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Salz auf der Seele

Ein Nordsee-Roman

von Kathrin Brückmann (Autor:in)
233 Seiten

Zusammenfassung

Nach dem tragischen Unfalltod ihres Verlobten fällt Erfolgsautorin Sanne in ein tiefes Loch, fühlt sich leer und ausgebrannt. Als ihre Lektorin ihr eine Reise an die winterliche Nordsee vorschlägt, sagt sie zögernd zu. Am Strand von Norddeich begegnet sie dem geheimnisvollen Treibgutsammler Hajo. Der schweigsame Friese fasziniert und inspiriert sie, aber kann sie auf den Trümmern ihres alten Lebens ein neues aufbauen? Da taucht plötzlich ein Fremder auf, der Sannes Verlobtem Jonas zum Verwechseln ähnlich sieht, und sie muss sich entscheiden: Vergangenheit oder Zukunft. Sie ahnt nicht, welche Gefahren auf sie lauern.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Vorbemerkung


Das Zitat von Walter de la Mare (25. April 1873-22. Juni 1956) wurde (bis auf die korrekten Anführungszeichen und den Apostroph) unverändert der Seite

https://en.wikisource.org/wiki/The_Listeners_(De_la_Mare)

entnommen. Der Text unterliegt der Creative Commons Attribution-ShareAlike License

https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/#

Text taken from online transcript, Louis Untermeyer, ed. (1885–1977). Modern British Poetry. 1920.


Die Zitate aus der Odyssee sind entnommen aus:

»Homers Odyssee im Auszuge« in neuer Übersetzung herausgegeben von Dr. Oskar Hubatsch, Velhagen & Klasings Sammlung deutscher Schulausgaben Band 49, 1926

und:

»Homer’s Werke Deutsch der Versart der Urschrift von J. J. C. Donner. Die Odyssee« Erster und zweiter Theil, Hoffmann’sche Verlags-Buchhandlung 1858


Der Roman spielt in Norddeich und teils an realen, teils aber auch ausgedachten Schauplätzen. Es gibt weder den Marschhof der Tammenas noch den Strandkotten oder das Atelier an der Strandpromenade, etwaige Ähnlichkeiten zu real existierenden Örtlichkeiten oder Personen wären rein zufällig.


Hin und wieder schnacken meine Friesen en bietje Platt – die Übersetzungen dazu finden Sie am Ende des Buchs.

Leere

Nenne mir, Muse, den Helden, den vielgeprüften, der lange schweifen mußt in der Irre, nachdem er die heilige Feste Troja zerstört. Er sah viel Städte der Menschen und lernte kennen den Sinn der Bewohner und litt viel Kummer im Herzen. Odyssee Gesang I, 1 (nach Hubatsch)


Das Scheinwerferlicht eines vorbeifahrenden Autos trieb die Schatten kahler Äste über die Zimmerdecke, bis sie an der Wand mit der Dunkelheit verschmolzen. Es muss schön sein, im Nichts, dachte Sanne, und wünschte, sie könnte sich auch einfach auflösen und mit ihnen alle Sorgen, aller Schmerz. »Ich … ich kann nicht«, stammelte sie ins Telefon.

Es knisterte leise in der Leitung. Einschläfernd. Sanne blinzelte gegen ihre Erschöpfung an.

Nach einer langen Stille räusperte sich Henrike Jansen. Eigentlich war es mehr ein Seufzen. »Frau Rosenholz, es ist jetzt bald ein Jahr her. Sie haben einen Vertrag mit uns. Der Verlag war wirklich mehr als geduldig, aber … Sie müssen wieder schreiben.«

In Sannes Ohren hallten die Satzfetzen wider. Konventionalstrafe. Vorschussrückzahlung. Sie schluckte, um den Druck im Kopf loszuwerden, stemmte sich gegen die Angst, die Frau Jansens Worte in ihr auslösten. Was sollte sie tun, wenn der Verlag die Drohung wahr machte? »Ich bin leer«, presste sie schließlich hervor. »Es tut mir leid für Sie, für den Verlag. Ich kann einfach keine Geschichten mehr erzählen. Da ist nichts mehr in mir.«

Die Lektorin schnaufte. »Wir alle bedauern Ihren Verlust und haben Ihnen viel Zeit zum Trauern gelassen, doch das Leben geht weiter. Frau Rosenholz, meinen Sie nicht, Sie sollten sich professionelle Hilfe holen? Ich bin sicher, wenn ich der Verlagsleitung mitteile …«

»Nein«, schnitt Sanne ihr das Wort ab und wunderte sich selbst über die Schärfe und Entschlossenheit in ihrer Stimme, die sogar durch die Watte in ihrem Hirn drang. »Was soll das bringen?«

»Versuchen Sie es doch. So kann es nicht weitergehen. Wovon wollen Sie denn leben?«

Wollen Sie denn leben?, echote es in Sanne. Sie klemmte sich das Gerät zwischen Kinn und Schulter, schlang die Arme fröstelnd um die angezogenen Knie. Kalt war’s. Kalt und dunkel. Sie hatte keine Worte, keine Antwort für Henrike Jansen.

»Sie müssen wieder unter Menschen, Frau Rosenholz. Immer in der Wohnung verkriechen, da erinnert Sie doch alles – Wie wär’s denn, wenn Sie wegfahren?«, unterbrach sie sich selbst. »Ein paar Tage raus, was anderes sehen?«

»Ja … vielleicht?«, räumte Sanne ein. Das war besser als ein Seelenklempner, der doch nur schmerzliche Dinge aufwühlen würde, die sie lieber in ihrem dumpfen Dämmerzustand begrub. Frau Jansens Aufatmen rauschte durch die Leitung und umfächelte sie wie eine laue Brise. Sonne, Strand, dachte Sanne plötzlich, warum nicht?

»Gehen Sie am besten gleich ins nächstbeste Reisebüro«, drängte die Lektorin. »Ich will sehen, dass ich meine Vorgesetzten noch etwas hinhalte, gut?«

»Ja«, murmelte Sanne. »Danke.«

»Versprochen?«

»Versprochen.«

»Ich ruf später noch mal an.«

Sanne verabschiedete sich. Es klickte in der Leitung, doch sie saß da, das tutende Telefon noch in der Hand, und starrte an die dunkle Zimmerdecke. Dachte an das Reisebüro im Center zwei Straßen weiter, die grellen Lichter, die vielen Menschen. Wenigstens die grässliche Weihnachtsdekoration sollte inzwischen fort sein. Trotzdem, sie wollte nicht … aber sie musste. Wenn der Verlag ernst machte, das könnte sie nicht zahlen. Ihr letztes Buch verkaufte sich zwar immer noch gut, aber sie hatte auch dafür einen üppigen Vorschuss bekommen, der auf das jährlich ausgezahlte Honorar angerechnet werden würde. Genau wie der für ihr nächstes Buch, dasjenige, das sie nie begonnen hatte. Und wenn sie nun wirklich leer war? Ohne ihre Schreiberei war sie nichts, konnte sie nichts. Jonas hatte ihr den Halt gegeben, den sie brauchte, Sicherheit. Hatte ihr den Rücken gestärkt und frei gehalten. Ohne ihn war sie nichts. ›Wovon wollen Sie denn leben?‹ In ihrer Zukunft sah sie nichts als ein schwarzes Loch. Ich will leben, sagte ein Stimmchen in ihr. Steh auf!

Endlich drückte sie die Taste, die das Telefon verstummen ließ, und erhob sich ungelenk vom Fußboden, die Beine steif und eiskalt. Aber rausgehen? Nicht heute, alles in ihr stemmte sich dagegen. Vielleicht morgen? Verflixte Jansen! Mit ihrem drohenden Kontrollanruf nahm sie Sanne die Möglichkeit, die Entscheidung zu vertagen.


Das Center erschien ihr als eine fremde Welt. So viele Leute, alle schienen Ziele zu haben. Ein Mann rempelte Sanne an und schnauzte: »Pass doch auf, du blöde Kuh!«

Sie murmelte eine Entschuldigung, zog den Kopf ein und ging weiter zum Reisebüro, hinter dessen Glasfassade menschenleere Strände, Palmen und türkisblaues Meer lockten. Dominikanische Republik, verhieß die Bildunterschrift. Sie sah sich dort entlanggehen und fühlte ihre Füße im warmen Sand einsinken. Spuren hinterlassen. Leben. Allein weiterleben. Nicht dran denken.

Der Preis ließ sie schlucken. Konnte sie sich das leisten, Karibik? Würde schon irgendwie gehen, und wenn sie dort wieder schreiben konnte … Vielleicht gab es ja ein Last-minute-Angebot, so außerhalb der Saison.

Als sie die Tür des Reisebüros aufdrückte, schlug ihr ein Schwall überheizter Luft entgegen – und das ohrenbetäubende Gekreisch eines Kleinkinds, das von seinem älteren Bruder an den Haaren gezogen wurde. Sanne zuckte zusammen und schaute vorwurfsvoll zu den Eltern, die das Geschrei nicht kümmerte. Sie waren in das Verkaufsgespräch mit dem Reisemenschen vertieft. Nannte man diese Leute Reisemenschen? Sicher gab es dafür eine englische Bezeichnung wie Travel Agent.

Eine blondierte Dame am Nebentisch lächelte Sanne aufmunternd zu. »Wie kann ich Ihnen helfen?«

Sanne sank in den weichen Kunstledersessel. Weiß wie der Strand auf dem Plakat. Sie strich mit der Hand über das Material und mied das professionelle Lächeln der Verkäuferin. »Weg, bitte. Ich will raus.«

Das kleine Mädchen schlug auf ihren Bruder ein, der nun seinerseits losbrüllte. Sannes Hände fuhren unwillkürlich zu ihren Ohren.

»Haben Sie denn ein Wunschziel?«, sagte die Blonde laut genug, um den Kinderlärm zu übertönen.

Ruhe, dachte Sanne, und Einsamkeit.

Ihr Kollege erhob sich halb aus seinem Stuhl und schüttelte dem Familienvater am anderen Tisch die Hand. »Dann wünsche ich Ihnen viel Spaß in der Dominikanischen Republik.«

Sanne drehte sich entsetzt nach der lauten Familie um und strich die Karibik von ihrer Liste. »Haben Sie irgendwas Abgelegenes?«

»Sie meinen, eine Fernreise?«

»Nein. Nichts, wo man Impfungen und Visum braucht. Es muss schnell gehen, wissen Sie?«

Das professionelle Lächeln wirkte etwas gezwungen. »Last minute, also. Wie wäre es mit den Tiroler Alpen? Da hätte ich …«

Sanne erstarrte. Aufstiebender Schnee. Jonas, der in elegantem Schwung den Berghang hinabwedelt. Der Snowboard-Rowdy, der seinen Weg kreuzt – und sie, die vom Sessellift aus hilflos zusehen muss. Weiß der Schnee, rot das Blut … »Nicht!«, stieß sie hervor. »Auf keinen Fall … Berge. Lassen Sie’s gut sein.« Sie stürmte hinaus. Das mit dem Urlaub war eine grauenhafte Idee gewesen!

Im nächsten Moment fand sie sich auf dem spiegelnden Granitboden des Centers stehend wieder und kämpfte gegen ihre Tränen an. Nicht hier, wo sie alle anstarrten. Sie spürte die neugierigen Blicke; es prickelte in ihrem Nacken. Hastig drehte sie sich um, sah eine Gestalt in den Schatten einer Säule eintauchen, als wollte sie sich verbergen. Diese Haltung, die wilden Locken, die kantige Kinnlinie … Ihr Herz setzte einen Schlag aus. »Jonas?«, formten ihre Lippen tonlos. Sie blinzelte. Lief drei Schritte in Richtung der Erscheinung. Umrundete den Pfeiler, musterte alle Passanten. Der Mann – Jonas – war fort, falls da überhaupt jemand gewesen war. Er konnte es ja auch nicht sein. Tot. Fort. Für immer.

