkleider geöffnet, aus denen ein unglaublich dicker Knüttel herauslugte und den er genüsslich wichste. Der Knüttel wurde immer größer und der Minnediener staunte nicht schlecht, denn keiner der Grafen und Herzöge hatte um die Lenden ein solches Ausmaß vorweisen können. Er blieb stehen und sagte:

»Oho, dem sag ich gut gewichst! Was vergnügst du dich hier ganz allein? Lass mich neben dich, dann wollen wir uns gegenseitig wichsen, bis wir schnaufen und schwitzen.«

Da sagte der Dickknüttel:

»Gesellschaft habe ich gern. Wenn dich mein Knüttel nicht fürchten lässt, so packe ihn nur mit beiden Händen und reibe ihn recht ordentlich, je härter, desto besser.«

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Der ehemalige Minnediener ließ sich das nicht zweimal sagen und legte ordentlich Hand an. Das Fleisch des Burschen war fest und kräftig und der Minnediener hatte gut zu tun, mit seinem Schlund allein die mächtige Spitze zu befeuchten. Der Knüttel war so dick, dass einzig schon die blauen Äderchen die Breite eines Daumens hatten. Sie wichsten, schnauften und schwitzten gemeinsam, dass es nur so eine Freude war, und endlich entluden sie sich in hohen Fontänen.

Als sie sich erschöpft nebeneinander legten, bemerkte der Minnediener, dass der Knüttel des Burschen kaum kleiner wurde. Im Gegenteil, er schien so groß zu bleiben, dass man beinahe darauf stehen konnte. Das hätte dem Dickknüttel auch nichts ausgemacht, denn er war so stark und zäh, dass er nach getanem Wichs sogar noch Holz darauf stapeln konnte, um es zu seiner Mutter zu bringen.

»Einen starken Knüttel wie den deinigen sieht man nicht alle Tage«, lobte der Minnediener den Burschen. »Möchtest du nicht mit mir gehen? Ich will hinaus, unser Land der lila Liebeslust erkunden und um Wege zu finden, wie ich dem König die Schmach heimzahlen kann.«

»Mir ist es gleich«, meinte der Dickknüttel, »nur muss ich zuerst der Mutter den Stapel Holz bringen, damit sie Feuer unter dem Brei machen kann und nicht friert, wenn der erste Schnee fällt.«

Er schlug seinen mächtigen Knüttel noch gegen eine kleine Buche, die sogleich umfiel, und legte sie auf den Stapel obenauf, der ihm nun von den Lenden bis zur Brust reichte. So ging er mit dem Minnediener zusammen zur Mutter.

»Hier, Mutter, hast du das Holz«, sagte der Bursche, »ich will jetzt gehen und mich in der Welt probieren.«

Die Mutter sagte, er solle, sobald er etwas verdient habe, zurückkehren und für sie sorgen.

»Und vielleicht findest du ja eine Möglichkeit, deinen Knüttel auch mal für länger zu erleichtern. Es ist hart, für einen Sohn für dich stets neue Beinkleider zu nähen.«

Nun ließ sie ihn ziehen und gab ihm ihre besten Wünsche mit. Nicht lange, und sie kamen an einen Obsthain. Wie sie unter den Bäumen spazierten, fiel dem Dickknüttel plötzlich ein Apfel auf dem Kopf.

»Das nenne ich Bedienung«, brummte er und biss hinein.

Der Minnediener wollte etwas erwidern, da fiel auch ihm ein Apfel auf den Kopf.

»Nanu, es ist doch noch gar nicht Erntezeit«, sagte er verwundert und besah sich das Obst.

Er stellte fest, dass am Stiel klebriger, weißer Saft haftete, und kostete davon.

»Der Apfelstiel schmeckt nach dem Lendensaft eines Mannes, wie ich ihn schon oft im Königsschloss geschmeckt habe«, rief er da aus.

Kurz darauf trat aus dem Gesträuch ein kecker Halbstarker in bunter Uniform heraus. Zwischen seinen Beinen war ein Loch, aus dem sein kleiner, aber ansprechender Riemen herauslugte.

»Habt ihr meine Äpfel aufgesammelt? Ich traf sie von Weitem mit einem gezielten Spritzer und sie fielen vom Baume!«

Die zwei anderen Gesellen zweifelten an diesen Worten, doch der kleine Schütze bestand darauf:

»Ich bin ein Zielspritzer und kann mit meinem Ding schießen!«

Der Dickknüttel und der Minnediener verstanden nicht.

»Du musst es uns zeigen«, sagten sie.

Der Schütze griff zum Loch seines Rockes, packte seine kleine, lüsterne Zündschnur und zielte. Die anderen beiden meinten, dieser Kamerad wolle nur in die Luft spritzen, denn sie konnten beim besten Willen kein Ziel sehen. Der Schütze rieb seine glänzende Zündschnur immer schneller, der Saft schleuderte heraus und zischte an dem Dickknüttel vorbei in die Weite. Dann steckte der Schütze seine Zündschnur wieder ein und sagte selber:

»Gut getroffen. Seht ihr, dort über zehn Dörfer auf dem fünften Hügel steht ein Eichbaum, darunter fummelt gerade ein Lausebengel an sich herum. Dem habe ich in das linke Auge meinen Saft geschossen.«

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Der dickknüttlige Bursche sah nichts, denn es war viel zu weit, und genauso ging es dem Minnediener. Darum wanderten sie hin, um nachzusehen, und fanden unter dem Eichbaum einen Lausebengel, der sich gerade sein linkes Auge auswusch. Als der die lachenden Gesellen sah, lief er schamhaft davon. Und weil die drei über die Zeit friedlich zusammen gewandert waren, sagte der Minnediener:

»Wir wollen alle Freunde sein.«

»Gut«, sagte der Dickknüttel, »das gefällt mir. Ich kann mit meinem kräftigen Knüttel ganze Bäume umhauen.«

»Und ich kann mit meiner Zündschnur jedes Ziel treffen, was man mir nennt«, fügte der Schütze hinzu.

»Und ich«, schloss der Minnediener sinnend, »will sehen, wie unsere Fähigkeiten uns zu reichen Männern machen.«

Darauf gaben sie einander die Hand und gingen weiter. Bald begegneten sie einem Mann mit einem Holzstück zwischen den Schenkeln. Dem war es allein zu langweilig, und darum wollte er mit ihnen ziehen. Die drei Gesellen mochten ihn zuerst nicht mitnehmen, weil er ihnen mit einem Holzpimmel keinen Jubel entlocken konnte. Als sie aber den Mann laufen sahen, merkten sie, dass er unter dem Holzstück seinen echten Riemen verbarg. Der war aber an das rechte Bein gebunden und durfte nicht benutzt werden. Auf ihre Frage, was das zu bedeuten hatte, erklärte ihnen der Mann, dass seine Manneskraft so übermäßig war, dass seine Lenden ein Eigenleben führten.

»Binde ich den Riemen los, so zieht er meinen Leib zu jedem fickelbereiten Schlitz in der Umgebung und rammelt alles hemmungslos bis zur Erschöpfung. Deshalb verstieß man mich aus meinem Dorf; der Pfarrer bangte um all die Jungfrauen der Gemeinde. Um aber nicht gänzlich von allen geächtet zu werden und halbwegs moralisch zu bleiben, fessle ich meine Manneskraft ans Bein und trage das Holzstück als Schutz.«

»Ein hurtig Fickelnder, ein hemmungslos Lüsterner«, murmelte der Minnediener. »Das passt zu meinen Gesellen, dem Dickknüttel, dem Schützen und auch zu mir.«

Nun nahmen sie den neuen Freund gern mit. Als sie Hunger verspürten und der Schütze etwas zum Essen schießen wollte, sagte der Holzpimmel:

»Lass das, Zielspritzer, ich trage uns Speis und Getränk zusammen. In der Nähe ist eine kleine Stadt, deren Wirte und Köchinnen sich über eine ausgiebige Fickelpause freuen werden.«

Und weil ihr Hunger groß war, band er seine Manneskraft los und die zog seinen Leib unverzüglich zur Stadt hin, sodass er in der Ferne verschwand, um alsbald mit einem gebratenen Hirsch, Sauerkraut und süßen Äpfeln zurückzukehren. Diesen brieten sie am Feuer; ebenso drei Wildgänse, die der Zielspritzer im Vorbeifliegen mit einem ordentlichen Spritztreffer abgeschossen hatte. Sie speisten reichlich und es konnte sich keiner beklagen.

»Der Koch des ersten Wirtshauses war sehr beglückt ob meines Besuchs«, erzählte der Holzpimmel, »denn während er am Kessel stand, bohrte ich so tief in seinen hinteren Schlitz, dass er jubelnd seine weiße Soße in den Eintopf feuerte und mir dankbar den Hirsch versprach. Im zweiten Gasthof waren die Mägde derart verzückt, ihre heiße Mitte versorgt zu bekommen, dass sie mir mit liebevollen Blicken das frischeste Kraut reichten. In der dritten Kneipe aber entjungferte ich den süßen, runden Hintern des jungen Schankwirts, den diese Erfahrung so begeisterte, dass er mir seine Äpfel schenkte.«

Der Holzpimmel prahlte, ohne rot zu werden.

»Ihr müsst wissen, fickele ich auch kurz, so rammle ich doch so flink, dass beinahe jeder binnen kurzer Zeit ein herrliches Hochgefühl in seinem Leibe spürt.«

Gesättigt und von den Geschichten des Holzpimmels gut unterhalten, legten sich die vier zur Nachtruhe hin. Doch der Minnediener war es nicht gewohnt, ohne leiblichen Beistand schlafen zu gehen, und so fummelte er an sich herum. Der Holzpimmel sah dies, wurde wieder lüstern und bat, seine Manneskraft losbinden zu dürfen. Da sagte der Minnediener:

»Schon viele Herzöge und Grafen fühlte ich in mir, doch noch keinen, der von sich behauptete, mich in kürzester Zeit zum Lustgipfel zu führen. Gern will ich nachspüren, ob deine Worte der Wahrheit entsprechen.«

So zog er seinen Rock herunter und präsentierte seinen prallen Hintern. Der Holzpimmel grinste und löste seine immersteife Manneskraft vom Schenkel, sprang an den Minnediener und rammelte ordentlich zu, sodass der andere stöhnte und der ganze Wald widerhallte. Der Bursche mit dem dicken Knüttel sah den beiden zu und wichste sich was dabei. Doch wuchs in ihm die Neugier und ein bisschen auch der Neid, denn taten seine zwei Freunde da etwas, das er noch nie selbst erlebt hatte. Der Schütze bemerkte den sehnsüchtigen Blick in den Augen des Dickknüttligen und sprach:

»Ich glaube, Freund Holzpimmel, du darfst später auch unseren jungen Burschen hier beglücken. Doch will ich dessen jungfräulichen Schlitz erst mit meiner kundigen Zunge befeuchten und mit zärtlichen Fingern erkunden, damit deine immersteife Manneskraft ihn nicht abschreckt.«

So rammelte der Holzpimmel weiter den japsenden Minnediener und schaute dabei ungeduldig zu, wie der Schütze seine feuchte Zunge um den nackten Kranz des Dickknüttels fahren ließ. Der seufzte lustvoll, als der erste Finger in seinen Schlitz hineinglitt, und noch lustvoller, als der zweite und dritte Finger folgten. Als der Minnediener tatsächlich binnen kurzer Zeit zweimal ein strahlendes Hochgefühl erlebt hatte und völlig erschöpft war, sagte der Schütze zufrieden:

»Jetzt ist dieser Liebesschlitz gut für seinen ersten ausgewachsenen Besuch vorbereitet. Freund Holzpimmel, du darfst loslegen.«

Das ließ sich der lüsterne Bock nicht zweimal sagen, sprang an den Dickknüttel und führte flink seine Manneskraft ein. Er rammelte erneut mit einer Leidenschaft, welche den Minnediener staunen ließ, dem Dickknüttel aber ganz neue Gefühle der Glückseligkeit bescherte. Noch die halbe Nacht vergnügten sich die vier Gesellen miteinander, denn jeder schürte das Feuer in den Lenden des anderen stets von Neuem an.

Am nächsten Morgen gingen sie zufrieden weiter und näherten sich sieben Wassermühlen. Es war ein heißer, trockener Sommertag, das Land umher war wüst, kein Lüftchen wehte und kein Blättlein rührte sich. Alles schien vertrocknet und verdorrt, und dennoch drehten sich die Mühlenflügel recht hastig. Bei der ersten Mühle angelangt, gerieten die vier Freunde in einen Schlamm, der fortan um ihre Beine spülte und der es auch war, der die Wassermühlen antrieb. Um das Merkwürdige zu ergründen, liefen sie stromaufwärts und kämpften sich voran, dorthin, wo der seltsame Schlamm herkam; der Dickknüttel ging mit gesenktem Kopf voraus, die andern in seinem Schutze hinterher. Nach Stunden sollten sie erfahren, aus welchem Loch das Flüssige rann: nämlich aus den Lenden eines dicken Mannes, der da an der Hecke saß.

»Ei!«, rief der Minnediener. »Bisher dachte ich, die Obstbäume unseres Königs trügen die größten Pflaumen des ganzen lila Landes! Nun sehe ich aber, wie du ebenfalls zwei Stück solch prächtiger Früchte dein Eigen nennst.«

Das stimmte: Was dem dicken Fremden hinter dem Riemen wuchs, waren wahrhaftig zwei mächtige Zwetschgen. Die rechte hatte er abgebunden, drückte auf der linken herum und ließ auf diese Weise unentwegt Saft aus seinem Schlauche fließen. Der war weiß wie Schnee, mischte sich mit der Erde und floss als Schlamm den Wassermühlen zu.

»Freundchen, du gefällst mir«, rief der Minnediener. »Du sitzest gemütlich und verdienst dir wohl eine Menge Geld mit Saftpressen, wenn du die Mühlen selbst im trockensten Sommer antreibst.«

»Du irrst«, antwortete der Mann, der da seinen Zwetschgensaft fließen ließ, »es ist ein armseliges Geschäft, das ich hier treibe.«

Der Dickknüttel meinte, er solle doch die rechte Pflaume losbinden und aus beiden pressen, wenn er so nicht genug verdiene. Der Saftpresser aber antwortete:

»Das darf ich nicht, sonst fließen die Mühlen weg; schier unerschöpflich ist nämlich das, was meine Zwetschgen mir durch den Schlauch pumpen. Das könnte der König mir übel nehmen und mich entlassen. Ich möchte wohl zufrieden sein, wenn mir der König etwas mehr zahlen wollte!«

»Deine Saftladung ist so stark, dass sie ganze Wassermühlen forttragen könnte?«

Der Minnediener lächelte und sagte, das treffe sich gut, da sie auf dem Weg zum König seien, um besseren Lohn zu fordern, und er solle mit ihnen kommen. Dem Neuen gefiel das, und weil man zu fünft besser geht als allein, so ließ er die Mühlen stehen und lief mit. Er band beide Zwetschgen ab, sodass kein Saft mehr aus seinem Schlauch floss, sondern nur noch bescheiden tropfte. Sie gingen vergnügt miteinander des Weges, und wenn einem der anderen Gesellen hungerte oder dürstete, durfte er die Tropfen vom Saftpresser lecken, bis er sich gesättigt fühlte. Jener Zwetschgensaft schmeckte recht gesund und zugleich sauer und süß, sodass die anderen oft und gern davon kosteten. Der Saftpresser selbst ließ das freilich mit Entzücken über sich ergehen.

Auf dem Weg zur Stadt trafen sie einen baumlangen Kerl, der seine Beine eng beieinander hielt und deshalb nur mit kleinen, zierlichen Schritte dahertippelte. Der Minnediener sagte zu ihm:

»Keck, sehr keck läufst du daher. Warum tippelst du beinahe wie ein hohes Fräulein? Bist du so weibisch?«

»Ich bin gar nicht weibisch«, sagte der Lange, »ich darf’s nicht anders, denn in meinem Hintern steckt ein großer Korken, den ich mit den Backen presse, damit er nicht rausflutscht. Daher mein auffälliger Gang.«

»Aber wieso schiebst du dir einen Korken in den Darm?«, lachte da der Holzpimmel.

Der Lange erklärte ernst:

»Mein Schlitz ist ein großes, gieriges Ding, das lüstern alles riemenförmige aufsaugen will, um sich damit zu fickeln. Es ist eine riesige Höhle, glaubt mir, und vielerlei Dinge presse ich mir rein, um Frieden zu finden. Da ich aber nicht ständig fickeln kann – denn ein Mann muss ja auch essen, trinken und schlafen – stecke ich mir den Korken rein, damit meine Höhle nicht juckt und mich ablenkt.«

Der Holzpimmel konnte das Dilemma des Langen nachvollziehen, und auch die anderen fanden Gefallen an dem Kerl. Sie meinten, wenn alle fünfe die Lust packte, könnten sie sich bei dem Langen wohl gut austoben, und der würde dabei sogar seinen Spaß haben. Sie fragten ihn, ob er mit zum König kommen wolle, und weil dieser den König noch nie gesehen hatte, ihn aber gern einmal sehen wollte, zog er als Sechster mit.

Am Abend hielten es die anderen vor Neugierde nicht mehr aus und baten den Langen, seinen Korken zu lösen. Der tat es und sofort juckte ihn die rot leuchtende Höhle so sehr, dass er einen großen Stein vom Wegesrand nahm, um sich damit zu fickeln. Dann nahm er einen dicken Ast und bohrte ihn zusätzlich rein.

»Merkt ihr nun, wie gierig mein Schlitz ist? Ich brauche unbedingt etwas, das mich ausfüllt!«

Das ließen sich die anderen nicht zweimal sagen. Sie steckten ihre Fäuste in die weite Höhle des Langen und walkten sein Gedärm damit, dass er rundheraus jubelte. Daraufhin setzte der Dickknüttlige an und fickelte den Langen ordentlich durch, bis der zufrieden schnurrte.

»Der Riesenknüttel unseres jungen Burschen und die weite Höhle unseres neuen Freundes passen ideal zusammen«, meinte der Minnediener. »Da haben sich zwei gefunden!«

Als sie am Tage darauf vor die Stadt des Königs und zum Tor kamen, verweigerte ihnen der Wächter den Durchgang; er habe strengen Befehl, niemanden ohne des Königs Erlaubnis hineinzulassen. Nun hätten sie aber hineingemusst, um die Erlaubnis vom König zu erbitten, hinein durften sie aber nicht, weil sie diese nicht hatten. Das war dumm und fast hätten sie draußen bleiben müssen. Da zog der Minnediener den Torwächter beiseite und sprach:

»Sieh dir uns Gesellen an. Ich bin ein ehemaliger Lustdiener des Königs und kann deine Lenden verwöhnen. Wenn du dicken, klebrigen Pflaumensaft liebst, so lass dir von dem Saftpresser mit den abgebundenen Zwetschgen eine frische Schlauchdusche geben. Der Lange wünscht sich nichts sehnlicher, als einen ordentlichen Riemen in seiner Höhle zu spüren. Willst du selbst dergleichen erleben, so lass dich erst von dem Holzpimmel beglücken und hernach von dem strammen Knüttel unseres Waldburschen hier. Liebst du hingegen das Wichsen, lass unseren Zielspritzer mit seinen flinken und geschickten Händen dir was Gutes tun. Was sagst du dazu?«

Der Torwächter, der schon viele Geschichten aus dem Lustschloss gehört hatte und immer etwas neidisch war, dass er an den Gelagen der Grafen und Herzöge nicht teilnehmen durfte, wurde bei den Worten spitz wie kein anderer. Er enthüllte seine Lenden, welche der Minnediener sofort mit dem Schlund verwöhnte, kostete den Vorsaft des Saftpressers, fingerte an der Höhle des Langen herum und schließlich ließ er den Holzpimmel und den Dickknüttel an sich heran, während der Schütze seine Zündschnur am Leib des Torwächters rieb. Weil jenen das Gelage gleich mehrfach beglückte und seine Augen zum Glänzen brachte, war er hernach derart zufrieden, dass er die sechs Gesellen mit guten Wünschen in die Stadt ziehen ließ.

Der König derweilen grämte sich schon lange, dass seine Tochter noch nicht verheiratet war. Aber die Prinzessin hatte die Angewohnheit, sich eine Zinnlatte als künstlichen Riemen umzuschnallen, und wollte nur einen zum Manne haben, der sich von einer Frau gern den hinteren Schlitz erobern lassen wollte. Dabei musste der Freier ihr aber beim Wettfickeln gleichkommen. Nun wäre das weiter nicht schlimm gewesen, hätte sie nicht die Bedingung daran geknüpft, dass jeder, der von ihr besiegt würde, einen Keuschheitsgürtel angelegt bekommen müsse. Viele junge Männer, darunter auch einige schöne fremde Prinzen, waren auf die Art um ihr Liebesleben gekommen, und die eingebildete Prinzessin hatte noch nicht genug.

Die sechs Gesellen meldeten sich beim König und ließen ihn wissen, dass sie einen unter sich hätten, der den Wettkampf mit der Prinzessin wagen wollte. Die Gescheiten und die weniger Gescheiten am Hofe rätselten, welcher von den Sechsen es wohl probieren werde. Die einen meinten der Lange, der anderen glaubten der Starke, die nächsten setzten auf den ehemaligen Minnediener oder den Schützen, und die Übrigen gar auf den dicken Saftpresser. Nur an den Holzpimmel dachte keiner.

Am nächsten Morgen sollte der Wettkampf stattfinden. Auf dem Platze vor der Stadt, wo jene Wettbewerbe zur Belustigung der Gäste stets ausgetragen wurden, versammelte sich eine Menge Volk. Als der Holzpimmel vortrat, bedauerten ihn die einen, verspotteten ihn die andern, und die Prinzessin, ihre große künstliche Zinnlatte umgeschnallt, zog ein verächtliches Gesicht und wollte gar nicht erst beginnen. Aber gesagt ist gesagt, und sie musste antreten. Es wurden folgende Wettkampfregeln bestimmt: Wer zuerst eine Reihe von zwanzig fickelbereiten Hintern (hierzu hatte man bereitwillige Gäste angeworben, die sich am Wegesrand in zwei Reihen aufgestellt hatten) so gerammelt hatte, dass aus den zugehörigen Riemen die Spritzer flogen, solle gewonnen haben. Dazu müsse man die Schlitze aber sowohl auf dem Weg fort vom Stadttor rammeln als auch auf dem Rückweg; jeder blanke Hintern musste also zweimal zum höchsten der Gefühle getrieben werden. Man gab dem Holzpimmel ein Krüglein in die Hand und der Prinzessin auch eines, die sie unterwegs mit dem Saft der Beglückten zu füllen hatten. Dann zählte man: »Eins, zwei, drei und los!« und die beiden Riemen, der eine echt, der andere künstlich, begannen zu fickeln.

In weniger Zeit als man braucht, um sich dreimal auf der Ferse herumzudrehen, war vom Holzpimmel nur noch ein lautes Hecheln zu vernehmen. Begleitet wurden seine Ausrufe von dem verwunderten, doch nicht minder lustvollen Gestöhne der ihm zugeteilten Männer, denn bereits drei hatte er ordentlich zum Lustgipfel gefickelt und deren Saft in seinem Krug gesammelt, während die Prinzessin erst einen Schlitz hinter sich gebracht hatte.

Bald war der flinke Geselle beim Letzten angelangt, füllte sein Krüglein mit den Spritzern und kehrte wieder um. Die Menge jubelte und staunte, denn so etwas hatten sie dem Holzpimmel nicht zugetraut. Sie wussten ja auch nicht, was es mit seinem Holzstück auf sich hatte und dass er nun seine echte Manneskraft vom Schenkel gebunden hatte. Die Prinzessin war noch nicht auf der Mitte der ersten Strecke, als sie schon den Holzpimmel auf dem Rückweg herankommen sah. Schnell zeigte sie auf einen Birnbaum und rief:

»Sieh dort die herrlichen Früchte! Jetzt, wo du mehr Zeit hast als ich, solltest du dich nach deiner flinken Fickelei stärken!«

Der Holzpimmel ließ sich das nicht zweimal sagen, zumal er ja viel mehr Zeit hatte als die Prinzessin, und frische Birnen liebte er über alles. Die Prinzessin hatte den Weg der Hintern längst wieder aufgenommen, als der Holzpimmel immer noch Birnen aß. Das schnelle Fickeln konnte ihn nicht ermüden, aber das Birnenessen strengte ihn an, und er legte sich, faul geworden, in den kühlen Schatten des Baumes, um ein ganz klein wenig auszuruhen, denn immer noch hatte er viel Zeit übrig. Prompt fing er an zu schnarchen und sein Schlaf war breit und tief.

Unterdessen war die Prinzessin auch beim Letzten ihrer Reihe angelangt, füllte das Krüglein und kam auf dem Rückweg nach langer Zeit wieder beim Birnbaum vorbei. Ihre Schadenfreude war groß, als sie den Holzpimmel schlafen sah. Sie leerte sein Krüglein aus und fickelte weiter der Stadt zu. Die fünf Gesellen, die mit den vielen Leuten vor der Stadt warteten, sahen mit Schrecken die Prinzessin dem Ziel zustreben, jedoch von ihrem Freund war nichts zu sehen. Da stieg der Zielspritzer dem Langen auf die Schultern, um Ausblick zu nehmen, und bemerkte mit seinen scharfen Augen den schnarchenden Holzpimmel unter dem Birnbaum. Schnell packte er seine Zündschnur aus, wichste sie bis zum Höhepunkt und schoss so geschickt seinen Saft auf den Stiel einer saftigen Birne, dass jener entzwei brach, die Frucht herunterfiel und auf der Nase des Schläfers zerplatzte. Der erschrak heftig, wischte sich das Birnenmus aus dem Gesicht, sah die Prinzessin der Stadt zueilen und bemerkte sein leeres Krüglein.

Doch der wackere Geselle verlor den Mut nicht. Schnell besann er sich auf seine eigene Manneskraft und husch! stöhn! keuch! begann er nochmals, all die willigen Hintern durchzupflügen, schöpfte neuen Saft, kehrte um und husch! stöhn! keuch! pfiff er schon durchs Ziel; so kam er noch kurz vor der Prinzessin auf den Platz zurück und hatte gewonnen. Die Prinzessin wollte sich nicht geschlagen geben und sagte, der Holzpimmel hätte die Spritzer nicht; aber er hatte ein volles Krüglein. Die Prinzessin stampfte mit dem Fuß und ging zornigen Mutes heim. Einen solchen Possen hatte ihr noch niemand gespielt!

Den König kränkte es aber noch mehr als seine Tochter, dass sie ein gewöhnlicher Geselle mit einem Holzpimmel davontragen sollte. Sie berieten, wie sie ihn mitsamt seinen Freunden los würden. Da sprach er der Prinzessin beruhigend zu:

»Ich habe ein Mittel gefunden, lass dir nicht bang sein. Die liederlichen Kerle sollen nicht wieder heimkommen.«

Und er wandte sich zu ihnen:

»Ihr sollt euch nun zusammen lustig machen und euren Sieg feiern. Dafür überlasse ich dem fleißigen Fickeler meine königliche Dampfstube und er darf seine Freunde gern mit hineinnehmen.«

Er führte sie zu einer Kammer, die hatte einen Boden von Holz und die Türen und Wände waren auch von Holz und Fenster gab es keine. In der Stube stand ein Kessel voll heißem Wasser, welches die Luft neblig machte und eine angenehme Hitze ausstrahlte.

»Geht hinein, ob mit oder ohne Tücher um den Unterleib, und genießt das wohlige Schwitzen«, lächelte der König.

Die arglosen Gesellen machten sich ans Saunieren und nahmen sich – nicht aus Scham, sondern nur zum Scherz – klitzekleine Tücher mit, die kaum ihre Knüttel zu verbergen vermochten. Damit wollten sie einander in der Dampfstube reizen und necken. Wie sie aber darinnen waren, ließ der König den Koch kommen und befahl ihm, unter der Stube so lange ein Feuer zu machen, bis die Liederlinge vor Glut sterben würden. Das tat der Koch auch, und es ward den sechsen in der Stube ganz warm und sie meinten, das käme vom Saunieren. Als aber die Hitze immer größer ward und sie hinaus wollten, die Tür aber verschlossen fanden, da merkten sie, dass der König Böses im Sinne gehabt hatte und sie ersticken wollte.

»Es soll ihm aber nicht gelingen«, sprach der Minnediener. »Dickknüttel, du sollst mit deinem Ding den Holzboden zerschmettern, worunter das Feuer brutzelt. Saftpresser, du dagegen löse deine linke Zwetschge, auf dass ihr Saft die Flammen löscht!«

Gesagt, getan. Der Dickknüttel brachte die Holzlatten zum Bersten und alsbald spritzte der Saftpresser einen feuchten Schwall in das tiefe Loch, vor dem sich das Feuer schämen und verkriechen musste.

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Als nun ein paar Stunden herum waren und der König glaubte, sie wären in der Hitze verschmachtet, ließ er die Türe öffnen und wollte selbst nach ihnen sehen. Aber wie die Türe aufging, standen sie alle sechse da, lachten und begrabbelten einander lüstern und sagten, es wäre ihnen lieb, dass sie heraus könnten, um sich zu wärmen, denn bei der großen Kälte in der Stube frören die Zungen an den Knütteln fest. Da ging der König voll Zorn hinab zu dem Koch, schalt ihn und fragte, warum er nicht getan hätte, was ihm wäre befohlen worden. Der Koch aber antwortete:

»Es war Glut genug da, aber plötzlich fiel eine Unmenge weißer Sahne herab und löschte die Kohlen. Seht nur selbst!«

Da sah der König, dass ein gewaltiger Sahneschaum auf dem Kohleberg prangte, und merkte, dass er den Liederlingen auf diese Weise nichts anhaben konnte. Mit knirschenden Zähnen ließ er darum jedem der sechs ein Häuflein Lustspielzeug und je drei silberne Dukaten vorzählen. Dem Holzpimmel versprach er sogar zwei, wenn er auf die Heirat verzichte. Dieser sprach:

»So mag es denn meinetwegen mit der Freite sein Bewenden haben, wenn Ihr mir dafür eine Tonne von Dukaten und Lustspielzeug versprechen wollt.«

Dem geizigen König war das zu viel – da würde ja nichts mehr übrig bleiben und seine Gäste würden fortan nicht mehr aufs Lustschloss kommen! Sie feilschten, ohne ein Ende zu finden. Als es dem Minnediener lange genug erschien, fasste er einen Plan und sagte:

»Wir wollen nicht weiter markten! Wenn uns der König so viel Lustspielzeug und Dukaten geben will, als zwei Männer mit ihrem Riemen und ihrem Schlitz halten können, so wollen wir zufrieden sein. In drei Tagen werden wir unsern Teil holen.«

Der König war froh um die drei Tage Frist und willigte ein. Als die Gesellen unter sich waren, sagte der Minnediener:

»Jetzt gehen wir in die Stadt und kaufen bei den Händlern alles gestapelte Segeltuch. Der Holzpimmel holt unterdessen alle Gesellen aus der Schneidergasse, die sollen uns zwei Säcke nähen, so groß sie der Stoff nur hergeben will. Mit diesen Säcken sollen der Dickknüttel und der Lange mit dem gierigen Schlitz das Lösegeld holen.«

Also klopften am vierten Tag der Dickknüttel und der Lange bei des Königs Schatzmeister an, um den neuen Sack füllen zu lassen. Der meinte jedoch, dass der König den Befehl erlassen hatte, die Gesellen müssten selbst das Tor öffnen, wenn sie sich bereichern wollten. Sie hatten aber freilich keinen Schlüssel und der König hoffte, sie würden unverrichteter Dinge wieder abziehen. Doch weit gefehlt! Der Waldbursche setzte seinen riesigen, zähen Knüttel an das Schlüsselloch der Schatzkammer, presste ihn hinein, bis das Blech barst und sprengte so das Schloss. Der Schatzmeister war sogleich erschrocken beim Anblick von solch unheimlich starker Manneskraft.

Als das Tor zur Schatzkammer aufgeschlossen war, konnte man endlich die vielen Lustspielzeuge des Königs sehen. Der Schatzmeister spottete und meinte, wegen dem bisschen Zeug wäre ein solcher Sack nicht vonnöten gewesen, dürfe er doch nicht mehr mitnehmen, als er allein auf seinem Knüttel tragen könne. Der andere wäre zudem kaum in der Lage, in seinen Hintern etwas von Belang reinzutun. Der Dickknüttel gab zurück: »Besser zu groß als zu klein; ein Rand darf schon frei bleiben, damit man recht zubinden kann«, und hielt den leeren Sack auf. Nachdem der Schatzmeister aus einer Tonne bis zum Ellenbogen goldene und silberne Luststäbe herausgeschafft hatte, wischte er sich den Schweiß ab und sagte:

»Was meinst du, Bursche, getraust du dich wohl, den Sack noch vom Boden zu lupfen?«

Der Dickknüttel sagte: »Wer will sich schon rühmen, eh er’s versucht hat?« und leerte die Tonne in den Sack, die andern Fässer mit den Pülverchen, den Kostümen und all den anderen Lustspendern folgten hinten nach. Dem armen Schatzmeister fuhr der Schreck gewaltig in die Glieder, er konnte nicht einmal mehr »Halt!« oder »Genug!« rufen.

Als der Sack voll ward, zog der Lange seinen Korken aus dem Hintern und verlangte, dass sein Schlitz gut gestopft werde. Da die Schatzkammer aber bereits geleert war, musste der König nicht nur seine Minnediener opfern, die es sich in der Höhle bequem machten, sondern auch von allen reichen Leuten des Landes ihre Lustspielzeuge herbringen lassen. Siebenundsiebzig Wagen Liebespuppen und Fesselstricke wurden noch zusammengefahren, die schob der Dickknüttel allesamt in den gierigen Hintern des Langen und entließ nur die Fuhrleute. Zu guter Letzt nahmen sie auch noch der Prinzessin ihre künstliche Zinnlatte ab und ließen sie nackend stehen, ohne ihr liebstes Bettspielzeug. Alsdann band der Bursche seinen Sack zu, huckte ihn auf den Knüttel und ging mit seinem Freund fort, der die Backen zusammenkniff und mit all den Schätzen im Hintern hinterher tippelte. Sie trafen ihre Freunde und gingen mit ihnen fort. Auf dem Marktplatz hielten sie nochmals an, um die Schneidergesellen zu entlöhnen. Jeder bekam sein Handgeld und einen Minnediener dazu, damit er sich einmal ordentlich austoben könne.

Kaum hatten die Gesellen die Stadt im Rücken, als schon alle reichen Leute zum Schloss rannten, um zu lamentieren. Wie sollten sie jetzt der Lust frönen? Was sollte mit ihrem Liebesleben passieren? Der König wusste sich nicht anders zu helfen, als seine Tochter umzustimmen, sie musste in die Heirat einwilligen. Schluchzend sagte sie:

»Was kann ich tun? Der Holzpimmel will mich nicht mehr.«

»So nimm den Dickknüttel oder den Langen!«, schrie der König. »Die haben die Schätze!«

Eilig schickte der König den sechs Gesellen einen Versöhnungsboten nach. Der rief den Burschen zu:

»Freunde, liebe Brüder, der König bittet euch zurückzukommen, er will sich auf ewig mit euch vertragen, und seine Tochter ist bereit zu freien, sie will den Starken oder den Langen nehmen!«

Der Dickknüttel antwortete:

»Ich nehme keine Frau, ohne meine Mutter zu fragen. Eine Prinzessin würde ihr kaum passen. Ich mag den Langen selbst viel lieber!«

Dann gab er dem Langen einen Schmatzer und die beiden spazierten Hand in Hand weiter. Der Bote aber kehrte unerledigter Dinge zurück. Jetzt merkte der König, dass er seine tüchtigen Hauptmänner beordern und selbst mit seinem Heer die Gesellen verfolgen und zur Übergabe der Schätze zwingen musste. Rot vor Zorn zog er sich seine blaue Paradeuniform an und wollte in die Schlacht ziehen. Mit all seinen Regimentern nahm er die Verfolgung auf und holte die Gesellen endlich ein. Mit langgezogener Stimme rief er ihnen zu:

»Ihr seid gefangen! Bringt den Sack her und presst die anderen Schätze aus dem Hintern, oder wir hauen euch zusammen!«

Der Saftpresser drehte sich um und rief mit ebenfalls langgezogener Stimme:

»Haltet den Hut fest, damit er euch nicht abhandenkommt!«

Dann löste er seine Zwetschgen, und zwar beide, und ließ aus seinem Schlauch eine Ladung Saft hervorsprudeln, dass die Regimenter auseinanderstoben und weit verteilt übers Land gespült wurden. Die Leute ringsum wunderten sich nicht wenig, als sie überall Soldaten auf schneeweißem Schlamm herumschwimmen sahen, obwohl sie doch keine Fische waren und gar kein Winter herrschte.

