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Gefühlte Realitäten

von Niklas Wegner (Autor:in)
123 Seiten

Zusammenfassung

Jeder von uns lebt Tag für Tag eine Version der eigenen Wirklichkeit. Gefangen im Zeitraffer begreifen wir oft nicht, wie uns geschieht, während Jahreszahlen vergehen wie Wimpernschläge. Die Essenz, die das Bewusstsein auf der Gefühlsachterbahn des Lebens wieder schärfen kann, ist die Schlüsselkompetenz, die jeglichem Persönlichkeitsportfolio beigemischt sein sollte: Selbstreflexion. In diesem Buch tauchen wir ein in die Welten verschiedener Erzählperspektiven und Beschreibungsformen, welche uns die Chance eröffnen, für unseren eigenen Mikrokosmos grundlegende Gedankenstränge abzuleiten. Manchmal als direkt Angesprochener und Objekt des Geschehens, zeitweise auch als stiller Beobachter, werden die Leser nicht nur zu einem Teil des Buches, sondern zu seiner Quintessenz. »Gefühlte Realitäten« liefert die Fragen für Antworten, die ursprünglich in Stein gemeißelt schienen und macht Begebenheiten zu Gelegenheiten, als Lehrmeister zu dienen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Das Buch – Resümee
Jeder von uns lebt Tag für Tag eine Version der eigenen Wirklichkeit. Gefangen im Zeitraffer begreifen wir oft nicht, wie uns geschieht, während Jahreszahlen vergehen wie Wimpernschläge. Die Essenz, die das Bewusstsein auf der Gefühlsachterbahn des Lebens wieder schärfen kann, ist die Schlüsselkompetenz, welche jeglichem Persönlichkeitsportfolio beigemischt sein sollte: Selbstreflexion.

In diesem Buch tauchen wir ein in die Welten verschiedener Erzählperspektiven und Beschreibungsformen, welche uns die Chance eröffnen, für unseren eigenen Mikrokosmos grundlegende Gedankenstränge abzuleiten.

Manchmal als direkt Angesprochener und Objekt des Geschehens, zeitweise auch als stiller Beobachter, werden die Leser nicht nur zu einem Teil des Buches, sondern zu seiner Quintessenz. »Gefühlte Realitäten« liefert die Fragen für Antworten, die ursprünglich in Stein gemeißelt schienen und macht Begebenheiten zu Gelegenheiten, als Lehrmeister zu dienen.

Der Autor – Resümee
Mit diesem Buch feiert Niklas Wegner sein literarisches Debüt. Aller Anfang ist schwer, doch die Summe aller Anfänge ist das Ende des Unbekannten. Mit dem Verfassen jedes Kapitels ist ein namenloses Puzzleteil der nie eintretenden Fiktion für immer verblasst.
Der Autor, der 1996 in der Goldstadt Pforzheim geboren wurde, sieht sein Erstlingswerk als ersten Wink mit dem Zaunpfahl seines künstlerisch ausgeprägten Schreibtalents.

Anlese-Stationen

 

Buch – Resümee

Anlese-Stationen

Impressum

01 Intro

02 Schutzengel

03 Zwei Ringe

04 Für immer frei

05 Pop-Collage

06 Letter to future

07 Süßes oder Saures

08 Vergiftete Zeit

09 Letter to past

10 Dream a little dream

11 Superheld

12 Einsame Insel

13 Changes

14 Fensterblick

15 Interview

16 Aufbruchstimmung

17 Kassette für alle Fälle

18 Steine der Weisen

19 Spuren hinterlassen

20 Sie

21 All in - All out

22 Mit der Hand durch die Wand

23 Glühbirne über deinem Kopf

24 Garten der Chancen

25 Alles/Nichts

26 Kunst im Kokon

27 Bond-Bösewicht

28 Abschied

29 In vino veritas?

30 Outro

Die Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen wäre rein zufällig. Beschreibungen und Erlebnisse, die aus der Erste-Person-Perspektive geschildert werden, beruhen nicht zwangsläufig auf Erlebnissen des Autors.

 

Alle Rechte vorbehalten.
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

 



Copyright © 2021 Niklas Wegner

Niklas Wegner
Bismarckstraße 24
75179 Pforzheim
Deutschland

Twitter: @NiklasWegner
niklas.wegner.books@gmx.de

01 Intro

 

 

Liebe auserwählte Leserinnen und Leser,

 

möglicherweise ist Ihnen bisweilen der Begriff »Elevator Pitch« begegnet. Er basiert grundlegend auf dem Gedanken, eine x-beliebige Person innerhalb des Zeitfensters einer Fahrstuhlfahrt von einer Idee, Einfall oder schlicht der eigenen Person zu überzeugen. Bei der Anwendung sollte man daher in der Lage sein, relativ zügig den wesentlichen Kern herauszuarbeiten und alle charakteristischen Infos gebündelt präsentieren zu können.