Anfangs hatte sie ihn überall zu sehen geglaubt, dann war es besser geworden, der freudige Schreck hatte sie seltener durchzuckt. Jonas ist tot, sagte sie sich. Sagte es sich dreimal flüsternd vor. Ihre Nerven waren völlig überreizt; sie sah schon Gespenster, musste wirklich weg aus Berlin, von den Orten, wo sie mit Jonas glücklich gewesen war.


Kaum hatte sie die Wohnungstür hinter sich zugeschlagen, machte Frau Jansen ihre Ankündigung wahr. Sanne nahm das Gespräch an, ohne lange nachzudenken, sonst hätte sie den Apparat vermutlich an die Wand geworfen.

»Nun?«, kam die Lektorin gleich zur Sache.

Sanne hörte den ungeduldigen Unterton in der Stimme der Frau, die längst Feierabend haben musste, und unterdrückte die Vorwürfe, die ihr auf der Zunge lagen. Die Jansen meinte es nur gut. »Das war nichts.« Knapp schilderte sie ihre Erlebnisse bis auf die Sache mit der eingebildeten Begegnung. Henrike Jansen würde sie für verrückt erklären und wieder mit dem Psychologen anfangen.

Die Lektorin schwieg eine Weile, dann sagte sie: »Also wissen Sie, Frau Rosenholz, Sie machen es einem aber auch nicht leicht, Ihnen zu helfen. Was könnten Sie sich denn vorstellen?«

Das Bild eines einsamen Strandes spukte durch Sannes Kopf. »Irgendwas, wo sonst keiner ist. Wo fährt denn um diese Jahreszeit niemand hin? Ich will einfach nur allein sein.« Sie zog die Nase hoch.

»Hm«, machte die Lektorin. »Ich glaub zwar nicht, dass es das Richtige für Sie ist, wenn Sie sich woanders verkriechen, aber … Wie wäre es mit der Nordseeküste? Mein Vater vermietet ein Ferienhaus in Norddeich, und um diese Jahreszeit steht es meist leer. Ich könnte ihn –«

Einsames Haus in den Dünen, sich vom kräftigen Wind die schlimmen Erinnerungen aus dem Kopf blasen lassen. »Ach bitte!«, unterbrach sie Frau Jansen. »Würden Sie das für mich tun? Ich glaube, das wäre genau das Richtige.«

Verhaltenes Lachen wehte durch den Hörer. »Wenn ich das geahnt hätte! Darauf hätte ich früher kommen sollen. Ich schau mal, ob ich meinen Vater erreiche, und rufe Sie dann zurück. Einverstanden?«

»Ja, gern.« Zum ersten Mal seit Langem verspürte Sanne so etwas wie Vorfreude, überhaupt eine Emotion jenseits von Leid.

»Einstweilen können Sie sich ja schon einmal die Website anschauen. Haus Strandkotten in Norddeich.«

Der Name klang nach Salzluft und dem Wispern von Strandhafer, nach uriger Gemütlichkeit. Sanne beendete das Gespräch und betätigte den Lichtschalter im Wohnzimmer. Zielstrebig steuerte sie ihren lange vernachlässigten Schreibtisch an, kurz darauf setzte sich der Lüfter im Rechner leise surrend in Bewegung. Wie lange hatte sie das Gerät nicht mehr angeschaltet? Fast wunderte sie sich, dass es noch lief.

Haus Strandkotten – auf dem Bild schmiegte sich der reetgedeckte Fachwerkbau anheimelnd an den Deich. Das Gebäude, so konnte sie es der beigefügten Anfahrtsskizze entnehmen, befand sich außerhalb des Ortes, sehr abgelegen, absolut ideal. Niemand würde sie dort stören. Hinter dem hellblau gestrichenen hölzernen Lattenzaun ragten farbenprächtige Stockrosen empor, und gegenüber dem Haus erstreckten sich endlose grüne Weiden, ein Traum. An einem solchen Ort würde sie gern leben, ihre Kinder großzie– jäher Schmerz verschlug ihr für einen Moment den Atem; das Klingeln des Telefons war die Rettung. Tief holte sie Luft und nahm das Gespräch an.

»Jansen noch mal. Sie haben Glück, der Kotten –«

»Glück?« Das Wort verhöhnte Sanne. »Hören Sie, ich habe es mir überlegt. Vergessen wir das Ganze. Ich bleib besser zu Hause. Irgendwann –«

»Oh nein, so kommen Sie mir nicht davon. Ich habe bereits für Sie gebucht, zwei Wochen mit Option auf Verlängerung. Sie müssen fahren, und wehe Ihnen, wenn Sie kneifen!«

Sanne spürte, dass ihre Lektorin kurz vorm Explodieren stand. Was, wenn sie die Frau noch mehr vor den Kopf stieß und diese dafür sorgte, dass der Verlag sie umgehend in Regress nahm? Sie glaubte zwar nicht, dass der Aufenthalt an der Nordsee ihre innere Leere füllen würde, doch zumindest erkaufte sie sich Zeit und zeigte ihren guten Willen. »Na schön«, gab sie nach.

»Das Haus steht Ihnen vom 9. bis 23. Januar zur Verfügung«, sagte Frau Jansen. Sogar ihre Stimme klang wie in unwillige Falten gelegt. »Norddeich ist ein Ortsteil der Stadt Norden, aber es hat zwei Bahnhöfe, und Sie sollten es auf jeder Karte finden. Kriegen Sie es allein hin, die Anreise zu organisieren?«

Hitze schoss in Sannes Wangen. Plötzlich kam sie sich sehr albern vor. »Natürlich. Ich werde den Zug nehmen.«

Schon etwas freundlicher bot die Lektorin ihr an, dass ihr Vater sie vom Bahnhof abholen könne. »Die Station vor Norddeich Mole. Sie müssen mir nur die Ankunftszeit mitteilen.«

Sanne versprach es ihr und buchte auch sofort online das Ticket, bevor sie es sich erneut anders überlegen konnte. Eine Kopie des Buchungsbelegs sowie die Zugverbindung schickte sie kurz darauf an Frau Jansens E-Mail-Adresse, danach lehnte sie sich erschöpft zurück. Dieser Tag hatte sie fast alles an Kraft gekostet, das noch in ihr war. Wie sollte es nur weitergehen? Ohne Jonas konnte sie sich kaum aufrecht halten, und wie sehr sie sich auf ihn gestützt hatte, merkte sie erst jetzt, wo sie allein stehen musste. Als sie sich ausloggen wollte, fiel ihr Blick auf eine Nachricht von Jonas’ Eltern. Heide Mettlings in Worte gegossene Tränen, nein, das würde sie nicht schaffen, nicht heute. Sie beschloss, die 1.362 anderen ungelesenen Mails, die in ihrem Postfach aufgelaufen waren, ebenfalls zu ignorieren. Vielleicht hatte sie nach der Reise die Kraft dazu.

Nordwind

Da kam schaurige Nacht und gebar bei stürmendem Nordwind eisigen Frost; kaltschauernd herab, gleich duftigem Reife, stöberte Schnee und bedeckte mit Glatteis unsere Schilde. Odyssee Gesang XIV, 474 (nach Donner)


Nach dem Umsteigen in Hannover versank die vorbeirauschende Landschaft allmählich immer mehr im Nebel. Kahle Bäume säumten die brachliegenden Äcker, ragten wie skelettierte Hände in den bleigrauen Himmel, der schwer über dem Norddeutschen Tiefland hing. Ein einziges, trostloses Gräberfeld. Sanne schüttelte unwillig den Kopf. Sie hätte doch die Karibik nehmen sollen. Diese Gegend war so grau und leblos, wie sie sich fühlte. Die wenigen Gehöfte kauerten wie verängstigte Kaninchen auf dem dunklen Boden, ihre Kapuzen aus Reet tief ins Gesicht gezogen. Sanne kamen Zeilen aus dem Gedicht ›The Listeners‹ von Walter de la Mare in Erinnerung:


And he smote upon the door again a second time;

Is there anybody there?’ he said.

But no one descended to the Traveller;

No head from the leaf-fringed sill

Leaned over and looked into his grey eyes,

Where he stood perplexed and still.

But only a host of phantom listeners

That dwelt in the lone house then

Stood listening in the quiet of the moonlight

To that voice from the world of men:

Stood thronging the faint moonbeams on the dark stair,

That goes down to the empty hall,

Hearkening in an air stirred and shaken

By the lonely Traveller’s call.‹


Sie erschauerte und wandte den Blick ab. Auch hier wirkte alles verlassen, allenfalls von Geistern bewohnt.

Als es in den Lautsprechern zu knarzen begann, fuhr sie erschrocken hoch. Sie war eingeschlafen! Am Fenster huschten jetzt Einfamilienhäuser aus der Nachkriegszeit vorbei, aus deren Fenstern anheimelnder Lichtschein drang.

»Meine Damen und Herren, in wenigen Minuten erreichen wir den Bahnhof Norddeich. Wir wünschen allen Reisenden …« Der Rest der Durchsage verlor sich in der einsetzenden Aufbruchsstimmung. Alle, die sich noch im Abteil befanden, standen auf und zogen ihr Gepäck aus der Ablage oder suchten ihre Habseligkeiten zusammen. Offenbar wollte kaum jemand weiterfahren bis Norddeich Mole, von wo man bequem die Fähren zu den Inseln erreichen konnte. Verkehrten die im Winter überhaupt? Endstation, dachte Sanne. Nur mit der Sehnsucht hapert es bei mir.

Als der Zug seine Fahrt verlangsamte, schien er das restliche Tageslicht vor sich herzuschieben, sodass sich die gelben Backsteine des Bahnhofsgebäudes in schmutzigem Ocker präsentierten. Unsicher stakste Sanne die beiden Stufen vom Waggon auf den unbedachten Bahnsteig, dessen Lampen auch noch nicht recht zu wissen schienen, ob Tag oder Nacht herrschte. Sie war nicht die Einzige, die sich verwirrt umschaute, doch etliche Mitreisende zerrten bereits ihre Koffer an der Bahnhofshalle vorbei zu einer Rampe, andere wurden von Verwandten oder Freunden begrüßt. Wo war Herr Jansen? Sicher hatte er im Gebäude Schutz vor dem schneidenden Wind gesucht. Sanne rüttelte an der Tür. Geschlossen, das gab’s ja gar nicht! Sie drehte sich um. Niemand mehr zu sehen, der zu warten schien. Hatte der alte Jansen sie vergessen? Das fehlte noch. Klamme Kälte kroch von ihren Händen die Arme empor, die Luft schmeckte salzig wie Tränen.

Was soll’s, nehm ich mir ein Taxi, sagte sie sich und steuerte die Rampe an, die vor ihr die anderen Reisenden benutzt hatten. Dann fiel ihr ein, dass sie keinen Schlüssel für den Kotten besaß. Wundervoll, das Taxi konnte sie nur vor eine weitere verschlossene Tür bringen. Sie sehnte sich schmerzlich nach der behaglichen Sicherheit ihrer Stadtwohnung. Hoffentlich hatte Herr Jansen ihr den Schlüssel irgendwo hinterlegt.

Als sie das Backsteingebäude umrundet hatte und auf den Taxistand zusteuerte, öffnete sich die Fahrertür eines alten Audis. Ein älterer Herr beugte sich aus dem dunkelblauen Fahrzeug und rief sie an: » Frau Rosenholz? Sind Sie Frau Rosenholz?«

Die Erleichterung beschleunigte Sannes Schritte. »Ja!«, rief sie, schob ihren Koffer auf die Rückbank und ließ sich erleichtert auf den Beifahrersitz fallen. »Herr Jansen?«

»Das will ich meinen. Moin! Hab schon gedacht, Sie wären doch nicht gekommen. Mächtig kalt heute, da hab ich lieber hier drin gewartet. Die Bahn ist ja oft etwas tüdelig«, sagte er mit der Selbstverständlichkeit eines Einheimischen, für den die halbfunktionale Infrastruktur seines Ortes keine Geheimnisse birgt.