Der Wachtmeister der Torwache rief um Gnade! Er sei ein braver Kerl, hätte ihnen nichts zuleide getan und möge ihnen die Lustschätze wohl gönnen.

»Daheim habe ich Frau und Kinder! Komme ich saftverschmiert zurück, wird die Alte schimpfen und die Kinder werden Angst haben, dass ich die Familie um eines anderen Mannes willen verlasse!«

Da erbarmte sich der Saftpresser, band die rechte Zwetschge ab und ließ mit der andern den Saft nach, sodass der Wachtmeister sanft auf trockenen Boden kam und ohne Schaden zu Weib und Kind heimkehrte. Als der König viel härter am Schlosshof angespült wurde und neben seiner Tochter zu sitzen kam, sagte er:

»Wir müssen die Kerle ziehen lassen, mit ihnen ist es unheimlich!«

Die sechs Gesellen aber zogen heim, machten Sack und Hintern auf, teilten die Schätze untereinander auf und lebten lang und vergnügt in einem neuen Dorf, das sie am Rande des Gebirges gründeten und welches viele Wanderer lüstern willkommen hieß. Und wenn sie nicht gestorben sind, so fickeln sie noch heute.

***

»Na, bei so einer wunderbar unzüchtigen, derben Story erübrigt sich die Diskussion, ob das Thema erfüllt worden ist«, lacht Charlie. »Die sechs Freunde waren ja jeder für sich auf ’ne Art unersättlich, dass es für alle folgenden Märchen des heutigen Abends gereicht hätte.«

»Und trotzdem will ich mit meinem Beitrag ebenfalls etwas zur Unersättlichkeit sagen, aber vielleicht auf eine ganz andere Weise«, sagt Wilko geheimnisvoll und wir wenden uns ihm zu, schweigend und lauschend.

Hundertfleck

Es hatte ein junger König einst einen Minister, der kümmerte sich gar sehr um dessen Wohlergehen. Er sorgte für täglich frischbezogene Betten, für eine prall gefüllte Vorratskammer und für beste Pferde in den Ställen. Er suchte mit Bedacht die mutigsten Soldaten und flinksten Boten aus und tat im Ganzen alles, um in den Augen seines Herren als unentbehrlich zu gelten. Aber so viel er auch glänzte und die freundliche Zuneigung des Königs genoss, sein eigentlicher Herzenswunsch blieb unerfüllt. Denn heimlich, ohne dass es jemand ahnte, war der Minister in den jungen König verliebt und hätte gern, ach so liebend gern den Bund der Ehe mit ihm geschlossen.

Was nützte es, in alten weisen Büchern nach Rezepten gegen Herzenskummer zu suchen? Was blieb von guten Ratschlägen, wenn sie ungehört verhallten? Der Minister wusste wohl, dass des Königs Lüsternheit sich ausschließlich nach dem weiblichen Geschlecht richtete. Und er wusste auch, dass ein unglücklich Liebender ausziehen und sich anderswo nach Glück und Wonne umschauen sollte. Aber über solche Aussichten rümpfte er nur die Nase:

»Soll ich etwa in billige Spelunken einkehren, wo Männer erst den Leib erfreuen, ehe sie sich wahren Gefühlen hingeben? Soll ich bei dem unflätigen Treiben der Schandlustigen mittun, die sich zuhauf in dunkle Kammern drängen, um fremdes Fleisch blindlings und wahllos zu spüren? Nein, mein Begehren ist von höherem Wert, und bleibt es unerfüllt, will ich es mit hoch erhobenem Haupt ertragen.«

Weil er demgemäß aus purer Hochmut jegliche Annäherung anderer Männer ablehnte, wurde sein liebendes Herz langsam, ohne dass er selbst es merkte, zu Stein. So ward es nicht verwunderlich, dass er eine gar teuflische Kabale erfand, als der junge König sich mit einer schönen Prinzessin verlobte.

»Ich will meinem Herren zeigen, wie schändlich diese Frau ist, damit er sie verjagt«, sagte er sich. »Auch wenn ich dafür lügen und betrügen muss! Der König soll mir ganz allein gehören und niemand darf seine Liebe gewinnen.«

Der Minister suchte Zuflucht in der Zauberei. Er schlich in eben jene Spelunke, die von eben jenen fleischeslustigen Männern gern besucht wurde, die er im Grunde so verachtete. Der Minister versteckte sich hinter den Abort und brauchte nicht lange zu warten, bis ein angetrunkener Soldat nebst einem strammen Stallknecht in die Ecke trat. Die beiden wollten einander feuchte Küsse und weitere Gaben weit feuchterer Natur spenden. Durch ein Astloch in der Wand beobachtete der Minister das wilde Treiben, und als die zwei Lüstlinge dem Höhepunkt entgegeneilten und etliche Tropfen weißer Männlichkeit in die Lüfte spritzten, holte er eine goldene Schale hervor und fing damit den herben Regen auf. Weil Soldat und Stallknecht in ihrem Rausch die Augen geschlossen hatten, merkten sie gar nichts von dem Diebstahl des Dritten.

»Zwei habe ich schon«, murmelte der Minister. »Noch achtundneunzig sollen folgen!«

Und er versteckte sich noch in vielen weiteren Spelunken, um die Samentropfen weiterer Männer in seiner goldenen Schale zu sammeln. Wenn er in einer Schankwirtschaft merkte, wie an einem Tisch die haarigen Hände eines Gastes heimlich unter der Platte zwischen die Schenkel des Nächstsitzenden griffen, kroch er unter die Platte, wartete seine Zeit ab und fing die Spritzer auf, die dort vom Hosenbund gen Boden fallen wollten.

Eilte ein Dienstbote im Schloss des Königs des Nachts zum Wasserlassen hinaus, saß dort schon der Minister im Unrat, duldete den warmen Strahl und griff dann, nachdem der Diener abgeschüttelt hatte, rechtzeitig nach dem Gliede, ehe es unterm Rock verstaut werden konnte.

»Ich bin ein gutes Nachtgespenst«, log er dann mit verstellter Stimme, »das dir Gutes tun will, um erlöst zu werden.«

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Seine Hand rieb auf und ab und die Dienstboten ließen es willig geschehen, dass der vermeintliche Geist ihnen Tropfen um Tropfen abnahm, und empfanden reizvolle Lust dabei. Der Minister hingegen verspürte nichts als heimtückische Freude, wenn er die goldene Schale eins ums andere Mal füllen konnte. Wo andere sich den munteren Zungenspielen, Schoßgriffen und Reibesübungen freudig ange-schlossen hätten, verfolgte er stur seinen Plan.

Als endlich die Schale mit hunderterlei verschiedener Mannestropfen gefüllt war, kochte er das Ganze zu einem Sud, gab verschiedene magische Kräuter hinzu und reichte den Trank mit falscher Höflichkeit der Prinzessin.

»Trinkt dies, denn es wird Euch noch schöner machen und Euch Stärkung für die Hochzeit bringen«, sagte er.

Nachdem die Prinzessin den Sud hinuntergeschluckt hatte, zeigten sich plötzlich seltsame Beschwerden bei ihr. Sie konnte weder den Schatten noch die Sonne ertragen. Wenn sie sich im Sonnenschein befand, verlangte sie dringend, in den Schatten gebracht zu werden. Befand sie sich dorten, zitterte sie vor Kälte und wollte zurück in die Wärme.

»So pflegt es bei schwangeren Frauen zuzugehen«, sprach der Minister zum König.

Und wirklich zeigte sich nach ein paar Tagen ein runder Bauch unterm jungfräulichen Busen der Prinzessin. So sehr sie nun beteuerte, mit niemandem jemals das Bett geteilt zu haben, der bestürzte König konnte ihr keinen Glauben schenken.

»Ich kann keine Frau heiraten, die ein fremdes Kind unterm Herzen trägt«, sagte er. »Auch wenn es mich mit Gram und Traurigkeit erfüllt, muss ich unsere Verlobung lösen.«

»Ein solch hinterhältiges Frauenzimmer gehört bestraft«, keifte der Minister gehässig. »Gewiss hat sie Euch mit Stallknechten, Soldaten oder Dienstboten betrogen. Am Ende verführte sie mannsholde Jünglinge, um sie zu verkehren und sich dessen zu rühmen! Ja, sie verdient es, ins Reich der riemigen Rammelriesen verbannt zu werden.«

So weit wollte der junge König, der ein friedliches Gemüt besaß, jedoch nicht gehen.

»Sie soll in den Wald geführt werden, wo sie den Heimweg antreten kann«, befahl er. »Bei ihren Eltern kann sie den Bastard großziehen. Ich derweil werde die Hochzeit absagen und so bald kein anderes Weib anschauen können.«

Verletzt zog sich der junge König zurück, die Prinzessin aber wurde weggebracht. Nun hatte der Minister sein Ziel erreicht und freute sich, seinen Schützling wieder ganz allein umsorgen zu können.

Die Prinzessin ging aber nicht zu ihren Eltern zurück. Sie wusste, dass ihr Vater sie ebenso unbarmherzig verstoßen würde, erführe er von ihrem Zustand, und darum beschloss sie, im Walde zu bleiben. Sie setzte sich ins Gras und weinte, bis sich alle wilden Tiere um sie versammelt hatten und mit ihr weinten. Sie erzählte ihnen von ihren Erlebnissen und fragte jedes einzelne Tier, ob es wisse, wie sie in diese Lage gekommen sein konnte. Weder das Eichhörnchen noch der Hirsch, nicht einmal der schlaue Fuchs konnten sich ihre Schwangerschaft erklären. Einzig eine alte Eule ahnte, dass es an dem Zaubertrank gelegen haben mochte.

»Der Minister hat dir einen Sud eingeflößt, der deinen Leib unnatürlich anwachsen ließ«, sagte sie. »Wer weiß, was das noch für Folgen haben wird?«

Die wilden Tiere beschlossen, die Prinzessin in eine Höhle zu führen und selbige zu verschließen, damit keine Räuber kämen und sie umbringen konnten. Das Innere der Höhle wurde von den Finken und Meisen geschmückt, der Bär hingegen wälzte ein mächtiges Felsstück vor die Öffnung. Wolf und Fuchs versprachen, jeden Tag ein Stück ihrer Beute vor einen schmalen Ritz zu legen, und die Hasen brachten Tag für Tag frische Kräuter und wildes Gemüse dazu. Davon lebte die Prinzessin drei Monde, bis plötzlich ihr geschwollener Leib zu zucken begann. Es war, als müsse sie niesen, und kaum hatte sie sich geschnäuzt, entsprang ihrem Nabel – ganz ohne Riss und Schmerz – ein Kind. Über und über war es mit Muttermalen verschiedenster Farbe und Form übersät. Manche Flecke waren dunkel, manchen entsprossen Haare, andere wieder waren rötlich oder violett.

»Guten Tag, Mutter«, rief das Kind fröhlich, denn es war bereits alt genug, um zu sprechen und aufrecht zu stehen. »Ich bin dein Sohn!«

»Bist du mein Sohn, war ich wahrhaftig schwanger«, erkannte die Prinzessin. »Aber wer mag nur dein Vater sein?«

»Ich habe hundert Väter und doch keinen«, lachte das Kind und erzählte, durch welche Zauberei es zustande gekommen war. Jene Zauberei war es auch, die ihm das Wissen darüber eingegeben hatte.

»All die Male und Flecke stammen daher, dass so viele verschiedene Männer ihr Erbe in mein Blut gegeben haben. Vom Stallknecht stammt der Leberfleck unterm linken Auge, vom Soldaten das Muttermal an der Wange, die Sommersprossen auf dem Glied habe ich vom Dienstboten mit der schwachen Blase und die Haarbüschel auf dem Rücken von dem triebigen Griffelgast der Schankwirtschaft.«

So zählte er auf, von wem er jedes einzelne Mal geerbt hatte, das seinen Leib zierte, und die Prinzessin verstand nun, weshalb ihr Sohn derart bunt übersät war.

»Nun wollen wir aber zum König zurückkehren, um ihm alles zu verraten«, beschloss das Kind.

Seine Mutter aber schüttelte den Kopf.

»Du mit deinen vielen Leberflecken und Muttermalen wirst ihn nur ängstigen und am Ende bin ich es, die als Hexe verbrannt wird. Nein, Kind, lass uns hier im Walde bei den lieben Tieren bleiben und abgeschieden leben.«

Ihr Sohn erklärte sich einverstanden, bat sich aber aus, den Wald verlassen zu dürfen, sobald er alt genug dafür wäre.

»Du musst mir einen Namen geben«, verlangte er, »denn du kannst mich nicht ständig nur ›Kind‹ rufen.«

Die Prinzessin beschaute sich ihren Sprössling, streichelte seine bunte Haut und lachte dann:

»So will ich dich Hundertfleck nennen.«

Ihr Sohn war’s zufrieden. Weil er nun aber ein Zauberkind war, wuchs und gedieh er in einem Jahr wie andere Jungen in sieben, und so war bereits im dritten Frühling aus ihm ein stattlicher Mann geworden. Die Zeit seines Heranwachsens ließ Hundertfleck nicht untätig verstreichen. Weil er die Spuren seiner hundert Väter nicht nur auf seiner Haut trug, sondern auch in seinem Blute wallen fühlte, versuchte er Tag für Tag, den Felsen vor der Höhle ein Stückchen weiter zu rollen; Monat für Monat ihn ein Stückchen weiter in die Luft zu heben.

»Dermaleinst kann ich meine Kräfte mit dem Bären messen«, prahlte er und die Prinzessin, die ohnehin aus mütterlicher Liebe über seine Hässlichkeit hinwegsah, war sehr stolz auf ihn.

Nicht nur in den Muskeln der Arme und Beine spürte Hundertfleck das Erbe seiner Väter. Auch zwischen den Beinen brodelte es immer ärger und eine geheime Macht brachte ihn dazu, die wilden Tiere während des Lenzes zu verfolgen und deren Brunft ausgiebig zu beobachten.

»Schaukelt mein Beutel nicht viel anmutiger als das Gehänge des Auerochsen?«, fragte er sich. »Leuchtet die Kuppe meines Gliedes nicht auffälliger als jene des Wolfes und ist das Haar an meinem Rumpf nicht prächtiger gelockt als jenes des Bären? Ja, mein Leib ist ihnen an Männlichkeit mindestens ebenbürtig.«

Hundertfleck wandte seinen Blick daher von der tierischen Brunft ab, betrachtete sein Spiegelbild auf der Oberfläche eines Waldsees und erfreute sich an der Gestalt seines Gliedes, aller hässlichen Male und Flecken zum Trotz, so sehr, dass die Spritzer weißer Manneskraft gleich hundertfach aus ihm heraussprudelten.

»Welch ein kribbelnder Regen, der sich da aus mir entfacht«, staunte der Jüngling und japste erregt nach Luft. »Mir ist, als spürte ich die Lust all meiner Väter zugleich, die sie empfanden, als sie ihr Erbe auf die goldene Schale schleuderten!«

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So erfreute sich Hundertfleck immer öfter an seinem eigenen Leib, wie es Jünglinge eben gern zu tun pflegen. Doch in allem vergaß er nicht, was er seiner Mutter schuldig war, und zum Glück war in den drei Jahren nicht nur sein Leib, sondern auch sein Verstand gereift. Er sagte sich:

»Soll meine Mutter mit ihrem Versprochenen glücklich werden, muss erst der Minister verschwinden. Nur wie kann ich ihn dazu bewegen, seinen Posten aufzugeben?«

Er sann hin und her. Schließlich erkannte er, dass er vom abgelegenen Wald aus nichts ausrichten konnte.

»Ich brauche eine Anstellung im Schloss, um aus der Nähe auszukundschaften, was möglich ist«, entschied er.

Hundertfleck nahm Abschied von seiner Mutter, die ihm unter Tränen alles Glück der Welt wünschte, und ließ sich von den wilden Tieren, die ihm gute Freunde geworden waren, aus dem Wald geleiten.

Da traf es sich, dass der König gerade die Straße entlangkam. Hundertfleck stellte sich in den Weg und rief:

»Haltet ein wenig! Wünschet Ihr keinen Knecht?«

Da sah der König aus dem Wagen heraus, und wie er den Jüngling mit den hunderterlei Malen im Gesicht und an den Gliedern erblickte, so entsetzte er sich.

»Nein, nein!«, rief er gleich und befahl weiterzufahren; aber Hundertfleck zog sein fleckiges Glied heraus, rieb es hart und spritzte eine gewaltige Fontäne herber Mannestropfen auf die Straße. Die Hufe der Pferde traten hinein und klebten sofort am Boden fest – der Wagen konnte nicht von der Stelle.

»Ihr seht, ich trage zwar die Mängel von hundert Vätern auf meiner Haut, aber ich trage auch die Kraft von hundert Männern zwischen meinen Schenkeln. So nehmt mich doch, ich werde Euch treue Dienste leisten! Was zaudert Ihr?«

»Ich fürchte mich vor dir«, gestand der König, »und meine Leute würden alle davonlaufen, wenn sie dich nur sähen!«

»So gebt mir eine Stellung, die mich am Tage vom Schloss fernhält und mich nur in den Stunden der Nacht und der Dämmerung in die Nähe kommen lässt.«

Der König sah, dass er anders nicht frei werden konnte, und versprach Hundertfleck eine Arbeit.

»Du wirst der Hirte meines alten Schäfers werden und die königliche Schafherde hüten«, entschied er.

»So ist’s mir recht!«, sprach Hundertfleck, half den Pferden aus den kleisternen Pfützen und marschierte mit dem König zum Schlosse hin.

Dort wurde ihm die Hütte des Schäfers gezeigt, der nicht minder vor dem Anblick des Neuankömmlings erschrak wie der König selber. Er wies Hundertfleck einen Schlafplatz im Keller, gab ihm auch Essen und Trinken, verschloss allerdings die Türe, weil er sich vor seiner Ungestalt fürchtete. Erst am nächsten Morgen kurz vor Sonnenaufgang ließ der Schäfer Hundertfleck wieder frei und sprach:

»Führe die Schafe auf die Weide diesseits des Tales. Hüte dich, sie auf die andere Seite zu bringen, mag das Gras dir dort auch noch so saftig erscheinen! Keiner meiner Knechte kam je von dort zurück, denn da liegt das Reich der riemigen Rammelriesen!«

Hundertfleck versprach, der Warnung Folge zu leisten, und zog mit den Schafen in das Tal. Wie er dort die Herde hütete und eingedenk der Worte des Schäfers darauf achtete, dass keines der Tiere die Grenze zum Reich der Rammelriesen überschritt, gedachte er der letzten Nacht. Wohl hatte sein neuer Herr geglaubt, er habe die ganze Zeit im Keller zugebracht, hinter dem dicken Riegel. Was aber war ein Riegel schon für einen Jüngling, in dem die Kraft von hundert Vätern schlummerte? Er war flugs ausgebüchst, hatte sich ins Schloss geschlichen und die Kammer des schlafenden Ministers gefunden.

»Dir also habe ich meinen grässlichen Zustand zu verdanken«, hatte er geflüstert.

Da war das Mondlicht durchs Fenster gefallen und hatte das Antlitz des Ministers beschienen. Hundertfleck hatte gestaunt, wie wohlgefällig sein ärgster Gegner aussah: Er sah in ein angenehmes, rundes Gesicht mit vollen Wangen, die von weinfarbener Haut geschmückt waren. Die geschlossenen Augen waren mit dichten Wimpern besäumt. Dem Jüngling war der Atem gestockt, als er den Minister betrachtet hatte, und als jener im Schlafe auch noch die Decke von sich streifte und seinen anbetungswürdigen Leib offenbarte, war es um Hundertfleck geschehen.

Nun stand er bei der Weide und grübelte, was tun? Wenn er den Minister fortschaffte, wäre zwar der Weg für seine Mutter in die Arme des jungen Königs frei – er selbst aber könnte nie wieder den schönen Mann im Mondschein betrachten.

»Das Beste wird sein, ich umgarne den Minister und gewinne sein Herz«, entschloss sich Hundertfleck.

Er setzte sich ins trockene Gras, nahm Feder und Papier und schrieb einen inbrünstigen Liebesbrief. Sein eigener Mannessaft diente ihm als Tinte.

»Werter Minister«, schrieb er, »vergesst eure Schwärmerei für den König und wendet euch einem kecken Hirtenknaben zu. Folgt mir auf die Weide, wo wir in freier Natur den Sonnenschein in den wollüstigsten Stellungen genießen können. Wie aus weiter Ferne wird das Gezwitscher der Vögel an unser Ohr dringen und sich in ein Liebeslied wandeln, während wir bar aller Kleider uns umreigen.«

Und er dichtete:

»Sei mir ein Lager, auf dem man kost,

das Gras wird uns zum weichen Minnebett.

Sei meiner Sehnsucht ein Trost.

Sei mir ein Bach, kühl meine Hitze!

Gib meinem Hirtenstab festen Halt.

Sei der Schaft für meine Lanzenspitze.«

»Gemäß dem Lied wollen wir uns verhalten und ich verspreche: verklärte Verzückung wird Euer Antlitz schmücken!«

Er setzte seinen Namen darunter und ließ den Brief noch am selben Abend, gleich nach seiner Rückkehr, dem Minister bringen. Anderntags lag ein Antwortschreiben vor der Tür des Schäfers, welches lautete:

»Nimmer will ich wie das gemeine Volk in der Wildnis irgendwelchen Neigungen nachgehen. Bleibe Er bei seinen Schafen und lasse mich in Ruh!«

Niedergeschlagen steckte Hundertfleck das Schreiben in seine Brusttasche und zog mit den Schafen ins Tal. Die Antwort traf sein Herz nicht so sehr wie seinen Stolz, drum fasste er sich bald und meinte:

»Einem einfachen Hirten ist er sich zu schade. Ein Held mag ihm dagegen gut genug sein! Ich will die Herde über die Grenze schaffen und sehen, ob ich mich nicht gegen die Rammelriesen behaupten kann!«

Gesagt, getan. Er führte die Schafe ins Reich jenseits des Tales, wo die Wiesen grüner, das Gras saftiger und das Wetter freundlicher war. Zunächst geschah nichts und Hundertfleck glaubte schon, dass des Schäfers Verbot nichts als eine Finte gewesen war. Kurz bevor die Sonne unterging, bogen sich zwei mächtige Fichten zur Seite, als ob es dünne Strohhalme wären, und ein Riese, hoch wie ein Kirchturm, trat ihm entgegen. Hundertfleck sah gleich, warum man ihn den riemigen Rammler nannte, denn alles, was an einem Mann gewöhnlich baumelte oder stand, war bei seinem Gegenüber von gewaltigem Ausmaß.

»Menschenkind, wie kommst du hierher?«, herrschte ihn der Riese an. »Kein Hirte wagt es sonst, meinen Wald mit seinen Schafen zu verunreinigen und mein Auge mit seiner mickrigen Männlichkeit zu beleidigen! Du musst dich mit mir schlagen oder ringen, was willst du lieber?«

»Weder das eine noch das andere«, entgegnete Hundertfleck keck. »Ich bin gekommen, mit dir zu wetten!«

»Um was willst du wetten?«, fragte der Riese.

»Darum, wer die meiste Männlichkeit aushält«, erwiderte Hundertfleck, »denn ich meine, die Größe des eigenen Gebaumels gibt keinen Aufschluss über die hinteren Fähigkeiten.«

Der Riese lachte, denn zum einen glaubte er sich schon als Sieger, zum anderen lüsterte es ihn nach riemigen Rammeleien – und da kam ihm so ein frecher Jüngling gerade recht.

»Ich habe hier meinen Wonnestab aus gutem Eichenholz«, sprach er und zeigte einen sieben Ellen langen Baumstamm vor, der zum Abbild eines harten Gliedes gehobelt und geschliffen war. »Du wirst sehen, Winzling, dass ich ihn hintenrum aufnehmen kann und es verstehe, ohne mich vorne zu berühren, einen Schwall weißer Tropfen zu entladen.«

Schon führte sich der Rammelriese das Holzglied ein, legte die Hände auf den Rücken und ritt in wilder Wonne darauf herum. Hundertfleck sah, wie sich das riemige Riesenfleisch aufbäumte, und versteckte sich noch rechtzeitig hinter einer Birke, ehe die warme Männlichkeit aus seinem Gegner herausspritzte, einem berstenden Staudamm gleich. In einer Kuhle bei den Birken sammelte sich der Guss und ward zu einem dickflüssigen Teich.

»Nun tue es mir nach«, befahl der Riese und setzte Hundertfleck auf die Spitze des Eichenstamms. »Schaffst du es nicht, musst du mir fortan hinten in meinem Loche dienen. Du wirst darin wohnen, es regelmäßig ausmisten und darin hin und her springen, um mich zu erquicken.«

Hundertfleck ließ sich davon nicht schrecken. Freilich wusste er, dass er viel zu klein war, um das Holzglied in seinen Leib aufzunehmen. Aber er besann sich auf die Kraft seiner hundert Väter, spannte seine Backen an und presste damit das Eichenholz so fest zusammen, dass es in Stücke zerbrach. »Knack!« und »Knirsch!« machte es da und plötzlich lagen statt eines sieben Ellen langen Baumstamms viele tausend handtellergroße Holzglieder herum.

»Was hast du gemacht«, jammerte der Riese. »Für mich, den riemigen Rammler, sind diese Spielzeuge viel zu klein, als dass ich hinten irgendeine Wonne verspüren würde! Da ziehe ich mich lieber in jenen Berg dort zurück und schlafe. Nicht eher will ich erwachen, bis es keine wackeren Männer wie dich mehr gibt, die mit ihrem Hintern Holz spalten können!«

»Dann musst du wohl tausend Jahre schlafen«, gab Hundertfleck zurück.

Der Riese seufzte:

»So leb denn wohl, Winzling, der mir zum Meister wurde. Weil du mir über bist, will ich dich zum Abschied noch warnen: Rühre den Guss meiner Männlichkeit nicht an, der sich dort in der Kuhle zum Teich staute, denn Riesentropfen sind für Menschen gefährlich!«

Hundertfleck dankte für den Rat. Während nun der Rammelriese, dem es gar nicht mehr riemig zumute war, traurig dem Berg zu stiefelte und schließlich darin verschwand, sammelte der Jüngling die vielen Holzglieder ein und lud sie auf seinen Rücken.

»Mit einem solchen Geschenk werde ich das Herz des Ministers gewiss für mich gewinnen«, meinte er, »denn welcher Mann kann dem Reiz wonniglichen Spielzeugs schon widerstehen?«

Er trat mit seiner Beute und den Schafen den Rückweg an und der alte Schäfer staunte nicht schlecht, als er seine Herde so wohlgenährt und zufrieden sah.

»Das Vlies ist weicher und strahlender denn je«, lobte er. »Du musst sie auf eine gute Weide geführt haben, Hundertfleck. Weißt du was? Ich will ein Drittel der Herde scheren und die wertvolle Wolle dem König schicken.«

Der Schäfer machte sich sogleich an die Arbeit, sein Gehilfe hingegen schrieb einen Brief an den Minister und legte drei besonders gut geratene Holzglieder bei. Zur gleichen Zeit schickten sie ihre Geschenke ins Schloss. Wo jedoch dem Schäfer ein freundliches Dankesschreiben nebst goldenen Talern zurückgesendet wurde, erhielt Hundertfleck nur eine weitere, schmähende Absage:

»Wenn Er glaubt, mein Sehnen gelte albernen Geräten, so sei Er gewiss, dass ich mich von solchem Kram nimmer locken lasse. Sehe Er von weiteren Bekundungen ab und belästige Er mich nicht mehr, denn eine königliche Hochzeit steht an, der ich meine Zeit lieber widmen will.«

Diesmal war es nicht der Stolz, der unter dem Briefe litt. Hundertfleck erschrak vielmehr über die unvorhergesehene Hochzeit, die der junge König plante. Die Zeit drängte, doch was konnte er tun?

»Die Holzglieder helfen mir nicht weiter«, erkannte er. »Ich will morgen nochmal die verbotenen Weiden aufsuchen und schauen, ob mir nicht noch etwas Besseres zufällt.«

Am nächsten Tag fand er sich samt Schafherde wieder im Reich der riemigen Rammelriesen ein. Diesmal begegnete er bereits kurz vor dem Mittag einem solchen, der in Höhe und Ausmaß dem gestrigen Ungetüm sogar überlegen war.

»Bist du der Winzling, der meinen Bruder besiegt und zu tausendjährigem Schlaf verdammt hat?«, herrschte er Hundertfleck an. »Was suchst du hier?«

»Ich will mit dir wetten«, antwortete der Jüngling.

»Wenn es weiter nichts ist«, knurrte der Riese. »Wir spielen um deine Freiheit, hörst du? Und der Einsatz ist folgender: Ich verstehe mich hervorragend auf das Kitzeln der Nippel. Pass nur auf!«

Seine Riesenfinger rissen Hundertfleck das Hemd vom Leib, strichen über seine Brust, bis sie die zwei knospenden Warzen fanden, und schon begannen die riemigen Rammelkuppen zu drücken und zu ziehen, dass es dem Jüngling ruckartig das Rückgrat erschauern ließ. Ohne dass er das Warum und Wieso verstand, erquickte die eigenartige Behandlung seiner Nippelchen alle seine Glieder, voran das stolze zwischen den Beinen. Es richtete sich auf, erhärtete sich und schon quollen Tropfen um Tropfen hervor.

»Siehst du, welche Macht ich über die Wonnen der Männer ausübe?«, prahlte der Riese. »Solche Kunststücke beherrschst du bestimmt nicht.«

»Wollen sehen«, entgegnete Hundertfleck. »Wir haben keine Regeln festgesetzt, dass wir nur die Finger nehmen dürfen, nicht wahr?«

Und er riss auch den Rest seiner Kleider vom Leib, sprang auf den Rumpf des Riesen und kämpfte sich flugs durch dessen dichtes Brusthaar, bis er die linke Brustwarze fand. Nur kurz die Backen gespreizt, nur kurz hingehockt – flutsch! – da steckte sie schon in seinem Hintern. Abwechselnd fuhr Hundertfleck sein Gesäß auf und nieder, presste und lockerte mal und sorgte dergestalt dafür, dass der Riesennippel sich verhärtete und aufgeregt zu zittern begann. Wie der Jüngling merkte, dass er die linke Brustwarze mit wonniglichen Wohltaten verwöhnte, beugte er seinen Leib hinab zur rechten, die er gerade so mit dem Mund erreichen konnte. Ein zarter Biss, ein heftiger Schmatz – und schon stand auch sie lüstern vom Rest des Riesenrumpfes ab. So schaukelte Hundertfleck hinten herum und leckte und saugte vorne umher, bis der Riese zu stöhnen und zu winseln begann.

»Oh ja, welch treffliche Tortur, welch manierliche Marter«, hauchte er entzückt. »Ich merke, wie mir die Wonne von der Brust direkt in die Lenden fließt und sich dort den Weg nach draußen bahnen will!«

Kaum hatte er’s gesagt, rauschte der weiße Mannesstrom aus seinem Riesengliede gleich einem Wasserfall heraus und flutete eine Kuhle gleich neben jener, in die sich sein Bruder am Vortag ergossen hatte.

»Du Winzling bist mir in der Kunst der Nippelwonne über«, erkannte der Riese. »Als ewig Zweiter aber will ich mein Leben nicht fristen. Lieber ziehe ich mich in den Berg zurück, wo bereits mein Bruder schlummert, und will warten, bis meine Zeit von Neuem anbricht.«

»Da wirst du zweitausend Jahre schlafen müssen«, höhnte Hundertfleck.

Der Riese ließ den Kopf hängen, warnte den Jüngling noch, den Tümpel seiner Tropfen ja nicht zu berühren, und verschwand im Berg. Hundertfleck nutzte den Rest des Tages, um durch die Gegend zu streifen, und stieß schließlich auf einen goldenen Palast, aus dem wunderschöne Musik drang. So leicht waren die Melodien, dass der Palast selbst in der Luft schwebte und den Boden nicht berührte.

»Das muss das Heim der Rammelriesen sein«, meinte Hundertfleck, reckte seinen Hals und schaute durch die Fenster.

Drinnen waren unzählige schmucke Burschen, zarte Knaben und kernige Kerle zu sehen, die sich allerlei Lustbarkeiten hingaben. Die einen tanzten graziös, nur mit durchsichtigen Schleiern umhüllt. Andere lagen in breiten Wannen und seiften einander mit Mitteln ein, die eher den eigenen Leibern entsprangen als dem Ladentisch eines Barbiers. Wieder andere schmausten und tranken an einer langen, reich gedeckten Tafel, aber gänzlich nackend; und tropfte einem das Butterfett auf die Brust, leckte es der Sitznachbar lüstern hinweg.

»Welch bunter Haufen«, staunte Hundertfleck. »Das müssen all jene Hirten sein, die vor meiner Zeit das Verbot des Schäfers übertreten haben und von den Rammelriesen geraubt worden sind. Heda!«, rief er in den Palast hinein. »Eure Herren, die riemigen Rammelriesen, sind durch mich besiegt worden und ich bin nun der Besitzer dieses Palastes!«

Darüber freuten sich die Männer, dass ihre Glieder fröhlich zuckten, und sie prosteten ihrem Erlöser zu. Der versprach, bald wiederzukommen und den Thron einzunehmen, sobald er seine Geschäfte im Nachbarreich erledigt hatte.

Da brach schon der Abend herein und Hundertfleck musste sich eilen, mit den Schafen zurück ins Schloss zu kommen. Sein Herr, der alte Schäfer, pries erneut die Beschaffenheit der Wolle und schor das zweite Drittel, um dem König ein weiteres Geschenk zu machen. Hundertfleck dagegen nahm Stift und Papier und schrieb dem Minister, dass ein Palast angefüllt mit vielen schönen Männern seiner harrte, die bewundert und bestaunt werden wollten.

»Eure Augen werden sich tagtäglich an ihnen ergötzen können und für Jahre wird es keine Langeweile geben, denn vielfältig ist, was sie bieten können«, behauptete der Jüngling. »Das wird nicht nur die Augen, sondern auch Euer erklecklich Glied erfreuen.«

Noch in der gleichen Nacht aber erreichte ihn einmal mehr eine abschlägige Antwort, denn der hochmütige Minister verbat es sich, der Schaulust bezichtigt zu werden. Er schrieb auch, mit anderen »Schundsüchtigen«, wie er Hundertfleck bezeichnete, verglichen zu werden. Demgemäß erlaubte er dem Hirten auch nicht, an den Hochzeitsfeierlichkeiten teilzunehmen.

Diesmal war es wahrhaftig das Herz Hundertflecks, das sich durch diese Worte verletzt fühlte, und nicht der Stolz oder die Sorge. Missmutig ging er zu Bett und ebenso missmutig stand er anderntags auf, um die Schafe zu hüten. Eher aus Gewohnheit denn aus Neugier oder Abenteuerlust überschritt er die Grenze zum Reich der riemigen Rammelriesen. Wie erschrak er aber, als ihm dort ein dritter Riese entgegenkam.

