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Abenteuer Führung

Tipps aus der Praxis zur Fehlervermeidung und Selbstreflexion

von Elana Liehmar (Autor:in)
100 Seiten

Zusammenfassung

„Ach, das bisschen Führung mache ich mit links!“ Ein weit verbreiteter Irrglaube, der sehr schnell in eine Sackgasse bei der beruflichen Karriere führen kann. Weshalb arbeiten erfolgreiche Führungskräfte laufend an sich? Diese Frage beantwortet Elana Liehmar mitunter anhand von persönlich erlebten Situationen. Dabei nimmt sie ihre Erfahrungen aus zwanzig Jahren als Führungskraft genauer unter die Lupe und schildert diese nicht nur sachlich und analytisch, sondern gelegentlich auch mit einem Zwinkern im Auge. Sie gibt praxiserprobte Tipps zu verschiedenen Themen wie situatives Führen, Führung in Veränderungsprozessen und zu Feedback. Es werden auch Themen wie Anforderungen an Führungskräfte, geschlechterspezifische Unterschiede und Führungsstile genauer betrachtet. Mitarbeiterführung ist tatsächlich ein Abenteuer, auf das sich jede Führungskraft einlässt und das es zu bewältigen gilt – gewusst wie.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Vorwort

Mitarbeiterführung – wie geht das denn?

Oh ja, viele Wege führen ans Ziel oder ins Chaos, allerdings ist nicht jeder Weg effektiv oder gar empfehlenswert.

Es sind Ihre Entscheidungen und Ihr Verhalten als Führungskraft, ob Ihr Weg zum Albtraum wird oder enormen Spaßfaktor aufweist – ach ja, und dazwischen gibt es natürlich noch unzählige Ausprägungen. Eines ist jedoch gewiss, es liegt sehr viel in Ihrer Hand, wie Sie Ihre Führungsrolle leben und sich Ihren Mitarbeitern gegenüber verhalten. Übrigens werden Sie sehr schnell merken, dass der menschliche „Tierpark“ sehr vielfältig, interessant, abwechslungsreich, aber auch mitunter nervtötend sein kann.

Nun zu mir. Wie komme ich zu der Meinung, dass ich Ihnen Tipps geben könnte?

Zwanzig Jahre lang war ich eine weibliche Führungskraft und Managerin in einem der größten DAX-Unternehmen in Deutschland. Dabei habe ich in den Jahren von 1996 bis 2016 insgesamt ungefähr ein Dutzend gravierende organisatorische Änderungen in verschiedenen Fachbereichen erlebt und mitgestaltet. Damit verbunden war jedes Mal der Aufbau von neuen Teams, wobei mein kleinstes Team aus sechs und mein größtes Team aus vierhundert Mitarbeitern bestand. Zudem arbeitete ich zwölf Jahre an verschiedenen Standorten in Deutschland, die zwischen 120 und 600 km von meinem Wohnort entfernt lagen.

Diese Zeit war eine schier unendliche Quelle an positiven, negativen, lustigen und auch qualvollen Momenten, die alle ihren Ursprung in der Führung von Menschen hatten. Dabei machte ich insbesondere die Erfahrung, dass ich selbst auch nur ein Mensch und himmelweit davon entfernt bin, perfekt oder es nur annähernd zu sein. Tja, der Mensch hat seine Stärken, aber auch seine Unzulänglichkeiten, mit denen er es regelmäßig schafft, sich selbst das Leben schwer zu machen.

Ein zusätzliches Risikopotenzial verbarg sich jedoch auch in der Schar an Mitarbeitern, die das Vergnügen oder das Problem hatten, mich als Chefin erdulden zu müssen. Dabei kann allein schon der Start in ein neues Leben als Führungskraft für Abwechslung sorgen.