Wenn Sie dieses Buch im Rahmen eines Elevator Pitchs vorstellen wollten, sollte der Fahrstuhl stecken bleiben, da die Aufgabe sonst andernfalls dem Lösen des Gordischen Knotens entsprechen würde. Denn hier empfängt Sie kein Roman, Sachtext oder Selbsthilfebuch. Vielmehr erhalten Sie eine Sammlung allerlei lyrischer Darstellungsformen, die jeweils auf ihre spezielle Weise einzigartig und vollkommen unvollkommen sind. Es hängt von Ihrer Interpretation ab, ob Sie die Zeilen nutzen, diese und sich selbst ein Stück mehr zu komplettieren.

Öffnen Sie Ihren Geist und schwimmen Sie durch die verschiedenen Gewässer dieses Buches. Manchmal werden Sie sich entspannt treiben lassen und Ihre Sinne können den Buchstaben seelenruhig beim Tanzen zusehen. Manchmal wird der gewaltige Strom Sie aufsaugen und in die Tiefe ziehen. Manchmal werde ich Sie siezen, manchmal werde ich dich duzen. Manchmal sind Sie der anonyme Beobachter, manchmal der direkt Angesprochene. Und manchmal müssen Sie als vierte Wand konkret Einfluss nehmen, um im Wortfluss der Reflexion nicht zu ertrinken. Es sind alles verschiedene Betrachtungsweisen und Wahrnehmungen eines Kunstwerkes, dem Leben in seiner reinsten Form.

 

 

 

 

 


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02 Schutzengel

 

 

Ausatmen. Einatmen.

»Es ist alles gut, wie es ist, schau nicht mehr zurück!«, befiehlt sie sich selbst und betritt mit ihrem in die Jahre gekommenen Koffer Abteil 42 des roten, kolossalen Expresses, der in dieser dunklen Nacht wohl nur auf sie gewartet hat. Was hinter ihr liegt? Verbrannte Erde und widerwärtig lachende Schatten. Voller Hoffnung und Zweifel im Gepäck begibt sich Lana nun auf diesen ungewissen Ritt mit dem Schicksal auf der Suche nach einem unverbrauchten Stück Land, das ihr den Nährboden für ihre Zukunft bietet. Sie will fortan in frenetischer Freiheit schwimmen und tief im goldenen Glück tauchen. Keine Zwänge mehr. Nie mehr.

Im Zug angekommen, setzt sie sich auf einen der unzähligen freien Plätze. Lana vermeidet den Blick in das ihrem Platz zugewandte Fenster, da sie sich in dessen Glas nicht spiegeln möchte. Zu sehr fürchtet sie den Anblick ihrer von der Vergangenheit zerfressenen Erscheinung. Der Zug setzt zur Fahrt an und erweckt damit ein neues Kapitel in Lanas Biografie zum Leben.

 

Wenige Zughaltemöglichkeiten später betritt ein weiterer Fahrgast das nahezu leere Abteil des bei Nacht bläulich glänzenden Expresses. Unter den weiterhin unzähligen Möglichkeiten wählt der Mann, dessen Outfit und äußere Erscheinung einem Clown nachempfunden sind, den Platz gegenüber von Lana, um dem Exil seines Seins zumindest für die drei einsamen Haltestationen bis zu seiner Wohnung zu entfliehen.

»Vielleicht freut sich das Mädchen auch über ein wenig Gesellschaft«, redet er sich ein und platziert seinen verbrauchten Körper auf der verbrauchten Sitzgarnitur eines eigentlich hochmodernen Zuges. In den kalten Augen seiner Gegenüber erkennt der Nachtschwärmer keinerlei positive, lebensbejahende Lichter. Verzweiflung und Trauer zeichnen viel eher ihr Auftreten als Zufriedenheit und Selbstbewusstsein.

