Lade Inhalt...

Krisen können mich mal

Tipps für positives Denken, cool bleiben und Co.

von Elana Liehmar (Autor:in)
99 Seiten

Zusammenfassung

„Krisen können mich mal“. Mit dieser Lebenseinstellung beschreibt Elana Liehmar ihre Erfahrungen zu verschiedenen Methoden und Mitteln, um möglichst gelassen durch schwierige Situationen und Krisen zu kommen. Dabei erzählt sie mit einer ausgeprägten Portion Selbstironie ihre persönlichen Erlebnisse, Erfolge und Fehlversuche auf ihrem Weg zu einem Leben mit mehr Zufriedenheit. Ihre Tipps zur Anwendung von positivem Denken, zu mehr Gelassenheit und zu einem glücklicherem Leben wurden von ihr selbst in der Praxis erprobt. Ihre Anregungen liefern Anstöße, um über sich selbst und die eigenen Verhaltensweisen nachzudenken, mit dem Ziel, bewusst Änderungen für ein glücklicheres Leben vorzunehmen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Vorwort

Bin ich Ant-Man und kann ich mich in einem Mauseloch verkriechen? Definitiv nein, leider.

Wie oft habe ich in meinem Leben schon davon geträumt, in Windeseile in der nächsten Mauerritze verschwinden zu können, um mich nicht der Realität stellen zu müssen?

Gelegentlich, immer wenn ich meinen Mut erst suchen und finden musste, was manchmal etwas dauerte. Ich hätte es toll gefunden, auf Knopfdruck die Größe einer Ameise annehmen zu können, um wie ein geölter Blitz in den Tiefen der nächsten Spalte zu verschwinden und für die Umgebung unsichtbar zu werden.

Stattdessen blieb mir nur die Alternative, laut schreiend und mit wehenden Haaren durch die nächste Zimmertür zu sausen und ein Versteck zu finden, bis – ja, bis was? Bis die aktuelle Krise sich bequemt vorbeizugehen? Die Nächste bereits vor der Tür steht und donnernd anklopft? Das Verstecken wäre auch keine gute Lösung gewesen.

Hätten sich dadurch Lebenskrisen und die damit verbundenen Probleme in Luft aufgelöst? Eher unwahrscheinlich, denn diese verfügen über eine kaum vorstellbare Hartnäckigkeit, mit der sie an ihrem Besitzer kleben – wie mit Sekundenkleber angepappt.

Da hilft alles Flüchten, Schütteln und Schimpfen nicht. In solchen Fällen müssen andere Mittel ran, um mit diesen für jeden Einzelnen unterschiedlich empfundenen Widrigkeiten des Lebens klarzukommen.

Schwierige Momente und Krisen gehören zum Leben dazu. Sie zu bewältigen, stärkt das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und vermittelt ein Erfolgserlebnis, das zu einer neuen Zufriedenheit verhilft. Gerade nach solchen Phasen habe ich das anschließende Glücksgefühl besonders genossen: Zu lachen, meine Freiheiten zu genießen und am liebsten die ganze Welt zu umarmen.

Irgendwann bin ich auf die Idee gekommen, mich nicht passiv wie ein Opferlamm durch die jeweilige Situation treiben zu lassen, sondern aktiv Einfluss zu nehmen – insbesondere auf meine Einstellung im Kopf.

Ziemlich schnell wurde mir bewusst, dass es nicht gerade zu den einfachsten Dingen im Leben gehört, die eigene Einstellung zu ändern und sein Temperament im Zaum zu halten. Aber gerade deshalb bin ich diesen Weg gegangen, denn „einfach“ kann jeder und da war mein Ehrgeiz schon geweckt.

Einen zusätzlichen Motivationsschub verliehen mir die ersten kleine Erfolge, die mich anspornten, ständig an meiner inneren Geisteshaltung zu arbeiten. Denn am Ende war sie es, die den Schlüssel zum Erfolg darstellte.

Zudem war ich es leid, mich in diesen schwierigen Situationen nicht gut zu fühlen, wie ein geprügeltes Hündchen durch die Wohnung zu schleichen und das Leben ungenutzt an mir vorbeiziehen zu sehen.

Warum sollte ich mein persönliches Wohlbefinden derart von den äußeren Umständen abhängig machen? Nein, nicht mit mir und so kam ich zu dem Schluss, Krisen können mich mal.