So wurde ich bei meinem ersten Job mit Führungsaufgaben am ersten Tag innerhalb der ersten halben Stunde von meinen neuen Mitarbeitern mit dem liebevollen und überaus freundlich vorgebrachten Kommentar begrüßt: „Ihre Vorgängerin hatten wir nach drei Monaten erfolgreich vergrault. Mal schauen, wie lange es bei Ihnen dauern wird.“ – Dieser Tag fing auf jeden Fall mit einem gewaltigen Adrenalinschub an und versprach viel Spannung (im wahrsten Sinne des Wortes) …

In meinen Anfängen als Führungskraft befand ich mich zudem in der sehr interessanten und spannenden Lage, eine muntere Schlägerei zwischen erwachsenen, kräftigen, männlichen Mitarbeitern zu schlichten, ohne dabei selbst als Punchingball zu enden. Tja, langweilig ist das Führungsleben auf jeden Fall schon mal nicht, herausfordernd jedoch mit Sicherheit.

So machte ich auf meinem Weg manche Fehler, die nicht wirklich gut waren. Auf Grund des Nichtvorhandenseins eines passenden Mentors durfte ich mit Anlauf in alle Fettnäpfchen reinhüpfen, die sich auf meinem Weg auftaten. Eines ist sicher – gelernt habe ich jede Menge.

Nun möchte ich Ihnen meine Erfahrungen schildern und bewährte Praxistipps weitergeben, um Ihnen entweder den Start oder Ihr Dasein als Führungskraft zu erleichtern. Dabei will ich noch betonen, dass ich nicht vorhabe, eine Zusammenfassung von wissenschaftlichen Studien zu erstellen. Nein, ich möchte Ihnen auf Basis meiner persönlichen Erlebnisse die Erkenntnisse aus begangenen Fehlern, erzielten Erfolgen und aus Rückmeldungen meiner Mitarbeiter schildern. Was Sie daraus mitnehmen, entscheiden Sie selbst.

Es spielt übrigens keine Rolle, welchem Geschlecht Sie angehören und ob Sie eine Krawatte oder einen Rock tragen. Entscheidend ist Ihre Persönlichkeit, ob Sie erfolgreich sein werden. Also machen wir uns nun gemeinsam auf den Weg, um das Abenteuer Führung genauer zu erkunden.

Geschlechterspezifische Unterschiede

Gibt es einen Führungsstil, der mehr von Frauen oder mehr von Männern angewendet und bevorzugt wird?

Auf Grund meiner Erfahrungen vertrete ich die Meinung, dass es keinen typisch weiblichen oder männlichen Führungsstil gibt. Allerdings unterscheiden sich Frauen und Männer in ihren Fähigkeiten, Talenten, Vorgehensweisen und Zielen. Zudem besteht ein deutlicher Unterschied in der Wahrnehmung von außen, nämlich wie Führungskräfte von den Menschen in ihrer Umgebung gesehen werden.

Hierbei spielt nicht nur das Verhalten der jeweiligen Führungskraft eine Rolle, sondern auch anerzogene Verhaltens- und Rollenmuster, deren Grundstein bereits bei jedem von uns in der Kindheit angelegt wird. Zusätzlich werden wir auch von gesellschaftsspezifischen Ansichten und Meinungen unser ganzes Leben lang beeinflusst.

Welche Erwartungen werden an uns gestellt? Welches Verhalten wird unterschiedlich ausgelegt? Welche Dinge beeinflussen das Image einer Führungskraft? Was unterscheidet eine Frau von einem Mann in einer Führungsrolle? Das sind einige Fragen, die es zu beantworten gilt. Deshalb schauen wir uns nun die wesentlichen Unterschiede und die damit verbundenen Erkenntnisse etwas genauer an.

Der feine Unterschied beim Toughsein

Von einer Führungskraft wird natürlich erwartet, dass sie sich durchsetzen kann. Wird hier der gleiche Maßstab zwischen Mann und Frau angelegt? Eher nicht.

