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Erzzauber

Ein Weihnachts-Bergstadtkrimi

von Marcus Wächtler (Autor:in)
220 Seiten
Reihe: Bergstadtkrimi, Band 3

Zusammenfassung

Eine Leiche auf dem Freiberger Christmarkt bringt das Leben von Ariane Itzen erneut gehörig durcheinander. Eigentlich wollte sie nur ihrer Freundin helfen, das anstrengende Weihnachtsgeschäft durchzustehen. Stattdessen findet sie sich frierend zwischen kriminellen Budenbesitzern, aufdringlichen Verehrern und mysteriösen Bergmännern wieder. Von weihnachtlicher Besinnlichkeit ist bald nicht mehr viel zu spüren. Wem kann Ariane auf dem Weihnachtsmarkt überhaupt vertrauen? Nur die wenigsten Menschen scheinen das zu sein, was sie vorgeben.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Glück auf,

 

dies ist das dritte Buch der Bergstadtkrimi-Reihe. Selbstverständlich können Sie auch direkt mit dem Lesen loslegen. Blättern Sie einfach zum ersten Kapitel weiter. Vorwissen ist nicht unbedingt nötig, um diese Geschichte zu genießen. Es schadet aber auch nicht, wenn man »Erzfieber« und »Erzglitzern« gelesen hat. Falls Sie nicht gewillt sind, die beiden vorherigen Teile erst durchzuschmökern, folgt hier eine kurze Zusammenfassung der bisherigen Geschehnisse.

 


»Erzfieber«

 

Die junge Praxishilfe Ariane Itzen wollte eigentlich nur etwas Gutes tun und Charlie, einen in der Tierarztpraxis vergessenen Hund, zu seinem Herrchen zurückbringen. Doch Heinz-Harald Bublitz hat offenbar Selbstmord begangen. Ariane hegt allerdings ab der ersten Minute Bedenken bezüglich der Todesart. Zu viele Ungereimtheiten fallen ihr auf. Gewissheit erhält sie schon kurze Zeit später, als sie einen Einbrecher in der Wohnung des Toten überrascht.

Da die Polizei weiterhin von einem Suizid ausgeht, ermittelt Ariane auf eigene Faust. Auf einer Bergwerkshalde bei Freiberg findet sie Indizien, die ihre These untermauern; genauso wie die geheimen Unterlagen in der Wohnung von Heinz-Harald Bublitz, die ein tödliches Geheimnis bergen. Schließlich deckt Ariane ein Betrugskomplott zwischen einer Geo-Erkundungsfirma und der Stadtverwaltung von Freiberg auf: Ein gefälschtes Gutachten über ein fiktives Erzvorkommen unter der Erzgebirgsstadt sollte eine internationale Bergwerksfirma dazu bringen, hohe Bestechungsgelder für die Konzession zu zahlen. Die Gier nach Geld und Ressourcen weckt dabei die niedrigsten Instinkte in den Menschen der Bergstadt.

Und was ist mit der anonymen Spende von fünf Millionen Euro an die Stadt? Sie hat die Verschwörer im Freiberger Rathaus erst derart in Unruhe versetzt, dass sie Fehler begingen. Der brutal ermordete Stadtkämmerer Heinrich Schirach war, wie sich herausstellt, ebenfalls Teil der Konspiration. Den Mörder konnte die Polizei bis zum heutigen Tag nicht finden.

Ariane ist überzeugt, dass alles miteinander zusammenhängt. Sie wird aber von der Polizei ignoriert. Kein Wunder: Ihre Theorie vom vorgetäuschten Selbstmord des Heinz-Harald Bublitz stellt sich als falsch heraus. Ben Benserler, ein Polizist, den sie bei ihren Ermittlungen kennenlernt, bricht daraufhin den Kontakt zu Ariane ab.

 


»Erzglitzern«

 

Ein reichliches Jahr später hat Ariane die »Erzfieber«-Ereignisse nur mit Mühe überwunden. Von der Tierarztpraxis ist sie in die Physiotherapiepraxis von Frau Suhrbier gewechselt. Arianes Leben beginnt gerade wieder, in geordneten Bahnen zu verlaufen, als ihre ehemalige Vorgesetzte Martina Müller sie um Hilfe bittet.

Der Lebenspartner deren Schwester Elke Eßer ist seit Tagen spurlos verschwunden und die Polizei will nicht aktiv werden. Ariane nimmt sich aber erst dann der Sache an, als sie von einer neuerlichen Millionenspende erfährt – ausgerechnet für die Arbeitsstelle von Hans Huber. Ariane ist vom ersten Augenblick an sicher, dass das Verschwinden des Professors mit den Ereignissen vom Vorjahr zusammenhängt.

Sie begibt sich erneut auf Spurensuche in der Silberstadt. Neben der »terra mineralia« und der Mineralogischen Sammlung der Bergakademie führt ihr Weg sie in eine Garage am Stadtrand. Mit den hier entdeckten Dokumenten kommt Ariane einem neuerlichen kriminellen Geheimnis auf die Spur. Diese Erkenntnisse bringen sie aber auch erneut in eine bedrohliche Situation. Bei einem brutalen nächtlichen Überfall auf den Straßen der Bergstadt gerät sie einmal mehr in Lebensgefahr.

Durch Zufall entdeckt Ariane schließlich, wo sich Hans Huber versteckt hält. Ihre Suche führt sie auf die Galopprennbahn nach Dresden. Nach einer Verfolgungsjagd gelingt es ihr endlich, Hans Huber zur Rede zu stellen. Statt jedoch Informationen über den anonymen Millionenspender zu erhalten, muss sie der Entführung des Professors hilflos zusehen.

Spät in der Nacht kommt es zum Showdown auf dem Turm der Petrikirche, Hans Huber wird vor Arianes Augen ermordet. Dabei begegnet sie zum ersten Mal dem mysteriösen Millionenspender. Dieser ist offenbar auf einem persönlichen Rachefeldzug. Bevor Ariane die Geschehnisse aufklären kann, wird sie bewusstlos geschlagen.

Mit Gedächtnislücken findet man Ariane am darauffolgenden Morgen ohnmächtig auf einer Parkbank. Den Mord an Hans Huber dichtet die Polizei der Wettmafia an. Nach wie vor scheint nur Ariane die tödlichen Zusammenhänge in ihrer Gänze zu begreifen. Dass es im nächsten Jahr eine weitere Millionenspende geben wird, davon ist sie felsenfest überzeugt.

 

Seit den Ereignissen im Sommer sind sechs Monate vergangen.

Tag 1

 

»Ihr verdammten Arschlöcher! Ich werde euch allesamt …«

Heute war der Tag, an dem Ariane jemanden umbringen würde. Sie wusste es. Seit etlichen Wochen spürte sie, wie ein immer stärkerer Groll in ihr anwuchs. Viel zu lange schon schluckte sie alles brav herunter. Die Ereignisse des vergangenen Sommers hatten etwas in ihr zerbrochen. Von dem lieben und netten Mädchen von früher war heute kaum noch etwas übrig.

Hätte sie in diesem Moment eine Waffe in der Hand gehabt, wäre Ariane schwer in Versuchung gewesen. Mehr und mehr verstand sie Menschen, die urplötzlich Amok liefen. Den Film »Falling Down« mit Michael Douglas aus den frühen Neunzigern hatte sie immer für reichlich übertrieben gehalten. Im Augenblick konnte sie den Protagonisten jedoch sehr gut verstehen. Sie fühlte sich ihm wesentlich näher als ihrem eigenen Ich von vor zwei Jahren.

»Jetzt leg doch endlich einen Zahn zu!«, blaffte sie den Mann an, der gerade die Straße überqueren wollte. »Ist es denn zu viel verlangt, etwas flotter zu laufen? Soll ich vielleicht aussteigen und nachhelfen?«

In der Sekunde dreht sich der schmuddelig gekleidete Typ auf der Straße zu ihr um. Hatte er sie etwa gehört? Ariane hielt es für unwahrscheinlich, der Motorenlärm dröhnte durch die Innenstadt. Trotzdem wirkte der Blick aus seinen geröteten Augen, als hätte er jeden ihrer Flüche direkt vernommen.

Eigentlich war ihr das aber reichlich egal. Sie hatte ganz andere Probleme als diesen Alki, der im Schneckentempo über das Kopfsteinpflaster schlich. Sie war zu spät dran – viel zu spät! Schon vor einer Viertelstunde war ihre Deadline abgelaufen. Sie hätte schon längst an ihrem Platz sein müssen, und es war nicht einmal ihre Schuld, dass sie sich derart verspätet hatte! Es lag an all den anderen, den Menschen, die durch die Gegend stolperten und fuhren, als hätten sie alle Zeit der Welt. Es schien, als ob an diesem Morgen jeder in Freiberg wie ferngesteuert unterwegs war. Als wären sie alle längst im Feiertagsmodus.

»Na klar, stellt euch genau da hin. Als ob es hier keine anderen Plätze geben würde, um sich zu treffen!« Reichlich aggressiv hielt Ariane direkt auf eine Gruppe von Teenies zu. »Dürft ihr überhaupt schon rauchen? Müsst ihr nicht längst in der Schule sein? Habt ihr keine Hobbys?« Ohne Unterlass fluchte Ariane wie ein alter Droschkenkutscher vor sich hin – wohl wissend, dass niemand sie hören konnte.

Die Jugendlichen, aufgeschreckt von dem sich nähernden Transporter, sprangen überrascht zur Seite. Natürlich hätte Ariane sie nicht überfahren. Sie hatte mehr als genug Platz gelassen, um rechtzeitig zum Stehen zu kommen. Dennoch war sie bedrohlich schnell an die Gruppe herangefahren. Dies hier war schließlich ein Parkplatz und kein Ort, um sich morgens diskret einen Joint zu gönnen. Ganz sicher würden sich diese Typen fürs nächste Mal einen anderen Treffpunkt suchen.

 

Mit einem Seufzer parkte Ariane den Lieferwagen ein. Ein Blick auf die Digitaluhr im Armaturenbrett zeigte ihr, dass sie mittlerweile ganze siebzehn Minuten zu spät war. Resigniert ließ sie den Kopf auf ihre Hände fallen, die noch immer das Lenkrad umklammerten. Ihre Stirn war schweißnass. Obwohl die Innenheizung auf Volllast lief, hatte sie ihre gefütterte Winterjacke noch an – von der Thermounterwäsche, den zwei Paar Socken, den wollenen Leggins und dem dicken Strickpullover darunter ganz zu schweigen. Schon jetzt klebte ihr halblanges, dunkles Haar unangenehm auf Kopfhaut und Stirn.

Ariane fühlte sich alles andere als bereit für diesen Arbeitstag. Am liebsten hätte sie direkt gewendet, um wieder nach Hause zu fahren. Mit einem heißen Tee, leckeren Plätzchen und vor allem ganz viel Ruhe würde es ihr dort sicher besser gehen. Stattdessen prasselte beim Öffnen der Fahrertür sofort das lautstarke Getöse des Freiberger Obermarkts auf sie ein.

»Last Christmas I gave you my heart …«

Sie verabscheute diesen Song mittlerweile abgrundtief. In den letzten paar Tagen hatte sie ihn ganz bestimmt mindestens hundertmal gehört. Wie sie Paul Petzold dafür hasste, dass er die immer gleichen zwanzig Musiktitel in Dauerschleife abspielte! War es denn zu viel verlangt, wenigstens einmal etwas anderes aus den Boxen dröhnen zu lassen? Auf Wham würde wie jeden Tag Mariah Carey und danach Beatrice Egli folgen. Weitere vierzehn Tage konnte Ariane das auf keinen Fall durchhalten. Lange vorher schon würde sie Pauls Party-Hütte abgefackelt haben. Unfälle passierten nun einmal auf so einem Weihnachtsmarkt.

Beim Aussteigen blickte Ariane für eine Sekunde in den Seitenspiegel. Ein müdes, kaputtes Gesicht sah ihr entgegen. Viel zu wenig Schlaf hatte sie in den letzten Tagen abbekommen. Dicke, rote Adern durchzogen das Weiß ihrer Augen, unter denen tiefe dunkle Ringe lagen. Obwohl sie erst sechsundzwanzig war, sah Ariane heute aus wie Mitte dreißig. Ihre sonst so straffe Haut schien trockener, faltiger und fahler als je zuvor in ihrem Leben.

Gedanken an das Altern und den Tod hatte sie stets weit von sich geschoben. Vor sechs Monaten war Ariane aber dem Tod begegnet. Damals hatte sich ihr unbeschwertes Leben in kürzester Zeit in Luft aufgelöst. Die Leichtigkeit ihrer Jugend war ein für alle Mal verflogen. Allein dafür hasste sie den unbekannten Millionenspender – von den vielen Verbrechen, die dieser Psychopath ungestraft begangen hatte, ganz zu schweigen.

»Sorry, Kids«, rief sie versöhnlich den Jugendlichen hinterher, die sich mittlerweile kichernd an eine andere Ecke verzogen hatten.

Die frische, kalte Luft auf dem Freiberger Obermarkt empfand Ariane in dem Moment als erstaunlich angenehm. Schwitzend aus dem viel zu warmen Führerhaus gestolpert, genoss sie die aktuellen Minusgrade. Das würde sich in den nächsten Stunden mit Sicherheit ändern. Egal, wie viel oder wie dick sie sich anzog, spätestens am Nachmittag fror sie jedes Mal erbärmlich. Sie war einfach nicht dafür gemacht, im Winter draußen zu arbeiten. Generell hielt sie so etwas für einen ziemlichen …

»Frau Itzen, wissen Sie eigentlich, wie spät es ist?«

Innerlich verzweifelte Ariane bei diesen Worten. Konnte dieser unglaublich unsympathische Möchtegern sie nicht wenigstens noch ein paar Minuten in Ruhe lassen? Wo war er überhaupt so schnell hergekommen? Vor einer Sekunde war noch nichts von ihm zu sehen gewesen. Hatte dieser unausstehliche Wicht ihr etwa aufgelauert?

»Nein, tut mir leid. Ich muss wohl meine Uhr verlegt haben.« Ariane log, ohne mit der Wimper zu zucken.