Nun ja, um Ihnen einen Einblick in meine Vorgehensweise zu geben, plaudere ich jetzt etwas aus dem Nähkästchen und lasse einige Stationen in meinem Leben Revue passieren.

Welche Mittel ich eingesetzt habe, um mir selbst das Leben in schwierigen Situationen zu erleichtern, möchte ich Ihnen nun auf den folgenden Seiten vorstellen. Ich bin mir sicher, dass Ihnen viele Erlebnisse und Empfindungen dabei sehr bekannt vorkommen werden.

Was sind Krisen?

Wenn ich rückblickend mein Leben betrachte, muss ich mir eingestehen, dass ich alle höchst unangenehmen, einschneidenden Veränderungen als Lebenskrise bezeichnen könnte.

Sie bewirkten alle das Gleiche: Sie warfen mich aus meinem gewohnten Alltagstrott und verursachten tief in meinem Inneren ein besorgniserregendes Gefühl der Hilflosigkeit. Lediglich der Grad dieser Empfindung variierte von Fall zu Fall und in Abhängigkeit der Schwere des jeweiligen Ereignisses.

Wie könnte ich dieses beängstigende Gefühl am besten beschreiben bzw. welches Bild taucht bei diesem Gedanken vor meinem inneren Auge auf?

Hm, ich kam mir manchmal dabei vor, als ob ich mit einer gigantisch hohen Geschwindigkeit auf einem fliegenden Teppich unterwegs war, der bei jeder Kurve und Biegung gefährlich ins Schlingern geriet.

Mit äußerster Kraftanstrengung klammerte ich mich an den Rand des Teppichs, um nicht heruntergeschleudert zu werden und in eine undefinierbare, bedrohliche Tiefe zu stürzen. Über eine Bremse verfügte dieser fliegende Teppich nicht.

So konnte ich weder die Geschwindigkeit reduzieren noch das Schlingern verursachende Ereignis umgehen. Nur gut, dass mir der Hersteller dieses Teppichs nicht bekannt war, denn ansonsten hätte ich dort lautstark und energisch den Einbau einer Bremse eingefordert.

Welche Veränderungen brachten mich ins Straucheln?

Oh, da fallen mir sofort ein paar prägende Ereignisse ein. Fangen wir einmal mit meinen jüngeren Lebensjahren an. Die Scheidung meiner ersten Ehe zähle ich zu meinen persönlichen Krisen, für die ich längere Zeit brauchte, um sie zu überwinden. Eine geplatzte Hochzeit nach einer anschließenden mehrjährigen Beziehung fiel in die gleiche Kategorie des äußerst ausgeprägten Herzschmerzes.

Auch die Tatsache, dass mein Job sich mehrmals in meinem Leben durch Rationalisierungsmaßnahmen in Luft auflöste und ich mich jedes Mal schleunigst nach einem anderen umschauen musste, fällt darunter. Ich kann nicht leugnen, dass mich gelegentliche Existenzängste in der Nacht nicht gut schlafen ließen.

Zudem konnte ich insgesamt zwölf Jahre nicht in der Nähe meines Wohnortes arbeiten, sondern war aufgrund der weiten Entfernung zu meinem Arbeitsort gezwungen, eine Wochenendehe zu führen. Das empfand ich ebenfalls als nicht prickelnd.

Die Distanz von knapp sechshundert Kilometern zwischen Wohnort und Arbeitsplatz brachten mich schon manchmal zum Grübeln über den Sinn des Lebens, der garantiert nicht auf der Autobahn lag.

Der Tod meiner Eltern hat mich hart getroffen, denn ich hing emotional sehr an ihnen. Wir waren eng verbunden und hatten immer ein inniges Verhältnis zueinander. Da half mir auch der vernunftbezogene Gedanke nicht viel, dass Eltern immer irgendwann einmal sterben müssen, da niemand ewig leben kann.

Ein familiärer Umstand beschäftigt mich gelegentlich auch heute noch. Vor ungefähr dreißig Jahren hat mein älterer Bruder kurz nach seiner Hochzeit den Kontakt zu meinen Eltern und zu mir vollständig abgebrochen. Die Ursache kenne ich bis heute nicht.

