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Engel oder Teufelchen?

Erkenne die verschiedenen Kollegentypen, um professionell zu handeln

von Elana Liehmar (Autor:in)
99 Seiten

Zusammenfassung

„Wo bin ich denn da hineingeraten!“ - Kennen Sie diesen Gedanken? Bestimmt, denn Kollegen kann man sich nicht aussuchen, sondern wir müssen uns mit ihnen arrangieren und mit ihnen auskommen. Dabei sind viele davon ganz lieb und nett und andere wiederum sind richtige Nervensägen, Ameisentätowierer und Spaßbremsen. Elana Liehmar hat in ihrem Berufsleben als Managerin und Führungskraft viele unterschiedliche Menschentypen und deren typische Verhaltensmerkmale erlebt. Am Beispiel von persönlich erlebten Situationen schildert sie die verschiedenen Kollegentypen und zeigt Handlungsempfehlungen für den Umgang auf. Dabei verrät sie hilfreiche Tipps, die aus der Praxis stammen und die eine spannungsfreie Zusammenarbeit am Arbeitsplatz erleichtern. Unter anderem werden Themen wie Kommunikation, vorwurfsfrei konfrontieren, Problemlösungsprozess, Umgang mit Neid und Gerüchten sowie Tipps für mehr Spaß bei der Arbeit und geschlechterspezifische Unterschiede in der Kommunikation und beim Verhalten angesprochen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Vorwort

Was für ein Pfau, so eine Zicke! Kennen Sie solche Gedanken? Bestimmt.

Jeden Tag stehen Sie in Ihrem Berufs- und Privatleben mit vielen und unterschiedlichen Menschen in Kontakt. Wie kommunizieren und verhalten Sie sich richtig? Wie können Sie Ihre eigenen Nerven schonen und ihre Kraft sowie Energie gezielter und effizienter für die jeweilige Aufgabe einsetzen?

Der erste Schritt ist die Erkenntnis. Wen haben Sie vor sich und schätzen Sie diese Person richtig ein? Der zweite Schritt ist, das eigene Handeln entsprechend anzupassen, um das Ziel eines spannungsfreien Umgangs mit anderen Menschen sowie für ein effizientes Vorgehen zu erreichen. Von Kollegen und Mitarbeitern kann es mitunter abhängig sein, ob sie einem den Spaß an der Arbeit nehmen. Zudem können sie sogar Stolpersteine auf dem Weg zum eigenen Erfolg darstellen.

Sofern Ihnen solche oder ähnliche Situationen und Fragestellungen bekannt sind, könnten Ihnen meine Erfahrungen und Tipps hilfreich sein. Das Ziel ist es, Spannungen und Konflikte im Umgang mit Ihren Mitmenschen zu reduzieren und Sie erfolgreich und professionell handeln und erscheinen zu lassen.

Warum könnte gerade ich Ihnen hierzu Tipps geben?

Zwanzig Jahre lang war ich eine weibliche Führungskraft und Managerin in einem der größten DAX-Unternehmen in Deutschland. Dabei habe ich in den Jahren von 1996 bis 2016 insgesamt ungefähr ein Dutzend gravierende organisatorische Änderungen in verschiedenen Fachbereichen erlebt und mitgestaltet.

Damit verbunden war jedes Mal der Aufbau von neuen Teams, wobei mein kleinstes Team aus sechs und mein größtes Team aus vierhundert Mitarbeitern bestand. Zudem arbeitete ich zwölf Jahre an verschiedenen Standorten in Deutschland, die zwischen 120 und 600 km von meinem Wohnort entfernt lagen.

In dieser Zeit hatte ich mit so vielen Menschen zu tun, und zwar egal ob mit männlichen oder weiblichen Kollegen, Mitarbeitern und Chefs, sodass ich hierzu umfangreiche Erfahrungen zu den verschiedensten Menschentypen sammeln konnte.