Frederik-Franz Frauenhof stutzte kurz. Heutzutage, wo jeder sein Smartphone dabeihatte, war diese Antwort reichlich seltsam. Andererseits konnte sie auch wahr sein.

Er schüttelte den Kopf. »Das tut nichts zur Sache. Sie wissen doch, bis wann Sie den Markt beliefern dürfen. Sie hätten schon vor zwanzig Minuten fertig sein müssen. Das habe ich Ihnen bereits mehrmals gesagt. Außerdem sollte längst alles geöffnet sein. Was glauben Sie, wie es auf die Besucher wirkt, wenn einige Buden noch geschlossen sind? Da können wir im Prinzip gleich alles zugesperrt lassen.«

Ariane wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Grundsätzlich hatte dieser arrogante Zeitgenosse ja recht. Was sollte sie jetzt aber noch daran ändern?

»Herr Frauenhof, es tut mir leid. Es war nicht meine Absicht und es wird nicht wieder vorkommen. Das verspreche ich Ihnen.«

»Das haben Sie bereits beim letzten Mal getan. Von einer Verbesserung kann ich nur wenig feststellen. Allerdings sind Sie heute nicht die Einzige. Die Hütte von Herrn Kopetzky ist ebenfalls noch nicht offen. Mir bleibt nichts anderes übrig, als Ihnen eine Verwarnung mitsamt Bußgeld auszusprechen. Vielleicht wird Ihnen das helfen, sich morgen an die offiziellen Marktzeiten zu halten.«

Etliche derbe Flüche lagen Ariane auf der Zunge. Was nahm sich dieser Zwerg heraus?! Frederik-Franz Frauenhof – eigentlich fehlte nur noch das »von« in seinem Namen. Sein dünnes Haar war straff nach hinten gekämmt und mit reichlich Gel fixiert, als wollte er bewusst das Klischee des arroganten Schnösels bedienen. Der Mann war einen halben Kopf kleiner als Ariane. Dafür benahm er sich, als würde ihm der gesamte Weihnachtsmarkt gehören. Der Tag, an dem Frederik-Franz Frauenhof zum Marktleiter ernannt worden war, konnte kein guter gewesen sein.

Dass ihr Nachbar noch nicht da war, verwunderte Ariane allerdings. Ihre Marktstände standen Rückwand an Rückwand. Normalerweise war der nette Händler aus Seiffen immer einer der ersten, der morgens seine Hütte mit erzgebirgischer Volkskunst öffnete. Hoffentlich war alles in Ordnung mit ihm.

»Aha, eine Verwarnung. Na, wenn Sie das tun müssen, dann ist es eben so.« Arianes Antwort an Frederik-Franz Frauenhof hätte nicht lapidarer ausfallen können.

Erneut flackerte Irritation in den Augen des Beamten auf. Worauf hatte er gehofft? Auf einen Gefühlsausbruch? Auf Tränen? Darauf, dass sie ihn anflehte, nicht so hart zu ihr zu sein? Da hatte er sich aber geschnitten. Und das ärgerte ihn.

Er plusterte sich auf: »Das werde ich auf jeden Fall machen. Sie bekommen in den nächsten Tagen Post von der Stadt!«

Mit einem Schulterzucken drängte sich Ariane an dem Mann vorbei. Was hätte sie auch weiter mit ihm besprechen sollen? Sie selbst würde den Brief ohnehin nicht erhalten. Im Moment hatte sie ganz andere Probleme.

»Wo wollen Sie denn jetzt hin? Sie wissen doch, dass Sie Ihren Transporter hier nicht parken dürfen. Der Platz ist ausschließlich zum Be- und Entladen freigegeben.«

»Genau das habe ich vor. Wonach sieht es denn aus? Camping?« Diesmal konnte sich Ariane einen giftigen Unterton nicht verkneifen.

»Nun bleiben Sie doch stehen. So geht das nicht«, zitierte der Marktchef sie keifend zurück.

Mit nach oben verdrehten Augen wandte Ariane sich um. Nur mühsam schaffte sie es, ihren Zorn zurückzuhalten. Der elende Berufsverkehr, die vielen Menschen und der gesamte blöde Morgen hatten sie bereits an den Rand einer Explosion gebracht. Würde der arrogante Zwerg sie nur noch ein ganz klein wenig weiter nerven, war sie soweit, direkt hier auf dem Parkplatz auszurasten.

»Was habe ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht?«, fragte sie stattdessen, atmete tief ein und bemühte sich, ruhig zu bleiben.

»Wenn Sie angeblich vorhaben, Ware zu entladen, wieso sehe ich dann keine?«

»Weil ich erst die Sackkarre holen muss. Oder soll ich alles per Hand über den Markt schleppen?«

»Frau Itzen, nun sind Sie bereits vierundzwanzig Minuten über der Zeit. Wäre es zu viel verlangt, wenn Sie sich ein wenig beeilen? Sie können doch schon auf dem Hinweg etwas mitnehmen. Damit ersparen Sie sich einen Gang. Ich würde mich wirklich freuen, wenn Sie hier in fünf Minuten mit Ihrem Transporter weg wären. Die Touristen sind längst auf dem Markt unterwegs. Wissen Sie, wie das wirkt, wenn Sie jetzt erst mit dem Entladen beginnen?«

Innerlich fühlte Ariane den dünnen Hals von Frauenhof zwischen ihren Fingern, während sie langsam zudrückte. Liebend gern hätte sie diesem kleinen Wichtigtuer gehörig die Leviten gelesen. Wie konnte ein einzelner Mensch anderen derart das Leben zur Hölle machen? Der pedantische Paragraphenreiter ging allen Marktbudenbesitzern gehörig auf die Nerven.

Stattdessen lief sie ergeben zu ihrem Transporter zurück, um sich ein paar der Pakete von der Ladefläche zu schnappen. Obwohl die nicht gerade leicht waren, nahm sie gleich zwei auf einmal. Ächzend balancierte Ariane die Pakete auf den Armen, während sie mit ihrem Hintern die Türen zuschubste. Mit einem höflichen Lächeln, das weit unterhalb ihrer Augen endete, und ohne ein weiteres Wort lief sie an dem Marktaufseher vorbei. Hauptsache, sie musste seine Gegenwart nicht länger ertragen.

Schon nach ein paar Metern spürte Ariane aber, dass sie sich ein bisschen übernommen hatte. Die Pakete wurden mit jedem Schritt schwerer und ihr Ziel war noch locker dreißig Meter entfernt. Die Passanten, die schon so früh am Tag über den Weihnachtsmarkt schlenderten, erleichterten ihre Aufgabe auch nicht gerade. Obgleich sie sehen mussten, dass sie etwas Schweres zu schleppen hatte, machten nur die wenigsten Platz. Von einer älteren Dame wurde sie sogar böse angezischt. Der Tag wurde besser und besser.

Immer mehr begannen ihre Oberarme zu schmerzen. Normalerweise stellte es für Ariane kein Problem dar, diese Kisten herumzutragen. Allerdings war sie heute nicht gerade auf der Höhe ihrer Leistungsfähigkeit. Seit nunmehr drei Tagen bahnte sich eine Erkältung bei ihr an. Wirklich ausgebrochen war sie zum Glück noch nicht. Trotzdem fühlte Ariane sich schlapp und müde. Die anstrengende Arbeit in der Markthütte verbesserte ihren Zustand zudem nicht gerade – von der klirrenden Kälte ganz zu schweigen.

Verzweifelt blickte sie sich nach einer Möglichkeit um, kurz Pause zu machen. Die Pakete fühlten sich mittlerweile tonnenschwer an. Viel weiter würde Ariane sie nicht mehr tragen können. Einen freien Platz konnte sie indes auch nicht ausmachen. An den Stehtischen zu ihrer Rechten standen schon Besucher des Weihnachtsmarkts, auf der anderen Seite war die Auslage einer Hütte mit jeder Menge geschnitzten Holzsachen belegt.

»Wo wollen denn diese beiden riesigen Kartons mit der kleinen Frau hin?«

Unverhofft wurde ihre Last leichter. Ariane hätte beinahe das Gleichgewicht verloren. Überrascht blickte sie in zwei dunkle Augen, die aus einem freundlichen Gesicht leuchteten.

»Oh, danke, Tom. Das wäre doch nicht nötig gewesen.«

»Du sahst nicht aus, als würdest du die Strecke an einem Stück schaffen.«

Dass Tom mit dieser Aussage ins Schwarze getroffen hatte, musste sie ihm nicht unter die Nase reiben. So sehr sie sich auch über die unerwartete Hilfe freute, ärgerte Ariane sich ein wenig, dass er sie für eine kleine, schwache Frau hielt. Andererseits war es sehr erleichternd, die schmerzenden Oberarme entlasten zu können. Sie zuckte innerlich mit den Schultern.

»Okay, wenn du schon hier bist – kannst du sie gleich ganz bis zu meiner Hütte tragen?«

»Dafür bin ich doch da.« Mit einem breiten Lächeln stand der Eins-neunzig-Mann vor ihr und balancierte mühelos beide Pakete auf einem Arm.

Ariane wusste nie, ob Tom mit ihr flirtete oder ob er nur nett war. Sie wollte ihm keine Hintergedanken unterstellen. Wenn er die Möglichkeit hatte, benahm er sich wie ein guter Freund. Manchmal aber – wie jetzt gerade – meinte Ariane, mehr Absichten hinter seinem Verhalten zu spüren.

Ab dem ersten Tag auf dem Weihnachtsmarkt hatten sie beide einen Draht zueinander gehabt. Ariane mochte ihn wie einen älteren Bruder, den sie nicht hatte. Zu ihrer Schwester in Dresden hatte sie ein anderes Verhältnis, von daher hinkte der Vergleich vielleicht ein wenig.

Tom hatte vom ersten Moment an immer ein Auge auf Ariane gehabt. Manchmal verirrten sich betrunkene Marktbesucher an ihren Stand oder Kunden fanden ihre Waren zu teuer und wollten unbedingt die Preise gesenkt haben. Bevor die anfangen konnten, Stunk zu machen, war Tom schon zur Stelle, um die Situation zu klären. Vor dem breitschultrigen Riesen hatten die meisten einen Heidenrespekt.

»Ich danke dir. Du bist so toll. Dahin bitte.« Nachdem sie die Markthütte aufgeschlossen hatte, wies sie auf einen freien Platz an der Rückseite.

»De nada.« Mit einem noch breiteren Grinsen verschwand Tom in Richtung seiner eigenen Bude.

Immer dieses Spanisch, wunderte Ariane sich. Ihr war zwar zu Ohren gekommen, dass Tom als Student einige Zeit in Südamerika verbracht hatte. Gleichwohl klang es reichlich seltsam, hier auf dem Freiberger Christmarkt.

Mit einem Seufzen brach sie diese Überlegungen ab. Im Wagen warteten weitere acht Pakete, die sie so schnell wie möglich in die Hütte schleppen musste. Zum Glück lag unter dem Verkaufstresen die Sackkarre bereit. Auf dem Rückweg zum Lieferwagen überlegte Ariane einmal mehr kopfschüttelnd, wie sie in diese beschissene Situation geraten war.

 

Die Hütte auf dem Weihnachtsmarkt gehörte gar nicht ihr, sondern Lisa, einer Freundin aus Kindheitstagen. Normalerweise würde Lisa selbst hier sein; an ihrem eigenen Weihnachtsmarktstand. Allerdings hatte sie vor etwas mehr als drei Wochen einen üblen Unfall erlitten. Ein Lkw hatte ihr an einer Kreuzung die Vorfahrt genommen. Es hätte viel schlimmer enden können, aber Lisa hatte sich ein Wadenbein kompliziert gebrochen.

Für gewöhnlich ging davon die Welt nicht unter. Lisa war aber nun für mehrere Wochen kaltgestellt. Für ihren Job als Schneiderin am Stadttheater von Freiberg stellte das kein Problem dar. Sie war zwei Monate krankgeschrieben und hätte nun genug Zeit, um sich auszukurieren. Allerdings nahm Lisa in der Vorweihnachtszeit immer Urlaub, um ihre selbstgeschneiderten Sachen, Mützen, Taschen und Handschuhe auf dem Freiberger Christmarkt zu verkaufen. Damit besserte sie nicht nur die Haushaltskasse auf – die Einnahmen vom Weihnachtsmarkt bildeten ihr Finanzpolster für das nächste Jahr, denn als alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern genügte ein Teilzeitgehalt vom Stadttheater nicht zum Leben.

Die Vorbereitungen hatten ihr im letzten halben Jahr viele Nächte gekostet, vom Materialeinsatz ganz zu schweigen. Lisa hatte verzweifelt nach einer Vertretung gesucht. Niemand wollte sich aber für vier Wochen bei der Kälte in eine Weihnachtsmarkbude stellen. Der Ausfall hätte wohl den finanziellen Ruin für sie bedeutet.

Auch Ariane wäre nie auf die Idee gekommen, sich die komplette Adventszeit über auf den Weihnachtsmarkt zu stellen. Natürlich hätte sie Lisa an einem oder zwei Tagen zur Hand gehen können. Vier Wochen dafür aber frei nehmen? Unmöglich. Ariane war ja in der Physiotherapie von Frau Suhrbier angestellt.

Allerdings war Lisa schon seit ein paar Monaten nicht mehr nur eine alte Kindergartenfreundin gewesen. Zufällig hatten sie sich kurz nach der Ermordung von Hans Huber wiedergetroffen. Neben den langen Gesprächen am Küchentisch waren es Lisas Kinder gewesen, die Ariane aus ihrer Niedergeschlagenheit geholt hatten. Die traumatischen Ereignisse hatten ihr arg zugesetzt, und erst nach vielen Abenden mit ihren Freunden hatte Ariane begonnen, ihre brutalen Erlebnisse zu verarbeiten. Neben Sirko, ihrer ehemaligen Arbeitskollegin Stefanie und Heike vom Institut für Geowissenschaften war es vor allem die Geborgenheit bei Lisas Familie gewesen, die Ariane wieder Kraft gegeben hatte.