Lana sieht dem Fremden, der nun dem Zentrum ihrer Melancholie beiwohnt, offen in die Augen. Trauer und Verzweiflung zeichnen viel eher sein Stimmungsbild als Selbstbewusstsein und Zufriedenheit. Im Normalfall sollte sein Clown-Kostüm leichtfertig anmutende Lebensfreude und epochale Erheiterung ausstrahlen. Hülle und Kern bilden bei diesem Geschöpf aber leider keine Symbiose. Der kleinmütige Mann spielt durch seine Verkleidung nur eine Rolle; keine gute. Nicht einmal die Hauptrolle in seinem eigenen Leben, da er die Verantwortung für das Drehbuch bereits vor Langem abgegeben hat. Nun spielt er das Stück nur noch zu Ende, bis der Vorhang zugehen wird und die Zuschauer endlich applaudieren oder ihn eventuell mit Tomaten bewerfen.

Lana fühlt sich wie ihr Zellenpartner, fühlt sich wie ein Clown, fühlt sich wie im Zirkus. Aber damit sei jetzt Schluss, hat sie sich geschworen. Sie möchte nicht länger durch brennende Reifen springen und teilnahmslos für die Kamera lächeln. Kein weiteres Mal auf einem Drahtseilakt balancieren.

»Bist du noch am Leben?«

Lana erschrickt, als der Clown die Stille durchbricht und sie mit seiner Frage aus ihrem lang gehüteten Schutzpanzer wecken möchte. Ihre Augen beantworten letzte Zweifel.

»Ich auch nicht«, flüstert die traurige Gestalt in Form eines Vagabunden und schleicht entlang Zug-Ausgang, wo ihn bereits eine kühle Brise Realität wie einen alten Freund erwartet. Es muss wohl Bände sprechen, dass selbst diese vermeintlich aufwühlende Begegnung die gebrochene Frau völlig unbeeindruckt zurücklässt.

Lanas Rucksack befüllt mit alten Büchern, Fotoalben und Erinnerungsstücken wie dem mobilen Miniaturmodell ihres ersten eigenen Autos liegt schwer auf ihrem Rücken und noch schwerer auf der Seele. Stumme Zeugen vergangener Tage, die ihr kein Lächeln mehr entlocken können. Unnötiger Ballast, der ihr nicht gelingt abzuwerfen. Jeder hat sein Päckchen zu tragen, auch wenn Lana sich fühlt, als trage sie die Probleme der ganzen Welt in ihrem Koffer.

Die Ironie des Schicksals taucht immer dann aus der Versenkung auf, wenn die Situation an sich schon abstrus genug wirkt, und so erscheint vor der blassen Frau Stunden nach Mitternacht plötzlich ein Fahrscheinkontrolleur. Er lässt seine einzige Passagierin nicht lange unbeachtet und bewegt sich strammen Schrittes auf sie zu.

»Guten Abend. Ihren Fahrschein bitte.«

Apathisch wie wahrscheinlich immer spielt auch er seine Routine ab wie eine Schallplatte, die stehen geblieben ist. Lana ist sich darüber bewusst, dass sie mit der Fahrt alles auf eine Karte gesetzt hat. Eine Karte namens «One-Way-Ticket«. Gekauft hat sie sich aber leider keines für die Zugfahrt. Sie hofft, dass ihr Schweigen und leerer Blick den Hüter von Recht und Ordnung verscheuchen.

»Du hast wohl keine Karte gekauft, hab’ ich Recht? Ich will mal nicht so sein. Heute lasse ich dich davonkommen. Aber nur, wenn du mir einen Wunsch erfüllst. Bist du einverstanden?«

Erstaunt und leicht verängstigt blickt Lana dem scheinbar großzügigen Kontrolleur in die kalten Augen, während sie versucht, sein rätselhaftes Angebot zu entschlüsseln.

»Was für einen Wunsch soll ich Ihnen denn erfüllen?«, fragt die Tramperin unsicher und wagt sich damit auf das dünne Eis des Momentums.

Der frischgebackene Aladdin hält einen Moment inne und erwidert daraufhin der geläuterten Frau: »Ich wünsche mir, dass du dich kurz umsiehst und dir klar machst, wie es so weit kommen konnte. Du wurdest wie wir alle in dieses kranke System geboren und hast deine Rolle immer gut gespielt. Ja, Wahnsinn! Vorwiegend hast du sogar die Erwartungen übertroffen, der Regisseur deiner Maskerade wäre stolz gewesen. Dann kam der Cut. Der oft so betitelte Wendepunkt in der Story. Du wurdest mutig, du wolltest zu viel. Auf Mut folgt oft Nachlässigkeit. Du hast falschen Menschen vertraut, hast auf die falschen Götter gesetzt. Du bist ganz unten angekommen und suchst jetzt in der Talsohle nach dem erneuten Wendepunkt. In diesem Zug befindet er sich nicht, das steht fest. Was denkst du, was passieren wird? Wir fahren zum Nordpol, und morgen glaubst du wieder an den Weihnachtsmann? Ich gebe dir einen Ratschlag, auch wenn du dich wahrscheinlich sowieso schon fühlst, als würdest du ein Rad schlagen, so kopfüber wie dein Leben verläuft. Den einfachen Weg zu wählen und zu verschwinden hat noch nie irgendetwas verändert. Scherben beseitigt man am besten dort, wo sie entstanden sind. Erst dann werden die Splitter in deinem Kopf wieder zu dem Glas werden, in welchem du dich gerne spiegeln möchtest. Erst dann wirst du wieder lachen können, wenn du einen Clown erblickst. Erst dann werden dir die Erinnerungen in deinem Rucksack wieder Halt geben, statt dein Glück zu rauben.«