»Freut mich«, sagte Sanne und schüttelte seine warme Hand, auf der graue Haare mit Altersflecken um die Wette sprossen. Sie hatte sich Frau Jansens Vater jünger vorgestellt, doch unter den buschigen weißen Brauen blitzten lebhafte graue Augen hervor, die von einem Netz aus Fältchen umgeben waren. Er erinnerte sie an ihren lange verstorbenen Großvater, bis auf den norddeutschen Zungenschlag.

»Jo, dann woll’n wir mal«, sagte Herr Jansen, schob sich die Prinz-Heinrich-Mütze aus der Stirn und drehte den Zündschlüssel.

Die Scheinwerfer des Wagens flammten auf; Asphalt knirschte unter den Rädern. Sanne schaute aus dem Fenster auf die endlosen Reihen von Häuschen. Alles sehr adrett und gepflegt, aber sie mochte diese Neubauten aus den Achtzigerjahren nicht sonderlich, geflämmte Klinker und das alles. Gartenzwergidylle oder auch –hölle, ganz, wie man es betrachtete. Da waren ihr die alten roten Backsteinhäuser schon lieber, doch von denen sah sie momentan nicht viele. Sie passierten ein Ortsausgangsschild, und die Bebauung wurde spärlicher. Auf Sannes Seite der Straße erhob sich der Deich und versperrte den Blick aufs Meer. Inzwischen war es sowieso dunkel.

»Jo, unser Kotten liegt etwas außerhalb, das hat Ihnen Henrike sicher schon gesagt«, brummte Herr Jansen etwas lauter als der Motor. »Ich hab ja gemeint, ob das nicht zu einsam ist für eine junge Frau, allein, um diese Jahreszeit.«

»Genau das hab ich mir gewünscht«, murmelte Sanne. »Menschen ertrag ich im Moment schlecht.«

Herr Jansen musterte sie unter dem Schirm seiner Mütze hervor. Sanne wünschte, er würde den Blick auf die feucht glänzende Straße richten, statt ihre feucht glänzenden Augen zu bemerken.

»Jo, meine Tochter hat mir davon erzählt. Mein Beileid. Ihr Mann?«

»Verlobter.«

»Ah.« Er verstummte und richtete den Blick wieder nach vorn.

So war das immer. Die Menschen konnten mit Trauer anderer nicht umgehen, wussten außer Plattitüden nichts zu sagen. Den Schmerz lindern konnte sowieso niemand, also war es egal.

»Ihre gemeinsame Geschichte hat kein Ende, das ist schlimm«, sagte der alte Mann nach einer Weile.

Das trifft es ziemlich gut, dachte Sanne überrascht. Wie ein Buch, bei dem jemand nach den ersten Kapiteln alle Seiten herausgerissen hat. Schlimmer noch. Bei einem Buch weiß man, dass die Geschichte weitergeht, nur erfährt man nicht, wie. Von ihrem Leben mit Jonas war lediglich das Luftschloss ihrer Träume übrig, jetzt ihr einsames Gefängnis. Das Bild gefiel ihr; sie merkte es sich.

Es war wirklich einsam hier. Im Licht des Audis leuchteten die Reflektoren an den Begrenzungspfählen auf, und außer ihnen war niemand unterwegs. »Wohin führt diese Straße?«, erkundigte sie sich.

»Och, wenn Sie immer weiter am Deich langfahren, kommen Sie irgendwann nach Greetsiel. Im Schuppen steht ein Fahrrad, das können Sie nutzen.«

Bestimmt nicht! Was sollte sie in Greetsiel oder sonst wo? »Ich möchte eigentlich nur am Strand spazieren gehen. Nachdenken.«

»Jo, da sind Sie hier richtig. Hier können Gedanken weit fliegen.«

Sannes Mundwinkel zuckten bei der Vorstellung, dass Häuser oder Berge den Gedankenfluss hemmen könnten, aber plötzlich kam ihr das nicht mehr so abwegig vor.

»Sie haben doch hoffentlich eins von diesen Handys, oder?«, erkundigte sich Herr Jansen, während er das Auto in eine Parkmulde lenkte. »Telefon gibt’s nämlich im Kotten nicht. Wir sind da.«

Seit der Akku ihres Smartphones den Geist aufgegeben hatte, behalf sich Sanne mit einem einfachen Mobiltelefon. Ins Internet ging sie mit dem Smartphone eh nur selten. Sie fand es zu umständlich. Herrn Jansens Frage lenkte sie auf ein anderes Problem. »Ja, Handy hab ich, aber wo krieg ich was zu essen her? Hier gibt’s ja weit und breit keine Läden, oder?« Bevor die Scheinwerfer erloschen, konnte sie kurz das kleine Häuschen sehen, das sie von der Website her kannte. Keine Stockrosen, natürlich nicht, dachte sie etwas enttäuscht. Mit einem Schlag war es finster.

Der alte Mann knipste die Innenraumbeleuchtung an. »Jo, das hat Henrike sich schon gedacht, dass das schwierig wird für Sie. Ich hab Ihnen was besorgt: Brot, Wurst, Käse, Eier. Verhungern werden Sie nicht, der Kühlschrank ist voll. Zehn Minuten von hier haben die Tammenas ihren Hof, die verkaufen meinen Gästen gern Milch, frisch von der Kuh, frischer kriegen sie die nirgends. Hühner haben die auch. Mit dem Fahrrad sind Sie im Nullkommanichts da. Und wenn Sie sonst was brauchen, bimmeln Sie einfach durch. Ich bring Ihnen dann was vorbei. Nummer geb ich Ihnen gleich.« Er stieg für sein Alter erstaunlich beweglich aus dem Wagen.

Unter Sannes Füßen quatschte das regennasse Gras; ihre Absätze sanken ein. Zum Glück hatte sie auch flache Stiefel im Gepäck. Plötzlich erstrahlte ein schwankender Lichtkegel vor ihr. Herr Jansen hatte eine Taschenlampe angeknipst. »Das ist gut«, sagte sie. »Ich hab schon gedacht, ich lauf im Dunkeln am Haus vorbei.«

Mit leisem Quietschen schwang das Gartentor auf. Der Weg zum Kotten war mit alten Ziegeln gepflastert. Herr Jansen nestelte einen Schlüsselbund aus der Tasche und reichte ihn Sanne. »Dieser Schlüssel ist für die Haustür, der große für den Schuppen. Im Haus gibt es noch einen Zweitschlüssel, der hängt in der Diele am Schlüsselbrett, aber den werden Sie sicher nicht brauchen.« Er leuchtete aufs Schloss, und Sanne sperrte auf.

»Lichtschalter ist gleich links.«

Nach kurzem Tasten flammte eine Lampe auf. Sanne duckte sich beim Eintreten unwillkürlich, so niedrig war die Decke der Diele. Zwei Türen gingen vom Eingangsbereich ab; Herr Jansen steuerte auf die der Haustür gegenüberliegende zu. Sanne schlug ein Schwall feuchtkalter Luft entgegen. Offensichtlich hatte länger niemand den Kotten bewohnt. Sie erschnupperte den Geruch nach kaltem Rauch, als sie dem alten Mann in das kleine Wohnzimmer folgte.

Ein offener Kamin! Herr Jansen machte sich bereits daran zu schaffen. »Bald haben Sie es hier muckelig warm«, sagte er schnaufend, während er Scheite über zusammengeknüllter Zeitung zu einem Zelt aufstellte. »Die Herdstelle heizt auch gleich das Schlafzimmer nebenan mit. Brennholz finden Sie im Schuppen.«

Sanne schaute sich irritiert um. »Keine Heizung?«

»Nee, das lohnt nicht. Die Gäste mögen das.« Er riss ein Streichholz an; das Papier loderte auf.

Mussten wohl sehr spezielle Gäste sein. Kein Telefon, keine Heizung, aber wenigstens Strom. Sie folgte dem alten Friesen in die Küche. Dort entdeckte sie statt eines Ceranfeldes einen alten gusseisernen Herd. »Wird der etwa auch mit Holz betrieben?«

»Jo. Gibt aber auch Wasserkocher und Kaffeemaschine, keine Angst.«

Irgendwie gefiel ihr der Gedanke, mal ein bisschen zu leben wie zu Urgroßmutters Zeiten. Rückbesinnung auf das Wesentliche. »Internet gibt’s dann sicher auch nicht, hm?«, fragte sie trotzdem.

Der Alte lachte herzhaft. »Ihr jungen Leute! Wozu Urlaub machen, wenn man dann doch den ganzen Tag nur auf dasselbe olle Display starrt? Nee, mit so was fangen wir hier gar nich erst an, min Deern. Mok de Klüsen up, is bannig schön hier. So, ich will mal wieder los, Sie kommen zurecht, oder soll ich den Küchenherd auch noch anzünden?«

»Ich denk, das schaff ich selbst.« Sanne sehnte sich danach, allein zu sein.

Herr Jansen rückte seine Mütze gerade. An der Tür hielt er inne. »Meine Nummer!« Er nestelte einen Zettel aus seiner Jackentasche. »Hier. Wenn was ist, meldest dich, jo?«

»Jo«, echote Sanne und nahm das Papier entgegen. Türenklappen, der anspringende Motor, dann senkte sich Stille über das Haus.

Neugierig inspizierte sie die Küchenschränke, die Geschirr, aber auch Reste früherer Bewohner bargen: eine angebrochene Packung Kamillentee und Zwieback, einige Gewürze, außerdem loser Ostfriesentee und eine Dose, der aromatischer Kaffeegeruch entstieg. In einem Kasten fand sie ein frisches Graubrot, im Kühlschrank verderbliche Lebensmittel. Ein Tee wäre jetzt schön. Sie öffnete die Klappe des altmodischen Küchenherds und fand ihn voll mit Asche. Hätten die Vormieter ja mal sauber machen können. Unschlüssig streckte sie die Hand nach dem Wasserkocher aus. Ach was, das Herdfeuer musste sie sowieso früher oder später neu entfachen, schon um das Häuschen warm zu bekommen. Noch traute sie sich nicht, ihre dicke Winterjacke abzulegen.


Während das Wasser im Kessel langsam warm wurde, schaute sich Sanne die übrigen Räume an. Die altmodische Couch im kleinen Wohnzimmer sah aus wie aus einem vergangenen Jahrhundert und war es vermutlich auch. Kein Fernseher, natürlich nicht. Stattdessen ein gut bestücktes Bücherregal. Sanne überflog die Titel auf den Buchrücken. Viel Regionales, Friesenkrimis und so was. Na ja. Auch ein paar Klassiker und altmodische Kinderbücher. Sie schlug Nesthäkchen auf und lächelte, als sie den Namen ›Henrike Jansen‹ in ungelenken Buchstaben auf das Frontispiz gekritzelt fand. So, so … Das also war die Kindheitslektüre der Frau, die mit ihr wie ein Kesselflicker um jedes optionale Komma feilschte. Beim Weiterblättern entdeckte sie unterstrichene Passagen. Plötzlich kam sie sich vor, als läse sie das Tagebuch eines Fremden, und sie klappte das Buch zu.

Zwei Türen gingen von diesem Raum ab, wer sich das wohl ausgedacht hatte? Sie schaute zuerst hinter die niedrigere. Ein kleines Bad mit Dusche, deren Wasser immerhin von einem Durchlauferhitzer erwärmt wurde. Eiskalt war es hier drin! Hoffentlich schaffte das Kaminfeuer des angrenzenden Wohnzimmers etwas Abhilfe. Erstaunlich, dachte sie, dass es überhaupt ein Klo im Haus gibt – das ist ja schon fast ein Stilbruch.

