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Lose Control

Verzweifelte Entscheidung

von Mia B. Meyers (Autor:in)
275 Seiten

Zusammenfassung

»Für viele Frauen ist er sicher der Inbegriff eines perfekten Mannes, und da schließe ich meine Wenigkeit nicht aus, er ist nur nichts für mich.« Das redet sich die erfolgreiche Personalchefin Heather Moore immer wieder ein. Der charismatische Cole McAllister passt mit seinem ungezwungenen Lebensstil nicht in ihre geordnete Welt, in der alles seinen festen Platz hat und einem strikten Ablauf folgt. Dennoch knistert es seit ihrem Kennenlernen gewaltig, sodass es beiden immer schwerer fällt, sich dem zu entziehen. Trotz ihrer Zweifel lässt Heather sich auf ein erotisches Abenteuer mit dem attraktiven Cop ein und ahnt nicht, dass viel mehr auf dem Spiel steht als nur ihre Gefühle. Enthält explizit beschriebene Liebesszenen. Das Buch ist in sich abgeschlossen. Lose Control ist KEIN Fortsetzungsroman von Strange Memories. Beide Bücher sind unabhängig voneinander lesbar. Sollten jedoch beide gelesen werden, ist es von Vorteil, Strange Memories vor Lose Control zu lesen, da es sich hier um ein Spin-off handelt und Spoiler enthalten sein können.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,


um einer eventuellen Enttäuschung vorzubeugen, möchte ich dich an dieser Stelle vorwarnen.

Vermutlich werden sich meine Protagonisten stellenweise sehr speziell ausdrücken. Sie lieben klare Worte, zu denen auch der ein oder andere Kraftausdruck gehört.

Und ja, dem ist – ganz unabhängig von ihrem Alter oder ihrem beruflichen Erfolg – so.

Alle meine Protagonisten sind fiktional und dürfen es somit. Darüber hinaus, wer weiß schon, wie die oberen Zehntausend wirklich miteinander reden?!


Sollte schon dieses Vorwort nicht deinem Geschmack entsprechen, wird es leider auch der Rest nicht tun. Das würde ich zwar sehr bedauern, aber Geschmäcker sind nun einmal verschieden.

In diesem Fall muss ich mich an dieser Stelle leider von dir verabschieden. Ansonsten wünsche ich dir ganz viel Spaß beim Lesen und hoffe sehr, dass es dir gefallen wird.


Deine Mia


Tipp:

Für alle, die Strange Memories – Verhängnisvolle Entscheidung nicht gelesen haben, ist am Ende des Buches ein kurzer Teil daraus eingefügt, wie das erste (oder genauer gesagt zweite) Aufeinandertreffen von Heather und Cole stattgefunden hat.

Shot

»Nein«, flüstere ich zu mir selbst und schüttle ununterbrochen den Kopf. Mein Blick verschwimmt und das Rauschen in meinem Schädel wird so laut, dass ich um mich herum kaum noch etwas wahrnehme.

»Cole«, irgendjemand, ich weiß nicht wer, spricht mich an und berührt mich an der

Schulter. »Das bedeutet noch gar nichts.«

»Wenn er ihr auch nur ein Haar krümmt, dann bringe ich ihn um.«

Kapitel 1

Heather – 7 Wochen zuvor

Erschöpft lehne ich meine pochende Stirn gegen die kühle Fensterscheibe meines Büros und schließe die Augen. Allein heute musste ich fünfzehn Vorstellungsgespräche führen, und ein Bewerber war schlimmer als der andere. Wie kann man sich bei der Campell Group – einer der angesehensten Banken New Yorks – bewerben und in Turnschuhen kommen? Nicht, dass ich privat etwas gegen Sneaker hätte, aber als Verantwortliche für eine unserer Zweigstellen erwarte ich dann doch etwas mehr Professionalität. Zwei von den Anwärtern haben es nicht mal durch den Einstellungstest geschafft.

»Heather, die vom Empfang haben angerufen, dass unten noch ein Bewerber steht.«

Stirnrunzelnd drehe ich mich zu Geena, meiner Assistentin, um und gehe zum Schreibtisch. »Und der will wirklich zu mir?« Ungläubig suche ich nach weiteren Bewerbungsunterlagen, die ich womöglich übersehen habe. »Ich habe keine Mappe mehr und bin ziemlich sicher, dass ich jedem von uns genau fünfzehn Bewerber zugeteilt habe.«

Seit einem halben Jahr bin ich die Personalchefin der Campell Group für den New Yorker Bezirk und ich kann ohne falsche Bescheidenheit sagen, dass ich es mir wirklich verdient habe. Die letzten zehn Jahre habe ich eine Weiterbildung nach der anderen besucht und habe mich diese Ausbildung nicht nur finanziell einiges kosten lassen. Privatleben gab es, wenn überhaupt, nur an zweiter Stelle, aber es war die Strapazen wert. Heute habe ich fünf weitere Personalmanagerinnen unter mir und wir betreuen die rund eintausend Mitarbeiter im Stadtteil Manhattan.

»Soll ich ihn einfach hoch bitten?«, unterbricht Geena meine Bemühungen, doch noch irgendwelche Unterlagen zu finden, und ich lasse resigniert die Schultern hängen.

»Okay, dann soll er eben kommen«, seufze ich und ziehe die schwarzen High Heels, die ich gerade eben erst abgestreift habe, wieder an. Automatisch stapele ich die Mappen wieder akkurat übereinander und ordne die Kugelschreiber so, dass die Spitzen eine gerade Linie ergeben.

Minuten später öffnet sich die Bürotür erneut und ich höre Geena sagen: »Ich melde Sie nur eben an und hole Sie dann gleich rein.« Danach tritt sie in mein Büro und verschließt die Tür sofort wieder hinter sich.

»Oh mein Gohott«, jubelt sie flüsternd und macht wilde Gesten mit ihren Händen, die wohl so was wie Begeisterung darstellen sollen.

»Was ist?« Ich sehe an ihr vorbei. »Wo ist der Bewerber?«

»Vor der Tür, ich wollte dich nur kurz vorwarnen.«

»Wovor? Heute habe ich wirklich schon alles gesehen und mich kann nichts mehr schocken. Ich bin schon zufrieden, wenn er sein Hemd richtig zugeknöpft hat«, entgegne ich und schließe den Knopf meines marineblauen Blazers.

»Um ehrlich zu sein, trägt er gar kein Hemd.«

Entsetzt unterbreche ich das Glattstreichen meines knielangen Rockes und sehe verdattert zu ihr auf. »Nee oder?«

»Genau genommen sieht er auch nicht wie ein Manager aus, aber bitte, bitte lass ihn rein. Wir könnten diesen furchtbaren Tag so wunderbar ausklingen lassen.« Sie sieht mich flehend an und hält ihre Hände wie zum Gebet.

Manchmal zweifle ich ein bisschen an ihrem Verstand und doch würde ich sie niemals gegen eine andere Assistentin eintauschen. Optisch erinnert sie mich immer ein wenig an Sookie von der Serie Gilmore Girls, etwas rundlich, sehr energisch, mit einer fröhlichen Ausstrahlung und wir haben den gleichen Männergeschmack.

»Dann los, ich hab noch was vor.« Ich winke in Richtung Tür und gebe ihr damit zu verstehen, dass sie ihn reinholen soll. In weniger als einer Stunde muss ich im high inch sein, wo Mason, der Zukünftige meiner besten Freundin Amber, mich und ein paar Freunde in die letzte Planung seines morgigen Heiratsantrages einweihen will.

»Misses Moore hat jetzt Zeit für Sie«, flötet Geena durch den Türspalt und ich schüttle schmunzelnd den Kopf.

Eine vertraute Schrittfolge nähert sich und ein wohlbekanntes Kribbeln jagt mir über das Rückgrat, was eigentlich nur eins bedeuten kann: Es ist genauso unglaublich, wie nicht erklärbar, aber sobald er sich in einem Radius von wenigen Metern befindet, reagiert mein Körper auf ihn. Und das muss ich ausdrücklich betonen, völlig gegen meinen eigenen Willen. Neugierig sehe ich auf und halte unbewusst den Atem an, dann steht er schon im Türrahmen, den er sowohl nach oben als auch zu den Seiten fast vollständig ausfüllt.

Ungeachtet der Tatsache, dass ich seine Körperform schon etliche Male einstudiert habe, wandert mein Blick gewohnheitsmäßig von den schweren Boots über die langen Beine, die in einer zerschlissenen Jeans stecken, nach oben. An dem schwarzen, engen Shirt, das jeden verdammten Muskel in aller Deutlichkeit erkennen lässt, verharre ich etwas länger als nötig, denn davon hat dieses Exemplar von Mann so einige zu bieten. Er hat schmale Hüften und breite Schultern zum Anlehnen, sodass sein Oberkörper wie ein großes V erscheint. Dennoch muss ich sagen, dass es nicht zu extrem ist. Nein, bei diesem hier, ist es ... heiß.

Als mein Blick sein Gesicht erreicht, funkeln seine grün-braunen Augen wissend und er setzt sich wieder in Bewegung. Direkt vor mir kommt er zum Stehen, sodass ich sein Aftershave vermischt mit diesem ganz eigenen Cole-Geruch wahrnehmen kann, und hält mir die Hand hin, die ich verdattert annehme. Ich kann mich nicht erinnern, dass er je in meinem Büro war, warum auch.