An manchen Tagen kam ich mir dabei schon vor, wie wenn ich mich in einem großen Haifischbecken befinden und ums Überleben kämpfen würde. Manchmal dachte ich mir auch, dass mein Beruf gelegentlich etwas Ähnlichkeit mit dem Betätigungsfeld einer Raubtierdompteuse hatte und weniger mit dem Arbeiten in einem Streichelzoo.

Dabei wünschte ich mir oft einen Mentor an meiner Seite, mit dem ich mich hätte austauschen und beraten können. Leider hatte ich diesen nicht und musste oder konnte alle Erfahrungen selbst sammeln. So kam ich auf den Gedanken, meine Erkenntnisse zusammenzutragen und mit Ihnen zu teilen, damit Sie die Möglichkeit haben, manche Fehltritte einfach gar nicht erst zu begehen.

Der Umgang mit anderen Menschen ist nicht immer leicht und so machte ich auch hier meine Fehler und verhielt mich nicht immer richtig. Daraus lernte ich jedoch enorm viel, und zwar nicht nur für mein Berufsleben, sondern in gleichem Maße ebenso für mein Privatleben.

An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass ich manche Methode oder manches Mittel erst zu Hause an meinem Ehemann ausprobierte. Sofern dies im Umgang mit ihm Erfolg zeigte, wandte ich diese Methodik anschließend auch im Geschäft an und es funktionierte natürlich dort gleichermaßen. Den umgekehrten Weg beschritt ich ebenfalls, indem erfolgreich erprobte Mittel aus dem Berufsleben zu Hause innerhalb meiner Familie Anwendung fanden.

Auf den folgenden Seiten möchte ich Ihnen nun Tipps und Anregungen geben, die Ihnen dabei helfen können, Ihr Verhalten zu professionalisieren. Dabei spielt Kommunikation eine zentrale Rolle im Umgang mit anderen Menschen.

Das Ziel ist es, dass zumindest Sie Fehler in Gesprächen oder in Ihrem Verhalten vermeiden, um Ihnen die Zusammenarbeit mit Kollegen, Mitarbeitern und Chefs zu erleichtern. Allerdings ist dieser Weg nicht immer einfach und erfordert viel Geduld, Übung und Durchhaltevermögen. Der Erfolg wird Ihnen jedoch recht geben und Ihre Mühen aufwiegen. Dann packen wir es mal an.

Geschlechterspezifische Unterschiede

Gerade im Umgang mit anderen Menschen zeigen sich unsere typisch männlichen und weiblichen Verhaltens- und Kommunikationsmuster sehr deutlich. Umso wichtiger ist es, die wesentlichen geschlechterspezifischen Unterschiede zu kennen und bewusst wahrzunehmen.

Diese sind im Berufsleben wie auch im Privatleben erkennbar, und zwar mehr als uns manchmal selbst lieb ist. Dabei kommen mir persönlich ab und zu verschiedene Tiere aus dem Zoo in den Sinn, deren Niedlichkeitsgrad allerdings sehr unterschiedlich ausfällt.

Durch unsere genetische Veranlagung und der urzeitlichen Unterscheidung zwischen Jäger und Sammler verhalten sich Männer und Frauen unterschiedlich, was durch Erziehung noch unterstützt wird.

So werden Männer mehr zu Durchsetzungsvermögen hin erzogen und Frauen eher zu Anpassung, Zurückhaltung und Harmoniestreben. Diese unterschiedlichen Verhaltensmuster beeinflussen die Art und Weise, wie wir im Berufsleben agieren und von anderen wahrgenommen werden. Oh ja – und sogar sehr intensiv.

Um professionell handeln zu können, ist es wichtig, diese Unterschiede zu erkennen, um das eigene Verhalten darauf auszurichten, verbunden mit dem Ziel, Spannungen im zwischenmenschlichen Miteinander zu reduzieren.

Wer will denn schon ständig im Streit mit seinen Mitmenschen liegen? Niemand, zumindest die meisten unter uns. Es gibt allerdings auch ausgeprägte Streithähne und -hennen, bei denen ein Tag erst gut ist, wenn sie mindestens einen Kollegen/in zur Schnecke gemacht haben.

