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Maxim

von Pia Conti (Autor:in)
304 Seiten

Zusammenfassung

Seit Kassia ihrer Freundin Lara geholfen hat, sich Zutritt zur Pressekonferenz des Immobilienhais Dario Cannavaro zu verschaffen, jagen ihr die Blicke von Darios Sicherheitschef, Maxim Nikolajew, lustvolle Schauer über den Rücken. Der erbarmungslose Russe lässt keine Gelegenheit aus, um ihr seine Überlegenheit zu demonstrieren. Insgeheim fühlt sie sich von seiner offen ausgelebten Dominanz angezogen und träumt davon, sich ihm lustvoll zu unterwerfen. Für Maxim hingegen stellt die bockige Blondine zunächst nur eine Herausforderung dar. Er will Kassia für all ihre Respektlosigkeiten büßen lassen, und dafür ist ihm fast jedes Mittel recht.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Kapitel 2

Irgendjemand da oben musste mich fürchterlich hassen. Oder ich hatte in einem früheren Leben – mein Pech in der letzten Zeit ließ mich mittlerweile ernsthaft an Reinkarnation glauben – etwas so Schreckliches verbrochen, dass ich jetzt doppelt und dreifach büßen musste. Wie sonst ließ es sich erklären, dass ich während des Flugs nach St. Petersburg ausgerechnet neben Nikolajew sitzen musste? Geplant war das anders. Ursprünglich sollte Lara neben mir Platz nehmen. Nun musste ich diesen eingebildeten Russen trotzdem ertragen, und zwar über mehrere Stunden, weil Lara beim Check-in schlecht geworden war. Nachdem wir die Sicherheitskontrollen passiert hatten, ging es ihr wieder merklich besser, und Dario, der kurz davorgestanden hatte, die gesamte Reise abzusagen, ließ sich darauf ein, den Flug trotz seiner Bedenken anzutreten. Nach dem Boarding kehrte Laras Übelkeit zurück. Da sie sich aber rigoros weigerte, das Flugzeug zu verlassen, bestimmte Dario kurzerhand eine neue Sitzordnung, um sich persönlich um ihr Wohlergehen zu kümmern, was ich durchaus nachvollziehen konnte. Dafür zog ich die Arschkarte und saß jetzt neben diesem arroganten Idioten.

Nikolajew streckte sich gerade neben mir auf seinem Sitz aus. Seine überwältigende Präsenz jagte mir einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Das konnte ja heiter werden!

„Musst du dich so ausbreiten?“

Nach meinem zickigen Kommentar grinste er dreist. „Wenn’s dich stört, dann verlass doch das Flugzeug und bleib in Italien.“

„Das hättest du wohl gerne“, entgegnete ich zuckersüß und schnitt eine Grimasse in seine Richtung, als er gerade nicht hinsah. Ich betrachtete sein kantiges Profil und seinen eigenwilligen Haarschnitt. Diese Frisur wirkte genauso furchteinflößend wie der ganze Mann. Er hatte sich das dunkelblonde Haar an den Seiten des Kopfes abrasiert, sodass lediglich in der Mitte ein schmaler, circa zwei Zentimeter breiter und ein Zentimeter hoher Steg stehen blieb. Dieser brutale Irokesenschnitt passte perfekt zu seinem harten Gesicht. Die dunkelblauen Augen stachen wie glitzernde Juwelen hervor und unterstrichen die erbarmungslose Aura, die ihn umgab.

„Was ich gerne hätte“, antwortete er unterdessen, „werde ich dir bei Gelegenheit mal erzählen. Wenn du brav ‚Bitte‘ sagst“, ergänzte er dreist.

Mir sträubten sich vor lauter Wut sämtliche Nackenhaare. Ich fantasierte darüber, wie ich ihn an seinem dunkelblonden Iro packte und ihn dann so lange übers gesamte Flughafengelände hinter mir herzog, bis er um Gnade wimmerte. So. Ein. Arsch.

„Du bist unmöglich“, schimpfte ich, „und solltest du in den nächsten Stunden das Verlangen verspüren, ohne Fallschirm aus dem Flugzeug zu springen, bin ich die Letzte, die dich davon abhalten wird. Ich werde sogar Beifall klatschen, wenn dein Dickschädel am Boden aufkommt und wie eine Walnuss aufplatzt.“

Mein fieser Kommentar brachte mir einen schrägen Blick ein. „Bist du eigentlich schon so zickig zur Welt gekommen oder hast du gerade deine Tage?“

Dieser … dieser … Schwachkopf!

Ich hob die Hand, bereit, ihm eine Ohrfeige für diese Unverschämtheit zu verpassen, doch Nikolajew fing sie noch im Flug ab. Mit einem Ruck zog er mich über die Mittelkonsole, und das frostige Glitzern in seinen Augen ließ mich heftig schlucken.

Er senkte seine Stimme, bis der samtene Klang in meinem Magen vibrierte. „Pass auf, mit wem du dich anlegst, Milaja.“

Milaja … Das musste ein russischer Kosename sein. Ich wusste nicht, was er bedeutete, aber ich fand ihn hübsch. Leider passte der ätzende Tonfall nicht dazu.

„Drohst du mir etwa?“

Seine Lippen kräuselten sich höhnisch. „Ich drohe nicht, ich kündige lediglich Konsequenzen an. Du tätest gut daran, dich mir gegenüber ein wenig respektvoller zu verhalten, dann kommen wir prima miteinander aus.“

„Und wenn ich das nicht tue?“ Mich ritt der Teufel. Ich musste ihn einfach provozieren, es ging gar nicht anders.

Sein Lächeln verblasste, sein Gesicht glich einer starren Maske. „Dann werde ich dich bestrafen, Milaja, und glaub mir, du wirst niemals vergessen, was ich mit dir tun würde.“

Das klang bedrohlich und verlockend zugleich. Ich entriss ihm mein Handgelenk und drückte mich in meinen Sitz zurück. Durch Laras Erzählungen konnte ich mir lebhaft ausmalen, wie sich Nikolajew eine Bestrafung vorstellte. Allein die Aussicht, er könnte diese Dinge mit mir tun, jagte ein schmerzhaftes Sehnen durch meinen Unterleib.

„Du bist ja verrückt“, murmelte ich, war mir aber die ganze Zeit über im Klaren, dass er jedes Wort ernst meinte.

„Verrückt?“ Erbost zog er eine seiner Augenbrauen hoch. Sie waren eine Nuance dunkler als das sandfarbene Haar und bildeten den perfekten Rahmen für seine stahlblauen Augen. „Wenn hier jemand verrückt ist, dann du, Milaja. Sonst hättest du schon längst begriffen, dass man mit mir keine Scherze treibt.“

Ich formte mit den Lippen ein lautloses „Leck mich“. Nikolajew blinzelte nicht einmal, während er mir in die Augen sah. Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass er sich all meine verbalen Entgleisungen im Geiste notierte. Plötzlich hob er scheinbar gleichgültig die breiten Schultern unter der grauen Anzugjacke und lehnte sich in seinem Sitz zurück.

„Mach ruhig so weiter, du wirst schon sehen, was du davon hast.“

Nach dieser vermeintlich gelassenen Bemerkung schloss er die Augen und entspannte sich. Nun fühlte ich mich sicher genug, um ihn in aller Ruhe zu betrachten. Keine sehr clevere Entscheidung, denn bei seinem Anblick erhitzte sich mein Blut und strömte direkt in meinen Unterleib. Nikolajews Körper kam mir vor wie eine Waffe. Groß, geschmeidig, mit Muskeln aus Stahl. Seine Hände sahen langgliedrig und kräftig aus. Alles an ihm verströmte kontrollierte Energie. Ein wunderschönes Biest, das niemand zähmen konnte und dessen berechnendes Lächeln schaurige Wonnen verhieß. Bestimmt fickte er genauso brutal und kompromisslos, wie er seinem Job nachging.

Ich wagte einen schnellen Blick auf seinen Schritt. Dio mio, ich presste die Beine ganz fest zusammen. Was sich unter der anthrazitfarbenen Hose abzeichnete, besaß beeindruckende Ausmaße. Dabei war er nicht einmal steif. Wenn er eindrang, musste es sich anfühlen, als würde man von einem Baseball-Schläger aufgespießt. Sofort zog sich meine Pussy lustvoll zusammen und ich sah auf. Noch immer hielt er die Augen geschlossen, doch um seine Lippen lag die Andeutung eines selbstzufriedenen Lächelns. Spürte er, wie ich ihn angaffte, oder schlimmer noch: Wusste er, welches Körperteil ich gerade so intensiv gemustert hatte?

Sofort nahm ich die Blicke von ihm und atmete tief durch. Neben ihm zu sitzen, während ich mir vorstellte, wie er wohl vögelte, erwies sich als schlechte Idee. Seine bloße Anwesenheit machte mich feucht, ich sehnte mich nach zügellosem Sex und seinem stählernen Schwanz zwischen meinen Schenkeln.