»Cole McAllister, ich habe gehört, Sie suchen noch einen Bankmanager?«

Ein Stück hinter ihm steht Geena, die sich den nicht vorhandenen Schweiß von der Stirn wischt und ihre Zunge aus dem Mund hängen lässt. Ich kann sie so gut verstehen. Mit der Stimme könnte er ein Telefonbuch vorlesen und ich würde mich um nichts in der Welt davon abhalten lassen, ihm dabei zuzuhören. Tief und ein kleines bisschen rauchig.

Keine Ahnung, was das hier wird, aber ich steige gerne darauf ein.

»Heather Moore, Personalchefin der Campell Group. Setzen Sie sich doch.« Dabei zeige ich auf den Besucherstuhl vor meinem Schreibtisch und nehme ebenfalls Platz. Geena setzt sich seitlich neben den Schreibtisch, während ich eben diesen geschäftig absuche, obwohl ich logischerweise nichts von Cole finden werde, und sehe wieder zu ihm auf. »Verzeihung, Mister …«

»McAllister«, hilft er mir auf die Sprünge und seine Mundwinkel zucken.

»Mister McAllister, leider habe ich keinerlei Unterlagen von Ihnen vorliegen. Haben Sie eine Bewerbungsmappe dabei?«

»Fragen Sie mich doch einfach, was Sie wissen wollen«, antwortet er und lehnt sich so weit vor, dass er die Unterarme auf dem Schreibtisch ablegen kann. Geena, die eigentlich die Protokolle der Bewerbungsgespräche führt, starrt wie gebannt auf das Spiel der Muskeln in seinen Armen und registriert mich gar nicht mehr, geschweige denn ihre Arbeit.

»Gut«, gebe ich lächelnd von mir, knöpfe meinen Blazer wieder auf und lehne mich gegen die Rückenlehne des Stuhls. »Wie sieht Ihr derzeitiger Arbeitsalltag aus, Mister McAllister?«

»Ich arbeite in einem Team aus zehn Männern und, wenn ich das so sagen darf, wir sind ziemlich erfolgreich.«

»Zehn Männer?«, echoe ich und schürze anerkennend die Lippen. »Und darf ich fragen, was Sie an Ihrer derzeitigen Stelle stört? Warum suchen Sie einen neuen Job?«

»Wie ich bereits sagte, sind meine unmittelbaren Kollegen allesamt Männer und ich habe gerne hübsche Frauen um mich.« Während er das sagt, sieht er kurz zu Geena, die augenblicklich zur Glühbirne mutiert.

Mir ein Lachen verkneifend, frage ich weiter: »Warum glauben Sie, sollte ich Sie einstellen? Was können Sie besonders gut?«

»Ich kann lecken wie Lassie«, antwortet Cole so trocken, wie nur er es kann. Eilig presse ich die Lippen aufeinander, um nicht laut aufzulachen. Geena sieht mich mit einer Mischung aus Empörung und Faszination an, bevor sie sich sofort wieder auf Cole konzentriert.

»Gibt es sonst noch etwas, das wir über Ihre Fertigkeiten wissen müssten?«, treibe ich das Gespräch weiter voran.

»Mir wird nachgesagt, dass die hier pures Frauenglück ist.« Er hält seine tellergroße Hand hoch und wackelt mit den kräftigen Fingern. Instinktiv möchte ich scharf einatmen, verbiete mir diesen Drang aber und verliere mich stattdessen in seinem durchdringenden Blick. Um die fein geschwungenen Lippen legt sich ein kleines Schmunzeln, welches die Grübchen auf seinen Wangen erahnen lässt. Ich starre ihn an, oder? Schnell räuspere ich mich und richte mich in meinem Stuhl auf.

Cole spürt sofort, dass der Punkt gekommen ist, dieses Spiel zu unterbrechen, und spricht weiter: »Ich wollte dich zu dem Treffen abholen, damit du nicht erst nach Hause musst, um dein Auto zu holen.«

»Woher willst du wissen, dass ich nicht mit dem Auto hier bin?«

»Ich habe heute Morgen bei deiner reizenden Assistentin angerufen und sie einfach gefragt.« Er zwinkert Geena zu, die erneut errötet und mich dann entschuldigend ansieht. Um sie nicht weiter zu verwirren, deute ich auf Cole und sage: »Geena, das ist Cole, der beste Freund von Ambers Zukünftigem.«

Die Ärmste, ob ihre Gesichtsfarbe jemals wieder normal werden wird? Hektisch reicht sie ihm die Hand, wobei ihr das Tablet vom Schoß fällt, und wispert ein »Freut mich«.

»Und mich erst«, raunt Cole und hält ihre Hand für meinen Geschmack etwas zu lang, aber wer fragt mich schon.

Das Schauspiel vor mir beschreibt ihn ganz gut. Er ist unglaublich charismatisch und hat die Gabe, andere Menschen allein durch seine Anwesenheit ruhelos werden zu lassen. Genau genommen gehört sein Name im Lexikon direkt unter den Eintrag Testosteron. Für viele Frauen ist er sicher der Inbegriff eines perfekten Mannes, und da schließe ich meine Wenigkeit nicht aus, er ist nur eben nichts für mich.

Kapitel 2

Heather

Cole geht Geena und mir voran aus dem Hochhaus, in dem die Campell Group ihren Sitz hat, wobei ich mir auf die Lippen beißen muss, um nicht laut aufzulachen. Geena weist mit ihrem Daumen auf Cole, drückt die Zunge gegen die Innenseite ihrer rechten Wange und macht eindeutige Handbewegungen.

»Hör auf damit«, flüstere ich und stoße ihr grinsend den Ellenbogen in die Seite, was sie aufquieken lässt. Unwillkürlich sieht Cole über die Schulter zu uns und wir gehen in Sekundenschnelle ganz gesittet nebeneinanderher her, als wäre nichts passiert.

»Im Auto hast du die Chance, Fleischtrompete zu spielen«, nuschelt sie in meine Richtung und wackelt mit den Augenbrauen.

Mit weit aufgerissenen Augen starre ich sie an und zucke mit dem Kopf in seine Richtung. »Spinnst du? Wenn er das hört …«, forme ich lautlos mit dem Mund, mache aber keinen Mucks dabei. Warum habe ich sie noch mal eingestellt? Ach ja, wegen ihrer hervorragenden Qualifikationen. In manchen Momenten wage ich diese Entscheidung jedoch anzuzweifeln, und dieser Moment ist einer davon.

Gut, es ist nicht auszuschließen, dass ich ihr hin und wieder von Cole erzählt, vielleicht auch ein bisschen vorgeschwärmt habe. Was natürlich ganz und gar nicht professionell ist. Aber müssen diese sexuellen Anspielungen jetzt wirklich sein? Es war auch zu keinem Zeitpunkt absehbar, dass er jemals hier auftauchen und Geena feststellen würde, dass ich sogar noch untertrieben habe.

»Also dann, mein Wagen steht hier.« Geena zieht ihren Autoschlüssel aus der Handtasche und errötet, als Cole ein paar Schritte zurückkommt. Ganz der Gentleman reicht er ihr die Hand.

»Es hat mich sehr gefreut, vielleicht sehen wir uns noch einmal wieder.« Das tiefe Timbre seiner Stimme könnte den geteerten Parkplatz zum Schmelzen bringen und manchmal glaube ich, er macht das tatsächlich mit Berechnung.

»Das wäre nett.« Eben noch einen großen Hals und jetzt aussehen wie ein Ceranfeld kurz vorm Platzen.

Cole nickt ihr zu, geht wieder auf seinen prolligen Camaro SS zu und ich verabschiede mich von Geena. Als ich schon einige Meter von ihr entfernt bin, ruft sie mich noch einmal, sodass ich mich im Gehen umdrehen muss und schockiert auf ihre Geste aus wild nach vorne rammenden Hüften stiere. Ärgerlich winke ich, damit sie aufhört, worauf sie laut auflacht und schließlich in ihren Wagen steigt. Meine Güte.

Ich öffne die Tür des schwarzen Kolosses und will mich stilvoll hineinsetzen, aber da ist kein verdammter Sitz. Wann lerne ich das endlich, erst der Po und dann der Rest. Man stelle sich das Gegenteil von elegant vor, so in etwa sehe ich gerade aus. Mein Rock rutscht etwas zu weit über die Schenkel nach oben und dadurch hätte, würde neben uns nicht ein weiterer Wagen stehen, der gesamte Parkplatz um ein Haar einen kleinen Einblick in meine Unterwäscheschublade bekommen.

»Gehts?«, kommt es vom Fahrersitz und ich höre das unterdrückte Lachen dabei eindeutig.