Mein großer Bruder, den ich bewunderte und zu dem ich aufschaute, wollte von einem Tag auf den anderen von mir nichts mehr wissen. Alle Bemühungen, den Kontakt in den Folgejahren wieder aufzunehmen, erstickte er im Keim.

Inzwischen hat er sieben Kindern das Leben geschenkt, von denen ich kein einziges kenne und die nicht wissen, dass sie eine Tante haben. Schade. Wenn ich ehrlich bin, an manchen Tagen wäre ich schon sehr neugierig auf meine Nichten und Neffen und würde sie für mein Leben gerne kennenlernen.

Allerdings bräuchte ich dafür einen Detektiv, um sie ausfindet zu machen, denn ich kenne weder den Aufenthaltsort meines Bruders noch seiner Kinder – da half bisher nicht mal das Internet weiter.

Der Tod eines sehr guten Freundes, der plötzlich und ohne Vorwarnung mit Anfang dreißig aus dem Leben gerissen wurde, brachte mich zum Grübeln über die Ungerechtigkeiten des Lebens.

Denselben Effekt bewirkte die Krebserkrankung meiner Schwiegermutter, bei der wir lange Zeit zittern mussten, ob sie diese schwierige Phase überleben würde. Für den Moment hat sie den Krebs im Griff und nicht umgekehrt.

Ach ja, ein einschneidendes Erlebnis ging ebenfalls nicht spurlos an mir vorbei – die Corona-Krise. Sie zeigte mir, wie schnell sich Freiheiten, liebgewonnene Gewohnheiten und die körperliche Nähe zu Menschen wie zum Beispiel eine liebevolle Umarmung zum Wohl der Allgemeinheit und jedes Einzelnen in unserer Gesellschaft in Luft auflösen können.

Was hatten diese Ereignisse gemeinsam?

Sie trafen mich unvorbereitet und ich wusste in der ersten Zeit nicht wirklich, wie ich mit diesen Veränderungen umgehen soll. Im ersten Moment fühlte ich mich überfordert und hilflos.

Ein riesiges Hindernis tauchte auf meinem Lebensweg auf, das wie ein unbeweglicher Felsbrocken den Weg vor mir versperrte und mir die Sicht nach vorne nahm. Diese Ungewissheit lastete am schwersten auf meiner Seele und drückte mich zu Boden.

Erst mit einiger Erfahrung bemerkte ich, dass sich ein Berg, der sich vor mir auftürmte, am besten bewältigen ließ, indem ich ihn in mehrere Scheibchen zerteilte und jede einzelne Scheibe bzw. jedes einzelne Problem getrennt anging, um es zu beseitigen.

Außerdem stellte ich rückblickend fest, dass ich in jeder Krise vier verschiedene Phasen durchlaufen musste, in denen ich unterschiedlich lange festhing.

Phase 1: „Das kann nicht sein!“

Die erste Reaktion des menschlichen Verstands besteht darin, die veränderte Situation nicht wahrhaben zu wollen und sie zu leugnen. Getreu dem Motto „Das kann nicht sein“ hoffte ich, dass die Situation sich als nicht real und endgültig herausstellen und sich doch noch auflösen würde.

Das fiel dann unter die Rubrik „Träum mal weiter!“. Was soll ich sagen? Natürlich hat sich das unangenehme Ereignis nicht mir zuliebe aus dem Staub gemacht.

Phase 2: „Gefühle wie auf einer Achterbahn“

Plötzlich drängten sich lauter verschiedene Gefühlsempfindungen in den Vordergrund und dominierten mein Denken – Hilflosigkeit, Unsicherheit, Selbstzweifel, Selbstmitleid, Wut. In dieser Phase fühlte ich mich völlig machtlos, hatte Angst vor der Zukunft und haderte sehr wohl mit meinem Schicksal.

Gelegentlich tröstete mich der Gedanke, dass es anderen in der gleichen Situation genauso erginge wie mir. Das änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass meine Gefühle einer abenteuerlichen Achterbahn gleich in Turbogeschwindigkeit Höhen und Tiefen einschließlich wilder Loopings durchliefen – auch hier fehlte wieder einmal eine Bremse.