Für eine Sekunde überlegte ich allen Ernstes, auf die Toilette zu verschwinden, um mir mit den Fingern Erleichterung zu verschaffen. So kurz vor dem Abflug war das natürlich unmöglich. Außerdem wollte ich mich nicht an ihm vorbeiquetschen, damit er mir auf den Arsch starren konnte. Angespannt drückte ich mich in meinen Sitz und zählte im Geiste bis zehn, um meine Erregung in den Griff zu bekommen. Ich verachtete mich für meine Schwäche, und meine einzige Entschuldigung bestand darin, dass es seit Monaten keinen Mann mehr gab, der mich auch nur ansatzweise reizte. Sie kamen mir im Vergleich zu Nikolajew alle so gewöhnlich vor, so blass und nichtssagend.

Ich wagte einen verstohlenen Blick zur Seite. Die Lider hielt er nach wie vor gesenkt und meine Augen wanderten über seine beeindruckende Gestalt. Ich musste mir immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass er ein menschliches Wesen war und kein unzerstörbarer Roboter. Der perfekte Personenschützer. Ein Killer im Anzug. Brauchte ich vielleicht einen Psychologen, weil ich das so scharf fand?

Meine Fantasie lief nun Amok. Es gelang mir nicht, meinen Tagtraum aufzuhalten, und so stellte ich mir vor, wie ich vor ihm lag, nackt, an Händen und Füßen gefesselt, ihm ganz und gar ausgeliefert. Sein raubtierhaftes Lächeln unterstrich seinen gefährlichen Charakter. Beinahe zärtlich ließ er den Lauf einer Beretta über meine zuckenden Bauchmuskeln gleiten, beschrieb immer kleiner werdende Kreise, bis mein Atem so schnell kam, dass er ständig stockte. Nikolajews Lächeln vertiefte sich, die Waffe glitt erregend kühl tiefer und suchte nach meinem Schoß. Vor Sehnsucht und Geilheit zitternd, bog ich ihm meinen Unterleib entgegen. Die Beretta fand ihr Ziel, stahl sich zwischen meine Beine, bis sich meine feuchten Schamlippen um den kalten Lauf legten. Mein Inneres fühlte sich so schrecklich leer an, ich brauchte etwas, brauchte seinen Schwanz hart und dick in meiner Pussy …

Eine Borddurchsage der Stewardess holte mich aus meinem erotischen Tagtraum. Ich kroch vor Verlegenheit fast in den Sitz hinein und kämpfte verzweifelt gegen das Glühen in meinem Inneren an. Völlig umsonst. Nikolajews Nähe schien das erotische Flimmern in meinem Bauch noch tausendfach zu verstärken. Ich bereute jetzt schon, dass ich Laras Einladung gefolgt war. Wenn ich mich bereits vor dem eigentlichen Flug so wenig unter Kontrolle hatte, dann wollte ich lieber nicht darüber nachdenken, wie es mir in ein paar Stunden gehen würde. Bebend rang ich um Fassung und klammerte mich an den Armlehnen fest.

Nikolajew rührte sich neben mir, öffnete wieder die Augen und warf mir einen kühlen Blick zu. „Ist bei dir alles in Ordnung? Sag nicht, dir wird auch schlecht. Zwei kotzende Frauen wären definitiv eine zu viel.“

Mistkerl, Mistkerl, Mistkerl.

Ich wiederholte dieses Wort gedanklich in Endlosschleife, sodass jeder Anflug von Sinnlichkeit in mir verkümmerte.

„Das kann dir doch egal sein. Kümmere dich um deinen eigenen Scheiß.“

Sein berechnendes Lächeln hätte selbst einem mexikanischen Drogenboss Respekt eingeflößt. „Das würde ich liebend gern, aber leider sitzt du neben mir und ich kann deine ständigen Provokationen nicht ignorieren. Du gehst mir ziemlich auf die Nerven, Milaja.“

Seine verstörende Ehrlichkeit kollidierte mit meinem Ego. Irgendwie fand ich es erniedrigend, dass er so gar nicht auf meine Weiblichkeit ansprang. Nicht, dass ich das gewollt hätte, aber wenn ein Mann so deutlich sein Desinteresse bekundete, fühlte sich das nicht gerade toll an.

„Ach ja?“ Mein spröder Tonfall konnte nicht ganz darüber hinwegtäuschen, wie verletzend ich seine Bemerkung fand, und er nutzte das sofort für den nächsten verbalen Schlag.

Er nickte bedächtig. „Oh ja. Du bist eine verzogene Göre. Man müsste dir dringend ein paar Manieren beibringen.“

„Du hältst dich wohl für einen Experten, was mich betrifft. Oder?“

Nikolajew beugte sich über die Lehne. Sein hartes Gesicht befand sich unmittelbar vor meinem. „Man muss kein Experte sein, um dich einschätzen zu können. Du redest und handelst anders, als du fühlst. Auf Dauer ist das sehr ermüdend. Glaub mir, wenn du meine Sub wärst, würdest du dein aufmüpfiges und despektierliches Verhalten ganz schnell einstellen. Stattdessen würdest du schnurren wie ein rolliges Kätzchen, sobald ich es von dir verlange.“

Wenn du meine Sub wärst …

Mir blieb jegliche Erwiderung in der Kehle stecken, also sank ich zurück in meinen Sitz und würdigte ihn keines Blickes mehr. Ich hielt es für zwecklos, mich mit ihm zu messen. Sein scharfzüngiger Intellekt wurde nur noch von seinem übersteigerten Ego und seiner überwältigenden Präsenz übertroffen. Ich konnte ihn nicht mit den Männern vergleichen, die mir tagtäglich im Supermarkt, im Bus oder auf der Straße begegneten. Jemandem wie ihm war ich nicht gewachsen, und ich konnte nur hoffen, dass diese verstörenden Träume von ihm bald aufhörten.

Ich fiel ohnehin nicht in sein Beuteschema. Die wunderschöne und dunkelhäutige Samia, neben der ich mich so farblos wie ein zu stark verwässertes Aquarellbild fühlte, entsprach wohl eher seinem Geschmack. Ihre mokkabraune Haut und die glühenden schwarzen Augen bildeten den perfekten Kontrast zu seiner eisigen Ausstrahlung. Der plötzliche Stich in meinem Herzen versetzte mich in Angst und Schrecken. Was ich bei der Erinnerung an die beiden empfand, war nichts als Eifersucht und Neid.

Normalerweise konnte ich Personen relativ gut einschätzen, doch bei Samia versagte mein Radar komplett. Ich konnte sie in keine der vorläufigen Schubladen pressen, die Menschen für ihr Gegenüber bereithielten, wenn sie einander zum ersten Mal begegneten. Samia selbst schien keine Probleme damit zu haben, mich zu typisieren. Während des gesamten Essens in Robertos Restaurant hatte sie mir wissende Blicke zugeworfen. Ich fühlte sie noch immer auf meinem Gesicht, obwohl dieser Abend schon Monate zurücklag.

Nikolajews Geliebte hatte meine ambivalenten Gefühle längst vor mir selbst durchschaut. Dennoch hatte sie zu keinem Zeitpunkt den Eindruck erweckt, mich als potenzielle Gefahr anzusehen. Was mich auch nicht wunderte. Nikolajew hatte an jenem Abend nicht mal den Hauch von Interesse an mir gezeigt. Vielleicht war das ja der Grund, warum ich so oft von ihm träumte. Man verzehrte sich doch immer nach einem unerreichbaren Objekt der Begierde.

Hör auf, so einen Krampf zu denken. Du willst ihn nicht wirklich, es ist dein verletzter Stolz, der aus dir spricht.

„Du siehst aus, als wärst du zu einem Mord bereit“, stichelte Nikolajew in diesem Moment. „Muss ich mir Sorgen um mein Leben machen, oder überstehst du den Flug, ohne mir an die Gurgel zu springen?“

Mit betont gleichgültiger Miene wandte ich den Kopf in seine Richtung. „Weißt du, wenn du nichts Sinnvolles zu sagen hast, dann lass es doch einfach bleiben.“

Er spitzte anzüglich die Lippen, seine Brauen wölbten sich aufwärts. „Oha, da hat sich heute Morgen wohl jemand ein Fläschchen Mut genehmigt“, zog er mich auf.

Komischerweise schien er sich nun tatsächlich zu amüsieren, was es mir fast unmöglich machte, ihm wirklich böse zu sein. Ich verbiss mir das Lächeln, das schon in meinen Mundwinkeln lauerte, und kuschelte mich wieder in meinen Sitz.