Nur gut, dass diese Menschen die Minderheit in unserem Arbeitsalltag darstellen, denn ansonsten müsste jeder von uns noch eine Gefahrenzulage bekommen, und zwar wegen der Gefährdung der eigenen guten Laune und des persönlichen Wohlbefindens am Arbeitsplatz.

Dabei wollen wir alle das Gleiche – nämlich Spaß an der Arbeit haben, ohne uns ständig gegenseitig auf die Nerven zu gehen oder uns regelmäßig hitzige Wortgefechte zu liefern.

Also schauen wir uns einmal die wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Geschlechtern und die damit verbundenen Erkenntnisse etwas genauer an.

Mädchen prügeln sich nicht

Hat unsere „genetische Grundprogrammierung“ als Jäger oder Sammler etwas mit unserem heutigen Verhalten im Berufsleben zu tun? Oh ja - und wie!

Forscher sehen den Grund für die unterschiedlichen Verhaltensweisen von Männern und Frauen in der Frühzeit der Menschen verankert. Zu diesen Zeiten gingen Männer auf die Jagd, um stundenlang Tiere zu verfolgen und um die Familie zu ernähren. Dabei wurde die Kommunikation untereinander auf ein Minimum beschränkt, denn Tiere hören ihre Jäger sehr schnell.

Die Aufgabe der Frauen bestand darin, auf den Nachwuchs aufzupassen und sie mussten damit ständig ihre Umgebung im Auge behalten, um mögliche Gefahren frühzeitig zu erkennen. Dabei standen Kommunikation und das Wahrnehmen von Gefühlen und Emotionen innerhalb der Gruppe im Vordergrund.

Allein diese unterschiedlichen Aufgaben machen schon deutlich, dass entsprechend das Verhalten von Männern und Frauen in der Frühzeit völlig verschiedene Zielstellungen hatte und sich entsprechend unterschiedlich entwickelte.

Haben Sie schon einmal eine Gruppe von Jungen beobachtet und sich gedacht, warum können diese nicht friedlich miteinander spielen? Na ja, sie können nicht wirklich etwas dafür. Schon bei einer Gruppe von kleinen Jungen ist erkennbar, dass diese sich gerne mal raufen oder sich gegenseitig etwas wegnehmen.

Dabei geht es im Wesentlichen um das Gewinnen und Verlieren und um das Zeigen von Durchsetzungsvermögen. Diese Eigenschaften werden bei Jungen als Stärke definiert, wobei das Unterliegen oder Kleinbeigeben als Schwäche eingestuft wird.

In einer Gruppe von Jungen gibt es meist einen Anführer und eine hierarchische Struktur. Zudem stehen Jungen gerne im Mittelpunkt, lassen sich bewundern und streiten sich darüber, wer der Beste ist. Sie verbringen ihre gemeinsame Zeit lieber mit Aktivitäten als mit Worten. Tja, und das führt dann auch schon mal zu blauen Flecken. Sie kennen bestimmt den Satz, wenn sich ein Junge geprügelt hat, dass der andere noch viel schlimmer aussehe als er selbst.

Völlig verschieden ist dagegen das Verhalten von Mädchen, denn die raufen in der Regel nicht miteinander. Besteht eine Gruppe aus Mädchen, ist erkennbar, dass diese viel miteinander reden und sich unterhalten, wobei es ihnen mehr um Harmonie und um die Gefühle der anderen geht.

Sich zu prügeln, wird weder von Mädchen erwartet noch passt es in deren typisches Verhaltensmuster. Hier geht es nicht vorrangig um Gewinner oder Verlierer. Nur selten geben Mädchen Befehle, denn sie sind viel mehr an Kompromissen interessiert und stecken dabei auch mal ihre eigenen Bedürfnisse zurück.