Ich komme mir vor wie ein dicker Marienkäfer, der auf dem Rücken liegt, rappele mich aber auf und ziehe die Beine in den Fußraum. »Alles bestens, warum?«

Eilig schiebe ich mir eine Strähne aus dem Gesicht, die sich bei dem ins Auto Plumpsen gelöst hat. »Weshalb sitzen wir nicht gleich auf der Straße? Viel fehlt ja wohl nicht mehr. Versuchst du – nur möglicherweise –, etwas mit dieser Schnittenschaukel zu kompensieren?«

Der Motor startet mit einem lauten Blubbern und Cole sieht lächelnd zu mir rüber. »Du musst es nur einmal sagen und ich zeige dir, ob ich Kompensationsbedarf habe.«

Ich schlucke hart und schaue unwillkürlich aus dem Beifahrerfenster, während Cole losfährt und ich das sanfte Vibrieren in dem engen Ledersitz spüre, der mich geradezu einrahmt. So ist es immer. Wir unterhalten uns ganz normal und irgendwann fällt ein Wort, das uns in diese bestimmte Richtung bringt, und dann herrscht Funkstille – von meiner Seite aus. Im Grunde möchte ich genau an ebendiesem Punkt weiterreden, möchte hören, wie lange er wirklich mit dem leichten Geplänkel weitermachen würde, ehe es ernst wird. Andererseits bekomme ich einfach kein Wort mehr heraus.

Ich führe Meetings und Seminare mit Dutzenden Zuhörern, aber bei Cole versagt meine Souveränität. Interessanterweise scheint es bei ihm genau das gleiche Problem zu sein. Wenn es jemanden gibt, der immer einen passenden Spruch auf den Lippen hat, dann ihn, aber in diesem Fall ist es wohl die Ausnahme der Regel. Es ist auch nicht so, dass unser Schweigen unangenehm wäre, es ist nur irgendwie … spannungsgeladen.

Zwanzig Minuten später lässt Cole den Wagen vor dem high inch ausrollen, wo die anderen bereits in der Sitzecke vor dem Eingang warten und den lauen Juliabend genießen. Ich stoße die Tür auf, schwinge meine Füße aus dem Camaro und versuche ziemlich undamenhaft, aus den Tiefen des Schalensitzes hochzukommen. Scheiß Karre! Mit einer Hand ziehe ich mich zum Türrahmen und drücke mich gleichzeitig mit der anderen aus dem Sitz hoch.

»Na, in welchem Monat sind wir denn?«, freut sich Riley, der gerade aus der Halle kommt.

»Witzig.« Ich lache gespielt auf und zupfe meinen Rock wieder in die Länge.

Ihm gehört das high inch, eine Werkstatt – Verzeihung, Motorradveredlung –, bei der sich die Männer regelmäßig treffen, um irgendwelchen Kram zu machen, den Männer eben so tun.

»Hey, da seid ihr ja.« Lilly kommt auf mich zu und umarmt mich herzlich. Logan sitzt vor dem Grill und dreht Würste um, während Marissa sich handwedelnd vor dem Qualm schützen will, den der leichte Wind direkt zu ihr hinüberweht. Riley zeigt Cole irgendwas auf seinem Handy, aber … Suchend sehe ich noch einmal in die Runde. »Wo ist Mason?«

»Auf dem Klo«, antworten alle wie aus einem Munde. Cole runzelt die Stirn, sieht sich auch einmal um und geht direkt in die Halle. Sein Verhalten löst in mir ein kleines Lächeln aus. So cool und unnahbar er auch tut, wenn es um Mason geht, bröckelt diese Fassade nicht nur, sie stürzt in einem Sekundenbruchteil zusammen.

»Oh bitte, wie lange wollt ihr uns eigentlich noch mit euren schmachtenden Blicken quälen?«, seufzt Lilly auf und lässt sich theatralisch in einen der Stühle fallen. Und natürlich sie, denn als kleine Schwester ist Lilly Coles wunder Punkt. Ich tue so, als hätte ich keine Ahnung, was sie damit sagen will, schnappe mir eins der kleinen Brötchen, die im Korb auf dem Tisch stehen, und setze mich in den Stuhl neben sie.

»Wie kommt es, dass ihr zusammen hier seid?«, mischt Logan sich ein und dreht betont locker die Würstchen, um die Frage nebensächlich klingen zu lassen, doch ich bin mir der interessierten Blicke der anderen durchaus bewusst.

Aus irgendeinem unerfindlichen Grund denken sie, dass Cole und ich … Wie drücken sie es aus? Umeinander rumscharwenzeln. Ich ignoriere die Frage einfach, streife meine Schuhe ab und greife nach dem nächsten Brötchen.

»Habt ihr in der Zwischenzeit irgendwas besprochen oder sitzt er schon die ganze Zeit auf der Toilette?«, versuche ich, ein anderes Thema zu beginnen, als Cole mit langen Schritten aus der Werkstatt kommt. Er umrundet die Sitzmöbel und beugt sich zu mir herunter, um etwas zu sagen, woraufhin ich reflexartig ein Stück zurückweiche. Wenn ich seinem mein Hirn vernebelnden Duft zu sehr ausgesetzt bin, gebe ich den anderen nur wieder Stoff für ihre merkwürdigen Interpretationen.

»Ich muss los, das Dezernat hat angerufen.«

»Oh.« Warum müssen die ausgerechnet heute anrufen? Es ist Samstagabend und ich dachte, Cole würde mich noch nach Hause bringen …

Vergiss es, Heather, Cole hat dich schon öfters nach Hause gebracht, und selbst wenn es früher oder später zu einem Kuss käme, was dann? Das Ganze habe ich schon zahlreiche Male durchexerziert und komme doch immer zum gleichen Schluss: Es würde nicht funktionieren. Aus diversen Gründen, Zeitgründen zum Beispiel, glaube ich. Wenn ich nicht arbeite, arbeitet er und umgekehrt, selbst mir ist klar, dass das nicht die besten Voraussetzungen für eine Beziehung sind. Natürlich ist da noch die Frage, wie er das überhaupt sehen würde, und noch so einige andere.

»Mason wird dich nach Hause bringen«, unterbricht Cole meine Gedanken und wischt mir mit dem Daumen über den Mundwinkel, vermutlich, um einen Brötchenkrümel zu entfernen. Wie können solche riesigen Finger dermaßen zart sein? Gerade als ich antworten will, ruft er ein »Machts gut« in die Runde und geht im Laufschritt zu seinem Wagen.

Cole


Es dämmert bereits, als ich aus meinem Wagen steige und mir zeitgleich die Kette mit der Polizeimarke um den Hals hänge. Dutzende Streifenwagen mit zuckendem Blaulicht stehen in gleichmäßigem Abstand zueinander vor dem Tatort und von weiter weg nähert sich weiteres Sirenengeheul.

»Tut mir leid, Mann, seid ihr mit der Planung fertig gewesen?«, ruft Sam, mein Partner, mir über den Lärm des direkt neben uns verlaufenden Highways zu. Er klopft mir zur Begrüßung auf die Schulter, dabei ist unser Dienstschluss noch nicht einmal drei Stunden her.

»Ich weiß bereits seit ein paar Tagen Bescheid und die anderen sitzen noch zusammen«, antworte ich ihm und wir gehen auf die gelbe Flatterleine zu, an der sich Schaulustige versammelt haben, um einen Blick auf den Tatort zu werfen. Wie machen die das? Sie sind meistens schon vor uns hier. Warten die, dass endlich einer umgebracht wird, um dann als Erste glotzen zu können, oder was?

»Warst du schon hier?«, frage ich und Sam schüttelt verneinend den Kopf. Im Gehen zeige ich meine Marke in Richtung einer der Streifenpolizisten, die darauf achten, dass das sensationsgeile Pack auch hinter der Absperrung bleibt. Ich hebe das Band leicht an und schwinge mich darunter her. Nur einen Meter weiter steht ein Mitarbeiter der Spurensicherung, keine Ahnung, wer genau das ist, in ihren weißen Schutzanzügen sehen sie alle gleich aus. Wie Teletubbies, denen die Farbe ausgegangen ist. Er weist einige Streifenpolizisten ein, wo sie Strahler verteilen sollen, um den Platz so hell wie möglich zu erleuchten. Als er uns sieht, hält er uns Einmalhandschuhe entgegen und deutet geradeaus.

»Wer hat sie gefunden?«, frage ich und ziehe die Latexdinger über.

»Ein Jogger, er sitzt im Rettungswagen und ist noch nicht vernehmungsfähig.«

Inmitten dieser ersten Absperrung befindet sich eine zweite, die auch wir nicht ohne Weiteres betreten dürfen, bevor die Spusi durch ist. Zwei Polizisten verlassen gerade das abgesperrte Areal und steigen in den Streifenwagen. In Anbetracht ihrer nicht vorhandenen Gesichtsfarbe waren sie diejenigen, die nach Meldung des Leichenfunds als Erste vor Ort waren und den Verdacht auf Fremdverschulden festgestellt haben. Ansonsten wären wir nicht hier und ich hätte Heather nach Hause bringen können.

Einer der Teletubbies winkt uns zu, was bedeutet, dass wir jetzt den gesicherten Bereich betreten dürfen. Inzwischen bin ich fünf Jahre Sergeant beim Morddezernat und doch muss ich noch immer schlucken, wenn ich das kleine Zelt sehe, auf das wir gerade zugehen.