Nach dem verhängnisvollen Unfall war es für Ariane Ehrensache gewesen, nun im Gegenzug der Freundin beizustehen. Schließlich hing die Existenz ihrer kleinen Familie daran, dass über die Weihnachtszeit alle selbstgenähten Sachen verkauft wurden. Erfreulicherweise hatte ihre Chefin Ariane ohne Diskussion für die gesamte Adventszeit freigestellt, als sie davon gehört hatte. Bei solchen Dingen war die Physiotherapeutin immer für andere da. Frau Suhrbier hatte sofort die Zwangslage erkannt, in der sich Lisa befand, und Ariane für vier Wochen unbezahlt beurlaubt.

 

Ein ums andere Paket stapelte Ariane auf die Sackkarre. Es waren gigantische Mengen, die Lisa in den vergangenen Monaten vorproduziert hatte. Erstaunlich, wie viel ein einzelner Mensch in Heimarbeit nähen konnte! Ariane wusste, dass sie sich beeilen sollte. Frauenhof würde mit Sicherheit in fünf Minuten erneut aufkreuzen, um sie anzutreiben. Und einen Strafzettel für zu langes Parken wollte sie nicht auch noch riskieren. Also versuchte sie, so viele Kartons wie möglich auf die Sackkarre zu packen.

»Hast du heute vielleicht Handstulpen dabei?«

Ariane brauchte ein paar Augenblicke, bis sie begriff, dass sie gemeint war. Vom Glühweinstand schräg gegenüber hatte Roxana Raczuhn sie angesprochen. Ariane fand es faszinierend: In wenigen Tagen hatte sie sämtliche Budenbesitzer, Angestellten und Hilfskräfte im weiten Umkreis kennengelernt. Ihr sonst so kleiner und überschaubarer Mikrokosmos hatte sich innerhalb kürzester Zeit exponentiell erweitert.

»Ich hab noch nicht reingeschaut. Diesmal sollten aber tatsächlich ein paar dabei sein. Zumindest hab ich Lisa ausgerichtet, dass nach Handstulpen gefragt wurde. Ich muss erst mal alles auspacken. Komm dann einfach kurz zu mir rüber, Roxy.« Ariane nutzte den Augenblick, um die Sackkarre kurz abzustellen.

»Klar. Ist ganz schön schwer, was?«

»Wem sagst du das? Für die Schlepperei müsste ich eigentlich extra bezahlt werden.«

»Wie läuft denn das Geschäft bei dir?«

»Kann nicht klagen. Ich hätte nicht gedacht, dass es so viele Leute gibt, die selbstgenähte Sachen kaufen. Ob sich die Beschenkten dann aber zu Weihnachten darüber freuen werden, steht natürlich auf einem anderen Blatt.«

Die große Nachfrage hatte sie tatsächlich überrascht. Ariane ging zwar selbst gern auf Handarbeitsmärkte und kaufte ab und zu im Internet handgenähte Klamotten, aber dass viele Besucher des Weihnachtsmarktes sogar gezielt zu ihrem Stand kamen, hätte sie nicht erwartet. Etliche hatten schon in den vergangenen Jahren regelmäßig Sachen von Lisa gekauft. Nun suchten sie zum Beispiel nach den passenden Handschuhen zum Schal oder nach Kinderkleidung zwei Nummern größer.

»So richtig gut läuft es bei dir bestimmt aber auch erst abends?« Roxy schien die Frage eher als Feststellung zu treffen.

»Das hast du absolut recht. Eigentlich bräuchte ich erst ab 16 Uhr aufzumachen. In den Stunden davor geht nur eine Handvoll Klamotten über den Ladentisch. Und dafür friert man sich dann den Hintern ab.«

»Ja, da ist das bei uns genauso. Warum wir schon vormittags hier stehen müssen, weiß Gott allein.«

»Frederik-Franz Frauenhof würde ich jetzt nicht unbedingt als Gott bezeichnen.« Ariane lachte kurz über ihren eigenen Witz.

»Sag das nicht zu laut. Du weißt, dass der hier irgendwo hinter einer Hütte stehen könnte, um uns zu belauschen.«

Roxy meinte die Entgegnung ebenfalls spaßig. Sie war auch schon mit dem pedantischen Beamten aneinandergeraten.

Mit einem frischen Lächeln auf den Lippen machte Ariane sich wieder auf zu ihrem Verkaufsstand. Die zwei Fahrten mit der Sackkarre raubten ihr jede Menge Kraft. Zu allem Ungemach musste sie am Ende noch den Transporter wegbringen. Glücklicherweise gab es in der Nähe einen Platz, auf dem man Gewerbefahrzeuge abstellen konnte.

 

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte Ariane es endlich geschafft: Die Ware war ausgeladen, der Transporter weggebracht und die Fensterläden ihrer Marktbude waren aufgeklappt. Ein wenig konnte sie den Marktaufseher schon verstehen: So ein Weihnachtsmarkt sah nun einmal hübscher aus, wenn alle Buden geöffnet waren und überall die Beleuchtung funkelte. Gleichwohl hätte der Mann im Umgang mit den Marktbetreibern ein wenig mehr Fingerspitzengefühl an den Tag legen können. Immerhin war sie nicht seine Sklavin, und ihre Arbeit war anstrengend genug. Ariane betrieb den Marktstand ganz allein. Lisa tauchte zwar gelegentlich auf, um nach dem Rechten zu sehen. Mit dem Gipsbein und den Krücken war sie aber maximal eine moralische Stütze.

Bevor Ariane daran ging, die Kisten auszupacken und den Inhalt präsentabel zu arrangieren, genehmigte sie sich einen Tee. Ein kleiner Wasserkocher war in der Hütte zum Glück vorhanden. Daneben hatte Ariane einige private Dinge mitgebracht, um die Bude ein bisschen gemütlicher zu gestalten. Ein wenig schmunzelte sie bei dem Gedanken, dass sie das Holzhäuschen im Kopf schon als »ihres« ansah.

Natürlich stellte die Stadt Freiberg den Verkaufsstand. Offenbar hatte man einen professionellen Weihnachtsmarktausstatter damit beauftragt. Dadurch hatten die einzelnen Stände halbwegs dasselbe Aussehen. Geschmückt war jede der hellbraunen Holzkonstruktionen mit einer Menge Tannenzweige und Reisig. Dazu kamen ein paar Lichterketten. Abgerundet wurde das Ensemble von einem großen Holzschild, auf dem stand, was in der jeweiligen Hütte verkauft wurde.

Die Innendekoration war den einzelnen Standbetreibern überlassen. Mit Anleitung von Lisa war es Ariane leichtgefallen, den Innenausbau nach den Wünschen der Freundin zu gestalten. Die hatte noch alles aus den Vorjahren parat; allen voran etliche Regale an der Rückwand, wo ein Großteil der Ware gelagert wurde. Mehrere bunte Tücher an den Wänden verdeckten die eintönige Holzverkleidung. Lisa hatte aber auch ein Faible für Deko. Kleine Äste, Holzständer, Statuetten, Schmuckteller und anderer Krimskrams erzeugten zusammen mit den selbstgenähten Sachen einen überraschend harmonischen und weihnachtlichen Gesamteindruck.

Ariane selbst hatte sich auch nicht lumpen lassen und noch einen großen Nussknacker, ein paar Räuchermännchen und einen Schwibbogen beigesteuert. Sirko hatte zu seinem Antrittsbesuch am ersten Tag noch einen kleinen Weihnachtsbaum mit LED-Beleuchtung vorbeigebracht. Das Wichtigste war jedoch der Heizlüfter unter dem Verkaufstresen. Ohne den würde sie die vier Wochen auf dem Weihnachtsmarkt wohl kaum überleben. Es war so bitterkalt!

Nun galt es, endlich mit dem Tagwerk zu beginnen. Wobei: Eigentlich war Ariane schon eine ganze Weile unterwegs. Sie hatte nicht nur bei Lisa die neue Ware abgeholt, vorher war sie schon bei der Bank gewesen. Wechselgeld war nur eines der Dinge, das auf ihrer To-do-Liste gestanden hatte. Woran kleine Einzelunternehmer so alles denken mussten! Ariane hasste es. Den Stress, die langen Arbeitszeiten und die körperliche Belastung würde sie auf Dauer nicht durchhalten. Sie freute sich schon richtig auf ihren übersichtlichen Job am Empfangstresen in der Physiotherapie.

Schon jetzt fühlte sie, dass sie wieder auskühlte. Der gerade noch warmfeuchte Schweißfilm auf ihrer Haut würde in Kürze eiskalt werden, wenn sie ihn nicht abwischte. Während sie ihre Finger um die heiße Teetasse legte, ließ Ariane ihre Augen über die Marktbuden in ihrer Nachbarschaft streifen. Ihre Hütte stand am Rand einer etwas größeren Freifläche. Das hatte den Vorteil, dass viel mehr Besucher auf sie aufmerksam wurden. Andererseits pfiff ihr dadurch der bitterkalte Dezemberwind noch schärfer um die Ohren.

In der Mitte des kleinen Platzes waren breite, überdachte Stehtische aufgestellt. Auf der linken Seite wusste Ariane den langen Verkaufsstand der Freiberger Brauerei, hinter dem das Denkmal Otto des Reichen aufragte. Gewissermaßen war hier der Hauptanlaufpunkt für alle Marktbesucher, die nicht nur zum Shoppen herkamen. Gegenüber boten einige Stände Essen an. Unter anderem konnte sie dort Tom sehen, der gerade dabei war, seine Handbrote für den Verkauf vorzubereiten.

Im Gegensatz zu Ariane hatte Tom auch mittags schon viele Besucher. Neben seiner Hütte ragte ein großer Grillstand auf, der Fleischspieße, Bratwüste, heiße Pfannen und allerlei andere warme, deftige Gerichte verkaufte. Außerdem gab es eine Bude mit heißen Süßspeisen. Die waren eher nach Arianes Geschmack. Besonders die Quarkbällchen hatten es ihr angetan. Sollte sie tatsächlich die komplette Vorweihnachtszeit hier auf dem Markt verbringen und überleben, hätte sie hinterher mit Sicherheit ein paar Kilo mehr auf den Rippen.

Roxanas Glühweinhütte war zur Rechten von Ariane. Mit bunten Lichtern, einer eigenen Musikanlage und jeder Menge warmen alkoholischen Getränken war sie eine Art Partytreff. Nach der obligatorischen Weihnachtsmusik in Dauerschleife dröhnten ab 18 Uhr Après-Ski-Hits aus den Boxen. Etliche Besucher grölten nach einigen Tassen Glühwein lautstark die einfachen Texte mit. Geschunkelt wurde meistens schon ab sieben.

In den ersten Tagen fand Ariane das alles noch lustig und neu. Mittlerweile ging ihr die Dauerbeschallung gehörig auf die Nerven. Nichts gegen Partymusik, aber Gruppen von grölenden Teenagern gehörten für sie nicht auf einen Weihnachtsmarkt. Dass Frauenhof nichts dagegen unternahm, konnte Ariane nicht begreifen. Normalerweise war er immer darauf bedacht, das sorgsam gehegte Image des Weihnachtswunderlandes zu bewahren.

Roxys Schuld war es auch nicht. Sie stand nur als leitende Angestellte in der Partyhütte. Ihr Chef – ein unsympathischer Typ namens Petzold – kam nur sporadisch vorbei, um Geld abzuholen oder Anweisungen zu erteilen.

Der Weihnachtsmarkt in Freiberg war relativ einfach angelegt. In der Mitte des Marktes stand, wie schon seit mehr als hundert Jahren, das große Brunnendenkmal von Otto dem Reichen – ein Wahrzeichen der Silberstadt. Das Bildnis des Kurfürsten war nun von allen vier Seiten mit Holzbebauungen umschlossen. Da der Obermarkt eher rechteckig angelegt war, schlossen sich direkt an den inneren Budenring links und rechts zwei breite Freiflächen an.

Auf der einen Seite lag die Veranstaltungsbühne, auf der jeden Tag etwas anderes los war. Dort drehte sich auch die gigantische Weihnachtspyramide majestätisch und langsam. Auf der anderen Seite des Denkmals lag die zweite Freifläche, die eher für Alkohol und Party vorgesehen war. Ringsherum gruppierten sich etliche große Glühweinstände, Fressbuden und einige überdachte Stehtische. Ab dem späten Nachmittag war hier immer viel los.

Dies war für Ariane von Vorteil, deren Hütte am Rand der Freifläche stand. Offenbar hatte die Planer des Weihnachtsmarktes Lisas Klamottenstand hier platziert, um alles ein wenig aufzulockern. Ab dem Nachmittag konnte sie sich über fehlende Kundschaft jedenfalls nicht beschweren. Eher im Gegenteil – der Kundenandrang war für eine einzelne Verkäuferin oft zu groß. Eine Pause zu machen, um etwas zu trinken oder zur Toilette zu gehen, war dann nahezu unmöglich.

Die restlichen Markthütten umschlossen in langen, schnurgeraden Reihen das Zentrum mit dem Brunnendenkmal und den beiden Freiflächen. So gab es am Rand des Christmarktes einen fast durchgängigen Rundkurs. Ariane fand die schachbrettmusterartige Anordnung in den äußeren Bereichen ziemlich langweilig. In anderen Städten wirkten die Weihnachtsmärkte viel organischer gewachsen.

 

Während Ariane die Kisten auspackte, bewunderte sie einmal mehr im Stillen, was für eine begnadete Näherin Lisa war. Sie hätte mindestens ein Viertel der Klamotten sofort selbst gekauft. Vieles wirkte schicker und hochwertiger als industriell gefertigte Ware. Kein Wunder, dass die Stücke reißenden Absatz fanden.

»He, Roxy. Hier! Meinst du so etwas?«

Mit den Worten hielt Ariane mehrere Handstulpen in die Höhe. Lisa hatte verschiedene Modelle mit unterschiedlichen Mustern angefertigt. Neben normalen Stücken gab es auch welche, bei denen halbe Handschuhe integriert waren. Man konnte den Daumen durch eine Lasche stecken, sodass ein Großteil der Hand ebenfalls bedeckt war. Genau richtig für eine von Kälte geplagte Marktverkäuferin, um vernünftig arbeiten zu können.