Phase 3: „Umschalten in den Problemlösungsmodus“

Endlich fing mein Gehirn wieder an zu rattern und suchte nach Lösungen und einem Ausweg aus dem Schlamassel. Nach der Schockstarre, die hauptsächlich von meiner gefühlsmäßigen Achterbahn geprägt war, bequemte sich mein Verstand wieder, konstruktiv nach Mitteln und Wegen zu suchen, wie ich aktiv mein Leben in die Hand nehmen konnte. Passivität ade!

Phase 4: „Na geht doch!“

Nun war ich an dem Punkt angelangt, die veränderten Gegebenheiten zu akzeptieren, mich neu zu orientieren und das Beste aus der jeweiligen Situation zu machen. Das Sprichwort „Selten ein Schaden ohne Vorteil“ trifft einfach zu. Das Erkennen, dass jede Krise auch etwas Positives mit sich brachte, das mich auf meinem weiteren Lebensweg begleitete, stärkte mich für zukünftige Widrigkeiten.

Ehrlicherweise muss ich eingestehen, dass ich in den jeweiligen Krisensituationen unterschiedlich lange in den Phasen eins und zwei verharrte. Je mehr ich an mir selbst arbeitete, umso schneller gelang es mir, in die Phase drei und somit in den Problemlösungsmodus zu wechseln.

Fazit: Mein Verstand und meine innere Gefühlslage standen selten in Einklang zu Beginn einer Krise. Mein wildes Gefühlschaos, das übrigens in jeder einschneidenden Lebenssituation völlig normal ist, konnte jedoch durch gezielte Entscheidungen meines Verstands in eine positive Richtung gesteuert werden.

Die Furcht vor der Angst

Um ehrlich zu sein, im Moment habe ich Angst davor, dass Sie das Buch zwar angefangen haben zu lesen, aber nicht mehr zu Ende lesen wollen. Es könnte ja sein, dass Sie die Beispiele aus meinem Leben langweilen oder dass Sie einfach mein Buch und seine Themen blöd finden.

Mir ist es schon wichtig, dass Sie bis zur letzten Seite weiterlesen, denn ansonsten hätte ich mir die Arbeit und die Zeit sparen können, um dieses Buch zu schreiben. Genau genommen spüre ich bei diesen Gedanken im Moment schon ein bisschen, dass mich die Lust zum Schreiben verlässt, obwohl ich meine Erfahrungen und Tipps als hilfreich für andere erachte.

Man muss das Rad ja nicht immer für sich selbst neu erfinden, sondern man kann Tipps übernehmen und ausprobieren, wenn jemand anderer diese bereits erfolgreich angewandt hat. Also beschließe ich an dieser Stelle, trotz meiner Angst dieses Buch weiterzuschreiben und nicht aufzugeben.

Nur gut, dass ich gelernt habe, meinen Ängsten nicht immer nachzugeben und mich von ihnen steuern zu lassen. Im Gegenteil, ich habe gelernt, sie zu bezwingen und zu besiegen, trotz der Furcht, dass ich vor bestimmten Situationen Angst haben könnte.

Letztendlich sind Furcht und Angst nur Gefühle, die ich subjektiv empfinde. Ich kann sie ignorieren, verdrängen, ihnen ausweichen oder sie zulassen und mich ihnen stellen. Alle vier Möglichkeiten sind in Ordnung. Persönlich bevorzuge ich jedoch die vierte Variante, nämlich mich meinen Ängsten zu stellen.

Was steht denn zwischen mir und dem, was ich Erreichen will? Meine Ängstlichkeit. Um mein Lebensglück selbst in die Hand zu nehmen, muss ich die Angst vor bestimmten Dingen, Situationen und Ereignissen einfach zulassen. Jede beängstigende Situation birgt auch etwas Positives in sich, nämlich die Chance, mich weiterzuentwickeln.

An dieser Stelle fällt mir eine Situation ein, die meinen Mann immer noch regelmäßig zum Lachen bringt. Vor vielen Jahren machte ich im fortgeschrittenen Lebensalter von achtunddreißig Jahren den Motorradführerschein und erfüllte mir somit einen Jugendtraum.

Das Dumme daran war nur, dass ich vier Wochen nach der Führerscheinprüfung einen leichten Unfall hatte. Das Motorrad war nur wenig verbeult und konnte wieder hergerichtet werden. Mein linkes Knie war sehr stark geprellt worden, sodass ich viele Wochen wie Quasimodo humpelte, anstatt einer Gazelle gleich über den Boden zu schweben.