Die letzte Tür gab den Blick auf das Schlafzimmer frei, das von einem Doppelbett samt passendem Kleiderschrank aus den 30er Jahren fast vollständig ausgefüllt wurde. Beinahe hätte sie eine weitere Tür übersehen, die sich in die Nische zwischen Schrank und Wand schmiegte. Dahinter führte eine Art Hühnerleiter nach oben zum Dachboden. Es gab kein elektrisches Licht im Aufgang, und es zog derart kalt zu Sanne herunter, dass sie für den Moment auf eine weitere Erkundung verzichtete. Wenn sie heute Nacht überhaupt hier schlafen wollte, musste sie ordentlich einheizen und alle Ritzen verstopfen. »Meine Güte«, murmelte sie vor sich hin. Dass Herr Jansen hier nicht längst modernisiert hatte! Das Häuschen könnte, ausgestattet mit allen Annehmlichkeiten, eine Goldgrube sein. Die schicke Website des Strandkottens passte überhaupt nicht zum altmodischen Flair. Die hatte ihm bestimmt Henrike eingerichtet, weil es ohne heutzutage nicht mehr ging. Jedenfalls wunderte Sanne sich nun nicht mehr, dass das Haus im Winter meist leer stand. Im Sommer konnte man sich das alles vielleicht noch eingehen lassen, aber bei der Kälte …

Als sie zurück ins Wohnzimmer ging, fand sie das Fenster ein wenig beschlagen, so als hätte jemand dagegen gehaucht. Sie wollte mit dem Finger ein S malen, aber die Feuchtigkeit saß außen an der Scheibe, sehr merkwürdig. Achselzuckend drehte sie sich zum Kamin um und hielt ihre klammen Hände über die Flammen.

Eisblume

Wenn ich im Strom durchwache der Nacht unerfreuliches Dunkel, könnte verderblicher Reif mir zugleich mit erkälthendem Frühthau nach der Erschöpfung tödten das mattaufathmende Leben; weht doch kalt von dem Strome die Luft her gegen das Frühroth. Odyssee Gesang V, 465 (nach Donner)


Zu ihrer Überraschung hatte Sanne am nächsten Morgen nicht nur Hunger, sondern Appetit, ein Gefühl, das sie schon fast vergessen hatte. Es musste an der Luftveränderung liegen. Genießerisch sog sie den Duft der brutzelnden Spiegeleier in die Nase. Zwei Brotscheiben dick mit Butter bestrichen, die Eier obendrauf – lange hatte ihr nichts mehr so gut geschmeckt. Der starke schwarze Tee weckte ihre Lebensgeister, wie bei einem Pflänzchen, das im Frühling vorsichtig seine Triebe aus der kalten Erde reckt, der Sonne entgegen. Nur, dass es mit Sonne nicht weit her war. Wie am Vortag hing ein trübdunkler Himmel über der Landschaft. Sanne erinnerte sich, nachts mehrfach wach geworden zu sein. Ungewohnte Geräusche, ein Knarren und Ächzen, als müsste sich das Haus ebenso an sie gewöhnen wie umgekehrt. Zweige hatten gegen das Schlafzimmerfenster geschlagen und gekratzt, als begehrten sie Einlass, dazu die klagenden Schreie der Möwen im Morgengrauen. Da war sie froh um das dicke Federbett gewesen, denn trotz der Feuer in Küche und Wohnzimmer blieb der Raum klamm und kalt. Hoffentlich wurde es kommende Nacht besser!

Sie räumte die Reste vom Frühstück weg und überlegte während des Spülens, was sie mit dem Tag anfangen sollte. Frische Eier musste sie besorgen, von den vier Stück im Kühlschrank war nur noch eins übrig. Was hatte Herr Jansen gesagt: ein Bauernhof in der Nähe? Viele Gehöfte schien es hier nicht zu geben; sie würde es schon finden. Bei der Gelegenheit konnte sie ein wenig die Umgebung erkunden.

Warm eingepackt stieß sie kurz darauf die Tür auf und wäre fast auf etwas getreten, das vor der Schwelle lag. »Eine Rose!«, rief sie überrascht und ging in die Hocke. Ein zarter Mantel aus gefrorenem Tau umhüllte die dunkelgrünen Blätter. Die Blütenblätter waren so weiß, dass man die Eiskristalle nur gegen das Licht erkennen konnte. Weiße Rosen … Sie erschauerte. Die hatte sie sich als Hochzeitsdekoration gewünscht, stattdessen hatten sie die Kränze bei Jonas’ Begräbnis geziert. Diese hier war halb erfroren, ein fahler Totengruß. Mit spitzen Fingern griff sie nach dem Stiel und fuhr zurück. Gestochen! Ein Blutstropfen löste sich von ihrer Fingerkuppe und fiel in die dünne Schicht Raureif, die den Boden bedeckte. Blut im Schnee … Weiß wie die Unschuld, bleich wie der Tod.

Sie schüttelte sich. Wer konnte ihr diesen merkwürdigen Blumengruß hinterlassen haben? Gestern war die Rose noch nicht da gewesen, das hätte sie bemerkt. Ob Herr Jansen …? Nein, der alte Herr war nicht der Typ für so was. Eine Rose, das hieß Zärtlichkeit; sie schaute sich um. War der Geber noch da, irgendwo versteckt? Unsinn, niemand kannte sie hier. Wer sollte einen Grund haben, sie auf diese Art und Weise willkommen zu heißen – wie ein Liebender. Wenn es eine Karte dazu gegeben hatte, eine Botschaft, die das Geschenk erklärte, dann hatte der Wind sie davongetragen. Nachdenklich trug sie die Blume ins Haus, denn sie brachte es nicht über sich, das arme Ding in der Kälte zu lassen. In einem der Schränke fand sie sogar eine Vase.


Der Wind peitschte Sannes Wangen, drang unter ihre Mütze und sogar in die Ärmel ihrer Daunenjacke, trieb ihr Tränen in die Augen. Sie leckte sich die Lippen und schmeckte Salz. Die Luft war viel feuchter als in Berlin, fast schon gischtig. Verbissen strampelte sie weiter auf der alten Möhre, die Herr Jansen Fahrrad genannt hatte, ein uraltes Teil, das schon als Antiquität durchgehen konnte. Weit und breit nur brachliegende Felder oder von Strauchwerk gesäumte Weiden, keine Spur menschlichen Lebens. Wo konnte der Hof nur liegen, von dem der alte Jansen gesprochen hatte? Gestern Abend waren sie an keinem Gehöft vorbeigefahren, oder hatte sie es übersehen? Instinktiv hatte sie die von Norddeich wegführende Richtung eingeschlagen, nun befürchtete sie, dass sie die andere hätte nehmen sollen. Gegen die immer heftiger peitschenden Böen musste sie die Augen zusammenkneifen. Dichte Wolken jagten über den immer dunkler werdenden Himmel. Nur nicht in Eisregen geraten! Sie stieg ab und suchte nach einem Dynamo, um die große, fast kugelförmige Lampe anzuschalten. Fehlanzeige.

Da machte sie ein Stück voraus die Umrisse eines Schildes aus. Das wollte sie sich noch ansehen, bevor sie endgültig umkehrte. ›Marschhof 200 m Hofladen ganzjährig geöffnet‹ stand darauf, nebst einem Pfeil, der in Richtung eines unbefestigten Weges wies. Erleichtert bog sie in die schlaglöchrige Straße. Zweihundert Meter, das sollte sie noch schaffen. Falls es anfing zu schütten, lag der Hof näher als ihr Kotten. Bäume und dichtes Gesträuch säumten den Feldweg und geboten der Wucht des Windes ein wenig Einhalt, dafür schlugen ihr nun erste eisige Tropfen ins Gesicht. »So eine saublöde Idee!«, schimpfte sie auf sich selbst. Die Eier hätte sie auch später holen können.

Als sie das Gehöft erreichte, war sie bis auf die Knochen durchgefroren und durchnässt. Sie stieg ab und warf das Rad gegen eine kahle Hecke; ihre Knie zitterten von der ungewohnten Anstrengung. Vor ihr lag ein ungepflasterter Hof, den von drei Seiten Wohn- und Stallgebäude säumten. Alles war dunkel. Von wegen ganzjährig geöffnet – keine Spur eines Ladengeschäfts. Auch die Eingangstür zum Wohnhaus fand sie nicht, nur eine Seitentür, hinter deren kleiner Scheibe eine vergilbte Häkelgardine hing. Beim Näherkommen entdeckte Sanne an der Hauswand eine Klingel.

Sie presste den Knopf, hörte es drinnen schrillen und lauschte. Es dauerte lange, bis im Haus Licht aufflammte und Schritte erklangen. Die Tür öffnete sich knarzend. Sanne sah eine rundliche Frau in Kittelschürze.

»Wer kommt denn bei so ’nem Schietwedder …?« Ein Blick aus wasserhellen Augen musterte sie prüfend. »Mädel, bist ja pitschnass, komm erst mal rin.« Sie gab den Weg frei, und Sanne folgte ihr verdutzt in eine große Küche.

Der Wind riss ihr die Klinke aus der Hand und ließ die Haustür mit lautem Knall ins Schloss fallen. Sanne zuckte zusammen. »Entschuldigen Sie, dass ich einfach so geklingelt habe. Bin ich hier richtig bei Tammena? Herr Jansen meinte –«

Die Grübchen in den runden Apfelbäckchen der alten Bäuerin vertieften sich. »Dann musst du die Sanne sein! Hinnerk hat dich schon angekündigt. Wir sagen hier alle Du, ist doch recht? Ich bin Frauke Tammena. Und nächstes Mal musst nich klingeln, das macht hier keiner. Komm einfach rin, bei uns ist immer offen.«

Da schallte es vom Korridor her: »Frauke, mok de Dör to un komm wedder rin!«

»Das ist Hauke, mein Mann. Ihm zieht es immer schnell, und ich hab die Wohnzimmertür nicht zugemacht.« Frau Tammena lächelte entschuldigend und rief in den Gang hinaus: »Oller Brummbär! Kiek mol, wer da ist.«

Sanne unterdrückte ein Lachen. Hauke und Frauke, da hatten sich wohl zwei gefunden. Ihre Heiterkeit erstarb so schnell, wie sie gekommen war. Nicht an glückliche Ehen denken. »Hm, ja, ich wollte eigentlich Eier holen, und dann wurde es plötzlich ganz dunkel. Ich will nicht stören …« Ihr war nicht wohl dabei, einfach so bei diesen Leuten ins Privathaus einzudringen. Unsicher schaute sie zum Fenster, gegen das der Regen in dicken Tropfen prasselte. »Na, ist ja nicht weit.«

»Unsinn! Du bleibst hier, bis die Wolken sich verzogen haben, so weit kommt das noch! Hinnerk würde mir schön was erzählen, wenn ich dich bei Wind und Wetter vor die Tür lasse. Tu erst mal die nassen Plünnen aus, ich mach uns ’nen schönen heißen Tee, nech?«

Schlurfende Schritte, der Bauer streckte seinen Kopf in die Küche. »Wat denn nu, Fru? Oh, wen haben wir denn da?« Er wischte sich die Hand an der beigefarbenen Cordhose ab und streckte sie Sanne entgegen. »Hauke.«

Überraschend fester Händedruck für einen Mann seines Alters. Sanne schätzte ihn auf etwa siebzig, seine Frau nur unwesentlich jünger. »Rosenholz. Sanne.«

Der Alte strahlte. »Hinnerks Deern! Mooi, mooi. Na, Fru, wat stahst hier rum as de Kohjen op d’ Meden, tu Water heet moken.«

Sanne verstand nur ›Wasser heißmachen‹ und wehrte ab: »Oh, bitte, keine Umstände, das ist wirklich nicht –«

»Undöög! Koom rin in’t moje Kamer.«

Hilfe suchend schaute Sanne die Bäuerin an.

Die lachte auf. »Die Deern versteht dich nicht, du Dööskopp. Keine Bange, er kann schon, wenn er will. Geht man tau, in der guten Stube ist es muckelig warm.« Sie scheuchte ihren Mann hinaus.