»Oh, ja. Das meinte ich. Momentchen, ich komme gleich!«, scholl es von der Partyhütte herüber.

Während Ariane wartete, beschloss sie, dass sie selbst Handstulpen anziehen würde. Zum einen war es so wesentlich wärmer. Zum anderen präsentierte sie dadurch auch den Kunden als Model die Ware. Lange Erklärungen waren nicht mehr nötig.

Roxana war nicht nur immer gut drauf, sondern auch ausgesprochen hübsch. Ariane verstand nicht, warum sie sich die Tage und Nächte an einer Glühweinbar auf dem Freiberger Weihnachtsmarkt um die Ohren schlug. Sie hätte sich auch als Model ihr Geld verdienen können. Mit ihrem hellblonden Haarschopf, dem ebenmäßigen Gesicht, mit den blitzenden blauen Augen, der schlanken Figur und einer aufrechten Haltung wie bei einer Königin passte Roxy irgendwie nicht auf den Christmarkt. Sie sah auch in den dicken Wintersachen noch unglaublich gut aus, während sich Ariane wie das sprichwörtliche Michelin-Männchen vorkam.

»Hier, die müssten dir passen. Ist voll deine Farbe.« Ariane schob ein hellblauschwarz gestreiftes Paar hinüber.

»Oh ja. Die sind klasse. Was bekommst du dafür?«

»Warte mal kurz …«

Ariane musste in der großen Liste nachschauen. Selbst nach mehreren Tagen hatte sie sich noch nicht die einzelnen Preise merken können. Eine Verkäuferin würde definitiv nie aus ihr werden. Sie hatte ja aber auch nicht vor, eine solche Karriere zu starten.

»Das macht 19,95 Euro.«

»So viel?« Für einen Moment schien es sich die Glühweinverkäuferin zu überlegen.

»Ja, das steht so hier. Das denke ich mir nicht aus.«

»Na ja, die sind ja auch selbst gemacht und nicht aus China …«

»Nein, auf gar keinen Fall«, bestätigte Ariane. »Überleg mal, wie lange man braucht, um so etwas zu nähen. Dazu kommen noch die Materialkosten – der Stoff und das Garn.«

Statt zu antworten, zückte Roxy lächelnd ihr Portmonee. Dass Lisa für ein paar Handstulpen nicht mehr als einer Viertelstunde benötigte und Stoffreste von den größeren Kleidungsstücken verwendete, musste Ariane ihr ja nicht auf die Nase binden. Sie hatte ihrer Freundin mehr als einmal über die Schulter schauen dürfen und fasziniert gesehen, wie schnell man aus einem Stück Stoff so etwas Tolles wie Handstulpen zaubern konnte. Fairerweise musste man sagen, dass Lisa durchaus eine Menge Zeit in ihre Projekte steckte. Neben dem Nähen waren Buchhaltung, Planung, Bestellungen, Schnittkonstruktion, Organisation und Büroarbeit ein nicht zu unterschätzender Zeitfaktor – und das Ganze nach ihrer eigentlichen Arbeit am Theater. Ariane wollte unbedingt dafür sorgen, dass Lisa am Ende genug Geld verdienen würde. Mit ihrem gebrochenen Wadenbein hatte sie schon genug Pech.

»Kommst du dann mit rüber?«, fragte Roxy, während sie ihre neuen Handstulpen bewunderte.

»Solange hier noch nichts los ist, sehr gern. Anders geht die Zeit doch nicht herum.«

Mit einem hellen Lachen lief Roxy zurück zu ihrem Stand. Dort wartete eine Kollegin auf sie. Schon wieder eine neue. Ariane fand das seltsam. Wie oft wechselten denn die Mitarbeiterinnen in der Partyhütte? Gefühlt fast jeden Tag. Roxy war die einzige Konstante in dem Angestelltenkarussell. Ariane nahm sich vor, sie danach zu fragen.

Jetzt begann der monotone Vormittag für sie. Obgleich sie mit einer Dreiviertelstunde Verspätung gestartet hatte, war dieser Morgen genauso langweilig und endlos wie die anderen zuvor. Jedes Mal, wenn Ariane einen Blick auf die Turmuhr am Rathaus warf, war der Minutenzeiger nur um ein paar Striche weitergewandert. Wenn wenigstens etwas losgewesen wäre! Die Zeit verging jedoch unerträglich langsam. Ariane beneidete Tom dafür, dass bei ihm schon das Geschäft zu brummen begann. Schon vor der Mittagszeit standen die Menschen an, um seine leckeren Handbrote zu kaufen.

 

»Ähm, hi. Ich soll abgeben das.«

»Was?« Verdutzt schaute Ariane den Jungen an, der urplötzlich vor ihr aufgetaucht war.

»Hier!« Damit hielt er ihr ein größeres Paket vor das Gesicht.

Ariane war derart in Gedanken versunken gewesen, dass sie gar nicht mitbekommen hatte, wie der Bursche an ihre Hütte herangetreten war. »Junge« war vielleicht die falsche Bezeichnung; er könnte auch locker schon über achtzehn sein. Ein zarter Anflug eines Oberlippenbarts zierte die noch von Akne übersäte Haut. Allerdings wirkte der schmächtige Körper eher wie der eines jüngeren Teenagers.

Der Kerl sprach mit deutlichem Akzent. Deutsch-Muttersprachler war er auf jeden Fall nicht. Ariane überlegte, woher er wohl kam – irgendwo aus Osteuropa ziemlich sicher. Zudem fand sie seinen Aufzug reichlich merkwürdig. Zumindest für diese Uhrzeit.

Die nächsten traditionellen Märsche des Bergmannszugs fanden erst in zwei Tagen statt. Sie waren einer der Höhepunkte der Weihnachtszeit in Freiberg. Nun stand dieser Bursche aber in einem jener historischen Bergmannskostüme vor Ariane, um ihr etwas zu geben. Schneeweiße Hosen, eine schwarze Bergmanns-Uniformjacke und eine zylindrische, grüne-goldene Kappe samt Feder wirkten ziemlich irritierend, wenn man sie hier so am Vormittag auf dem Markt zu Gesicht bekam. In der Formation des Bergmannszugs erzeugte die Uniformierung einen erhabenen Eindruck. Einzeln mutete das Kostüm aber eher kitschig und verschroben an.

»Von wem ist das?« Noch immer hatte sie nicht nach dem Päckchen gegriffen.

»Ich nur soll hier abgeben.« Mit einem lauten Plumpsen ließ er es einfach auf den Verkaufstresen fallen.

Bevor Ariane antworten konnte, hatte sich der Junge schon aus dem Staub gemacht. Reichlich verwirrt griff sie nach dem Paket. Sie konnte gar nicht genau sagen weshalb, doch irgendetwas in ihr sträubte sich, es anzufassen. Es war fast wie ein siebter Sinn, der sie vor einer unbekannten Gefahr warnen wollte. Gleichwohl hatte Ariane gelernt, dass es nicht immer sinnvoll war, auf solche Instinkte zu hören. Schon mehrfach hatte sie dies in brenzlige Situationen gebracht.

Als sich Heinz-Harald Bublitz vor achtzehn Monaten erhängt hatte, schien sich ihre innere Stimme sicher gewesen zu sein, dass es ein Mord war. Tatsächlich hatte es bei den »Erzfieber«-Ereignissen ein Verbrechen gegeben, aber mit einem ganz anderen Hintergrund. Ihr Instinkt hatte Ariane zwar geholfen, die Straftat aufzuklären, allerdings war sie die ganze Zeit von einer falschen Vermutung ausgegangen. Der Selbstmord war tatsächlich nur ein Selbstmord gewesen.

Unschlüssig dreht sie das Paket in ihren Händen hin und her. Es war recht altertümlich eingepackt. Normalerweise nutzte man heutzutage Klebeband und irgendeinen beliebigen Karton. Dieses hier hatte man mit braunem Packpapier umwickelt und anschließend fest mit einer Paketschnur umwickelt. Ihre Eltern hatten ganz früher, vor zwanzig oder mehr Jahren, ihre Weihnachtspäckchen so versendet. Es hatte schon etwas Nostalgisches, ein derartiges Paket in den Händen zu halten. Noch seltsamer war, dass nichts auf der Verpackung stand. Weder ein Name oder eine Nachricht noch ein Empfänger oder Absender.

Unschlüssig schüttelte Ariane es. Dumpf hörte sie einen einzelnen großen Gegenstand darin hin und her rutschen. Er wog vielleicht ein halbes Kilo. Als sie ihr Ohr an das Paket hielt, um zu lauschen, ob von drinnen Geräusche kamen, schalt sie sich selbst eine Närrin. Was hoffte sie zu hören? Das Ticken einer Bombe? Sie sollte aufhören, überall etwas Schlimmes zu vermuten. Offenbar wurde sie nach ihren bisherigen Erlebnissen zunehmend paranoid.

Schon seltsam, was sie in einen so alltäglichen Vorgang wie eine Paketlieferung hineininterpretierte. Das Päckchen war bestimmt eine Lieferung für Lisa. Vielleicht waren es Knöpfe, Reißverschlüsse oder schlichtweg Garn. Ariane ärgerte sich über sich selbst. Sie würde noch verrückt werden, wenn sie an jeder Ecke ein Verbrechen sah. Schulterzuckend schob sie das Paket unter den Ladentisch. Lisa würde wissen, was es war. Spätestens morgen würde ihre Freundin wieder vorbeikommen. Dann konnte Ariane sie fragen, weshalb ihr ein Jugendlicher in Bergmannsuniform ohne jede Erklärung ein Päckchen brachte.

 

In der nächsten halben Stunde passierte nichts außer zwei Omas, die nach einem Schal fragten, aber nicht mehr als fünf Euro dafür bezahlen wollten. Die verhasste Monotonie trat abermals ein. Dies hatte den unangenehmen Nebeneffekt, dass Ariane zunehmend fror. Auch Thermounterwäsche und eine mehrschichtige Zwiebelschalen-Garderobe brachten nichts, wenn sie sich kaum bewegte und vor Langeweile starb. Genauso wenig half es, dass schon wieder Mariah Carey mit einem ihrer schnulzigen Weihnachtssongs aus den Lautsprechern trällerte. Obgleich sich ihre morgendliche Gereiztheit langsam gelegt hatte, spürte Ariane, dass sie kurz unter der Oberfläche immer noch vor sich hin köchelte. Wenn ihr heute jemand auf die Nerven ging, würde er wahrscheinlich einen ordentlichen Ausbruch abbekommen. Wer auch immer das sein würde, er oder sie tat ihr jetzt schon leid.

Zum Glück streckte in dem Augenblick Roxy den Arm aus ihrer Bude heraus und winkte Ariane, hinüberzukommen. Da es auf der Freifläche zwischen den Weihnachtsbuden nach wie vor sehr übersichtlich aussah, sprach nichts dagegen. Ariane konnte ihre eigene Hütte von Roxys Bar aus sehen. Also war es kein Problem, sie für ein paar Minuten allein zu lassen. Lisa hatte eine abschließbare Kassenschublade unter der Ladentheke eingebaut. Solange nicht jemand mit einem Brecheisen kam, waren die Tageseinnahmen sicher – und außer dem Wechselgeld lag bisher nicht allzu viel darin. Der Schlüssel zur Schublade steckte in Arianes Hosentasche.

 

Wie immer, fand sich gleichzeitig noch eine Reihe anderer Angestellter an der Partyhütte ein. Es hatte sich schnell eingebürgert, dass man sich in den ersten ruhigen Stunden des Tages zwei oder drei Mal bei Roxy traf und etwas Wärmendes trank.

»Wie immer?«, fragte Roxy fröhlich in die Runde. Sekunden später hielt Ariane eine Tasse heißen Früchtepunsch in der Hand. Den anderen zuprostend, schüttelte sie im Stillen den Kopf darüber, dass einige jetzt schon Glühwein tranken.

Alles hier waren bekannte Gesichter, die im Umkreis Hütten betreuten. Nur die Verkäufer von den Essensständen fehlten. Bei denen war gerade die Hölle los. Zur Mittagszeit rissen ihnen die Besucher des Weihnachtsmarktes die heißen Köstlichkeiten förmlich aus den Fingern.

Wohltuend breitete sich währenddessen die Punschwärme in Ariane aus. Mit geschlossenen Augen genoss sie den Augenblick. Um sie herum wurde über den üblichen Markttratsch geredet, der unausweichlich in so einem Mikrokosmos entstand. Offenbar hatte Frederik-Franz Frauenhof auf der anderen Seite des Weihnachtsmarktes ein neues Opfer gefunden, das er tyrannisieren konnte. Ein Budenbesitzer hatte dort Produkte angeboten, die nicht in seinem Händlervertrag standen: irgendwelcher bunter Kitsch aus Fernost. Der Marktaufseher war zur Höchstform aufgelaufen. Er hatte den Kaufmann gezwungen, seine Hütte für heute zu schließen und alle Fremdprodukte aus seinem Sortiment zu nehmen. Wahrscheinlich war der arme Mann noch immer dabei, sein Warenangebot auszusortieren.

»Dann ist doch aber der Stand den ganzen Tag geschlossen. Das geht nun wirklich nicht«, ahmte einer der Anwesenden den nörgelnden Tonfall von Frauenhof nach.

»Bekommt der jetzt zwei Strafen?«, fragte Ariane belustigt in die Runde. »Einmal für die falschen Produkte und einmal dafür, dass er nicht alles buchstabengetreu nach Frauenhofs Almanach ausgeführt hat?«

»Achtung!« Ein Ausruf links von Ariane ließ alle Anwesenden augenblicklich verstummen. Gespenstische Stille stellte sich ein. Obwohl die Weihnachtsmusik weiter aus den Lautsprechern dudelte, glaubte Ariane, dass ansonsten jegliches Geräusch verklungen war. Sämtliche Augenpaare hatten sich auf den soeben verspotteten kleinen Mann gerichtet. Hatte er mit angehört, wie man sich über ihn lustig machte?

»Was ist denn das hier für eine Versammlung? Habe ich etwas nicht mitbekommen?«

Keiner reagierte. Alle starrten schweigend zu Boden. Entweder wollte Frauenhof die unangenehme Stimmung nicht wahrnehmen oder es war ihm egal. Ohne auf die bleierne Stille zu reagieren, stellte sich der Marktleiter mitten in die Runde.