Bei einem Mann wird sein energisches Auftreten als durchsetzungsstark anerkannt und sehr positiv bewertet. Da fallen einem sofort Aussagen ein wie „wow- der weiß, was er will“, „der lässt sich nicht die Butter vom Brot nehmen“, „den zieht so leicht keiner über den Tisch“, „der weiß sich seiner Haut zu wehren“ und „der steht seinen Mann“. In der Regel finden wir das Auftreten eines solchen Mannes beeindruckend und respektieren ihn in seiner Rolle.

Wie sieht das nun bei einer Frau aus, die tough auftritt? Sehr häufig fallen hier sehr schnell Begriffe wie „die hat Haare auf den Zähnen“ sowie „Beißzange“ und „Wuchtbrumme“. Das Ansehen einer Frau unterscheidet sich in diesem Falle gravierend von den männlichen Kollegen. Von ihr werden eher „weiche“ Tugenden erwartet wie Anpassungsfähigkeit, Mütterlichkeit, Hilfsbereitschaft und solche Dinge. Aber mal ehrlich, Mädels und Jungs – das eine schließt doch das andere nicht aus!

Welche Erfahrungen habe ich in meinem Berufsleben hierzu gemacht? In meinen Anfängen war ich deutlich schüchterner und zurückhaltender als in späteren Zeiten. Das wurde mir sofort als Schwäche und Unsicherheit ausgelegt, obwohl ich lediglich niemanden in meiner Umgebung verletzen wollte.

Also erkannte ich, dass ich in dieser Hinsicht wohl dazulernen musste, indem ich klare und unmissverständliche Botschaften sendete, nicht klein beigab und mich mit fundierten Sachargumenten gegen verbale Angriffe verteidigte. Das brachte mir allerdings in meinem Berufsleben verschiedene Spitznamen ein, die immer irgendwie und irgendwann den Weg zu mir fanden.

Mein erster Spitzname war „blonder Engel“ – der war wirklich sehr schön und sehr schmeichelhaft. Mein zweiter Spitzname war „Barbiepuppe“ – der war nicht mehr ganz so schmeichelhaft. Mit steigendem Durchsetzungsvermögen folgten nun Bezeichnungen wie „Beißzange“, „die möchte ich nicht zu Hause haben“ und „die hat aber Haare auf den Zähnen“. Ja, dann war es eben so und manchmal antwortete ich auf eine solche Bemerkung mit dem Satz „heute Morgen hat mein Rasierapparat versagt.“

Im Gegenzug wird ein weniger energisches Auftreten sofort von unserer Umgebung als zu wenig „straight“ oder zu lasch angesehen. Da soll man es als Frau einmal recht machen können. Aber egal, in der Realität muss jede für sich eine Entscheidung treffen, welchen Weg sie gehen will.

Für mich habe ich entschieden, dass ich lieber energischer und durchsetzungsstark sein wollte. Damit musste ich allerdings auch zeitgleich an meinem persönlichen „dicken Fell“ arbeiten, um mich durch wenig schmeichelhafte Bezeichnungen nicht verletzen zu lassen.

Übrigens, es soll auch vorkommen, dass Männer als zu tough angesehen werden. In diesem Zusammenhang haben Sie bestimmt schon die Begriffe „Kampfpanzer“ und „ohne Rücksicht auf Verluste“ gehört. Hier hören wir dann sehr häufig militärische Begrifflichkeiten, die aber das Gleiche ausdrücken sollen wie die weiblichen Bezeichnungen.

Das Fazit ist allerdings eindeutig: Beim Toughsein werden unterschiedliche Maßstäbe angelegt und Frauen werden von ihren Mitmenschen völlig anders als Männer bewertet.

Gefühle und ähnliche Dinge

Bestimmt kennen Sie die Aussage „Männer handeln rational und Frauen emotional“. Das halte ich eindeutig für ein Gerücht! Ich glaube nämlich, dass es hier auf beiden Geschlechterseiten unzählige Ausprägungen und Mischformen gibt.