Sanne folgte unsicher. Ach was, Hauptsache raus aus dem Regen. Frauke Tammena würde hoffentlich für ihren Mann dolmetschen. Aus dem Raum strömte ihr Wärme und Licht entgegen.

Hauke Tammena klopfte einladend auf die Lehne eines alten Ohrensessels und ließ sich selbst auf ein Sofa fallen. Sanne schaute sich neugierig um. Bis auf den großen Flachbildfernseher schien die Einrichtung aus derselben Quelle und Zeit zu stammen wie die ihres Kottens. Ein Kachelofen bullerte in der Ecke; es war regelrecht heiß hier drin. Bestimmt würden ihre nassen Kleider bald zu dampfen anfangen. »Leben Sie beide allein hier?«, erkundigte sie sich, um das Schweigen zu brechen.

»Ich bin Hauke. Das mit dem Sie vergisst du man schnell wedder«, ermahnte er sie freundlich. »Ja, was soll man machen? De Kinners wollen den Hof nicht übernehmen. Sind in die Großstadt gezogen, nach Aurich.«

Er konnte ja wirklich Hochdeutsch! Um Sannes Mundwinkel zuckte es. Aurich als Großstadt zu bezeichnen, wäre ihr nie eingefallen. »Schade. Ich mein, wer …« Ihre Stimme versiegte. Was für eine saublöde Frage, wer den Hof weiterführen würde, wenn die alten Tammenas mal nicht mehr wären!

Hauke aber seufzte. »Lass man, es ist, wie es ist. Die Arbeit will keiner mehr machen, kommt ja auch nix rum bei. Ohne den Hofladen und die Touristen … De Kinners werden wohl verkaufen, und dann – vielleicht ein Windpark oder ein Einkaufscenter?«

»Oh«, machte Sanne betroffen. Sicher lebte die Familie seit Generationen hier, das Fachwerkhaus musste schon sehr alt sein. Tradition, mit einem Schlag vorbei, unwiederbringlich verloren. »Ich frag mich, was man in einem Einkaufscenter noch kaufen kann, wenn kein Bauer mehr produziert«, sagte sie nachdenklich.

»Ach!« Der Alte winkte ab. »Genmanipuliertes Gemüse aus Gewächshäusern, Fleisch aus Massentierhaltung. Wer zahlt denn heut noch für Lebensmittel, was sie eigentlich wert sind?«

»Wer kann es zahlen?«, murmelte Sanne. »Ich würd gern mehr ausgeben, um mir nicht die chemische Keule auf den Teller zu legen, aber Biofleisch, die Preise! Früher hat man einen Großteil seines Einkommens für Essen ausgegeben, heute sind es die Mieten. Das Autorendasein ist leider noch immer eine recht brotlose Kunst.«

Haukes Schmunzeln vertiefte die Falten in seinem Gesicht. »Und da heißt es immer, heute wär alles besser als früher.«

»Jeder Tag hat seine eigene Plage«, zitierte Sanne.

»Jo, das ist wohl so.« Er sprang auf, erstaunlich behände für seine Leibesfülle, und öffnete die Tür für Frauke, die ein Tablett mit Teekanne und Tassen balancierte. Ein zartes, geriffeltes Porzellan, handbemalt mit roten Rosen. Auch das Silberbesteck war wunderhübsch ziseliert.

Die Bäuerin bemerkte ihr Interesse. »Ostfriesische Rose. Das haben hier fast alle. Kluntjes dazu …« Sie legte je einen großen Brocken Kandiszucker in die Tassen. Es knisterte, als der heiße Tee dazukam. »Und Sahne.« Gekonnt platzierte Frauke eine Sahnewolke auf der dunkelbraunen Flüssigkeit. Die winzige Kelle passte zum übrigen Besteck und schien eigens für diesen Zweck gemacht zu sein.

Sanne trank ihren Tee lieber schwarz, aber sie sagte nichts. Das gehörte in Ostfriesland irgendwie dazu. Auch die Scheibe Rosinenstuten nahm sie dankend an, obwohl sie keine Rosinen mochte. Mit einem Mal fühlte sie sich recht wohl bei den alten Leutchen, die sie so herzlich aufnahmen. Ob sie ihr die Rose vor die Tür gelegt hatten, als Ostfriesengruß sozusagen? Nein, das passte nicht zu ihnen. Feldblumen schon eher, nur dass die jetzt keine Saison hatten. Das edle Treibhausgewächs passte irgendwie überhaupt nicht hierher, in diese urtümliche Landschaft mit ihren bodenständigen Bewohnern.

»Hinnerk erzählte uns schon, dass du schreibst. Eine von Henrikes Schützlingen, hm?«

Sanne errötete. Ihre Tätigkeit kam ihr plötzlich ganz läppisch vor im Vergleich zu der harten Arbeit auf dem Lande. »Liebesromane, nichts Großes, aber sie werden gelesen.«

Frauke tätschelte ihre Hand. »Ist doch schön! Ich les so was auch mal ganz gern.«

»Daagdröömeree«, schalt Hauke und zwinkerte ihr zu.

»Muss auch mal sein«, gab sie zurück.

Beide lachten, und Sanne gab es einen Stich. Ob Jonas und sie im Alter ebenso glücklich gewesen wären, so liebevoll? Sie würde es nie erfahren.

Tammenas erzählten ihr, dass Hinnerk Jansen den Kotten früher selbst bewohnt hatte. »Er war Schäfer zu seiner Zeit. Hat seine Herde tagein, tagaus auf den Deich getrieben.« Frauke seufzte. »Sieht man auch immer weniger.«

»Wieso? Ist das verboten worden?«

»Nee, das nich, im Gegenteil! Die Schafe schützen den Deich, machen ihn fester und das Gras stark. Aber von leben kann man kaum. Und als dann Henrikes Bruder im Streit vom Hof ist und nicht wiederkam, da wollt er auch nicht mehr. Hat den Kotten als Ferienhaus hergerichtet und sich in der Stadt eingemietet.«

Sanne biss sich auf die Unterlippe. In Henrikes Privatleben wollte sie eigentlich nicht ungefragt eindringen.

»Weißt noch, Hinnerks Salzwiesenlämmer?« Hauke leckte sich genießerisch die Lippen. »Zu Ostern haben wir immer eins von ihm bekommen.«

Frauke schüttelte den Kopf. »Ach ja. Aber wir wollen nicht klagen.«

»Was baut ihr denn an?«, erkundigte Sanne sich. »Also, ihr habt Kühe und Hühner, so viel weiß ich.«

Hauke schenkte sich Tee nach. »En bietje dies, en bietje das.«

»Gemüse vor allem, das geht gut im Hofladen. Auch Obst – ich koch viel Marmelade. Die Äpfel von der Streuobstwiese geben wir zum Pressen, das gibt Most und Apfelwein. Unseren Hofkäse machen wir auch selbst. Und wir haben Bienen.« Ihre Apfelbäckchen glühten.

»Und das schafft ihr alles allein?« So, wie Sanne die beiden einschätzte, würden sie rackern, bis sie eines Tages umkippten, aber es schien ihnen Freude zu machen.

Hauke lachte dröhnend. »Nee, das nu nich. Einen Knecht haben wir, der macht die schwere Arbeit wie das Misten.«

»Und manchmal kommt eine Polin, die hilft bei der Ernte«, ergänzte Frauke. »Im Winter geht sie putzen. Armes Ding.«

»Na, in mir werdet ihr eine gute Kundin haben«, versprach Sanne. »Der Käse klingt verlockend. Im Winter ist hier wohl nicht viel los, wie?«

Der Bauer machte eine So-so-Handbewegung. »Über die Feiertage ist hier immer alles ausgebucht, aber Januar, Februar, März sind schlecht.«

»Suregurkentied.«

Das verstand Sanne; inzwischen hatte sie sich etwas reingehört. »Der Kotten ist ja ziemlich urig, aber jetzt im Januar …«

Frauke zwinkerte verstehend. »Hinnerk will das so. Die Leute sollen sich erholen und was von der Gegend sehen, sagt er immer, nicht fernsehen oder auf ihre Telefone starren. Deswegen ändert er auch nichts. Ihm reicht’s so, und seine Stammgäste lieben es.«

»Ja, so was hat er mir auch gesagt. Ich find’s eigentlich gut. Genau das habe ich gesucht, um …« Sie schluckte und blinzelte.

Frauke nickte mitfühlend, als wüsste sie Bescheid. »Wie lang willst denn bleiben?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Ich werd’s wohl merken, wenn ich so weit bin.« Sie schaute zum Fenster und rief überrascht: »Es hat aufgeklart!« Damit hatte sie nicht so schnell gerechnet. Der Himmel war zwar immer noch grau, aber der Regen hatte aufgehört.

»Jo, hier geht das fix. Der Wind fegt die Wolken weg.«

Sanne erhob sich und bedankte sich für Tee und Kuchen. »Nun will ich euch nicht länger aufhalten. Bevor ich gehe, würde ich aber wirklich gern euren Hofladen sehen«, meinte sie.

Der verbarg sich hinter einem der Scheunentore. Im Halbdunkel glänzten Gläser mit Marmelade und Honig, dann flammte die Deckenbeleuchtung auf. Kürbisse und Kohlrüben, Weiß-, Rot- und Grünkohl lagen in strohgepolsterten Kisten. Eine Palette mit Eiern stand neben einer altmodischen Kasse. Den Käse, eine Art krümeliger Frischkäse, holte Frauke aus einem Kühlschrank.

Mit prall gefülltem Rucksack erreichte Sanne bald darauf ihren Kotten. Als sie aufsperren wollte, stellte sie erschrocken fest, dass die Tür nur zugezogen war. »Muss ich wohl vergessen haben abzuschließen«, murmelte sie. Die merkwürdige Morgengabe hatte sie anscheinend völlig aus dem Konzept gebracht. Zum Glück schien niemand eingedrungen zu sein – nicht, dass es hier was zum Stehlen gab. Portemonnaie und Handy hatte sie mitgenommen.

In der Küche fiel ihr Blick sofort auf die Rose. Einzelne Blütenblätter, an den Rändern bräunlich verfärbt, hatten sich gelöst und lagen auf der Tischplatte. Sanne konnte den Anblick kaum ertragen. Die Blume erschien ihr wie ein Symbol für ihr zerstörtes Leben. Wer auch immer sie auf ihre Schwelle gelegt hatte, hatte es vermutlich gut gemeint, doch die Geste rührte nur ihren Schmerz wieder auf. Sie warf die welken Blätter fort und verbannte die Rose mitsamt Vase in den Schrank unter der Spüle.

Nachdem sie die Feuerstellen versorgt hatte, schlüpfte sie in trockene Kleidung und trug das klamme Federbett ins Wohnzimmer. Dabei fiel ihr Blick erneut auf die Tür zum Dach.

Kein Licht im Treppenaufgang, Sanne entdeckte eine Taschenlampe auf den Stufen. Sie ließ die Tür offen stehen, damit Tageslicht einfallen konnte, und leuchtete mit der Taschenlampe den Weg bis zu einer weiteren Tür, die sie behutsam öffnete. Was immer sie dahinter erwartet hatte, das war es nicht. Fahles Licht aus dem Fenster einer Dachgaube zeichnete die Konturen zweier Stockbetten nach. Kleiderschränke, Kommoden, Regale, sogar ein Gitterbettchen sowie einen Wickeltisch entdeckte sie: ein behaglich eingerichtetes Kinderzimmer. Im Sommer musste es hier oben nett sein, so bot der Kotten genug Platz für eine Großfamilie. Vom altmodischen Mief der unteren Räume war wenig zu spüren, lediglich die dicke Staubschicht sprach von monatelangem Leerstand. Da entdeckte Sanne mit einem Mal Fußabdrücke auf den Dielen. Ganz frisch – ob Herr Jansen kürzlich oben gewesen war? Er hätte ja wenigstens die Spuren der letzten Gäste beseitigen können. Das hintere der beiden Stockbetten sah aus, als hätte erst vor Kurzem jemand auf der unteren Matratze gelegen. Henrikes Vater hatte wohl nicht damit gerechnet, dass sie hier nachsehen würde. Gedankenverloren zog sie die Bettdecke glatt.