Kurz nach dieser Brandrede ist der Inspizient vom Ort des Geschehens verschwunden. Mitgenommen hat er Lanas Pläne, sich aus dem Staub zu machen, ebenso wie ihr Vorhaben, ihr bisheriges Leben zu Staub zu machen. Kann diese kurze Szene die gesamte Grundstimmung wenden? Zumindest scheint es so, denn den offenen Worten ist es gelungen, Lanas scheinbar sichere Haltung wieder zum Einsturz zu bringen.

»Hat er mit allem Recht? Ja, ich glaube, das hat er. Soll ich zurück? Kann ich das überhaupt?«

Im Kopf der verwirrten Ausreißerin spielen die Zweifel Ping Pong mit der harten Realität.

Nach einer gefühlten Ewigkeit macht der Zug erneut Halt und entlässt die Frau in Weiß an der Haltestelle »Morgendämmerung« in Freiheit, wo sie fortan wieder versuchen wird, ihren Kopf nicht zu verlieren wie all die anderen Ameisen auch. Lana würdigt den grellen Lichtern der Anzeigetafel keinerlei Blicke. Stattdessen macht sie sich rückwärts entlang ihrer Chronik zu Fuß auf, um endgültig mit dieser abschließen zu können. Auch wenn es vor der Fahrt nicht vorstellbar schien, sucht sie ihre Zukunft nun doch in der Vergangenheit, da am Ende des Tages kein Haus langfristig auf einem zerfressenen Untergrund bestehen kann.

Noch einmal Ausatmen. Noch einmal Einatmen. Sie nimmt einen tiefen Zug des neu gewonnenen Denkanstoßes ihres unbekannten Schutzengels und pustet ihre so lange aufgestauten Sorgen in die Morgenluft.

Keine Zwänge mehr. Nie mehr.

Ein Bild, das draußen, Gras, Feld, Foto enthält.

Automatisch generierte Beschreibung
Foto: C. K.

03 Zwei Ringe

 

 

Selbstverwirklichung.

Wir alle haben den Wunsch aus den Fähigkeiten, die wir im Inneren tragen, das Maximale abzuleiten, um unsere Persönlichkeit entfalten zu können und die Seele bei dem, was wir täglich tun, metaphorisch jubeln zu sehen. Viele Menschen unterdrücken dieses bittende Bedürfnis, da ihre Prioritäten deren Zelte an anderen Ufern aufgestellt haben. Sei es das über Wasser halten mit drei Nebenjobs, um Geld für die nächste Miete zusammenzukratzen oder die nie endende Hetzjagd nach Prosperität, um mit anderen oberflächlichen Seelen beim unendlichen Lauf um die Wette Schritt zu halten. Doch was sollte uns glücklich machen? Das schwere und womöglich nie zu erreichende Ziel oder der lange, aber zufriedenstellende Weg unabhängig davon, wohin dieser führt? Eine Arbeit, bei der du den Zeigern öfter beim langsamen Davonschleichen zuschauen musst, als die Sanduhr Körner besitzt, wird niemals dein Inneres glücklich machen. Möglicherweise deinen Geldbeutel, vielleicht auch deinen Kleiderschrank, eventuell deine Garage, aber niemals dein Inneres.

Was also sollte uns wachhalten? Sicher keine Sorgen, die uns der Nacht berauben und uns zwingen, Probleme getarnt als Schäfchen zu zählen. Höre eher in dich hinein und stelle dir die entscheidende Frage, für was es sich lohnt, die Nacht durchzumachen. Was ist für dich das Licht am Ende des Tunnels? Eventuell träumst du schon länger davon, eine neue Sprache zu erlernen und dich durch das Bereisen der Welt einer neuen Kultur zu öffnen. Oder du möchtest gegebenenfalls deinen Traumjob im Museum antreten und holst hierfür endlich dein Geschichtsstudium nach, um an deiner eigenen Geschichte weiterschreiben zu können.