Von Mädchen kommen dagegen verstärkt Vorschläge wie zum Beispiel: „Wir könnten das ja auch mal so machen oder?“ Dabei sprechen sie weniger klar und eindeutig aus, was sie konkret machen wollen. Hier ist häufig das Lesen oder Hören zwischen den Zeilen erforderlich – hmm, das ist auch nicht immer ganz einfach.

Diese wesentlichen Unterschiede im Verhalten begegnen uns ständig und überall. Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, wie Sie mit Ihrem Partner oder Partnerin Feuerwerkskörper zu Silvester aussuchen?

Männern ist es besonders wichtig, dass das Feuerwerk viel Lärm macht und knallt. Frauen dagegen stehen auf Glitzerregen und schöne Farben. Aus diesem Grund ist es ihnen wichtig, dass das Feuerwerk schön anzusehen ist und Lärm machen muss es dabei nicht.

Mit großer Wahrscheinlichkeit wird eher das Feuerwerk ausgewählt, an dem der Herr des Hauses die größte Freude zeigt, denn Frauen tendieren durch ihre Erziehung eher zu höflichem, zurückhaltendem, rücksichtsvollem und angepasstem Verhalten. Das anerzogene Rollenmuster ist gerade bei solchen Gelegenheiten erkennbar.

Oh ja, auch ich gebe meinem Mann jedes Mal nach, wenn wir Feuerwerk einkaufen. Das sollte ich vielleicht in der Zukunft auch mal ändern und dann gäbe es eine große Menge von wunderschönem Glitzerregen zu bewundern. Sie merken schon, in Gedanken arbeite ich bereits mit einem ganz breiten Grinsen im Gesicht an unserem nächsten Silvesterfeuerwerk.

Zurück zur Arbeit, erinnern Sie sich noch an den letzten Workshop mit Gruppenarbeit in Ihrer Firma? Falls Sie einer gemischten Gruppe angehörten, ist Ihnen bestimmt folgende Rollenverteilung aufgefallen. Eine Frau aus der Gruppe notierte mit großer Wahrscheinlichkeit die wichtigen Punkte auf einem Schreibblock, wobei die Männer aus der Gruppe eifrig diktierten.

Anschließend durfte die Frau auch die Ergebnisse der Gruppe in Schönschrift am Flipchart festhalten. Eine gern verwendete Begründung der Kollegen ist hierbei das Argument: „Du hast von uns die schönste und leserlichste Handschrift.“

Im Gegenzug hat sich mit großer Wahrscheinlichkeit ein Kollege bereits freiwillig gemeldet, um die Ergebnisse der Gruppe den restlichen Teilnehmern des Workshops zu präsentieren. Auch hier sind die typischen Verhaltensmuster erkennbar – Männer tragen gerne vor und Frauen drängen sich nicht gern in den Vordergrund.

An mir selbst stellte ich fest, dass ich in meinen jungen Jahren genau dasselbe Verhalten zeigte. Erst durch das Arbeiten an mir und durch mehr Selbstvertrauen wurde ich mutiger und meldete mich zum Beispiel in Arbeitsgruppen zur Ergebnispräsentation freiwillig.

Die Kollegen waren meist sofort damit einverstanden, dass in diesen Fällen ein Mann das Flipchart beschreiben musste und nicht die Frau im Team. Diese positiven Erfahrungen bestärkten mich darin, aus meinen typisch weiblichen Verhaltensmustern auszubrechen und mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln.

Entscheidend war die Tatsache, dass ich in der Lage war, mein eigenes und das Verhalten meiner Kollegen zu erkennen sowie einzuschätzen, um meine eigenen Reaktionen besser auf meine Mitmenschen auszurichten.

Auch ich gehöre zu den Menschen, die nicht gerne streiten. Allerdings gehe ich keinem Streit aus dem Weg, der unbedingt sein muss und nicht verhindert werden kann. Jedoch habe ich gelernt, konstruktiv Konflikte zu lösen und wertschätzend mit meinen Mitmenschen zu kommunizieren. Dann steht einer guten Zusammenarbeit im Team schon nicht mehr so viel im Wege.