Von der Gaube konnte sie in den kleinen Garten hinabblicken, der hinten vom Deich begrenzt wurde. Wo wohl die Schafe des Alten untergebracht gewesen waren? Vermutlich hatte er den Stall längst abgerissen. Irgendwie traurig, dass der Sohn die Tradition nicht weiterführen wollte. Andererseits – man konnte niemanden zwingen. Sie wäre schließlich auch nie auf die Idee gekommen, Buchhalter zu werden wie ihr Vater oder Chefsekretärin wie ihre Mutter. Fröstelnd wandte sie sich ab. Die Dielen knarzten unter ihren Schritten, eine der Schranktüren sprang auf. Leise klirrten die leeren Drahtbügel an der Stange. Unheimlich, als hätte sich jemand dort versteckt! Sie lugte hinein. Leer, natürlich. Was hatte sie erwartet? Der Raum bereitete ihr trotzdem Unbehagen. Sanne schloss den Schrank, hastete so schnell sie konnte die schmale Stiege hinab und schlug die Tür hinter sich zu. Schade, dass man die nicht abschließen konnte, dann wäre ihr wohler.

Der Strandläufer

Traurig schritt er einher am Gestade des rauschenden Meeres, laut aufjammernd, da trat zu ihm die Göttin Athene, einem Jüngling gleich an Gestalt, der die Herden behütet, zart von Alter und in der Tracht der fürstlichen Söhne. Odyssee Gesang XIII, 220 (nach Hubatsch)


Das Feuer im Wohnzimmerkamin knisterte anheimelnd und verbreitete wohlige Wärme. Sanne starrte auf Seite zehn des Friesenkrimis, den sie aus dem Bücherregal gefischt hatte, und las den Absatz noch einmal von vorn. Die Figuren kamen ihr so hohl vor. Was hatten sie mit ihr zu tun? Ihre Gedanken drifteten ab. Irgendwann merkte sie, dass sie blicklos aus dem Fenster schaute, und blinzelte den Tränenschleier fort. Der Himmel war merklich heller geworden, warum nicht einen Strandspaziergang wagen?

Kurz darauf stand sie ratlos vor dem Deich, der den Zugang zum Wasser versperrte. Steil und feucht glänzend ragte er vor ihr auf, sie sah sich schon durch den Matsch rutschen. Zu allem Überfluss verlief auf der Deichkrone ein Zaun, so weit das Auge reichte. Wie sollte sie zum Strand kommen? Da sah sie eine einsame Gestalt oben entlanglaufen. Sanne ging dem Spaziergänger, einem Mann mit Hund, entgegen. »Hallo!«, rief sie.

»Moin«, schallte es zurück.

Sie schirmte ihre Augen gegen die tief stehende Wintersonne ab. »Wie kommt man da hoch? Ich will zum Strand.«

»Da hinten ist ein Übergang, nicht weit von hier. Können Sie nicht verfehlen.« Der Mann zeigte hinter sich und ging weiter.

»Danke!«, rief Sanne und folgte der Landstraße Richtung Norddeich. Tatsächlich, nur etwa hundert Meter weiter führte eine hölzerne Treppe den Hang hinauf. Ein Schild neben dem Geländer wies darauf hin, dass das Betreten des Deichs verboten und nur an extra ausgewiesenen Übergängen gestattet sei. Auch die Dünen dürfe man nicht betreten. Sie erklomm die Stufen und drehte sich auf halber Höhe um. Dabei entdeckte sie einen Parkplatz auf der anderen Straßenseite, den sie eben gar nicht bemerkt hatte. Im Sommer musste es dort rappelvoll mit Autos von Urlaubern und Tagesausflüglern sein; jetzt stand nur ein einsames Fahrzeug dort, vielleicht von dem Wanderer von vorhin. Hinter dem Gelände erstreckten sich Weiden bis zum Horizont, menschenleer. Könnte doch nur … schnell drehte sie der friedlichen Szenerie den Rücken zu und nahm die letzten Stufen. Auf der Deichkrone verlief ein asphaltierter, von beiden Seiten eingezäunter Weg. Sie stützte sich auf das hölzerne Treppengeländer und ließ den Blick einen Moment über das Wattenmeer schweifen, das sich im Licht der verhangenen Sonne fahlgolden glänzend und bucklig wie ein Waschbrett vor ihr ausbreitete, grenzenlos weit, bis es mit dem diesigen Himmel verschmolz. Dann kletterte sie auf der anderen Deichseite hinunter zum Strand.

Sofort traf sie eine Bö mit voller Wucht, peitschte ihr ins Gesicht. Sie setzte die Kapuze auf und drehte sich weg vom Wind, der Sand und Salz mit sich trug und ihre Augen zum Tränen brachte, und ließ sich von ihm den menschenleeren Strand Richtung Norddeich entlang treiben. Gelegentlich bückte Sanne sich nach Muscheln, glänzenden Steinen und abgeschliffenen Glasstücken, die ihr ins Auge fielen. Die raue Schönheit der Landschaft nahm sie gefangen, die endlose Weite. Wenn doch nur Jonas …

Die Möwen untermalten ihre Gedanken mit Klagegesang. Warum seid ihr traurig?, dachte sie und schaute zu den dunklen Flecken am Himmel empor. Dann flutete Wut über sie hinweg. Was fiel den Vögeln ein, ihr Leid zu verhöhnen? »Hat euch jemand die Flügel abgehackt, das Rückgrat gestohlen? Dann hört auf, euch zu beklagen!« Der Schmerz durchzuckte sie wie mit glühenden Klingen, schärfer, als sie ihn je verspürt hatte. Als hätte jemand alle Schleusen geöffnet, sprudelten Tränen aus ihren Augen; blind stürzte sie auf alle viere, hieb mit den Fäusten auf den Sand ein. »Warum? Warum?« Wieso durfte das Leben weitergehen, für alle, nur nicht für ihn, nur nicht für sie? »Das ist nicht fair!« Eine Weile wütete sie gegen ihre Seelenqual an wie ein Berserker, dann sackte sie erschöpft auf die Knie. Der Wind umtoste sie, zerrte Haarsträhnen unter der Kapuze hervor. Noch immer strömten Tränen ihre Wangen hinab, erst heiß, dann eisig. Sanne hieß die Kältetaubheit willkommen. Nichts mehr fühlen.

Plötzlich legte sich ein Arm um ihre Schultern, und sie blinzelte überrascht in das wettergegerbte Gesicht eines Fremden, der neben ihr kauerte. Er streckte seinen Zeigefinger aus und fing damit eine Träne auf. Die Berührung löste Sannes Starre. Wärme flutete durch ihren Körper. Unwillkürlich schmiegte sie sich an den Mann mit dem strubbeligen Blondhaar; wortlos drückte er sie fester. Eine tiefe Ruhe ging von ihm aus und übertrug sich allmählich auch auf Sanne. Nach einer Weile – wie lange es dauerte, konnte sie nicht sagen – versiegten ihre Tränen. Zitternd holte sie Luft und löste sich aus seinen Armen, seltsam befreit, als hätte sie all ihr Leid verströmt, und nun war da nichts mehr. Gab es etwas, das die Leere in ihr füllen konnte, jemanden? Sanne schaute zu ihrem schweigsamen Tröster und begegnete seinem fragenden Blick aus tiefgrauen Augen, die ein Netz feiner Fältchen umgab. Lachfältchen, und doch wirkte er so ernst. Kaum merklich nickte sie: Die Krise war vorbei.

Geschmeidig wie ein Seeotter sprang er auf, raffte ein Netz mit Treibholzstücken an sich, machte eine grüßende Handbewegung und lief weiter, als wäre nichts geschehen. Wer war er?

Ungelenk erhob auch Sanne sich und schaute ihm nach, bis er nicht mehr zu sehen war. Ohne auch nur eine Silbe zu sagen, hatte er sie in einer Weise getröstet, wie es all die mitfühlenden Worte von Freunden nicht vermocht hatten. Erstmals seit Jonas’ Tod fühlte sie sich besser, nicht nur aufgemuntert durch freundliche Menschen wie die Tammenas oder den alten Jansen, sondern tief in ihrem Inneren. Nachdenklich schnäuzte sie sich. Plötzlich wurde sie gewahr, dass die Sonne unterging und das Meer still und leise auf sie zugekrochen kam. Nun aber schnell zurück ins Haus! Um dem umherwirbelnden Sand zu entkommen, erklomm sie die nächstbeste Deichquerung und nutzte den Weg auf der Deichkrone, bis sie in der Ferne das geduckt im Deichschatten daliegende Strohdach ihres Kottens erblickte. Heftige Böen zerfetzten die dünnen Rauchschwaden, die aus dem Schornstein wölkten. Ein leichter Geruch von Holzfeuer erreichte ihre Nase und versprach behagliche Wärme. Sie beschleunigte ihre Schritte.

Zu ihrer Überraschung prasselte das Kaminfeuer im Wohnzimmer. War sie kürzer unterwegs gewesen, als ihr Gefühl ihr sagte? Seit ihrem Aufbruch schienen Stunden vergangen, auf die Uhr hatte sie allerdings nicht gesehen. Schön warm war es in der Stube. In der Küche dagegen fand sie das Feuer bis auf Glutreste heruntergebrannt. Gedankenverloren entfachte sie den Herd neu und setzte Wasser auf. Der Fremde, der sich so selbstverständlich um sie gekümmert hatte, ging ihr nicht aus dem Kopf. Merkwürdiger Typ, sich einfach neben sie zu setzen. Trotzdem war sie nicht einen Moment vor ihm zurückgescheut. Was hatte er am Strand zu suchen gehabt? Bestimmt ein Tourist. Sanne schüttelte den Kopf. Nein, das passte nicht zu ihm. Er erinnerte sie eher an einen Seemann oder … Strandräuber. Verrückter Gedanke! Ob sie ihn wiedersah? Ihre Finger legten sich wie von selbst auf die Stelle an ihrer Wange, die er berührt hatte. Wieder spürte sie das Prickeln, die Wärme.

Obwohl sie ihn nur kurz angeschaut hatte, stand ihr sein Bild klar vor Augen: die vom Wind zerzausten Haare, die hochgewachsene Gestalt. Jünger, als er ihr im ersten Moment erschienen war, vielleicht Mitte bis Ende dreißig. Und dann diese Augen …

Wie so oft trat sie gedanklich einen Schritt zurück und betrachtete das Erlebte wie einen Film. Eine weinende Frau, ein geheimnisvoller Fremder – wie könnte es weitergehen? Wie von selbst spann ihre Fantasie ein romantisches Garn, verwob den mysteriösen Strandläufer in eine knisternde Liebesgeschichte. Karibik, Abenteurer, Piraten … Sie wurde zur schönen Eleonore auf dem Weg zu den Besitzungen in den Kolonien, deren Segler von einem Freibeuter aufgebracht wird. Alle Welt zittert vor dem grausamen Kapitän, aber sie erkennt in seinem Blick den Seelenverwandten.

Als sie merkte, was sie da tat, erschrak sie heftig. Jonas! Wie konnte sie nur? Dann flutete Erleichterung über sie hinweg. Nicht sie war die Heldin dieser Geschichte, die dem geheimnisvollen Fremden verfiel, sondern die schöne Eleonore. Mit einem Mal kribbelte es Sanne regelrecht in den Fingern, wieder zu schreiben. Der lastende Druck fiel von ihr ab, die ausgetrocknet geglaubte Quelle ihrer Fantasie glich einer Fontäne. Während sie ins Schlafzimmer rannte, um den Laptop aus ihrem Koffer zu holen, sandte sie ein stummes Dankeschön an Frau Jansen. Endlich!