Die Schreibblockade ist nun vorbei. Nimm das Heft in die Hand und leg den Stift nie wieder beiseite. Deine Träume sollten das höchste Gut deines Handels sein, keinesfalls vergängliche Objekte, denen nicht vergönnt ist, deinen Hunger stillen zu können.

Sobald du deinen Traum gepflanzt hast, wird er beginnen zu wachsen, und wenn er umfassend gereift ist, wird es durchaus möglich sein, dass er Früchte trägt, die dir Wohlstand und Reichtum bescheren. Aber dies sollte nicht dein Grundantrieb sein, sonst vernebelst du deine Sinne und wählst die falschen Beweggründe, wach zu bleiben. Die Nacht war dann produktiv, wenn dich morgens zwei Ringe im Spiegel anlächeln. Du bist erst im Zwang gefangen, sobald du sie verdoppelst und auf Blech presst. Vier Ringe auf der Motorhaube bringen dich sehr schnell von A nach B. Doch das Alphabet hat eindeutig mehr Buchstaben. Die Neugier auf das, was nördlich der Komfortzone liegt, wird dir den Weg bis zu Z leiten können.

Halte einen Moment inne und mache dir bewusst, inwieweit deine Gedanken durch Einfluss und Umstände von außen bestimmt werden. Das kann die Wannabe-Reality-Reportage sein, die dir einredet, du bräuchtest Statussymbol X oder Zusatz-Gadget Y, um ein erfülltes Leben zu führen. Im ungünstigsten Fall belästigt dich auch ihr Komplize, der Werbespot, den du widerwillig fünf Sekunden erträgst, um anschließend ein weiteres stumpfes YouTube-Video mental aufsaugen zu können.

Erstrebenswerter wäre, wenn dein Denken und deine Taten von den Werdegängen erfolgreicher Menschen, den Lehren bedeutender Schriften, metaphysischen Impulsen oder auch diesem Buch inspiriert wären, die dich dazu motivieren, Hammer und Meißel in die Hand zu nehmen und aus deinem Leben das Kunstwerk zu machen, auf das man gerne zurückblicken wird.

Es spielt keine Rolle, in welchem Alter du diese Zeilen geistig aufnimmst. Es wird niemals zu spät sein, deine persönliche Lebenseinstellung abzuwandeln. Veränderung ist kein zusätzlicher, nerviger, überflüssiger Tab. Sie ist ein Update deines natürlichen Betriebssystems.

Falls deine Inspiration wieder zu blühen begonnen hat und du unsicher bist, wie du diesen Zustand auf Dauer erhalten kannst, dann gebe ich dir folgenden Tipp:
Blumen kann man lange am Leben halten, wenn man sie im richtigen Buch presst. Dieses Buch liest du in diesem Moment. Öffne deinen geduldigen Geist und begleite mich auf den unterschiedlichen Facetten dieses Werkes, die alle demselben Antrieb Folge leisten. Sie möchten dich zum Nachdenken anregen, zur Selbstreflexion animieren und letzten Endes deinen Horizont erweitern.

04 Für immer frei

 

Linie EWTS2471; geplanter Abflug: 07:35 Uhr;

Abflughafen: Stuttgart; Ankunftsort: London

 

Mein vielleicht letzter Tagebucheintrag beginnt in einem silbernen Stahlvogel und endet in farbloser Freiheit. Ob in temporärer oder in unendlicher Freiheit wird sich auf den geplanten fünfzig Minuten Flugzeit entscheiden.

Die Maschine macht sich in Bewegung und so tun ihr es meine Gedanken gleich. Es vergehen bedeutungsschwere Kilometer und Stunden, bis sie bereit sind, den Sprung in die Lüfte zu wagen. Ich fühle mich an alte Zeiten erinnert, als würde ich im Freibad vom Zehnmeterturm springen, nur andersrum. Wie ein freier Fall nach oben.

London als Ziel habe ich gewählt, weil es eine Stadt voller Sehenswürdigkeiten zu sein scheint. Vielleicht wirkt mein Leben von außen auch zu selten sehenswürdig, daher wird mir der Luftwechsel guttun.