Ich brauche nur von mir selbst ausgehen. Von meiner ursprünglichen Ausrichtung her bin ich nämlich ein Kopfmensch. Das bedeutet, dass ich Entscheidungen in erster Linie auf Basis von Sachargumenten und rationalen Aspekten treffe. Bin ich deswegen weniger eine Frau? Nö. Allerdings habe ich gelernt, zusätzlich auf mein Bauchgefühl zu hören. Wer hat mir diesen Tipp gegeben? Mein Mann. Dazu bedurfte es bei mir jedoch einiger Übung, denn ich musste meine innere Stimme erst finden und sie zu verstehen lernen.

Mit viel Training gelang es mir, meine Entscheidungen nach dem Kopf zu treffen und anschließend mit meinem Bauchgefühl abzugleichen. Hierzu musste ich lernen, in mich hineinzuhören und zu erkennen, wie sich das Ganze in meinem Inneren anfühlte. Bei einem positiven Gefühl wusste ich, dass mein Bauchgefühl mit meiner durch den Kopf getroffenen Entscheidung übereinstimmte.

Natürlich habe ich auch experimentiert und anschließend festgestellt, dass diejenigen Entscheidungen die besten waren, bei denen Kopf und Bauchgefühl übereinstimmten. Rückblickend muss ich zugeben, dass mein Bauchgefühl immer richtig lag und im Vergleich dazu meine reinen Kopfentscheidungen nicht immer optimal ausfielen.

Es gibt noch einen weiteren Aspekt, den wir betrachten müssen und bei dem tatsächlich ein Unterschied zwischen den Geschlechtern besteht.

Von Frauen wird erwartet, dass diese ihre eigenen Gefühle und die ihrer Mitmenschen bewusst wahrnehmen und die Stimmungslagen erkennen können. Stimmt das? Ja! Frauen spüren die Stimmung ihres Gegenübers und sie spüren auch mehr, als dieser mit Worten ausdrückt – sie müssen nur aufmerksam „hinhören“. Diese Sensibilität ihren Mitmenschen gegenüber erleichtert ihnen die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Mitarbeitertypen.

Meist verfügen Frauen auch über ein höheres Einfühlungsvermögen, ein stärker ausgeprägtes Fingerspitzengefühl und diplomatisches Geschick als Männer, was ihnen in schwierigen Situationen oder Gesprächen zugutekommt. Sie können sich leichter in die Lage ihres Gegenübers versetzen und dessen Gefühlslage nachvollziehen.

Diese Fähigkeit üben bereits kleine Mädchen im Umgang in der Gruppe mit anderen Mädchen und lernen somit, von klein auf mit Gefühlen umzugehen, diese auszudrücken und auf das Wohl der Gruppe zu achten. Dagegen beschäftigen sich kleine Jungs mit dem Konkurrieren um „schneller, weiter, besser, höher“.

Männliche Führungskräfte tun sich meist etwas schwerer mit der Gefühlslage und der Empfindsamkeit ihrer weiblichen Mitarbeiter, da sie ihren Fokus eher auf Zahlen, Daten, Fakten richten. Dabei kann das seelische Verletzungsrisiko auf Seiten einer Mitarbeiterin gelegentlich schon sehr hoch sein.

Aber auch hier gibt es die unterschiedlichsten Ausprägungen, indem manche Männer eine sehr starke „weibliche Seite“ besitzen und manche Frauen nur eine Sparvariante an Einfühlungsvermögen abbekommen haben. Die Menschen sind eben sehr verschieden, lassen sich nicht alle über einen Kamm scheren und das ist auch gut so!

Das eigene Selbstverständnis

Das Selbstverständnis prägt maßgeblich das eigene Führungsverhalten und die Erwartungshaltung an die Mitarbeiter im Team.

Männer sehen in Führung ein Machtinstrument. Sie sehen sich selbst als Alphatier und erwarten, dass ihre Mitarbeiter ihnen folgen und ihre Anordnungen umsetzen. Dabei sind sie meist hierarchisch ausgerichtet und bewerten ihren persönlichen Erfolg nach der Stufe in der Hierarchie, auf der sie stehen.