Außerdem konnte ich es auch nicht vollständig abwinkeln. Blöd ist nur, dass beim Motorradfahren ausgerechnet mit dem linken Fuß die Gänge geschaltet werden müssen. Das funktionierte nach dem Unfall leider gar nicht. Also ging ich geknickt und humpelnd in die Winterpause.

Aus rein psychologischer Sicht war es natürlich alles andere als glücklich, die Saison mit einem Unfall zu beenden. Als im darauffolgenden Frühjahr das Wetter wieder für eine Spritztour einlud, umkreiste ich misstrauisch mein Gefährt.

Natürlich hatte ich Angst davor, wieder bei der nächsten Linkskurve rauszufliegen. Mit ängstlichem Herzen und all meinen Mut zusammennehmend stieg ich auf die Sitzbank und rollte zögerlich hinter meinem Mann her, der vor mir auf seiner Maschine fuhr.

Es kostete mich schon einiges an Überwindung, die Linkskurven schwungvoll zu nehmen, da ich zudem über keine Fahrpraxis verfügte. Die vier Wochen vor dem Unfall zählten hier nicht wirklich – ich fing quasi wieder von vorn an.

Nach der ersten Viertelstunde, in der ich mit Verwunderung feststellte, dass mir das Fahren wider Erwarten unglaublich viel Spaß bereitete, freute ich mich darüber, wie schnell wir doch unterwegs waren. Innerlich jubelte ich: „Huii, sind wir doch flott!“ Ich fühlte mich großartig.

Ein kritischer Blick auf den Tachometer ernüchterte mich jedoch schlagartig. Wir fuhren auf der Landstraße nur fünfzig Stundenkilometer! Schneckentempo. Plötzlich wurde mir klar, weshalb wir so oft von anderen Verkehrsteilnehmern überholt worden waren, was ich bis dahin völlig ausgeblendet hatte.

Was habe ich daraus gelernt? Auch wenn es mich sehr viel Überwindung kostete, stellte ich mich trotzdem meiner Angst und besiegte sie. Mit Mut fand ich zu einer neuen Selbstsicherheit zurück. Übrigens, der Zustand, dass ich im Schneckentempo mein Motorrad um die Kurven zwirbelte, hielt nicht allzu lange an. Der Spaßfaktor half mir ebenfalls dabei, meine Angst zu überwinden.

Was lehrte mich, Angst zu haben noch?

Der erste Schritt, meine Ängste zu überwinden, war die Tatsache, dass ich ehrlich zu mir selbst sein musste. Allein der Umstand, dass ich mir meine Furcht eingestand, machte die Situation schon erträglicher. Außerdem erinnerte mich meine Angst daran, den Kopf wieder einzuschalten und mich nicht von meinen Gefühlen beherrschen und behindern zu lassen.

Mich meinen Ängsten zu stellen, befreit meinen Geist und macht mich bereit für Neues. Die Begriffe „trotz“ und „trotzdem“ sind zwei sehr mächtige Worte: „Ich habe zwar Angst, aber ich wage es trotzdem!“ Die Furcht, ich könnte vor einer Situation Angst haben, hält mich nicht davon ab, etwas zu tun, was ich tun will.

Was verursacht Stress?

Stress – wer kennt ihn nicht? Er begleitet uns jeden Tag unseres Lebens, mal mehr, mal weniger. Aber was ist Stress tatsächlich?

Rein wissenschaftlich betrachtet handelt es sich um einen biologischen Mechanismus, der unseren Körper auf Gefahren oder beängstigende Situationen reagieren lässt. Dabei sammelt der Körper seine Kraft und versorgt uns mit Energie. Die Muskelspannung und der Blutdruck steigen und der Energieschub soll uns helfen, die Herausforderung zu bewältigen.

Vor Urzeiten half uns dieser Mechanismus, entweder wilde Tiere anzugreifen oder vor ihnen zu flüchten. Beides funktioniert in unserer heutigen Zeit meistens nicht, denn die stressauslösenden Situationen lassen sich selten mit Angriffstechniken oder Fluchtaktionen lösen.

Nein, da müssen wir wohl oder übel durch und jeder muss seine eigenen Mittel finden, um den Stress und die überschüssige Energie im Körper wieder loszuwerden.