»Du hast meine zwei Brüder vertrieben und maßt dich an, ihren Palast zu übernehmen«, brüllte er. »Aber noch hast du es mit dem Letzten der großen Rammler aufzunehmen!«

»Ich nehme es mit dir gerne auf!«, rief Hundertfleck zurück.

»Willst du dich schlagen oder ringen?«, fragte der Riese.

»Weder noch, wir wollen ein Wettspiel machen. Suche dir aus, worum es gehen soll.«

Der Riese überlegte nicht lange und sprach:

»Lass uns beide auf den Rücken legen und schauen, wessen Fontäne höher spritzt! Meine wird die Wipfel der Fichten wie schneebedeckte Berggipfel aussehen lassen!«

Er griff nach seinem Riesenglied, rieb es wie toll und schleuderte seine Tropfen in die höchsten Baumkronen.

»Versuch mal, dies mir nachzutun, du Winzling«, spottete er.

Hundertfleck aber besann sich einmal mehr auf seine hundert Väter und wie es wohl wäre, wenn deren Wonnelust sich auf einmal in seinen Lenden sammeln würde. Da wuchs der Druck ins Unermessliche, kaum dass er sein Glied gefasst, und die Tropfen sprudelten bis in den Himmel hinauf. Dort blieben sie hängen, denn die Hitze der Sonne verwandelte sie in schwebenden Dunst. Der Rammelriese war über diese Wolke aus Mannesguss derart verblüfft, dass sein gewaltiges Glied mickrig in sich zusammenfiel. Beschämt eilte er zu seinen Brüdern in den Berg und rief nur noch von Weitem dem Jüngling zu:

»Du bist mir über, Winzling! Dein sei der Palast und das Reich der riemigen Riesen. Achte aber drauf, nicht unter die Bäume zu treten, von deren Ästen mein weißwarmer Regen tropft, denn der könnte dir schaden!«

Und damit war er im Berge verschwunden. Hundertfleck setzte sich auf und fragte sich, was nun zu tun sei. Den Minister hatte er nicht locken können und die nahende Hochzeit wusste er auch nicht zu verhindern.

»Vorgestern erbeutete ich viele, viele Holzglieder und gestern gar einen ganzen Zauberpalast voller schöner, lüsterner Männer«, sagte er. »Sollte mir der Sieg über den dritten und letzten Rammelriesen nichts bringen?«

Er wartete und wartete, aber nichts tat sich. Schon wollte er in den alten Missmut verfallen, als er gewahrte, wie der alte Widder seiner Herde majestätisch auf ihn zuschritt.

»Lieber Herr mit den hundert Malen«, sprach das Tier ihn an, »du hast uns viel Gutes getan, indem du uns auf die verbotenen Weiden führtest, wo das Gras so viel fetter ist. Die Riesen hast du besiegt, aber den wahren Lohn hast du dafür noch nicht davongetragen. Du meinst, die Holzglieder und der Palast seien deine Beute?«

Der Widder stieß ein kantiges »Mäh!« aus, was wohl seine Art zu lachen war, und verriet seinem Hirten:

»Die Riesen warnten dich vor ihren Tropfen nicht aus Gutmütigkeit, sondern aus Missgunst. Die Spuren ihrer Mannesergüsse zu berühren, wird dein Schaden nicht sein! Trinke von dem Teich des ersten Gusses dort in der Kuhle und fortan wirst du in Dunkelheit sehen und durch dicke Mauern blicken können. Bade dich in dem Tümpel aus dem Guss des zweiten Riesen und all deine Flecken und Male werden sich in wunderschöne, glatte Haut verwandeln, bis du ein Mann wirst, welcher an Schönheit und Anmut selbst den jungen König übertrumpft. Zuletzt sammle die Tropfen des dritten Riesen auf, die von den Bäumen rieseln, denn die ergeben eine Tinte, die auf jedwedem Untergrund für immer anhaftet.«

Hundertfleck dankte dem Widder für die guten Ratschläge und umarmte ihn.

»Tut mir leid, dass der Schäfer euch scheren ließ, wo ihr doch so weise Tiere seid«, sagte er.

Der Widder antwortete:

»Das muss dir nicht leidtun. Wenn du heute Nacht dank deiner neuen Gabe durch die Mauern des Königsschlosses blickst, wirst du sehen, wofür unsere Wolle verwendet wird. Das wird dir eingeben, was weiter zu tun ist, damit du deine Ziele doch noch erreichst. Vergiss bei alldem nicht, dass du das Reich der riemigen Rammelriesen erlöst hast. Das musst du dem König vorbringen, aber nicht vor morgen!«

Mehr verriet der Widder nicht. Hundertfleck sprang zur Kuhle, wo er so viel Riesenguss soff, bis sein Bauch voll war. Dann nahm er sein Trinkfläschchen, schüttete das Wasser aus und fing damit die Tropfen des dritten Riesen, die schwer und dick von den Wipfeln der Bäume regneten. »Jetzt aber auf zum Schloss, die Sonne beginnt bereits zu sinken! Das Bad im Tümpel verschiebe ich einstweilen.«

Er eilte heimwärts und brachte die Schafe in den Stall, wo der alte Schäfer schon mit seiner Schere wartete. Sobald es dunkel war, schlich sich Hundertfleck ins Innere des Königsschlosses und fand den Weg viel einfacher als zuvor, da er jetzt tatsächlich im Dunkeln sehen konnte wie eine Katze. Auch ins Gemach des Ministers musste er nicht eindringen, weil er durch die Mauer hindurchblicken konnte. Wie erbost war er aber, als er erkannte, was jener trieb!

»Er zwängt sich in Damenkleider und malt sich das Gesicht an! Mit einem Teil der guten Schafwolle baut er sich eine Perücke, wie sie sonst nur Prinzessinnen tragen! Mit dem zweiten Teil stopft er sich das Mieder aus, um sich den Anschein eines wogenden Busens zu geben. Und was tut er mit dem dritten Teil? Den steckt er sich zwischen die Beine in einer Menge, dass man seine Männlichkeit nicht mehr ertasten kann. Warum nur tut er all dies?«

Die Antwort kam von selbst, als Hundertfleck beobachtete, wie der verkleidete Minister sich einen Hochzeitskranz auf die Perücke setzte und dann einen Brautschleier vors Gesicht nahm. Ja, in seiner grenzenlosen Schwärmerei für den jungen König wollte er sich selbst als Frau verkleiden, um sich in der Hochzeitsnacht endlich dem Angebeteten hingeben zu können. Hundertfleck war zunächst bestürzt, erinnerte sich dann aber an die Worte des Widders und wusste, was zu tun war. Gleich am nächsten Morgen eilte er zum König und erzählte ihm, wie er das Reich der riemigen Rammelriesen erlöst hatte. Der wollte zuerst nicht glauben, was er hörte. Hundertfleck jedoch packte kurzerhand sein Glied aus und rief drohend:

»Soll ich einmal mehr die Hufe Eurer Rosse an der Straße haften lassen?«

Da begleitete ihn der König willens auf die verbotenen Wiesen und Weiden. Als er sich von der Wahrheit überzeugt hatte, beglückwünschte er den Jüngling und sprach:

»Dieses Land soll dein Eigen sein, da du es erlöst hast. Lediglich die Weiden versprich mir, auf dass ich sie meiner Braut heute zum Hochzeitsgeschenk machen darf. Mein Minister meinte, sie freue sich sehr über die Wolle, die in den jüngsten Tagen von dort herstamme.«

Hundertfleck, der wohl besser wusste, was die Worte des Ministers bedeuteten, entgegnete:

»Ihr bekommt die Weiden, wenn Ihr mich in der Brautnacht zu Euch lasst.«

Der junge König erschrak, denn solch ein Vorschlag war unziemlich. Hundertfleck aber beharrte solange darauf, bis der andere nachgab, und so erhielt er kurz nach der königlichen Trauung Zutritt ins Brautgemach, noch ehe das Paar selbst es aufsuchte.

»Verstecke dich unter dem Bett, dort sollst du auch Essen und Trinken in Hülle und Fülle kriegen«, sagte der König. »Allein störe meine Hochzeitsnacht nicht.«

Hundertfleck versprach’s und versteckte dabei die gekreuzten Finger in seinen Taschen. Als die Nachtzeit hereinbrach und das Paar die Kammer betrat, um endlich die Ehe zu vollziehen, stand ein Becher neben dem Bette voll von herrlichem roten Wein. Der junge König, um sein wallendes Blut in die rechte Bahn zu lenken, nippte daran und fiel sogleich aufs Laken. Aber nicht die Lust war es, die ihn niederzwang, sondern ein starker Schlaftrunk, den Hundertfleck in den Wein gemischt hatte. Der sammelte all seine Kräfte und blies unter dem Bett einen heftigen Luftstrom aus, bis alle Kerzen in der Kammer gelöscht waren. Die falsche Braut sah nun nichts mehr und wusste nicht, was vor sich ging. Der Jüngling hingegen konnte dank des Riesengusses sehr gut sehen, tauschte seinen Platz mit dem des jungen Königs und zog den Minister in dessen Verkleidung an sich heran.

»Lass uns nun der Liebe frönen, die uns verbindet«, hauchte er mit verstellter Stimme und der Minister glaubte sich am Ziel seiner Träume.

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Hundertfleck gönnte ihm aber kein Stückchen Glück. Unsanft drückte er die falsche Braut in die Kissen, flüchtig nur küsste er sie und fast nur beiläufig kümmerte er sich um das pralle Hinterteil, das sich ihm entgegenstreckte. Anstatt sein ausgefahrenes Glied darin zu versenken, bohrte er nur kurz mit dem kleinen Finger darin herum und keuchte dann übertrieben:

»Ach, jetzt bin ich schon befriedigt. Lass uns schlafen, Weib.«

Und er begann zu schnarchen. Der Minister in seiner Staffage war über die Maßen enttäuscht, dass sein junger König, für den sein Herz so viele Jahre geschlagen hatte, sich als solch langweiliger Bettgenosse entpuppte, und vergoss wohl drei oder vier traurige Tränen darüber.

Hundertfleck tat aber nur so, als ob er schlief und schnarchte. In Wahrheit nahm er die Flasche mit der Riesentinte und schrieb damit auf das entblößte Hinterteil des Ministers ein paar Worte. Der spürte das und glaubte schon, sein Bräutigam wolle sich doch noch zärtlich zeigen. Aber allzu schnell hatte Hundertfleck seinen Spruch beendet und zog sich wieder zurück.

Da wollte der Minister nicht länger in dem Brautkleid verharren und die Nacht mit Nichtstun verschwenden. Er stahl sich aus dem Gemach, suchte seine eigene Kammer auf und zog Mieder und Perücke ab, um sie anschließend zu verbrennen.

»Wie konnte ich mich in dem König täuschen«, fluchte er. »Einen heldenhaften Liebhaber glaubte ich in ihm zu sehen und fand doch nur einen billigen Abklatsch von Männlichkeit.«

Als der Hofstaat am nächsten Morgen feststellte, dass die neue Königin nirgends zu finden war und lediglich ihr Mieder und ihr Haar im Feuer fand, fiel der Verdacht auf den Bräutigam, er habe ihr ein Leid getan. Er wurde gleich festgenommen und am folgenden Morgen sprach man über ihn das Urteil: Er solle in einem einsam stehenden Turm vermauert werden. Der Minister, sich noch immer für seinen Irrtum scheltend, schritt nicht ein – daher wurde das Urteil auch alsbald vollzogen.

Hundertfleck aber hatte alles gehört, und als es wieder Abend wurde und alles ruhig war, packte er sein Glied aus, besann sich auf die Kraft seiner hundert Väter und schlug damit heftigst gegen die Turmtür, bis sie auseinandersprang. Er ging hinauf ins Turmzimmer und rief dem König zu:

»Wenn Ihr mir etwas versprecht, so will ich Euch retten!«

»Und was ist das?«, fragte der König.

»Ihr sollt meine Mutter zur Frau nehmen!«

»Ist sie auch so hässlich, wie du es bist?«

»Noch tausendmal hässlicher!«, sprach Hundertfleck.

»So will ich lieber hierbleiben und sterben«, sagte der König.

Hundertfleck ging fort und kam erst nach einiger Zeit wieder. Noch einmal fragte er:

»Wenn Ihr mir etwas versprecht, so will ich Euch retten. Wie denkt Ihr noch, Herr König?«

»Lieber sterben«, lautete abermals die Antwort.

Aber bald kehrte die Lust zum Leben zurück, sodass der König seinen Sinn änderte und, als Hundertfleck zum dritten Mal fragte, wie er dächte, antwortete:

»Ich will sie nehmen!«

Da trug ihn Hundertfleck aus dem Turm hinaus und setzte ihn auf seinen Thron. Aufgrund seiner Hässlichkeit wagten es weder die Soldaten noch die Räte, in das Geschehen einzugreifen. Zu ihnen gewandt sprach Hundertfleck feierlich:

»Ihr habt Euren Herrscher fälschlicherweise in den Turm geworfen. Seiner Braut ist nichts zugestoßen, denn sie war unecht. Ein Mannsbild hatte sich verkleidet, um den König zu mannmännlicher Handlung zu verführen. Ihr erkennt den Schwindler an dem Spruch, den ich ihm in besagter Brautnacht auf die Hinterbacken pinselte.«

Nun musste ein jeder seine Hosen fallenlassen. Da kamen sowohl blanke Hintern zum Vorschein als auch borstige. Doch nur auf einem fand man ein geschriebenes Wort, das lautete:

»Ich bin die falsche Braut gewesen und streckte dem König mein haariges Mannsloch entgegen!«

Es waren, natürlich, die Backen des Ministers. Unter Schmährufen und Hohngelächter wurde er davongejagt und aus dem Lande verbannt.

»Nun möchte ich die wahre Hochzeitsfeier anordnen«, verkündete der König und verriet seinem Hofstaat, wie ihn Hundertfleck gerettet und wie er ihm dafür versprochen habe, seine Mutter zum Weib zu nehmen, obgleich sie noch tausendmal hässlicher sei als jener.

Da entsetzten sich die Untertanen und suchten den König zu überreden, er solle Hundertfleck insgeheim umbringen lassen; somit werde er seines Versprechens ledig. Aber der König sprach zornig:

»Was ich versprochen habe, ist versprochen, und das will ich halten. Es sei ferne von mir, dass ich so große Untreue üben sollte!«

Er ließ das Fest bereiten und zog mit Hundertfleck fort, um seine neue Braut zu holen. Wie sie nun durch den Wald an die Höhle kamen, schob der Jüngling das Felsstück fort. Der König aber zitterte im Voraus vor der entsetzlichen Gestalt, die er bald sehen werde. Er hielt beide Hände vors Gesicht, um nicht auf einmal die volle Hässlichkeit zu sehen, und blickte nur durch die Finger. Aber was sah er nur auf einmal? Die schönste Frau der Welt saß da in tiefer Trauer. Er nahm die Hände vom Gesicht und rief:

»Ist es möglich? Meine erste Braut, die Prinzessin! Meine liebe erste Braut!«

Freudig sank er in ihren Schoss und lauschte der Geschichte, die sie ihm über die wahre Zeugung und Geburt Hundertflecks anvertraute. Weil er mittlerweile um die Kabalen wusste, zu denen sein einstiger Minister fähig gewesen war, schenkte der König der Prinzessin vorbehaltlos Glauben.

»Du sollst fortan meine Frau sein und alle Ehren erhalten, die dir gebühren«, versprach er. »Und deinen Hundertfleck nehme ich gern an Kindes statt an. Wohlan, ziehen wir nach Hause!«

Sie kehrten fröhlich ins Schloss zurück, wo die Hochzeit sieben Tage lange gefeiert wurde. Hundertfleck aber verabschiedete sich bereits nach dem dritten Tag und meinte:

»Meine Aufgabe hier ist erfüllt, nun harren meiner neuer Abenteuer!«

Er küsste seine Mutter zum Abschied, drückte dem jungen König freundlich die Hand und wanderte hernach ins Reich der riemigen Rammelriesen, welches nun ihm gehörte. Dort suchte er nach dem Tümpel, den der Erguss des zweiten Riesen gebildet hatte, und eingedenk der Worte des Widders entledigte sich Hundertfleck seiner Kleider und hüpfte hinein. Er wälzte sich ausgiebig darin und störte sich nicht an der klebrigen Dicke des weißen Männerbades.

Nachdem er glaubte, ausreichend in dem Guss umhergeschwommen zu sein, legte er sich in die Sonne. Deren Strahlen ließen das magische, klebrige Nass trocknen, und als es von Hundertfleck abblätterte, waren die hässlichen Male verschwunden oder zu reizvollen Schönheitsflecken geworden.

»Nun bin ich wahrhaftig hübsch anzusehen«, freute sich der Jüngling, zog in seinen Palast ein, wo ihn die vielen Männer mit hoch erhobenem Haupt und ebenso erhobenem Gliede salutierten.

Hundertfleck freute sich über den Gruß und ließ sich all die wunderbaren Schätze des neuen Heims zeigen. Hernach erkundigte er sich nach den Mirakeln, zu denen dieser Palast fähig wäre, und als er erfuhr, dass er nicht nur in der Luft schweben, sondern sich durch selbige auch fliegend fortbewegen konnte, klatschte er fröhlich in die Hände und rief:

»So soll er in unmittelbare Nachbarschaft zu jener Behausung gebracht werden, wohin sich der Minister geflüchtet hat!«

Geschwind flog der Palast mit allem, was darinnen war, in Richtung eines Dorfes, in dem der Minister wohnte, und ließ dabei liebliche Töne erklingen, wie sie verzauberte Paläste nun einmal hervorzubringen pflegen, die in Mondnächten über den Himmel des lila Lustlandes schweben.

Der Minister hauste in einer schäbigen Hütte, die er sich notdürftig gezimmert hatte, und weil er aufgrund seines verwöhnten Lebens im Königsschloss nicht recht zu haushalten wusste, hatte er eine alte Vettel angestellt, die ihm Wäsche wusch, Essen kochte und Besorgungen machte. Jene war es auch, die ihm von dem Palast erzählte, der über Nacht vor der Hütte aufgetaucht war.

»Das Tor ist verriegelt und die Läden zu«, berichtete sie, »doch durch die Ritzen sieht man Kerzen flackern und hört wunderschöne Musik klingen, umrahmt von angenehmen Männerstimmen. Und seht nur, was der unbekannte Nachbar als Gruß vor unsere Hüttentür gestellt hat!«

Es war ein Fläschchen mit einem Tropfen Riesenguss, und zwar von jenem, der durch Mauer und Dunkelheit sehen machte. Der Minister wusste davon natürlich nichts und trank arglos von der Flüssigkeit. Wie staunte er, als er noch in derselben Nacht – gerade, als er zum Wasserlassen den Abort aufsuchte – feststellte, dass er durch die geschlossenen Fensterläden des Palastes schauen konnte.

Zarte Knaben sah er, wie sie anmutig um einen runden Tisch tanzten und nichts am Leibe trugen als bunte Schleier. Auf dem Tisch selbst drehten sich kräftige Burschen umeinander und schmiegten ihre Glieder an jeweils des anderen Schenkeln, bis die roten Spitzen geschmeidig glitschten.

»Sind das Feen oder Geister, die ich erblickte?«, fragte er anderntags seine Haushälterin. »In den Jüngling, der auf dem Throne saß und über das Treiben wachte, habe ich mich verliebt. Geh und freie um ihn in meinem Namen!«

Die Vettel entgegnete:

»Ach, mein Herr, diese Unwesen sind gewiss böse Mächte. Lasst ab von Eurem Vorhaben, ehe es Euch ins Verderben stürzt.«

Der Minister aber bestand auf seinen Befehl und die Alte musste nachgeben. Sie räumte allerdings ein:

»Ohne ein Geschenk an den Auserwählten werdet Ihr kaum Eindruck machen. Allein was könnt Ihr schon vorweisen?«

Der Minister grübelte. Er hatte gesehen, wie die Knaben und Burschen hölzerne Glieder gebrauchten, um freundschaftlich damit zu fechten und dem Verlierer anschließend sanft zwischen die Hinterbacken zu schieben. Den leuchtenden Augen des thronenden Jünglings zufolge – und auch der Wölbung unterhalb seines Bauches gemäß – gefielen solcherlei Spielzeuge dem Herrscher des schwebenden Palastes.

»Ein Geschenk will ich bringen lassen, das die Holzglieder übertrifft«, entschied er, klaubte ein paar Taler zusammen, die er in seine Zuflucht hatte retten können, und besorgte sich davon Gips und Goldblatt.

Nachdem er alles bereitgestellt hatte, erinnerte er sich an seine Beobachtungen von letzter Nacht und spürte, wie die Bilder in seinem Kopf Wirkung auf sein Glied hatten. Es erhärtete sich und nun war es ihm ein Leichtes, von seiner Männlichkeit einen wohlgeformten Gipsabdruck zu fertigen. Den schmückte er hernach mit dem Goldblatt, dass er glänzte, und schickte die Vettel in den Palast.

Dort wurde sie von zwei graubärtigen Greisen empfangen und in den Thronsaal geführt, worin Hundertfleck saß und geistesabwesend auf der Laute spielte.

»Du bist eine Frau, die ich nicht kenne und die ungeladen eintritt«, sagte er, ohne sie anzublicken.

Die Alte holte den goldenen Gipsabdruck heraus und sprach:

»Mein Herr möchte um dich freien und sendet dir dieses kunstvolle, künstliche Glied, das seinem Leibstück nachempfunden ist. Auf dass es dir Wonne bringe!«

Hundertfleck nahm das Goldglied entgegen, musterte es mit abschätzigen Blick und reicht ihm einem der Greise.

»Damit kannst du den Abort putzen, sollte er mal verstopft sein.«

Die Alte war davon sehr betroffen, sagte aber nichts und ging. Zurück beim Minister aber klagte sie:

»Der Prinz des Palastes hat Euer Geschenk missachtet und zu unwürdigem Werkzeug herabgesetzt. Daran sehen wir, dass Euer Gesuch nicht erhört wird. Lasst also ab von dem Freien.«

Der Minister hörte das mit Kränkung, wollte aber nicht so zügig aufgeben. In der folgenden Nacht sah er abermals durch die Mauern und erfreute sich an der lüsternen Wonneschau, die sich ihm bot. Da fiel ihm ein weiteres Geschenk ein, das er dem schönen Jüngling machen konnte.

»Ich werde ein durchsichtiges Seidentuch anfertigen und damit vor seinem Fenster tanzen, graziöser als seine Knaben es vermögen«, sagte er. »Dann wird er meine Vorzüge erkennen und mich begehren!«

Er schickte die Vettel zum Schneider, um den nötigen Stoff zu besorgen, und übte derweil Schritte und Bewegungen ein, die reizvoller nicht sein konnten. Als er überdies noch das weiche Seidentuch nahm und damit anzüglich herumspielte, schien ihm der Zeitpunkt recht, seine Haushälterin ein weiteres Mal in den Palast zu schicken.

Dort wurde sie genauso unfreundlich empfangen wie am Vortag. Als sie von dem Tanze sprach, den der Freier vor dem Fenster vollführte, hieß Hundertfleck zwar die Läden öffnen, verfolgte die Vorführung aber kaum. Am Ende seines Tanzes warf der Minister das Tuch durchs Palastfenster in der Hoffnung, es würde seinen herben Männerduft in die Nase seines Angebeteten führen. Jener fing das Tuch zwar wirklich auf, warf es dann aber dem anderen der beiden Greise zu und sprach:

»Da hast du was, womit du die Pferde abstriegeln kannst. Jetzt aber schließt die Fenster, ich habe genug gesehen.«

Sowohl die Vettel als auch der Minister verstanden das als blanke Abweisung und zogen sich verdrießlich in die Hütte zurück.

»Noch einmal gehe ich nicht hinüber und werbe in Eurem Namen«, sprach die Alte, was aber überflüssig war, denn dem Minister fiel ohnehin nichts mehr ein, was er dem begehrlichen Jüngling hätte schenken können.

In der Nacht trat er vor das Tor des Palastes und rief unter Tränen:

»Holder Prinz, nichts kann ich dir mehr reichen außer meine unermessliche Liebe zu dir!«

Da öffnete sich das oberste Fenster und Hundertfleck schaute heraus. Er rief:

»Ist deine Liebe unermesslich, so beweise es mir und lass dich wie einen Toten aufbahren, geschmückt mit Rosen und Kristall, geborgen in halboffener Eichenkiste und umwickelt von reiner Schafwolle.«

Der Minister war von dieser Bedingung arg befremdet, doch das Begehren vernebelte ihm die Sinne und von seinem letzten Geld bezahlte er Sarg, Vlies, Blumen und Schmuck. Die Vettel musste ihn umwickeln und die Eichenkiste mit Rosenblüten und Kristall schmücken, ehe sie unter Ächzen und Stöhnen selbige vor das Palasttor schob. Da öffnete sich das Tor und Hundertfleck trat heraus, umgeben von den zarten Knaben und strammen Burschen. Gemächlich schritt er auf den Sarg zu, roch zufrieden an den Rosen und beäugte sich wohlgefällig im Spiegel der Kristalle. Endlich beugte er sich zu dem Scheintoten hinab, dem das Herz in hoher Hoffnung pochte, und flüsterte ihm ins Ohr:

»Wenn Er glaubt, mein Sehnen gelte albernen Gipsgeräten, so sei Er gewiss, dass ich mich von solchem Kram nimmer locken lasse. Vollführe Er keine Tänze mehr vor meinem Fenster, denn ich lasse mich nicht der Schaulust bezichtigen. Bin ich in Seinen Augen etwa ein Schundsüchtiger? Bleibe Er bei seiner Schafwolle liegen, denn nimmer will ich mit Ihm irgendwelchen Neigungen nachgehen.«

Damit wandte sich Hundertfleck ab und verschwand mit seinem Gefolge im Palast, der sofort in die Lüfte stieg und zurück ins Reich der riemigen Rammelriesen schwebte. Der Minister erkannte die Worte wieder und wusste nun, wer der Jüngling wirklich gewesen war – eben jener hundertfleckige Hirte, dessen Werbung er unnachgiebig abgelehnt hatte.

»Nun weiß ich, wie er sich gefühlt haben muss«, klagte er und wollte am liebsten im Sarg liegenbleiben und sterben.

Ob er es wirklich getan hat, weiß ich nicht. Und ob dieses Ende dem Ziel entsprach, das sich Hundertfleck nach dem Abschied von seinen Eltern gesetzt hatte, ist ebenso ungewiss. Ich selbst meine, dass das Märchen hier nicht aus ist. Gewiss ist der Minister, nunmehr geläutert, aus dem Sarg gesprungen und hat, aller Beschwerlichkeiten zum Trotz, die weite Reise zu Hundertfleck auf sich genommen. Der wiederum hat bestimmt darin den Beweis wahrer Liebe erkannt und ihm alle Kränkung und Schmach vergeben.

Am Ende – ich denke, es kann gar nicht anders sein – müssen sie einander geheiratet haben und genossen endlich eine Hochzeitsnacht, die ihren Namen auch verdient hat: Da ist der eine auf den anderen geklettert, flinke Hände lenkten die Glieder in die rechte Bahn und nie zuvor fühlten sie sich so innig und tief mit einem anderen Manne verschmolzen wie diesmal. Unaussprechlich werden die Wonnen gewesen sein, die die beiden erschauern ließen, und als sich endlich der erlösende Guss einstellte, so war es ein Platzregen, der kein Ende nehmen wollte! Wie Quecksilber quoll es aus den harten Gliedern – oder war etwa Hundertflecks Wolke, die er im Wettkampf mit dem Riesen einst aus seinem eigenen Erguss geschaffen hatte, ausgerechnet in jener Nacht direkt über den zwei Bräutigamen geborsten, sodass lauter Mannestropfen aus dem Himmel auf sie herabregneten?

***

»Unersättlich in seiner Gier nach dem einen idealisierten Heten-Freund, den man nie erreichen kann«, seufzt Giovanni und man ahnt, dass er in seiner Vergangenheit wohl auch mal so gefühlt hatte. »Dein Bösewicht erfüllt also durchaus das Motto des Abends – im gewissen Sinne.«

»Und dein Held war mal was ganz anderes«, lobt Charles. »Der Connaisseur ahnt, dass es nicht die Grimm’schen Märchen aus dem Dachboden unseres Häuschens waren, die du für deine Geschichte konsultiert hast.«

Wilko bestätigt, sich in anderen kulturellen Gefilden das eine oder andere Motiv ausgeborgt zu haben. Die Reihe zu erzählen ist nun an Giovanni.

»Höchste Zeit«, meint er, »denn schließlich bin ich ja an der übergeordneten Thematik schuld! Hört her, worauf sich die Unersättlichkeiten bei meinen Helden beziehen. Es sind im Übrigen derer gleich drei, die aber die gleichen Interessen teilen.«

»Verrate nicht alles vorher«, mahnt Margarete. »Erzähl einfach!«

Giovanni lächelt und gehorcht.

Gebieter und Lakai

Im Land der lila Liebeslust, aus dem all unsere abenteuerlichen Geschichten stammen, geht es mannsholden Jünglingen und nach Schwengeln schielenden Burschen besser als anderswo. Aber auch dort können Kerle einmal in Not geraten, wenn schwere Zeiten hereinbrechen. Dann wissen sie nicht, wie sie zu Brot und Lohn kommen sollen, geschweige denn zu Schäferstündchen in Schweiß und Spermchen.

Während einer solchen Notzeit trafen sich einst drei lose Gesellen auf der Straße und merkten sofort, dass sie von gleicher Natur waren. Darum verbündeten sie sich und wanderten gemeinsam fort, bis sie eine Herberge fanden, deren Wirt sie gern als Gäste aufnehmen wollte – nicht zuletzt, weil die drei seinem Auge wohltaten. Schlank waren sie, mit vollem Haar gesegnet und von einer Statur, die unter den liederlichen Kleidern nicht nur breite Schultern und pralle Bäckchen, sondern auch ein großzügiges Gehänge erahnen ließ. Der einzige Unterschied zwischen ihnen war die Farbe der Haut, denn einer war weiß wie Elfenbein, einer dunkel wie ein Pfefferkuchen und der Dritte schimmerte gleich einem Ockerfelsen. In jenem Wirtshaus also ließen die drei Gesellen ihren Zungen freien Lauf, bestellten das Beste, was die Speisekammer zu bieten hatte, und verachteten auch den Wein nicht. Nachdem sie sich vollends gelabt hatten, baten sie den Wirt um ein weiches Nachtlager. Der aber sprach:

»Ihr habt geschmauset und gesoffen und noch habe ich keinen blanken Taler gesehen. Eine Unterkunft findet ihr erst, wenn ihr bezahlt.«

Da schluckten die drei Gesellen, denn ihre Taschen waren leer. Schon glaubten der Dunkle und der Helle, hochkant hinausgeworfen zu werden, als der Ockerfarbene sprach:

»Lasst doch ab von diesem schnöden Mammon, Herr Wirt! Ist gute Gesellschaft nicht mehr wert als ein kalter Groschen? Wir wollen Euch je eine wollüstige Geschichte erzählen. Wenn unsere Historien Euren Gefallen nicht finden, dürft Ihr mit uns anstellen, was Ihr wollt!«

Seinen Kumpanen flüsterte er zu:

»Lasst euch ruhig auf diesen Handel ein. Ich kenne Geschichten, die dieses Mannsbild von Wirt gewiss die Schamesröte in die Wangen treiben werden. Packt ihn dann die Wollust, wollen wir ihm willig und gefügig sein.«

Der Wirt dachte kurz über das unübliche Angebot nach und fragte dann:

»Habt ihr denn keine Angst, am Ende doch in Schulden zu bleiben und meinen Zorn zu spüren?«

Sogleich ging der Ockerfarbene darauf ein:

»Der Zorn eines kräftigen Kerls wie Euch, Herr Wirt, schreckt mich nicht. Im Gegenteil, ich lernte in meinem jungen Leben den Reiz stark zupackender Hände und rauer Züchtigung zu schätzen. Ein Meister, der seinen Diener zu lenken versteht, verdient in meinen Augen Lob und Anerkennung.«

»Du klingst wie ein erbarmungswürdiger Lakai«, gab der Wirt zurück.

»Das bin ich auch und stehe dazu«, sagte der Geselle, »auch wenn ich nicht immer ein Lakai gewesen bin.«

Nun ward die Neugierde des Wirts geweckt und er begehrte zu wissen, wie sein Gast die Lust des Lakaiendienstes kennengelernt habe.

»Das will ich Euch gern erzählen und es soll die erste Geschichte des Abends sein, die meine Rechnung bezahlt«, sagte der Ockerfarbene. »Hört her! Mein Werdegang beginnt mit einer Begebenheit, die dieser hier nicht unähnlich ist. Ich lag einst mit zwei Vettern im Schatten einer Pinie, als ein Edelmann entlanggeritten kam. Er war kostbar und fremdländisch gekleidet und wir glaubten, ihn an der Nase herumführen und ihm seiner Habe berauben zu können. Wir gingen hin und unterhielten uns mit ihm, bis ich vorschlug:

›Wir wollen eine Wette abschließen. Möge jeder von uns eine wunderbare Sache berichten. Derjenige, der als Erstes den anderen einer Lüge bezichtigt, soll zum Sklaven des Erzählers werden.‹

Der Reisende ging auf meinen Vorschlag ein und reihum erzählten meine Vettern und ich den dreistesten Unfug. Mein ältester Vetter behauptete, sein Schwengel bräuchte so viel Blut, dass er stets die Besinnung verlöre, wenn ihn die Wollust packt, und er sich daher nie an seine geilen Abenteuer erinnern könne. Der Edelmann nickte nur dazu und meinte:

›Ja, das kann durchaus sein.‹

Mein jüngster Vetter erzählte daraufhin, sein Schwengel mache tagtäglich die tollste Verwandlung durch: morgens sei er klein wie ein Gerstenkorn, abends plötzlich so lang, wie eine reife Gerste hoch ist. Ja, um den Reisenden zum Vorwurf der Lüge zu reizen, öffnete er gar seinen Latz, damit jeder sehen konnte, dass seine Ausstattung weder sonderlich winzig noch sonderlich groß war. Nichtsdestotrotz nickte der Herr wieder und sprach, er wolle die Behauptung wohl glauben.

Nun war ich dran und schwindelte ihm auch etwas vor, aber ihr merkt schon – der Edelmann ließ sich nicht beirren. Endlich war es an ihm, seine Geschichte zu erzählen. Das ging folgendermaßen:

›Ich besitze ein Feld, auf dem drei junge Knechte säen, gießen und ernten sollen. Aber sie sind faul, sodass ich sie regelmäßig auspeitschen muss. Dabei stelle ich jedes Mal fest, dass ihnen die Peitschenhiebe gefallen, und je roter die Striemen auf ihren blanken Hintern leuchten, desto mehr Lustgewinn ziehen sie daraus. Gestern aber rannten sie mir davon und ich reite durchs ganze Land, um sie zu suchen. Jetzt habe ich sie gefunden – denn, ihr Burschen, gebt es zu, dass ihr meine Knechte seid! Kommt mit mir auf mein Gut zurück!‹

Was saßen wir da in der Patsche! Wenn wir gesagt hätten, dass er lüge, hätten wir seine Sklaven werden müssen. Hätten wir so getan, als glaubten wir ihm, würden wir uns als seine Knechte gedungen haben. Verdrossen ließen wir die Köpfe hängen und mussten zugeben, dass er die Wette gewonnen hatte. Also zückte er seine Peitsche und jagte jedem von uns einen Hieb über die Hinterbacken, dass es ordentlich zwiebelte.