Ehrlich gesagt, an den meisten Tagen im Jahr beherzigte ich das auch und setzte es erfolgreich um. Aber da ich auch nur ein Mensch bin, gelang es mir nicht immer und ich ärgerte mich manchmal schon über mich selbst – ach ja, und gelegentlich auch über die anderen.

Übrigens, ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass Frauen und Männer sich endlos über Farben austauschen können und am Ende selten einer Meinung sind? Ich stelle auch bei meinem Ehemann immer wieder fest, dass er Farben anders sieht als ich.

Bei mir gibt es viel mehr Schattierungen zu einer Farbe als bei ihm. So unterscheide ich zwischen Hell- und Dunkelrosa, Pink, verschiedenen Orange- und Rottönen. Im Vergleich hierzu redet mein Mann nur von roter Farbe.

Tja, dieser Unterschied bei der Wahrnehmung ist ebenfalls auf unsere Urzeit zurückzuführen, denn bei einem Jäger waren die einzelnen Farbschattierungen nicht so wichtig.

Bei uns Frauen als Sammlerinnen war dies schon von Bedeutung, denn eine rote Beere konnte giftig sein und eine orangefarbene genießbar. Von der Unterscheidung der Farben konnte das eigene Leben abhängig sein. Nur gut, dass dies in der heutigen Zeit nicht mehr so wichtig ist – dem Supermarkt um die Ecke sei Dank.

Bei der Erstellung von gemeinsamen Präsentationen oder Ergebnisunterlagen kann die unterschiedliche Wahrnehmung von Farben im Berufsleben ebenfalls zum Vorschein kommen. Aus diesem Grund ist es besser, in solchen Fällen auf eine langwierige Diskussion zu verzichten, denn Männer erkennen diese farblichen Feinheiten nicht. Sich darüber zu streiten, ob die Farbe nun rot oder orange ist, kostet nur Zeit, die sinnvoller und gewinnbringender eingesetzt werden kann.

Entscheidend ist, dass Sie sich dieser vorher beschriebenen Unterschiede bewusst sind, um zum einen diese wahrnehmen zu können und zum anderen entsprechend darauf eingehen und reagieren zu können.

Sprechen Männer und Frauen die gleiche Sprache?

Eher nicht. Grundsätzlich sprechen wir dieselbe Sprache, allerdings verstehen sich deswegen Mann und Frau noch lange nicht immer auf Anhieb. Was ist hier die Ursache? Frauen und Männer kommunizieren auf unterschiedlichen Ebenen und verstehen somit nicht immer das Gleiche oder was zwischen den Zeilen ausgesprochen wird.

Wie kommuniziert eine Frau?

Frauen kommunizieren auf der Beziehungs- bzw. Gefühlsebene. Dabei geht es darum, etwas zu teilen, Bindungen einzugehen, Gefühle auszutauschen und sie erwarten Anteilnahme. Ein gemeinsames Problem festigt die Beziehung und fördert die menschliche Nähe.

Wie kommuniziert ein Mann?

Männer kommunizieren auf der Status- bzw. Berichtsebene. Dabei geht es darum, im Gespräch festzulegen, wer hat welchen Status, wer übernimmt die dominierende Rolle, wer übernimmt die Führung.

Das Ziel ist es herauszufinden, wer den höheren Status innehat. Über Gefühle tauschen sich Männer weniger aus, sondern sie betrachten Probleme als Herausforderungen, für die es eine Lösung zu finden gilt. Das Ziel bei Männern besteht darin, in einem Gespräch Informationen auszutauschen.

Was passiert nun, wenn ein Mann und eine Frau über das gleiche Problem reden?

Ein Mann macht sofort einen zu dem Problem passenden inhaltlichen Lösungsvorschlag, wobei die Frau im ersten Schritt lediglich von ihm Anteilnahme erwartet. Dies führt dazu, dass die Frau sich schnell verletzt und von einem Oberlehrer als belehrt fühlt.