»Frau Itzen, verkaufen sich Ihre Sachen neuerdings von selbst?«

»Wie darf ich denn das verstehen?« Ariane wusste natürlich, was der Mann mit seiner Anspielung bezweckte.

»Nun ja, ich sehe niemanden, der in Ihrer Hütte steht, um die Kunden zu bedienen.«

Nach wie vor hielt sich keine Menschenseele in der Nähe ihres Marktstands auf. Wer sollte gerade etwas bei ihr kaufen wollen? Sie versuchte es mit der Ablenkungstaktik, die hatte heute Morgen schon recht gut funktioniert.

»Um ganz ehrlich zu sein, ich habe heute Morgen schon so viel verkauft, dass ich überlege, meinen Stand für heute zu schließen.«

Statt einer Antwort zwinkerte Frederik-Franz Frauenhof mehrmals schnell, um seine Augen daraufhin umso weiter aufzureißen. Was sollte ihr diese Geste sagen? War das eine Warnung oder war es nur ein weiterer Tick dieses sehr seltsamen Mannes? Einzuschätzen war er auf jeden Fall nicht.

»Nun, das müssen Sie selbst wissen. Meine Damen.« Mit dieser Verabschiedung verschwand Frauenhof.

Etwas irritiert stellte Ariane fest, dass sie tatsächlich mit Roxy allein dastand. Alle anderen hatten sich klammheimlich davongestohlen.

»Was in drei Teufels Namen war denn das?« Roxy sprach aus, was Ariane dachte.

»Hat er gehört, dass wir über ihn gelästert haben? Steht er am Ende wirklich hier irgendwo hinter einer Ecke, um uns zu belauschen?« Für Ariane klang das mittlerweile gar nicht mehr so weit hergeholt.

Roxy lachte nur. »Vergiss ihn. Der spielt sich hier nur so auf, weil er zu Hause nichts zu melden hat. Ich kenne seine Frau, ein richtiger Drache! Er ist eben auch nur ein kleiner Napoleon, mit einem entsprechenden Komplex.«

Beide lachten. Sobald Frauenhof verschwunden war, tauchten einige der Verkäufer wieder auf. Offenbar hatte sie sich irgendwo versteckt gehalten. Andere strebten schon zu ihren Buden zurück. Der übliche Verkaufstrott ging für sie alle weiter.

Bei der Essenshütte, die ihnen am nächsten lag, entstand in dem Augenblick ein kleiner Auflauf. Als Ariane neugierig hinüberblickte, klärte Roxy sie auf: »Na sowas. Dass der alte Werninger sich hier tatsächlich mal blicken lässt.«

»Ernsthaft?« Ariane war überrascht. »Das ist Willko Werninger? Ich hab mir den ganz anders vorgestellt. In der Zeitung wirkt er viel jünger.«

»Er müsste schon Mitte Sechzig sein. Trotzdem ist er noch sehr umtriebig. Er plant wohl gerade eine Eislaufbahn draußen am Waldbad.«

Ariane beobachtete den Mann, der in einer Traube seiner Mitarbeiter stand. Kaum größer als eins fünfundsechzig, mit einer stark ausgeprägten Halbglatze, feistem Gesicht und einem stattlichen Bauch, hatte Werninger etwas von einem gutmütigen Großvater. Es verging kaum eine Woche, in der nicht etwas über ihn in der Freiberger Zeitung stand. Lange Jahre hatte er im Stadtrat gesessen und zu praktisch jedem Thema eine Meinung geäußert – oft reichlich provokant. Daneben hatte er als Gastronom schon einige Gaststätten eröffnet oder übernommen – und dann wieder geschlossen.

»Wieso bist du erstaunt, dass er hier ist?«, fragte Ariane.

Roxy stieß zur Antwort verächtlich die Luft aus: »Der ist sonst nie hier. Er hockt lieber in seiner Villa am Stadtrand, um neue Projekte zu planen. Sein Geld verdienen andere für ihn – und sein Geschäftsführer ist sogar noch schlimmer. Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede. Ich war früher mal bei Werninger angestellt. Das ist kein schönes Arbeiten. Da gibt es massig Druck von oben. Werninger terrorisiert seinen Geschäftsführer und der reicht den Druck weiter, bis runter zum kleinsten Angestellten. Die wollen so viel Gewinn wie möglich machen. Die einzelnen Menschen sind Werninger vollkommen egal. Da hasst jeder den anderen. Unbezahlte Überstunden sind der Normalzustand, Mobbing ist an der Tagesordnung.«

Ariane nickte beeindruckt. Dass die Zustände so schlimm waren, hätte sie nicht gedacht. Sie selbst hatte Werninger noch nicht persönlich kennengelernt. Der Großgastronom schien die Menschen in seiner Nähe indes wie ein Magnet anzuziehen. Jeder wollte ein paar Worte ihm wechseln.

 

Da sie mit Roxy plötzlich allein war, stellte Ariane die Frage, die sie vorhin beschäftigt hatte: »Du, sag mal, wieso habt ihr eigentlich so viele verschiedene Angestellte?«

»Was meinst du?«

»Na, so wie heute. Die da habe ich noch nie hier gesehen.«

Ariane zeigte auf die junge Frau, die hinter dem Tresen stand. Sie wirkte kaum für den Weihnachtsmarkt geeignet. Trotz der frostigen Temperaturen trug sie ein kurzes Röckchen. Egal, ob sie darunter eine oder zwei Strumpfhosen anhatte, sonderlich warm konnte ihr nicht sein. Außerdem schien Ariane das stark geschminkte Gesicht der Dame reichlich deplatziert. Nachts in einem Club würde dieser Aufzug gut passen, hier jedoch fiel sie auf wie ein bunter Hund.

»Ach so.« Nun schien Roxy zu begreifen, worauf Ariane hinauswollte. »Das hat mit meinem Chef zu tun. Der hat vor …«

»Der hat was?« Ariane war irritiert, weil Roxy mitten im Satz aufgehört hatte.

»Ähm, ist das normal, dass da einer in Bergmannsuniform in deiner Hütte steht?«

»Wieso Bergmannsuniform? Das kann doch nicht …?« Ariane brach allerdings ebenso abrupt ab.

Tatsächlich stand da ein Fremder in ihrem Verkaufsstand. Ariane reagierte wie in Zeitlupe. Es war ja auch schlichtweg unbegreiflich, dass sich jemand so etwas traute.

»Heee! He, du!«

Zuerst zögernd, dann zunehmend forscher schritt Ariane auf ihren Stand zu. Sie wusste nicht recht, wie sie sich verhalten sollte. War das ein Dieb? Wollte er sie überfallen? Sollte sie um Hilfe rufen? Tom und die anderen Händler würden wahrscheinlich gleich kommen, um ihr beizustehen. Allerdings widerstrebte es ihr, schon wieder das arme Opfer zu sein. Ihre Erlebnisse im letzten Jahr hatten sie verändert. Ariane war alles Mögliche, nur kein Opfer mehr.

»Heee, raus da!«, brüllte sie nun laut und energisch über den Markt.

Erschrocken zuckte der Typ zusammen. Offenbar hatte er nicht damit gerechnet, so schnell ertappt zu werden. Da er im hinteren Bereich der Hütte im Schatten stand, war es Ariane aber nicht möglich, sein Gesicht zu erkennen. Immerhin konnte sie die Bergmannsuniform ziemlich klar sehen. Es war offensichtlich derselbe Typ, der das Paket vorbeigebracht hatte. War das ein Trick gewesen, um ihre Marktbude auszukundschaften? Gehörte er zu einer Verbrecherbande, die Weihnachtsstände überfielen? Was sollte das alles?

Da ging die Seitentür der Hütte auf. Sekunden später stürzte der Junge davon. Aus den Augenwinkeln bemerkte Ariane Tom, der vor seine Essensbude getreten war. Was hatte er mitbekommen? Noch immer wartete eine kleine Schlange darauf, von ihm bedient zu werden. Tom zögerte, er war offenbar nicht sicher, was er tun sollte. Er konnte schlecht seine Kundschaft warten lassen.

Ariane war das egal. Die anderen Händler hatten mitbekommen, dass etwas geschehen war. Sie würden ein Auge auf ihre Hütte haben. Ohne weiter nachzudenken, setzte sie dem Typen nach. Selbst wenn es nur ein Missverständnis gewesen war – er konnte nicht einfach ungefragt in ihren Stand eindringen. Sie würde den Burschen zur Rechenschaft ziehen. Dass er nun türmte, machte die Sache nicht besser. Sobald sie ihn eingeholt hatte, würde er sich gehörig etwas anhören dürfen.

Gut zwanzig Meter vor sich sah sie die grün-goldene Bergmannskappe auf und ab hüpfen. Obgleich der Markt noch nicht so voll war wie am Abend, hinderten die Besucher den Flüchtenden am Vorankommen. Zugleich bemerkte Ariane, dass etwas Braunes unter seinem Arm klemmte. War er etwa in ihre Hütte eingedrungen, um sein Paket zurückzuholen? Da hätte er sie doch nur fragen müssen. Sie wusste ohnehin nicht, was drin war. Nun war allerdings ihre Neugier geweckt.

So schnell es ging, sprintete sie dem Dieb hinterher. Obwohl der Freiberger Obermarkt kaum mehr als 100 Meter in Länge und Breite maß, kam ihr die Verfolgungsjagd ungewöhnlich lang vor. Sie rannte an den Buden vorbei und bemerkte aus den Augenwinkeln, wie die anderen Händler ihr irritiert hinterhersahen. Christian in seinem Weihnachtsmann-Kostüm tauchte auf. Seine Frage, weshalb sie durch die Menge stürmte, ignorierte sie.

Immer wieder verlor sie den Flüchtenden aus den Augen. Mehrfach stieß sie mit Menschen zusammen, die geruhsam über den Markt bummelten. Einmal bremste sie ein quer stehender Kinderwagen aus, den sie beinahe umgeworfen hätte, ein andermal eine Oma mit Gehhilfe. Beim dritten Hindernis war der Junge tatsächlich verschwunden. Es war, als hätte er sich urplötzlich in Luft aufgelöst.

Ariane stoppte am Pfefferkuchenstand ab und drehte sich suchend einmal um ihre Achse. Der Typ konnte doch nicht plötzlich wie vom Erdboden verschluckt sein! Der intensive Duft von Pfefferkuchen stieg ihr in die Nase.

»Alles okay bei dir?« Die Frau, die die Süßigkeiten verkaufte, beugte sich besorgt aus dem Fenster der Bude.

»Ja, ich bin nur auf der …«

War da hinten etwa die Bergmannskappe? Ohne ihren Satz zu vollenden, wendete Ariane sich in die Richtung, in der sie den Dieb vermutete. Hier tummelten sich noch mehr Besucher. Nach zwei weiteren Ständen erreichte sie die Freifläche, die den zweiten Mittelpunkt des Marktes bildete. Auf einer Bühne machte sich gerade eine Gruppe von Kindern bereit für ihren Auftritt. Das erklärte die vielen Menschen hier: Eltern schienen darauf zu warten, ihren Sprösslingen beim Singen zuzuhören.

Was Ariane jedoch in ihrem Lauf innehalten ließ, waren die mindestens zwanzig Männer in Bergmannsuniform, die in einer lockeren Ansammlung vor der großen Weihnachtspyramide herumstanden. Zu ihrem Leidwesen hielt keiner von ihnen ein braunes Paket unter dem Arm. Dass der Typ irgendwo hier sein musste, spürte Ariane aber. Es war clever von ihm, sich in der Menge zu verstecken. Wahrscheinlich gehörte er sogar zu diesen Männern.

Nur ein paar Sekunden später hatte sich Ariane in den Bergmannszug hineingedrängt. Warum waren die Männer schon heute hier? Von einer Extra-Parade hatte sie nichts gelesen. Zugleich stimmten die Kinder auf der Bühne »Oh du Fröhliche« an; das Weihnachtslied hatte sie selbst als Kind schon im Chor gesungen. Im Augenblick hatte Ariane jedoch kein Ohr dafür.

Mit Vehemenz drängelte sie sich durch die eng beieinanderstehenden Männer in ihren traditionellen Uniformen. Richtige Bergleute waren darunter heute kaum mehr. Viele hatten nur noch lose etwas mit dem Berg- und Hüttenwesen zu tun. Die meisten der Jüngeren waren Studenten an der Bergakademie.

Hier nun lag Arianes Problem: Sie wusste nicht mehr genau, wie der Bursche tatsächlich aussah. Eingeprägt hatte sie sich nur seine Uniform und sein seltsames Auftreten. Mit ihren grün-goldenen Mützen sahen die Männer alle gleich aus. Mehrfach war Ariane kurz davor, einen Bergmann aggressiv anzufahren. Jedes Mal kamen ihr aber Sekunden vorher Bedenken. Das größte Problem war, dass keiner der Bergmänner ein braunes Paket bei sich hatte.

Zweimal drehte Ariane eine Runde über den kleinen Konzertplatz. Die Kinder hatte mittlerweile »Schneeflöckchen, Weißröckchen« intoniert. Sie selbst war keinen Schritt weitergekommen. Es war zum Haare raufen.

»Entschuldigung. Wieso sind denn heute so viele Bergmänner hier? Ich dachte, die Parade wäre erst in einigen Tagen?« Sie hatte den Erstbesten angesprochen, um wenigstens ihre Neugier zu stillen.

»Wir sind heute nicht für den Umzug hier«, antwortete dieser. »Der Bürgermeister übergibt Urkunden an unsere Ältesten. Deswegen sind ein paar von uns gekommen.« Mit knapper Geste wies der Mann auf die Bühne. »Wir haben sogar ein paar Freunde aus unserem Partnerverein in Tschechien hier.«

Offenbar war dies der nächste Programmpunkt nach dem Kinderchor. Da Arianes Hütte auf der anderen Seite des Weihnachtsmarktes stand, bekam sie kaum etwas von den Veranstaltungen mit. Auf ihrer Seite hatte sie eine komplett eigene »Bespaßung«, und zwar die immer gleichen Weihnachtshits vom Band.