Vorsichtig schlängele ich mich durch die unzähligen Metallkoffer der Spurensicherung, als Joona unter dem weißen Dach auftaucht. Sie spricht etwas in ihr Diktiergerät, was ich aufgrund der Geräuschkulisse aus fahrenden Autos, Sirenen und Hundegebell nicht hören kann. Als ich bei ihr ankomme, sieht sie zu mir auf und lächelt. »Hey Cole, wie lief die Planung für morgen? Kann der Heiratsantrag losgehen?«

»Und ob, Mason überlässt wie immer nicht das kleinste Detail dem Zufall. Wenn sie auf der Schleimspur nicht ausrutscht und aus Versehen Ja sagt, weiß ich auch nicht.« Ich deute auf das Zelt. »Was hast du für uns?«

Kurz kommt mir der Gedanke, dass wir auf Außenstehende möglicherweise desinteressiert wirken könnten. Dass es den Eindruck macht, es wäre uns egal, dass hier eine Frau liegt, die ums Leben gekommen ist. Die Wahrheit ist jedoch, dass wir es so handhaben müssen, um nicht vollkommen durchzudrehen. Wenn wir jeden Fall an uns heranlassen und uns den Kopf darüber zerbrechen würden, wer das Opfer war, ob es Kinder oder Familie hatte, vielleicht ein enges Verhältnis zu seinen Eltern, wir würden reihenweise den Dienst quittieren. So herzlos es sich auch anhört, wir müssen das hier als einen von vielen Fällen sehen, nicht mehr und nicht weniger. Eine Sachlage, in der wir schnellstmöglich – so jedenfalls immer die Hoffnung – eine Auflösung finden sollen.

»Als vorläufige Todesursache kommt nur der Stich ins Herz in Betracht. Ich schätze, sie war binnen Sekunden tot«, erklärt Joona. »Ansonsten hat sie, zumindest auf den ersten Blick, keine weiteren Verletzungen. Keine Anzeichen dafür, dass sie sich gewehrt hat, demnach auch keine DNA unter den Nägeln. Allerdings kann ich das erst nach der abschließenden Obduktion mit Sicherheit sagen.«

Jemand von der Spurensicherung kommt auf uns zu und hält eine Klarsichttüte hoch – der Ausweis des Opfers. Ich nehme ihn an mich und sehe in das lächelnde Gesicht einer hübschen Frau mit langen, dunklen Haaren. Dem Geburtsdatum nach ist sie gerade einmal fünfundvierzig Jahre alt gewesen.

»Vincent«, rufe ich den mit Ende zwanzig Jüngsten in unserem Team, der sofort zu mir gelaufen kommt, und gebe ihm das Tütchen. »Überprüf, ob sie irgendwo Familie hat.«

Noch einmal lasse ich meinen Blick über den Tatort wandern, beobachte die vielen Spurensicherer, die vermutlich noch die nächsten Tage für ihre Arbeit brauchen werden, Hundeführer, die mit ihren Diensthunden die nähere Umgebung absuchen, und die unzähligen Schaulustigen, die inzwischen von Kollegen befragt werden. Mein Gefühl sagt mir jedoch, dass der Täter inzwischen weit genug weg sein wird.

Links die meterhohe Mauer einer Brücke, die gegen unerwünschte Blicke abschottet, und etwa zehn Meter nach rechts, hinter einem dicht bewachsenen Grünstreifen, befindet sich der Highway. Einen Zeugen zu finden, dürfte damit ziemlich schwierig werden. Die Ecke ist schwer einsehbar, noch dazu machen die Autos und Lastwagen einen Höllenlärm. Selbst wenn die Frau um Hilfe gerufen hat, ist es aufgrund dessen eher unwahrscheinlich, dass sie jemand gehört hat.

Nachdenklich werfe ich einen kurzen Blick in das Zelt und schließe schwer atmend die Augen, als ich sie sehe. Sagte ich nicht vorhin noch, dass es sich für uns um eine Sachlage handelt und es unser einziges Ziel ist, diese schnell aufzulösen? Das ist die Theorie, sie klappt meistens, aber leider nicht immer.

Kapitel 3

Heather

»Ich denke, du solltest ihn einfach ein bisschen mehr anhimmeln, dann verliert Cole in Nullkommanichts das Interesse an dir«, reißt Marissa mich aus den Gedanken und unterstützt ihre Aussage mit einem Nicken.

Ich sehe kurz zu ihr hinüber und blicke dann wieder auf die Straße. »Als würde ich ihn nicht schon immer anschmachten wie Don Geilo persönlich.«

»Don Geilo? Kenn ich nicht.«

Grinsend sehe ich in den Rückspiegel und erkenne drei Motorräder, die ziemlich schnell näher kommen. Das Erste von ihnen ist pechschwarz, genau wie die Kleidung seines Fahrers. Ein Kribbeln überzieht meine Haut, was mich langsam aggressiv macht. Ich rutsche unruhig auf dem Fahrersitz umher und versuche, es zu unterdrücken, während Marissa mich feixend mustert. Jetzt reiß dich aber auch mal zusammen und konzentrier dich wieder auf das Gespräch.

»Hmm …«, setze ich an und halte inne. Vielleicht ist da was dran und ich müsste nur noch mehr schmachten? Aber was ist, wenn ich eigentlich gar nicht will, dass er sein Interesse verliert? Lautstark dröhnend überholen uns die Motorräder im gleichen Moment und der Sozius auf dem schwarzen Monstrum winkt uns zu – Lilly. Dahinter fahren Logan und Riley an uns vorbei. Sie drosseln kurz ihr Tempo, winken und geben dann wieder Gas, um geräuschvoll davonzurasen. Marissa ist Rileys Angestellte und die beiden verstehen sich ausnehmend gut. Von daher wundert es mich ein wenig, dass sie bei mir mitfährt, anstatt bei ihm auf dem Zweirad zu sitzen.

»Im Grunde ist es ganz einfach: Männer sind Jäger, die irgendwas erlegen wollen oder so«, predigt sie weiter. »Je mehr das Wild – also wir Frauen – sich ziert, desto motivierter ist der Jäger in ihm, es endlich niederzustrecken. Was so viel heißt wie flachlegen.«

Stirnrunzelnd sehe ich zu ihr hinüber und zurück auf die Straße. »Also soll ich mich ihm jetzt an den Hals schmeißen, weil er das Abendessen in Form eines Säbelzahntigers – also mich – jagen möchte und ihm das durch mein anbiederndes Verhalten verwehrt wird?«

»Ganz genau.« Marissa nickt bestätigend, fischt nach irgendetwas in ihrer Handtasche und hält mir kurz darauf einen Snickers hin, den ich kopfschüttelnd ablehne.

»Und du meinst nicht, dass der ambitionierte Jäger den willigen Säbelzahntiger trotzdem auffrisst, um seinen Hunger zu stillen?«

»Hmm«, brummt Marissa kauend und scheint sich der Sache nun auch nicht mehr ganz so sicher zu sein.

»Vielleicht solltest du deine Theorie noch mal überdenken, und pass auf, dass du die Schokolade nicht in meinem Auto verteilst.«

Nachdenklich schiebt sie sich den Rest des Schokoriegels in den Mund und würgt ihn Sekunden später mit schmerzverzerrtem Gesicht herunter.

»Wo ist überhaupt dein Problem? Es gibt sicher sehr viel Schlimmeres, als sich von Sergeant McAllister die Handschellen anlegen zu lassen.« Sie wackelt anzüglich mit den Augenbrauen und ich sehe starr wieder auf die Straße. Damit hat sie einen weiteren, wesentlichen Grund für Cole und meine Inkompatibilität auf den Punkt gebracht. Es ist ein offenes Geheimnis, dass er … Tja was genau eigentlich?

Amber hat uns vor Monaten bei einem feuchtfröhlichen Mädelsabend erzählt, dass Cole im Schlafzimmer gerne das Sagen hat. Keine Ahnung, was das im Einzelnen bedeutet oder wie weit eben diese Macke bei ihm geht. Gibt er Anweisungen, die seine Sexpartnerin befolgen soll? Oder schlägt er sie mit irgendwelchen Hilfsmitteln grün und blau?

Wie auch immer, seit ich es weiß, sehe ich ihn mit anderen Augen. Einerseits stößt es mich ab, wir Frauen haben nicht jahrelang um unsere Emanzipation gekämpft, um den Kerlen dann die Füße zu küssen. Andererseits macht vielleicht gerade das ihn so unverschämt interessant? Es ist neu, unbekannt und einfach … Nein, Heather, es ist abstoßend.

»Na, baumelst du gedanklich schon in seinem Schlafzimmer an der Decke?«, fragt Marissa grinsend und ich schlage ihr lachend mit der flachen Hand auf den Oberschenkel.

Munter reißt sie den nächsten Snickers auf und schiebt ihn sich in den Mund. Ich kann die braunen Flecken schon förmlich auf dem hellen Leder sehen. Ich hänge meinen Gedanken nach, genau genommen hänge ich eher gedanklich irgendwo in Coles Wohnung und bevor ich es stoppen kann, spreche ich es aus. »Meinst du wirklich, er besitzt so ein Sadomaso-Zimmer mit Ringen, Seilen und irgendeinem Gestell an der Decke, an das er Frauen fesselt?«

Marissa sieht mich leicht verwirrt an und fängt an zu lachen. »Vielleicht solltest du deiner Neugierde einfach mal nachgeben. Womöglich bist du dann sogar enttäuscht und der Drops ist gegessen.«

»Gelutscht.«

»Was gelutscht?«

»Der Drops ist gelutscht und ich bin nicht neugierig«, antworte ich schmunzelnd und biege von der Straße auf den unbefestigten Strandparkplatz ab, wobei der trockene Sand unter meinen Reifen aufwirbelt.