Auf diese Weise zwang er uns, ihm auf sein Gut zu folgen. Dort angekommen, sprach er:

›Entlaufenen Faulpelzen wie euch ist jedes Bett, und sei es nur aus Stroh, zu schade. Ihr sollt auf dem harten Boden, an der Steintreppe oder auf dem klapprigen Stuhl schlafen.‹

Meine Vettern und ich losten aus, wer welchen Schlafplatz erhalten solle, und mir fiel zunächst die Treppe zu. Mir schauderte, was uns wohl nachts in dem fremden, dunklen Haus zustoßen werde. Gegen Mitternacht hörte ich Schritte und ein verächtliches Grunzen hinter mir. Ich ahnte, dass es der Edelmann war, in dessen Besitz wir geraten waren. Aber ehe ich mich umdrehen konnte, packte er mein Genick und drückte meinen Kopf gegen die Stufe, bis er darauf zu liegen kam. Dann nahm er sein Seil und fesselte meine Arme an das Treppengeländer, sodass ich mich nicht mehr bewegen konnte. Mit gekrümmten Rücken hockte ich da, das Gesicht den Stufen zugewandt, und meine bloße Kehrseite dem Hausherrn entgegen. Zugegeben, diese Haltung beherrschte ich bereits, doch waren bisher die Anlässe dafür nicht so betrüblich gewesen.

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Nachdem der Edelmann mich also diese Stellung hatte einnehmen lassen, besprang er mich und eroberte meine Eingangspforte unsanft und heftig. Zudem schlug er mit der flachen Hand auf meine Backen und traf ausgerechnet jenen Striemen, den mir die Peitsche verpasst hatte. An solche Behandlung nicht gewöhnt, jammerte ich laut und fluchte über den Ansprung des Hausherrn. Ohne sich um mein Wehklagen zu kümmern, bemühte sich der schändliche Edelmann, seine schamlosen Begierden an mir zu stillen und arbeitete ohne jede Rücksicht, ganz nach der Art der Hunde. Zunächst glaubte ich nicht, dass mein Gefäß für ein solch grobes Werk geschaffen war, aber schließlich merkte ich, wie sich mein Körper drein fügte und mehr zu erdulden bereit war, als ich es je für möglich gehalten. Dennoch atmete ich auf, als mein Hausherr fertig war und eine feuchte Pfütze auf den Treppenstufen hinterließ. Er löste meine Fesseln und schlurfte wortlos davon.

Anderntags verriet ich den anderen nicht, was mir widerfahren war, denn obgleich ich meinen Vettern zugeneigt war, wollte ich mich auf ihre Kosten vor einem weiteren nächtlichen Angriff retten. Ich bat den Älteren der zwei, ob er nicht in der kommenden Nacht den Schlafplatz mit mir tauschen wolle, und weil er nicht nochmal auf dem Stuhl schlummern mochte, erklärte er sich einverstanden.

So saß ich also um Mitternacht auf dem Stuhl und horchte, ob der Edelmann wieder durchs Dunkel seines Gutshauses schleichen würde. Tatsächlich hörte ich ihn kommen. Aber wie erschrak ich, als ich ihn murmeln hörte:

›Letzte Nacht hab ich den Bengel auf der Treppe eine Lektion erteilt, diesmal ist der Lümmel auf dem Stuhl dran!‹

Das hatte ich nun von meiner vermeintlichen Schlauheit! Ohne mich zu erkennen, packte der Hausherr meine Handgelenke und schnürte sie mit einem Seile an der Stuhllehne fest. Selbiges tat er mit meinen Knöcheln und den Stuhlbeinen. Ich hielt mich steif, weil ich solche Angst hatte, und wusste nicht, was ich tun sollte. Der Edelmann presste mich fest gegen den Stuhl und kniff in meine Brustwarzen. Es war ein scharfes, schmerzendes Gefühl und ich dachte, ich würde es nicht ertragen. Dann umschlang er mich mit seinen starken Armen und bohrte seinen Schwengel in mich, der sich prall und fest anfühlte. Wir wankten hin und her, dass die Stuhlbeine auf den Boden klopften, und ich spürte seinen Atem ganz nah vor meinem Antlitz. Da schnappte irgendetwas in mir und der körperlichen Leiden zum Trotz, die er mir zufügte, ward ein warmes, lindes Gefühl in meinem Innern entfacht.

Dieses Gefühl war es, das mich anderntags dazu brachte, erneut den Schlafplatz zu tauschen – diesmal mit meinem jüngeren Vetter. Ich tat es nicht, um dem Edelmann und seinen herben Gelüsten zu entfliehen. Im Gegenteil! Ich wusste ja nun, dass er jede Nacht einen anderen aufsuchen wollte, doch bestand eine innere Stimme in mir darauf, dass es immer mich treffen müsse.

In der dritten Nacht lag ich also auf dem Holzboden und harrte der Fesseln und Schläge, die mich so eigentümlich erfreuten. Es schien, als hätte ich mich in der kurzen Zeit dermaßen an sie gewöhnt, dass ich nicht mehr ohne sie sein wollte. Drum ist es kein Wunder, dass ich am nächsten Tag so handelte, wie ich es tat. Da wollte uns der Edelmann nämlich ziehen lassen, weil er meinte, wir hätten unsere Wettlust wohl verloren. Ich aber flehte ihn an, meine Vettern fortzuschicken, mich hingegen bitte zu behalten und weiterhin als Sklaven zu behandeln. Da merkte er, wie er mich versehentlich zu seinem Nachtlakai erzogen hatte, und war mir für die nächste Zeit ein strenger und robuster Gebieter.«

Der Wirt hatte aufmerksam zugehört und die drei Gesellen hatten bemerkt, dass ihm nicht nur die Schamesröte in die Wangen gestiegen, sondern auch das Blut in die Mitte geflossen war – denn die Hosennaht drohte beinahe zu platzen.

»Deine Geschichte war den Wein durchaus wert«, lobte er. »Nun lasst uns lauschen, was dein Kamerad zu berichten hat.«

Jener hub an:

»Mein Naturell entspricht eben dem, durch das sich unser junger Sklave auszeichnet. Auch ich liebe es, von einem Meister wie ein niederer Lakai benutzt zu werden. Das war aber nicht immer so, denn wer ahnt während seiner Reifung, dass ausgerechnet Schmerz und Herabwürdigung die Triebe kitzeln? Ich zumindest nicht. Es war sogar so, dass ich mich selbst für einen herrischen Hengst hielt, nach dessen Schwengel sich gefälligst andere zu verzehren hätten. Ach, wie wurde ich eines Besseren belehrt! Hört nur her.

An einem Tag, als mir die Wollust ausgesprochen heftig in den Weichteilen drückte – drum waren sie eigentlich gar nicht mehr so weich, wenn ihr versteht – spazierte ich durch Wald und Feld und hielt Ausschau nach frischem Jünglingsfleisch, das sich von mir begatten lassen würde.

Das Glück schien mir hold. Ich fand einen Garten, in welchem zwei Gärtnerburschen schufteten, jeweils mit Harke und Spaten in den Händen. Die Sommerhitze hatte sie dazu gezwungen, ihre Hemden abzulegen, und ihre Muskeln samt dem seidenen Körperhaar glänzten in der Sonne. Ich sprach zu ihnen:

›Ihr zwei seht zum Anbeißen aus, ich werde euch jetzt vernaschen! Hosen runter!‹

›Ach, vernasche uns nur, du Mannsbild‹, erwiderten sie und in meinem heißblütigen Zustand überhörte ich den Spott in ihren Stimmen. ›Aber wir bitten dich um eines, nämlich dass du dir die Augen verbindest. Wir schämen uns sonst zu sehr. Hier, nimm dies Halstuch und leg es über deine Augen. Dann stelle dich nackend zwischen uns, damit der eine von vorne, der andere von hinten deine Gelüste befriedigen kann.‹

Ich folgte ihrer Bitte gern, hoffte ich doch darauf, ihre salzigen Lippen auf meiner Haut zu spüren. Kaum hatte ich das Tuch um die Augen gebunden, als sie riefen:

›Nun bewege die Hüften vorwärts und rückwärts, um unsere Hingabe zu erfahren!‹

Erneut tat ich, wie geheißen – aber welch Schmerz durchfuhr mich, als ich meinen harten Schwengel nach vorne schob! Wir scharfe Zähne bohrten sich kalte Spitzen in den Schaft! Erschrocken fuhr ich rückwärts, aber da klatschte mein Ärschel fest gegen einen glühend heißen Widerstand. Ich riss mir das Tuch vom Kopf und erkannte, in welche Falle mich die Burschen gelockt hatten: Vor mir hatten sie die Harke mit dem Stiel in die Erde gebohrt und ihre Zacken neigten sich meiner Mitte bedrohlich nahe zu. Hinter mir aber war, ebenfalls mit dem Stiel nach unten, der Spaten angebracht, dessen Eisen die frechen Gärtner mittels der Sonnenstrahlen heiß werden ließen. Dumm war, dass beide Werkzeuge so dicht an meinem Körper standen, dass ich mich nicht befreien konnte, ohne Pein zu durchleiden. Zu dick war nämlich mein Schwengel vor lauter Wollust, um seitwärts entfliehen zu können. Drum blieb mir nichts anderes übrig, als mich vor und zurück zu schaukeln, bis ich mich an die spitzen Harkenzacken gewöhnt hatte und meine Vorhaut sich darin fest genug verzahnte, um ein Reiben meiner pulsierenden Kuppe möglich zu machen. Die Gärtner standen abseits und lachten dazu. Ich stellte mir vor, sie würden mich anfeuern, und kniff die Augen zu. Endlich war die Wollust stärker als der Schmerz und ich entlud mich in den blühenden Garten, dass der Duft der Blumen von meinem Männergeruch völlig übertüncht wurde. Mein Schwengel aber schwoll im selben Augenblick ab und ich durfte mein Gefängnis aus Harke und Spaten verlassen.

Jeder andere hätte wohl genug gehabt. Mir jedoch ging die Hoffnung nicht ab, doch noch wohlgefälligen Zeitvertreib zu finden. Ich lief über eine wilde Wiese und sah, wie ein Senner dort seine Sense schwang. Die Bewegungen waren geschmeidig, und weil er breitbeinig dastand, kam sein Ärschel gut zur Geltung. Noch immer im Glauben, ich sei unwiderstehlich, rief ich ihm zu:

›He, du Senner, ich will dich aufspießen und meinen Schwengel in dir zum Zucken bringen! Hose runter!‹

›Spieß mich nur auf‹, erwiderte der Senner. ›Bei der Gelegenheit kannst du gleich nachschauen, was rund um mein Loch geschrieben steht. Denn unlängst kam der Kaiser vorbei, drang ebenfalls in mich und hinterließ ein hoheitliches Dekret an meiner empfindsamen Stelle.‹

Ich war verwirrt. Wenn nun der Kaiser ein Verbot an eben jene Stelle geschrieben hatte, die meinen Liebeshunger weckte? Oder mochte es ein Empfehlungsschreiben sein – ›zur freien Verfügung‹ oder dergleichen? Ich musste es wissen, kniete mich vor dem anbetungswürdigen Arsch und spreizte mit den Händen die Backen, um einen guten Blick in den Spalt zu werfen. Eine Schrift suchte ich vergebens, aber ein lautstarker, übelriechender Wind schlug mir entgegen und der Senner lachte.

›Dieser Furz ist gerade gut genug für dein Großmaul‹, höhnte er, während ich nach Luft schnappte und benommen nach hinten umfiel.

Als ich wieder zu mir kam, war der Senner fort. Verstimmt wandelte ich über die Wiese hin zu einem Bach. Da hüpfte mein Herz und ebenso mein Schwengel vor Freude, denn darin badete sich just ein Knabe, gerade im rechten Alter. Das Haar auf Arm, Lippe und Bein spross nur zögernd, zwischen den Beinen aber war bereits die reife Männlichkeit erkennbar. Den musste ich vernaschen!

›He, Knabe‹, rief ich, ›dich werde ich mit meinem Schwengel aufspießen! Wie gut, dass deine Hose schon runter ist!‹

Der Knabe erklärte sich auch gleich einverstanden und räkelte sich auf einem Stein auf sehr einladende Weise. Nur bat er sich aus, vorher ein kurzes Liebeslied zu singen, denn es sei seine erste Begegnung mit der mannsholden Wollust und die sollte nicht ohne Gefühl vonstattengehen. Mich rührte die zarte Einfalt und ich ließ ihn gewähren. Er sang:

›Kein Feuer, keine Kohle kann brennen so heiß

als heimliche Triebe und saurer Männerschweiß,

wenn der Samen tropft schneeweiß.


Setze du mir einen Spiegel ins Schlafkämmerlein,

damit ich kann sehen mein eigen Arschlöchlein,

wenn der Finger fährt hinein.


Keine Rose, keine Nelke kann blühen so schön

als wenn zwei verliebte Schwengel vom Körper abstehn,

zueinander sich drehn.‹

Während er sang, merkte ich zu spät, wie seine Stimme lauter und lauter wurde. Hinter mir raschelte es, Schritte ertönten und schließlich schrilles Gezeter.

›Willst du die Hände von meinem Söhnchen wohl lassen?‹, keifte ein Weib und ein anderes schlug mir mit ihrem Teppichklopfer eins über.

Der Knabe hatte seine Familie herbeigesungen, auf dass sie ihn vor dem Verführer – nämlich mich – beschütze. Ich eilte davon und gab mein Vorhaben gänzlich auf.

›Offenbar ist es mir nicht vergönnt, meinen Schwengel in willige Öffnungen zu versenken, und bin nur dazu da, dass man mich haut und ins Gesicht pupst‹, maulte ich laut.

Da traf ich einen entfernten Onkel, der mich von oben bis unten musterte. Der hatte gehört, was ich gejammert, empfand jedoch kein Mitleid und stellte bloß fest:

›Dein Schwengel steht nach wie vor wie eine Eins! Dem gefällt vielleicht die Misshandlung, die dir widerfahren?‹

Vehement schüttelte ich den Kopf. Der Onkel lachte, nahm mich beim Arm und sprach:

›Wenn deine Wollust sich bisher nicht stillen ließ, begleite mich. Ich kenne einen Ort, da findet jeder Mann das Loch zum Glück!‹

Er führte mich an den Rand eines Dorfes, wo mehrere Abtritthütten in einer Reihe gezimmert standen. In Hüfthöhe fanden sich in gleichmäßigen Abständen Astlöcher, gerade breit genug, um einen Schwengel hindurchzustecken.

›Die Abtritte werden oft und gern von Leckermäulern besucht, denen der Sinn nach dem Geschmack dicker Lendensahne steht‹, sagte mein Onkel. ›Schmiere das Astloch mehrmals mit Sonnenblumenöl ein und stecke deinen Schwengel hindurch. Bestimmt sitzt schon jemand auf der anderen Seite, der sich mit triefender Zunge die Lippen leckt.‹

Er machte mir vor, was zu tun war, aber mir dauerte das Einölen des Astlochs viel zu lange. Hatte ich nicht schon genug Geduld bewiesen? Meine nicht weichen Weichteile forderten ihren Tribut! Ohne mich damit aufzuhalten, fuhr ich meinen Schwengel ins unbekannte Dunkel und spürte gleich, wie ein fremder, bärtiger Mund ihn zu verwöhnen begann. Mein Schwengel wuchs und wuchs und ich wollte tief in den Rachen des anderen stoßen. Mit einem Ruck fuhr meine Hüfte nach vorn – aber was war? Ich konnte sie nicht mehr zurückziehen, denn mein Schwengel steckte in dem Astloch fest! Und je stärker ich versuchte, ihn zu bewegen, umso mehr Blut staute sich darin und er verdickte sich, sodass das Holz der Hüttenwand enger und enger um den Schaft lag und kniff und drückte. Ich musste aufheulen vor Schmerz. Mein Onkel warnte:

›Mäßige deine Stimme! Die meisten Besucher dieses Orts wollen unerkannt bleiben! Darum tun sie es ja in der Abtritthütte statt im Schlafzimmerbett!‹

Ich konnte mir jedoch nicht helfen und jaulte weiter. Das weckte die Neugier der Dorfleute, die nun aus den Ställen und Schuppen, von den Feldern und Straßen herbeieilten. Mein Onkel flüchtete, sobald er sie kommen sah, ich hingegen konnte mich nicht befreien. So erfuhr ich einmal mehr Schmährufe und Schläge, aber auch Hohngelächter. Endlich vermochte ich es unter großer Pein, meinen Schwengel aus dem engen Astloch zu ziehen und man konnte deutlich die Schlieren am Schaft erkennen, die ich mir dabei einholte.

Ich rannte, was das Zeug hielt, und fand meinen Onkel auf der Wiese liegend. Er wirkte erschöpft, keuchte laut und war auf Brust, Kinn und Stirn von weißer Flüssigkeit übersät.

›Mein Junge‹, sprach er mich an, ›zürne nicht mit mir. Auch mich erwischten die erbosten Dorfleute und prügelten mich, dass mir das Hirn ausläuft. Siehst du die grauen Zellen, wie sie von meinem Barte herablaufen? Nimm mich auf deine Schultern und trage mich nach Hause!‹

Ich gehorchte, obgleich ich hätte ahnen müssen, dass er mich verulkte. Er war eine schwere Last auf meinem Buckel und immer wieder hörte ich ihn singen:

›Der kranke Diener trägt den gesunden Gebieter!‹

›Was singt Ihr da, Onkel?‹, fragte ich.

›Ach nichts, ich phantasiere nur‹, antwortete er.

Als wir bei seinem Hause eintrafen, stieg er von meinen Schultern und lobte meine Kraft und Ausdauer.

›Dich will ich in meinen Dienst nehmen, wenn du mich fürderhin Gebieter nennst und nicht mehr Onkel!‹

Meine erste Pflicht war es, ihm in sein Bett zu folgen, wo ich ihm helfen sollte, eine Wurzel herauszuziehen, die angeblich aus dem Pfosten wuchs. Es war finster in seiner Kammer und ich tastete nach etwas, das der Form und Länge einer Wurzel entsprach. Was ich ergriff und woran ich zog, stellte sich allerdings als sein fetter Schwengel heraus, der nun zum zweiten Mal abspritzte und nunmehr meine Stirn, mein Kinn und meine Brust verzierte.

Mein Gebieter lachte und schimpfte mich hernach einen Dummkopf, einen Toren und dergleichen Bezeichnungen mehr. Das erinnerte mich an die Schmährufe der Dorfleute, die mich wiederum an den herrlichen fremden Rachen im Abtritthaus denken ließ. Das brachte die Schmerzen wieder hoch und es mischten sich die verschiedensten Empfindungen, von denen die Wollust siegte.

›Sieh an, dachte ich’s doch‹, griente mein Gebieter. ›Du bist mitnichten ein strammer Hengst, sondern ein unterwürfiger Lakai, den man mit Spottnamen betiteln muss, damit sein Schwengel ins Pumpen kommt. Die Zacken einer Harke, den Druck einer Holzwand, die glühenden Schläge des Eisens – all das kann ich dir bieten, wenn du mir zu Diensten bist!‹

Ja, mein Onkel hatte mich richtig eingeschätzt, noch ehe ich es selber vermochte. Gern unterwarf ich mich ihm, fühlte mich von seinen Beleidigungen gelobt und genoss jeden Hieb und jeden Stich, den er mir in seiner strikten Zuneigung verabreichte.«

»Einen langen Weg süßer Qual hast du zurückgelegt an jenem Tag«, sagte der Wirt beifällig. »Dein Bericht begleicht wahrhaftig die Rechnung für eure Speisen. Aber was hat euer dritter Geselle zu erzählen?«

»Meine Laufbahn hin zum Lakai ist schnell umrissen und fußt eher auf meiner Torheit denn auf irgendwelchen Gelüsten«, gab der Angesprochene zu und begann seine Geschichte:

»Meine Mutter schickte mich einmal zum Nachbarn auf einen Krankenbesuch. Ich sollte ihm zur Genesung einen heilsamen Wein und einen stärkenden Kuchen bringen. Unterwegs wurde es mir allerdings dermaßen heiß, dass ich schnell noch ein Bad im Fluss machte, der unser Grundstück und jenes des Nachbarn voneinander trennte. Dummerweise geriet mir Wasser in die Ohren und ich konnte, nachdem ich aus dem Wasser stieg, nichts mehr hören. Wie sollte ich mich da mit dem Kranken unterhalten?

›Wenn er merkt, dass ich aufgrund eines Bades taub geworden bin, wird er sich verletzt fühlen, weil ich auf dem Weg zu seinem Krankenbett bummelte‹, dachte ich mir.

Darum überlegte ich mir, wie eine übliche Unterhaltung mit einem Leidenden verlief und prägte mir einige passende Sprüchlein ein.

›Wenn er mich sieht, wird er sich freuen‹, stellte ich mir vor, ›und ich werde sagen, dass eben dies der Zweck meines Besuchs sei. Dann werde ich das Gespräch mit der Frage nach seinem Gesundheitszustand beginnen. Er wird sagen, dass er sich immer besser fühlt und ich werde antworten, wie schön ich das finde. Darauf frage ich ihn, welche Medizin er gegen sein Leiden nimmt. Sicher antwortet er mit dem Namen der Medizin. Darauf werde ich sagen, wie gut er es damit getroffen habe und dass ich bereits sehr gute Erfahrungen mit der Behandlung gehabt hätte. Er wird mich loben, dass ich so viel von Arzneien verstehe und ich werde mich dafür höflichst bedanken. Anschließend werde ich ihn nach seinem Doktor fragen und ich werde rufen: Halte dich an diesen Arzt, denn er ist der Beste auf seinem Gebiet! Ja, das ist ein höfliches Gespräch für einen Krankenbesuch und ich werde mich verabschieden können, ohne den Nachbarn verdrossen zu haben.‹

Zufrieden mit meinem Plan betrat ich das Haus und sah den kranken Mann in seinem Bette liegen. Er war groß und feist, hatte einen dicken Schnurrbart und eine tiefe Stimme. Er schien gerade erst ins Bett gehuscht zu sein und nichts am Leibe zu tragen, was ich auf sein hohes Fieber schob. Ich hörte nicht, was er sagte, und erfuhr es erst später. Ihr sollt aber wissen, welche Unterhaltung sich entspann, weil ich nichts hörte.

›Junge, überrasch mich nicht so‹, rief der Nachbar, ›denn beinahe hättest du mich in einem beschämenden Moment erwischt. Das Blut staut sich in meinen Lenden und ich wollte gerade in Ruhe Hand an mich legen.‹

›Eben dies ist Zweck meines Besuches‹, entgegnete ich fröhlich.

Verdutzt schaute mich der Nachbar an.

›Wie ist denn Euer Gesundheitszustand?‹, fragte ich.

›Mir geht es schon besser, nur dass der Anblick eines hübschen Burschen meinen Schwengel fiebrig zittern lässt‹, erwiderte er.

›Das finde ich schön‹, sagte ich arglos, weil ich ja nicht wusste, was er mir geantwortet hatte. ›Welche Medizin wollt Ihr denn gegen dieses Leiden nehmen?‹

›Quetschende Hände und klopfende Fäuste schenken mir oft Erholung von meinem Zustand‹, lautete die Antwort.

›Damit trefft Ihr es gut!‹, lobte ich. ›Solche Behandlung hat auch mir schon oft geholfen.‹

›Soll das heißen, du Bürschchen ziehst die schmerzliche Behandlung der zärtlichen vor, obgleich du noch grün hinter den Ohren bist?‹, staunte der Nachbar.

Ich wusste nicht, wovon er sprach, und lachte aufs Geratewohl:

›Ihr braucht mich nicht zu loben wegen solcher Kleinigkeiten. Doch verratet mir den Namen Eures Arztes, der Euch mit der Kur versorgt?‹

›Mein Arzt ist nichts als ein robuster Kerzenständer‹, sagte der Nachbar. ›Steckt ein Kerze in ihm, entzünde ich sie und lasse das Wachs auf meine Brust und meinen Schaft tropfen, um zu messen, ob die Hitze des Feuers oder die Hitze meiner Leidenschaft die stärkere ist. Hernach gebe ich mir ein paar Schläge mit dem Ständer auf die Backen, ehe ich ihn tief in mich führe, wo meine Hand ihn bohren und stoßen lässt. Nach dem Namen fragtest du? Wie keck, dass du erahnst, dass ich dem Gegenstand tatsächlich taufte. Konni, den heißen Kerzenhalter nenne ich ihn.‹

›Haltet Euch an diesen Arzt, denn er ist der Beste‹, sprach ich gemäß meinem vorbereiteten Gesprächsplan.

Wie wunderte ich mich aber, als der Nachbar aus dem Bette sprang, mir seinen harten Schwengel vor die Nase hielt und mich angrinste. Ich hörte ja nicht, was er meinte, und glaubte schon, er sei nunmehr im Fieberwahn. Ich stotterte ein paar Abschiedsworte und wandte mich zum Gehen – da packte er mich am Arm und gab mir eine schallende Ohrfeige.

›Hiergeblieben‹, hörte ich ihn brüllen. ›Erst die Wollust schüren und sich dann feige davontrollen wollen? Nichts da!‹

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Ihr habt richtig verstanden, jene Worte vernahm ich klar und deutlich. Seine Ohrfeige hatte in ihrem Schwung nämlich alles Wasser aus meinen Gehörgängen spritzen lassen. Aufgegeilt, wie er war, merkte er davon nichts und glaubte nach wie vor, ich hätte ihm all die Zeit über verführerisch zugeredet. Freilich hätte ich die Sache aufklären können, aber als er seinen Kerzenhalter nahm, eine Flamme entzündete und anschließend das heiße Wachs auf seinen dicken Schwengel träufelte, stockte mir der Atem, sodass ich mich vollends zu wehren vergaß.

›Willst du es auch?‹, fragte mein Nachbar und wartete die Antwort gar nicht ab.

Er griff an meinen Gürtel, löste ihn und zog mir die Hosen herab. Flugs landete schon ein feuriger Wachstropfen auf meiner empfindlichen Vorhaut. Ich biss die Zähne zusammen und sog laut die Luft ein, dass es zischte. Ein zweiter Wachstropfen landete auf meiner linken Brustwarze, während mein Nachbar mit seiner anderen Hand an meine Weichteile reichte und sie quetschte, als wolle er Most herauspressen.

Nun war es zu spät – ich war in den Händen eines Mannes, der glaubte, ich teile seine Freude an schmerzenden Spielen der Wollust. Mir gefiel jedoch sein Tun recht bald, und als ich am Ende sowohl Konni, den heißen Kerzenhalter, als auch den Nachbarn selbst zugleich in mir spürte, wusste ich, dass ich einen Gebieter gefunden hatte, ohne vorher gesucht zu haben.«

Die dritte Geschichte fand ebenfalls die Anerkennung des Wirts und er entschied, dass sie ohne Weiteres die Unterkunft bezahle.

»Folgt mir nun, werte Gäste, zu eurem Schlafgemach«, sagte er und führte den Ockerfarbenen, den Elfenbeinweißen und den Pfefferkuchendunklen in den Keller.

Die drei Gesellen freuten sich schon, auf so angenehme Weise eine Herberge für die Nacht gefunden zu haben. Dann aber zeigte sich, was der Wirt wirklich mit ihnen vorhatte: Sie gelangten an eine Steinmauer, an welche eiserne Ketten geschmiedet waren, und alle drei mussten sich dort gefangen nehmen lassen. Während der Wirt jedem ein eisernes Geschmeide um den Hals legte, frohlockte er:

»Jetzt habe ich mir drei Lakaien erschnappt, die mir und meinen schmutzigen Gelüsten dienlich sein werden. Eure Vorlieben fallen bei mir auf fruchtbaren Boden, Freunde, denn ich liebe es, den erbarmungslosen, unnachsichtigen Gebieter zu mimen. Noch bevor ihr nichtswürdigen Kreaturen in eurem Drecksloch schlummern dürft, müsst ihr mir als Nachttopf dienen.«

Sprach’s, holte seinen angeschwollenen Schwengel hervor und pisste den drei Gesellen mitten ins Gesicht. Bitter war sein Harnstrahl, kräftig und zielsicher. Die Lakaien staunten, wie lang die Dusche anhielt; ihr Wirt musste vorher ein ganzes Fass Bier geleert haben!

Als der Strahl endlich versiegte, war die Tortur noch nicht beendet. Der Gebieter gebot den Gefangenen, seinen Schwengel mit den Zungen sauber zu lecken, was sie gehorsam taten. Erst nach Erfüllung dieser Pflicht wünschte er ihnen eine gute Nacht und zog sich zurück.

»Ein schlechter Gebieter wäre er nicht«, meinte der ockerfarbene Geselle, »aber ausgerechnet seine Neigung zu Harn teile ich nicht.«

»Mich stören hingegen die Ketten«, jammerte der pfefferkuchendunkle Kamerad, »denn ich ziehe Fesseln aus Strick vor.«

»Er passt also nicht zu uns«, schloss der Dritte im Bunde. »Was tun wir, um ihn wieder loszuwerden?«

Sie tuschelten und flüsterten ein Weilchen und hatten alsbald eine List ersonnen, die ihnen die Freiheit ermöglichen sollte.

Als der Wirt sie am nächsten Morgen von ihren Ketten löste, damit sie ihm rund ums Gasthaus gefügig sein mögen, ergriff der erste Geselle das Wort:

»Herr und Meister, gestern machtet Ihr uns mit Eurer nassen Vorliebe bekannt. Schenkt uns heute die Gelegenheit, jene Werkzeuge zu beschaffen, die unserem Naturell entgegenkommen.«

Der Wirt bedachte sich und sagte:

»So soll es sein. Du besorgst das Leder für die Peitsche, die dich züchtigen soll. Der Zweite soll mit der Säge ein enges Loch in die Rückwand des Hauses machen, das ich dann mit seinem frechen Schwengel stopfen will. Der Dritte mag Kerzenwachs anschaffen.«

Die Gesellen eilten davon, um die Aufträge zu erfüllen. Als sie aber nach einer Stunde noch nicht wiedergekehrt waren, wurde der Wirt argwöhnisch und suchte nach ihnen. Er fand den ersten Gesellen, wie er mit einem Seil eine ganze Kuhherde zusammenschnüren wollte.

»Was treibst du da für Unsinn?«, fragte er.

»Das ist kein Unsinn«, entgegnete der Geselle. »Eine Peitsche, die einen ehrlosen Sklaven wie mich züchtigen soll, muss lang, sehr lang sein. Und ihr Leder muss hart, sehr hart sein. Dafür reicht ein einzelnes Rind nimmer!«

Nun ging das Gasthausgewerbe des Wirts nicht gerade schlecht, aber bei Weitem nicht so gut, dass er aus der hohlen Hand eine ganze Kuhherde für eine Peitsche opfern konnte. Darum rief er eilends:

»Ich hab mir’s überlegt, Bürschchen. Zwei Lakaien sind mir eigentlich genug. Dir schenke ich die Freiheit, auf dass du dir einen Gebieter suchst, der mehr Zeit in deine Erziehung stecken kann als ich.«

»Wohlan, Herr und Meister«, gab der Geselle zurück und verschwand auf Nimmerwiedersehen.

Der Wirt wollte daraufhin nach dem zweiten Lakaien schauen und ging hinters Haus. Doch – ach! – anstatt ein kleines Schwengelloch zu sägen, hatte der Geselle alle Fensterrahmen zerstört und riesige Ausgucke daraus gemacht.

»Was machst du das?«, schrie der Wirt entsetzt.

»Die engen Luken für meinen Schwengel«, antwortete der Geselle.

»So dick und breit kann kein Schwengel sein, um solch ein Loch auszufüllen«, wütete der Wirt.

»Meiner schon«, behauptete der Geselle. »Glaubt ihr, all das Würgen meines Schaftes sei spurlos an ihm vorübergegangen? Dank der Quetschungen haben sich die Adern in dem Fleisch verbreitert, und wenn er sich aufrichtet, pumpt er so viel Blut in sich, dass ein gewöhnliches Fenster ihm bei Weitem nicht reicht. Bedenkt, dass er ja zum Lustgewinn eng und kantig umhüllt werden will.«

Der Wirt konnte und wollte sich das nicht vorstellen. Und er konnte und wollte auch nicht seine Herberge in solch beklagenswertem Zustand sehen. Drum jagte er auch den zweiten Gesellen davon, ehe er noch mehr Schaden anrichten konnte.

»Wer weiß, was der dritte Lakai treiben mag«, sagte der Wirt zu sich und malte sich die schlimmsten Dinge aus.

Besagter Lakai war derweil dabei, am Birkenhain ein Feuerholz zu entfachen, um damit die Bäume anzustecken. Noch rechtzeitig spürte der Wirt ihn auf, und auf seine Frage, wozu er den Brand brauche, antwortete der dritte Geselle:

»Glaubt Ihr etwa, Herr und Meister, dass nach meinen Jahren beim Nachbarn noch eine einfache Kerze mit ihrem Wachs mich reizt? Nein, heißes Pech aus diesen Baumstämmen soll auf uns regnen und sich mit der lodernden Hitze unserer Lenden messen!«

Da wurde dem Wirt angst und bange und er kündigte auch dem letzten seiner Lakaien den Dienst auf.

»Diese Gesellen sind mir wahrlich über«, murmelte er. »Es war gut, dass ich sie habe laufen lassen. In Zukunft will ich mich mit dem zufriedengeben, was ich hab.«

Fortan vermied er jegliche Versuche, einen Bettgenossen zu gewinnen, und nahm lieber mit seinem eigenen Spiegelbild vorlieb. Die drei Gesellen indes trafen sich einer Verabredung gemäß an geheimer Stelle wieder und lachten über den Wirt.

»Da sieht man«, sagte der Pfefferkuchendunkle, »welchen Irrtümern manch Gebieter nachhängt. Wer sich im Bett unterwirft, will längst nicht außerhalb davon stets nur Sklave sein. Hat er etwa geglaubt, wir führen ihm das Gasthaus tagaus, tagein aus purer Lust heraus?«

»Er hat uns unterschätzt«, meinte der Ockerfarbene. »Dabei muss ein Lakai mitnichten ein Dummkopf sein.«

»Und ein Meister«, fügte der Elfenbeinhelle hinzu, »muss sich damit abfinden, dass er nicht jeden unterwerfen kann, den er will.«

***

Es ist uns bereits nach einem Drittel der Erzählung aufgegangen, in welche Richtung Giovanni sein eigenes Motto interpretiert. Arne staunt, denn er hätte nicht gedacht, dass unser Gastgeber sich mit der SM- und Bondage-Welt auskennt.

»Du wirkst so ruhig, ausgeglichen und sanft«, sagt er.

Giovanni erinnert ihn und alle anderen daran, dass man von Erzähltem nicht auf Erzähler schließen dürfe – das ist eine unserer Regeln für die Märchenrunden. Arne verstummt dementsprechend und Margarete ergreift das Wort.

»Nicht nur Giovanni, auch ich bin schuld, dass wir uns beim Erzählen nun mit einem übergeordneten Motto herumschlagen müssen. Aber nun ist es beschlossene Sache. Ob mein heutiges Märchen da hineinpasst, müsst ihr am Ende entscheiden – ich garantiere für nix!«

Die Insel der Höckerlinge

Vor vielen, vielen Jahren gab es das Reich Allerliebst, in dem ausnahmslos schöne Menschen wohnten. Die Frauenzimmer waren anmutig und fein, die Mannsbilder stattlich und edel von Wuchs. Das kam daher, weil man alle Leute, die auch nur den geringsten Makel aufwiesen, aus dem Lande warf und das Volk mit Argusaugen darauf achtete, dass nur die hübschesten Paare zueinanderfanden.