Persönlich habe ich sehr häufig die Erfahrung gemacht, dass Informationen an Mitarbeiter nur selektiv und reduziert weitergegeben werden, je nachdem wie stark das Alphatier-Syndrom ausgeprägt war.

Auch Kommunikation wird als ein Machtinstrument angesehen. So konnte ich über viele Jahre hinweg einen Kollegen als Führungskraft beobachten, der Kommunikation und Information sehr gezielt einsetzte. Er hatte an sich selbst den Anspruch, immer am meisten zu wissen wie zum Beispiel über bevorstehende organisatorische Änderungen, personelle Veränderungen, betriebliche Entwicklungen und ja, sogar über Gerüchte.

Er fühlte sich nicht wohl, wenn eine andere Person über mehr Wissen verfügte als er, denn das kratzte deutlich an seinem Selbstverständnis als die Nummer eins im Team. Entsprechend sparsam fiel auch seine Weitergabe von wichtigen betrieblichen Informationen aus, was jedoch zu keiner guten Stimmung in seinem Team führte.

Das Alphamännchen-Syndrom war hier eindeutig zu stark ausgeprägt und diese Meinung war bei seinen Mitarbeitern im Team unabhängig vom Geschlecht vorhanden. In diesem Fall waren einmal Mann und Frau auf Anhieb gleicher Meinung. Dem Kollegen halfen die entsprechenden Rückmeldungen jedoch nicht weiter, denn er nicht konnte aus seiner Haut heraus und war nicht in der Lage, sein Verhalten entsprechend zu ändern – schade.

Im Gegensatz hierzu verfügen Frauen über ein ganz anderes Selbstverständnis. Sie sehen sich selbst als Teammitglied und wollen anerkannt und respektiert werden. Ihnen liegt auch sehr viel an einer guten Zusammenarbeit und einer positiven Stimmung im Team. Natürlich sind sie genauso stark daran interessiert wie ihre männlichen Kollegen, die vorgegebenen Ziele zu erreichen - das Zusammenspiel im Team ist jedoch ein anderes.

So hat jedes Geschlecht seine eigenen Vorstellungen von seiner Rolle als Führungskraft, die sich im Alltag spürbar unterscheiden. Entsprechend unterschiedlich werden sie auch von ihren Mitarbeitern wahrgenommen.

Was treibt uns an?

Unterscheidet sich die Führungsmotivation zwischen Mann und Frau? Ja, und zwar deutlich. Es sind aus meiner Sicht unterschiedliche Dinge, die uns antreiben, eine Führungsaufgabe zu übernehmen.

Bei Männern stehen das Anstreben einer Machtposition im Vordergrund sowie das höhere finanzielle Einkommen und der damit verbundene materielle Wohlstand. Männern ist es wichtig, die Nummer eins zu sein, auf die alle hören und die das Sagen hat. Direkt damit verbunden sind auch ihr Selbstwertgefühl und ihr Selbstbewusstsein.

Für Frauen dagegen bedeutet eine Führungsfunktion eine persönliche Entwicklung. Dabei ist ihnen wichtig, dass ihr Tun sinnvoll ist und einen Beitrag zum Großen und Ganzen leistet. Ihr Blick ist in der Regel auch viel stärker auf die Entwicklung ihrer Mitarbeiter gerichtet, indem sie diese fordern und fördern wollen. Ihr vorrangiges Ziel besteht in der Möglichkeit des Mitgestaltens und es geht ihnen nicht an erster Stelle um Macht oder die finanzielle Situation, sondern um die Aufgabe an sich.

Sie glauben das nicht? Dann kann ich Ihnen nur empfehlen, beobachten Sie einmal entweder Ihren eigenen Chef im Alltag genauer oder Ihre Kollegen/innen auf Ihrer Ebene. Tja, ich denke, Sie werden deutlich mehr Spaß in langweiligen Meetings haben als bisher.