»Ihr würdet uns anderen einen Gefallen tun, wenn er seinen Aal endlich in dir ersticken würde.«

Ohne auf ihre gewählten Worte, die ich heute nicht zum ersten Mal höre, einzugehen, strecke ich meinen Arm vor ihrem Gesicht aus und zeige auf Masons Audi A6. »Sie sind schon da.«

Wie gestern abgesprochen, fahre ich links am Hotel vorbei, um das Auto dahinter auf dem Personalparkplatz abzustellen. Schließlich soll Amber noch nicht wissen, dass wir alle hier sind. Offiziell ist sie vor Ort, um das sechsmonatige Bestehen von Davids Stiftung zu feiern – ihrem zukünftigen Schwiegervater.

In dem Augenblick, als mein weißes Mercedes Cabrio zum Stehen kommt und keinerlei Fahrtwind mehr entsteht, bricht uns der Schweiß aus. Obwohl wir jetzt so nah am Wasser sind, weht kaum Wind und ich fahre mir mit der Hand über die feuchte Stirn. Cole, der gerade telefoniert, blickt zu uns auf, und sobald ich aus dem Wagen gestiegen bin, gleitet sein Blick schamlos über meinen Körper. Auf Höhe der Brüste pausiert er sehr viel länger, als angemessen wäre – wie praktisch immer, wenn wir uns sehen. Leider auch wie immer richten sich meine verräterischen Brustwarzen dadurch auf und drücken gegen die Körbchen des BHs. Da mir auch das nicht neu ist, habe ich Vorkehrungen getroffen und trage nur noch gepolsterte. Endlich kommt sein Blick in meinem Gesicht an, was ich mit hochgezogenen Augenbrauen registriere. Und was macht er? Grinst mich ungeniert an.

Marissa geht zu den anderen, die mit erhitzten Gesichtern auf einer Bank im Schatten sitzen. Ich lehne mich mit dem Hintern gegen den Kotflügel meines Wagens und warte auf Cole, der mit Mason zu sprechen scheint. Die Sonne blendet, sodass ich die Lider schließe und den Kopf in den Nacken lege.

»Hey Marilyn.«

Ob er sich das jemals abgewöhnen wird? Seit unserem ersten, na ja eigentlich zweiten Treffen nennt er mich vermutlich aufgrund meiner Haare und des roten Lippenstifts Marilyn. Ich öffne die Augen und schaue zu Cole auf, der mir im wahrsten Sinne des Wortes in der Sonne steht. Statt mir ins Gesicht zu sehen, liegt sein Blick auf meinem Hals. Genau auf der Stelle, an der gefühlt ein einzelner Tropfen Schweiß herunterfließt. Viel zu sanft streicht er mit einem Finger daran entlang und fängt ihn auf, wobei ich die Luft anhalte. Wie hypnotisiert beobachte ich, wie er die Feuchtigkeit zwischen den Fingern verreibt, und nicht zum ersten Mal habe ich das Gefühl, als würde um uns herum nichts mehr existieren. Als stünden nur noch wir beide auf diesem Platz, wo ich unter seinem glühenden Blick verbrenne.

»Ich gehe kurz zu Mason ins Hotel, telefonieren reicht wohl nicht, sonst fängt er noch an zu heulen«, zerstört er den Moment, dreht sich um und geht in Richtung Hoteleingang, als wäre nichts gewesen, während ich kurz davor bin, eine Tüte zu suchen, um keine Schnappatmung zu bekommen.

Ich weiß, wenn ich Cole nur einmal sagen würde, dass er mich nicht so ansehen, mich nicht so berühren soll, dann würde er es lassen. Das Problem ist nur, dass irgendein kranker Teil in mir das überhaupt nicht will.

Kapitel 4

Cole

Heather hält ihren Kopf gesenkt und beobachtet, wie die kleinen Wellen über ihre nackten Füße hinwegschwappen, bevor sie im Sand auslaufen und sich ins Meer zurückziehen. Das hellblonde Haar weht ihr vor die Augen und ich gehe auf sie zu, als Lilly anfängt zu schreien.

»Seht mal, entweder sie liegen da übereinander, weil sie sich prügeln, oder aber sie hat Ja gesagt.« Sie zeigt auf die gigantische Sandskulptur in einigen Metern Entfernung – dem Kampfhamster.

Ohne dass ich es steuern kann, fange ich an zu grinsen und sehe zu Heather, die ebenfalls strahlend in die gleiche Richtung sieht. Sie kann sich so ehrlich für andere freuen, wie ich es noch nie bei jemandem erlebt habe. Ich starre sie schon wieder an, oder? Selbst wenn sie laut über irgendwas zu lachen beginnt, stehe ich jedes Mal kurzzeitig neben mir. Die Jungs reißen schon Witze darüber, aber was soll ich machen? Es ist ja nicht so, dass ich es mir ausgesucht habe.

Heather ist … eigentlich gibt es gar kein Wort, das sie beschreibt. Sie ist intelligent, selbstbewusst, vollkommen ungekünstelt und absolut nicht auf den Mund gefallen. Dass sie zusätzlich noch die Sinnlichkeit in Person verkörpert, ist das Extra, welches sie in meinen Augen beinahe unwirklich macht. Und das Beste ist, es scheint ihr oftmals nicht einmal bewusst zu sein.

Sie schiebt sich mit einer Hand die Haare aus dem Gesicht und fasst sie zu einem Pferdeschwanz zusammen, als sie auf mich zukommt. Ihre roten, vollen Lippen immer noch lächelnd. Das sind sie immer, tiefrot. Ansonsten ist sie nicht geschminkt, glaube ich zumindest. Beim Anblick, wie der Wind das weiße Sommerkleid an ihre vollen Brüste und diese weiblichen Hüften drängt, muss ich schlucken, damit mir der Sabber nicht gierig aus den Mundwinkeln läuft. Meine wahr gewordene Marilyn.

Als sie fast bei mir ist, setze ich mein nettestes Lächeln auf und überlege schnell, was ich Kluges sagen könnte. Irgendwas, das sich nicht hohl anhört, aber auch nicht, als wäre ich heiß auf sie wie ein Käsefondue, was ich genau genommen ja bin.

Äh, was wird das? Die geht jetzt aber nicht grinsend an mir vorbei … Empört drehe ich mich nach ihr um und sehe Lilly um sie herumtänzeln. Was zur Hölle … Im Augenwinkel registriere ich, wie Logan mich anglotzt und sich das Lachen kaum verkneifen kann.

»Maul halten«, ranze ich ihn an und er klopft mir prustend auf die Schulter, was ich mit hochgezogener Augenbraue kommentiere. Warum schafft diese Frau es immer wieder, dass ich mir wie der Chefhirni vorkomme? Energisch stampfe ich weiter durch den Sand, als die anderen, kurz vor dem Sandhamster angekommen, wie die Irren anfangen zu grölen und ihre Glückwünsche schon jetzt mitteilen. Allen voran Heather und Lilly, die die restlichen Meter laufen und sich zu Mason und Amber in den Sand werfen.

Nur Sekunden später komme auch ich an und sehe, wie sich Masons Augen mit Tränen füllen, was auch mich einmal kurz schlucken lässt. Natürlich heul ich nicht, schließlich bin ich ein richtiger Kerl. Dennoch schiebt sich flüchtig das Bild von ihm, auf der Straße liegend, vor mein inneres Auge. Ich glaube, ich hatte noch nie solche Angst wie in dem Moment, als ich dachte, er würde dort vor unseren Augen sterben. Aber das ist eine andere Geschichte, die lange hinter uns liegt.

Stürmisch ziehe ich ihn in eine Umarmung und tätschele ihm liebevoll grob das Gesicht. Wir sind bestimmt keine Pussys, aber wie oft bittet man schon die Frau, mit der man alt und runzlig werden will, um ihre Hand. Alle knutschen und umarmen sich, während die zukünftigen Schwiegereltern den mitgebrachten Champagner öffnen. Lilly hält ihnen die Gläser hin und verteilt sie, sobald sie gefüllt sind. Wie Logan sie dabei anstiert gefällt mir allerdings ganz und gar nicht. Noch weniger gefällt mir, dass sie darunter zu zerfließen scheint.

»Na, wer ist jetzt wieder Opfer deines unerbittlichen Killerblicks?«, spricht Heather mich von der Seite an und reicht mir ein Glas. Lächelnd blickt sie zu Logan und zurück zu mir. »Was ist eigentlich dein Problem? Logan ist ein toller Mann und Lilly kann sogar schon alleine auf die Toilette gehen. So klein ist sie also gar nicht mehr.«

Brummend nehme ich einen Schluck von dem ekelhaften Gesöff. »Lilly hat einen schlechten Männergeschmack.«

Heather setzt sich im Schneidersitz in den Sand und sieht auffordernd zu mir hoch, sodass ich mich neben sie setze. Ihre Haarspitzen wehen gegen meinen freien Oberarm und ich muss mich von dem wohligen Gefühl wegreißen, als sie weiterspricht.