Eines dieser Paare waren der Gutsherr Johannes und seine holde Frau Isolde. Nun wollte es das Schicksal, dass ihnen jahrelang kein Kind vergönnt war, und das schmerzte sie sehr. Denn Johannes hoffte auf einen Sohn, der später sein Gut übernehmen und zudem durch die Verheiratung mit seiner Nichte, der kleinen Annabelle, den Besitz vergrößern sollte. Seine schöne Isolde allein blieb unfruchtbar. Als der Friede des Guts aufgrund gegenseitiger Vorwürfe, welche die Eheleute einander erst mahnend, dann im Zorn an den Kopf warfen, in Gefahr geriet, riet ihnen eine alte, weise Magd:

»Unternehmt eine Wallfahrt, holde Isolde, und nehmt prächtige Opfer mit, die Ihr unter demütigen Gebeten darreicht. Dann werdet Ihr gewisslich ein Kind empfangen.«

Johannes und Isolde bedachten sich den Rat und befanden ihn für gut. Mit glänzendem Gefolge reiste die hoffnungsfrohe Frau durch sandige Wüsten und über steinerne Gebirge; denn ihre Heimat, das Reich Allerliebst, war zwar eine grüne, herrliche Oase am Meerbusen, ringsum jedoch herrschte auf weite Strecken Trostlosigkeit. Die Gutsherrin ließ sich davon nicht beirren, wanderte Tag und Nacht und erreichte nach einem halben Jahr den Wallfahrtsort. Dort eroberte sie ob ihrer grenzenlosen Schönheit die Herzen aller Priester, die sich sogleich ihrer Gebete annahmen. Weil jene nicht nur teilnahmsvoll, sondern auch schlau und lüstern waren, begleiteten sie die Gutsherrin zu allen Andachten, wussten sie innig zu trösten und nach einem Monat unter den fürsorglichen, priesterlichen Händen spürte Isolde Gewissheit, dass ihr Gebet erhört sei und sie ein Kind empfangen habe.

Sie trat glücklich die Rückreise an, gelangte nach einem halben Jahr auf das Gut ihres Gemahls und verkündete die frohe Botschaft. Noch dreimal wechselte der Mond und sie kam mit einem Knaben nieder, der war schön wie der junge Tag und lieblich wie die Morgenröte. Johannes indes war töricht genug, an ein segenreiches Wunder zu glauben, und verdächtigte weder die Gemahlin noch die Priester irgendeines schändlichen Tuns. Er unterrichtete seine Schwester, dass sie nunmehr einen Neffen namens Pipin habe, und erneuerte das elterliche Versprechen, den Sohn dermaleinst mit der Nichte Annabelle zu vermählen, was jedermann guthieß.

Die Jahre der Kindheit flossen für Pipin glücklich dahin. Als er aber ins Flegelalter kam, stellte sich heraus, dass er von der Mutter zwar alle Anmut und Schönheit geerbt hatte, in Lüsternheit und Schläue hingegen nach seinen priesterlichen Vätern schlug. So oft wie möglich zog er sich in heimliche Verstecke zurück – ob Heuhaufen, Scheunendach, Wassertrog oder Kellerecke – und tat sich an seinem eigenen Körper gütlich. Denn was nützte seine Schönheit, sagte er sich, wenn er sich nicht selbst daran ergötzen könne? Und er schämte sich nicht, aus dem Versteck heraus all die strammen Knechte seines Vaters zu begaffen, wenn sie in der heißen Sonne mit unbekleideter Brust und knappen Beinkleidern ihrer Arbeit nachgingen und der glänzende Schweiß über ihre ansehnlichen Muskeln rann. An seine Kusine Annabelle, die ihrerseits langsam zu einer hübschen Braut heranwuchs, verschwendete er indes keinen Gedanken.

Es geschah, dass ungeachtet Pipins Anteilnahme an männlichen Geschlechtsteilen der Vater Johannes auf einen Besuch der schwesterlichen Familie bestand, auf dass Pipin seine Kusine Annabelle kennen und lieben lernte. Also ward ein kleines Schiff besorgt, mit dem man die Küste von Reich Allerliebst entlangfahren wollte, um schnellstens zum Gut der Verwandten zu gelangen. Pipin hatte, wie man sich denken kann, wenig Lust auf diese Unternehmung, konnte aber schlecht daheimbleiben. Immerhin setzte er durch, statt auf dem Schiffe mit einem kleinen Beiboot zu reisen, auf dem er hinterherrudern wollte.

»Die körperliche Ertüchtigung wird meiner Gestalt mehr Reiz und Kraft verleihen«, sagte er.

Seine Eltern, wie alle im Reich Allerliebst auf den hohen Rang makelloser Schönheit bedacht, freuten sich über diesen Vorschlag und ließen ihn gewähren. In Wahrheit wollte Pipin nur alleine sein, um sich ein letztes Mal den Gelüsten der Eigenliebe ungestört hingeben zu können. Er ließ das Schiff mit Vater und Mutter vorausfahren und lenkte sein Boot in eine Meeresströmung, die ihn von allein vorwärts treiben sollte, damit seine Hände nicht rudern müssten, sondern frei für allerlei Bespaßung wären.

Pipin liebte es, die Handfläche wie einen Hauch über die Kuppe seines Geschlechtsteils zu streifen. Das rief ein Gefühl hervor, als ob gerade dort Tausende Mückenstiche juckten, aber nur für einen Bruchteil von Sekunden und auf eine Weise, die nicht quälte, sondern eine Wohltat war. Immer wieder lockten seine Hände dieses Gefühl hervor, geschwinder streiften sie die Kuppe und steigerten die Anzahl jener lieblichen Stiche, bis sie in die Millionen, ja sogar Milliarden reichten. Das war der Augenblick, in dem Pipins Atem aussetzte, ein Ruck durch seinen Leib ging und sein Teil allen Jünglingssamen ausspie, der sich – eifrig auf dem Boote schaukelnd – zwischen seinen Schenkeln angesammelt hatte. Warm wie die Sonnenstrahlen war jene Saat, weich wie ein Bach und köstlich wie die Blüten am Palmenbaum. Darum malte er mit den Fingern in den Pfützchen auf seinem Rumpf herum, anstatt sie zu säubern, und zierte sich auch nicht, ein bis zwei Schlückchen davon zu nehmen.

Dabei merkte Pipin nicht, wie sein Boot abtrieb, sich von der Küste entfernte und immer schneller einer Insel zutrieb, die man in seiner Heimat nur leise die »Insel der Höckerlinge« nannte. Dorthin, so hieß es, verbannte das Volk von Allerliebst die Krummen und Schiefen, die aufgrund ihres unschönen Äußeren nicht würdig waren, in der fruchtbaren Oase zu bleiben. Zu spät stellte Pipin fest, in welch misslicher Lage er sich befand. Kaum hatte er das Ufer der fremden Insel erkannt, schellte sein Boot bereits an eines der Riffe, welche jenem vorgelagert waren, und zerbrach in seine Einzelteile. Der Jüngling war glücklicherweise des Schwimmens mächtig, und weil der Seegang ruhig und das Ufer nicht weit entfernt war, konnte er sich an das Gestade retten.

Da lag er eine Weile auf dem Sand und versuchte, zu Atem zu kommen und einen klaren Gedanken zu fassen. Ohne Boot konnte er nicht mehr ins Reich Allerliebst zurück. Sollte er die Höckerlinge aufsuchen, die hier irgendwo wohnten? Aber wer konnte wissen, ob sie ihm wohlgesonnen sein würden?

Seine Fragen erübrigten sich, als eine hutzlige, bucklige Frau des Wegs kam. Als sie den Jüngling am Gestade gewahrte, eilte sie herbei.

»Ein Schönling«, erkannte sie, »gewiss aus dem Land Allerliebst? Wie bist du denn hierhergekommen? Bist du allein?«

Pipin umriss kurz seine Geschichte, aber das reichte, um das Mitleid der Höckerline zu wecken. Sie sprach:

»Zu den anderen meines Stammes kann ich dich nicht mitnehmen. Viele davon sind üble Leute, die aus Gram über ihre Verbannung dir nichts als Schaden zufügen würden. Auch in meinem Hause kann ich dich nicht verstecken, denn ich wohne mit meinem Bruder zusammen. Der ist ein rechter Liederling. Egal, ob Weiblein oder Männlein, er erregt sich daran, sie nackt zu fesseln und zu quälen. Das könntest zarter Jüngling du nicht lange aushalten. Aber ich kenne eine Höhle nicht weit von hier, von der die anderen nichts wissen. Sie liegt unter schattigen Bäumen und kann dir Herberge sein. Dort erholst du dich und ich bringe dir allmorgendlich Speis und Trank vorbei.«

Was die gute Höckerline versprochen hatte, das hielt sie auch, und Pipin erging es die ersten Wochen auf der Insel so gut, dass er großes Vertrauen zu der hutzligen Frau fasste. Doch allzu bald erfuhr er den wahren Grund für ihre Zuneigung: Sie wollte ihn durch gute Taten und freundliche Worte behutsam an ihre Gestalt gewöhnen und dazu bringen, sich mit ihr oder einer ihrer Freundinnen zu paaren.

»Auf diese Weise kommt frisches Blut in unsere Sippe«, meinte sie, »und deine Schönheit mag auf den Nachwuchs abfärben, sodass mein Stamm in ferner Zukunft nicht mehr ganz so abstoßend ist.«

Sie brachte immer neue Bilder und kleine Statuen von Höckerlingen mit, welche sie in der Höhle verteilte. Ihr stetiger Anblick sollte Pipin vergessen machen, wie schön sein gerader Wuchs sei. Ja, er sollte sogar beginnen, sich für sein Aussehen zu schämen, weil er ja ganz anders war als der Rest der Inselbewohner.

Weil er von der Wohltätigkeit der Höckerline abhängig war, wagte Pipin nicht zu widersprechen; ansonsten wäre er als gequälter Lustdiener in die Fesseln ihres Bruders geraten. So blieb ihm nichts anderes übrig, als ihr vorzumachen, er gewöhne sich wahrhaftig an ihren Anblick.

»Allerdings«, mahnte er, »geschieht das in einer Langsamkeit, die nur mäßig voranschreitet. Dräng mich nicht, um die Entwicklung nicht in ihrem guten Fortgang zu zerstören und womöglich umzukehren!«

Die Höckerline glaubte ihm und kam darum nicht mehr jeden Tag, sondern nur noch einmal die Woche. Sie bildete sich ein, ihre längere Abwesenheit würde die Sehnsucht nach ihr in Pipins Herzen gewisslich verstärken. In Wahrheit aber nutzte er die gewonnene Freizeit, um aus den Ästen der Bäume, welche seine Höhle beschatteten, ein kleines Floss mit Ruder zu zimmern. Er tat dies weit von seinem Versteck entfernt, damit die Höckerline nichts merke, blieb aber nah genug am Wasser, um in der Sekunde der Fertigstellung mit dem Gefährt in die Wellen zu flüchten.

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Ein heftiger Sturm unterbrach seine Arbeiten. Er wütete mehrere Tage, und als nach seinem Abklingen Pipin ans Ufer eilte, um nach seinem Floß zu sehen – zum Glück war es unversehrt geblieben – da warf ihm plötzlich eine Welle einen reglosen Körper vor die Füße. Pipin erschrak und glaubte erst, ein Höckerling habe ihn entdeckt. Als er den Menschen jedoch näher betrachtete, fand er einen blassen, aber sehr hübschen Burschen vor. Er atmete noch, schien jedoch ohne Bewusstsein; also trug Pipin ihn, so gut es gehen wollte, in seine Höhle und empfand unendliche Freude, als der Fremde nach heftiger Bewegung stromweise das Meerwasser ausspuckte und ihn hernach ermattete Augen sanft anblickten. Er kniete, ganz außer sich vor Entzücken, neben ihm, drückte seine Hände ans Herz und rieb ihm Wangen und Schläfen solange, bis das Blut in seinen gehörigen Umlauf kam und Pipins Feuer den blassen Burschen vollends ins Leben zurückbrachte.

Sobald er sich einigermaßen erholt hatte, verbeugte er sich vor seinem Retter und bekundete mit tiefer, wohlklingender Stimme seine Dankbarkeit. Während er das tat, drückte er Pipins Hände an seine Lippen. Da zog ihn Pipin auf seine Bettstatt aus weichem Moos, streichelte sein Antlitz und reichte ihm Früchte und Quellwasser zur Stärkung. Wer war zufriedener als diese beiden in jenem Augenblicke? Die Jünglinge betrachteten einander mit dem höchsten Ausdruck von Liebe und Wohlwollen, und indem der Schiffbrüchige – denn als solcher gab er sich zu erkennen – seinen Retter sanft in seine Arme zog, drückte er den ersten Kuss auf dessen Lippen, was Pipin hoch erröten ließ.

»Mein Retter, mein Geliebter«, flüsterte der Bursche, »lass mich dich an mein Herz pressen, dich liebkosen und beweisen, wie überaus groß meine Hingabe ist!«

»Die Größe deiner Hingabe erkenne ich wohl«, scherzte Pipin und zeigte auf das aufrechtstehende Geschlechtsteil, das sich nach dem Schönen zu recken schien. »Doch müssen wir Obacht walten lassen. Du bist auf der Insel der Höckerlinge gelandet und sie dürfen uns nicht finden!«

Der Schiffbrüchige hörte nur mit halbem Ohr hin, denn die Anmut Pipins hatte seine Lüste geweckt. Und da Pipin selbst nach wie vor ein lasterhaftes Kerlchen war, gab er sich dem Burschen nur allzu gern hin. Wie schnell war da Bangigkeit in Leidenschaft übergegangen! Unüberwindlich entfaltete sie sich vor den Augen der beiden, indem Schoß an Schoß rückte und Teil an Teil. Pipin legte die Hand auf des Burschen Schulter und wanderte mit den Fingern zärtlich die Wölbung seines Rückens hinab bis zu den schmalen Hüften. Und er strich weiter, zeichnete das Becken nach und erreichte die Vorderseite des Rumpfes, wo er den flachen Bauch liebkoste. Alldieweil rieben sich ihre Geschlechtsteile aneinander, bis nichts mehr die ungestümen Gelüste bremsen konnte – weißer Samen spritzte in die Höhe, erst aus dem einen, dann aus dem anderen Jüngling, und noch im Fluge mischten sich die feuchten Tropfen miteinander. Jene, die es nicht in den innigen Kuss der Liebenden geschafft hatten, fielen auf glatte, makellose Haut hinab und schmückten sie auf funkelnde Weise. Sie verharrten in dieser Stellung, bis die Müdigkeit sich beider bemächtigte und sie Arm in Arm einschliefen.

Als Pipin erwachte, fand er neben sich den Schiffbrüchigen nicht wieder. An seiner statt hockte die Höckerline dort und in ihren Gesicht las der Unglückliche die entsetzliche Botschaft: Der Bursche war nur eben austreten gewesen, da hatten die anderen Höckerlinge ihn entdeckt und gleich in ihr Dorf geschleppt.

»Nach solch einem Sturm wandern viele von uns auf der Insel umher, um Gestrandete zu suchen«, erzählte die Höckerline. »Um dich zu beschützen, ging ich mit – jenem Fremdling aber konnte ich nicht helfen. Du kennst ihn wohl?«

Da stürzten die Tränen stromweise aus Pipins Augen heraus und das Herz der hutzligen Frau zog sich zusammen, als sie sein Leid und Sehnen begriff. Endlich sah sie ein, dass ihr Unternehmen, ihn umzustimmen, vergeblich war. Weil sie ihn aber liebgewonnen hatte, wollte sie ihm helfen, den Fremdling zu retten.

»Mein eigener Bruder hat ihn sich geschnappt und verlustiert sich an ihm«, sagte sie. »Lass uns auf verborgenen Pfaden zum Dorfe schleichen und durchs Fenster sehen. Erschrick nicht vor dem üblen Anblick, der unausweichlich ist, sondern bleib still.«

Sie huschten durch Busch und Strauch, bis sie das Dorf der Höckerlinge erreichten. Ungesehen gelangten sie in den Garten der hutzligen Frau und linsten durchs Fenster. Was Pipin erschaute, ließ ihn das Blut in den Adern gefrieren: Sein Bursche hing, an Beinen und Armen gefesselt, bäuchlings von der Decke; ein Strick war um einen Haken gebunden, der ihn hielt. Ein grober, pickeliger Höckerling schritt kreisend um ihn herum und versetzte ihm mit einer Peitsche einen Schlag um den anderen. Mit jedem Hieb verkrampfte sich das Herz Pipins. Als der Pickelige die Peitsche weglegte und statt ihrer einen Stab nahm, den er an des Schiffbrüchigen Hintern ansetzte, frohlockte plötzlich seine Begleiterin:

»Er will deinen Liebsten mit seinem Stab entwürdigen. Ins Gedärm will er ihn schieben, auf dass er den hinteren Ausgang dehne und seinem Geschlechtsteil zum Eingang mache.«

»Warum freust du dich darüber?«, fragte Pipin.

»Weil es sich bei dem Stab um seinen Zauberstab handelt«, erklärte die Hutzlige. »Unsere hässliche Gestalt zwingt das Volk der Höckerlinge dazu, die Paarung nur im Dunkeln und nur unter Order zu vollziehen; andernfalls ekeln wir uns zu sehr voreinander. Die Zeit, die Schönlinge mit Turteln und Kosen verbringen, müssen wir anders füllen – so haben wir uns das Zaubern beigebracht.«

»Mein Liebster beherrscht solche Künste aber nicht«, wandte Pipin ein. »Ihm nützt kein Zauberstab im Gedärm!«

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Die Höckerline beruhigte ihn, zog ihren eigenen Zauberstab aus der Tasche und meinte:

»Solange er ihn in sich trägt, kann ich meine Zauberkraft mit ihm koppeln! Pass auf!«

Sie nahm Pipin bei der Hand, murmelte unverständliche Worte und schwang der Zauberstab in der Luft. Im nächsten Moment fanden die beiden sich gemeinsam mit dem Burschen am Gestade wieder, wo das fertige Floß lag.

»Eilt euch, springt drauf«, drängte sie die Höckerline. »Du, Fremdling, löse deine Fesseln, wenn ihr auf See seid. Sonst verschwendet ihr kostbare Zeit! Pipin, nimm das Ruder und beweise, welche Kräfte in dir stecken!«

Die Jünglinge ließen sich das nicht zweimal sagen und standen kurze Zeit später bereits auf den Wellen. Aus der Ferne sahen sie, wie eine große Schar von Höckerlingen ans Ufer rannte. Auch der Picklige war darunter und begann einen Streit mit der hutzligen Höckerline. Pipin hörte sie kreischen:

»Was schiltst du mich, du elender Grobian? Kann ich was dafür, dass du deinen kostbaren Zauberstab in jeden dahergelaufenen Hintern schiebst? Vielleicht war dein Gefangener ein Magier, der nur darauf gewartet hat, bis du aus lauter Geilheit eine Dummheit begehst!«

So redete sie sich heraus und keiner konnte sie des Verrats überführen. Ihr Bruder aber wählte zwei besonders kräftige Höckerlinge aus, ließ sie ein Boot herbeizaubern und nahm auf jenem die Verfolgung auf. Unterdessen hatte der Schiffbrüchige seine Fesseln gelöst und half Pipin, der eifrig ruderte, indem er seine Hände zusätzlich als Paddel gebrauchte. Zu ihrer beider Glück war der Wind günstig und der Wellengang schaukelte das leichte Floß zügig ans Festland, während das Boot mit den drei Höckerlingen nur schwer vorankam.

Nichtsdestotrotz erreichten die Feinde das andere Ufer und beäugten das Gestade, die Nase in die Luft haltend und schnüffelnd.

»Ganz in der Nähe müssen sie sein«, sagte der Picklige. »Wir müssen sie finden, ehe die Schönlinge, die hier wohnen, unsere Ankunft bemerken und ein Heer schicken, uns wieder zu vertreiben!«

Sie suchten und suchten und gerieten in einen reizenden Park, wo dunkelgrüne Palmen ein kleines Wäldchen bildeten, welches von Kakteen in vielerlei Gestalt umringt war. Wären die drei Höckerlinge nicht auf Verfolgungsjagd gewesen, sie hätten im Schatten geruht und sich an den lieblichen Früchten erquickt.

Inmitten dieses Wäldchens hatten sich Pipin und sein Liebster versteckt. Ihre Hoffnung, nicht gefunden zu werden, schwand, als sie die Schritte der Höckerlinge immer näher kommen hörten. Da rutschte dem Burschen der Zauberstab aus dem Hintern – ob vor Angst oder mit Absicht weiß man nicht. Pipin ergriff ihn sogleich und flüsterte:

»Wenn das Ding zaubern kann, soll es uns einen Dienst erweisen! Du sollst zu einem Baum werden und ich zu einer Biene, dann können uns die Verfolger nicht aufspüren!«

Er schwang den Stab und augenblicklich verwandelte sich sein Liebster in einen großen Leberwurstbaum, Pipin selbst in eine Biene. Aufgrund seiner geringen Größe konnte er aber den Zauberstab nicht mehr halten und derselbe fiel zu Boden. Das vernahmen die Höckerlinge, kamen herbeigeeilt und hoben den Stab auf.

»Sie müssen hier gewesen sein«, folgerten sie. »Wo sind sie bloß?«

Den Leberwurstbaum und die Biene verdächtigten sie nicht. Plötzlich ertönten Stimmen, die ergrimmt klangen. Das waren die Wächter des Parks, welche die Eindringlinge erspäht und als unwürdige Höckerlinge erkannt hatten.

»Hinweg mit euch auf eure Insel«, schimpften sie und drohten mit langen Speeren.

Da mussten sich die drei Höckerlinge trollen und zu ihrer Insel zurückrudern. Weil sie nun den Zauberstab mitgenommen hatten, verblieben Pipin und sein Liebster in ihrer Verwandlung und konnten nicht mehr zu Menschen werden. Wäre nicht der Gärtner des Parks dahergekommen, würden sie wohl heute noch dort ihr trübseliges Dasein fristen.

Der Gärtner wusste jedoch gleich, dass der Leberwurstbaum nicht zu seinem Palmenwäldchen gehörte, und wunderte sich. Er war aber ein Kerl, der sich nicht lange wunderte, sondern lieber über den Nutzen seines Fundes nachgrübelte. Weil nun die dicken, langen Früchte des Baums ihn an sein eigenes Geschlechtsteil erinnerten, überkam ihn die Lust, eine davon zu pflücken und sich mit seinem empfangsbereiten Hintern draufzusetzen.

»Am besten nehme ich gleich zwei«, sagte er sich. »Dann kann ich eine Frucht ausweiden und über mein Teil stülpen.«

Indes sooft er nach den Früchten griff, um sie vom Zweig zu reißen, schwirrte ihm die Biene ins Gesicht und drohte damit, ihn zu stechen. Der Gärtner musste mehrmals um den Leberwurstbaumes rennen, um das Insekt abzuschütteln; da erblickte er im Stamm eine kleine Höhlung, geradewegs in Hüfthöhe. Die Rinde legte sich samtweich darum.

»Sieht aus, wie ein einladendes Burschengesäß«, sagte der Gärtner. »Wollen sehen, ob die Höhle breit genug für mein williges Teil ist!«

Er trat nah an den Stamm, kramte sein steifes Geschlechtsteil hervor und wollte es in den Baum rammen. Beim ersten Stoß tropfte ihm etwas Nasses auf die Schulter – beim zweiten plätscherte ihm etwas auf die Stirn – beim dritten ebenso. Da hielt er inne, schaute nach oben und gewahrte mit Staunen, dass die Tropfen aus den Spitzen der geschlechtsgleichen Baumfrüchte fielen und überdies wie menschliche Samenflüssigkeit aussahen.

»Und sie schmecken sogar danach«, befand der Gärtner, nachdem seine Zunge sich getraute, davon zu kosten.

Abermals schwirrte ihm die Biene vors Auge. Diesmal ließ er sich keine Angst einjagen, sondern studierte ihr Aussehen eingehend. Verblüfft stellte er fest, dass der Stachel, mit dem sie ihm drohte, nichts anderes war als ein winzig kleines Männerglied, wie es ihm selbst auch – freilich in vielfach vergrößerte Ausführung – zwischen den Beinen stand.

»Das verdient, untersucht zu werden«, meinte er, packte sein Geschlechtsteil ein und spurtete zum Besitzer des Parks.

Der hörte sich die Geschichte an, prüfte deren Wahrheitsgehalt mit eigenen Augen und ließ daraufhin ausrufen, dass jeder, der sich auf Magie verstünde, zu ihm kommen und den verzauberten Baum samt Insekt erlösen müsse.

Da kam nach einigen Tagen eine krumme Gestalt, die sich trotz der glühenden Hitze in einen wallenden Mantel gehüllt hatte, und sprach:

»Ich besitze einen Zauberstab und kann versuchen, die zwei Lebewesen in Eurem Park, die Ihr für verflucht haltet, in Menschen zurückzuverwandeln. Was gebt Ihr mir dafür?«

»Ihr sollt, werte Fremde, beim nächsten Fest mein Tischgast sein und kein Bürger aus dem Volk der allerliebsten Schönen wird Euch ob Eures Aussehens tadeln oder verhöhnen«, versprach der Herr.

Mehr verlangte die Zauberin nicht und man führte sie ins Palmenwäldchen. Dort schwang sie dreimal den Zauberstab und Pipin und sein Liebster erhielten ihre ursprüngliche Gestalt zurück. Wie freuten sich die Leute, dass zwei so hübsche Jünglinge vor ihnen standen, und am meisten freute sich der Herr des Parks – denn es war der Schwager von Johannes und damit Pipins Onkel, der seinen Neffen gleich erkannte.

»Mein guter Junge, wo hast du nur gesteckt? Deine Eltern hielten dich für verloren und meine Tochter Annabelle glaubte schon, ewig unverheiratet bleiben zu müssen. Nun aber bist du endlich hier und wir können die Hochzeit doch noch feiern!«

Und ohne nach dem anderen Burschen zu fragen, führte er Pipin auf sein Gut, kleidete ihn fürstlich ein und gab ihm zu Ehren ein Festbankett. Annabelle betrachtete ihren Vetter neugierig und fand Gefallen an ihm. Pipin hingegen wusste nicht, wie er sich aus der Sache herauswinden sollte, denn sein Herz schlug für den Schiffbrüchigen. Allein es gelang ihm nicht, die anderen von ihrem Vorhaben, ihn mit Annabelle zu verheiraten, abzubringen, und er schaffte es lediglich, dass sein Liebster am Festbankett teilnehmen durfte, wo er neben der Zauberin zu sitzen kam. Weil sich sonst keiner mit ihr unterhalten wollte, fing sie ein Gespräch mit dem einstigen Leberwurstbaum an und erfuhr von seinem Leid.

»In schwerer Zeit war Pipin mein Geliebter«, seufzte der Bursche, »und nun wird er einer anderen Bräutigam.«

»Hm, so geht es zu in der Welt«, seufzte auch die Alte.

Als das Fest vorangeschritten und die Gäste nicht mehr ganz nüchtern waren, begann sie, ihre anfängliche Schüchternheit abzulegen und etwas forscher zu werden. Zunächst lobte sie Speis und Trank und schenkte dem Koch und dem Mundschenk gute Worte.

»Auch preise ich die Mägde und Knechte Eures Guts«, sagte sie zum Herrn, »denn sie tragen die Zutaten zusammen, die für eine solche Tafel wichtig sind. Und was die Musikanten angeht, die zum Tanz aufspielen – mögen sie auch bei der zukünftigen Hochzeit so glanzvoll klingen!«

Der Herr bedankte sich im Namen seiner Dienerschaft, doch ließ ihn die Alte kaum zu Wort kommen.

»Wo wir von der Hochzeit sprechen und von all der Arbeit, die solch ein Gut macht«, fuhr sie fort, »wie gedenkt das Paar dermaleinst zu leben? Wird es auch einen Koch und einen Mundschenk brauchen oder beherrscht die Braut vielleicht selbst die Kunst der Küche?«

Der Herr und seine Gemahlin fingen sofort an, ihre Tochter Annabelle über Gebühr zu loben. Sie könne kochen, braten, backen und zudem nähen und sticken sowie das Haus reinhalten.

»Auf dem Markte feilscht sie wie kein anderer«, behauptete der Vater.

»Und in der Musik ist sie außerordentlich bewandert«, fügte die Mutter hinzu.

»Woher kommt es, dass sie so überaus begabt in allem ist?«, wollte die Zauberin wissen.

»Das kommt daher, dass wir ihr von Kindheit an die besten Lehrer zukommen ließen. Annabelle ist belesen, sehr klug und in allen Tugenden ausgebildet.«

Die Alte gab ein zweifelndes »Hm, hm« von sich, welches den Herrn reizte. Ob sie ihm etwa nicht glaube, fragte er.

»Was die Tugenden der Frau angeht, gewiss«, sagte die Zauberin. »Aber Ihr habt Eure Tochter doch gewiss nicht zusätzlich mit dem Wissen der Priesterschaft belastet, oder?«

Annabelles Eltern berichteten stolz, ihr Mädchen habe selbst die Schriften und Überlieferungen der Priester studiert und könne jedwede Zeremonie abhalten. Die Zauberin tat, als glaube sie das nicht, und bestand auf einer Probe.

»Lasst sie die Trauung vollführen«, meinte sie.

»Aber werter Gast«, wandte der Herr ein. »Die Eltern des Bräutigams Pipin sind noch nicht eingetroffen. Da können wir Annabelle nicht gleich heute mit ihm verheiraten.«

»So soll die Stelle der Braut der Bursche an meiner Seite einnehmen«, schlug die Zauberin vor. »Zu gerne aber würde ich die Traurede hören!«

Um der Alten einen Gefallen zu tun und wohl auch, weil man ihren Zauberstab fürchtete, stellten die Brauteltern Pipin und den Schiffbrüchigen nebeneinander und Annabelle nahm die Rolle der Priesterin ein. Sie machte alles ganz genau, wie es die Zeremonie vorschrieb, und war darum ungeheuer stolz auf sich. In dem Rausch merkte keiner, wann die rechte Stelle kam, um das Spiel zu unterbrechen – und da war mit einem Male der Zeitpunkt des Ringwechsels gekommen! Da reichte die Zauberin den beiden Jünglingen zwei Ringe, die wie aus dem Nichts zu kommen schienen, und sie steckten selbige einander an die Finger. Annabelle schloss ihre Rede mit den Worten, dass die zueinander Geführten nicht mehr getrennt werden möchten und plötzlich lachte die Alte auf:

»Und auch der Gutsherr und sein Töchterlein dürfen das Paar nimmermehr trennen!«

Erst jetzt bemerkten die Umstehenden, das aus dem Spiel Ernst geworden und Pipin mit dem fremden Burschen verheiratet worden war. Dem Gutsherrn kam das sauer an, aber er musste schweigen, weil er sich gegen den heiligen Bund nicht versündigen wollte. Die Alte nahm derweil das Glas und trank auf das Wohl des neuen Paares.

Pipin und sein Liebster freuten sich, dass sie unverhofft doch noch zusammenbleiben konnten, und kaum war das Bankett beendet, verabschiedeten sie sich von Onkel, Tante und Kusine und eilten zu Pipins Eltern. Jene waren so erfreut über die Rückkehr ihres Sohnes, dass sie dessen Gemahl bedenkenlos willkommen hießen und einsahen:

»Ein Eheversprechen über die Köpfe zweier Kinder hinweg ist ungebührlich und kann der wahren Liebe ohnehin nicht im Wege stehen.«

Fortan hätte das Leben der zwei Jünglinge ein herrliches sein können, doch wie heißt es im Volksmund: »Früh getraut, spät gereut.« Beinahe hätte das auch auf unseren Pipin zugetroffen, denn alsbald stellte sich heraus, dass sein Gemahl im Haushalt und in der Gutsverwaltung völlig unnütz war. Er wusste von nichts, saß nur faul herum und keiner wusste, warum ein Bursche, der äußerlich so tüchtig schien und von derart angenehmen Äußeren war, keinerlei Fleiß an den Tag legte. Wie Pipin aber seine Schwiegereltern kennenlernte, erfuhr er des Rätsels Lösung.

»Unser Piliff war in unserem kleinen Dorf der einzige Junge, der dem gleichen Geschlechte hold war«, sagte die Mutter. »Dadurch hatte er nichts mit seinen Kameraden gemein und musste sich doch wie ein Sonderling fühlen, nicht wahr? Nun, da haben sein Vater und ich ihn wohl zum Trost ein bisschen verwöhnt.«

In Wirklichkeit hatten sie ihn viel zu viel verwöhnt, und all die Hätschelei hatte dazu geführt, dass er das Arbeiten nie gelernt hatte. Weil er zu nichts taugte, hatten sich schon viele Freier von ihm abgewandt, und das war der wahre Grund, warum Piliff sich bei Sturm und Gewitter auf See geflüchtet hatte – er wollte dort seine Mannheit beweisen.

All das bekümmerte Pipin und er musste fürchten, mitsamt Piliff vom eigenen Gutshof verstoßen zu werden. Als er von den Schwiegereltern zurückkam, schlenderte er nachdenklich den Weg entlang. Da traf er auf eine Alte im wallenden Mantel – das war dieselbe Zauberin, die ihm bereits im Park und auf dem Bankett geholfen hatte.

»Kannst du mir nicht auch ein drittes Mal helfen?«, bat Pipin sie. »Ich brauche einen Rat, wie ich meinen Gemahl zu einem tüchtigen Gutsherrn erziehen kann.«

»Den kann ich dir geben«, erwiderte die Zauberin freundlich. »Ziehe mit ihm ins Gesindehaus, wo die anderen Knechte wohnen, aber weihe jene vorher in folgenden Plan ein.«

Und sie beugte sich zu Pipins Ohr, um ihm einzuflüstern, wie er vorzugehen habe. Der Jüngling verstand die Weisung und begann, sie noch am gleichen Tage umzusetzen. Er gab den meisten Knechten frei und behielt nur sechs im Gesindehaus, die wie er und Piliff dem eigenen Geschlecht hold waren. Die teilte er in drei Pärchen ein und erklärte ihnen, wie sie sich in den folgenden Tagen zu verhalten hätten. Die Knechte hießen den Plan gut, denn auch sie wünschten sich einen fleißigen Gutsherrn lieber als einen faulen. Nachdem alles abgesprochen war, holten sie Piliff hinzu und der älteste Knecht erklärte ihm:

»Höre! Drei Kameraden von uns müssen jeden Tag aufs Feld, um zu pflügen, zu säen, zu ernten. Die anderen drei sind Hausknechte, die in den Stallungen, im Gutshaus und hier im Gesindestube für Ordnung sorgen. Du gehörst zu den Hausknechten und dein Gemahl wird uns Feldknechte begleiten.«

Piliff war einverstanden und es blieb ihm auch nichts anderes übrig. Am nächsten Tag zog Pipin mit den Feldknechten aus und er blieb zurück. Er begleitete den ersten Hausknecht, der ihm am ähnlichsten und darum freundschaftlich verbunden war. Sie erledigten gemeinsam nur die allernötigsten Arbeiten, waren am Mittag schon fertig und saßen bis Sonnenuntergang herum, plaudernd, trinkend und würfelnd. Als die Feldknechte nach Hause kamen, lief der erste Hausknecht seinem Geliebten entgegen und gab sich alle Mühe, ihn mit Küssen und kecken Griffen zur Lust zu bewegen. Allein der erste Feldknecht fragte:

»Hast du mir ein Essen und ein Bad bereitet?«

»Nein, das ist zu schwer für mich«, antwortete der erste Hausknecht.

»Dann muss ich es wohl alleine machen«, seufzte der erste Feldknecht, kochte sich eine Speise, wusch sich und fiel hernach wortlos ins Bett.

Piliff wunderte sich und fragte den Hausknecht:

»Warum geht er allein und ohne Kuss ins Bett?«

»Ach«, winkte der Hausknecht ab, »weil er meint, er sei zu erschöpft für jegliche Liebelei.«

Das gab Piliff zu denken und er hielt sich am kommenden Tage an den zweiten Hausknecht. Der war zwar nicht viel fleißiger als der Erste, aber als sein Lieblingskamerad abends vom Felde kam und es darum ging, ob man einander der Lust hingeben wolle, klang das Gespräch zwischen ihnen schon etwas anders.