Wann entsteht Stress konkret? Wenn wir uns überfordert fühlen und Angst verspüren. Diese starken Empfindungen können durch ziemlich unterschiedliche Situationen ausgelöst werden. Ich denke da gerade an die Situation, in der ich meinen ersten Vortrag vor siebzig Menschen halten musste.

Meine Handflächen waren nicht nur feucht, sondern ich schwitzte am ganzen Körper. Meine Zunge fühlte sich an, als ob sie vor Trockenheit am Gaumen klebte und dort bleiben wollte. Mein Gehirn wirkte wie durch einen Staubsauger leergefegt und ja, mein Fluchtinstinkt hätte beinahe die Oberhand gewonnen – aber nur beinahe.

Krisen verursachen Stress, da sie uns sehr belasten und ein Ausweg nicht immer auf den ersten Blick erkennbar ist. Nun ja, wenn einen der Tod eines Angehörigen, der Verlust des Arbeitsplatzes, eine schwere Krankheit oder Konflikte in der Familie nicht aus der Ruhe bringen, was soll denn dann noch Stress auslösen?

Ganz ehrlich, es sind meist die kleinen Ärgernisse und Widrigkeiten des Alltags, denen es hervorragend gelingt, uns mit Leichtigkeit zu stressen.

Allein schon der Gedanke „Ich schaffe das nicht!“ versetzte mich in Stress und raubte mir meine Lebensfreude. Das war dann wohl eindeutig der negative Stress, der weder meinem Körper noch meiner Psyche guttat.

Natürlich kann Stress auch eine positive Seite haben. Wie viele Menschen gehöre ich ebenfalls zu dem Typ, der erst bei einer Herausforderung zur Hochform aufläuft. Ansonsten meldet sich mein innerer Schweinehund zu Wort und verteidigt sein Faulenzen mit den vielfältigsten Argumenten.

Wenn ich mich bei einer Herausforderung jedoch wohlfühle, steigt meine Leistungsfähigkeit und ich fühle mich aktiv und zufrieden. Vor allem, wenn ich in der Lage bin, die Herausforderung erfolgreich zu meistern. In diesen Situationen bewirkt der Stress eindeutig positive Reaktionen in mir.

Was passiert, wenn Stress zum Dauerzustand wird? Spontan fällt mir hierzu das Bild eines rotierenden Hamsters im Rad ein, der sich mehrfach überschlägt. Im Gegensatz zu diesem Hamster, der meist völlig unversehrt aus seinem Hamsterrad geschleudert wird, verursachte zu viel negativer Stress bei mir unangenehme körperliche und psychische Folgen.

Schwindelgefühl, Herzrasen, Schlaflosigkeit, Niedergeschlagenheit, Reizbarkeit, Aggressivität, Verlust der Lebensfreude. Wenn ich meinen Ehemann fragen würde, würden ihm bestimmt noch weitere Dinge einfallen, die er ertragen musste. Besser, ich frage ihn erst gar nicht.

Unabhängig davon, durch welche Situationen Stress ausgelöst worden war, eines hatten sie alle gemeinsam: Ich fühlte mich äußerst unwohl in meiner Haut und zweifelte, ob ich es schaffen könnte, die Schwierigkeiten zu überwinden. Ach ja, und meine Lebensfreude schmolz wie ein Eiswürfel in der Sonne dahin. Dagegen musste ich etwas tun und wie immer fing alles im Kopf an.

Geschlechterspezifische Unterschiede

Was stresst Männer? Was stresst Frauen? Sind es die gleichen Dinge oder gibt es da Unterschiede? Jeder Mensch empfindet Stress anders und er wird durch die verschiedensten Ereignisse hervorgerufen. Die gleiche Situation kann unterschiedlich wahrgenommen werden – stressig, belastend, beängstigend oder herausfordernd, belebend, anspornend.

Ebenso verhält es sich mit Krisen. Manche reden bereits von ernsten Lebenskrisen und andere wiederum von kleinen Pupsern, die mit einem Schulterzucken abgetan werden können. Die Bandbreite der Empfindungen ist vielfältig und extrem groß.

Zudem hängt sie von unseren persönlichen Erfahrungen, unserer inneren Einstellung und unserer Belastbarkeit ab. Die subjektive Wahrnehmung unterscheidet uns voneinander und lässt uns entsprechend vielfältig reagieren.