»Logan sieht außerordentlich gut aus, er hat Manieren, Humor und irgendwann erbt er eine millionenschwere Firma.« Sie nimmt einen Schluck Champagner und sieht mir ins Gesicht. »Ich denke, da gibt es bestimmt schlechtere Kandidaten.«

»Ich rede auch nicht von Logan. Lilly hat …« Abwägend sehe ich Heather an und entscheide mich dazu, weiterzureden. »Ihr Exfreund hat sie ziemlich schlecht behandelt und ich lasse nicht zu, dass das noch einmal passiert.«

»Das wusste ich nicht«, wispert sie leise und blickt einen Moment lang auf ihr Glas, bevor sie wieder zu mir aufsieht. »Aber du kennst Logan doch, er würde das nie …«

»Das habe ich von ihrem Ex auch gedacht. Ein ganz feiner Kerl, aber nur so lange, bis die Wohnungstür hinter ihnen geschlossen war«, unterbreche ich sie barsch und schütte den Inhalt meines Glases komplett in mich.

»Du hast es nicht gemerkt, oder?«

Weil ich es nicht zugeben, sie aber auch nicht anlügen will, sehe ich sie einfach nur an, bis sie sich elegant erhebt und mir das Glas aus der Hand nimmt.

»Noch einen?«

Lächelnd nicke ich und sehe zu, wie sie zum Korb rübergeht und uns nachschenkt. Bei jedem ihrer Schritte graben sich ihre Füße in den weichen Sand und die rot lackierten Fußnägel verschwinden darin. Was zur Hölle hat sie nur an sich? Ich mag streng genommen gar keine lackierten Fußnägel und Lippenstift genauso wenig.

»Hier.« Sie reicht mir ein Glas, setzt sich mit ausgestreckten Beinen wieder neben mich und ordnet den langen Rock ihres Kleides auf den Schenkeln. »Schön, wie glücklich die beiden sind.« Sie sieht über die Schulter zu Mason und Amber und ich muss unwillkürlich lächeln, fange mich aber gleich wieder.

»Jetzt wird er den Kampfhamster nie mehr los.« Und das ist auch gut so, schiebe ich in Gedanken hinterher, kann es aber unmöglich zugeben. Irgendwie gehört es inzwischen zum guten Ton, dass Amber und ich uns eigentlich nicht mögen. Das erste Mal, als wir vier uns zufällig im Park beim Joggen trafen, artete es aufgrund von Ambers großer Klappe etwas aus. Na gut, möglicherweise war ich auch nicht ganz unschuldig, aber wie sollte ich mir auch einen Spruch verkneifen, wenn sie nach zehn Metern schon um ein Sauerstoffzelt bettelt?

»Herzlichen Glückwunsch an das zukünftige Paar«, ertönt eine Stimme hinter uns und ich drehe mich im Sand herum. Ein Kellner des Hotels reicht Mason und Amber die Hand, bevor er sich uns zuwendet. »Aus gegebenem Anlass bediene ich Sie heute am Strand. Wem darf ich denn etwas zu trinken bringen?«

»Na, das wurde aber auch Zeit«, blöke ich los und ordere mir einen Whiskey. Als alle etwas bestellt haben, zottelt er über die Düne davon und ich wende mich wieder Heather zu. Heilige Scheiße. Sie hat sich hingelegt, mit den Ellenbogen abgestützt und ihren Kopf in den Nacken zurückfallen lassen, sodass ihre Haare sich im Sand aufbauschen. Hart schluckend wandert mein Blick über ihre geschlossenen Augen zu ihrer Stupsnase und diesem verdammt perfekten Mund, für den sie einen Waffenschein bräuchte. Mein Schwanz zuckt und ich wende mich unverzüglich von ihr ab. Schnell an was Ekelhaftes denken: Hämorriden, Arschhaare, Mundgeruch.

Scheint zu funktionieren. Ich sehe wieder zu ihr, an ihrem schmalen blassen Hals entlang, über die Mulde zwischen ihren Schlüsselbeinen und zum Ansatz ihrer mordsmäßigen …

»Cole.«

Erschrocken zucke ich zusammen und schaue zurück in ihr Gesicht, sehe, dass ihre Augen noch immer geschlossen sind. »Was denn?« Schnell einen Schluck Champagner.

»Wie lange willst du mir eigentlich noch auf die Möpse starren, immer wenn wir uns treffen? Langsam solltest du doch wissen, wie sie aussehen.«

Hää? Hustend spucke ich den Champagner aus meinem Mund wieder in das Glas und sehe sie überrascht an. Sie lächelt wissend und öffnet die Augen genau in dem Moment, als der Kellner mit unseren Getränken wiederkommt und ihr eins reicht.

»Einmal Sex on the Beach für die Dame«, sagt er pissfreundlich, wobei ihm eine seiner schmierigen Gel-Locken ins Gesicht rutscht und er widerlich grinst.

»Ey, Kollege«, erwidere ich und der Kellner glotzt mich an. »Wenn der Dame irgendeiner Sex on the Beach gibt, dann bin ich das.« Ungehalten nehme ich mir mein Whiskeyglas selbst von seinem Tablett, das dadurch verdächtig zu wackeln beginnt, und er hat Mühe, es wieder auszupendeln. Gel-Locke taxiert mich kurz und geht wortlos weiter, um seine beschissenen Drinks zu verteilen.

»Was war das?«

Das ist eine verdammt gute Frage. Heather sieht mich völlig emotionslos an. Das tut sie oft und ist damit die erste und einzige Frau, bei der ich manches Mal nicht weiß, was sie denkt. Ist sie jetzt ärgerlich, oder macht sie sich über mich lustig? Ich sehe einmal betont zu ihren Brüsten herunter und wieder in ihre Augen, in denen es jetzt verräterisch funkelt.

»Revierverhalten«, antworte ich und nippe andächtig an meinem Whiskey, der mir brennend die Kehle hinunterläuft.

Zwei Stunden später machen wir uns auf den Weg zurück ins Hotel. Heather und Lilly torkeln einige Meter vor uns her über den Schotterparkplatz und grölen irgendwas, das sich entfernt nach einem Song von Whitney Houston anhört. Aber wirklich nur sehr weit entfernt. In der Lobby des Hotels bleibt Heather plötzlich stehen und ich renne in sie hinein.

»Ist was?«, frage ich und sehe den anderen nach, die schon in die hoteleigene Bar gehen.

»Ich will jetzt ins Bett.« Damit dreht sie sich auf den Hacken in die entgegengesetzte Richtung und torkelt auf die Fahrstühle zu.

Abwägend sehe ich von der halb besoffenen Heather zum Bareingang und seufze auf. »Warte, ich bringe dich schnell hoch.«

Während wir auf einen Fahrstuhl warten, steht sie mit der Stirn gegen die Wand gelehnt da und stöhnt leise vor sich hin. »Ich fürchte, ich bin leicht angetrunken.«

Spöttisch ziehe ich eine Augenbraue hoch und sehe auf ihren Hinterkopf. »Sag bloß, ist mir noch gar nicht aufgefallen.«

»Ich finde auch alleine ins Zimmer, geh nur.« Sie winkt wirr in der Gegend herum, ohne jedoch ihr Gesicht von der Wand zu nehmen. Endlich öffnen sich die Fahrstuhltüren und ich lege meinen Arm um ihre Taille, um sie zu stützen.

Da wir alle auf einer Etage wohnen, drücke ich die Fünf und der Aufzug schließt sich wieder. Wenig später stehen wir vor ihrem Zimmer und sie löst sich von mir, um die Tür aufzuschließen. Ihr Duft nach Vanille und dem fruchtigen Cocktail steigt mir in die Nase, als sie plötzlich zu mir rumwirbelt und uns nur noch Zentimeter trennen. Ohne es zu wollen, fixiere ich ihre Lippen und muss hart schlucken.

»Hast du dir schon mal vorgestellt … also … mich … auszupeitschen?«

Keine Ahnung, welche Empfindung über ihre Frage gerade stärker ist, Verblüffung oder Belustigung. Meine Mundwinkel zucken, aber ich will sie nicht auslachen, sodass ich ehrlich antworte: »Nein, Heather, das habe ich nicht.«

Augenblicklich verändert sich ihr Gesichtsausdruck und fast glaube ich, einen Anflug von Enttäuschung auszumachen. »Nicht?« Sie senkt ihren Blick auf meine Brust und runzelt die Stirn. »Ich dachte … na ja, ich habe angenommen, dass du und ich …« Sie sieht wieder zu mir auf. »Dass da irgendwas ist.«

Oh Fuck. Gequält schließe ich kurz die Augen und bete mir selbst vor, dass sie zu viel getrunken hat. Ansonsten würden wir dieses Gespräch aller Wahrscheinlichkeit nach gar nicht erst führen. Der Fahrstuhl links von uns öffnet sich ein weiteres Mal und ein Pärchen steigt aus, das uns jedoch nur am Rande registriert, bevor es im Zimmer gegenüber verschwindet.

Eilig dreht Heather sich um und geht in ihr Zimmer. »Danke, dass du mich hochgebracht hast, ich komme jetzt klar.«

Sie sieht noch einmal flüchtig zu mir hoch und will die Zimmertür schließen, als ich schnell einen Schritt nach vorne mache und mich zu ihr in den Raum dränge. Ich werfe die Zimmertür hinter mir zu, ziehe Heather an ihrem Handgelenk davor und drücke sie mit meinem Körper dagegen. Erschrocken schnappt sie nach Luft und ich erfasse augenblicklich, dass sich ihre Brüste hektisch auf und ab bewegen. Ihre großen blauen Augen sehen mich erwartungsvoll sowie mit einer Mischung aus Neugier und Furcht an. Alleine bei diesem Anblick könnte ich mit sofortiger Wirkung kommen.