»Hast du mir ein Essen und ein Bad bereitet?«

»Nein, das ist recht schwer«, antwortete der erste Hausknecht. »Lass das uns gemeinsam machen.«

Der zweite Feldknecht kochte mit seinem Hausknecht eine Speise, dann wuschen sie einander und fielen hernach ins Bett. Dort küssten sie sich und schliefen ein. Piliff wunderte sich und fragte am nächsten Morgen den zweiten Hausknecht:

»Wohl habt ihr euch berührt und es kam gar zum Kusse, aber wieso geschah nicht mehr zwischen euch im Bett?«

»Ach«, winkte der zweite Hausknecht ab, »weil mein Kamerad trotz meiner Hilfe bei Bad und Abendmahl zu erschöpft ist für jede Liebelei.«

Wieder dachte Piliff darüber nach und hielt sich am kommenden Tag an den dritten Hausknecht. Der tat fleißig seine Pflichten auf dem Hof und sobald er damit fertig war, bereitete er das Abendbrot für seinen Kameraden vom Feld, zugleich auch das Frühstück für den nächsten Tag, und fand auch die Zeit, das Bett zu lüften und alles für ein Bad bereitzustellen, was nötig war. Kaum war er damit fertig, trafen die Feldknechte ein. Der ihm angetraute Feldknecht fragte:

»Hast du Abendmahl und Bad vorbereitet?«

»Ja, es ist alles bereit«, antwortete der dritte Hausknecht.

»Ei, so lass uns essen und waschen«, sagte der Feldknecht, »und wenn ich dann gestärkt bin, werde ich mich mit dir im Bette tummeln.«

Und weil sie bar jeder Scham waren, ließen sie Piliff zusehen, wie sie ihre nackten Körper mit Schwamm und Seife rieben, die kräftigen Rücken mit dem Handtuch trockenschrubbten und anschließend, umhüllt von Kissen und Decken, einander die Geschlechtsteile in den Mund steckten, um sie bis zum Rachen zu schieben. Was zunächst wie klagendes Würgen klang, wandelte sich bald schon in wollüstiges Schnaufen und Gurgeln. Feldknecht und Hausknecht sabberten auf ihre Teile, auf die Laken und auf die Decken; allein die Hitze ihrer Leidenschaft ließ alle Feuchtigkeit sogleich wieder verdunsten. Wo ihre Kameraden vor Erschöpfung oder Einsamkeit schon schliefen, verlustierten sich die beiden noch bis spät in die Nacht und erfreuten sich ihrer herrlichen Körper. Das berauschte den gaffenden Piliff aufs Äußerste und er legte Hand an sich selbst, um im gleichen Augenblicke wie die Knechte seinen Samen durch die Luft zu schleudern.

Anderntags aber eilte er zu Pipin und rief:

»Nun weiß ich, wie ich mir deine Zuneigung allnächtlich verdienen kann! Während du schuftest, will ich nicht untätig sein und in Küche und Haus tüchtig wirtschaften. Denn findet ein hart arbeitender Mann ein mit Fleiß geführtes Heim vor, kann er sich hingebungsvoll der Liebe widmen!«

Sprach’s und wirbelte durch das Gutshaus, dass es eine Freude war, ihm zuzuschauen. Abends belohnte Pipin seinen Gemahl mit Küssen, Griffen, Stößen und Kosungen, wie es sich für liebende Eheleute gebührt, und fürderhin war es ein gutes Leben für sie beide; nicht zuletzt, weil sie es den Knechten nachtaten und nach einiger Übung einander ebenfalls das Geschlechtsteil bis tief in die Kehle schieben konnten, was ein herzliches Glucksen ergab.

Pipin vergaß aber nicht, wem er sein Glück zu verdanken hatte. Er suchte die Alte auf, fand sie und bat, sie möge auf immer zu ihm aufs Gut ziehen und dort ihre Heimat haben, wenngleich sie nicht zu den auserwählten Schönlingen des Volkes von Allerliebst zählte.

»Auf dieses Geschenk hatte ich nicht zu hoffen gewagt«, lachte die Zauberin, lüftete ihren Mantel und gab sich als jene Höckerline zu erkennen, die sich damals des Jünglings angenommen hatte.

»Mein Bruder und seine Freunde haben mich von der Insel verstoßen und seitdem irre ich heimatlos in der Welt herum«, sagte sie. »Es war mir keine geringe Freude, euch in eurer Verzauberung zu helfen und dich vor einer ungewollten Hochzeit zu bewahren. Allein ich wagte es nicht, mich dir voreilig zu erkennen zu geben, war ich doch einst deine Feindin.«

Pipin sah in ihr jedoch keinen Feind, sondern einen Freund und er blieb bei seinem Angebot. Also zog die Höckerline auf sein Gut, ging Piliff in der Küche und im Garten zur Hand und lebte mit den beiden zufrieden bis an ihr seliges Ende.

***

»Okay, ich finde schon, dass du das Thema getroffen hast«, sagt Basil. »Deine Antagonisten personifizierten die Unersättlichkeit ja recht deutlich.«

Er wendet sich an Wilko.

»Was sagte zu meiner gewählten Ausdrucksweise?«, zwinkert er.

»Intelligente Auswahl an Fachbegriffen«, zwinkert Wilko zurück.

»Fachtermini heißt das«, verbessert Basil. »So viel Zeit muss sein.«

Wir amüsieren uns über ihre liebenswerten Sticheleien und warten darauf, dass irgendjemand das Sprichwort zitiert, was sich necke, liebe sich auch. Aber merkwürdigerweise sagt es keiner laut. Inzwischen ist Charles an der Reihe zu erzählen und er proklamiert, uns in exotische Regionen entführen zu wollen.

Die drei Bananen

Es war einmal der Sohn eines Amtsmannes, das war ein jugendlicher Flegel. Er war eigensinnig und vorwitzig. Wenn ihm seine Mutter oder sein Vater etwas sagten, dann gehorchte er nicht und tat mit Freuden das Gegenteil. Das konnte nicht lange gut gehen und eines Tages sagte er zu seinen Eltern:

»Ich habe viel Merkwürdiges über die Frau Trude gehört. Die Leute sagen, sie sähe in Wahrheit gar wunderlich aus und längst nicht so schön wie von ferne auf der Straße. Ich will einmal zu ihrem Hause gehen, denn ich bin ganz neugierig geworden.«

Die Eltern verboten es ihm streng und sagten:

»Die Frau Trude ist eine feine Dame, die in ihren vier Wänden treiben kann, was sie möchte. Lass sie in Frieden, wie sie uns in Frieden lässt, sonst bist du unser Kind nicht mehr.«

Der Flegel aber kehrte sich nicht an das Verbot von Mutter und Vater und ging doch zur Frau Trude. Er schaute heimlich durch ihr Schlafzimmerfenster und erschrak über das, was er sah. Es war nämlich spät und die Dame zog sich gerade fürs Bett um. Wie sie die Vorhänge schließen wollte, entdeckt sie den heimlichen Beobachter und fragte:

»Warum bist du so bleich? Du zitterst ja am ganzen Körper!«

»Ach«, antwortete der Flegel, »als ich durchs Fenster schaute, sah ich schwarze Schlangen von Eurem Haupte fallen.«

»Das waren keine Schlangen, das waren Haarteile, die ich mir tagsüber anstecke«, erklärte Frau Trude.

»Und als Ihr auf der Schlafzimmerstiege standet, rissen Euch die Brüste ab, dass die blutroten Adern nach außen quollen.«

»Das waren meine Brüste nicht, sondern zwei Honigmelonen, die ich mir tagsüber in die Bluse stecke«, erklärte Frau Trude. »Was darunter quillt, sind keine Adern, sondern mein dichtes Körperhaar. Doch sag, was hast du noch gesehen?«

»Dann sah ich, als Ihr den Rock fallen ließet, wie ein Metzgerbeil zwischen Eure Schenkel gehauen war, oder war es die Flinte eines Jägers?«

»Oho«, sagte Frau Trude, »weder das eine noch das andere. Was du sahst, war mein Gepränge, wie es mir vom Rumpfe baumelt, wie auch dir eins zwischen den Beinen hängt.«

»So seid Ihr in Wahrheit ein Mann?«

»So ist es. Du hast den Truderich in seinem rechten Schmuck gesehen.«

Da fiel die Angst von dem Flegel ab und er begann, Frau Trude auszulachen.

»Von wegen feine Dame! Jetzt weiß ich, warum meine Eltern nicht wollen, dass man dir zu nahe kommt. Ein liederlicher Kerl bist du. Das will ich herumerzählen. Mag sein, dass der Scheiterhaufen schon lange auf dich wartet und nach dir verlangt. Den Holzblock, den du dir Abend für Abend in den Arsch schiebst, soll man mit dir ins Feuer werfen, bis du dich in Glut verwandelst. Und ich setze mich daneben, wärme mich daran und rufe: Ei, wie leuchtet der Truderich hell!«

Frau Trudes Gesicht verfinsterte sich bei den Worten des Flegels. Zornig rief sie aus:

»Meinen Tod wünschst du, weil ich anders bin als andere Damen? Na warte! Dann sei auch du anders! Du sollst wahrhaftig kein Liebesglück erfahren, außer du kriegst den verfluchten Bananenprinzen!«

Damit schlug sie die Fensterläden zu und zeigte sich fortan nicht mehr auf den Straßen, weder als Trude noch als Truderich. Das Herz des Flegels aber ward jäh von allem Spott und aller Unartigkeit gegenüber seinen Eltern befreit, denn eine Schwermut machte sich darin breit, dass nichts anderes mehr darin Platz hatte. Zunächst freuten sich Vater und Mutter über das friedliche Gemüt ihres Sohnes. Wie er aber immer öfter seufzte und wehklagte und sein Körper dünner und schlaffer wurde, begannen sie sich zu sorgen. Bald fiel er ganz in Ohnmacht und sie mussten die besten Ärzte und Doktoren kommen lassen. Aber keiner wusste Rat bis auf einen, der sagte:

»Euer Kind leidet unter keiner Krankheit des Fleisches, sondern unter einer Krankheit der Seele.«

»Welche ist es? Wie lautet ihr Name?«, wollten die Eltern wissen.

»Es ist die Liebeskrankheit«, antwortete der Arzt.

Als die Mutter das hörte, wurde sie zornig und sprach:

»Wen hat denn mein Sohn in den letzten Tagen sehen können außer seinen alten Eltern, dass er liebeskrank wird?«

Der Arzt aber fuhr fort:

»Ich werde es Euch beweisen! Holt zwei Rosen aus dem Garten hierher und stellt die eine links neben das Bett Eures Sohnes, die andere rechts davon. Die linke zündet an, dass sie verbrennt, die rechte Rose hingegen lasst Ihr an einem heißen Spieß schmoren.«

Die Blumen wurden geholt und gemäß der Anweisungen zubereitet. Nachdem sie neben das Bett des Sohnes aufgestellt waren, versteckte sich die Mutter hinter der Tür und beobachtete, was geschah. Der Geruch des Feuers brachte ihren Sohn ein wenig zur Besinnung, und als er die Augen öffnete, sah er zur rechten Seite und gewahrte die Rose, die am Spieß briet. Da sagte er:

»Ach, du schöne Blume, wirst auch du durch die Flamme der Liebe zum Bananenprinzen gebraten wie mein Gepränge?«

Dann blickte er nach links und seufzte:

»Ach, mein liebes Röschen, bist auch du durch die Flamme der Liebe zum Bananenprinzen zu Asche geworden wie mein Herz?«

Und er fiel wieder in Ohnmacht. Die Mutter erkannte nun, dass der Arzt wahr gesprochen hatte, und vertraute ihre Beobachtung ihrem Manne an. Der sagte:

»Ich will hinnehmen, dass mein Sohn sich nach einem Manne verzehrt, wenn er nur gesund dabei ist. Wo finden wir also den Bananenprinzen?«

»Tja, das weiß ich nicht«, erwiderte der Arzt. »Euer Sohn muss in die Welt ziehen und ihn selber finden.«

Da erteilten der Amtsherr und seine Frau schweren Herzens ihrem Kinde die Erlaubnis, Heim und Stadt zu verlassen und den Bananenprinzen zu suchen. Zwar wusste ihr Sohn nicht besser als sie, wo jener zu finden war. Doch selbst die winzigste Aussicht auf Erfolg belebte seinen Geist und seine Glieder ausreichend, um ihn für die lange Reise zu stärken. Die Eltern gaben ihm zudem ausreichend Wegzehrung mit und er sattelte ein Pferd und galoppierte durchs Land. Dörfer und Wälder, Wüsten und Berge flogen vorbei, doch nirgends konnten die Menschen ihm sagen, wo der Bananenprinz sei.

Schließlich gelangte er in eine Einöde, wo nur Steine und Sand herumlagen, wenig Gras wuchs und kaum Wasser zu finden war. Sein Proviant ging zur Neige und er fürchtete schon, sein Ende zu finden, als er ein kleines Häuschen gewahrte. Er lugte durchs Fenster und sah eine Gestalt in Samt und Seide gehüllt. Ein goldbestickter Rock fiel bis zum Boden, darüber war ein dunkelrotes Korsett gespannt. Die Arme steckten in weißen Handschuhen, die bis über die Ellenbogen reichten, und um den Hals lag eine Kette aus gleißendem Edelstein. Das Haar war gepudert und aufgetürmt und eine Pfauenfeder schmückte die Spitze. Das Gesicht war nicht weniger farbenfroh. Blauer Lidschatten umspielte die Augen, kirschrot leuchteten die Lippen. Elegant und damenhaft stolzierte die Gestalt in ihrem Hause herum, richtete das Besteck auf dem Tisch und ordnete hübsch die Serviettchen an. Gleichwohl gab es keinen Zweifel, dass sich unter all dem Tüll und Tand ein Mann verbarg. Der Sohn des Amtsherrn hatte nämlich die Bartstoppeln überm Lippenstift, die fehlende Füllung im Korsett und den dicken Adamsapfel über der Halskette bemerkt. Er erinnerte sich an Frau Trude und zögerte zunächst, an das Häuschen zu klopfen. Hunger und Durst jedoch ließen ihm keine Wahl.

»Werte Dame«, sprach er verschüchtert, »lasst mich ein und gebt mir ein Stück Brot und einen Schluck Wasser.«

Der Mann im Frauenkleide öffnete die Tür und betrachtete ihn verwundert. Als er sah, wie schmuck und schön er war, empfand er Mitleid mit ihm.

»Du hast Glück«, sagte der Mann im Frauenkleid. »Hättest du mich nicht werte Dame genannt, so hätte ich dir die Türe vor der Nase zugeschlagen, denn schon viele Flegel kamen zu mir, um sich über mich lustig zu machen. Darum zog ich in diese entlegene Gegend. Komm herein und kräftige dich, und dann sage mir, was dich an diesen Ort führt, wohin keine Karawane gelangt.«

Der Sohn des Amtsmannes erhielt einen Becher Wein und ein Stück weißes Brot und erzählte der Mannsdame alles. Er bat sie, ihm zu helfen, den Bananenprinz zu finden. Sie aber zuckte bedauernd die Achseln.

»Mein Guter, ich bin nun schon viele Jahre auf der Welt, habe aber noch nie etwas von diesem Bananenprinzen gehört. Doch bald kommen meine drei Freundinnen zu Besuch. Wir plaudern gemütlich, tauschen Rezepte aus und geben uns dann der gegenseitigen Pflege hin. Hilfst du uns dabei, kannst du sie nach deinem Begehr fragen. Vorerst verstecke ich dich besser, denn sie haben noch üblere Erfahrungen mit jugendlichen Flegeln gemacht als ich und könnten dir etwas antun, wenn sie dich sehen.«

Sprach’s, hob ihn mit ungeahnter Kraft in die Höhe und setzte ihn auf den diamantenen Kronleuchter, der über ihrer reich gedeckten Kaffeetafel hing. Am Nachmittage ertönte von weither ein Gekicher und fröhliches Gekreische, als ob dicke Wildgänse gen Süden flögen und dabei einen ganzen Hühnerstall mitnömmen. Die drei Freundinnen der Mannsdame erschienen und waren wie sie mit Adamsapfel und Bartstoppeln verziert, die auf ihre ursprüngliche Natur hinwiesen.

»Hier riecht es nach Jugendschweiß«, wunderten sie sich im Chor.

Die Gastgeberin ließ sich aber nicht beirren und tat beleidigt:

»Hierher verirrt sich nicht einmal eine Maus, geschweige denn ein Mannsbild. Wer weiß, mit wie vielen Flegeln ihr euch unterwegs gezankt habt, dass ihr den Geruch noch in der Nase habt! Parfümiert euch lieber, eh er sich in unseren Kleidern festsetzt.«

Und die Freundinnen holten ihre kleinen, feinen Sprühdöschen heraus und deckten sich mit Vanilleduft, Rosenwasser und Veilchenaroma ein. Dem Sohn des Amtsherrn stieg eine regelrechte Wolke in die Nase, die ihn ganz schwindelig machte. Beinahe fiel er vom Kronleuchter, konnte sich aber rechtzeitig festhalten. Unterdessen begaben sich die vier Mannsdamen zu Tische, teilten sich eine große Sahnetorte und schlürften dampfenden Kaffee.

»Kinder«, fragte die Gastgeberin schließlich, »was würdet ihr tun, wenn eines Tages ein Mannsbild käme, jugendlich und schmuck, und bäte euch um Speis und Trank?«

»Fortjagen würde ich ihn«, antwortete die erste Freundin, »wie meine Altersgenossen mich fortjagten, als ich noch jugendlich war.«

»Verprügeln würde ich ihn«, antwortete die Zweite, »wie meine Altersgenossen mich verprügelten, als ich noch jugendlich war.«

»Verhöhnen würde ich ihn«, antwortete die Dritte, »wie meine Altersgenossen mich verhöhnten, weil ich schmucker war als sie.«

»Was aber«, fuhr die Gastgeberin fort, »wenn er euch freundlich mit ›werte Dame‹ anredete, trotz Bartstoppeln in eurem Gesicht und fehlender Füllung in eurem Ausschnitt?«

»Dann würden wir ihn wie einen Bruder oder Sohn aufnehmen, ihm nichts zuleide tun und ihm helfen, so viel wir könnten«, antworteten die Freundinnen. »Aber solch ein Mannsbild gibt es nicht, solange er in den Flegeljahren steckt.«

»Doch, einen solchen gibt es sehr wohl«, lachte die Gastgeberin und zeigte den anderen den Fremdling auf dem Kronleuchter.

Sie halfen ihm herab, verwöhnten ihn mit Torte und Kaffee und stellten unzählige Fragen, die er aber nicht beantworten konnte, weil sie unentwegt plapperten. Alsbald klatschte die Gastgeberin in die Hände und rief:

»Nun lasst den armen Jungen erstmal Atem schöpfen, kauen und herunterschlucken. Wir wollen dann ins Badezimmer gehen, und während er uns hilft, die Körper wieder zu verweiblichen, kann er in Ruhe erzählen.«

Sie legten ihre Überröcke ab und schritten, sich anmutig auf ihren Absatzschuhen wiegend, in ein großes Bad, wo vier Wannen voller Seifenschaum bereitstanden. Eine jede von ihnen setzte sich in eine davon, und des Amtsmanns Sohn musste ihnen abwechselnd helfen, die Spuren der Mannheit zu kaschieren.

»Rasiere meine Beine, damit sie glatt und seidig werden«, bat die erste Freundin. »Die Härchen wachsen schon wieder und stechen durch meine feine Strumpfhose hindurch!«

»Bemale meine Fußnägel, bemale meine Fingernägel«, bat die zweite Freundin, »damit meine Gliedmaßen Eleganz bekommen. Die alte Farbe blättert schon ab.«

»Ziehe meine Wimpern lang, streiche mir die Lippen rot«, bat die dritte Freundin, »damit mein Antlitz weich statt herb wirkt. Die letzten falschen Lider sind schon längst verdorben.«

Der Sohn des Amtsherrn tat gehorsamst alles, was ihm aufgetragen wurde, und die Gastgeberin sah’s mit Zufriedenheit. Als die Badezeit beinahe herum war, nahm sie ihn zur Seite und flüsterte ihm zu:

»Bis jetzt hast du alles gut erledigt, aber um die Gunst meiner Freundinnen vollends zu gewinnen, musst du auch die letzte Aufgabe schaffen. Ziere dich nicht, wenn sie dich bitten, auch ihr empfindsames Mannsgepränge zu rasieren. Entsetze dich nicht beim Anblick desselben, denn unserer Vorliebe zur Weiblichkeit zum Trotz hat die Natur uns immense Hoden beschert. Verkneife dir jegliches Lachen, wenn am Ende der Rasur meine Freundinnen mit eben jenen Hoden das tun, was sie immer nach dem Bade tun. Kurz, sei höflich und halte jegliche Abscheu zurück.«

Er versprach, sich zusammenzureißen. Als die drei Freundinnen ihn zu sich riefen und um die Rasur ihrer Gepränge baten, holte er bereitwillig Messer und Schaum dazu. Als er die dicken, langen Hoden erblickte, biss er sich auf die Zähne, um einen Ausruf des Staunens zu verhindern, und strich feinfühlig mit dem Messer darüber, bis jedes Haar verschwunden und die dünne Haut porentief rein war. Als zum Schluss die Freundinnen sich erhoben und ihr Gepränge auf absonderliche Weise in ihren Kleidern verpackten, fiel es dem Sohn des Amtmanns fast zu schwer, nicht aufzulachen, und er trat sich selber auf den Fuß, um sich abzulenken. Die erste Freundin befahl ihn zu sich und gebot ihm, ihr den Hodensack halten.

»Zieh ihn hinauf, kräftig zu dir hinauf, und press ihn gegen meine Brust«, sagte sie. »Ich lege mir derweil mein schwarzes, ledernes Korsett um.«

Er tat wie geheißen, und nachdem die Freundin das Korsett festgeschnürt hatte, prangten die beiden Hoden wie Brüste auf seinem Oberkörper und verpassten ihm einen formschönen Ausschnitt.

»So glaubt jeder, ich hätte ein echtes Dekolletee«, lächelte die Freundin, »und ich kann daran fassen und warme Haut spüren. Selbst die folgende Spielerei kann ich mir erlauben!«

Und er beugte sein Kinn herab und züngelte frech an dem eigenen, falschen Busen herum. Hernach legte er sich schwarze Strumpfhosen um die nunmehr glatten Beine, befestigte sie mit ledernen Strumpfhaltern am Korsett und wirkte nun wie eine strenge Herrin, die einen Flegel nur allzu gern bestrafen würde. Der Sohn des Amtsherrn traute sich kaum, sie nach dem Bananenprinzen zu fragen, tat es aber nach einigem Zögern. Sie sprach:

»Ich kenne Prinzen und ich kenne Bananen, aber von einem Bananenprinzen habe ich noch nie gehört.«

Traurig ließ der Amtsherrensohn den Kopf hängen. Da rief ihn die zweite Freundin zu sich. Auch ihr musste er den Hodensack halten, aber nicht an die Brust, sondern durch die Beine hindurch ans Gesäß.

»Mein Männerarsch ist einfach zu schmal geraten, um im engen Rock gehörig wackeln zu können«, seufzte sie. »Drum polstere ich ihn mit meinem üppigen Gepränge auf. Halte den Hodensack, bis ich die Wäsche und den Rock angezogen habe, ja?«

Der Amtsherrensohn tat wie geheißen und stellte fest, dass Wäsche wie Rock farblich wunderbar zu den bemalten Nägeln passten. Kaum war die Freundin angezogen, schaukelte sie mit den falschen Backen hin und her und gab sich selbst einen Klaps darauf.

»Wer mich jetzt in den Hintern kneift, ahnt gar nicht, was er mir Gutes tut«, lachte sie keck.

Der Amtsherrensohn lachte höflich mit ihr und fragte sie dann:

»Kennt Ihr vielleicht den Bananenprinzen und wisst Ihr, wie ich zu ihm gelange?«

»Leider nein«, erwiderte die zweite Freundin und bedauerte, dem hilfsbereiten Jungen nicht helfen zu können.

Der dritten Freundin musste er ebenfalls das üppige Gepränge halten. Diesmal hieß es, den Hodensack hochzuheben und in die Breite zu ziehen, bis ein Hoden links, der andere rechts an den Hüften festgemacht werden konnte.

»Reifröcke mit Poschen sind modisch der letzte Schrei«, wusste die Freundin. »Aber warum Geld ausgeben für Poschen und Reif, wenn ich dank meines Gepränges die Hüften ausladend betonen kann?«

Sie warf sich ihren Rock über, klimperte mit den Wimpern und tänzelte schwungvoll durchs Haus, während die anderen ihre Figur bewunderten. Nachdem sie alles Lob ausgiebig genossen hatte, fragte sie der Amtsherrensohn, ob sie etwas vom Bananenprinzen wüsste.

»Ei sicher tu ich das«, rief sie aus. »Um den Bananenprinzen zu kriegen, muss man ins Bananenschloss eindringen. Das ist keine Meile von meinem Häuschen entfernt!«

Da wurde der Amtsherrensohn ganz aufgeregt und überschüttete die Freundin mit Fragen. Sie aber legte ihm den zarten Finger auf die Lippen und gebot ihm, stille zu bleiben und gut zuzuhören.

»Willst du ins Bananenschloss, so musst du tun, was ich dir sage. Sieh, du musst auf dem Sandweg immer geradeaus gehen, immer geradeaus. Bald siehst du von Weitem die schwarzen Mauern eben jenes Schlosses. Doch hüte dich, draufzuzustürzen, denn es wird von zwei Mannsbildern bewacht. Das sind echte Kerle, grob und liederlich, verschwitzt und haarig. Fallen sie übereinander her, um ihre Gelüste auszuleben, lass dich nicht täuschen – denn dann wachen sie aufmerksam. Jeder, der in solch einem Augenblicke glaubt, durchs Tor gehen zu können, wird von ihren starken Armen in ihr Gemenge gezogen und muss ihrem Gepränge dienstbar sein, bis sie die Lust verlieren. Warte also, wenn du sie küssen und grabschen, stoßen und beben siehst! Stehen sie aber einzeln, jeder auf einer Seite des Tores, mit erhobenem Speer und starren dir entgegen – dann ruhen sie in Wirklichkeit und du kannst unversehens in das Schloss gehen. Dort drinnen findest du einen Garten und wirst einen wunderschönen Bananenbaum sehen, der nur drei Bananen trägt. Du musst versuchen, diese mit einem Sprung zu greifen, doch steige nicht auf den Baum, sonst kannst du nimmer herunterkommen. Sobald du die Bananen gepflückt hat, eile aus dem Schloss und schäle sie erst, wenn du erfrischt und gewaschen bei dir zu Hause bist.«

Der Amtsherrensohn hatte aufmerksam gelauscht und alles verinnerlicht, was die Freundin seiner Gastgeberin ihm eingesagt hatte. Er bedankte sich aufs Herzlichste, verabschiedete sich von den vier Mannsdamen und machte, dass er eiligst fortkam. Er wanderte, wie man nur wandern kann, und ging jenen Sandweg entlang, bis er ein Schloss vor sich erblickte, wie er noch keines vorher erblickt hatte. Obgleich es völlig schwarz war, schien es ihm wunderschön. Vor dem Tor aber wälzten sich gerade die beiden Wächter und gaben sich einander hin, dass es eine Lust war, ihnen dabei zuzugucken.

Der Größere hockte sich gerade über den Kleineren, welcher bäuchlings unter ihm lag, und setzte links und rechts von ihm seine Knie ab. Dann nutzte er sein kratziges Kinn, um damit an der Wirbelsäule des anderen entlangzufahren, was jenem hörbar Wonne bereitete, denn er stöhnte laut und verlangte nach mehr. Da rückte der größere Wächter nach hinten, packte die Beine des kleineren und stemmte sie sich auf die Schultern. Die Hände fuhren langsam die Waden entlang bis dorthin, wo das Gesäß begann. Die Zeigefinger rutschten wie von selbst in den Spalt und die Luftstöße des anderen nahmen an Lautstärke und Geschwindigkeit zu, als der Große dessen Backen spreizte. Fordernd hob er das Becken an, um die Verquickung der Körper endlich herbeizuführen.

Der Amtsherrensohn hielt inne und wollte sich hinter einem Busch verstecken, bis die beiden fertig würden. Ohne daran zu denken, ob nicht jemand des Weges kommen und ihn finden könnte, packte er sein Gepränge aus und begann, am eigenen Körper alles nachzuahmen, was er vor sich sah. Das Treiben der Wächter schien ihm derart eindringlich, dass es ihm das Gefühl gab, er sei in ihrer unmittelbaren Nähe und er könne sie riechen, tasten, ja gar schmecken. Der Amtsherrensohn streckte sich aus, die Schenkel ein wenig gespreizt, die Arme in Wollust geöffnet. Das Feuer in den Augen der Wächter drang ihm ins Herz, ihre erhobenen Speere dagegen wünschte er sich in seinen eigenen Schlund, dem vorderen wie dem hinteren. In Ermangelung derselben nahm er die eigenen Finger zu Hilfe, und just als das Brüllen der Kerle offenbarte, dass sie den Gipfel ihrer Gelüste erreicht hatten, spritzte auch dem Amtsherrensohn in einer erleichternden Welle die Freudensoße aus dem Schoß.

Er holte mehrmals tief Luft, um sich zu beruhigen, und als das Herz endlich ruhiger klopfte, packte er sein Gepränge wieder ein und spähte ein weiteres Mal über den Busch hinweg zum Schloss. Nun standen die Wächter links und rechts vom Tor und starrten ernst in die Weite, als ob sie nach dem Feinde Ausschau hielten. Ihre Speere standen kerzengerade nach oben und lediglich silbrige Tropfen, die daran herunterrannen, verrieten ihr vorheriges Tun. Der Amtsherrensohn gedachte der Worte der Mannsdame und getraute sich, auf die beiden zuzugehen. Tatsächlich schienen sie ihn nicht wahrzunehmen und er schlüpfte zwischen ihnen ins Schloss, als ob nichts dabei wäre.

Drinnen sah er einen prachtvollen Garten, in dem die verschiedensten Arten von Bäumen standen. Darunter befanden sich auch viele Bananenstauden, alle voller Bananen, sodass der Amtsherrensohn nicht wusste, von welchem er pflücken sollte. Nachdem er mehrere Male suchend hin- und hergegangen war, sah er schließlich einen Baum, der hatte nur einen Zweig und an ihm hingen drei Bananen. Da sprach er bei sich: »Dies muss er sein!« und hops! sprang er hoch und riss den ganzen Zwei ab. Dann rannte er aus dem Schloss, voller Angst, jemand könnte ihm folgen und den Zweig wieder wegnehmen.

Aber nichts dergleichen geschah und er konnte die lange Strecke nach Hause unbehelligt zurücklegen. Unterwegs aber bekam er wieder einmal Hunger, und weil er sonst nichts zu essen bei sich hatte, nahm er eine Banane und begann sie zu schälen. Doch wie staunte er, als unter der Schale kein helles Fruchtfleisch zum Vorschein kam, sondern die dunkle Haut eines langen Mannsgepränges! Und als die Schale ganz ab war, sprang ihm das Gepränge aus der Hand und mit einem Male stand es samt seinem Besitzer da, einem nackten Jüngling von edler Statur. Es war, als habe das bananenlange Gepränge schon immer an ihm gebaumelt und der Amtsherrensohn konnte sich das nur mit Zauberei erklären.

Nun war das dunkle Gepränge vor ihm nicht nur bananenlang, sondern auch hart und lustbereit. Der dunkle Jüngling grinste ihn an und sprach:

»Willst du mir nicht gefügig sein?«

»Gern«, hauchte der Amtsherrensohn, denn Lust und Liebe waren in ihm angesichts des Jünglings erwacht.

»Dann ziehe dich aus«, sagte der Jüngling.

Der Amtsherrensohn tat es, doch kaum wandte er ihm seine willige Kehrseite zu, erschrak der Fremde und rief:

»Nein, das kann ich nicht, das kann ich nicht!«

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Und er rannte so schnell davon, dass eine Minute später nichts mehr von ihm zu sehen war. Der Amtsherrensohn kleidete sich wieder an und wunderte sich, was den Jüngling vertrieben haben mochte. Da musste der Ärmste mit ungestillter Lust und ungestilltem Hunger weiterziehen. Er wagte zunächst nicht, eine weitere Banane zu öffnen, aber Liebe und Appetit peinigten ihn so sehr, dass er am Ende nicht widerstand und die zweite zu schälen begann.

»Ist es diesmal nur eine Banane, so wird sie mich stärken und erfrischen«, sagte er sich. »Ist es aber wieder ein dunkler Jüngling, werde ich ihn festhalten.«

Schon beim Schälen stellte er fest, dass es abermals eine verzauberte Banane war – ein noch längeres Gepränge, ebenso hart und lüstern, lugte daraus hervor und verwandelte sich nach Abwurf der Schale wieder in einen nackten Jüngling.

»Willst du mir nicht gefügig sein?«, fragte er.

»Gern«, sagte der Amtsherrensohn, »sage mir aber vorher, was ich tun muss, damit du nicht entwischst!«

»Ich bleibe bei dir, solange du erfrischt und gewaschen bist«, versprach der Jüngling.

Nun war aber der Amtsherrensohn an den unteren Stellen seines Körpers weder erfrischt noch gewaschen. Spuren seiner Eigenliebe von vorhin klebten vorn an seinem Gepränge und die Kehrseite war schon lange nicht mehr durchspült worden. Da rief der nackte, dunkle Jüngling wieder: »Nein, das kann ich nicht, das kann ich nicht!« und sprang hinfort.

Nun wusste der Amtsherrensohn, worauf es ankam, und lenkte sein Pferd zum nächsten Fluss hin. Er sprang ins Wasser, wusch sich Gesäß und Gepränge sauer und spülte den hinteren Schlund ordentlich durch.

»Bis zu Hause kann ich nicht mehr warten«, sagte er sich, »denn der dunkle Jüngling ist gewiss der Bananenprinz. Ich muss mich jetzt mit ihm vereinigen, sonst bricht mir das Herz und platzt mir der Hoden!«

Er schälte, noch nackt im Wasser stehend, die dritte Banane und abermals stand der Bananenprinz – denn er war es wirklich – vor ihm.

»Ja, ich will dir gefügig sein«, nahm der Amtsherrensohn die Frage des Jünglings vorweg, »denn ich liebe dich von ganzem Herzen. Überdies bin ich erfrischt und gewaschen und harre nun der Taten, die du an mir vollführen willst!«

Der Bananenprinz hörte das gern, betrachtete seinen Erlöser mit Wohlwollen und noch im Flusse umarmten und küssten sich die beiden, wie es nur hehre Liebende können. Danach trug der Bananenprinz den Amtsherrensohn ans Ufer, wo Gras und Schilf wuchs, und legte sich mit ihm auf den Erdboden. Mit zwei Grashalmen kitzelte er sanft die Brust seines Retters, kratzte damit keck dessen Rücken und schob sie schließlich fordernd ins Gesäß. Der Amtsherrensohn räkelte sich auf dem Boden, der Jüngling räkelte sich auf dem Amtsherrensohn und die beiden Gepränge räkelten sich umeinander, bis sie herrlicher standen als das vollste Weizenkorn.

Um dem Ziele seiner Lust eine bessere Erhöhung zu bieten, formte der Bananenprinz aus einem Bündel Schilfrohr eine Art Kissen und legte es unter den Rumpf des Amtsherrensohns. Anschließend breitete er dessen Schenkel weit aus und legte die Spitze seines Gepränges an das Gesäß, das ihm als Eingang dienen sollte. Dann trieb er seine Eichel mit Ungestüm voran, sodass es ohne mächtigen Widerstand zwischen den Backen verschwand. Tiefer und tiefer drang er ein, mit all der jugendlichen Kraft, die in ihm schlummerte. Der Sohn des Amtmannes hätte laut schreien mögen, aber weniger vor Schmerzen denn vor Vergnügen. Allein er wollte hier am Flussufer kein Aufsehen erregen und hielt darum den Atem an, steckte sein Handgelenk zwischen die Zähne und biss bei jedem Lustschub darauf, bis es von Speichel ganz durchtränkt war.