„Wenn du darauf aus bist, mich zu provozieren, dann muss ich dich enttäuschen. Ich werde mir jetzt ein Nickerchen gönnen. Weck mich, wenn die Stewardessen mit den Erfrischungen kommen.“

Hinter meinen geschlossenen Lidern verschwand meine Umgebung, doch mein Gehörsinn funktionierte noch verdammt gut, und so verursachte sein leises Lachen ein intensives Flattern in mir.

Großartig, das hat mir noch gefehlt, dachte ich entnervt und versuchte, die Tatsache zu verdauen, dass er mir eine Flut von Schmetterlingen in meinem Bauch bescherte.

Lara ging es während des Fluges glücklicherweise wieder etwas besser. Nach der Landung bekamen alle, bis auf Nikolajew, eine Migrationskarte ausgehändigt. Die gab es in doppelter Ausfertigung. Die eine Hälfte wurde einbehalten, die andere sollten wir bei uns tragen und auf gar keinen Fall verlieren, wollten wir vor dem Abflug nach Hause nicht in die Mühlen der russischen Bürokratie geraten. Ohne diese Karte war eine Ausreise nicht ohne Weiteres möglich. Ich kannte das schon von meinem ersten Besuch in Russland und verstaute das kostbare Dokument sorgfältig in der Innentasche meines Mantels.

Danach mussten wir auf unsere Koffer warten, bevor wir uns mit dem Taxi auf den Weg zum Hotel machen konnten. Hoffentlich dauerte es nicht allzu lange. Lara war noch ein wenig blass um die Nase, auch wenn sie vehement gegen die bevorstehende Bettruhe protestierte, die Dario ihr verordnen wollte. Er erstickte ihre Einwände mit einem heißen Kuss, der Lara fürs Erste mundtot machte. Neidisch beobachtete ich diese leidenschaftliche Szene zwischen meiner Freundin und ihrem Mann. Die beiden waren verrückt nacheinander, vor allem Cannavaro hätte gemordet, um sie zu beschützen. Das konnte man nicht abstreiten, obwohl ich anfangs begründete Zweifel an der Ehrlichkeit seiner Gefühle gehegt hatte. Kein Wunder, wenn man bedachte, auf welche Weise sich die beiden kennengelernt hatten.

Als ich kurz zur Seite blickte, entdeckte ich Nikolajew, der neben dem Gepäckband auf unsere Koffer wartete und mich aus seinen eisblauen Adleraugen fixierte. Heilige Jungfrau, jedes Mal, wenn sein Blick auf mich fiel, spürte ich das körperlich. Er betrachtete mich intensiv, vielleicht sogar eine Spur neugierig, als versuchte er, nicht nur in meinen Kopf, sondern auch in meine Seele zu schauen. Da ich dazu neigte, ihn ständig zu provozieren, war es bloß eine Frage der Zeit, bis die oberflächliche Schicht an zivilisierten Umgangsformen Risse bekam und er seine innere Bestie in die Freiheit entließ. Trotz der Entfernung spürte ich seine Anwesenheit in dieser Abfertigungshalle so überdeutlich, als stünde er direkt neben mir. Ein heißes Kribbeln kroch über meine Wirbelsäule und mit fast übermenschlicher Willenskraft wandte ich mich von ihm ab.
Wenn das so weiterging, würde ich mich gleich nach unserer Ankunft in meinem Hotelzimmer einschließen und keinen Schritt nach draußen machen, nur um ihm nicht über den Weg zu laufen. Sein Einfluss auf mich jagte mir Angst ein. Er musste mich lediglich ansehen und schon fühlten sich meine Gliedmaßen wie Gummi an.

Wenigstens trennten sich Dario und Lara voneinander, nachdem sie während des Kusses fast ineinander hineingekrochen wären. Die amüsierten Blicke der Umstehenden scherten sie nicht. Die beiden tauschten einen letzten tiefen Blick, dann sah Dario in meine Richtung.

„Sollen wir? Maxim hat gerade die Koffer auf unseren Wagen geladen.“

Ich rang mir ein Lächeln ab. „Gern, ich bin wirklich todmüde und kann es kaum erwarten, mich im Hotel für ein paar Minuten in ein weiches Bett zu legen.“

Außerdem musste ich unbedingt Nikolajews Duft loswerden. Nach über vier Stunden Flug schien sich sein betörender Geruch in meine Kleidung gebrannt zu haben. Meine Nasenflügel blähten sich, als ich ihn an mir witterte, ich fühlte mich wie ein Tier, auf die niedersten Instinkte reduziert. Eine Mischung aus herber Zitrone und Schweiß. Etwas Dunkles und Samtiges schwang darin mit, zog mich an und führte mich in Versuchung.

„Ich wäre dann so weit.“

Nikolajews tiefe Stimme hinter mir kam so unerwartet, dass ich vor lauter Schreck zusammenfuhr. Die Handfläche dicht auf die Stelle über meinem Herzen gepresst, wandte ich mich um und sah ihn strafend an.

„Herrgott, musst du dich so anschleichen?“, schimpfte ich. „Ich hätte um ein Haar eine Herzattacke erlitten.“

Statt einer Entschuldigung erntete ich ein blasiertes Lächeln. „Tja, was soll ich sagen. Die Guten nimmt der Herr immer zuerst zu sich.“

Er zwinkerte mir frech zu, was an sich schon ein kleines Wunder darstellte, denn normalerweise verhielt er sich genauso humorlos wie eine altjüngferliche, englische Gouvernante, die darüber hinaus auch noch mit einem Stock im Arsch auf die Welt gekommen war.

Lara und Dario standen plötzlich neben uns. „Hört auf, euch zu streiten“, bat Lara, lächelte beschwichtigend, und ich beschloss, mich wie eine Erwachsene zu verhalten und gar nicht auf seinen schnippischen Kommentar einzugehen. Das würde ihn am meisten ärgern, davon war ich felsenfest überzeugt.

Gemeinsam liefen wir durch Terminal 1, draußen stiegen wir in ein wartendes Taxi. Lara saß vorn. Ich hatte nicht so viel Glück und musste mich zwischen die beiden Männer quetschen. Das Gefühl, Nikolajews festen Oberschenkel an meinem zu spüren, erschlug mich fast. Dio mio, hart wie Stahl presste er sich gegen meine viel weicheren Muskeln. Kaum zu glauben, dass hier ein menschliches Wesen neben mir saß. Ich wollte ihm die Hose runterziehen und ertasten, ob diese unglaubliche Kraft und Härte kein Produkt meiner Einbildungskraft waren. Und wenn ich schon dabei war, würde ich auch die Gunst der Stunde nutzen und herausfinden, ob die Größe seines männlichsten Körperteils mit der seines Egos mithalten konnte …

„Du siehst aus, als hätte man deinen Kopf in einen Topf mit heißem Wasser gesteckt“, flüsterte er mir zu und grinste so verschlagen, dass ich ihm liebend gern einen Tritt in seine Eier versetzt hätte.

„Halt einfach deine Klappe!“

Nach dieser eindeutigen Ansage wünschte ich mir, ich könnte mir den Mund zunähen, damit ich hier keinen ernsthaften Streit anzettelte. Ich musste innerlich bis hundert zählen, um mich zu beruhigen, doch erst als der Fahrer uns durch den dichten Verkehr chauffierte und Laras Mann über meinen Kopf hinweg eine Unterhaltung mit Nikolajew begann, gelang es mir, mich zu entspannen.

Cannavaro hatte Zimmer im Belmond Grand Hotel Europe reserviert. Ein Haus in bester Lage im historischen Zentrum von St. Petersburg. Es gehörte zu den teuersten Adressen in der Stadt. Man musste nur wenige Minuten Fußmarsch auf sich nehmen, um die herrlichen Kanäle zu erreichen, die sich netzartig ausbreiteten und von prachtvollen Palästen und Kirchen umgeben wurden. Ein ziemlicher Unterschied, wenn ich das mit den Übernachtungen bei meinem ersten Besuch in St. Petersburg verglich. Damals arbeitete ich noch für eine kleinere Zeitung, das Budget ließ keine großen Sprünge zu und wir mussten in einer regelrechten Bruchbude übernachten. Dieses Mal würde ich wohl eher wie Katharina die Große residieren.

Ein Lächeln breitete sich langsam auf meinem Gesicht aus. Vielleicht würde dieser Trip doch noch zu einem unvergesslichen Erlebnis werden, wenn es mir gelang, Streitereien mit Nikolajew aus dem Weg zu gehen.

Auf einmal spürte ich seine Lippen ganz nah an meinem Ohr. Erschrocken drehte ich den Kopf und sah ihm aus allernächster Nähe in die blauen Augen, die so hell und durchscheinend waren, dass sie mich hin und wieder an Eissplitter erinnerten. Nur glaubte ich dieses Mal, eine Spur Wärme in ihnen zu entdecken. Unwillkürlich bogen sich meine Lippen lächelnd nach oben. Es geschah reflexartig, ich konnte es gar nicht verhindern.