Ich fahre mit meiner Nase von ihrem Schlüsselbein bis zu ihrem Ohr hoch und inhaliere ihren betörenden Duft. Verdammt, wie oft habe ich dieses oder ähnliche Szenarien im Kopf durchgespielt, doch es kommt nicht im Entferntesten an das wahre Gefühl von ihr in meinem Arm heran.

»Ich habs nicht so mit Peitschen«, flüstere ich und knöpfe zeitgleich den Ausschnitt ihres Kleides bis zum Bauchnabel auf. Geht das nicht zu schnell? Ihr Atem geht flach, der Puls in ihrem Hals schlägt sichtbar und sie kneift ihre Knie zusammen. Ein Teil von mir weiß, dass ich mich jetzt zusammenreißen muss. Andererseits bettelt alles an ihr darum, dass ich sie berühre, und so schiebe ich ihr, ohne lange darüber nachzudenken, die beiden schmalen Träger des Kleides über die Schultern. Der dünne Stoff rutscht geradewegs bis zu ihrer Hüfte hinunter, wo er durch unsere eng aneinander stehenden Körper gestoppt wird. Heilige Scheiße, das ist absolut irreal.

»Frag mich, ob ich mir schon mal vorgestellt habe, wie perfekt deine Haut aussieht«, raune ich, fahre mit den Fingern am Rand ihres trägerlosen BHs entlang und beobachte fasziniert die dabei entstehende Gänsehaut. Dann hake ich meine Finger hinter die Cups und suche in ihrem Blick nach einem Widerstand, der jedoch nicht kommt, sodass ich sie nach unten klappe.

Ach du heilige Scheiße … Wie oft habe ich sie schon durch ihre Kleidung hindurch studiert, doch ich muss erneut feststellen, dass die Realität weit über meiner Vorstellungskraft liegt. Ich schlucke hart, um mich selbst unter Kontrolle zu bringen, und streiche vorsichtig über die Ansätze ihrer Brüste. Noch immer kommt kein Einwand. Beinahe ehrfürchtig umfasse ich ihre volle Brust, die weich und schwer in meiner Hand liegt; und ziehe Heather mit der anderen Hand im Rücken noch näher an mich heran.

»Frag mich, ob ich mir schon mal vorgestellt habe, wie sie sich anfühlen«, flüstere ich, beuge mich herunter und lecke über die rosigen Nippel, die sich hart zusammengezogen haben, und Heather stöhnt leise auf. Alleine dieses Geräusch schießt mir wie ein Stromschlag durch die Venen und endet in meinem schmerzhaft pochenden Schwanz.

Obwohl es die gesetzte Grenze eigentlich schon überschreitet, schiebe ich das Kleid über ihre Hüften nach unten, von wo aus es selbst zu Boden fällt. Ihre Fingerspitzen streichen sanft über meine Arme, als ich mit den Händen seitlich an ihren Oberschenkeln nach oben streiche. Ich will nur einmal wissen, wie sie sich anfühlt, bevor sie sich morgen wieder zurückzieht, als wäre nichts gewesen. Ihre Muskeln in den Beinen zittern und sie lässt mich ihre Nägel spüren, als ich zwei Finger über den Bund ihres Höschens entlangfahren lasse. Wenn sie nicht wollte, hätte sie es jetzt schon längst gesagt, stattdessen sieht sie mich flehend an und zeigt damit stumm, dass ich weitermachen soll. Ohne Zeit zu verlieren, schiebe ich meine Finger in das Höschen zwischen ihre Schenkel und spüre die Nässe. Sie ist schon jetzt mehr als bereit, ich müsste einfach nur die Hose runterziehen. Vermutlich bekomme ich diese Chance nie wieder. Haltsuchend krallt sie sich an meinen Schultern fest, als meine Finger durch ihre Spalte gleiten, und keucht leise auf. Anstatt sich mir zu entziehen, drängt sie sich mir entgegen und ich spüre bereits, wie sich meine Hoden zusammenziehen. So sehr ich auch wollte, kann ich mich jetzt nicht mehr vollkommen beherrschen und dringe mit einem Finger in sie ein, was sie qualvoll schön zum Stöhnen bringt. Nicht genug von ihr kriegend, nehme ich einen weiteren Finger dazu und reibe mit dem Handballen über ihre geschwollene Klitoris. Ich weiß nicht, was sich mehr bewegt, meine Hand oder sie, die sich daran reibt. Gänsehaut überzieht mich, als wir bei den wilder werdenden Bewegungen immer wieder gegen meinen pulsierenden Schwanz stoßen.

»Oh Gott, Cole.« Sie krallt ihre Finger schmerzhaft in mein Haar, sieht mir mit geweiteten Pupillen direkt in die Augen, bis ich ihre Kontraktionen um die Finger spüre und gleichzeitig in meine Hose komme.

Erschöpft lehnt sie ihr Gesicht an meinen verschwitzten Hals und durch das Shirt hindurch kann ich spüren, dass ihr Herz ebenso rast wie meins.

»Frag mich, ob ich mir schon mal vorgestellt habe, dich nur mit den Fingern kommen zu lassen.«

Kapitel 5

Heather

Wunderbar, ich weiß schon, warum ich meistens länger arbeite als die übrige New Yorker Bevölkerung. Der Verkehr bewegt sich nur im Schritttempo und die Allgemeinheit scheint zu glauben, dieses Problem alleine durch das dauerhafte Betätigen der Hupe ändern zu können. Anführer der Wildgewordenen ist der Typ im Wagen hinter mir. Ruhelos trommele ich auf das Lenkrad und werde vom Klingeln des Handys unterbrochen.

»Moore.«

»Sag jetzt nicht, du hast mich vergessen und bist noch auf der Arbeit?«, quakt Ambers Stimme mir durch die Radiolautsprecher entgegen.

»Welch nette Begrüßung. Nein, das sage ich jetzt nicht.«

»Hä, was sagst du jetzt nicht?«

Grinsend verdrehe ich die Augen.

»Was ist denn das für ein Krach im Hintergrund?«, fragt sie weiter.

»Das ist der Großhirnkastrat hinter mir.« Parallel zu meinen Worten drehe ich mich um und zeige ihm meinen ausgestreckten Stinkefinger, den er, ohne mit der Wimper zu zucken oder seine andere Flosse von der Hupe zu nehmen, erwidert. Schnaufend drehe ich mich wieder nach vorne. »Ich komme, so schnell ich kann.«

Sätze wie »Das hat sie zu deinem Bruder bestimmt auch gesagt« und »Hör auf, das Bild werde ich jetzt nie wieder los« hallen als Stimmengewirr im Hintergrund durchs Wageninnere und mir schwant Schlimmes.

»Amber, wollten wir uns nicht nur kurz auf einen Kaffee treffen?«

»Bis gleich.« Dazu hysterisches Gekicher, bis es in der Leitung knackt und das Radio wieder beginnt, Musik zu spielen. Herrlich, ganz offenbar wartet also nicht nur die Inquisition à la Amber auf mich, sondern Lilly und Marissa sind gleich mit von der Partie.

Genervt konzentriere ich mich wieder auf die Autoschlange vor mir und versuche, den Lärm um mich herum auszublenden. Inzwischen lehnen sich sogar einige Autofahrer aus dem Fenster und drohen sich gegenseitig Schläge an. Das wird mir jetzt doch zu heikel und ich drücke den Knopf, damit sich das Dach des Cabrios schließt. Im Augenwinkel sehe ich mein Handy, das neben der Handtasche auf dem Beifahrersitz liegt.

Cole hat im Laufe des Tages dreimal versucht, mich anzurufen, und selbst wenn ich es mitbekommen hätte, wäre ich wahrscheinlich nicht rangegangen. Vermutlich will er unseren kleinen Ausrutscher aus der Welt räumen, bevor wir uns das nächste Mal treffen. So wie ich ihn einschätze, wird er irgendwas Gefühlloses sagen wie: War ja ganz nett, belassen wir es dabei.

Ich knabbere nervös auf meinem Fingernagel und kann nicht leugnen, dass mein Magen bei dem Gedanken, zurückzurufen, nervös flattert. Blöde, wirklich sehr blöde Angewohnheit. Wenn ich extrem angespannt bin, nage ich am Fingernagel meines rechten Zeigefingers. Ich kaue ihn nicht ab, ich knabbere nur. Und das Wissen, dass Cole neben meiner Arbeit das Einzige ist, was mich zu dieser Schwäche treibt, macht es nicht einfacher. Auch nicht, dass allein die Erinnerung an sein Seufzen meinen Körper automatisch erschaudern lässt. Leider erinnere ich mich außerdem daran, dass er danach einfach gegangen ist – man könnte es auch als fluchtartiges Wegrennen beschreiben. Und er hat mich nicht einmal geküsst. Sagt man bei Prostituierten nicht, dass sie ihre Kunden nicht küssen, weil man dafür Gefühle braucht? Sollte mir das also irgendwas sagen?