Der Kessel summte, bald dampfte eine Tasse Tee neben Sanne auf dem Küchentisch, während ihre Finger über die Tasten flogen. Als sie den ersten Schluck nahm, war der Tee bereits kalt. Irritiert schaute sie zum Fenster, hinter dem nichts als blanke Schwärze lauerte. Mitternacht vorbei! Sanne lehnte sich zurück und lachte. Sie fühlte sich, als hätte sie Sekt in den Adern, ach was, Champagner! Solchen Feuereifer kannte sie aus der Anfangszeit ihres Autorendaseins, als alles noch neu und das Schreiben ein Abenteuer gewesen war. Plötzlich ging alles ganz leicht, als wäre die Geschichte schon immer da gewesen und hätte nur darauf gewartet, sie willigen Händen diktieren zu können. In ihre Freude mischte sich Erleichterung. Der Verlag würde zufrieden sein – sie war zufrieden. Es gab doch noch Geschichten in ihr, und sie brauchte Jonas nicht, um Bücher zu schreiben. Sie verspürte einen frischen, neuen Hunger in sich, nicht nur aufs Essen – aufs Leben. Wenn der Strandläufer wüsste, was er ausgelöst hatte!

Jäh erstarb ihr Hochgefühl. Durfte sie überhaupt wieder so etwas wie Glück empfinden? Das eben war ja fast wie Fremdgehen gewesen, ein farbenprächtiger Rausch. Als sie verzweifelt versuchte, sich Jonas’ Gesicht in Erinnerung zu rufen, blieb sein Bild seltsam blass, ohne Konturen. Nur noch ein Schatten der Vergangenheit – nein, das durfte nicht sein! Sie musste sich erinnern, ihn lebendig halten. Aber sie musste auch schreiben. Jonas als romantischer Held? Nein, das passte nicht zu dem Mann, der Belletristik generell als Schundliteratur bezeichnet hatte. Eine verdrängte Erinnerung stieg an die Oberfläche ihres Bewusstseins, ein Telefonat zwischen Jonas und ihrem Vater, das sie belauscht hatte: ›Nach der Hochzeit muss Sanne ihr Hobby natürlich aufgeben.‹ Die ohnmächtige Wut von damals überflutete sie erneut. Warum hatte sie ihn deswegen nie zur Rede gestellt? Herzklopfen, Sprachlosigkeit. Sie hatte den Kampf auf später verschoben.

Seufzend reckte sie die verkrampften Schultern. Himmel, hatte sie einen Hunger! Schnell schlug sie einige Eier in die Pfanne und bestrich einige Scheiben Brot mit dem cremigen Käse, dem Kräuter und gehackte Zwiebeln ein besonders würziges Aroma gaben.


In dieser Nacht wälzte sie sich lange herum, döste nur immer wieder kurz weg. Im Halbschlaf jagte sie dem Strandläufer hinterher, ohne ihn einholen zu können. Als sie ihn endlich doch erreichte und er sich umdrehte, erkannte sie Jonas. Dann verschleierten sich die vertrauten Züge, verschwammen. Die Augen sanken immer tiefer in ihre Höhlen, bis Sanne in einen Totenschädel blickte. Sie schrie und schrie. Fuhr hoch, schweißgebadet. Die Deckenbalken über ihr ächzten, als hätten auch sie schlecht geträumt. Tapp, tapp – wie Schritte klang der Widerhall des Pulsschlags in ihren Ohren. Es dauerte, bis ihr rasendes Herz sich beruhigt hatte, aber einschlafen konnte sie trotzdem nicht. Draußen zerrte der Wind am Kotten, die ungewohnten Geräusche ließen sie immer wieder hochfahren. Schließlich stand sie auf und stopfte sich entnervt Schaumstoffstöpsel in die Ohren. Dann fiel sie endlich in traumlosen Schlaf.

Die Sonne stand schon hoch am blitzblauen Himmel, als Sanne endlich aus den Federn kroch. Ihr Schädel brummte, und es war eiskalt im Schlafzimmer. Das Wetter musste wieder umgeschlagen sein, von Tief zu Hoch, ein Wechselbad wie ihre Gefühle. Sie warf sich ihren Bademantel über und schlüpfte in die Hausschuhe. Anziehen konnte sie sich später, wenn der Kamin das Wohnzimmer erwärmt hatte. Erst einmal frühstücken.

Beim Blick in den Kühlschrank stellte sie überrascht fest, dass weniger Eier da waren als vermutet – hatte sie fürs Abendessen so viele verbraucht? – und auch Milch und der köstliche Käse gingen bereits zur Neige, ebenso das Brot. Sie schrieb eine SMS an Herrn Jansen und orderte nach, aber zu den Tammenas musste sie selbst radeln. Dabei zog es Sanne mit Macht zurück zum Strand. Sie wollte mehr über den Fremden erfahren, der unfreiwillig zum Vorbild für ihren neuesten Romanhelden geworden war, und hoffte, ihn erneut zu treffen. Wenn er in Norddeich lebte und arbeitete, standen die Chancen nachmittags vermutlich am besten, nach Büroschluss. Sofort wurde sie etwas ruhiger, auch wenn sie sich ihren verwegenen Freibeuter so gar nicht hinter einem Schreibtisch vorstellen konnte. Zeit genug jedenfalls, um vorher zum Hofladen zu fahren, sogar für einen Schwatz mit dem sympathischen Bauernpaar.

Es war wirklich klirrend kalt, und Sanne war froh um die dicken Fäustlinge und die warme, kunstpelzgefütterte Kapuze. Ihr Atem wölkte in die klare Luft und wurde vom Wind davongetragen. Ihre Augen begannen zu tränen, die Nase lief. Um warm zu werden, trat sie kräftig in die Pedale. Als sie in die Zufahrt einbog, bremste sie überrascht ab und glitt vom Sattel. Auf dem Hof der Tammenas stand ein Polizeiwagen! Nach anfänglichem Schreck dachte sie: Was soll hier schon passieren? Bestimmt will die Streife etwas einkaufen. Sie stellte das Fahrrad neben dem Eingang des Hofladens ab und öffnete schwungvoll die Tür. Erst sah sie nur die beiden Polizisten, dann auch Hauke und Frauke im hinteren Bereich des Geschäfts. Alle vier wirkten wie eingefroren und starrten sie an. »Moin?«, sagte sie zaghaft.

»Sanne!«, rief Frauke und stieß den angehaltenen Atem aus.

Bewegung kam ins Standbild. »Wer sind Sie denn?«, fragte der schnauzbärtige Beamte barsch. Mit seinen dicken Tränensäcken und dem arroganten Gesichtsausdruck erinnerte er Sanne vage an ein Walross. Drei Sterne auf der Schulterklappe, registrierte sie mechanisch. Sein Kollege hatte nur einen.

Frauke eilte nach vorn und legte einen Arm um Sannes Hüfte. »Lass man, Fiete. Die Deern wohnt bei Hinnerk im Kotten.«

»Sanne Rosenholz«, stellte sie sich vor.

Der jüngere Polizist, ein dunkelblonder schlaksiger Kerl, strahlte. »Etwa die Sanne Rosenholz? Die Autorin?« Sein vorstehender Adamsapfel hüpfte vor Aufregung.

Sanne nickte geschmeichelt. Selten, dass sie von Männern auf ihre Bücher angesprochen wurde.

Plötzlich errötete der Blonde tief. »Ähm … Meine Freundin …« Er kratzte sich im Nacken und schob sich dabei die Mütze tiefer in die Stirn.

Fiete schnaubte in seinen Seehundschnäuzer. »Autorin oder nicht, ich muss Sie als nächste Anwohnerin trotzdem befragen.«

Da dämmerte Sanne, dass die beiden dienstlich hier waren. »Was ist denn überhaupt passiert?«

»Utrovt hebbt se uns!«, schimpfte Hauke und wies auf die kleine Kasse, deren Lade weit offen stand.

»Alles Geld ist weg«, ergänzte Frauke. Ihr Blick glitt über die Regale, als müsste sie nachzählen. »Außerdem Honig, Hausmacher Leberwurst. Und ein Pfund Käse.«

»Oh nein, Frauke, wie schrecklich! Wann ist es denn passiert?« Es tat Sanne in der Seele weh, dass das Vertrauen der alten Bauern in ihre Mitmenschen so arg erschüttert worden war.

»Letzte Nacht«, sagte Frauke.

Fiete wirkte, als hätte er Probleme, der Unterhaltung zu folgen. »Noch mal von vorn. Ihr seid um neun ins Bett gegangen, und als ihr morgens um sechs das Vieh versorgen wolltet, stand die Tür zur Scheune offen.«

»Genau. Hauke is denn mit de Förk rin, aber die Diebe waren längst über alle Berge. Alles durchwühlt! Nee, nee.«

»Moment«, mischte der Jüngere sich ein. »Von durchwühlt hast du noch nichts gesagt.« Er schaute sich um. »Wo denn?«

»Hab ich natürlich erst mal aufgeräumt, was denkst du denn von mir, du Dööskopp!«, schalt die alte Bäuerin.

Sanne zuckte zusammen, die Beamten schüttelten ungläubig die Köpfe. »Spuren vernichtet!«, rief Fiete. »Nee, Frauke, dat hebbt man beter laten.«

»Sollen wir trotzdem die SpuSi rufen?«, wisperte sein Kollege. Sanne drückte die runde Bäuerin an sich.

Fietes Schnäuzer zitterte leicht. Er verengte die Augen. »Hast du etwa auch geputzt, Frauke?«

»Nee, das nu nich! Nur alles aufgehoben, das am Boden lag.«

Der ältere Beamte nickte und bellte Unverständliches in sein Funkgerät. Es knisterte und rauschte, dann kam eine ebenso undeutliche Antwort. »Die Kollegen sind gleich da. Bis dahin fasst ihr mir hier nichts an.«

»Wer kann das nur getan haben?«, murmelte Sanne und streichelte Fraukes zitternde Hand.

»Gute Frage, Frau …«

»Rosenholz«, ergänzte der Blonde und zwinkerte Sanne zu. »Krieg ich ein Autogramm?«

»Zur Sache, Pit!«, bellte sein Vorgesetzter. »Also, jemand muss gewusst haben, dass hier was zu holen ist. Mensch, Frauke, man lässt doch kein Geld offen rumliegen!« Er schnaufte. »Ein Einheimischer?«

»Nee!«, riefen die Tammenas unisono. »Das macht doch keiner«, ergänzte Frauke. »Seit Jahr un Dag halten wir es hier so, und nie ist was passiert. Das muss ein Strolch gewesen sein, een Tippelbröör.«

Was würde einen Landstreicher mitten im Winter in diese einsame Gegend verschlagen? Sanne konnte sich das nicht vorstellen. Fiete hatte schon recht, das konnte eigentlich nur jemand gewesen sein, der von den Gewohnheiten der alten Leute wusste. Andererseits sprachen die mitgenommenen Lebensmittel für jemanden, der Hunger hatte. Doch ein Obdachloser? »Vielleicht ein Ausreißer«, schlug sie vor. »Ein Teenager, der von zu Hause ausgebüxt ist?«

Pits Miene hellte sich auf. Er nickte eifrig. »Das –«

»Nee«, unterbrach sein Vorgesetzter. »Von abgängigen Kindern wüssten wir längst. Außerdem: Die Straße führt nach Greetsiel. Was könnte man da schon wollen? Wenn bei uns jemand Hummels kriegt, finden wir ihn meist am Bahnhof. Sie haben nichts gesehen oder gehört?«, fragte er Sanne.

»Tut mir leid. Ich könnte nicht mal sagen, ob abends ein Wagen am Haus vorbeigefahren ist. Ich …« Sie spürte ihre Wangen heiß werden. »Ich hab geschrieben, und da krieg ich nichts mehr mit.« Entschuldigend zog sie die Schultern hoch. »Das Schlafzimmer geht nach hinten raus, und der Wind war so laut …«

»Sie wohnen allein im Kotten?« Ungläubig zuckte Fietes Schnäuzer. »Um diese Jahreszeit ganz allein auf Reisen?« Das machte sie anscheinend verdächtig.