Zusätzlich lassen sich dabei sehr wohl spezifische Unterschiede zwischen Mann und Frau erkennen, die typisch für das jeweilige Geschlecht sind. Insbesondere hinsichtlich der gegenseitigen Kommunikation, dem Zeigen von Gefühlen und der Wahrnehmung von störenden Ereignissen im Alltag unterscheiden sich die Verhaltensweisen in Abhängigkeit des jeweiligen Geschlechts.

„Hast du wieder Sprechstunde?“

Ein Mann – ein Wort, eine Frau – ein Wörterbuch. Wie oft ging mir dieser Spruch schon auf die Nerven? Schon sehr oft. Dabei birgt er wörtlich genommen einen großen Wahrheitsgehalt in sich.

Frauen reden nun mal gerne und viel – im Gegensatz zu vielen Männern. Die Kommunikationsfähigkeit ist bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern. Frauen sind jedenfalls das kommunikative Geschlecht und wollen über die Dinge, die sie beschäftigen, reden - sehr zum Leidwesen mancher Ehemänner.

Das Reden hilft uns Frauen, die verschiedenen Aspekte eines Problems zu beleuchten und zu verstehen. Die Ratschläge unserer Zuhörer sind uns wichtig und regen zum Nachdenken an. Außerdem hilft es uns, eine schwierige Situation besser zu bewältigen. Der soziale Kontakt mit Mitmenschen ist bei der Stress- und Krisenbewältigung ein hilfreiches Mittel – sofern das betreffende Individuum dazu bereit ist.

Männer hingegen reagieren meist völlig anders, indem sie sich in sich zurückziehen und schweigen. Ihren Partnerinnen entgeht dabei nicht, dass irgendetwas nicht stimmt und den Mann des Hauses belastet.

Dabei brauche ich nur an meinen eigenen Mann zu denken. Wenn ihn etwas belastet, zieht er sich in seine Werkstatt zurück und ich sehe ihn für Stunden nicht mehr. Er taucht buchstäblich von der Oberfläche ab. Das Gute daran ist, dass ich ihn nicht suchen muss, denn ich kenne sein „Lieblingsversteck“.

Vorsichtige und gutgemeinte Anfragen meinerseits werden mit dem gebrummten Kommentar „Es ist nichts“ und mit einem ungeduldigen Augenrollen abgeblockt. Diverse Versuche, ihn zum Reden zu ermuntern, scheitern bereits, kaum dass ich den Mund aufmache.

In Lichtgeschwindigkeit werden meine Bemühungen im Keim erstickt und sein tadelnder Blick über die Störung seiner selbstgewählten Ruhe ist mir gewiss. Nun ja, dann lasse ich ihm seine Auszeit und ziehe mich zurück.

Wenn es mir allerdings zu lange dauert, bis er wieder aus seinem Schneckenhaus zum Vorschein kommt, störe ich seine freiwillig gewählte Isolation mit den Worten: „Hast du wieder Sprechstunde?“ Ach ja, und mit einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen als zusätzliches Lockmittel bin ich besonders erfolgreich. Das wirkt nämlich zu fast hundert Prozent.

Anschließend ist mein Mann meistens bereit, mit mir über die Dinge zu sprechen, die ihm arg zusetzen und ihn belasten. Erstaunlicherweise geht es ihm danach besser, denn zwei Personen finden sehr häufig schneller eine Lösung als eine allein. Er würde es zwar nie zugeben, aber auch ihm hilft es, über sein Problem zu reden.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752109139
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (August)
Schlagworte
Umgang mit Stress Selbstliebe Krisenbewältigung Positives Denken Resilienz Glücklich sein Krisen Selbsthilfe Praxistipps Stressabbau

Autor

  • Elana Liehmar (Autor:in)

Elana Liehmar studierte Business Administration und war viele Jahre bei einem der größten DAX-Unternehmen in Deutschland beschäftigt. In dieser Zeit arbeitete sie als Führungskraft und Managerin in verschiedenen Fachbereichen und an unterschiedlichen Standorten. Das Lösen von Problemen sowie das Bewältigen von schwierigen Situationen und Krisen gehörten zu ihrem Alltag – beruflich wie privat.
Zurück

Titel: Krisen können mich mal