Unterdessen war der Bananenprinz bis zu seiner Wurzel in den Schlitz vorgedrungen, stieß und wütete und ward allmählich selbst nicht mehr mächtig über seine Körpersäfte. Das Blut kochte in seinen Adern, der Schweiß floss in Strömen von ihm nieder und seine eigenen Hoden schienen ihn unter den Rumpf zu boxen, wann immer sie gegen die Backen des Amtsherrensohns klatschten und mit Wucht rückwärts schwangen.

Alsbald fanden sie Erlösung in den rauschenden Wellen des Glücksgefühls, welches durch ihre Körper strömte und die weiße Freudensoße herausspeien ließ. Hernach wälzten sie sich engumschlungen im Gras, streichelten und küssten einander und warteten, bis der Rausch vollends verflogen war. Dann setzten sie sich an den Fluss, löschten den neuerlichen Durst und plauderten miteinander.

»Wie bist du denn in die Banane und in jenes schwarze Schloss geraten?«, wollte der Amtsherrensohn wissen.

Da erzählte der Bananenprinz seine Geschichte:

»Ich hatte einen Nachbarn, dem war sein Liebesleben so langweilig geworden, dass ein Gepränge von der Größe und Festigkeit eines Holzscheits nicht mehr reichte, um das Feuer in seinem Herde anzuheizen. Er wünschte sich, körperliche Freude an ungewöhnlichen Orten zu erleben. Also nahm ihn ein Holzhauer einmal mit in den Wald und wollte ihn dort beglücken. Sie suchten ein Geäst, das groß und stark genug wäre, sie zu tragen, und gingen immer weiter, bis sie einen Baum fanden, der ihnen passend schien. Als der Holzhauer mit Geheul ins Dickicht meines Nachbarn eindringen wollte, scheuchten sie eine Schar Bienenwölfe auf, die sich auf sie stürzen und stechen wollten. Sie eilten hinfort, um die geflügelten Feinde abzuhängen. Das gelang zwar, aber in den Wald wollte mein Nachbar nicht zurück. Also nahm sie der Holzhauer zur nächsten Brücke. Sie erklommen sie und wollten dort auf dem Geländer einander hingeben – die Gefahr, erwischt zu werden, heizte den Herd meines Nachbarn zusätzlich zu dieser unüblichen Lage ein. Aber wehe, das tiefe Wasser hatte die Brücke unterspült und in dem Augenblick, wo sie darauf treten wollten, krachte sie und fiel zusammen. Was sollten sie tun? Sie wagten in ihrer Liebesnot einen Sprung ins Wasser, um in den Wellen ihre Triebe auszuleben. Jedoch die Kälte des Wasser bescherte ihnen eine enorme Verkleinerung ihrer Gepränge. Um neue Lust zu schüren, schwammen sie zu ein paar Fischern hin, die an dem jenseitigen Ufer saßen und teilnahmsvoll wirkten. Sobald sie an Land waren, ließen sie sich von der Sonne erwärmen und kamen wieder zu Kräften. Endlich sollten sie ihr Begehren stillen und lehnten sich dafür an eine alte Mauer, während die Fischer zusahen. Allein das Schicksal wollte es, dass das Gemäuer unter ihnen zusammenfiel und sie beinahe erschlagen hätte. Mein Nachbar weinte und meinte, er sei wohl ewig an den immer gleichen Beischlaf im Bette gebunden, und seufzte: ›Wen die Liebe zu trauter Kammerkissenschlacht ersonnen hat, mag sich in alle Ecken der Natur verkriechen und ins weite Feld fliehen – Beglückung wird er nur im eigenen Schlafzimmer erfahren.‹ Ich lachte ihn aus und spottete seiner Pechsträhne, nicht zuletzt, weil er sich im Walde, auf der Brücke und an der Mauer statt Kleckse von Freudensoße nichts als Schrammen zugezogen hatte. Daraufhin zürnte er mir und verfluchte mich: Eingesperrt in eine Bananenschale sollte ich mein Dasein fristen und ein noch langweiligeres Liebesleben erdulden als er.«

»Dann warst du einst ein Flegel wie ich«, stellte der Amtsherrensohn fest. »Doch nun haben wir beide uns gebessert und zueinandergefunden. Allein so nackt und bloß kann ich dich nicht in die Stadt bringen, was würden die Leute sagen? Lass mich vorauseilen und dir stattliche Kleider holen. Dann bringe ich dich heim und wir werden uns vermählen.«

Der Bananenprinz war damit einverstanden.

»Aber wo soll ich mich solange aufhalten?«, fragte er.

Sie erspähten einen Baum am Rande des Flusses, dessen Äste tief hinabreichten. Auf dessen Krone wollte der dunkle Jüngling klettern und sich in dem Laubwerk verbergen, bis der Sohn des Amtmanns wiederkäme. Sie teilten einen letzten Kuss und verabschiedeten sich.

»Es wird gewiss nicht länger als einen halben Tag dauern, ehe ich zurück bin«, versprach der Amtsherrensohn.

Nun stieg der Bananenprinz auf den Baum, und da die Zweige über den Fluss reichten, konnte er sein Antlitz im Wasser sehen, wie es sich darin spiegelte. Nach einiger Zeit kam ein Sklave aus einem nahe gelegenen Hof mit einem Krug heran, um selbigen zu füllen. Als er sich hinabbeugte, erblickte er im Fluss das Gesicht des dunklen Jünglings und glaubte, es sei sein eigenes. Wütend zerschmiss er den Krug und rief:

»Was bin ich doch für ein schöner, brauner Mann und gar kein blassrosiges Schweinchen, wie immer alle sagen! Verdient habe ich es, dass man mich bedient, nicht andersherum!«

Und er ging erzürnt zum Hof zurück, um sich bei seinem Herrn zu beschweren.

»Ich bin viel schöner als Ihr«, warf er ihm an den Kopf.

Der Herr lachte nur und sagte:

»In deiner Heimat mag bleiche Haut wohl entzücken, hierzulande aber gilt tiefdunkle Zimtbräune als Sinnbild der Schönheit. Verhülle deine Gestalt und hole Wasser vom Fluss, wie ich es dir befohlen!«

Er drückte dem Sklaven einen neuen Krug in die Hände und jener schlurfte missmutig zum Fluss zurück. Als er abermals mit dem Krug Wasser schöpfen wollte, erblickte er wieder die Spiegelung und glaubte, sein eigenes Antlitz zu sehen. Zum zweiten Male warf er den Krug zu Boden, dass er in tausend Stücke zerbrach, und eilte zu seinem Herrn.

»Ich bin viel schöner als Ihr!«, rief er.

Nun war dem Herrn nicht mehr zum Lachen zumute, sondern Wut machte sich in ihm breit.

»Von wegen«, brüllte er. »Kreideweiß bist du wie der Tod, grüne Adern sieht man durch deine Haut schimmern und blau laufen die dicken Venen von deinen Schenkeln zu den Sohlen. Schämen solltest du dich!«

Er reichte ihm einen dritten Krug, der war aus Blech, und schubste ihn vom Hof. Der Sklave trödelte zum Fluss zurück und tauchte den Krug erneut ins Wasser. Er sah das Spiegelbild des Bananenprinzen und strich sich selbst über das Gesicht in dem Glauben, er wäre jene Schönheit. Auch wollte er den Krug zerbrechen, aber der war aus Blech und bekam nur Beulen, sonst nichts. Da musste der dunkle Jüngling in der Baumkrone endlich lachen. Als das der Sklave hörte, schaute er nach oben und entdeckte den Bananenprinzen.    

»Ei, was bist du für ein hübscher Geselle«, sagte der Sklave. »Aber du tropfst ganz nass von deinem Bade. Soll ich nicht hinaufkommen und dich trocknen?«

»Nein, lieber Sklave«, erwiderte der Bananenprinz. »Ich steige herab zu dir.«

»Das brauchst du nicht«, entgegnete der Sklave. »Ich komme hinauf.«

Und er kletterte auf den Baum und machte sich daran, mit seinem Hemd die perlenden Wassertropfen auf der zimtbraunen Haut wegzutupfen. Dabei ließ er sich erzählen, wer der Jüngling sei und warum er auf dem Baum wartete. Als die Sprache auf den Amtsherrensohn kam und der Bananenprinz erzählte, dass er sich mit jenem vermählen werde, war der Sklave mit dem Tuch gerade bei dem tiefdunklen Gepränge angelangt. Während der dunkle Jüngling sich unbesorgt streicheln ließ, zog der Hellhäutige einen hölzernen Knebel von seinem Hosenträger. Der war gerade dünn und lang genug, ihn in die kleine, schlitzartige Harnöffnung des Gepränges zu schieben, und eben das tat der Sklave jetzt. Der Bananenprinz schrie auf und verwandelte sich augenblicklich in einen pechschwarzen Pfau.

Der Sklave verscheuchte den Vogel, stieg vom Baum herunter und wartete auf die Ankunft des Amtsherrensohns. Sobald jener in einer prächtigen Droschke erschien, eilte er ihm entgegen und tat, als sei er der Bananenprinz.

»Was ist mit deiner Haut geschehen?«, wunderte sich der Amtsherrensohn.

»Sie wurde von der grellen Sonne ausgebleicht«, antwortete der Sklave. »Du hättest mich eben nicht solange ohne Schale auf dem Baum lassen dürfen.«

Der Amtsherrensohn war ganz betrübt, weil er nun einen blassrosigen Jüngling heimführen musste anstelle eines dunklen. Auch seine Eltern waren überrascht, dass der viel gesuchte Bananenprinz ganz anders aussah, als ihnen ihr Sohn erzählt hatte. Ein Versprechen ist jedoch ein Versprechen und die Vorbereitungen zu Hochzeit begannen. Der Koch rupfte Gänse, spickte Braten, füllte Töpfe, drehte Klöße, spießte Kapaunen und bereitete tausend andere leckere Bissen vor. Da geschah es, dass kurz vorm Auftafeln ein schwarzer Pfau ans Küchenfenster hüpfte und sagte:

»In dieser Küche, bester Koch,

sitzt der Amtssohn beim Weißling noch?«

Und der Vogel begann sein Rad zu schlagen und zu tanzen, dass es eine Freude war, ihm zuzusehen. Jünglinge von der Straße erblickten ihn und wollten nach ihm haschen, allein er flog auf den Fenstersims und sie konnten ihn nicht erreichen. Sie sprangen aber weiterhin nach ihm, bis die Hitze ihnen die Kleider schwer werden ließ. Da entledigten sich die Jünglinge ihrer Gewänder und haschten nackend weiter nach dem Pfau. Der ließ immer wieder eine seiner glänzenden Federn fallen und dem Koch schien es, als ob die Jünglinge einen grazilen Federtanz aufführten. Gern hätte sein Auge die entblößten Gepränge bestaunt, die da vor seinem Fenster wankten, aber die Pfauenfedern verhüllten aufs Reizvollste all die Schätze. Diese Aufführung war dem Koch eine große Lust und er vergaß völlig den Braten im Ofen. Erst als das Hochzeitspaar in die Küche kam und nach dem Essen frug, erinnerte er sich seiner Pflichten, fand aber nur noch ein Stück verkohltes Fleisch vor.

»Der schwarze Pfau vorm Fenster hat mich abgelenkt«, gestand er kleinlaut.

Der einstige Sklave schalt den Koch einen dummen Gaffer und befahl, er möge statt des Bratens den schwarzen Pfau fangen und zubereiten – denn er ahnte, wer sich hinter dem Vogel verbarg. Der Koch eilte also vor die Türe, und wo der Vogel allen Jünglingen ausgewichen war, sprang er dem Alten bereitwillig in die Arme. Abermals sagte er:

»In deiner Küche, bester Koch,

sitzt der Amtssohn beim Weißling noch?«

»Ja«, antwortete der Alte, »und der Bräutigam befiehlt, dich zu braten.«

»So tue es«, sagte der Pfau, »aber sammle mein Blut und schütte es vor das Fenster des Amtsherrensohns. Meine Knochen wird der Weißling den Hunden vorwerfen. Nimm ihnen den kleinsten weg und bewahre ihn auf.«

Der Koch tat, worum ihn der schwarze Vogel gebeten hatte, und fing nach dem Schlachten alles Blut in einer Schüssel auf. Dann servierte er den verspäteten Gang und der weiße Bräutigam verschlang das Fleisch gierig.

»Ei, mein Lieber, was wirfst du dich so hungernd auf den Pfau?«, fragte der Amtsherrensohn.

»Mein Hunger ist gewachsen, seit du mit mir im Wasser getummelt hast«, erwiderte der Sklave. »Gewiss hast du mich geschwängert und darum muss ich so viel essen.«

Der Amtsherrensohn, der nach den Begegnungen mit Frau Trude und den Mannsdamen nicht mehr recht wusste, was Weiblein und was Männlein war, glaubte seinem Bräutigam und sagte nichts. Nach dem Mahl warf der Sklave die Knochen den Hunden vor; der Koch aber stahl den kleinsten davon und legte ihn heimlich in einen Blechkrug.

»Nun sind wir übersättigt und ob der späten Speise müde«, meinte der Sklave. »Lass uns zur Ruhe gehen und den Jux der Hochzeitsnacht auf morgen verschieben.«

Dem Amtsherrensohn war das recht, denn der weiße Bräutigam lockte ihn weitaus geringer als der dunkle Jüngling. Sie gingen zu Bett und schliefen gleich ein. Der Koch hatte inzwischen das Pfauenblut vor ihr Fenster auf das Gras gegossen. Am nächsten Morgen, als der Sklave erwachte und auf den Amtsherrensohn sprang, um die verschobene Hochzeitsnacht nachzuholen, war das Blut in den Boden gesickert und eine junge Quelle sprudelte daraus hervor. Das Plätschern und Spritzen lenkte den Amtsherrensohn von seinen ehelichen Pflichten ab und er klagte:

»Lieber Bräutigam, ich kann mit dir keine Liebe vollziehen, solange es draußen rauscht und rieselt. Das drängt mich immerzu zum Wasserlassen!«

Und immer, wenn der Sklave nach dem Gepränge des Angetrauten greifen wollte, musste der sich auf den Nachttopf setzen und dem Harndrang nachgeben.

»Das kann so nicht gehen«, schimpfte der Sklave schließlich und befahl den Dienern, auf die Quelle Sand und Geröll zu schütten, auf dass sie versiege.

Das sah der Koch und es tat ihm leid um die frische Quelle, deren springendes Wasser herrlich geschäumt und gefunkelt hatte. Egal, wie groß die Erdhaufen waren, die man heranbrachte, und wie schwer die Steine – die Quelle bahnte sich immer wieder einen Weg an die Oberfläche.

»Heda, Koch«, riefen die Diener. »Starre nicht, sondern hilf uns!«

Der Alte half den Dienern, Steine und Sand auf die Quelle zu schütten, und hörte dabei das Wasser mit der Stimme des Pfaus singen:

»Steck meinen Knochen mit dazu,

dann gibt mein helles Rauschen Ruh!«

Er holte das kleine Knöchelchen aus dem Blechkrug, legte ihn zwischen die Steine und augenblicklich versiegte die Quelle. Nun litt der Amtsherrensohn unter keinem Harndrang mehr und sprach zum Sklaven:

»Jetzt gehe ich erst einmal meinen Geschäften nach. Heute Abend werden wir unsere Hochzeitsnacht nachholen.«

Der Sklave war’s zufrieden, denn ohnehin verspürte er Lust, die Reichtümer des Hauses zu erkunden. Als es Abend wurde und sie miteinander friedlich gespeist hatten, zogen sie sich das zweite Mal in das Schlafgemach des Amtsherrensohns zurück. Doch was war das? Vor dem Fenster war an jene Stelle, wo die Quelle am Morgen gesprudelt hatte, ein hoher Bananenbaum gewachsen. Wie der Sklave den Sohn des Amtsmannes herzen und küssen wollte, peitschen die Blätter gegen das Fenster und lärmten, dass keine rechte Liebesstimmung aufkeimen wollte.

»Es sieht so aus, als seien wir von der gleichen Pechsträhne verfolgt wie einst dein Nachbar«, seufzte der Amtsherrensohn.

»Von welcher Pechsträhne sprichst du?«, entgegnete der Sklave, der ja nichts von der Geschichte des Bananenprinzen wusste. »Wir wollen den Baum abhauen, dann haben wir auch Ruhe.«

Und weil er der Tüchtigkeit der Diener nicht traute, nahm er selbst das Beil in die Hand und eilte nach draußen, um Hieb um Hieb in den Stamm des Bananenbaums zu rammen. Derweil kam der Amtsherrensohn ins Grübeln. Nicht nur war sein Bräutigam plötzlich weiß geworden, jetzt hatte er auch noch seine eigene Geschichte vergessen. Konnte das möglich sein? Eine Ahnung wuchs in seiner Seele, die zur Gewissheit wurde, als er durchs Fenster eine einzelne Banane am Baum erblickte. Gerade gab der Sklave dem Stamm den letzten Hieb, dass er umkippte, da riss der Amtsherrensohn das Fenster auf und streckte die Hand nach der Frucht aus. Noch rechtzeitig pflückte er sie ab, ehe der Baum krachend zu Boden ging.

»Wollen sehen, ob meine Annahme stimmt«, sprach er, schälte die Banane und richtig! Statt gelbem Fruchtfleisch leuchtete das dunkle Gepränge seines Jünglings hervor. »Aber wieso stehst du nicht in Gänze vor mir, wo ich doch alle Schale abgemacht habe?«, wunderte sich der Amtsherrensohn.

Da entdeckte er in der Harnröhre des Gepränges den hölzernen Knebel. Der war vorher nicht dagewesen, dachte er sich, also will ich ihn herausziehen. Gesagt, getan. Und siehe, nun stand der Bananenprinz in seiner vollständigen Gestalt vor ihm! Schon herzten sie einander und küssten sich und der wahre Bräutigam erzählte, was ihm zugestoßen war.

Als der falsche Bräutigam ins Schlafgemach zurückkehrte und die Türe öffnete, war der Amtsherrensohn bereits über alles aufgeklärt. Er ließ den Sklaven gefangen nehmen und befahl seinen Dienern:

»Schickt ihn in die Ödnis, wo ein Häuschen am Sandweg steht. Dort wohnt eine Freundin, die mit Flegeln wie diesem umzugehen weiß!«

Und er schrieb einen Brief an die hilfreiche Mannsdame, worin er alles über den Sklaven verriet, und steckte ihn gemeinsam mit dem Holzknebel in den Umschlag. Dann wurde noch einmal Hochzeit gefeiert, aber viel prächtiger und fröhlicher als vorher, weil der echte Bananenprinz erschienen war. Der alte Koch saß auf einem Ehrenplatz und brauchte nichts zu schuften, denn das hatte er sich mit seiner Gutherzigkeit verdient.

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Übrigens war auch Frau Trude eingeladen und sie schloss ihren Frieden mit dem Sohn des Amtsherren. Wie es allerdings dem weißen Sklaven in der Ödnis erging, hat keiner erfahren – das musst du dir wohl selbst ausdenken!

***

Wir finden, Charles habe das Motto gelungen umgesetzt und die Unersättlichkeit von Lust und Neugier am verfrühten Schälen der Bananen eindeutig illustriert. Nun kann endlich Arne seinen Beitrag leisten, wo er ja bereits beim Abendbrot ankündigte, seine Geschichte passe ideal zu Giovannis Thema.

Der ehrliche Edelknabe

Es war einmal ein König, dem stand der Sinn nicht nach weiblicher Gesellschaft und trotzdem wünschte er sich einen Thronfolger. Da stieg er alle Morgen auf den höchsten Turm seines Schlosses, sah zum Himmel hinauf und bat, ihm möchte ein Sohn bescheret sein. An einem dieser Morgen wälzte sich eine schwere Wolke vor die Sonne, die sah aus wie ein Phallus ganz aus Watte. Diese Wolke senkte sich herab und eine schöne Fee stand darauf, welche sprach:

»Setze mir heute Nacht deinen Samen in einer goldenen Kanne auf die Zinnen, so will ich ihn an mich nehmen und dir in neun Monaten deinen Sohn darbringen. Und er soll mit aller Weisheit der Wollust begabt sein und immer die Wahrheit sagen müssen.«

Der König empfing mit Freuden die fröhliche Botschaft, ging zu seinem Haushofmeister und erzählte ihm davon. Ein goldenes Kännchen wurde geholt, damit zog der König sich in sein Schlafgemach zurück, und noch vor Sonnenuntergang hatte er es bis obenhin gefüllt. Er reichte es seinem Haushofmeister und befahl ihm, es hinauf auf die Turmzinnen zu schaffen.

»Die Fee wird auf ihrer Wolke bald herniedersteigen und es abholen.«

Der Haushofmeister wollte gern gehorchen, allein auf der steilen Turmtreppe stolperte er und ließ die goldene Kanne fallen. All der Samen lief heraus und sickerte in die Ritzen der Stufen.

»Was mach ich nur, was mach ich nur?«, zitterte da der Haushofmeister und in seiner Angst riss er sich selbst die Beinkleider herunter, lüpfte den Rock und beeilte sich, das Kännchen mit seinem eigenen Samen zu füllen. »Weder König noch Fee werden je etwas davon bemerken«, meinte er.

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Sobald die goldene Kanne auf der Zinne stand, senkte sich einmal mehr die phallusförmige Wolke herab. Ein zarter Arm ragte heraus und griff das Gefäß. Dann schwebte die Wolke davon, um erst nach neun Monaten wiederzukehren. Wie sie das tat, stand schon der König mit seinem Haushofmeister auf dem Turm und begrüßte ehrfürchtig die Fee.

»Hier hast du deinen Sohn«, sprach sie und reichte ihm ein weiches Bündel. »Besorge eine gute Amme, lass ihn königlich erziehen und vergiss nicht die Begabung, mit der ich ihn gesegnet habe.«

Daraufhin entschwand sie den Blicken der beiden Männer. Der Haushofmeister konnte seine Neugier nicht zügeln und fragte, welche Gaben der Sohn empfangen habe.

»Oh, er wird alle Weisheit der Wollust kennen und darf nichts als die Wahrheit sagen«, erzählte der König und setzte stolz hinzu: »Ganz, wie es einem Herrscher geziemt, nicht wahr?«

Der Haushofmeister aber musste schlucken. War der Sohn mit Weisheit und Wahrheitsliebe begabt, so würde er über kurz oder lang das Geheimnis seiner Herkunft ausplaudern und den Betrug mit dem goldenen Kännchen offenbaren. Die Furcht, der König würde den wahren Vater hernach in den Kerker werfen oder gar vierteilen, ließ den Haushofmeister verzweifeln.

»Es gibt nur eines, was ich tun kann, um mich zu schützen«, sagte er sich. »Ich werde in einer stillen Nacht, wenn König und Amme tief schlafen, den Knaben an mich reißen und ihn fortbringen. Irgendwer im Lande wird einen gleichaltrigen Säugling haben, mit dem werde ich das Balg austauschen!«

Tatsächlich fand der Haushofmeister, gar nicht weit vom Schloss, einen Gärtner, dessen Gemahlin eben mit einem Knaben niedergekommen war. Er klopfte an die Türe und bot den Eheleuten viel Geld aus des Königs Schatzkammer, wenn sie nur in den Tauschhandel einwilligen wollten.

»Euer Knabe ist ein einfaches Bürschchen, dem es am Königshof nicht schlecht ergehen wird, der hier bei euch armen Leuten aber hungern und darben muss. Nehmt ihr aber diesen gesegneten Knaben an, so werden euch seine Weisheit und Wahrheitsliebe zu Reichtum und Ehren verhelfen!«

Solchermaßen redete der Haushofmeister und hatte den Gärtner schon bald überredet, Geld und Säugling anzunehmen. Den anderen Knaben wickelte er in königliche Tücher und nahm ihn mit aufs Schloss, noch ehe Amme und König erwachten.

»Höre, Weib«, sprach derweil der Gärtner zu seiner Gemahlin, »wir wollen aus dem Handel großen Nutzen ziehen. Sobald der Knabe etwas älter ist und sprechen kann, werden wir mit ihm umherziehen und er soll uns von allen Leuten, denen wir begegnen, die Wahrheit über deren wollüstige Sehnsüchte verraten. Ist einer darunter, der sich unzüchtigen Taten hingibt, werden wir ihm drohen, alles zu verraten, und für die Wahrung des Geheimnisses viele goldene Taler erhalten.«

Und so geschah es auch: Als das Kind nur wenig älter war, zog der Gärtner mit ihm durchs Land, zeigte ihm verdächtig scheinende Herren und ließ ihn sprechen, wie viele Liebschaften sie hatten, welcher unflätigen Handlung sie den Vorzug gaben und nach welchen geheimen Gelüsten sie strebten. Da fand sich hier ein Bauer, der seine verstorbenen Tiere ausstopfte, um sich an ihnen zu verlustieren; dort ein Gutsherr, der mit der Gattin den gleichen Liebhaber teilte und sogar den Verlobten der einzigen Tochter zu verführen trachtete; und wieder einen, der zugunsten gesellschaftlicher Ehrerbietung den keuschen Moralisten markierte, in Wahrheit aber unzählige Nacktzeichnungen seiner Nachbarn anfertigte. All diese Leute fürchteten die ehrliche Zunge des unschuldigen Knaben und zahlten seinem Ziehvater immense Summen, nur um unbehelligt zu bleiben. Die Gemahlin des Gärtners sah dem Treiben indes mit wachsender Beunruhigung zu.

»Du erziehst unseren Sohn zu einem Petzer und läufst Gefahr, uns allen mächtige Feinde zu machen«, sagte sie. »Warte nur, irgendwann gerätst du an den Falschen!«

Ihre Worte waren nicht in den Wind gesprochen. Eines Tages traf der Gärtner einen Abt, der den Nonnen eines Klosters befohlen hatte, ihr Gesicht stets und ständig zu verschleiern. Ihn zu lüften stand unter strengstem Verbot. Der ehrliche Knabe aber wusste dank seiner Feengabe den Grund – all die Klosternonnen waren in Wahrheit die unehelichen Töchter des Abts, die er einst im wollüstigen Sündenrausch gezeugt hatte, und obwohl jede von ihnen einem anderen Mutterschoß entsprungen war, hatten sie allesamt seinen dicken, klobigen Zinken geerbt. Damit man daran nicht ihre wahre Herkunft ersah, hatte der Abt das Gesetz der Verschleierung eingeführt. Der Gärtner hoffte nun auf Säcke von Talern aus kirchlichen Schatztruhen, doch der Abt war nicht so dumm, sich von Petzern einschüchtern zu lassen. Als er sich dem Vorwurf seiner Sünden gegenüberstehen sah, drehte er den Spieß einfach um und fragte den ehrlichen Knaben:

»Über mich weißt du Bescheid, aber was kannst du mir über den Gärtner sagen?«

Da wendete der Knabe zum ersten Mal seine Gabe auf den eigenen Vater an und sprach:

»Er braucht die Bereicherung, um seine fehlende Männlichkeit zu aufzuwiegen. Ein einziges Mal konnte er ein Kind zeugen, danach nimmermehr. Weil er sich drum schämt, will er alle anderen zwingen, sich ebenfalls zu schämen.«

Der Abt lachte, als er das hörte, und meinte, lieber würde er sich für die Sünden der Wollust verantworten, als sich von einem vertrockneten Langweiler erpressen zu lassen. Das trieb die Schamesröte in die Wangen des Gärtners, und weil er sich vom eigenen Kinde bedroht sah, wollte er es fortan los werden. Er bat seine Gemahlin, giftige Kräuter zusammenzumischen und dem Knaben einzuflößen.

»Das Balg hat mich in große Not gebracht«, drohte er, »und wo du es nicht tust, kostet es dich dein eigenes Leben!«

Die Gemahlin mochte das Kind jedoch viel lieber als den Gärtner. Darum pflückte sie die gesündesten Heilkräuter und kochte eine Brühe daraus, die dem Knaben nicht nur mundete, sondern ihn auch kräftig und liebreizend machte. Das wunderte den Gärtner und er zweifelte an seinen eigenen Pflänzchen, die er züchtete. Wie er am nächsten Morgen den Ziehsohn nicht tot, sondern blühend schön vorfand, ging er in den Garten, besah sich die Giftkräuter und murmelte:

»Sollen sie etwa ihre verderbliche Kraft verloren haben?«

Und in seiner Dummheit kostete er sie selbst, spürte ihr Gift in Leib und Blut dringen und verschied innerhalb von drei Tagen.

»Nun hat der Spuk ein Ende«, seufzte die Gärtnerin, begrub ihren Gemahl und zog zu allen Leuten, um sich für die Anschwärzerei und Bestechung zu entschuldigen und die Taler zurückzuzahlen.

Mit ihrem Sohn pflegte sie fortan den Garten, und um seine Gabe für Gutes statt für Schlechtes einzusetzen, nutzte sie seine Weisheit, um Heilmittel für ermüdete Lenden und lustlose Herzen herzustellen. Auch Arzeneien gegen Pusteln und Pickel auf dem Phallus, gegen Kratzen und Krämpfe am hinteren Leibe gab es da. Und weil der Knabe dank seiner Gabe beim Anblick eines jeden Käufers sofort die Wahrheit über dessen Leiden kannte, musste niemand schamhaft die Worte finden, was ihn zur Gärtnerei getrieben hatte. So vergingen die Jahre und der Knabe wuchs zu einem schönen jungen Manne heran. Doch nicht nur Kranke und Leidende kamen zu ihm; auch Händler und Kaufleute trafen ein und hofften auf guten Rat. Eines Tages suchte ihn sogar der Hofschneider auf und klagte ihm:

»Seit Jahren geht es meinem Geschäft immer schlechter. Ich verwende die besten Stoffe, richte mich nach den Farben der Mode und Naht und Falten sind stets mit höchster Güte gearbeitet. Dennoch kaufen die Damen am Hofe die Röcke und Gewänder nicht mehr, die ich für ihre Gatten und Söhne schaffe. Woran mag das liegen?«

»Die Damen werfen Euch Betrug vor, werter Schneider«, wusste der Jüngling. »Ihr kleidet die Herren in Hosen, die sie in großmächtigen Lätzen zeigen. Für diese Lätze verwendet Ihr Platz von einer halben Elle oder mehr. Die Mägde und Zofen glauben bei dem Anblick, die ganze Welt möge darinnen stecken. Greifen sie aber hinein, ist dort nur heiße Luft und nichts Brauchbares zu finden. Die Taschen links und rechts sind weit, dass die Herren mehr Plunder hineintun, als ein Kramladen bietet: Schnupftücher und Talerbeutel, sogar Brotkrusten passen hinein – doch am Wichtigsten fehlt’s. Von außen betrachtet – und viele Jungfern und manche Buben schielen ja von außen in jene Richtung – hofft man, dass der Anschein hält, was er verspricht. Doch jenes, was zu beherbergen des Latzens Aufgabe ist und der Grund ist, überhaupt hinzuschauen, bleibt beim Öffnen ein Nichts. Darum kaufen die Damen nicht mehr bei Euch, lieber Schneider, denn Eure Gewänder lügen und halten nicht, was sie zu versprechen scheinen.«

Der Hofschneider dankte für die Auskunft und nahm sich den Rat zu Herzen. Fortan machte er die Lätze nicht mehr so groß, schnitt die Hosenbeine enger zu und formte alles dergestalt, dass sie beinahe schon kleiner waren als das, was sie zu bergen hatten. Dadurch ward das Auge nicht länger mehr betrogen und jeder, der bei den Herren am Hof auf die Mitte schielte – sei es Magd, Zofe, Page oder Mundschenk – konnte sich gewiss sein, dass der Inhalt größer war als die Hülle.

Die neuen Kleider belebten das Geschäft des Hofschneiders und der König selbst lobte ihn für die kecken Schnitte, denn seine Diener machten mit den neuen Hosenlätzen eine viel reizendere Figur als vormals. Auf seine Frage, woher die Mode stamme, antwortete der Schneider wahrheitsgemäß:

»Aus keinem fremden Land kommt sie, sondern sie entsprang der Weisheit eines Gärtners.«

Und er berichtete von dem Jüngling und seiner Mutter, ihren heilenden Kräutern und großen Liebe zur Ehrlichkeit. Auf diese Weise drang der gute Ruf der Gärtnerei an des Königs Ohr. Er wunderte sich, dass es einen einfachen Burschen geben sollte, der in der Weisheit der Wollust derart bewandert war und zudem nur die Wahrheit sprechen konnte.

»Das sind die Fähigkeiten, die einstmals die Fee meinem Kind geschenkt hatte«, grübelte er und schielte nach dem Prinzen, der bisher keinerlei nennenswerten Beweise seiner feenhaften Gaben erbracht hatte. »Ich will die Gärtnerin kommen lassen und befragen!«

Da musste die arme Frau ins Schloss kommen und vor den König treten.

»Sag an, du Weib, wodurch zeichnet sich dein Sohn aus?«

»Er kennt alle Wahrheiten der Wollust«, antwortete sie, »und kann sie nicht verbergen, sondern muss sie aussprechen. Denn zu lügen hat er nie gelernt.«

»Du bist es, die lügt«, schimpfte der König. »Einzig mein eigener Sohn, der Prinz, wurde mit diesen Gaben gesegnet. Ihr beide hingegen versucht nur, mit Täuschung dieser Art eure Geschäfte voranzutreiben!«

Die Gärtnerin fiel auf die Knie und schwor, ihre Worte entsprächen den Tatsachen, allein der König ward neidisch und wollte ihr keinen Glauben schenken. Angesichts der weinenden Frau lenkte er jedoch ein und sprach:

»Nun, ich werde deinen Sohn herkommen lassen, auf dass er eine Probe seiner Fähigkeit ablegt. Damit du ihn aber nicht warnen kannst, wirst du solange im Turm schmachten, bis ich mich von deiner und seiner Ehrlichkeit überzeugt habe.«

Die Wächter mussten die Gärtnerin in den Turm schaffen, wo sie saß und kaum zu essen und zu trinken hatte. Zur gleichen Zeit sandte man einen Herold aus, den Jüngling zu holen. Der wusste nicht, was ihn erwartete, und begleitete den Herold arglos zurück ins Schloss. Dort empfing ihn der König mit folgenden Worten:

»Allenthalben rühmt man deine Wahrheitsliebe und deine Weisheit hinsichtlich wollüstiger Angelegenheiten. Ob du aber wirklich so begabt bist, will ich heute erproben. Folge mir in den Thronsaal. Dort sollst du mir deine Klugheit unter Beweis stellen.«

Er hob die Hand und gebot dem Jüngling, ihm zu folgen. Sie kamen in einen prunkvollen Saal, in dessen Mitte der goldene Thron stand. Rechts davon war eine Reihe kostbarer Stühle mit seidenen Kissen aufgestellt. An der Tür zum Thronsaal standen zu beiden Seiten hochgewachsene Wächter.

»Tritt ein, werter Gast, und sieh dich um«, sprach der König. »Hernach sollst du mir alles nennen, was du durch bloßes Betrachten gelernt hast. Wenn mich deine Klugheit überzeugt, will ich dich am Hofe behalten und zum Edelknaben ernennen.«

Der Jüngling sah sich um. Indessen kam der Haushofmeister in den Saal, verharrte für einen Augenblick in der Tür und fragte dann, wer der Fremde sei. Als er erfuhr, wen er vor sich hatte, sträubten sich ihm die Haare vor Angst, denn jeden Augenblick könnte der Jüngling die Untaten der Vergangenheit ans Licht bringen.

»Lasst Euch nicht herab, einen armen Gärtnersohn an Euren Hof zu holen«, bat er den König. »Schickt ihn wieder fort. Was wollt ihr mit ihm?«

Er schritt an ihm vorbei und setzte sich auf einen der Stühle, dicht bei dem Thron.