„Du solltest öfter lächeln, Milaja, und nicht immer so mürrisch dreinschauen.“ Sein Finger legte sich an einen meiner Mundwinkel. „Obwohl … vielleicht lieber doch nicht. Wenn du lächelst, strahlst du heller als die Sonne, und man vergisst viel zu leicht, was für ein eiskaltes Luder hinter diesem hübschen Gesicht steckt.“

Das durfte doch nicht wahr sein! Er schmeichelte und beleidigte mich in ein und demselben Atemzug. Bevor ich ihm die passende Antwort auf diese Unverschämtheit gab, warf ich einen Blick über die Schulter und vergewisserte mich, dass Cannavaro anderweitig beschäftigt war. Der sah gerade gedankenverloren aus dem Fenster, also fühlte ich mich sicher genug, um meinem Lieblingsfeind Kontra zu geben.

„Keine Sorge, ich lächle nur, wenn ich einen Grund dafür habe“, zischte ich süßlich lächelnd. Es fiel mir schwer, meine Stimme zu kontrollieren, innerlich schäumte ich nämlich vor Wut, und nun hielt ich mich nicht mit falscher Höflichkeit auf. „Da ich dich leider in den nächsten Tagen hin und wieder ertragen muss, wirst du mein Lächeln nicht mehr zu sehen bekommen. Also spar dir deine argwöhnischen Bemerkungen für jemanden auf, der sie hören will.“

Seine Mimik blieb unbeweglich, er blinzelte nicht einmal, während wir uns ansahen. Mich beschlich ein mulmiges Gefühl, denn Nikolajew war kein Mann, der so mit sich reden ließ. In einer anderen Zeit und in einem anderen Land hätte er mich für mein loses Mundwerk bestraft. Schaudernd wandte ich mich ab und versuchte, die Hitze seines Körpers neben meinem bis zum Ende der Fahrt zu ignorieren.

Kapitel 5

Atemlos wartete ich auf seine Reaktion. Je länger er schweigend auf mich herabsah, umso unsicherer wurde ich. Wieso sagte er denn nichts?

Plötzlich entspannten sich seine Gesichtszüge, er setzte sich wieder auf die Bettkante und legte seine Hand an meine Wange. „Braves Mädchen“, lobte er und schenkte mir ein Lächeln, das mich vollkommen aus der Bahn warf.

Dazu gesellte sich die maßlose Erleichterung, die ich bei seinem Kommentar empfand. Aufgewühlt suchte ich den Blickkontakt und öffnete bereits den Mund, um etwas zu erwidern, da legte er den Finger an seine Lippen und bedeutete mir, zu schweigen. Die Worte blieben mir in der Kehle stecken.

„Pst, sag nichts. Bevor ich dich alleinlasse, möchte ich dich berühren und deinen Körper kennenlernen. Schließ die Augen und lass es einfach geschehen.“

Ich hasste es, meine Umgebung nicht sehen zu können. Trotzdem senkte ich gehorsam die Lider, nun ganz und gar auf meinen Gehör- und Tastsinn angewiesen. Es fiel mir schwer, seine Anweisung zu befolgen und die Augen nicht wieder zu öffnen.

Maxim spürte wohl den inneren Zwiespalt, in dem ich mich befand, und reagierte umgehend. „Wag es ja nicht, die Augen zu öffnen, bevor ich es dir erlaube.“

Krampfhaft kniff ich die Lider zusammen, wie ein kleines Kind, das sich in der Dunkelheit vor dem schwarzen Mann fürchtete und trotz seiner Angst kaum widerstehen konnte, nachzusehen, ob er sich vielleicht im Zimmer befand. Abgesehen davon drängte mich mein natürlicher und sehr ausgeprägter Widerspruchsgeist dazu, genau das Gegenteil dessen zu tun, was er von mir verlangte.

„So ist es gut. Ich weiß, wie schwer dir das gerade fällt, aber du wirst der Versuchung widerstehen.“

Ein wenig mulmig wurde mir schon. Seine nächste Berührung löschte jeden Gedanken in mir aus. Maxim drang mit seinen Fingern zwischen meine Schenkel und teilte mit den Fingerspitzen meine nassen Schamlippen. Erneut fand sein Daumen meine empfindlichste Stelle. Meine Klit massierend, schob er zusätzlich einen Finger tief in mich hinein.

„Oh Gott“, keuchte ich und verbiss mir mit Mühe und Not ein erregtes Stöhnen.

„Hm, ich liebe es, wenn meine Frauen so nass werden“, raunte er. Unermüdlich tauchte er seinen Finger in mich hinein und zog ihn wieder heraus, sein Daumen spielte weiter an meiner stark geschwollenen Perle und verstärkte so das unglaubliche Lustgefühl, das mich von Kopf bis Fuß durchdrang. Meine Hüften hoben sich halb vom Bett, ich zerfloss in purer Geilheit. Wenn ich je geglaubt hatte, in meinem Leben guten Sex gehabt zu haben, wurde ich nun eines Besseren belehrt. Ich ritt auf einer Welle reiner Lust, fühlte seine Stöße in meinem Inneren und nahm überdeutlich das leise Schmatzen meiner Pussy wahr. Seine Daumenkuppe rotierte unterdessen unermüdlich über den empfindlichsten Punkt zwischen meinen Schenkeln. Mit gnadenloser Effizienz trieb er mich auf den Abgrund zu, und ich stand kurz davor, über den Rand zu fallen. Hektisch bewegte ich meine Hüften rauf und runter, animierte ihn dazu, das Spiel seines Fingers zu beschleunigen.

„Oh bitte …“, wimmerte ich und presste den Kopf gegen das Kissen. Das Blut rauschte durch meine Adern, ich konnte spüren, wie sein Finger immer tiefer in mich eindrang, ein rasender Rhythmus, der sich auf meinen gesamten Körper übertrug. Der Takt meiner Atemzüge nahm das Tempo mit auf, ich hechelte fast, wollte nur noch kommen, um diesen süßen Schmerz in mir loszuwerden.

„So ist es gut. Deine Lust gehört ganz allein mir, und weißt du, was mich so richtig geil macht?“

Wollte er jetzt ernsthaft Small Talk halten? „Keine Ahnung“, erwiderte ich mühsam.

„Dass ich jederzeit die Macht habe, sie dir wieder zu nehmen.“

Verwirrt und außer mir vor Wonne hörte ich zu, ohne ihn wirklich zu verstehen, bis er mir auf schmerzhafte Weise klarmachte, was er meinte. Maxim ließ zum zweiten Mal an diesem Abend von mir ab. Seine Hand verschwand, doch das gierige Pulsieren in mir ließ kein bisschen nach. Verzweifelt versuchte ich, meiner Enttäuschung Herr zu werden.

„Öffne die Augen, Kassia.“

Sein ruhiger Befehl traf mich genauso unvorbereitet wie der harte Entzug seiner Liebkosungen. Blinzelnd sah ich zu ihm auf. Sein Gesicht verschwamm vor meinen Augen, und es dauerte einen Moment, bis sich der Schleier verzog.

„Verstehst du jetzt, worum es mir geht?“

Sein eindringlicher Blick ging mir durch und durch. Und ob ich verstand. Nikolajew wollte seine Macht über meinen Körper genießen. Es hatte ihn nur ein paar wenige Liebkosungen gekostet, um mir diese Lektion zu erteilen.

„Du bist ein ganz gemeiner Sadist, Maxim Nikolajew“, flüsterte ich erbittert und konnte einfach nicht fassen, wie er mir das antun konnte. Ich lag hier, willig und bereit, und er wollte mich nicht ficken. Dabei hatte ich seinen Satz mit dem „Kennenlernen“ durchaus so interpretiert.

Maxim schnalzte tadelnd mit der Zunge. „Du solltest mich wirklich nicht beleidigen. Du weißt, ich habe ein hervorragendes Gedächtnis, und normalerweise würde ich dich jetzt dafür bestrafen. Aber du hast Glück. Für heute habe ich genug. Selbst ich muss hin und wieder schlafen.“

So ein Mistkerl! Ich fühlte mich unglaublich zurückgewiesen, so verrückt es sich auch anhörte. Eigentlich sollte ich mich glücklich schätzen, wenn er mich in Ruhe ließ, damit ich noch einmal über alles nachdenken konnte. Stattdessen nahm ich ihm seine Zurückhaltung übel.

Während ich langsam begriff, dass ich heute Nacht allein schlafen würde, schlich sich ein träges Lächeln auf sein Gesicht. Mit der Handfläche strich er über meinen rechten Oberschenkel. Zärtlich, gemächlich, als wollte er meinen aufgewühlten Geist beruhigen. Sofort gierte mein hungriger Körper nach mehr, doch Maxim dachte nicht im Traum daran, meine Lust zu befriedigen. Er nahm die Hand wieder weg und musterte mich ohne erkennbare Gefühlsregung.