Zumindest dieses Rätsel hatte Ariane also gelöst. Inzwischen waren aber etliche Minuten vergangen. Zu »Alle Jahre wieder« musste sie sich eingestehen, dass sie den Jungen wahrscheinlich nicht wiederfinden würde. Er war verschwunden und hatte das Paket mitgenommen. Vielleicht stand er gerade direkt neben ihr und sie war schlichtweg nicht in der Lage, ihn wiederzuerkennen.

Frustriert lief sie zu ihrer Hütte zurück. Sie hatte ihren Verkaufsstand schon viel zu lange allein gelassen. Dass etwas passiert sein könnte, glaubte sie zwar nicht. Viel eher hatte sie ein paar Kunden verpasst. Wegen des Kinderchors waren eine Menge Eltern und Großeltern unterwegs, die zu ihrem potenziellen Kundenkreis gehörten.

 

»Was war denn bei dir los?« Tom war zu ihr hinübergekommen, obwohl noch immer drei Leute vor seiner Bude standen und auf ein Handbrot warteten.

Mit knappen Worten berichtete Ariane ihm von den Geschehnissen. Ungläubig blickte er Ariane an: »Und du bist dem Typen echt hinterhergelaufen? Weißt du denn nicht, was dir da alles hätte passieren können? Du solltest so etwas nicht machen. Überlass das lieber …«

»Wem?«, schnitt Ariane ihm scharf das Wort ab.

Verwirrt blickte Tom sie an. Mit ihrem Ausbruch war er offenbar leicht überfordert. Dabei hatte sie gerade erst angefangen!

»Wem soll ich das überlassen? Der Polizei, einem starken Mann, oder willst du diese Sache für mich erledigen? Bin ich schwaches, kleines Mädchen etwa nicht in der Lage, einen Dieb zu stellen? Sehe ich so zart aus, dass ich ständig und immer Hilfe benötige? Glaubst du nicht, dass ich alt genug bin, um solche Probleme selbst zu regeln?«

Es lag bereits eine Antwort auf Toms Lippen. Wohlweislich hielt er sich damit jedoch zurück. Egal, was er jetzt zu ihr gesagt hätte, es wäre das Falsche gewesen. Stattdessen schlich er mit einem Schulterzucken zu seiner Marktbude zurück.

Das machte Ariane nur noch wütender. Tom konnte ja gar nichts dafür, trotzdem hatte er ihren Ausbruch abbekommen. Ariane hasste sich deswegen, dass sie sich wie eine Zicke benahm. Tom hatte das am allerwenigsten verdient. Eigentlich war sie auf sich selbst sauer, weil sie den Dieb hatte entkommen lassen. Außerdem wurmte es sie, dass sie nicht wusste, was in dem Paket gewesen war und wer es hatte bekommen sollen. Da war es wieder: ein Geheimnis und keine Möglichkeit, es zu ergründen.

Andererseits musste Tom sie auch nicht wie ein armes, schutzloses Opfer bemuttern. Hätte er sie nicht einfach gleichberechtigt behandeln können? Eine schlichte Nachfrage nach ihrem Befinden hätte vollkommen genügt. Stattdessen dieser Überschwang an Sorgen und Vorwürfen. Klar wollte er den Beschützer spielen. Manchmal fand Ariane so etwas sogar romantisch. Wenn man es jedoch damit übertrieb, schlug ihre Begeisterung ins Gegenteil um.

In ihrem Marktstand kam Ariane nicht zur Ruhe. Zu sehr beschäftigte sie das Erlebte. Obgleich nach der Mittagszeit immer mehr Marktbesucher kamen, zog es nicht allzu viele an ihren Verkaufstresen. Die Zeit begann sich neuerlich wie ein Kaugummi zu ziehen. Arianes Gedanken drehten sich immer weiter im Kreis. Ihr fiel keine Lösung ein. Wahrscheinlich würde sie weder den Burschen in der Bergmannsuniform noch das Paket jemals wiedersehen. War alles nur eine seltsame Verwechslung gewesen? Vermutete sie wegen ihrer Vergangenheit einen Zusammenhang dahinter, der gar nicht existierte?

 

»Hast du Hunger?«

»Was?« Irritiert blickte Ariane auf. Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass Roxy zu ihr herübergekommen war. Mit einer Geste wies die auf eine Gruppe von Menschen am Partystand. Offenbar war erneut eine der spontanen Zusammenkünfte am Entstehen. Einige der Budenbetreiber hielten Schälchen in der Hand, aus denen es warm dampfte. Das erinnerte Ariane daran, dass sie heute noch kaum etwas gegessen hatte. Bis auf ein paar Erdnüsse hatte sich ihr Mittagessen auf einen Apfel beschränkt. Außerdem würde ihr ein wenig Gesellschaft guttun.

»Das ist eine hervorragende Idee.«

Beim Verlassen ihres Standes überzeugte Ariane sich diesmal mehrfach davon, dass er gut verschlossen war. Noch einmal würde sie nicht zulassen, dass jemand in ihre Hütte eindrang. Sie gestand sich ein, dass sie bisher unvorsichtig gewesen war. In der bisherigen Zeit auf dem Weihnachtsmarkt war ihr nichts passiert, also hatten ihre Aufmerksamkeit und Vorsicht nachgelassen. Natürlich gab es immer mal Meldungen über Taschendiebe, aber mit den Verkaufsständen an sich gab es kaum Vorkommnisse. Warum also großartig Vorkehrungen treffen?

An Roxys Stand hielt man ihr gleich aus mehreren Richtungen dampfende Schalen hin. Die anderen Verkäufer hatten ein breites Spektrum aus dem Sortiment des angrenzenden Essensstandes zusammengetragen. Unschlüssig besah sich Ariane die Sachen.

»Ist das zur freien Verfügung?«, fragte sie vorsichtig in die Runde.

»Das sind alles ›mildtätige Spenden‹ vom Werninger«, »Mach dir keine Gedanken, das passt schon«, »Der alte Geizkragen kann ruhig mal was springen lassen«, antworten mehrere zugleich. »Es ist lecker und vor allem warm. Das ist das Wichtigste«, merkte Christian in seiner Weihnachtsmannverkleidung abschließend an.

Ariane verstand. Unter den Händlern wurden Getränke und Essen häufiger untereinander getauscht oder frei abgegeben. Es war nicht selten, dass ein Stand alle Händler im Umkreis verköstigte. Am nächsten Tag war dann eine andere Essensbude dran. Weil viele der Hütten von größeren Firmen geführt wurden, hatten deren Angestellte keine Probleme damit, gelegentlich etwas kostenfrei herauszugeben; solange es innerhalb der »Familie« blieb, wie die Kollegen immer betonten.

Heute war offenbar der große Grillstand von Werninger dran, die Verkäufer in der Nachbarschaft sattzubekommen. In ihrer kleinen kollegialen Gemeinschaft war es auch kein Problem, die Schälchen untereinander herumzureichen. So kam Ariane gleichzeitig in den Genuss eines sehr salzigen Eintopfs, einer ziemlich schmackhaften Pilzpfanne, einer Portion gegrilltem Gemüse und einiger bereits in Häppchen geschnittener Bratwürste. Da sie das Fleisch durchweg überwürzt fand, probierte Ariane davon nur ein kleines Stück. Das Gemüse hingegen war sehr lecker und sie langte tüchtig zu.

Es tat gut, endlich etwas Warmes in den Magen zu bekommen. Zudem wurde sie mit Fragen über den morgendlichen Zwischenfall überhäuft. Offenbar war Ariane vom gesamten Weihnachtsmarkt beobachtet worden, wie sie dem Jungen über den Markt hinterhergehetzt war. Weihnachtsmann Christian schien die Begebenheit lang und breit herumerzählt zu haben. Alle fanden offenbar, dass sie damit etwas ganz Besonderes gewagt hatte.

»Leute, Leute, das ist doch ganz normal.« Roxy mischte sich ein, um die Fragenden zu unterbrechen. »Würdet ihr das nicht auch machen, wenn einer in eure Hütte einsteigt und ihr das mitbekommt?«

Bestätigendes Gemurmel antwortete ihr. Zugleich machten sich die Anwesenden daran, die letzten Speisen aufzuessen. Ariane wollte noch einen Tee trinken, den sie bei Roxy ebenfalls nicht bezahlen musste. Ein wenig schlecht kam sich Ariane deswegen schon vor. Immerhin hatte sie der Barfrau heute Morgen erst Geld für die Armstulpen abgenommen. Ihr erschien es reichlich vermessen, sich überall durchzuschnorren.

Andererseits waren das nicht ihre eigenen Sachen, die sie verkaufte. Zwar rechnete sie die Verkäufe für Lisa nicht exakt ab – es zählte nur, wie viel Geld am Ende des Tages in der Kasse lag. Allerdings war da noch ihr Gewissen. Nie würde sie ihre Freundin hintergehen. Beim nächsten Mal würde Ariane einfach das Teil umsonst herausgeben und im Anschluss das Geld selbst in die Kasse legen. Das war vielleicht Ausgleich genug, da sie schon jede Menge zu essen und zu trinken von Roxy und den anderen bekommen hatte.

»Sag mal, weißt du, was heute mit Konrad los ist?« Ariane wechselte das Thema.

»Das frage ich mich auch schon den halben Tag. Eigentlich ist das recht unüblich. Ich kenne Konrad seit drei Jahren. Wir sehen uns zwar meistens nur an den vier Wochen auf dem Weihnachtsmarkt, trotzdem …«

»… ist es seltsam, dass seine Hütte nach wie vor geschlossen ist?«, vollendete Ariane den Satz der Kollegin.

»Genau. Das ist in all den Jahren kein einziges Mal passiert. Natürlich ist Konrad auch mal krank, aber dann hat er immer eine Vertretung. Für ihn hängt viel von der Weihnachtssaison ab. Jeder Tag, den er nicht öffnet, kostet ihn richtig viel Geld.«

»Ich weiß, was du meinst. Die Weihnachtsdeko und die Schnitzereien wird er wohl kaum im Sommer verkauft bekommen.« Ariane stimmte der Einschätzung rundum zu. »Vor allem wird Frauenhof deswegen ein ordentliches Bußgeld verhängen. Der dreht ja schon durch, wenn man nur ein paar Minuten zu spät öffnet.«

Da Roxy nicht weiter darauf einging, das Essen zum großen Teil vertilgt war und sich die Leute langsam wieder zerstreuten, lief Ariane zu ihrem Verkaufsstand zurück. Da stand plötzlich der Weihnachtsmann neben ihr.

»Warst du auch ein braves Mädchen oder muss ich dich mit der Rute versohlen?«

»Ha, ha, sehr witzig, Christian. Was soll denn diese Anspielung?«

»Okay, sorry. Das kam jetzt vielleicht ein wenig schräg rüber. Ich hab mir vorhin echt Sorgen um dich gemacht.«

Oh nein, nicht noch einer! Toms Bemutterungsversuche hatten Ariane schon mehr als genug gereicht. Mussten sich denn immer alle Männer als Beschützer aufspielen? Sah sie wirklich so hilfsbedürftig aus? Sie seufzte und bemühte sich um ein freundliches Lächeln – sie wollte nicht noch jemandem ins Gesicht springen und Christian meinte es bestimmt genauso gut mit ihr wie Tom.

»Alles bestens, es ist ja überhaupt nichts passiert. Und selbst wenn – ich wäre gut in der Lage gewesen, auf mich aufzupassen. Mach dir mal bitte keine Gedanken um mich.«

»Natürlich, das weiß ich doch. Ich wollte auch gar nicht andeuten, dass das nicht so ist.«

»Was wolltest du mir dann damit sagen?« Obwohl Ariane wusste, dass es nicht fair war, wollte sie Christian nicht einfach so vom Haken lassen. Der runzelte die Stirn.

»Du weißt ja, dass ich den ganzen Tag auf dem Markt unterwegs bin.«

»Klar, du bist der Weihnachtsmann und musst alle bösen Kinder versohlen.«

»Sehr witzig. Aber Spaß beiseite, ich glaube, hier geht etwas vor sich. Ich kann es nicht genau in Worte fassen. Es ist mehr so ein Gefühl. Wie soll ich es beschreiben …« Offenbar fehlte Christian tatsächlich die richtige Formulierung.

Während Ariane wartete, schaute sie sich Santa Claus näher an. Christian war Maschinenbau-Student an der Bergakademie und verdiente sich in der Weihnachtszeit regelmäßig etwas dazu. Nach einem Casting war er zum offiziellen städtischen Weihnachtsmann des Christmarkts aufgestiegen. Dies hatte den angenehmen Nebeneffekt, dass Christian jetzt in einem professionellen Kostüm herumlaufen durfte und vernünftig bezahlt wurde.

Unter der roten Mütze schauten helle, jugendliche Augen hervor. Trotzdem wäre man nie auf die Idee gekommen, hinter dem weißen Bart einen Zweiundzwanzigjährigen zu vermuten. Der gewölbte Bauch wirkte ziemlich realistisch, genauso wie der behäbige Gang und das tiefe, freundliche Lachen. Christian ging in seiner Rolle voll auf. Wann immer Ariane ihn bei seiner Arbeit beobachtete, war er mit Elan dabei, den Kindern Freude zu bereiten.

»Du glaubst, das könnte mit dem Typen zusammenhängen, der in meiner Hütte war?«, versuchte Ariane dem nachsinnenden Christian zu helfen.

»Ja. Nein! Ich weiß es nicht. Das Einzige, was ich mit Bestimmtheit sagen kann, ist, dass hier irgendetwas Seltsames im Gang ist. Ich sehe hier schon seit Tagen immer dieselben Leute, die scheinbar gelangweilt herumstehen. Normalerweise gehen sie in der Menge unter. Wenn man aber genau hinsieht, ist da diese ›Zufälligkeit‹. Die stehen immer nur herum und glotzen.«

»Könnten es nicht nur Händler oder Angestellte sein, die nichts zu tun haben?« Ariane fragte das Offensichtliche, was ihr als Erstes einfiel.