Frauke nahm sie in Schutz. »Lass die Deern, die war das nicht.«

Fiete wirkte nicht überzeugt. »Mach mir mal eine Liste, was der Dieb alles hat mitgehen lassen, Frauke.«

Während die Bäuerin noch ihre Gläser zählte und schrieb, fuhr das Auto der Spurensicherung auf den Hof. Der Motor erstarb, die Räder knirschten noch ein wenig. Da schoben die beiden Beamten Sanne und die Tammenas aus der Scheune. »Lasst die Leute ihre Arbeit machen. Vor allem die Kasse auf Fingerspuren!«, instruierte Fiete die Kollegen. »Wir müssen dann auch gleich eure Abdrücke nehmen, zum Vergleich.« Das ging an die Tammenas.

Frauke quietschte und drückte Sannes Arm. »Wie bei die Verbrekers!«

Sanne starrte auf die Scheunentür. »Eigentlich wollte ich nur Eier, Käse und Milch holen, aber das ist jetzt wohl nicht so günstig. Soll ich Herrn Jansen …?«

»Nee, das musst du doch nicht. Ich geb dir gleich aus unserm Kühlschrank. Schon alles verputzt? Na, du hast aber gesegneten Appetit, min Deern. Das macht unsere gute Luft!«

Musste wohl. Sanne konnte sich gar nicht daran erinnern, derart viel verbraucht zu haben, doch so ging es ihr oft, wenn sie in Gedanken war – und gestern war sie sehr weit fort gewesen. Bestimmt hatte sie sich zwischendurch mal eine Stulle geschmiert und gegessen, ohne es zu merken. »Ich bezahl aber! Wie viel ist denn weggekommen?«

Das Rot von Fraukes Apfelbäckchen vertiefte sich. »An die vierhundert Euro. Ich wollt es gleich morgen zur Bank bringen. Aber mach dir keen Kopp, wir sind ja versichert.«

»Äh-hrm«, räusperte sich Fiete. »Das wird wohl nix werden, Frauke. Tür offen, da verstehn die von der Versicherung keinen Spaß. Grob fahrlässig heißt das. Die zahlen euch keinen Pfennig.«

Auch Haukes Gesicht rötete sich. »Und für was zahlen wir die Beiträge? Unser Geld nehmen sie gern, aber keiner sacht dir so was, keiner! Das sind erst die richtigen Verbrekers. Fiete …« Bittend schaute er den Polizisten an, als könnte der etwas daran ändern. Dann seufzte er. »Das macht doch hier niemand, die Tür abschließen.«

»Mensch Hauke, aber wenn ihr das Geld wenigstens zum Abend ins Haus geholt hättet!« Fiete schüttelte den Kopf.

Mit ›hätte‹ und ›wollte‹ war den beiden nicht geholfen. Die alten Leute taten Sanne unglaublich leid. Das Geld brauchten sie sicher dringend, gerade in der Sauregurkenzeit, wie Frauke es genannt hatte. Wenn sie das Schwein nur bald erwischten! Vielleicht war dann noch was von der Beute übrig. Allerdings, schlimmer als der Verlust des Geldes musste der des Vertrauens wiegen. Sie drückte Frauke fünfzig Euro in die Hand. »Pack mir was Schönes zusammen, ja?«

»Nee!«, wehrte Hauke ab. »To vööl, dat geiht doch nich!«

»Dat geiht«, sagte Sanne energisch und zwinkerte Pit zu. Dessen Adamsapfel hüpfte vor Rührung. »Ich wohn im Strandkotten«, sagte sie halblaut zu ihm. »Kommst mal mit einem Buch vorbei, dann schreib ich dir eine schöne Widmung rein.« gegen Pit kam sie sich uralt vor, und so rutschte ihr das Du wie von selbst heraus.

Er errötete. »Meiner Freundin.«

»Auch der.« Sie grinste.


Am frühen Nachmittag machte Sanne sich auf zum Strand. Diesmal konnte sie am Horizont Wasser erkennen, wusste aber nicht, ob gerade Ebbe oder Flut herrschte. In welche Richtung sollte sie gehen? Gestern hatte sie nicht wahrgenommen, woher der Strandläufer gekommen war, aber er hatte sich zu ihrer Rechten niedergelassen. Vermutlich von Norddeich also. Sie stapfte eine Weile durch den losen Sand auf das Städtchen zu, dessen gemauerte Uferpromenade heute in der Ferne zu erkennen war, bis es ihr zu anstrengend wurde und sie auf den Rand des Wattenmeers zusteuerte, wo man leichter vorankam. Die Buckel waren zu ihrem Erstaunen hart gefroren und knirschten unter ihren Stiefeln. Ein Paar kam ihr entgegen, dessen Hund immer wieder Richtung Meer davontobte und zu buddeln begann, dass der unter der Frostschicht gelegene Schlick nur so spritzte. Sanne lächelte, nickte den beiden zu. Dann bückte sie sich und zog einen Handschuh aus, um das Häufchen eines Wattwurms zu betasten. Auch steinhart. Sie wunderte sich, dass die Tiere keinen Winterschlaf hielten.

Das schöne Wetter hatte etliche Spaziergänger zum Meer gelockt, auch auf der Deichkrone herrschte reges Kommen und Gehen. Sanne musterte die Gesichter, aber ihr ›Pirat‹ war nicht dabei. Kurz vor der Uferbefestigung drehte sie enttäuscht um. Sie hatte wohl die falsche Richtung genommen, oder der Fremde war gestern nur ausnahmsweise am Strand gewesen. Wieso hatte sie so fest damit gerechnet, ihn heute noch einmal zu treffen? Nur weil ihr die Begegnung viel bedeutet hatte, musste es umgekehrt nicht genauso sein.

Da erlahmten ihre Schritte. Wie muss ich auf ihn gewirkt haben, hysterisch heulend, mit Rotz aus der Nase? Hitze flutete ihre Wangen. Egal, sagte sie sich. Nur eine Zufallsbegegnung am Strand, die am besten genau das blieb. Er könnte Verkäufer sein oder sonst einem alltäglich-langweiligen Beruf nachgehen. Besser, sie erfuhr es gar nicht, denn wo blieb da die Romantik? Sie lief weiter. Solange sie nichts über ihn wusste, konnte er alles sein, was sie wollte und für ihren Roman brauchte. Sie schirmte ihre Augen gegen die untergehende Sonne ab und verfiel in leichten Trab.

An der Türklinke des Kottens baumelte eine Stofftasche. Herr Jansen hatte die gewünschten Lebensmittel vorbeigebracht.

Treibholz

Jetzt neun Tage hindurch, von feindlichen Winden geschleudert, wogt’ ich im wimmelnden Meere dahin; am zehnten gelangt’ ich hin, wo Lotophagen die blumige Speise genießen. Odyssee Gesang IX, 80 (nach Donner)


Drei Tage später fegte ein Orkan übers Meer und verbannte Sanne in ihren Kotten. Das kleine Häuschen ächzte unter dem Ansturm wirbelnder Böen, die sogar den Windschatten des Deichs unterliefen. Sanne nahm es nur am Rande wahr. Sie schrieb und schrieb, als hätten sich die Worte in den langen Wochen seit Jonas’ Tod in ihr aufgestaut. Ihre farbenprächtige Gedankenwelt ließ sie alles um sich herum vergessen und das Wüten des Sturms ausblenden. So vergingen die Stunden, bis im Garten etwas laut genug schepperte, um sie aufmerken zu lassen. Da stand sie auf, ließ die Schultern kreisen und spähte aus dem Küchenfenster in die Finsternis. Bestimmt die blecherne Gießkanne, die neben dem Schuppen gestanden hatte. Rausgehen und nachsehen? Schon beim Gedanken an die Kälte draußen fröstelte sie. Wie ärgerlich, nun war sie raus aus dem Schreibfluss und spürte ihre Erschöpfung. Nachdem sie einige Scheite im Küchenherd nachgelegt hatte, wanderte ihr Blick unschlüssig vom Küchentisch zur Arbeitsfläche. Stockte.

Wieso lag das Handy neben der Kaffeemaschine? Hatte sie es nicht gestern auf den Nachttisch gelegt? Der Akku war ja leer. Sie musste heute wie in Trance rumgelaufen sein und es zum Aufladen rübergebracht haben, ohne sich daran erinnern zu können. Verwundert stöpselte sie das Gerät ans Ladekabel und gab die PIN ein. Keine Anrufe in Abwesenheit, keine Nachrichten. Sah so aus, als hätte die Welt sie vergessen. Geschieht mir recht, dachte sie und lehnte die heiße Stirn an die Fensterscheibe. Ich hab’s ja so gewollt. Hab alle Leute von mir gestoßen in meiner Trauer. Besonders bemüht hatten sich Jonas’ Kumpels allerdings nicht. Betriebswirte, Banker, Manager – Menschen mit wenig Geduld für die Schwächen anderer. Einer hatte sie sogar hysterisch genannt. Wäre Jonas Jude gewesen wie sie, vielleicht wären sie nach seinem Tod gekommen, um mit ihr Schiwa zu sitzen, seine Familie und Freunde. Sanne bezweifelte, dass das jüdische Trauerritual ihr geholfen hätte.

Mit ihrem Freundeskreis aus Studientagen hatte sie schon lange keinen Kontakt mehr. ›Jonas tut dir nicht gut; er kontrolliert dich zu sehr. Ich kann ihn nicht ausstehen.‹ Diese Worte hatten zur Trennung von ihrer besten und ältesten Freundin Maja geführt. Es gab Sanne einen Stich, an sie zu denken. Steckte wirklich nur Eifersucht auf ihre glückliche Beziehung dahinter, wie Jonas behauptet hatte? Klar, Maja hatte es nie lange bei einem Kerl ausgehalten, aber unglücklich schien sie darüber nicht zu sein. Sanne war von ihren Freundinnen dann immer seltener eingeladen worden, nicht einmal zur Feier von Ellis Dreißigstem oder der Babyparty von Lucy, mit der sie immerhin ein Jahr zusammengewohnt hatte. ›Da hat deine geliebte Maja ganze Arbeit geleistet‹, war Jonas’ Kommentar gewesen, als Sanne deswegen in seinen Armen geweint hatte. Hatte ihre Kindergartenfreundin wirklich dafür gesorgt, dass Sanne am Ende ganz von der alten Clique ausgeschlossen wurde? Heute spielte es keine Rolle mehr. Sannes Atem kondensierte am Glas. Allein. Ganz allein. Jetzt und für immer. Ihre Kehle wurde eng.

In dieser Nacht träumte sie wieder von Jonas, der ihr vorwarf, ihn vergessen zu haben. Sein heiser geflüstertes »Du gehörst mir!« hallte lange in ihr nach.


»Moin Frauke!«, rief Sanne, sobald sie nach dem anstrengenden Gestrampel gegen den noch immer kräftigen Wind wieder zu Atem gekommen war. Scherben zerbrochener Blumentöpfe auf dem Hof zeugten vom Wüten des Sturms.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739419442
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (Mai)
Schlagworte
Liebesroman Trauer Ostfriesland Spannung Sehnsucht Stalking

Autor

  • Kathrin Brückmann (Autor:in)

Schon zu Grundschulzeiten entdeckte Kathrin Brückmann ihre Liebe zur Kultur der alten Ägypter. Während des Ägyptologiestudiums übersetzte sie »Die Geschichte des Sinuhe«, und die spannende Erzählung ließ sie nicht mehr los. Seither hat sie zahlreiche historische Romane verfasst, von denen viele im alten Ägypten spielen. Die Autorin lebt mit ihren beiden Söhnen und zwei Katzen in Berlin und arbeitet als Lektorin und Autorin.
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Titel: Salz auf der Seele