Für die Reise per Flugzeug habe ich mich entschieden, da ich schon immer davon geträumt habe, wie ein Vogel frei durch die Lüfte zu gleiten. Ohne Beschränkungen. Ohne Widerstände. Die Luft hier oben wird dünner und dünner, je höher ich schwebe, aber das macht mir nichts aus. Das Leben am Boden hat mir lange genug die Luft abgeschnürt. Anstelle des bequemen Superheldencapes war es viel zu häufig der maßgeschneiderte Anzug, der pausenlos Druck auf Lunge und Herz ausgeübt hat. Aber ist hier oben alles perfekt? Mein Wunsch nach Freiheit hat mich emporsteigen lassen, und doch zwängt mich die enge Stahlkonstruktion des Fliegers wieder in eine Rolle. Eine Rolle ohne Beinfreiheit, doch dafür Verpflegung inklusive.

Selbst die weichen Kuschelwolken, die von unten leicht wie eine Feder wirken, sind in Wahrheit tonnenschwere Cumulus-Erscheinungen randvoll mit Regen. Ich lasse den Gedanken freien Lauf, doch sie lassen mich versteinern und machen mich zu einer Wachsfigur in Madame Tussauds Kabinett. Auch die inzwischen auftretenden Turbulenzen des Flugzeugs können mich nicht wach wirbeln. Der riesige Adler macht eine Umdrehung. Dann noch eine. Vergessene Erinnerungen von Achterbahnschrauben werden in mir geweckt. Diese haben mich auf ähnliche Weise hin und her gewirbelt. Genau wie dieser Flug haben sie mich aber leider dennoch nie wach bekommen. Gefühlte Ewigkeiten wanderte ich wie ein Schlafwandler durch das Leben. Wann, wenn nicht hier, will ich aufwachen?

Menschen um mich herum beginnen zu schreien, ich schreibe weiter. Der Pilot befeuert die Panik durch seine hektische Stimme, die aus den Lautsprechern schallt. Das Flugzeug agiert, als stünde im Drehbuch, es solle Kunststücke aufführen, um die Meute zu bändigen. Atemmasken springen aus den Armaturenbrettern über den Sitzen, als wollten sie uns angreifen. Ich brauche keine künstliche Luft und greife daher nicht danach. Um mich herum gibt es durch die panischen Atemzüge der übrigen Passagiere ohnehin ausreichend Sauerstoff.

Als wir gebeten werden, die Schwimmwesten anzulegen, werden Gedächtnisschnipsel in meinen Geist gespült, die das Gefühl präsent machen, das ich spüren musste, als ich jahrelang vergeblich versuchte, Schwimmen zu lernen. Inzwischen beherrsche ich es problemlos. Aber ist es mir auch gelungen, mich in meinem Leben freizuschwimmen? Ich habe wahrhaftig ohne Frage genügend eintönige, immer wiederkehrende Runden im Wasser gezogen.

Das Geschreie und Gebrüll um mich herum beginnt an meinen Nerven zu zerren. Ich ziehe meine Kopfhörer auf die erschrockenen Ohrmuscheln und starte meine eigen kreierte »Richtung Horizont«-Playlist.

Unzählige Interpreten singen nur für mich und senken mein Stresslevel durch ihre Stimmen merklich. Beim Blick durch das Fenster kann ich sehen, dass der silberne Vogel schwer verwundet ist. Seine Flügel brennen, wodurch er komplett die Kontrolle zu verlieren scheint. Er leidet still und heimlich, doch hält sich verzweifelt in den Wolken. In wenigen Momenten wird der Augenblick gekommen sein, in welchem ihm die Kraft ausgegangen sein wird, den Kopf über Wasser zu halten. Währenddessen reflektiere ich, ob ich noch etwas zu reflektieren habe, bevor ich mich der vollkommenen Freiheit hingeben darf und eins mit dem Himmel werde.

Ein letztes Mal erhasche ich einen Blick durch das Fenster. Neben verrauchtem Nebel kann ich das London Eye erblicken. »Schöne Metapher zum Abschluss«, denke ich mir, denn meine eigenen Augen werden geöffnet sein auf meiner letzten und einzigen Reise nach London.

Die Flugmaschine stürzt schließlich in die Tiefe im freien Fall nach unten. Die Kopfhörer auf meinen Ohren bleiben aufgesetzt wie jahrelang mein Lächeln auf Fotos.

Die Freiheit wird ewig anhalten, denn ich habe die Reise nicht nur für mich angetreten, sondern für immer. Der letzte Vers, der sich über die Gehörzellen in meinen Verstand eingraviert, enthält eine Songzeile, die ich mein gesamtes Leben als Leitmotiv hätte wählen sollen. Aber nun genügt es, sie in der Schlussszene fühlen zu dürfen. Der Refrain des Liedes beschreibt das schöne Gefühl, wie ein Vogel fliegen zu können. Fortan schwebe ich schwerelos mit den Wolken weiter. Vergesst, wer ich war. Erinnert euch, wer ich bin.