»Für gewöhnlich würde ich dir recht geben. Allerdings kenne ich mittlerweile jeden, der hier arbeitet. Und ich kann dir sagen, dass die Typen nicht dazugehören. Die sehen auch nicht aus, als würden sie auf einen Weihnachtsmarkt gehören. Solche arbeiten hier nicht. Wie gesagt, es ist mehr so ein Gefühl.«

»Ich glaube dir.«

»Ehrlich?« Christian schien überrascht.

»Klar. Wenn überhaupt jemand so etwas bemerken kann, dann nur du. In deinem Kostüm kommst du überall hin, gehörst aber praktisch zur Dekoration. Niemand nimmt dich richtig wahr.«

Christians Augen strahlten bei diesen Worten. Wahrscheinlich hatte er seine Theorie schon ein paar Leuten erzählt und niemand hatte ihn für voll genommen. Wie sehr das deprimieren konnte, hatte Ariane am eigenen Leib zu spüren bekommen.

»Du solltest das auf jeden Fall weiter beobachten. Wenn du willst, kannst du mir gern von deinen Fortschritten berichten. Wenn hier auf dem Markt etwas Sonderbares geschieht, will ich unbedingt davon erfahren!«

»Das werde ich definitiv machen, versprochen!« Mit einem kräftigen »Ho, ho, ho« verabschiedete Christian sich mit neuem Elan zu einer weiteren Runde über den Markt.

Nachdenklich sah Ariane ihm nach, wie er in der Menge verschwand. Sie konnte nicht genau sagen weshalb, doch sie hatte ein ungutes Gefühl. Ein drohender Schatten schien über dem Markt zu schweben. Es konnte aber auch die langsam herabsinkende Sonne sein. Es ging zunehmend auf den Nachmittag zu. Endlich begann für Ariane die Zeit, in der wirklich etwas los war. Warum auch immer, aber die Leute kamen erst in Kauflaune, wenn es draußen dunkel wurde.

 

Die Zeit verging plötzlich wie im Flug. Ariane zeigte Waren vor, beriet, nannte Preise und erklärte. Etliche Marktbesucher hielten Lisas Stücke für Billigware aus Fernost. Ariane führte dann jedes Mal aus, dass sie von Hand genäht und regional hergestellt worden waren. Erst dann zückten die Leute ihre Portmonees. Heute lief es richtig gut. Lisa würde sich freuen.

Ariane verspürte allerdings ein zunehmendes Problem. Offenbar hatte sie das Mittagessen nicht gut vertragen. Dass sie die verschiedenen Gerichte mit allen möglichen anderen Leuten geteilt hatte, war unvernünftig gewesen in ihrem ohnehin angeschlagenen Zustand. Je später es wurde, desto mehr verstärkte sich das schmerzhafte Grummeln in ihrem Bauch. Sie hatte sich doch nicht etwa den Magen verdorben?

Da nun eine Schlange vor ihrer Hütte stand, konnte sie schlecht verschwinden. Zu allem Überfluss waren die Toiletten auf der anderen Seite des Weihnachtsmarktes. Der Weg dahin kostete sie über eine Minute – und das nur, wenn nicht viel los war auf dem Markt. Zum Glück war Tom unvermutet zur Stelle.

»Alles okay bei dir? Du schaust ein wenig grün um die Nasenspitze aus.«

»Danke, du bist wie immer ein Charmeur.«

Tom wendete sich wegen dieser Spitze schon wieder ab, als Ariane ihn zurückhielt: »Sorry, ich wollte dich nicht anfahren. Mir geht es wirklich nicht gut. Wärst du so lieb und passt hier mal kurz auf?«

Mit einem kurzen Blick über seine Schulter vergewisserte er sich, dass niemand an seinem Stand wartete. Der nächste Besucherschub würde bei ihm erst in einer Stunde kommen. Deswegen hatte Tom nicht wirklich eine Ausrede. Er hob ergeben die Hände.

»Was soll ich …«

»Das ist ganz einfach«, unterbrach Ariane ihn, da es langsam bei ihr tatsächlich drängend wurde. »Wenn jemand was kaufen will: Hier liegt eine Liste, auf der alle Preise stehen. Beraten musst du nicht. Sollte jemand eine Frage haben: Ich bin in fünf Minuten zurück!«

Ohne Toms Entgegnung abzuwarten, war sie aus der Hütte gestürzt, hatte Tom hineingeschoben und sich eilig auf den Weg zu den Toiletten gemacht. Das schnelle Laufen verstärkte den unangenehmen Druck noch. Zum Glück gab es einen eigenen Hygienebereich für die Angestellten des Marktes. Ariane hätte unmöglich warten können, bis eine Kabine in den öffentlichen WCs frei wurde.

Endlich war sie auf dem stillen Örtchen angekommen und schloss erleichtert die Kabinentür hinter sich. Gleich fiel ihr auf, dass das Klo nicht ganz so still war, wie es sein Name vermuten ließ. Ein paar Kabinen weiter war gerade eine Frau dabei, ihren kompletten Mageninhalt geräuschvoll in die Kloschüssel zu entleeren. In Arianes ohnehin leicht angeschlagener Verfassung fand sie das grenzwertig.

»Ist alles okay bei dir?«, fragte Ariane trotzdem besorgt nach drüben. Es konnte ja gut sein, dass sie die Person kannte.

Statt einer Antwort ertönte nur abermaliges Würgen. Angeekelt hielt sich Ariane die Ohren zu und beschloss, nicht mehr nachzufragen. Immerhin wäre es ihr auch sehr unangenehm gewesen, wenn jemand sie auf dem Klo belauschen würde. Sie sollte sich wohl eher beeilen, um der Frau ihre Privatsphäre zu lassen.

Vor dem Waschbecken stand Ariane trotzdem länger als sonst. Weil es ihr selbst nicht sonderlich gut ging, ließ sie das kalte Wasser über ihre Hände laufen, dann benetzte sie noch ihren Nacken und die Stirn. Unter all den Klamottenschichten schwitzte man wesentlich mehr als sonst. Gerade jetzt war ihr besonders heiß. Das kühle Wasser tat mehr als gut.

Da ging die Kabinentür hinter Ariane auf. Mit dem eindrücklichen Geruch nach Erbrochenem stolperte eine reichlich derangierte junge Frau heraus. Beim zweiten Hinsehen wurde Ariane bewusst, dass sie sie wirklich flüchtig kannte: Es war eine der Damen aus Roxys Partyhütte. Sie sah extrem schlecht aus. Ihr Gesicht war aschfahl, das Make-up deutlich verschmiert. Überhaupt erschien sie Ariane ziemlich durcheinander.

»Nix Problem. Alles gut«, waren die einzigen Worte der Barfrau. Statt weiterzureden, stürzte sie zum Waschbecken, um sich den Mund auszuspülen.

Ariane war überrascht, den harten osteuropäischen Akzent zu vernehmen. Bisher hatte sie mit der Frau noch nie geredet. Auch weil jeden Tag eine andere Bedienung in der Partyhütte stand, hatte Ariane gar keine Möglichkeit gehabt, Bekanntschaften zu schließen. Waren das vielleicht alles Osteuropäerinnen? Sie ließ die Frau lieber in Ruhe.

Am Eingang zu den Toiletten stieß sie auf einen Verkäufer vom Stand mit den Schweizer Spezialitäten. Er sah ebenfalls reichlich mitgenommen aus und lehnte schlapp an der Wand des Toilettenwagens.

Beunruhigt sprach Ariane ihn an: »Hast du es auch mit dem Magen?«

Zur Antwort blickte er sie leidend an. »Mir ist dermaßen speiübel. Ich könnte direkt hier sterben.«

Ariane runzelte die Stirn. »Ich hoffe nicht, dass hier etwas herumgeht. Da drin ist eins von Roxys Mädels, die kotzt sich die Seele aus dem Leib. Und mir geht’s auch nicht gut. Damit sind wir schon drei. Wenn das ein Virus ist …«

»Oh mein Gott. Wenn sich alle angesteckt haben? So viele Leute haben die gar nicht, um Krankenersatz herzuschicken. Das heißt, die müssen den Markt …«

Statt weiterzureden, wedelte der Mann aber nur mit den Armen und stürzte ins Männerklo. Ariane konnte sich gut in den armen Tropf hineinversetzen. Was auch immer das für ein Virus war, es hatte sie wohl zum Glück nicht ganz so übel erwischt. Sie verspürte zwar nach wie vor ein unangenehmes Drücken im Bauch, aber wenigstens hatte ihr Mageninhalt nicht vor, sich den Weg nach draußen zu suchen. Offenbar war ihr Zustand doch etwas robuster, als sie gedacht hatte.

Es könnte sie allerdings auch gut noch heute Nacht oder erst morgen richtig erwischen. Vielleicht stand sie erst am Anfang einer Infektion. Was würde dann mit Lisas Markthütte geschehen? Es gab niemanden, der sie hätte vertreten wollen. Ariane konnte es sich einfach nicht erlauben, krank zu werden. Es hieß jetzt: Zähne zusammenbeißen und durch. Sobald sie zu Hause war, würde sie alle möglichen Hausmittel, Vitamine und Präparate einnehmen, um ihr Immunsystem zu stärken und dann nach einem heißen Bad zeitig ins Bett gehen.

Apropos heißes Wasser: Ariane spürte ein Ziehen auf ihren Wangen. In der letzten Stunde hatte es beträchtlich abgekühlt. Der strahlend dunkelblaue Abendhimmel sah auch nicht gerade aus, als würde es wärmer werden. Es stand eher im Gegenteil wohl eine frostige Nacht bevor. Schnee hatte es in diesem Jahr noch nicht gegeben. Das Thermometer war aber schon nah an die zweistelligen Minusgrade gekommen. Sie sollte sich beeilen, in ihre Hütte zurückzukommen. Vor dem winzigen Heizstrahler war es zumindest ein bisschen angenehmer als hier draußen.

Auf dem Rückweg blieb Ariane trotzdem wie angewurzelt stehen. Direkt voraus, kaum mehr als zwanzig Meter entfernt, lief jemand, der ein unscheinbares braunes Paket unter dem Arm hielt. Da sie den Mann nur von hinten sehen konnte, war Ariane unsicher. Allerdings passten die Körpergröße und die Statur und soweit sie das sehen konnte, schien er auch ungefähr im passenden Alter zu sein.

Wie automatisch trugen ihre Füße sie hinter dem Mann her. Der lief unvermittelt schneller, dabei konnte er sie gar nicht bemerkt haben. Zu keinem Zeitpunkt hatte er sich zu ihr herumgedreht. Dennoch nutzte er jede sich bietende Möglichkeit, sich zwischen den flanierenden Menschen hindurch zu drängeln. Da der Markt mittlerweile gut besucht war, hatte Ariane ihre Probleme damit, rasch voranzukommen. Weihnachtsmarktbesucher waren nicht gerade dafür bekannt, umsichtig zwischen den Buden umherzulaufen und auf ihre Mitmenschen zu achten.

So sehr sie sich anstrengte, Ariane schaffte es nicht, die Entfernung zu verkürzen. Aus den Augenwinkeln nahm sie die Auslagen der Hütten wahr, an denen sie vorbeieilte: Mützen, Socken, Süßigkeiten, geschnitzte sächsische Weihnachtsdekorationen. Plötzlich war der Hinterkopf, auf den sie die ganze Zeit fixiert gewesen war, verschwunden. Leise fluchte sie in sich hinein. Heute hätte sie lieber gleich im Bett bleiben sollen. Nichts klappte, wie es sollte. Mit flüchtigen Entschuldigungen schob sie sich vehement zwischen mehreren Paaren hindurch.

An einem Durchgang zu dem kleinen Veranstaltungsplatz verlor sie den Typen endgültig. Wie schon vor ein paar Stunden, hatte sie der Weg hierhergeführt. War das Zufall? Im Gegensatz zu vorhin war die Freifläche nun gut gefüllt. Die wenigsten interessierten sich jedoch für das Bühnenprogramm, wo einige Kinder gerade ein Märchen aufführten. Vielmehr standen Trauben von Menschen dicht beieinander und ignorierten die Show. Viele hielten Glühweintassen in den Händen. Neben den Einheimischen konnte Ariane jede Menge Touristengruppen ausmachen. Der Freiberger Christmarkt war einer der beliebtesten Märkte im gesamten Erzgebirge. Ringsum wurde lauthals gescherzt, gelacht und geredet. Es herrschte ausgelassene Volksfeststimmung.

Frustriert wollte Ariane sich gerade eingestehen, dass sie den Burschen abermals verloren hatte. Vielleicht war er in einer der benachbarten Hütten verschwunden. Leider standen überall so viele Menschen, dass sie noch nicht einmal in die Hälfte der Buden hineinsehen konnte.

Da entdeckte sie ihn aufs Neue. Er stand am Rand der Freifläche und hatte sich zusammen mit einem anderen in eine abgelegene Ecke zurückgezogen. Fast im Verborgenen standen die beiden Männer eng beieinander, verdeckt von einem kleinen Weihnachtsbaum.

Ariane war sicher, dass da etwas Illegales ablief. Sie hatte noch sehr gut die Worte von Christian, dem Weihnachtsmann im Ohr. Sie würde den Burschen direkt hier zur Rede stellen. Was konnte er ihr in der Menge schon antun? Im Zweifel standen Dutzende Personen bereit, die ihr helfen konnten.

»Wieso bist du vorhin bei mir eingebrochen?« Mit Wucht riss Ariane den Fremden an der Schulter herum. »Was sollte das?«

Statt einer Antwort blickten sie zwei ungläubige Augen an. Jetzt, da sie direkt vor ihm stand, kamen Ariane Bedenken. War er das wirklich? Sie sah an dem Jungen hinab und bemerkte zwei Dinge: Zum einen war das Paket zwar braun, jedoch weder in Packpapier eingeschlagen noch mit einer Schnur umwickelt. Der zweite Fakt war die Tatsache, dass der Fremde Händchen mit dem anderen Mann hielt. Waren die beiden ein Paar? Hatten sie sich nur in diese Ecke zurückgezogen, um ungestört zu sein?

Nach wie vor sagte keiner der beiden Männer ein Wort. Ariane fühlte sich zunehmend unangenehm. Sie war wohl einem Trugschluss aufgesessen. Das hier war auf keinen Fall der Typ von heute Morgen.