Wer will schon als Frau einen ständigen Problemlöser haben, wenn sie lediglich hören wollte, dass er ihr Problem versteht und sich eventuell in einer ähnlichen Situation befindet. Ein konkreter Vorschlag zur Problemlösung kann auch anschließend erst angeboten werden – das wäre noch immer ausreichend.

Eine Frau reagiert auf die Problemschilderung eines Mannes meist, indem sie ähnliche Probleme aufzeigt. Sie will ihm damit auf der Beziehungsebene ihre Anteilnahme und ihr Verständnis ausdrücken.

Ein Mann fühlt sich jedoch durch diese Vorgehensweise schnell vor den Kopf gestoßen und meint, dass die Frau ihm dadurch nur mitteilen wolle, dass andere auch dieses Problem haben und er sich nicht so anstellen solle. Dabei hat er lediglich einen inhaltlich konkreten Vorschlag zur Problemlösung erwartet. Und schon stehen die Vorzeichen auf Sturm und der Hausfrieden könnte ernsthaft in Gefahr geraten.

Auch in der Ausdrucksweise unterscheiden sich Frauen von Männern. Frauen verwenden häufig die indirekte Rede, indem sie Formulierungen verwenden wie „es wäre schön, wenn …“ oder „wir könnten ja mal …“. Die darin versteckte Aufforderung entgeht den meisten Männern, da diese nicht direkt ausgesprochen wurde.

Männer dagegen verwenden Formulierungen wie „ich will, dass …“ oder „lass uns … machen“. Dies kommt bei einer Frau häufig als Befehl an, der ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche nicht immer berücksichtigt. Und schon sind Missverständnisse vorprogrammiert und der Ring für gegenseitige verbale Attacken freigegeben.

In gleichgeschlechtlichen Gruppen treten diese Probleme weniger auf, da die Gesprächspartner auf der gleichen Ebene kommunizieren, sich somit besser verstehen und ähnliche Interpretationsweisen zeigen.

Als Führungskraft konnte ich an einem Gender-Seminar teilnehmen, bei dem mitunter Aufgabenstellungen in kleinen Gruppen bearbeitet wurden. Ich landete in einer Gruppe von sechs Personen und war dabei die einzige Frau in der Runde.

Natürlich tauschten wir uns über unsere persönlichen Erfahrungen im Beruf und auch im Privatleben aus. Die männlichen Kollegen gaben zu, dass sie in der täglichen Arbeit schon manchmal ihre liebe Not damit hatten, das Verhalten ihrer weiblichen Mitarbeiterinnen nachvollziehen und verstehen zu können.

Sie fragten mich, wie es mir dabei erginge und ob ich ähnliche Probleme habe. Ich antwortete: „Da ich selbst eine Frau bin, weiß ich, wie Frauen denken und was in ihnen vorgeht. Somit habe ich keine Schwierigkeiten, andere Frauen zu verstehen oder mich in sie hineinzuversetzen. Männliche Mitarbeiter und Kollegen verstehe ich ebenfalls, da diese auf der Sachebene und über inhaltliche Themen kommunizieren, was ich auch nachvollziehen kann. Frauen zu verstehen, fällt mir leicht und Männer zu verstehen, ist einfacher zu lernen. Somit habe ich den Vorteil als Frau, dass ich beide Geschlechter leichter verstehen kann.“

Völlig verblüfft starrten mich die Kollegen in der Runde an und gestanden sich ein, dass sie das auf diese Art und Weise noch nie betrachtet hätten, ich jedoch mit meiner Argumentation recht hätte.

In dieser Runde tauschten wir uns auch über das Sprichwort „Ein Mann – ein Wort, eine Frau – ein Wörterbuch“ aus. Dabei kamen wir alle zum gleichen Ergebnis, nämlich dass dieses zwar gerne von Männern genutzt wird, allerdings in der Praxis im übertragenen Sinne genommen nicht korrekt ist. Die Einhaltung von Versprechen hängt nicht wirklich von der Anzahl der dabei verwendeten Worte oder vom Geschlecht ab.