Wie bereits erwähnt, gibt es natürlich die unterschiedlichsten Ausprägungen bei männlichen und weiblichen Führungskräften und zwischen der Schwarz-Weiß-Sicht gibt es viele Grautöne. Deshalb sollen diese Merkmale auch keine generelle Pauschalisierung darstellen, sondern sie sollen Sie sensibilisieren, die Unterschiede in der Praxis zu erkennen, um sie einschätzen zu lernen.

Die Kenntnis der geschlechterspezifischen Unterschiede soll Ihnen zudem als Anregung dienen, Denkanstöße zur Selbstreflektion bieten und Ihnen helfen, den Glauben an sich selbst nicht zu verlieren.

Grundsätze zum Thema Führung

Was ist Führung?

Ich denke, wenn Sie fünf Personen fragen, werden Sie vermutlich mindestens sechs verschiedene Antworten erhalten. Je nachdem wie jeder Einzelne seine Prioritäten setzt und was ihm wichtig erscheint. Dennoch gibt es aus meiner Sicht ein paar Dinge, die den sogenannten gemeinsamen Nenner darstellen. Führung ist die Fähigkeit, Einfluss auf andere Menschen und deren Verhalten auszuüben mit dem Ziel, dass die Unternehmensziele erreicht werden.

Das klingt ja soweit ganz einfach. Die Herausforderung besteht jedoch in der praktischen Umsetzung. Insbesondere beim Thema Führung ist das „Wie“ von großer Bedeutung. Denn zwischen einer Führungskraft mit Feldwebel-Charakter und einem Schmusekätzchen/-kater liegen viele verschiedene Ausprägungen. Seinen eigenen Weg zu finden, um die Mitarbeiter mitzunehmen, zu motivieren, mit ihnen gemeinsam erfolgreich zu sein und die gesteckten Ziele zu erreichen, ist eine hohe Kunst.

In meinem Berufsleben habe ich mir so oft sagen lassen, dass sich das bisschen Führung doch mit links machen lässt und dass der Fokus einer Führungskraft auf dem Fachwissen liegen sollte. Tja, da bin ich nun mal ganz anderer Meinung.

Eine Führungskraft soll aus meiner Sicht nicht der beste Experte mit dem größten Detailwissen im Team sein. Ansonsten stellt sich sehr schnell die Frage, wozu er oder sie Mitarbeiter braucht. Mal ehrlich – eine Führungskraft soll aber auch nicht völlig ahnungslos in Fachthemen sein, denn in solchen Fällen wird es schwierig, sinnvolle Entscheidungen zu treffen und sich den Respekt von Mitarbeitern zu erarbeiten.

Führung ist aus meiner Sicht ein Fulltime-Job, der nicht nebenbei gemacht werden kann. Effektive Führung erzielt langfristige Ergebnisse, die nicht nur in der Erreichung von Unternehmenszielen bestehen. Insbesondere zeigt sie sich darin, ob die Mitarbeiter im Team motiviert und begeistert mitarbeiten und ob ein Arbeitsklima im Team herrscht, das von Vertrauen, gegenseitiger Wertschätzung und Respekt geprägt ist. Es gibt hierzu ein gutes „Messinstrument“, nämlich die Abwesenheit der Führungskraft.

Schauen Sie sich einmal Teams an, in denen der Chef zum Beispiel in Urlaub ist. Funktioniert alles, dann hat er bzw. sie gute Arbeit geleistet, denn das Team ist gut aufgestellt, hat die richtige Motivation und die Mitarbeiter wissen genau, was zu tun ist.

Persönlich war ich immer sehr froh, wenn ich im Urlaub entweder gar keine oder nur wenige Anrufe erhielt. So konnte ich mich erholen und wusste, dass meine Mitarbeiter mir zeigen wollten, dass es für einen befristeten Zeitraum auch ohne mich ging und sie eigenverantwortlich sowie zielorientiert arbeiten konnten. Nun ja, es war nicht wichtig, was passierte, wenn ich anwesend war. Wichtig war, was geschah, wenn ich nicht da war.