»Sorry, ich hab mich wohl geirrt.«

Ihre ziemlich halbgare Entschuldigung machte die Situation nicht besser. Bevor es noch peinlicher für sie wurde, schickte sich Ariane an, schnellstens zu verschwinden. Wie hätte sie auch ihr Verhalten erklären sollen? Wahrscheinlich dachten die beiden jetzt, sie wäre ein homophobes Arschloch. Im Nachhinein wurde Ariane ihre Aktion immer peinlicher. Das kam davon, wenn sie wieder damit begann, Gespenstern hinterherzujagen! Warum konnte sie nicht erst einmal nachdenken, bevor sie Hals über Kopf handelte?

Den heutigen Tag konnte sie einfach nur in die Tonne treten. Am liebsten hätte sie sich jetzt gleich in ihre warme, behagliche Wohnung verzogen. Stattdessen lagen noch weit über drei Stunden vor Ariane, in denen zu allem Überfluss der größte Andrang des Tages bevorstand. Die »Primetime« begann gewissermaßen gerade erst.

Auf dem Rückweg zu ihrem Stand wurde Ariane Zeugin eines weiteren seltsamen Ereignisses. Willko Werninger stand etwas abseits von der Bühne. Normalerweise hätte sie den Mann nicht erkannt, da sie sich mit Roxy aber erst vor ein paar Stunden über ihn unterhalten hatte, konnte sie sich noch gut an den Freiberger Großgastronomen erinnern.

Er war trotz seines Alters dabei, wild gestikulierend einen Mann von etwa Mitte Vierzig zusammenzufalten. Wegen der vielen Menschen, der Grundlautstärke und des allgemeinen Trubels auf dem Weihnachtsmarkt konnte Ariane kein einzelnes Wort verstehen. Es war aber auch ohne Ton eindeutig, dass Werninger den anderen ordentlich zur Schnecke machte. Mehrfach stieß er mit seinem Zeigefinger hart in die Brust seines Gegenübers. Obwohl dieser größer und kräftiger war, ließ er alles stoisch über sich ergehen.

Ariane erinnerte sich an die Worte von Roxy. Offenbar wohnte sie hier seinem besonderen »Personalmanagement« bei. Würde das jemand mit ihr versuchen, hätte derjenige ein gehöriges Problem.

Auch der Mann, den Werninger gerade anschrie, schien in Arianes Augen die Unterwürfigkeit nur vorzuspielen. Sie konnte nicht genau sagen weshalb, aber er kam ihr nicht wie ein ergebener Befehlsempfänger vor. Obwohl ihre Neugier sie fast dazu brachte, stehenzubleiben, zwang sich Ariane, zu ihrer Verkaufshütte zurückzueilen.

 

»Ariane, mal ehrlich. Bist du noch ganz bei Trost? Was stimmt mit dir nicht?« Tom war sichtlich aufgebracht. »Du kannst mich doch hier nicht geschlagene fünfzehn Minuten allein lassen! Ich weiß gar nicht, was ich hier verkaufen soll, und es waren jede Menge Kunden da! Die hatten alle so komische Fragen. Ich muss dringend wieder zu meinem Stand zurück!«

Statt Arianes Erklärung anzuhören, stürmte ihr Bekannter Hals über Kopf zu seinem Handbrotstand zurück. Ariane hasste sich selbst; sie hatte schon wieder alles versaut. Wenn es darum ging, sämtliche Fettnäpfchen mitzunehmen, war sie definitiv die Nummer-eins-Kandidatin.

Wie zum Hohn erklangen einmal mehr die ersten Takte des All-Time-Weihnachtshits von Wham aus den Lautsprechern. Musste es denn schon wieder dieses vermaledeite Lied sein? Zu ihren Bauschmerzen gesellten sich jetzt noch Kopfschmerzen hin. Dieser Tag würde noch sehr lang und anstrengend werden …

»Haben Sie die auch in Rot?« Eine Kundin hielt ihr ein paar Fäustlinge in einem schicken skandinavischen Muster entgegen. Ariane schaute sie irritiert an und antwortete etwas unwirscher, als sie beabsichtigt hatte.

»Sorry, nur in dem Muster hier oder mit Weihnachtssternen.«

»Und diese haben Sie nicht in vernünftigen Farben?«

»Nein, das sagte ich doch. Einfarbige Sachen haben wir nicht so viele.«

»Okay, das können Sie mir aber auch netter mitteilen.« Die Kundin fühlte sich offenbar angegriffen. »Was sind Sie eigentlich für ein Stand, dass Sie nur so eine kleine Auswahl haben?«

Ariane atmete tief durch und erklärte zum hundertsten Mal an diesem Tag den Hintergrund der selbstgenähten Sachen von Lisa.

»Ach, das sind hier nur solche Hobbydinger?« Abfällig warf die Frau die Fäustlinge zurück auf die Auslage. »Und damit dürfen Sie hier auf den Weihnachtsmarkt? Die Qualität des Christmarktes nimmt aber auch von Jahr zu Jahr ab. Wo soll das nur enden? Gibt es dann nächstes Jahr hier Döner?«

Ariane biss sich auf die Lippen. So sehr die Frau sie auch aufregte, sie war eine potenzielle Kundin. Also versuchte sie, so freundlich wie möglich zu bleiben und setzte ein – vielleicht etwas übertriebenes – Lächeln auf. Am Ende fand die Frau doch noch etwas, was ihr gefallen könnte.

»Und was soll das sein?« Die Frau hielt einen Strampelanzug mit spitzen Fingern hoch. »Ist das ein Topfwärmer oder kann man damit eine Teekanne warmhalten?«

Nun platzte Ariane doch der Kragen. »Wenn es Ihnen nicht gefällt, müssen Sie ja nichts bei uns kaufen.« Damit riss sie der Frau den Strampelanzug aus den Händen. »Außerdem scheint mir, dass unsere Sachen sowieso nicht zu Ihnen passen. Die sind eher für modebewusste Menschen gedacht, die nicht ihre ganze Garderobe von der Stange kaufen. Wahrscheinlich können Sie sich unsere Stücke ohnehin nicht leisten. Handarbeit hat eben ihren Preis. Den Discounter finden Sie da hinten, die Straße entlang.«

Die Frau sah aus, als würde sie gleich einen Herzinfarkt erleiden. Wie ein Karpfen, der an Land nach Luft schnappt, öffnete sie immer wieder ihren Mund. Fast meinte Ariane dabei, eine Ader an ihrer Stirn pulsieren zu sehen.

»Sie hören noch von mir. Das verspreche ich Ihnen!« Mit diesen Worten stapfte die Frau erbost davon und verschwand in der Menge der Marktbesucher. »So etwas lasse ich mir nicht bieten!«, rief sie noch über die Schulter, übertönt von George Michael.

Für Ariane war sie der Tropfen, der das Fass dieses Tages zum Überlaufen brachte. Am liebsten hätte sie sofort ihre Bude zugemacht. Dieser Tag war schlichtweg grässlich. In dem Augenblick sah sie Frederik-Franz Frauenhof durch die Menge schleichen. Der Mann hatte ein untrügliches Gespür dafür, wann der schlechteste Moment war, um aufzutauchen.

Als er zu ihr in die Hütte schaute, bemühte Ariane sich um ein Lächeln. Nichtsdestotrotz war sie sicher, dass ihr das komplett misslang. Es musste wie eine verzerrte Fratze aussehen. Frauenhof schlich jedoch ohne Reaktion weiter. Vielleicht hatte er sie nicht einmal wahrgenommen. Wie ein Wiesel suchte er nach Verstößen gegen seine geliebte Marktordnung. Als ob es nichts Wichtigeres gäbe. Wie zum Beispiel verkleidete Typen, die in ihre Hütte eindrangen, um mysteriöse Pakete zu klauen.

Mittlerweile war es gänzlich dunkel geworden. Inmitten der glitzernden Festbeleuchtung bekam man es nur am Rand mit, wenn die frühe Dämmerung über die Stadt kam. So sehr Ariane die Weihnachtszeit mit all ihren Ritualen, Gerüchen und Besonderheiten auch mochte – sie hasste es, dass es so zeitig dunkel wurde. Sie war nicht dafür gemacht, so viel Düsternis zu ertragen. Am liebsten wäre sie im Winter für zwei oder drei Monate in Richtung Süden ausgewandert. Das Wetter war ihr dabei egal. Es musste nicht unbedingt ein Südseestrand sein, Hauptsache, es war hell.

Und wärmer! Entweder bildete sie sich das ein, oder die Temperatur war seit Sonnenuntergang nochmals gefallen. Ein Blick auf das kleine Thermometer zeigte -9° Celsius. Würde es heute tatsächlich noch in den zweistelligen Bereich abrutschen? Ariane hoffte es nicht. Dann wäre es morgen früh beim Aufmachen umso kälter.

Weiter konnte Ariane nicht überlegen. Zu den Klängen von »Feliz Navidad« trat eine Gruppe von Menschen an ihren Verkaufsstand, die verdächtig nach Touristen aussahen. Schon nach ein paar gewechselten Worten war klar, dass sie aus Waldhessen stammten. Ein kompletter Bus mit Ausflüglern war gekommen, die sich das erzgebirgische Weihnachtswunderland anschauen wollten. Arianes Stimmung besserte sich, als ein Großteil der Hessen sich für Mützen, Schals und Handstulpen begeisterte und fleißig einkaufte. Offenbar spürten auch die Ausflügler die rasch fallenden Temperaturen.

Die Ablenkung und der Erfolg taten ihr gut. Manchmal reichte es, ordentlich Umsatz zu machen, um düstere Gedanken zu vertreiben. In dem Augenblick kam Santa Claus wieder einmal an ihrer Hütte vorbei. Christian hatte von ihnen allen den anstrengendsten Job. Ariane konnte sich wenigstens kurz auf ihren kleinen Hocker setzen, um auszuruhen, wenn keine Kundschaft kam. Der Weihnachtsmann hingegen war die komplette Zeit auf den Beinen. Dazu war er noch gezwungen, nett zu allen Kindern und ihren Eltern zu sein.

Allein dafür beneidete Ariane den Studenten nicht. Ab und zu auf die netten, gut erzogenen Kids von Lisa aufzupassen, war das eine. Aber die fiesen, kleinen und verzogenen Bälger, die Tag für Tag schreiend und heulend über den Weihnachtsmarkt rannten, waren eine andere Nummer. Christian schien aber immerzu in bester Laune und bespaßte auch die komplizierten Fälle souverän.

In diesem Moment sah er jedoch überhaupt nicht gut aus. Natürlich lief er auch sonst ein wenig gebeugt, das gehörte schließlich zu seiner Rolle. Jetzt wirkte es allerdings nicht gespielt. Auch die über seinen ausgepolsterten Bauch gelegten Arme zeugten davon, dass etwas mit ihm nicht stimmte. Litt er etwa auch an dem Darmvirus? Zeichnete sich hier eine kleine Epidemie ab? Das wäre fatal für den gesamten Weihnachtsmarkt.

Auch Ariane meinte zu spüren, dass sie bald wieder auf die Toilette verschwinden musste. Das konnte auf keinen Fall dauerhaft so gehen. Morgen durfte sie es sich nicht leisten, alle paar Minuten aufs Klo zu rennen. Wer sollte ihren Stand betreuen? Sie konnte kaum Tom ständig um Hilfe bitten. Es war noch nicht einmal klar, ob er ihr nach dem heutigen Zwischenfall überhaupt noch einmal aushelfen würde.

Mit zusammengebissenen Zähnen überstand Ariane die folgenden anderthalb Stunden. Solange sie es vermied, etwas zu sich zu nehmen, hielt ihr Verdauungstrakt still. Vielleicht hatte sie Glück und es würde sich bis morgen tatsächlich von allein erledigen. Es half auch, dass der Kundenstrom kaum abriss. So, wie sie in der ersten Hälfte des Tages die Minuten gezählt hatte, vergingen die letzten Stunden wie im Flug. Noch nicht einmal die grässliche Musik von Roxys Partystand störte Ariane sonderlich. Dort war mittlerweile die Hölle los. In einer dichten Traube umlagerten junge Leute die Bar und den Glühweinausschank.

Offenbar war auch wieder Paul Petzold anwesend, Roxys Chef. Zumindest liefen jetzt etwas modernere Hits, die auch auf jede Après-Ski-Party gepasst hätten. David Guetta war zwar auch nicht Arianes Lieblingsmusik, aber immerhin eine Abwechslung zu dem immer gleichen Weihnachtsgedudel.

 

Eine Viertelstunde vor dem offiziellen Schluss entschied Ariane, dass es für heute genug war. Frauenhof hatte sie schon seit einer geraumen Weile nicht mehr gesehen. Die Leute interessierten sich zudem kaum noch für selbstgenähte Sachen. Jetzt stand der Konsum heißer Alkoholika im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses.

In kürzester Zeit hatte Ariane ihre Auslage soweit zusammengeräumt, dass sie die Läden runterklappen konnte. Im Inneren ihrer nun von der Außenwelt abgeschotteten Weihnachtshütte genoss sie für einen Augenblick die Ruhe. Obwohl draußen die Massen gerade einen aktuellen Chart-Hit mitgrölten, war es hier drinnen erstaunlich leise.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752121919
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (November)
Schlagworte
Weihnachtsmarkt Weihnachtskrimi Bergstadt Erzgebirge Silberstadt Sachsenkrimi Erzgebirgskrimi Weihnachten Bergakademie Freiberg Krimi Ermittler Thriller Spannung

Autor

  • Marcus Wächtler (Autor:in)

In einer kalten verschneiten Februarnacht 2014 fing Marcus Wächtler an, munter draufloszuschreiben. Seitdem hat er damit nicht mehr aufgehört. Allerdings beschränkt sich Wächtler nicht nur auf ein besonderes Genre oder eine Zielgruppe. Stattdessen schreibt er einfach drauf los, was ihm gerade in den Sinn kommt. Ob Liebesroman, historische Fantasy, Krimi, Thriller, Endzeitroman oder Politthriller - nichts ist vor ihm sicher
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Titel: Erzzauber