Eine wichtige Erkenntnis besteht darin zu akzeptieren, dass Frauen und Männer unterschiedlich kommunizieren und dass beide Wege weder als falsch noch als richtig, sondern einfach als anders eingestuft werden müssen. Sich dessen bewusst zu sein, verringert im Alltag die Gefahr, sich ständig in Missverständnissen, Schuldzuweisungen oder Streitereien zu verlieren.

Auch der Körper spricht

Die Körpersprache und Mimik unterliegen ebenfalls den geschlechterspezifischen Unterschieden und diese Art der nonverbalen Kommunikation kann in Meetings hervorragend studiert werden.

Bei den Männern liegt der Fokus auf großen Gesten und weniger in der Mimik. So beanspruchen sie mehr Raum wie zum Beispiel durch einen breitbeinigen Stand und durch ausholende Gesten.

Dies dient dazu, Durchsetzungsvermögen zu signalisieren und den eigenen Status zu untermauern sowie Aufmerksamkeit zu erreichen. Das Zeigen von Gefühlsregungen, die auf dem Gesicht ablesbar sind, steht dabei nicht im Vordergrund, sondern eher das sogenannte Pokerface.

Bei Frauen ist es genau umgekehrt. Große Gesten und ein breitbeiniger Stand gelten hier eher als unweiblich. Frauen sitzen meist in einer schmalen Silhouette auf dem Stuhl, indem sie die Beine häufig überkreuzen und die Hände nicht außerhalb ihrer Schulterbreite ablegen. In ihrer Mimik spiegeln sich ihre Gefühle wider, um menschliche Nähe und Freundlichkeit zu signalisieren.

Gerade diese Mimik steht im Berufsleben jedoch sehr häufig für Schwäche, weshalb immer mehr Frauen im Geschäftsleben ebenfalls ein Pokerface aufsetzen, um keine Angriffsflächen zu bieten. Auch dies konnte ich an mir selbst feststellen.

Je höher ich in der Karriereleiter aufstieg, umso mehr versuchte ich meinen Gesichtsausdruck im Griff zu halten und keine Emotionen zu zeigen. Dabei war es mir wichtig, keine Gefühle zu zeigen, die mir als Schwäche ausgelegt werden konnten, um dadurch ungewollt den Gesprächspartnern einen Vorteil zu verschaffen, den ich gar nicht liefern wollte.

Nonverbale Kommunikation findet ständig statt – egal, ob unbewusst oder bewusst und gezielt eingesetzt. Auch hier ist es wichtig, die Körpersprache und Mimik des Gegenübers zu verstehen, um professionell handeln zu können.

Anmerken möchte ich an dieser Stelle noch, dass die beschriebenen geschlechterspezifischen Unterschiede und Verhaltensmuster nicht automatisch für alle Männer und Frauen gleichermaßen gelten. Natürlich gibt es individuelle Unterschiede und Ausprägungen.

Die beschriebenen typischen Verhaltens und Kommunikationsmuster stellen jedoch die wesentlichen Tendenzen dar und können sehr häufig in der Praxis beobachtet werden. Und darum geht es schließlich, sie zu erkennen, wenn sie einem begegnen, um in der Lage zu sein, richtig zu handeln.

Die verschiedenen Kollegentypen

In den nachfolgenden Kapiteln beschreibe ich auf der Basis meiner Erfahrungen aus zwei Jahrzehnten als Führungskraft und Managerin die wesentlichen Merkmale der verschiedenen Kollegen- und Mitarbeitertypen, die mir am häufigsten begegnet sind. Die damit verbundenen Empfehlungen basieren ebenfalls auf meinen Erfahrungen und stellen meine persönlichen und subjektiven Erlebnisse dar.

Mein Ziel war es nicht, ein Lehrbuch oder einen sachlichen Ratgeber unter rein wissenschaftlichen Aspekten zu schreiben, sondern Ihnen anhand meiner persönlichen Erlebnisse Einblicke in die unterschiedlichen typischen Verhaltensmerkmale und Muster zu geben.