Von einer Illusion musste ich mich allerdings bereits sehr früh verabschieden. In meinen jungen Jahren war ich bestrebt, es jedem recht zu machen und bei allen Mitarbeitern beliebt zu sein. Entsprechend stark war mein Harmoniebedürfnis ausgeprägt und meine Erwartungshaltung an mich selbst sehr hoch. Tja, Sie können es sich bestimmt schon denken, dass das mit der Umsetzung in der Praxis nicht so ganz geklappt hat.

Es gab immer Mitarbeiter, die mit meinen Entscheidungen oder meiner Vorgehensweise nicht einverstanden waren, egal was oder wie ich etwas gemacht habe. Außerdem erkannte ich sehr schnell, dass ich nicht jedermanns Liebling sein konnte, denn dazu sind die Menschen zu verschieden und entsprechend stimmt manchmal die Chemie eben nicht.

Es dauerte etwas, bis ich für mich verstanden hatte, dass meine Mitarbeiter mich nicht lieben müssen, sondern dass respektieren auch ausreicht. Ab diesem Zeitpunkt war mir jedoch klar, dass die Meinung der Mehrheit in meinem Team für mich wichtig war und nicht die der Minderheit.

Übrigens habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass bei manchen Mitarbeitern alle meine Anstrengungen vergeblich waren, und zwar allein wegen der Tatsache, dass ich eine Frau bin. Ein männlicher Mitarbeiter wechselte das Team mit der Begründung: „Ich muss schon zu Hause meiner Frau folgen, da will ich im Geschäft nicht auch noch eine Frau als Chef haben, die mir sagt, was ich zu tun habe.“ Tja, das war dann klar und deutlich und ich versuchte, es nicht persönlich zu nehmen.

In vielen Fällen hilft es weiter, nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen oder alles zu persönlich zu nehmen. Das eigene „Verletzungsrisiko“ reduziert sich dadurch deutlich und der Kopf ist wieder frei für den Problemlösungsmodus.

Es sei auch erwähnt, dass die Aspekte zur erfolgreichen Führung ebenfalls auf Teams übertragbar sind, die im Alltag nicht regelmäßig zusammenarbeiten wie zum Beispiel in temporären Projekten. Je mehr ein Projektleiter von Führung versteht, umso besser funktioniert auch die Zusammenarbeit im gesamten Projekt.

Die Voraussetzung für effektive Führung ist ein gewisses Grundtalent in Form von bestimmten Fähigkeiten, das jede Führungskraft mitbringen sollte. Durch die Teilnahme an Schulungsmaßnahmen können viele Führungsinstrumente und Techniken erlernt werden. Allerdings kann meines Erachtens nach nichts ausgebaut werden, was so gar nicht vorhanden ist.

Gute Führung will gelernt sein und erfordert eine ständige Weiterentwicklung der eigenen Person. Bei diesem Thema lernt man niemals in seinem Leben aus und ich kann Ihnen nur den Tipp geben, ruhen Sie sich nicht auf Ihren erreichten Lorbeeren aus, überschätzen Sie nicht Ihre eigenen Fähigkeiten und überprüfen Sie regelmäßig Ihre Verhaltensweisen.

Anforderungen an erfolgreiche Führungskräfte

Von Führungskräften wird erwartet, dass sie kompetent und ständig „Herr der Lage“ sind. Soweit so gut – aber was bedeutet das hinsichtlich konkreter Anforderungen und Fähigkeiten? Was macht eine gute Führungskraft aus?

Diese Frage habe ich in meinem Berufsleben immer wieder verschiedenen Mitarbeitern gestellt. In den vielen Jahren als Führungskraft führte ich ungefähr hundert Auswahlgespräche durch. Auch diesen Bewerbern stellte ich die gleiche Frage und war überrascht über die Vielfalt der Antworten. Allerdings kristallisierten sich sehr schnell mehrere Schwerpunkte heraus, die am häufigsten genannt wurden.