„Morgen treffe ich mich mit meinem Freund Andrej zum Essen. Ich möchte, dass du mich begleitest. Wir werden den Abend zu dritt verbringen.“

Mir wurde die Kehle eng. „Ist dieser Andrej auch so wie du?“

Sein Blick bohrte sich tief in meine Augen. „Ja, und er freut sich schon darauf, dich auf seine spezielle Weise kennenzulernen“, erwiderte er und hob bedeutsam die Augenbrauen.

Ich presste die Schenkel zusammen, als ein lüsternes Ziehen meine Vagina folterte.

„Leg dich jetzt schlafen. Ich erwarte dich morgen frisch und ausgeruht.“

Schlafen? Obwohl zwischen meinen Beinen ein Feuer tobte, das mich die ganze Nacht wachhalten würde, wenn ich nichts dagegen unternahm? Nun, dann musste ich eben persönlich Abhilfe schaffen.

Aber auch dieses Vorhaben schien er mir an der Stirn abzulassen. „Übrigens verbiete ich dir, dir selbst Erleichterung zu verschaffen. Solltest du diese Anweisung nicht befolgen, wirst du empfindlich bestraft werden. Und glaub mir, mich anzulügen bringt nichts. Ich merke sofort, wenn du nicht die Wahrheit sagst.“

„Bist du verrückt?“, entfuhr es mir. Er konnte doch nicht so grausam sein, mich bebend vor Geilheit zurückzulassen, und mir im gleichen Atemzug verbieten, es selbst zu Ende zu bringen. Ich würde vor unerfülltem Verlangen eingehen, wie eine verwelkende Blume.

Maxim hob seine Augenbraue. Diese Geste verlieh ihm ein diabolisches Aussehen. „Du bewegst dich auf dünnem Eis, Milaja, aber da für dich alles Neuland ist, werde ich großzügig sein und dir diese Respektlosigkeit ein letztes Mal durchgehen lassen. Ab morgen ist die Schonfrist vorbei. Wenn du mich zu meinem Treffen mit Andrej begleitest, erwarte ich Gehorsam und Respekt von dir. Hast du mich verstanden?“

Nichts verstand ich. Alles, was zu mir durchdrang, war die Tatsache, unbefriedigt zurückgelassen zu werden. Die Lust beherrschte mittlerweile mein gesamtes Denken. Sehnsüchtig betrachtete ich Maxims kaltblütiges, schönes Gesicht und begehrte ihn mit einer Intensität, die mir Angst einjagte. Immer noch konnte ich kaum begreifen, wie er mir diese Qualen antun und dabei so zufrieden aussehen konnte. Verschaffte ihm das eine Art mentalen Orgasmus? War das das ganze Geheimnis?

„Du kannst mich doch nicht einfach so liegen lassen und gehen?“, flüsterte ich erschüttert.

„Du wirst es überleben“, antwortete er knapp. „Du musst einsehen, dass du mit deinem hübschen Engelsgesicht nicht jeden Mann um den kleinen Finger wickeln kannst.“ Ein flüchtiges Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen. „Um ehrlich zu sein, kann ich den morgigen Abend kaum erwarten.“

„Woher willst du wissen, ob ich kurz davor nicht doch einen Rückzieher mache?“ Ich dachte ernsthaft darüber nach, ihm aus purem Trotz eine Abfuhr zu erteilen. Wie konnte er nur? Ich war so geil und er …

Blitzschnell streckte er den Arm aus und umfasste mit seiner großen Hand meine nackte Pussy. „Weil ich dir etwas geben kann, das du dringend haben möchtest“, flüsterte er heiser. Einer seiner Finger glitt zwischen meine Schamlippen und drang zum dritten Mal an diesem Abend tief in mich ein. „Du gierst nach meinem Schwanz, Milaja.“

Eine Feststellung, die ich nicht leugnen konnte, schließlich versank sein Finger in meiner nassen Pussy und er konnte sicher auch das Pulsieren spüren, das ihn immer tiefer in mich hineinlocken wollte. Sein herablassendes Grinsen weckte meinen Kampfgeist. „Vielleicht habe ich keine Lust, mich von dir gängeln zu lassen, und suche mir einen anderen, der mir gibt, was ich brauche.“

Er zuckte nicht mal mit der Wimper, auch sein Mienenspiel veränderte sich nicht, doch ich spürte, wie es nach dieser Provokation in ihm arbeitete. Ich musste wahnsinnig sein, ihn so herauszufordern.

„Du hast gerade dafür gesorgt, dass deine Strafe noch viel empfindlicher ausfallen wird.“ Das sadistische Grinsen, das sich nun auf seinem schönen Gesicht ausbreitete, jagte mir einen warmen Schauer über den Rücken. Ich musste an irgendeinem unbekannten Fieber leiden, das meine Urteilsfähigkeit einschränkte. Wieso sonst empfand ich keinerlei Angst, sondern Vorfreude?

„Ich werde dich schon bald besitzen“, fuhr er fort und schob einen zweiten Finger in mich. „Deine süße Pussy und auch deinen niedlichen Po. Es wird mir ein Vergnügen sein, dich zu ficken, bis du alles um dich herum vergisst.“ Er lächelte wie der sprichwörtliche, böse Wolf. „Und nun …“, seine Stimme wurde eine Nuance strenger, „leg dich endlich schlafen!“

Die Hitze seiner Handfläche auf meiner Vulva sowie die beiden tief in mir ruhenden Finger jagten ein heißes Sehnen durch meinen Schoß. Leider ließ mich Maxim wieder sitzen und stand auf. Milde lächelnd sah er auf mich herunter. Dieses scheinbar sanftmütige, miese Grinsen täuschte keineswegs über seine wahre Natur hinweg.

„Wir sehen uns morgen Abend. Und vergiss nicht, wenn du dich selbst berührst, wirst du es bereuen!“

Nach dieser unmissverständlichen Warnung verschwand er durch die Tür. Stinksauer schnappte ich mir ein Buch vom Nachtisch und warf es ihm hinterher.

„Leck mich!“, brüllte ich aufgebracht. Ich konnte es nicht fassen! Er ließ mich wirklich allein. Schmerzlich erregt und abgefertigt wie ein ungehorsames Schulmädchen. Nach meinem kleinen Ausbruch fühlte ich mich zwar besser, allerdings dauerte dieser Zustand lediglich wenige Sekunden, bevor mich der große Katzenjammer ergriff.

„Was habe ich bloß getan?“, flüsterte ich und drehte mich auf den Bauch. Mein Kissen umarmend versuchte ich, meine verwirrenden Gefühle zu sortieren.

Aufgewühlt setzte ich mich auf, und fixierte einen unbestimmten Punkt an der gegenüberliegenden Wand. Meine körperliche Erregung machte es mir beinahe unmöglich, noch einen klaren Gedanken zu fassen. Es kostete mich meine ganze Selbstbeherrschung, meiner Lust nicht nachzugeben und mich selbst zum Orgasmus zu streicheln. Doch die Aussicht auf die Strafe, die mich dann erwarten würde, hielt mich tatsächlich davon ab. Maxim hatte mich genau da, wo er mich haben wollte. Ich gehorchte. Geschockt von dieser Erkenntnis, legte ich mich wieder hin. Ich musste morgen Vormittag dringend mit Lara reden. Nur sie konnte mir helfen, meine Empfindungen zu entschlüsseln. Allein sah ich mich dazu außerstande.

Am nächsten Tag erwachte ich früh, duschte und schrieb Lara eine kurze Nachricht. Darin fragte ich sie, ob sie sich schon fit genug fühlte, um mit mir gemeinsam ein Frühstück außerhalb ihrer Suite einzunehmen. Nach einer weitgehend schlaflosen Nacht brauchte ich ihren Rat mehr denn je, falls ich den Mut aufbrachte, über meine zwiespältigen Gefühle zu sprechen. Im Morgenlicht kam mir die nächtliche Begegnung mit Maxim total surreal vor. In der einen Sekunde wollte ich seine Sub sein, in der nächsten verspürte ich den Drang, vor ihm zu fliehen, so weit ich nur konnte.

Statt mir zurückzuschreiben, rief sie mich an.

„Guten Morgen“, begrüßte sie mich fröhlich. „Ich dachte, es ist angenehmer, das direkt zu klären, und wie du hören kannst, geht es mir schon viel besser. Ein gemeinsames Frühstück ist also kein Problem. Konntest du schlafen?“

„Geht so“, nuschelte ich, klemmte den Hörer zwischen Ohr und Schulter ein und schlüpfte in eine dunkelblaue Caprihose. Draußen schien die Sonne, durchs gekippte Fenster strömte warme Luft. Genau das richtige Wetter für eine Erkundungstour.

„Hast du was?“, fragte sie plötzlich. Wie so oft besaß sie ein gutes Radar für meine Stimmungen.