Andererseits, wenn ich jetzt mit ihm sprechen würde, hätte ich es dann hinter mir und momentan habe ich ohnehin nichts Besseres zu tun. Bevor ich es mir anders überlegen kann, sage ich dem Autotelefon, wen es anrufen soll.

Bereits nach einem Klingeln dröhnt sein tiefes Timbre durch den jetzt geschlossenen Innenraum des Wagens, was mir ein Kribbeln über das Rückgrat jagt. Hatte Marissa nicht die Vermutung, seine Wirkung auf mich könnte nachlassen, wenn ich ihm einmal näherkomme? Das kann ich jetzt leider nicht behaupten, wenn möglich, ist es eher noch schlimmer geworden. Vielleicht muss ich ihn auch noch näher an mich heranlassen, um den Bann zu brechen? So wird man zum Junkie, oder? Nur einmal probieren, um zu sehen, wie es ist, und dann noch mal, weil man sich nicht ganz sicher ist, und – zack– man kommt nicht mehr von dem Zeug los.

»Hallo?«

»Hey, ich bins, Marilyn.« Hab ich das gerade gesagt? Ich habe mich selbst noch nie als Marilyn bezeichnet. Ich höre ihn leise lachen.

»Das habe ich gesehen.«

»Du hast versucht, anzurufen«, flöte ich betont locker und steuere den Wagen ganze zwanzig Meter vorwärts. Jippie.

»Ich weiß.«

Hää? »Ähm … und was wolltest du?«

»In deiner Mittagspause einen Kaffee mit dir trinken.«

»Oh.« Mein Herz schlägt wie auf Knopfdruck schneller und ein kleiner Teil in mir ärgert sich, dass ich nicht gleich, als ich es sah, zurückgerufen habe. Dann hätte daraus vielleicht noch was werden können.

Cole flüstert ein »Ich bin gleich da«, das ganz sicher nicht für mich bestimmt war, und ich kräusele die Lippen. Mit wem spricht er da? Oh Gott, jetzt höre ich mich an wie eines dieser eifersüchtigen Weiber, nur weil er einmal seine Finger in mir hatte. Reflexartig kneife ich die Schenkel zusammen, um das aufkommende Prickeln zu unterdrücken.

»Wir können ersatzweise auch was zusammen essen?«, spricht er nun wieder mich direkt an.

Was? Vor lauter Schreck vergesse ich das Weiterfahren. Im Rückspiegel sehe ich, dass der Idiot hinter mir zusätzlich zum Gehupe eine drohende Faust aus dem Seitenfenster zeigt. Irritiert fahre ich weiter. Etwas essen? Das geht aber schon ziemlich in Richtung … »Fragst du mich gerade nach einem Date?«

»Ähm … würdest du Ja sagen?«

Überrascht reiße ich die Augen auf, das gibt es doch nicht, oder?

Eintrag ins Merkbuch: Momente, in denen Cole mich um ein Date bittet – 1.

»Ich könnte für uns kochen.« Was? Bin ich jetzt vollkommen durchgeknallt, ich kann nicht mal kochen.

Ich höre Cole erleichtert ausatmen, so als hätte er die Luft angehalten. »Das werte ich dann als Ja.«

Ich bin noch immer über mich selbst geschockt und kann nicht reden, sodass er einfach weiterspricht: »Ich hab die ganze Woche Spätschicht und muss jetzt auch los, Sam wartet. Samstag um sechs bei dir?«

»Ha«, lache ich hysterisch auf, was er wohl als Zustimmung deutet.

»Na dann … ich freu mich.«

Zwinkernd überlege ich, ob ich wirklich den richtigen Mann angerufen habe oder ob sich da jemand einen Scherz erlaubt hat und heimlich an sein Handy gegangen ist. Aber Coles Stimme ist unverkennbar und unnachahmlich. Er freut sich?

»Ich freu mich auch«, wispere ich, da hat er aber schon aufgelegt.

Eintrag ins Merkbuch: Momente, in denen ich Cole etwas kochen werde, in denen ich überhaupt irgendeinem Menschen auf dieser Welt etwas kochen werde – 1. Anzahl der Überlebenden aus diesem Versuch – noch offen.

Die restliche Fahrt nehme ich nur am Rande wahr, weil ich immer und immer wieder unser Gespräch durchgehe. Cole ist stets der coole Typ, dem jederzeit ein lockerer Spruch auf den Lippen liegt, womit ich auch jetzt gerechnet hätte. Sicher war er bei unserem Telefonat nicht auf den Mund gefallen, dennoch habe ich die kurze Anspannung in seiner Stimme wahrgenommen. Ich wage sogar zu behaupten, dass Cole noch nicht oft um ein Date gebeten hat. Demnach zu urteilen, was ich durch Amber mitbekommen habe, hatte er eher flüchtige Affären und schien damit auch ganz zufrieden zu sein.

Nach gefühlt dreihundert Kilometern Fahrt steige ich beim Peaches aus und betrete unsere Stammbar. Ich gehe rechts an dem kreisförmigen Tresen vorbei, der einen Großteil des vorderen Bereichs einnimmt, und steuere direkt nach hinten auf die ruhigere Ecke zu. In weniger als einer Stunde werden aus der leisen Hintergrundmusik und dem Kerzenlicht auf den Tischen laute Discomusik und neonblaues Licht. Jeden Abend um acht verwandelt sich das gemütliche Café in eine schrille Cocktailbar und doch verliert sie ihr Wohlfühlambiente nicht. Im Vorbeigehen winke ich Susan, der Bedienung, zu und halte meinen Daumen nach oben, was sie mit einem Nicken erwidert. Nach drei Jahren weiß sie inzwischen, dass ich als erstes Getränk immer einen Latte macchiato mit doppeltem Espresso nehme.

Amber winkt mir schon von unserem Stammplatz aus zu und alle drei fangen an zu gackern. Ob ich will oder nicht, muss ich kopfschüttelnd lächeln und lasse mich stöhnend neben Lilly auf die Bank sinken.

»Erzähl uns alles über Samstagabend«, fällt Marissa gleich über mich her und Lilly schlägt ihr mit einem bösen Blick auf den Oberarm.

»Euch auch ein fröhliches Hallo.«

Susan kommt zu uns, stellt eine weitere Schale mit Erdnüssen und meinen Latte auf den Tisch. »Wie immer mit doppeltem Espresso.« Dankbar lächle ich sie an und ziehe das Glas vor mich.

»Also?«, stichelt jetzt auch Amber und wirft sich eine Handvoll Nüsse in den Mund, als wären wir hier im Kino in der Samstagabendvorstellung.

»Also was?«, frage ich zurück und tue so, als hätte ich keine Ahnung, wovon sie spricht.

»Was war da Samstag mit Cole und dir?«

Lilly hält sich demonstrativ die Ohren zu, was mich zum Lachen bringt. Gleichzeitig habe ich urplötzlich den unbändigen Drang, es ihnen zu erzählen. Jedes noch so kleine Detail, damit sie es mit mir analysieren. Na gut, nicht jedes kleine Detail, aber schon genug, um sich eine Meinung bilden zu können. Es gibt nicht viele Menschen, denen ich blind vertraue, aber von den wenigen sitzen drei an diesem Tisch.

Ein lautes Klatschen gefolgt von einem »Sag jetzt nicht, ihr hattet Sex« von Amber peitscht durch den Raum. Vermutlich weiß ohnehin schon der halbe Laden, worüber die drei sich die ganze Zeit unterhalten haben, und wer es bis jetzt noch nicht wusste, weiß es spätestens in dieser Sekunde.

»Shht, geht das vielleicht auch leiser?«, zische ich und sehe sie grimmig an. »Nein, hatten wir nicht.«

Ich schürze die Lippen und beuge mich über den Tisch. Automatisch kommen die anderen näher, ausgenommen Lilly, die ein »Bitte nicht« jammert. Aber ich muss es jetzt einfach erzählen. »Wir hatten keinen Sex, aber es war …«

»Zügellos?«

»Hammermäßig?«

»Pornös?«

»Hat er dich an die Zimmerdecke gehängt?«, brabbeln sie auf mich ein, außer Lilly, die irgendwas von »Ekelerregend« faselt.

»Ach, keine Ahnung, es war irgendwie anders«, damit werfe ich mir auch ein paar Erdnüsse in den Mund und streife meine High Heels unter dem Tisch ab. Marissa und Amber hängen an meinen Lippen und schaufeln sich eine Nuss nach der anderen in den Mund.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739484761
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Februar)
Schlagworte
Liebesroman Millionär Leidenschaft Liebe Humor Erotik Erotischer Liebesroman

Autor

  • Mia B. Meyers (Autor:in)

Mia B. Meyers schreibt (Chick-Lit) Liebesromane und veröffentlichte mit Dark Side of Trust ihr Debüt. Zum Schreiben ist sie durch das Lesen selbst gekommen. Mia hat unzählige Bücher gelesen und in Gedanken weitergesponnen. Da der Weg selbst etwas zu schreiben und zu veröffentlichen, immer viel zu weit schien, hat sie jedoch nie ernsthaft darüber nachgedacht. Bis sich ihr mit einem Kindle die wunderbare Welt der Selfpublisher eröffnete und der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte ...
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Titel: Lose Control