Durchsetzungsvermögen

Da in der Arbeitswelt ein sehr hoher Druck und Konkurrenzkampf herrscht, wird von Führungskräften erwartet, dass diese nicht beim kleinsten Widerspruch einknicken und ihre Überzeugungen aufgeben. Sie kennen bestimmt den Spruch: „Der wechselt seine Meinung häufiger als seine Unterwäsche.“ Es handelt sich hierbei auf jeden Fall nicht um ein Kompliment. Da war ja noch die Sache mit dem Toughsein. Ja, das hilft auf jeden Fall weiter. Dabei ist es wichtig, die richtige Balance zwischen Durchsetzungsvermögen und Nachgiebigkeit zu finden.

Entscheidungsfähigkeit

Um Entscheidungen zu treffen, braucht jede Führungskraft schon eine gewisse Portion Mut, denn man weiß ja immer erst im Nachhinein, ob die Entscheidung richtig oder falsch war. Ganz besonders schlimm ist es jedoch, wenn Führungskräfte aus Angst vor einer falschen Entscheidung gar keine treffen. In diesen Fällen geht garantiert nichts vorwärts und das führt zwangsläufig zu einer hohen Unzufriedenheit im gesamten Team.

Konfliktlösungsfähigkeit

Wenn Menschen zusammenarbeiten, bleiben Konflikte nicht aus. Diese nach dem Vogel-Strauß-Prinzip zu ignorieren, hilft hier auch nicht wirklich weiter. Konflikte müssen gelöst werden und zwar in einer Form, sodass alle Beteiligten sich anschließend noch in die Augen schauen können. Es müssen sich nicht alle in einem Team lieben, aber sich gegenseitigen Respekt entgegenbringen, hilft zweifellos weiter. Eine Führungskraft sollte in solchen Situationen handeln und nicht ängstlich und mutlos die Situation einfach dulden. Es gilt das Prinzip, Konflikte sind wertschätzend zu lösen.

Soziale Kompetenz

Mit Menschen umgehen zu können und sich nicht wie ein Elefant im Porzellanladen zu benehmen, ist hier von großer Bedeutung. Zuhören können gehört ebenfalls dazu. Fingerspitzengefühl, Einfühlungsvermögen, diplomatisches Geschick sind Fähigkeiten, die nicht jeder besitzt, aber den Umgang und die Zusammenarbeit mit anderen Menschen sehr vereinfachen. Glauben Sie mir, das Porzellan, das durch ein ungeschicktes Vorgehen gegenüber Mitarbeitern zerbrochen wird, lässt sich nicht mehr so leicht und schnell wieder kitten. Da hilft nicht einmal mehr Sekundenkleber.

Vorbildfunktion

Verlangen Sie nichts, was Sie nicht selbst vorleben können. Ihre Mitarbeiter husten Ihnen etwas, wenn Sie selbst zum Beispiel nicht pünktlich erscheinen und Termine und Zusagen nicht einhalten. Die Spitznamen und Bezeichnungen, mit denen Sie folglich bedacht werden, wollen Sie nicht wirklich wissen. Also gehen Sie am besten mit gutem Beispiel voran.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752109122
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (August)
Schlagworte
Karriere Personalführung Motivation Erfolg Führung Mitarbeiterentwicklung Management Führungskraft Führungsstil Mitarbeiterführung

Autor

  • Elana Liehmar (Autor:in)

Elana Liehmar studierte Business Administration und war sechsunddreißig Jahre bei einem der größten DAX-Unternehmen in Deutschland beschäftigt. In dieser Zeit arbeitete sie zwanzig Jahre als Führungskraft und Managerin in verschiedenen Fachbereichen und an unterschiedlichen Standorten. Mitarbeiterführung und -entwicklung gehörten neben der fachlichen Kompetenz zu ihren täglichen Hauptaufgaben.
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Titel: Abenteuer Führung