Damit verbunden sind die verschiedenen Tipps und Anregungen, insbesondere zu dem Kernthema Kommunikation, die das positive Zusammenspiel auf der zwischenmenschlichen Ebene deutlich erleichtern und helfen, Spannungen zu reduzieren.

Der Einfachheit halber verwende ich bei meinen Schilderungen die männliche Variante bei Personen wie zum Beispiel der Kollege, der Mitarbeiter, der Chef, der Vorgesetzte. Der Großteil der verschiedenen Kollegentypen ist meist geschlechtsunabhängig und kann in der weiblichen wie auch männlichen Form auftreten.

Jeden Tag arbeiten Sie mit den verschiedensten Menschen zusammen, die Sie nicht alle auch automatisch sympathisch finden. Dabei können Sie mit sogenannten Engeln oder Teufelchen konfrontiert werden, die einem das Leben entweder leichter machen oder schwieriger gestalten.

Jeder von uns weist seine individuellen Marotten und Eigenheiten auf, mit denen er gelegentlich seine Mitmenschen nervt. Dennoch, wir müssen miteinander auskommen und dabei kann der eine oder andere Tipp sehr hilfreich sein.

Alle Tipps haben bei mir funktioniert, was jedoch keine Garantie dafür ist, dass die gleichen Mittel auch bei Ihnen klappen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, probieren Sie es einfach aus.

Der Streber

Dieser Kollegentyp ist ein wahres Wunder an Einsatzbereitschaft und Ausdauer. Sobald er einen Auftrag erhält, überschlägt er sich buchstäblich vor Eifer. Dabei recherchiert er akribisch und beschäftigt meistens noch weitere Kollegen, die unter der zusätzlichen Belastung nicht immer lautlos stöhnen.

Was ich mit einem solchen Kollegen in gemeinsamen Meetings erlebt habe, war teilweise schon bühnenreif. Da werden Präsentationen vorgestellt, die manche Doktorarbeiten blass aussehen lassen. Eine Unterlage mit fünf komprimierten Seiten gab es bei ihm nicht.

Im Gegenteil, das Backup enthielt meist eine Bibliothek mittleren Umfangs, um auf alle eventuell auftretenden Fragen eingehen zu können. Hier steckten viele Stunden an Tages- und meist sogar Nachtarbeitszeit drin, was sich jedoch in einer all umfassenden Ergebnisvorlage niederschlug. Sehr häufig fühlte ich mich dadurch zutiefst beeindruckt und noch mehr geplättet.

Einer meiner langjährigen Kollegen krönte seinen unermüdlichen Arbeitseifer mit einer hervorragenden bildhaften Sprache und Ausdrucksweise. Dies führte dazu, dass er seine Ergebnisse in Meetings derart anschaulich und humorvoll darstellte, dass wir teilweise bei seinen Präsentationen nicht nur beeindruckt waren, sondern uns noch vor Lachen bogen.

Sein Arbeitseifer konnte durch nichts gebremst werden. Bei jedem zu vergebenden Auftrag rief er freiwillig „hier“ und strahlte über das ganze Gesicht, wenn er den Zuschlag erhielt. Er war sehr lieb, aber auch wahnsinnig anstrengend.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752108699
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (August)
Schlagworte
Karriere Berufstipps Erfolg Zusammenarbeit Neid Erfolg Frau Problemlösung Kollegentypen Kommunikation

Autor

  • Elana Liehmar (Autor:in)

Elana Liehmar studierte Business Administration und war sechsunddreißig Jahre bei einem der größten DAX-Unternehmen in Deutschland beschäftigt. In dieser Zeit arbeitete sie zwanzig Jahre als Führungskraft und Managerin in verschiedenen Fachbereichen und an unterschiedlichen Standorten. Der feinfühlige Umgang mit den unterschiedlichsten menschlichen Charakteren gehörte zu ihrem Alltag, um eine spannungsarme Zusammenarbeit zu ermöglichen.
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Titel: Engel oder Teufelchen?