„Hört man das so deutlich raus?“

Ich antwortete mit einer Gegenfrage, um Zeit zu schinden. Ich wollte nicht am Handy besprechen, was mir auf dem Herzen lag. Diesem eingebildeten, russischen Affen traute ich durchaus zu, dass er mein Telefon abhörte. Natürlich nur aus Sicherheitsgründen …

„Sagen wir mal so“, fuhr Lara fort, „du hast schon fröhlicher geklungen. Gab es etwa Ärger mit Maxim? Er hat mir versprochen, dich nicht zu provozieren.“

„Tja, offenbar ist er sich nicht im Klaren darüber, was mich ärgert und was nicht.“

Lara verstand sofort und seufzte. „Ihr habt euch gestritten“, stellte sie fest. „Wie macht ihr das bloß? Ihr musstet doch nur bis zu euren Zimmern.“

„Wir wohnen im gleichen Stockwerk“, informierte ich Lara kühl. „Glaub mir, der Weg von der Empfangshalle bis hier rauf reicht locker aus, um in uns den Wunsch zu wecken, uns gegenseitig die Köpfe einzuschlagen.“

„Dio mio, ihr beide bringt mich noch in ein vorzeitiges Grab!“ Obwohl sie einen scherzhaften Ton anschlug, wurde sie unvermittelt ernst. „Soll ich vielleicht mit ihm reden? Ich möchte nicht, dass du dich unwohl fühlst!“

„Nein, wag das bloß nicht! Sonst denkt er, ich werde nicht allein mit ihm fertig. Außerdem haben wir das auf unsere Weise geklärt.“

„Tatsächlich?“

Natürlich glaubte sie mir kein Wort. Es wurde Zeit, das Thema zu wechseln, bevor ich noch mehr Verwirrung stiftete. „Kommst du dann zum Frühstück runter? Ich würde gerne etwas mit dir besprechen.“

„Gib mir eine Viertelstunde. Wir treffen uns im Speisesaal.“

„Bist du auch wirklich fit genug?“ Ihr blasses Gesicht am gestrigen Tag hatte ich keineswegs vergessen. Vielleicht hatte sie sich einen Virus eingefangen.

„Mir geht’s wieder prima. Ehrenwort“, beruhigte sie mich.

„Na dann, bis gleich.“

Ich beendete das Gespräch und starrte nachdenklich auf das Telefon, ehe ich mich vollends fertig machte. Auf dem Weg nach unten überlegte ich hin und her, ob ich Lara wirklich von gestern erzählen sollte. Jetzt konnte ich so tun, als hätte die gestrige Episode mit Maxim niemals stattgefunden, und wenn er heute an meine Tür klopfte, um mich zu holen, gab es immer noch die Möglichkeit, ihm nicht zu öffnen. Es wäre wohl das Vernünftigste, der einzige Weg, um mein Leben genauso weiterzuführen, wie bisher: ruhig, ohne besondere Höhen und Tiefen.

Lara lief mir bereits in der Halle in die Arme und hakte sich lächelnd bei mir ein. Ein überaus freundlicher Kellner wies uns im Frühstücksbereich des Speisesaals einen Tisch am Fenster zu und verschwand, um uns eine Kanne mit Kaffee zu holen.

„Ich verhungere fast.“ Laras Augen glitten gierig über das opulente Buffet.

„Dir scheint es ja tatsächlich wieder besser zu gehen“, stellte ich erleichtert fest. „Ich muss gestehen, ich habe mir ein bisschen Sorgen gemacht. Diese Kotzerei vor dem Flug war ja nicht normal. Ich hätte meine Hand dafür ins Feuer gelegt, dass du dir eine Magenverstimmung zugezogen hast.“

„Tja, es tut mir leid, dir das mitteilen zu müssen, aber da hättest du dir gehörig die Finger verbrannt“, erwiderte sie und errötete bis unter die Haarwurzeln.

Das weckte mein Misstrauen, es war ja nicht das erste Mal, dass sie so komische Anmerkungen machte, zu denen sie sich auf Nachfrage immer ausweichend äußerte. Bevor ich fragen konnte, was eigentlich mit ihr los war, stand der junge Kellner vor uns und schenkte Kaffee ein.

„Sollten die Damen noch Wünsche haben, stehe ich ihnen jederzeit zur Verfügung“, erklärte er in perfektem Englisch und zog sich dann zurück.

Gerade als ich sie erneut löchern wollte, erhob sich Lara. „Komm, lass uns was zu essen holen!“

Da mein Magen ebenfalls nach etwas Essbarem verlangte, verschob ich mein Verhör. Abgesehen davon war ich mir bewusst, dass ich im Grunde nur zu feige war, um über mich selbst zu reden, und deswegen fragte ich lieber Lara aus. Einige Minuten später setzten wir uns mit gefüllten Tellern an unseren Tisch. Lara schlang ihr Rührei hinunter, als hätte sie seit Tagen nichts mehr gegessen. Zwischendurch schnitt sie sich große Stücke von den in Sirup getränkten kleinen Pfannkuchen ab, und schob sie sich in den Mund. Verblüfft über ihren Appetit starrte ich sie an. Lara gehörte wirklich nicht zu den Frauen, die Kalorien zählten, aber im Moment hätte man meinen können, es wäre ihre letzte Mahlzeit auf Erden.

Kauend begegnete sie meinem Blick, schluckte den Bissen mühsam herunter und schenkte mir ein verlegenes Lächeln. „Entschuldige die Heißhungerattacke, aber ich konnte gestern ja kaum etwas bei mir behalten.“

„Dass du Appetit hast, lässt sich nicht übersehen“, stichelte ich mit einem bedeutsamen Blick auf ihren fast leeren Teller. So langsam ahnte ich, was dahinterstecken konnte. Ihr wurde schlecht, dann ging es ihr plötzlich wieder hervorragend und sie aß mindestens für zwei. „Sag mal, da ist doch irgendwas im Busch, oder?“

Ihre schuldbewusste Miene bestätigte meine Vermutung. „Es gibt tatsächlich etwas“, gab sie zu und platzte dann mit der Wahrheit heraus. „Ich bin schwanger!“

„Das ist wundervoll“, freute ich mich und strahlte sie an. „Du musst glückselig sein.“

Ich griff über den Tisch hinweg nach ihrer Hand und drückte sie. In meiner Fantasie sah ich sie mit einem winzigen Baby im Arm. Dabei wurde mir warm ums Herz, und zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich mir vorstellen, eines Tages selbst Mutter zu werden. Was blieb schon von mir übrig, wenn ich eines Tages vor meinen Schöpfer treten musste? Ein Kind wäre ein Teil von mir, in dem ich weiterleben konnte.

Krieg dich wieder ein, du hast noch nicht einmal einen Mann, also schlag dir das mit dem Kinderkriegen aus dem Kopf.

Räuspernd riss ich mich aus meinen unrealistischen Träumen. „Wie weit bist du denn?“

„In der zehnten Woche“, teilte sie mir mit. „Bis jetzt läuft alles gut, nur die Übelkeit alle paar Tage macht mir zu schaffen. Wenn ich Glück habe, ist die Phase bald vorbei.“

Stirnrunzelnd sah ich sie an. „Denkst du, es war klug, in deinem Zustand eine so anstrengende Reise anzutreten?“

Lara verdrehte die Augen. „Jetzt fang du nicht auch noch damit an. Dario mutiert gerade zur Glucke und würde mich am liebsten in ein Zimmer einsperren, bis alles vorbei ist. Ich bin schwanger, nicht krank. Und die Schwangerschaft ist kein Zustand, sondern das schönste Geschenk, das ich mir vorstellen kann. Meine Großmutter strickt bereits Babysöckchen. Blaue und welche in Rosa, weil wir ja noch nicht wissen, welches Geschlecht das Kind haben wird.“

„Trotzdem schadet es nicht, wenn du ein bisschen auf dich achtgibst“, wandte ich ein.

„Stimmt, du hast recht“, lenkte Lara ein. „Aber bis auf die Übelkeit fühle ich mich hervorragend. Ich habe alles mit meiner Ärztin besprochen und sie hatte keinerlei Einwände gegen die Reise. Dem Baby und mir geht’s gut. Die Übelkeit ist einfach eine Begleiterscheinung, und solange ich mich nicht überanstrenge, kann ich den Aufenthalt hier voll genießen.“

„Also gut, wenn deine Ärztin grünes Licht gegeben hat, gibt es nichts weiter dazu zu sagen“, lenkte ich ein. Ich konnte mir schon vorstellen, wie nervig es sein musste, ständig mit wohlgemeinten Ratschlägen überhäuft zu werden.