»Aber lieber Haushofmeister! Zürnt nicht schon, noch ehe der Gast überhaupt ein Wort sprechen durfte.«

Das war der junge Prinz, des Königs falscher Sohn, der da gesprochen hatte. Er stand in der Tür zwischen den Wächtern, wie vorher der Haushofmeister, und lächelte:

    »Ich für meinen Teil will den Gast freundlich begrüßen und ihn meinen Ring küssen lassen.«

Er ging auf den Jüngling zu, reichte ihm die Hände und ließ sich die beringten Finger küssen. Erst dann setzte er sich neben den Thron. Der König sagte:

»Werter Gast, du hast dich umgesehen. Mein Haushofmeister und mein Sohn, der Prinz, sind nun gespannt darauf zu hören, was du gelernt hast. Daran wollen wir festmachen, ob du wirklich klüger bist als wir.«

»Vater, seid nicht so streng und ungeduldig«, wandte der freundliche Prinz ein. »Lasst den Burschen zunächst Platz nehmen. Der Stuhl neben mir ist noch frei.«

»Verzeiht«, entgegnete der Gärtnersohn, »aber auf diesem Stuhl will ich nicht sitzen, denn wer vorher dort saß, hat seine unschicklichen Spuren hinterlassen.«

»Wovon sprichst du?«, fragte der König verblüfft. »Verrate es uns!«

Der Jüngling zeigte auf den Stuhl und sprach:

»Seht Euch nur den Abdruck auf dem Kissen an. Zwei runde Täler und ein langer Graben lassen den Schluss zu, dass dort jemand Platz nahm, der keine Wäsche unterm Rock trug. Die Täler stammen von seinen Hoden, der Graben aber von seinem Phallus.«

»Der Abdruck stimmt mit der Beschreibung überein, Vater«, stellte der Prinz fest.

»Schön und gut«, sagte der König, »aber wie kommst du darauf, derjenige, der dorten saß, wäre nackt und bloß unter dem Rocke gewesen?«

»Hätte er Wäsche um den Steiß getragen, würden seine Hoden auf seinen Schenkeln, sein Phallus aber unter dem Bauch gelegen haben und kein Abdruck bliebe davon auf den Kissen zurück«, lautete des Jünglings Antwort.

»So hast du eine erste Sache gewusst, die meinen Saal betrifft«, sprach der König. »Aber weißt du auch eine zweite?«

»Von den beiden Wächtern dort am Tore ist der links vom Rahmen den Frauen, der rechts vom Rahmen den Männern zugeneigt«, erwiderte der Jüngling.

»Wie kannst du so etwas wissen?«

»Betrachtet zum einen die Rückseiten Eures Sohnes und Eures Haushofmeisters. Bei beiden ist auf der rechten Gesäßhälfte ein Knitter im Hosengewand. Das heißt, der Wächter kneift sie regelmäßig dort, wenn sie durchs Tore schreiten. Der enge Schnitt rund um das Sitzfleisch, den der Hofschneider durchgesetzt hat, reizt ihn dazu. Eine abgewetzte Stelle am Handschuh des rechten Wächters – wo der Daumen und der Zeigefinger stecken – wird mir beipflichten.«

Der König eilte zu den Wächtern und untersuchte den Handschuh des Rechten.

»Du liegst richtig«, staunte er. »An Finger und Daumen ist der Stoff ungleich dünn geworden.«

»Und ich gebe zu, dass es sich genauso verhält, Vater«, sagte der Prinz. »Erst eben gab er mir wieder einen zärtlichen Kniff.«

Der König gab dem frechen Wächter eine Kopfnuss und wandte sich danach dem anderen zu, um dessen Handschuh ebenfalls zu untersuchen.

»Hier sind keinerlei Abnutzungsspuren zu finden«, lautete sein Urteil.

»Weil er keine Männergesäße achtet«, erklärte der Gärtnersohn. »Er hat eine gute Frau daheim, die ihm alles Glück beschert, das er braucht.«

Der linke Wächter nickte und der König lobte den Burschen.

»Du hast schon zweimal deine Weisheit unter Beweis gestellt. Doch weißt du noch ein drittes Ding?«

»Das dritte Ding betrifft Euren Sohn«, erwiderte der Jüngling. »Darf ich offen sprechen?«

Der König gestatte es und mit einer höflichen Verbeugung fuhr der Gärtnersohn fort:

»Verzeiht mir, Prinz, wenn ich das erwähne. Doch Ihr habt weder Geliebte noch Geliebten und müsst Eure Leidenschaften allein genießen. So tatet Ihr, ehe Ihr den Saal betratet.«

»Ei was, woher weißt du davon, wo wir uns doch vorher nie gesehen haben?«, fragte der Prinz überrascht.

»Als ich Eure Hand küsste, war sie klebrig«, lautete die Antwort. »Hättet Ihr eine Liebschaft, müsstet Ihr nicht mit Eurer Handkuhle Hochzeit feiern.«

Der Prinz roch beschämt an seiner Hand und wischte sie mit einem Tuch ab. Er sprach:

»Recht hat er auch hier, mein Vater. Mir scheint, er hat wahrhaftig einen klugen Kopf auf seinen Schultern.«

»Ich stimme dir zu, Sohn«, nickte der König. »Er kann die Spuren deuten, die sich ihm bieten, und scheut sich auch nicht, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Seine Mutter, die Gärtnerin, hatte also recht. Sodann«, wandte er sich an den Gärtnersohn, »was rätst du dem Prinzen, damit er seine Wollust anders stillt?«

Da begann der Befragte, all seine Weisheit derart in Worte zu fassen, dass es den Zuhörern die Röte ins Gesicht steigen und die Starre in die Lenden sinken ließ. Mit Gesten und Gleichnissen zeigte er auf, wie ein Jüngling einem anderen Glück und Zufriedenheit bereiten könne, und dabei setzte er die Worte so schicklich und fein, dass man meinte, schon allein der Klang seiner Stimme sei das Angenehmste, was man je verspürt habe.

»Damit Ihr, werter Prinz, aber genau lernen könnt, müsst Ihr Euch alles merken und sowohl in Gedanken wie auch in Taten oftmals wiederholen. Stößt Euer Gespiele einmal zu, dann stoßt Ihr zweimal. Seid nicht lässig und arbeitet tüchtig. Bewegt Euch beim Ritt und hebt das Kreuz, dass zwischen den vier Schenkeln ein Schoßhündchen hindurchlaufen könnte. Aber bei alldem dürfen die zwei Leiber nie ganz voneinander gelöst sein.«

Der Prinz merkte gut auf und wiederholte die Lektion mündlich zur vollsten Zufriedenheit des Gärtnersohns. Der König war tief beeindruckt und verkündete:

»Bist du meinem Sohn solch guter Lehrer, so will ich dich zum Edelknaben ernennen, die arme Frau aus dem Turm befreien und euch beiden zu Ehren ein Festbankett ausrichten!«

Und er schickte den Haushofmeister aus, alles zu besorgen, was für eine solche Feierlichkeit nötig war. Bestürzt hatte jener die Worte des Königs vernommen, denn seine schlimmsten Befürchtungen trafen nun ein. Wie konnte er den Aufstieg des Edelknaben verhindern? Er sann hin und her, wie er den Gärtnersohn wieder los würde, ehe jener dem König die Wahrheit seiner Herkunft verraten konnte.

Derweil kamen viele Diener in den Thronsaal, brachten Tische und Decken herein, trugen Speisen und Getränke auf und geleiteten schließlich die liebe Gärtnerin herein. Langsam füllte sich der Saal mit lauter jungen Höflingen und feinen Damen. Selbst Musiker kamen, die auf ihren alten Instrumenten eine sanfte Musik erschallen ließen. Der Haushofmeister aber zog sich in eine Ecke zurück und besah sich das Treiben mit Argwohn. Zu sich selbst flüsterte er:

»Die Gunst des Königs hat er bereits erworben – wahrhaftig, dieses Bürschlein ist von beeindruckender Findigkeit. Das einzig Gute ist, dass die Gärtnerin zwar vom Tausch weiß, aber die königliche Abkunft ihres Ziehsohnes nicht kennt. Dennoch muss ich auf der Hut sein und schauen, ob ich nicht eine Schwachstelle an ihm finde, derer ich mich zur rechten Zeit bedienen kann.«

Der König stieß indessen mit der Gärtnerin und dem Edelknaben an, und auch der Prinz hob sein Glas. Sie unterhielten sich auf angenehmste Weise und der König begehrte zu wissen:

»Erzähle mir solange, ob du schon immer so weise warst oder ob dich jemand gelehrt hat.«

»Die Weisheit über die Wollust ward mir in die Wiege gelegt, Eure Majestät«, sagte der Edelknabe. »Ich musste lediglich lernen, sie sinnvoll einzusetzen. Dabei half mir meine Mutter. Einzig das Lügen und Verschweigen sind Künste, von denen ich nichts verstehe.«

Der Haushofmeister hatte sich nahe an den Thron geschlichen, und wie der Edelknabe gesprochen hatte, flüsterte er zu sich selbst:

»Ein Mensch, der nicht lügen und schweigen kann? Diese Schwäche wird mir nutzen. Noch ehe der Gärtnersohn den Ruf des Prinzen ruinieren kann, werde ich ihn ins Verderben schicken.«

Der König aber schlug sich fröhlich auf die Schenkel und rief:

»Jetzt sehe ich, dass deine Mutter nicht übertrieben hat und du meinem Sohn ebenbürtig bist. Du bist der Richtige für meinen Hof und sollst nicht nur Edelknabe, sondern königlicher Rat werden. Und den Prinzen gebe ich dir dazu, damit er sich nicht mehr mit der eigenen Hand begnügen muss.«

Damit erklärten sich die beiden Jünglinge, deren heimliche Blicke zueinander während des Banketts nicht unbemerkt am König vorbeigegangen waren, freilich gern einverstanden. Unverzüglich wurden die Hochzeitsvorbereitungen begonnen. Die Winzer kelterten Wein, die Bäcker besorgten frisches Brot, die Höflinge und Damen eilten geschäftig hin und her, der Koch suchte seine besten Rezepte heraus.

Einzig der Haushofmeister zog sich in sein Gemach zurück und heckte einen Plan aus, wie er den endgültigen Einzug seines wahren Sohnes und Widersachers verhindern könnte.

»Mir hilft die List nicht mehr, ich muss mich den schwarzen Künsten zuwenden.«

Er kramte ein altes Hexenbuch hervor, das er heimlich in seinem Gemach versteckt hielt, und stöberte in dessen Seiten nach einem handfesten Fluch oder einem schrecklichen Schadenszauber. Endlich fand er etwas, das ihm wie die Antwort auf all seine Wünsche vorkam. In einer Vollmondnacht nahm er das Buch, verließ das Schloss und ging außen an der Mauer umher, bis er unter das Fenster des Edelknaben kam. Er wartete, bis dort ein Licht entzündet wurde, und sprach dann mit grausiger Stimme:

»Bei der Trauung wird der Edelknabe, so denn er in feinen Kleidern erscheint, das ganze Schloss in Brand setzen, denn sein samtenes Hemde soll sich an einer Kerze entzünden und das Feuer verbreiten. Beim Hochzeitsmahle aber soll der König, benutzt er das goldene Festbesteck, das Messer fallen lassen, dass es ihm in den Schoß sticht und den Phallus trifft. In der Hochzeitsnacht endlich wird der Prinz im schönsten Augenblicke rücklings vom Bette fallen und sich das Genick brechen.«

Dann murmelte er viele unverständliche Beschwörungen, ehe er fortfuhr:

»Wem aber der Fluch, der hier gesprochen ward, zu Ohren kam, dem darf nie etwas davon aus dem Munde rutschen, andernfalls trifft ihn der Blitz.«

Der Haushofmeister hatte den Hexenzauber aber mit voller Absicht laut gesprochen, damit der Edelknabe alles höre. Nun konnte jener aber nichts davon weitererzählen und weder den Prinzen noch den König warnen, denn sonst hätte er dafür mit seinem Leben gebüßt. Er bat den Prinzen, vor dem Traualtar in schlichten Leinengewändern erscheinen zu dürfen und erntete von ihm Verwunderung. Er bat den König, er solle beim Hochzeitsmahle einfaches Holzbesteck decken lassen und erntete von ihm Verachtung. Er richtete selbst das Gemach für die Hochzeitsnacht ein, doch als er das Bett entfernen und alles mit kostbaren, weichen Teppichen auslegen ließ, erntete er von allen Seiten Empörung.

»Soll ich dir in der schönsten Nacht auf dem Boden beiliegen wie ein Tier?«, fragte der Prinz.

»Sind das die Sitten deines Dorfes, die du im Schloss einführen willst?«, fragte der König.

»Sind das Zeichen von wollüstiger Weisheit, auf das Bett in der Hochzeitsnacht zu verzichten?«, fragten beide.

Der Haushofmeister aber rieb sich die Hände und frohlockte.

»Ich kann Euch nicht erklären, was der Grund für meine Forderungen sind«, sagte der Edelknabe. »Schenkt mir bitte Vertrauen.«

Der König wollte ihm das gern gewähren, allein die Höflinge, Damen und Diener bekamen es mit der Angst zu tun. Das Verhalten des Edelknaben erschien ihnen derart rätselhaft, dass sie ihn schon bald für einen Hexer hielten.

»Über kurz oder lang werden sie mich fortjagen«, erkannte der Edelknabe, »und meinen Prinzen werde ich auf immer verlieren. Ich muss den Fluch brechen, aber wie?«

Er grübelte und überlegte, dachte nach und zermarterte sich das Hirn – doch trotz seiner großen Weisheit wollte ihm nichts einfallen, was noch helfen könnte. In seiner Verzweiflung stieg er den höchsten Turm hinauf, um sich von den Zinnen zu werfen. Oben angekommen aber gewahrte er eine Wolke, groß und lang und dick wie ein Riesenphallus. Die schwebte zu ihm herab und eine Fee erschien. Mit sanfter Stimme sprach sie:

»Fürchte dich nicht, mein Sohn. Ich bin deine Mutter und freue mich, dass du endlich ins Schloss des Königs, deiner wahren Heimat, zurückgekehrt bist. Was hielt dich bisher fern?«

Der Edelknabe erzählte seiner wahren Mutter alles, was ihm bei dem Gärtner zugestoßen war.

»In allem haben mir deine Gaben geholfen, die du mir geschenkt hast«, sagte er. »Dafür muss ich dir sehr, sehr dankbar sein.«

Der Fee drückte dem Edelknaben die Hand und sie lächelten einander zu.

»Nun sehe ich aber, dass du in Sorge bist«, sprach sie weiter. »Was trübt die Hochzeit, die zwischen dir und deinem Prinzen ansteht?«

Nun konnte der Edelknabe freilich nicht verraten, was er gehört hatte, und sagte:

»Mich würde der Blitz treffen, wenn ich dir verriete, was los ist. Daher muss ich schweigen. Nichts darf meinem Munde entfleuchen.«

»Wenn nichts aus deinem Munde kommen darf, so schweige. Doch ist es dir vielleicht gestattet, den Kopf zu schütteln oder zu nicken?«

Der Edelknabe rief sich den Wortlaut des Fluches ins Gedächtnis und nickte dann.

»So will ich mich aufs Raten verlegen«, meinte die Fee und fing gleich an:

»Darfst du nicht sprechen, weil ein Zauber auf dir liegt?«

Der Edelknabe nickte.

»Und du musst aber sprechen, weil Gefahr im Verzug ist?«

Wieder nickte der Edelknabe.

Auf diese Weise ging es hin und her. Es dauerte eine Weile, bis die Fee erraten hatte, was ihren Sohn bedrückte, aber sie wusste ihm einen guten Ratschlag zu geben. Der Edelknabe merkte sich alles, was die sie sprach, und machte sich hoffnungsfroh auf den Weg zurück ins Schloss. Dort ließ er sich Feder und Papier bringen, setzte sich an einen Tisch und begann, den Fluch aufzuschreiben, den der Haushofmeister ihm angehext hatte. Das Papier knüllte er anschließend zusammen und ging damit in den Stall, wo eine dicke, gefräßige Kuh stand. Der legte er das Papierknäuel ins Maul und sie schluckte es bereitwillig hinunter. All das war heimlich geschehen, doch für das weitere Vorgehen brauchte der Edelknabe Zeugen. Die holte er sich in Gestalt des Königs und des Prinzen, die er in den Stall bat.

»Schaut auf diese Kuh«, sagte er. »Gleich wird aus ihrem Maul rutschen, welch schlimmen Bedrohungen wir ausgesetzt sind.«

Just begann die Kuh wiederzukäuen. Ehe sie das Papierknäuel zermalmen konnte, öffnete der Edelknabe ihr Maul und es rutschte ins Stroh.

»Das ist keine Speise für eine Kuh«, erkannte der Prinz, bückte sich und las das Papier auf.

Der König nahm es ihm ab, entfaltete es und begann zu lesen.

»Aber das kann ja gar nicht eintreffen«, rief er aus, nachdem er die erste Zeile begriffen hatte. »Denn der Bräutigam meines Sohnes wird im Leinengewand zur Trauung erscheinen!«

»Und auch die zweite Bedrohung, die dort niedergeschrieben ist, braucht uns nicht zu kümmern«, fügte der Prinz hinzu, »denn wir werden mit Holzbesteck speisen.«

»Die dritte Gefahr indes hat der Edelknabe bereits abgewehrt«, stellte der König fest und atmete auf. »Kein Bett steht mehr im Schlafgemach und der Boden ist weich wie Watte.«

»Doch lies nur den Rest, Vater«, forderte der Prinz den König auf. »Dort steht, der Fluch stamme von deinem Haushofmeister und derjenige, dem etwas darüber aus dem Munde rutscht, soll vom Blitz erschlagen werden!«

Schon verdunkelte sich der Himmel. Wolken drückten sich zusammen und ein greller Blitz zuckte zur Erde – er traf die Kuh und das arme Tier starb auf der Stelle. Der Edelknabe hingegen stand wohlbehalten daneben.

»Nun wissen wir, welchen Grund deine Hochzeitswünsche hatten und dass du kein Hexer bist«, sagte der König.

»Der wahre Hexer ist der Haushofmeister«, gab der Prinz zu bedenken. »Wie sollen wir mit ihm umgehen?«

Der König zögerte nicht lange. Er ließ den Haushofmeister von den Wächtern gefangen nehmen, durchsuchte höchstselbst dessen Quartier und fand das Zauberbuch, das man sofort dem Feuer überreichte. Der Haushofmeister selbst wurde ins Verlies geworfen und wurde nur deshalb nicht gehenkt, weil der Edelknabe in seinem Herzen von den wahren Banden wusste, die zwischen ihnen bestanden, und deshalb um Begnadigung bat.

Nun stand der Hochzeit nichts mehr im Wege. Der Prinz und der Edelknabe genossen eine wunderschöne Trauung, erhielten ein köstliches Hochzeitsmahl, und als die Nacht hereinbrach, ließen sie in aller Eile das Essgeschirr entfernen, legten ihre Gewänder ab und standen sich endlich nackt gegenüber.

»Sodann, mein Ratgeber«, sprach der Prinz, »lass mich deine Lektionen am eigenen Leibe spüren.«

»Auf denn, ans Lehren«, erwiderte sein Gemahl, »und tüchtig gelernt! Denn ich werde dich nicht schonen und dir bei keiner Lektion den Rücken zuwenden. Ziele gerade auf mich los, wenn du ein guter Schüler bist, und greif mutig zu. Denn das heutige Pensum muss geschafft werden und vor Tadel schrecke nicht zurück!«

Während er dies sagte, zog er den Prinzen aufs Lager und setzte sich auf ihn. Er hüpfte auf und nieder, schwang mit geschmeidigen Bewegungen sein biegsames Kreuz und stillte das Verlangen des frischen Gemahls. Alsdann wiederholten sie das schaukelnde Liebesspiel in vertauschten Rollen, bis sie mit matten Sinnen und schlaffen Gliedern zugleich erschöpft zusammenbrachen, sich gegenseitig umschlungen.

Bis zur Morgendämmerung brachten die beiden Liebenden in solchem und ähnlichem Ringen die Hochzeitsnacht zu.

Bisweilen frischten sie die ermüdeten Glieder mit Bechern kühlen Trunks auf, worin scharfe Kräuter von den Beeten der Gärtnerin schwammen. Die vermochten es, die Leidenschaften zu erneuern und die Wollust anzustacheln.

Und nach dem Muster dieser Nacht folgten noch viele weitere, mal auf dem Boden und mal auf dem Bette, bis man nicht mehr sagen konnte, welcher der beiden Jünglinge in den Belangen der Wollust der Weisere war.

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***

»Gleich auf mehreren Ebenen findet sich die Thematik ›Unersättlichkeiten‹«, staunt Wilko und fragt sowohl Arne als auch Giovanni, ob sie nicht lange vor dem Abendbrot und der offiziellen Verkündung des Mottos geheime Absprachen getroffen hätten.

Sie verneinen, aber Wilko findet die Angelegenheit dennoch »höchst verdächtig«, wie er selbst formuliert. Ein verräterischer Unterton in der Stimme zeigt uns, dass er nur im Scherz spricht.

»Dann bin ich wohl der Letzte für heute Nacht«, seufzt Max, der die ganze Zeit über auffallend schweigsam gewesen ist. »Ihr wisst, ich war am wenigsten begeistert, dass es plötzlich ein Motto gibt. Aber ich denke, ich hab das Beste draus gemacht und meinen Beitrag passend ausgestaltet. Seid nicht böse, wenn er etwas kurz ausfällt.«

Das geile Gerdchen

Es war einmal ein hoher Herr, der hatte ein großes Anwesen, stattliche Tiere im Stall und teure Bocksbeutel im Keller. Dem war es zur Gewohnheit geworden, hin und wieder einen schmucken Nachbarn zum Abend zu laden und bei einem Schluck Wein das Bett mit ihm zu teilen, denn nichts ging ihm über ein Vergnügen, das so recht angefüllt war von männlichen Berührungen.

Der hohe Herr hatte einen Diener, der hieß Gerdchen. Das war ein fröhlicher Gesell, der seine Füße mit schwarzem Lack schmückte, Hüfte und Becken mit roter Seide umschmeichelte und an den Händen weiße Fingerhandschuh trug. Gern stellte er sich vor den Spiegel, drehte sich und dachte:

»Was bist du doch für ein schönes Mannsbild, eine Augenzier für deinen Herrn!«

Und wenn der Herr einmal ausritt oder sonst nicht im Hause war, trank Gerdchen von seinem guten Weinen, aß von den guten Speisen und meinte, er dürfe sich ruhig ungefragt sättigen, denn hatte der Herr erst einmal seinen Besuch empfangen, würde der seinen Appetit ohnehin auf ganz andere Weise stillen. So lebten Diener und Herr recht zufrieden miteinander, bis eines Tages unser Gerdchen etwas zu übermütig wurde, und das kam so:

Der hohe Herr sagte zu seinem Diener, dass abends ein besonderer Gast käme, den er, wie schon viele andere, zu verführen gedenke.

»Richte mein Bett mit zwei großen Kissen fein zu, stelle Wein und Becher sowie eine Schüssel Fett dazu und putze den Spiegel, damit er und ich unseren gemeinsamen Zeitvertreib darin betrachten können. Derweil will ich etwas ausreiten und mir die Landschaft besehen.«

»Will’s schon machen, Herr«, antwortete Gerdchen.

Der Herr hörte das gern, zog sich die Reiterstiefel an und ging in den Stall, um sich, mit der Peitsche in der Hand, auf seinen besten Hengst zu setzen. Der tat ein paar Sprünge und schon galoppierten sie unter lautem Wiehern und Hotte-Hü-Rufen davon.

Nun brachte Gerdchen die Kissen nach draußen, schüttelte sie tüchtig auf und hing sie in die Sonne, damit sie die heißen Strahlen in sich aufnähmen. Als sie hübsch warm waren, eilte er mit ihnen ins Schlafgemach seines Herrn, ölte die Sprungfedern des Bettes und zog sie frisch auf, damit die beiden Mannsbilder später ausgelassen auf und ab wippen konnten. Zum Schluss lief er in den Keller, holte einen dicken Bocksbeutel und zwei Becher dazu, besorgte aus der Küche noch eine Schüssel Fett und brachte alles ins Schlafgemach, wo er es neben das Bett stellte.

»Nun sieht es einladend genug aus und der Herr wird sich mit seinem Gast gewiss wohlfühlen«, meinte Gerdchen. »Bloß den Spiegel will ich noch putzen, dass er glänzt!«

Es war ein mannshoher Spiegel, breit wie Gerdchens ausgestreckte Arme, der an der Wand des Schlafgemachs stand und den Eindruck vortäuschte, der Raum wäre doppelt so groß. Er war direkt aufs Bett gerichtet, und wie Gerdchen das Glas blank putzte, dachte er:

»Wird ein Gast geladen, besteht mein Herr immer auf einem sauberen Spiegel, um sich während seiner Belustigung selbst zuzusehen. Ich will schauen, ob das wirklich ein solch spannendes Unterfangen ist, denn ein Diener muss doch wissen, was dem Herrn gefällt.«

Er zog sich die Lackschuhe von den Füßen, legte auch die meisten anderen Kleidungsstücke ab und setzte sich auf die weiche Matratze, die er vorher mit einem schneeweißen Laken bespannt hatte. Er wippte auf und ab, und dank der frisch geölten Sprungfedern bekam er ordentlichen Schwung. Unter seiner roten Seide hüpfte sein Hörnle hübsch mit und Gerdchen freute sich:

»Das Seidenrot wird eng und dunkel! Ich ahne, was mein Hörnle mir damit sagen will, nämlich dass das Wippen ihm gut gefällt!«

Und er sah sich und seine Mitte im Spiegel an, und das verdoppelte das Vergnügen. Schon bald passte die rote Seide nicht mehr und Gerdchen musste sie abwerfen. Jetzt war er völlig entblößt, bis auf die weichen Fingerhandschuhe, die sich auf der nackten Haut angenehm und seltsam anfühlten – als ob fremde Männerhände ihn streichelten.

»Kommen der hohe Herr und sein Gast nicht bald, wird die Wärme der Kissen sich verflüchtigen«, meinte Gerdchen. »Will schauen, ob sie den Rücken noch heizen können!«

Und er lehnte sich an eines der weichen Kissen, das ihm wie eine kuschelige Umarmung war. Sein geiles Hörnle verlangte nunmehr, ebenfalls von der Wärme verwöhnt zu werden, und so nahm Gerdchen das zweite Kissen und legte es um seine Mitte. Da schwang er sein Becken auf und nieder, das Bett tat seinen Schwung dazu, und das Hörnle erhitzte sich mit jeder Bewegung, weil es in dem warmen Kissenstoff tüchtig gerieben wurde. Gerdchen sah seinem Gesicht im Spiegel an, wie wohl ihm diese Belustigung tat, und er sprach zu sich:

»Nun habe ich eine gute Ahnung davon, was meinem Herrn gefällt, und ich will auf diese Art die Kissen weiter wärmen, denn wer weiß, wann er und sein Gast eintreffen! Doch macht mich diese Arbeit schwitzend und durstig, ich tue wohl besser einen guten Schluck!«

Er nahm den Bocksbeutel, löste den Verschluss und setzte an.

»Auf dein Wohl, Gerdchen!«, rief er seinem wippenden Spiegelbild zu und tat einen guten Zug. »Dumm nur, dass so ein Wein aneinanderhängt«, sprach er weiter, »da weiß man nicht, wann so ein Schluck zu Ende sein muss.«

Und er tat noch einen Zug, der wohl noch länger dauerte als der erste. Es dauerte nicht lange, und Gerdchen hatte den Bocksbeutel bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken, denn er fand, dass dieser Trank schlichtweg zu süß schmecke, als dass man ihn stehen und schal werden lassen dürfe. Bald hernach fing der Wein an, ihm ins Hirn zu steigen und ihm die Sinne zu vernebeln; so meinte er, nun auch die Letzte jener männlichen Berührungen nachempfinden zu müssen, die sein Herr so gern von den Gästen empfing. Er nahm den Bocksbeutel und rief ihm zu:

»Du fülltest meinen Schlund von oben, nun fühle ich, dass du mein anderes Ende ebenfalls zu füllen hast! Versucht muss es werden!«

Gerdchen tauchte seine Hand tief in die Schüssel von Fett, die neben dem Bett stand, und griff sich dann an den eigenen Pöter, den er fleißig einschmierte. Daraufhin führte er den schlanken Hals des Bocksbeutels eben dorthin und stieß ihn mit furchtloser Wucht hinein. War es nun der Wein, der sein Empfinden dumpf machte, oder das Wippen der Sprungfedern, die den Stoß abmilderten – Gerdchen durchfuhr die schiere Freude, wie er da auf dem Bette, sein Hörnle ins warme Kissen gehüllt, auf dem Bocksbeutel hockte und es fröhlich auf und nieder ging.

»Ei, wie ist mir das geil«, lachte er. »Ist ja Sünd und Schand, dass mein Herr mir all dies vorenthielt!«

Und er begann, übermütig zu singen:

»Eine gute Flasche Wein

passt auch leer in mich hinein!«

Und weil das Laken zerwühlt, die Kissen zerknautscht, der Wein geleert und das Fett verschmiert waren, kümmerte sich Gerdchen auch nicht mehr darum, dass nun auf dem Hochgefühl seines Vergnügens der Spiegel mit feuchten Flecken beworfen ward, die aus seinem hitzigen, spritzigen Hörnle geradewegs aufs blanke Glas flogen.

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Da verflog jedoch die geile Stimmung des Dieners schlagartig und er sah die schlimme Bescherung im Schlafgemach. Zu allem Unglück hörte er ein Pochen an der Haustüre, das musste der Gast sein. Kurz darauf vernahm Gerdchen den Hufschlag seines Herrn auf dem Pferde hinterm Haus. Nun war guter Rat teuer! Gerdchen nahm all seinen Witz zusammen, schaute durchs vordere Fenster und rief dem Gast mit furchtsamer Miene zu:

»Flieht, wenn Euch Eure Gesundheit lieb ist, denn mein Herr lädt Euch zu einem Zeitvertreib ein, der nicht jedermanns Sache ist! Ans Bett ketten will er Euch und züchtigen wie einen armen Gaul. Seht nur im Stall nach, dort steht er schon mit der Peitsche; die ist aber für Euren Rücken bestimmt!«

Der Gast wunderte sich über die Warnung, hatte er bisher doch nie etwas davon gehört, dass sein Nachbar eine solch eigentümliche Vorliebe habe. Während er sich auf den Weg in den Stall machte, um seinen Gastgeber aufzusuchen, rannte Gerdchen flink zum hinteren Fenster und rief seinem Herrn, der gerade von seinem Hengst stieg, warnend zu:

»Da habt Ihr Euch einen schönen Herren eingeladen! Er prahlt, sein Hörnle würde jedem Ochsenschwanz und Pferdeschlauch gleichkommen. Ich hielt dies für nicht zu glauben und schickte ihn in den Stall, auf dass er dort die Schwänze und Schläuche unserer prächtigen Tiere beschaue; wer weiß, mit welchem Kleinvieh er sich sonst misst. Geht nun selbst hinein und seht nach, ob er gelogen hat!«

Neugierig geworden, führte sein hoher Herr den Hengst in den Stall und traf dort auf seinen Gast. Noch ohne zu grüßen fragte er ihn geradewegs, ob seiner wirklich größer sei? Der Gast glaubte aber, sein Nachbar spreche von dem Hengst, den er gerade in den Stall führte, und nach einem schätzenden Blick nickte er:

»Jawohl, meiner mag gewiss noch ein Stück höher sein.«

Da erblickte er aber die Peitsche in der Hand seines Gastgebers und fürchtete, die sei für ihn bestimmt. Als der hohe Herr dann sogar bat: »Ich würde ihn zu gern einmal probieren«, nahm der arme Gast Reißaus, denn er meinte, der Herr meine damit einen Peitschenhieb; er wollte aber nicht einen einzigen davon verspüren.

Der hohe Herr indes hatte von dem Hörnle gesprochen und wollte nichts weiter, als wenigstens einen Blick auf das angeblich riesige Stück werfen. Also rannte er seinem Gast hinterher und rief dabei fortwährend:

»Nur einmal, ein einziges Mal!«

Und in seiner Eile vergaß er, die Peitsche abzulegen, sodass der andere glauben musste, er verfolge ihn damit und wolle ihm Böses. So rannten die beiden Meile um Meile, bis Gerdchen sie vom Fenster aus nicht mehr sehen konnte. Zufrieden mit sich und der Welt holte er einen weiteren Bocksbeutel aus dem Keller und fand, er könne ja jemanden zu sich rufen.

»Eine zweite Runde in meines Herren Schlafgemach kann ich mir wohl gönnen, Zeit ist nun genug vorhanden. Nur will ich sie nicht allein verbringen müssen. Lass also sehen, wer sich bitten lässt.«

Und wer am Ende der Glückliche war, der sich mit ihm die Zeit vertreiben durfte – das verrät dir das geile Gerdchen gewiss selbst, wenn ihr euch über den Weg lauft.

***

»Dein Gerdchen gefällt mir«, grinst Basil. »Es hat übrigens ganz schön gedauert, bis Giovannis Thema endlich wieder schön eindeutig versext umgesetzt wird!«

Beinahe tadelnd schaut er diejenigen Erzähler an, die an Erotik eher gespart haben und das Hauptaugenmerk auf Abenteuer und Romantik gelegt hatten.

»Jeder nach seiner Laune und Begabung«, erinnert ihn Margarete an eine der aufgestellten Regeln der Märchenrunde. »Es ist doch schön, wenn allnächtlich für jeden Geschmack etwas dabei ist.«

Dem ist nichts entgegenzusetzen. Ehe sich jeder für den Rest der Nacht zurückzieht, um der Schwüle zum Trotz ein wenig Schlaf zu finden, fragen wir Giovanni, welches Motto er für den morgigen Abend vorgibt. Er denkt kurz nach und fragt dann:

»Wie wär’s mit Aspekten der Moral?«

»Klingt nach ernsthaften Diskursen«, kommentiert Basil skeptisch.

»Ist aber bestimmt leichter umzusetzen, als man zuerst denkt«, wendet Max ein. »Ich bin dafür!«

Auch alle anderen fügen sich dem Motto und gehen zu Bett. Nur Giovanni klettert auf das Türmchen des Häuschens, um Nachtwache zu halten. Er reicht im Scherz Margarete Papier und Stift, womit die Märchen regelmäßig festgehalten werden sollen, und lacht über ihren neuerlichen Ausruf der Empörung. Am Ende nimmt er das Material selbst an sich und nutzt die Zeit im Türmchen, alle Beiträge des Abends niederzuschreiben.

Die sechzehnte Nacht

Der Tag verläuft im Grunde genommen wie der vorherige. Margarete tippelt von Schüssel zu Schüssel und füllt sie mit neuem Wasser auf, weil die Tageshitze tatsächlich so hoch ist, dass das meiste davon verdunstet. Nur redet sie diesmal nicht unentwegt, sondern summt ein paar Melodien von Tschaikowsky vor sich hin.

Basil wirkt nachdenklich und wir denken zuerst, es habe etwas mit dem Motto der Märchenrunde zu tun. Aber er winkt ab:

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752144215
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (Mai)
Schlagworte
sexy schwul homoerotisch 40 Nächte Märchen Erotik gay

Autor

  • Xaver Ludwig Cocker (Autor:in)

Es ist nicht klar, wer sich hinter dem Namen des Autors verbirgt. Ist er ein renommierter Forscher der schwulen Kulturwissenschaft, in Fachkreisen hoch anerkannt von seinen Kollegen? Oder handelt es sich nur um das Pseudonym eines schüchternen Schreiberlings, der die Männerwelt mit sexy Stories beschenken will? Auf alle Fälle ist er jemand, der bereits vorab für eventuelle Tippfehler um Entschuldigung bittet.
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Titel: Vierzig schwüle Nächte 3