Ein Bild, das draußen, Wasser, Foto, Ozean enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

05 Pop-Collage

 

 

 

 

I
 

Stille Nacht
Traurige Nacht
Abgesehen vom Vollmond
Hat er sie einsam verbracht
Als du gegangen bist
Ist er dir gefolgt
Nur sein Körper ist hier geblieben
Er hat ängstlich den Krieg gemieden
Verworrene Halbsätze
Schweben durch seinen Geist
Sie nehmen seine Gefühle an die Kette
Doch sie befreien sich aus der Tristesse
Er muss wach bleiben
Darf nicht mehr ruhen
Weiterhin den Schlaf meiden
Wie die Unendlichkeit Uhren
Aus Liebe wurde Schall und Rauch
In diesem Rauch ist er verloren gegangen
Trotz Ritt Richtung Raumatmosphäre
Am Ende des Sonnensystems abgetaucht

 

 

 

II
 

Leben und Überleben lassen
Gedanken fungieren als Waffen
Er richtet sie auf seine Vergangenheit
Doch ertrinkt im Meer der Befangenheit
Zeichen lässt er dir zukommen
Eure Erinnerungen
Lassen ihn im Ruhm sonnen
Doch die Zukunft nur eine Sackgasse
Seine Angst zu gewinnen
Endete in einer Blamage
Er kann nicht mehr verletzt werden
Um sein Herz herum eine Mahnwache
Er pflanzte seine Tränen in Hoffnung
Trotz Fehlen einer Plantage
Du kannst ihn nicht mehr sehen
Denn der Horror seiner Maske
Wurde zum Selbstbild das er hasste
Und sein Bitten zu Flehen
Er ist dankbar für den Abstand
Abstand zur Welt
Abstand zur Stadt
Abstand zu mir
Doch nicht glücklich
Mit dem Abstand zu dir

 

 

 

III
 

Schmetterlinge befreien aus dem Bauchbereich
Sie haben keine Ausreden mehr
Doch sein Glaube reicht
Er wählt die Nummer der Sehnsucht
Deine Trauer zeigt
Dass zwischen euch die Mauer reißt
Machen wir verbrannte Erde
Wieder zum Fundament
Eurer Zukunft
Oder verschwenden wir Zeitperioden
Ohne Sinn und Vernunft
Ein Schritt auf euch zu
Ein Schritt von ihm weg
Zwei Schritte für die Bilder im Kopf
Keine Kraft für die Splitter im Kopf
Gedanken finden klarere Worte
Als Klänge es könnten
Du bist niemand für Frieden
Er ist von der anderen Sorte
Wenn du bereit bist
für das Peace-Zeichen zwischen euch
Ist er es auch
Bis dahin bleiben Daumen und Zeigefinger mit Blick gen Boden wie verlorene Seelen im Bau
Zeit für das Happy End
?
...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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06 Letter to future

 

Liebes Ich in der Zukunft,

 

ich weiß nicht, welches Jahr momentan ist, wenn du den Brief liest. Auf jeden Fall schreibe ich ihn gerade im Jahr 1998. Die Sonne scheint stark durch mein Fenster rein. Das macht das Schreiben schwer, aber ich will den Brief trotzdem heute schreiben. Meine Lehrerin hat uns die Hausaufgabe gegeben, einen Brief an uns selbst in der Zukunft zu schreiben. Wir sollen uns überlegen, wie wir uns das Leben vorstellen, wenn wir groß sind. Das sollen wir alles in den Brief schreiben.

 

Frau Zimmermann, das ist meine Lehrerin, sagt der Brief ist nur für uns. Niemand sonst muss ihn lesen, nur uns selber soll er gefallen. Aber ich denke, mein großer Bruder darf ihn auch lesen, damit er meine Schreibfehler und so verbessern kann, damit du, also ich, ihn auch richtig verstehen, wenn wir ihn in vielen Jahren lesen.

 

Also, dann fange ich mal an, also so richtig mit allen meinen Wünschen für die Zukunft. Gerade ist superwarmer Sommer. Ich hoffe, in Zukunft ist noch öfter Sommer, weil den Winter mag ich gar nicht. Im Sommer kann man viel mehr draußen spielen und ins Freibad gehen. Winter ist zwar auch nicht schlecht. Schneeballschlachten sind super, aber ich mag die Sonnenstrahlen einfach mehr.