Lara verdrehte die Augen. „Sag das mal Dario. Ich schwöre dir, der Mann macht mich noch wahninnig! Er schleppt tonnenweise Literatur über Schwangerschaft und Geburt an und wenn wir Sex haben, schaltet er im Vergleich zu früher, fünf Gänge runter.“ Sie seufzte mit kläglichem Gesichtsausdruck. „Man könnte meinen, er trägt das Kind aus.“

Laras tragisch-komische Miene amüsierte mich. Dennoch hatte ich nicht vergessen, warum ich hier saß. Lara spürte, dass ich gedanklich nicht mehr ganz bei ihr war, und musterte mich eingehend.

„Genug von mir. Wir werden in den nächsten Monaten sicher noch öfter über dieses Thema sprechen. Was ist mit dir? Du hast vorhin am Telefon gesagt, du möchtest etwas mit mir besprechen.“

Ich legte meine Gabel weg und trank einen Schluck Kaffee. Anschließend stellte ich mich der Neugier in ihren Augen. „Nikolajew stand gestern Nacht plötzlich bei mir im Badezimmer“, teilte ich ihr mit und hielt unwillkürlich den Atem an, nachdem ich ihr diese Ungeheuerlichkeit gestanden hatte.

Ihre Augenbrauen rutschten umgehend nach oben, ihr Mund öffnete und schloss sich, doch heraus kam nur ein undeutliches Murmeln. Sie musste die Information wohl erst sacken lassen, fing sich allerdings recht schnell wieder und beugte sich mit besorgter Miene ein Stück nach vorn. „Hat er dich belästigt? Ich weiß, ich habe Scherze über euch gemacht und … das kann ich nicht leugnen … auch gewisse Hoffnungen gehegt, was euch angeht, aber nachdem du so schwer mit unserer Lebensart zurechtkommst, will ich nicht, dass du dich bedrängt fühlst. Schon gar nicht von einem Mann, den ich als Freund ansehe. Ein Wort von dir und ich lese ihm die Leviten, bis ihm Hören und Sehen vergeht.“

Die Vorstellung, wie die zierliche Lara vor diesem Hünen stand und ihn wie einen Schuljungen abfertigte, fand ich durchaus reizvoll. Ich wollte trotzdem nicht, dass sie sich einmischte, sondern mir einfach ihr Ohr lieh. Okay, ein klein wenig Hilfestellung konnte ich ebenfalls gebrauchen, wenn es um das Thema BDSM ging. Meine Unerfahrenheit verunsicherte mich. Sonst wusste ich immer, wie ich mich verhalten sollte, doch heute Abend würde alles anders sein.

„Kassia, ich will sofort wissen, was los ist!“

Vor lauter Grübeln hatte ich Lara beinahe vergessen. Ich riss mich zusammen und ließ die Katze aus dem Sack. „Wir haben gestern rumgemacht, also eigentlich hat er … ich meine … ich dachte, wir würden Sex haben und wollte das auch, aber … es ist irgendwie ganz anders gekommen.“

„Könntest du vielleicht ein klein wenig konkreter werden?“

„Nikolajew hat mich aufgegeilt und mich dann einfach sitzen lassen.“

Sie verzog das Gesicht auf eine Weise, die mich vermuten ließ, dass Dario diese Methode hin und wieder anwandte, um seine süße Frau auf den Boden der Tatsachen zu holen. „Das ist übel. Lass mich raten. Danach hat er dir bestimmt verboten, es dir selbst zu machen.“

Meine sauertöpfische Miene musste Bände sprechen. Sie kicherte amüsiert und ich ging in die Luft.

„Hör auf zu lachen!“, schimpfte ich. Erbost sah ich meiner Freundin in die Augen. „Ich fand es gar nicht lustig. Weißt du, wie schwer es war, mich nicht selbst anzufassen?“

Lara riss die Augen auf. „Du hast wirklich gehorcht? Ernsthaft?“

Nun wurde ich verlegen. Ich senkte den Blick und räusperte mich unbehaglich. „Na ja, der Kerl hat sicher seine Methoden, um die Wahrheit aus einem herauszukitzeln, und da ich keine Lust habe, mich noch tiefer in die Scheiße zu reiten, hielt ich es für angemessen, ihm da ein bisschen entgegenzukommen.“

„Das ist zu köstlich! Jetzt sind wir nicht nur Freundinnen, wir teilen auch die gleichen Interessen.“

Das wollte ich erst recht nicht hören. „Oh bitte, sag so was nicht. Ich bin neugierig und gebe zu, dass ich ihn haben will. Ein Mal“, betonte ich sofort, bevor sie auf dumme Ideen kam. „Danach will ich nie wieder etwas mit ihm zu tun haben!“

Sie hob gleichmütig die Schultern. „Rede dir das ruhig weiter ein. Er hat dich am Wickel, und glaub mir, du wirst genießen, was er mit dir anstellt.“
„Du scheinst dir da sehr sicher zu sein. Woher willst du wissen, ob mir diese Dinge liegen?“

Merkwürdig. Wir saßen im gut gefüllten Hotelrestaurant beim Frühstück und unterhielten uns hier über Themen, die eigentlich eher hinter verschlossenen Türen diskutiert wurden. Dass mir das trotzdem normal vorkam, gab mir zu denken.

„Weil wir uns ähnlicher sind, als du es wahrhaben willst. Genau wie Dario und Maxim. Freunde teilen nun einmal oft die gleichen Interessen. Dir steht eine aufregende Zeit bevor.“

„Ich sehe schon, du bist eine wandelnde Kristallkugel“, spottete ich bissig. „Aber in einem Punkt kann ich dir nicht widersprechen. Dario und Nikolajew sind wie Zwillinge.“

„Siamesische“, ergänzte sie augenzwinkernd. „Ich schwöre dir, der eine weiß ganz genau, was der andere denkt. Manchmal ist es wirklich unheimlich.“ Sie schwieg einen kurzen Augenblick, ehe sie behutsam versuchte, mehr Informationen aus mir herauszulocken. „Wie geht es dir jetzt? Ich meine, ich kann nachfühlen, was gerade in dir vorgeht. Du bist bestimmt verwirrt und weißt nicht, was du von all dem halten sollst.“

„Teils, teils“, gab ich zu. „Durch dich wusste ich ja schon, worauf er sexuell abfährt. Ich habe nur nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet ich eine Kostprobe davon genießen darf, und mir war auch nicht klar, was es in mir auslöst.“

„Du willst mehr, nicht wahr? Aber du hast eine Scheißangst.“

Sie konnte sich gut in meine Gefühlswelt hineinversetzen. Nachdem Dario sie entführt hatte, um ihr eine Lektion zu erteilen, wurde auch sie von tiefen Zweifeln heimgesucht. Dario hatte ihr eine Welt voll berauschender Lust gezeigt und den Wunsch nach mehr in ihr geweckt. Man fühlte sich dieser Übermacht an verwirrenden Emotionen hilflos ausgeliefert, doch je länger ich darüber nachdachte und das Für und Wider abwog, umso klarer kristallisierte sich eine Botschaft heraus: Ich wollte mich in dieses dunkle Meer fallen lassen, darin versinken und einfach mich selbst spüren.

„Er will mit mir essen gehen. Heute Abend“, sagte ich leise und hob den Blick. „Zusammen mit einem Freund, den er Andrej genannt hat. Er soll bei der Session dabei sein.“

„Oh, das ist ja interessant“, murmelte Lara und machte große Augen. Da sie ihr dunkles Haar nach hinten gebunden hatte, wirkte ihr zartes Gesicht mit der blassen Haut noch ausdrucksstärker als sonst. „Der Name ist mir geläufig. Andrej Kirjakow. Er ist es, den Maxim nach Mailand holen möchte.“

„Weißt du etwas über ihn?“

„Maxim erzählt nicht viel über sein Privatleben. Aber lass uns nicht über Andrej reden. Erzähl lieber, was du jetzt zu tun gedenkst. Wirst du es machen?“

„Eigentlich wollte ich ihm einen Tritt in die Eier verpassen, nachdem er mich eiskalt hat sitzen lassen, doch wenn ich daran denke, wie er mich angesehen und wie er mit mir geredet hat …“ Erschauernd erinnerte ich mich an dieses Gefühl erregender Furcht, das durch meinen Körper gekrochen war. Kopfschüttelnd sah ich meine Freundin an. „Lara, ich bin total verwirrt. Ich habe zugestimmt, seine Sub zu sein. Tief in mir drin sehne ich mich danach, aber jetzt bin ich mir nicht sicher, ob das wirklich gut für mich ist. Kannst du das irgendwie nachvollziehen, oder bin ich einfach nur eine dumme Kuh, die nicht weiß, was sie will, und ihre Meinung im Minutentakt ändert?“

Lara griff nach meiner Hand und drückte sie beruhigend. „Ich verstehe dich. Du willst herausfinden, wie weit du gehen kannst, hast jedoch Angst davor, was es aus dir macht.“ Auf ihren Zügen spiegelte sich Verständnis für meine Situation. „Natürlich ist es bei jedem anders, trotzdem brauchst du dich nicht zu fürchten, Kassia. Es geht um Vertrauen. Du musst nur entscheiden, ob du bereit bist, es ihm zu schenken.“

„Wie kann ich das? Ich kenne ihn kaum.“

„Dann lern ihn kennen“, riet sie mir. „Bei ihm bist du in guten Händen. Er ist sehr erfahren.“ Beim letzten Satz senkte sie die Stimme um ein paar Nuancen. „Du kannst nur gewinnen, Kassia. Entweder erlebst du totale Erfüllung, oder du stellst fest, dass es doch nichts für dich ist, und hast wieder etwas über dich gelernt.“

Oder ich werde mein Herz an ihn verlieren, wenn ich nicht aufpasse, dachte ich entnervt und verschränkte bockig die Arme vor der Brust.

„Ich denke, du hast sowieso schon entschieden mitzugehen, ich sehe es an deinem Blick. Deine Sehnsucht nach Maxim ist genauso stark wie dein Wunsch, dich ihm sexuell zu unterwerfen.“

„Das klingt so unterwürfig. Das bin doch nicht ich.“

Verschwörerisch beugte sie sich vor. „Von mir kriegst du nur einen Rat mit auf den Weg: Hör auf deinen Bauch und nicht auf deine Vernunft. Wenn du es nicht ausprobierst, wirst du nie erfahren, ob es dir gefällt. Außerdem wird er dir bestimmt ein Safeword geben. Du kannst das Geschehen jederzeit beenden.“

Also zog sie es durchaus in Erwägung, dass ich mittendrin kneifen würde. Das gab mir schon zu denken.

„Meinst du, er wird mir sehr wehtun?“, flüsterte ich, nun doch eingeschüchtert von der Aussicht, Nikolajew alles zu erlauben, was ihm in den Sinn kam.

Sie verzog den Mund und schenkte mir einen derartig mitleidigen Blick, dass mein Hintern beim bloßen Gedanken an das Kommende brannte. Doch anstatt schlotternde Knie zu bekommen, löste die Vorstellung, bald über seinen Knien oder über einem Bock zu hängen, lediglich ein lüsternes Ziehen in meinem Unterleib aus. Mein Höschen wurde feucht. Ich würde den Slip wechseln müssen, bevor wir uns auf den Weg zur Sightseeingtour machten.

„Du siehst aus, als hättest du gerade eine weitreichende Entscheidung getroffen.“

Eine Entscheidung konnte man das nicht nennen. Mein nach Erfüllung hungernder Körper nahm sie mir sozusagen ab. Die Aussicht, erst bestraft und dann mit einem Orgasmus der Extraklasse belohnt zu werden, jagte erregende Blitze durch meinen Unterleib.

Unglücklich blickte ich Lara über den Tisch hinweg an. „Wahrscheinlich werde ich es furchtbar bereuen, aber ich werde ihn zu diesem Essen begleiten.“

Zufrieden lehnte sie sich zurück. „Braves Mädchen“, lobte sie und erntete dafür ein abfälliges Schnauben meinerseits.

„Denk bloß nicht, dass ich mich in ein fügsames Häufchen Elend verwandeln werde“, warf ich ein und hob hochmütig das Kinn. „Ich bin keine willige Sub und werde auch nie eine sein.“

Lara lächelte gelassen. „Glaub mir, das würde ihn auf Dauer langweilen. Samia tut bis auf wenige Abstriche alles, was er will, und gibt nur selten Widerworte. Es wundert mich ehrlich gesagt, dass sie nach wie vor seine Favoritin ist. Maxim ist ein Mensch, der stets neue Herausforderungen sucht.“

Nagende Eifersucht auf sie machte sich in mir breit. Nun hatte ich die Gewissheit, dass Maxim sie immer noch traf.

„Dann sind die beiden ein Paar?“

„Das ist nicht leicht zu beantworten. Er redet nicht viel über sie, und ich tue mir schwer, einen Draht zu ihr zu finden. Sie ist total auf ihn fixiert. Eigentlich braucht Samia niemanden, wenn er in ihrer Nähe ist.“

Das bedeutete, sie würde ihn sicher nicht kampflos aufgeben, sollte sich das zwischen mir und Nikolajew wider Erwarten doch zu etwas Intensiverem entwickeln. Die Aussicht, mit einer anderen Frau um seine Gunst zu buhlen, gefiel mir nicht.

„Schau nicht so, Kassia. Maxim ist nicht in sie verliebt, und früher oder später wird er sich ohnehin eine andere suchen. Beziehungsweise, er tut es ja schon“, ergänzte sie augenzwinkernd. „Eines noch, bevor wir uns auf den Weg in die Stadt machen. Sei auf alles vorbereitet, und wenn es so weit ist, genieß es. Morgen erwarte ich dann eine detaillierte Berichterstattung von dir.“

„Ich will ihm nicht mit Haut und Haaren verfallen, sondern die Oberhand über meine Gefühle behalten“, wandte ich ein.

Ein nachdenklicher Ausdruck zeigte sich auf Laras Gesicht. „Ich würde dir ja gerne einen Rat geben, aber ich fürchte, du musst selbst sehen, wie du auf den heutigen Abend reagierst.“

„Das klingt nicht gerade optimistisch.“

Sie zuckte mit den Schultern. „Du willst gegen deine Gefühle ankämpfen. Das wird dir nur bis zu einem gewissen Grad gelingen. Wenn du mich fragst, hast du eine devote Seite und lässt sie nicht raus, weil du Angst hast, unter die Räder zu kommen.“

„Kannst du mir das verdenken? Überall haben die Kerle das Sagen. Ständig muss ich gegen eine Horde sexistischer Kollegen ankämpfen, die nichts anderes im Sinn haben, als mir meinen Traumjob streitig zu machen. Es ist anstrengend, ihnen immer einen Schritt voraus zu sein, sie in Schach, und mir vom Leib zu halten. Du hast keine Ahnung, wie schwer das ist.“

„Du hast recht, ich habe nicht den blassesten Schimmer, wie viel Kraft dich das alles kostet. Aber ist dir nicht klar, wie logisch dadurch dein Wunsch wird, dich fallen zu lassen?“

Verständnislos sah ich sie an. „Wie meinst du das?“

„Du kämpfst, Kassia. Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr. Gegen die Männerwelt, gegen deine Gefühle, gegen alles, was dir fremd erscheint. Du hast einen eisernen Käfig um dich herum hochgezogen. Hin und wieder streckst du eine Hand durch eine Lücke, doch man kommt dir selten nahe genug, um nach ihr greifen zu können. Es ist wahnsinnig schwer, Nähe zu dir aufzubauen.“

Betroffen erwiderte ich ihren Blick. „Denkst du wirklich so über mich?“

„Kassia, das ist nicht negativ gemeint. Du bist in den letzten Monaten auch viel offener geworden. Zumindest mir gegenüber. Du musst aufpassen, dass dich dein Ehrgeiz nicht auffrisst, wenn du deine Emotionen immer im Keim erstickst. Maxim könnte es schaffen, deine Abwehr zu durchbrechen. Das spürst du instinktiv, und ich verstehe, dass dir das Angst macht, aber du solltest es einfach geschehen lassen. Er hat ja nicht die Absicht, dir dein gesamtes Leben zu diktieren.“

„Du tust so, als wären Männer wie Dario und Nikolajew die Heilbringer für alle Frauen.“

„Nicht für alle Frauen, aber für manche ganz bestimmt“, antwortete sie voller Überzeugung.

Lara war eine kluge Frau. Sie hatte schon hinter sich, was mir noch bevorstand, und wenn ich ehrlich war, klang alles, was sie sagte, logisch. Ich sehnte mich danach, mich fallen zu lassen und aufgefangen zu werden. Vielleicht war der temporäre Verlust meiner Eigenständigkeit notwendig, um mein Innerstes nach außen zu kehren und dadurch Befriedigung zu erfahren.

Lara konnte ich nichts vormachen. „Lächle doch, Kassia. Du bist dabei, etwas Außergewöhnliches zu erleben, und Maxim wird dich nicht überfordern, da bin ich mir sicher. Lass dich von ihm anleiten, leide für ihn, schenk ihm deine Tränen, und im Gegenzug wird er dir Orgasmen verschaffen, die nicht von dieser Welt sind.“

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752128727
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (Januar)
Schlagworte
Master Liebe CEO Romanze Liebesromanze Dark Romance Liebesroman Erotik

Autor

  • Pia Conti (Autor:in)

Pia Conti ist das Pseudonym einer deutschsprachigen Autorin. Sie liebt ihre Familie, gutes Essen und die Sonne. Bücher begleiten sie schon seit frühester Kindheit und mit der Veröffentlichung ihres eigenen Romans geht ein Traum in Erfüllung.
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Titel: Maxim