 

Was machst du den ganzen Tag so? Ich weiß, dass Erwachsene immer ganz viel arbeiten müssen, den ganzen Tag lang. Hoffentlich hast du einen super Beruf, bei dem du jeden Tag eine Menge Spaß hast. Ich weiß noch nicht, was ich mal werden will, aber uns ist bestimmt etwas Cooles eingefallen. Lehrer sein könnte gut sein, aber wir Kinder sind oft sehr laut, deswegen wahrscheinlich doch nicht, aber mal schauen. Meine Mama arbeitet beim Bäcker, vielleicht machen wir auch das. Ich liebe Streuseltaler. Aber ich weiß, dass Mama nicht viel Geld bekommt von ihrem Chef. Manchmal hätte ich gerne ein neues Fahrrad, so eines wie Max hat. Seins glänzt noch ziemlich neu und hat 20 Gänge. Meins ist auch ganz okay, aber schon bisschen älter, weil es von meinem Bruder ist. Aber Hauptsache es fährt, sagt Papa immer. Ich glaube, er hat recht damit. Vielleicht sind wir in der Zukunft auch reich, so wie die Ente aus dem Fernsehen, die im Pool aus Geld schwimmt. Dann können wir ganz viele Fahrräder kaufen in allen Farben, die es gibt.

 

Ich frage mich, ob wir auch mit einem Mädchen zusammenleben. Die meisten Menschen leben ja nicht alleine, und ich glaube, wenn man alleine lebt, ist man wirklich einsam. Weil den ganzen Tag alleine zuhause sein, alleine essen und alleine fernsehen ist doch furchtbar langweilig.

 

Es wäre so cool, wenn man fliegen könnte in der Zukunft wie ein Adler. Ich weiß, es gibt Flugzeuge, aber ich meine so richtig fliegen ohne Maschine. Dann können wir unsere Arme in die Luft strecken und abheben, das wäre so klasse.

Sind wir noch mit Max, Eren und Dennis befreundet? Ich glaube, auch wenn wir alle groß sind, können wir noch coole Abenteuer erleben und den ganzen Tag Spaß haben. Aber ohne Verletzungen bitte, ich bin letztens vom Fahrrad gefallen und hatte ein Loch im Kopf, das hat richtig wehgetan. Ich musste auch ins Krankenhaus und genäht werden. Die Narbe davon hast du bestimmt immer noch, aber hoffentlich sind keine mehr dazugekommen. Außer eine Narbe wie Harry Potter, wenn du Glück hast.

 

Ich weiß nicht, was ich noch schreiben soll, ich will einfach nur, dass es dir supergut geht. Dir und allen, die wir mögen. Oma und Opa sollen 200 Jahre alt werden oder einfach ewig leben, wenn das geht in deiner Zeit.

Ich denke, ich bin langsam fertig mit dem Brief. Ich muss leider auch noch andere Hausaufgaben machen. Schriftliches geteilt rechnen in Mathe, da habe ich jetzt gar kein Bock drauf, aber es muss getan werden.

 

 

Bis bald in der Zukunft! Ich freue mich!

 

Geschrieben von: Dein Ich aus 1998

 

 

 

 

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07 Süßes oder Saures

 

 

»Süßes bitte, ich mag kein Saures«, entgegnet Dean und lässt durch seine Antwort den Dönerladen-Mitarbeiter in tiefer Verwirrung zurück.

»Mit allem?«, vergewissert sich dieser ein weiteres Mal unglaubwürdig. Sein musternder Blick durchlöchert Dean, bis dieser aus seinem kleinen Tagtraum wieder zu sich kommt.

»Oh sorry… «, beginnt der Träumer zu stammeln. »Ich stand kurz neben mir. Bitte mit allem außer ‘scharf’«.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752145007
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (Mai)
Schlagworte
Veränderung Inspiration Träume Poesie Gedanken Realität Fiktion Kurzgeschichten Selbstreflexion Lyrik Gedicht

Autor

  • Niklas Wegner (Autor:in)

Mit diesem Buch feiert Niklas Wegner sein literarisches Debüt. Aller Anfang ist schwer, doch die Summe aller Anfänge ist das Ende des Unbekannten. Mit dem Verfassen jedes Kapitels ist ein namenloses Puzzleteil der nie eintretenden Fiktion für immer verblasst. Der Autor, der 1996 in der Goldstadt Pforzheim geboren wurde, sieht sein Erstlingswerk als ersten Wink mit dem Zaunpfahl seines künstlerisch ausgeprägten Schreibtalents.
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Titel: Gefühlte Realitäten