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Mondsüchtig: Die Sündenfresserin

von Kitty Harper (Autor:in)
93 Seiten
Reihe: Mondsüchtig, Band 3

Zusammenfassung

Von einem Hexenmeister besiegt, muss die Rachedämonin Tiara Nigra fortan für ihn die Drecksarbeit erledigen und Sünden einsammeln. Er hat ihr Herz geraubt und zwingt sie Nacht für Nacht auf die Straße. Doch als Tiara auf Flinn Riker trifft, entdecken sie, dass sie eine Gemeinsamkeit verbindet: Eldridge von Stein ist ihr größter Feind. Sie beschließen, zusammen gegen den Dieb ihres Herzens vorzugehen und Tiaras Freiheit zurückzugewinnen. Flotte Sprüche, prickelnde Erotik und ein Hexenmeister, der zu allem bereit ist. Bedrohlich, gefährlich und sehr verzweifelt. Mystische Wesen, übersinnliche Fähigkeiten und prickelnde Erotik in einem düsteren Romantasy-Abenteuer. Überarbeitete Neuauflage der 2018 erschienenen Reihe! Band 3 der MONDSÜCHTIG - Reihe! Die MONDSÜCHTIG-Reihe ist eine monatlich erscheinende Reihe in 12 Bänden. Jeder Band ist in sich abgeschlossen, allerdings gibt es einen überspannenden Handlungsbogen. Reihenfolge der Einzelbände: Teil 1: Im Bann der Füchsin Teil 2: Die Nachtwandlerin Teil 3: Die Sündenfresserin Teil 4: Der Sukkubus Teil 5: Die Vollstreckerin Teil 6: Die Schwestern des Todes Teil 7: Die Armee der Finsternis Teil 8 Engelsschwingen

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


 Mondsüchtig

 

Von Kitty Harper

 

 

 Kapitel 1

Der Sog war allgegenwärtig. Ich konnte mich seiner Kraft kaum entziehen. Zitternd stand ich in der Kälte und trat frierend von einem Fuß auf den anderen. Ich zog die kurze Jacke etwas enger um meine Schultern und schielte an dem Mann vor mir vorbei. Gott, die Schlange vor dem 247 schien kein Ende zu nehmen und am liebsten wäre ich auf dem Absatz umgekehrt und hätte mir einen anderen Klub ausgesucht. Aber die Anweisungen waren eindeutig gewesen und ich konnte mich ihnen nicht entziehen. Ich war mit meinem Leben daran gebunden, den Auftrag zu seiner Zufriedenheit auszuführen.

Warum es genau dieser Klub sein musste, hatte er mir nicht gesagt. Seitdem allerdings die Rothaarige mir Zutritt verschafft hatte, gab es keine Ausreden mehr, die ich vorschieben konnte, um nicht hierher zu kommen. Der Klub stieß mich ab. Wann immer ich hier auftauchte, fühlte ich Hass und Verrat. Allerdings war es genau das, was er begehrte. Ich seufzte entzückt, als sich die Schlange endlich bewegte und der Türsteher zügig die Leute hereinließ. Er zählte genauestens ab, wie viele Besucher er hineinlassen konnte. Und wie sollte es auch anders sein, stoppte er genau vor mir.

»Och bitte«, machte ich gequält und öffnete meine Jacke. Die Kälte war mir egal. Wenn meine Titten mir hier Einlass verschafften und ich nicht länger draußen rumstehen musste, würde ich dem Klotz von einem Türsteher gerne tiefere Einblicke gewähren. Aber der Mann war ein Vollprofi. Er grinste mir lüstern in den Ausschnitt und schlug die Tür, die angenehme Wärme verhieß, direkt vor meiner Nase zu.

»Deine Argumente sind wirklich durchschlagend. Doch die Anweisung des Chefs waren deutlich.«

»Hey«, ich hob abwehrend die Hände, »ich habe Zutritt zu diesem Klub auf Lebzeiten. Das hat Rossos versprochen. Du kannst ihn ja gerne persönlich fragen.« Ich stemmte zornig die Hände in die Hüften und funkelte den Türsteher wütend an. Zorn war meine Spezialität. Aber nicht bei diesem Kerl. Ich blickte ihm tief in die Augen und sah nichts als Ehrlichkeit. Der Kerl hatte noch nicht einmal eine Zigarette geklaut, geschweige denn war er fremdgegangen. Was für ein Weichei. Da ließ er hier vor dem Klub die Muskeln spielen, aber zu Hause bekochte ihn seine Mutti. Ich lachte laut und beugte mich etwas vor. Weibliche Reize in allen Ehren. Normalerweise halfen sie, aber nicht bei diesem Kerl.

»Hey, ich bin Tiara Nigra.« Ich tippte auf sein Klemmbrett. Mein Name stand nach einem kleinen Zwischenfall mit einer äußerst netten Rothaarigen ganz oben auf der Liste. Ich kannte nicht einmal ihren Namen, doch sie hatte sich für mich eingesetzt, ohne überhaupt zu wissen, was ich war. Ansonsten hätte sie ihren Einsatz vielleicht überdacht. Ich grinste böse, als der Kerl seine Liste durchging. Trotz der spärlichen Beleuchtung sah ich, wie seine Gesichtszüge entgleisten.

»Hast du deinen Ausweis dabei, um zu beweisen, dass du Tiara Nigra bist?« Ah, ein letzter Versuch, mich doch nicht einzulassen. Ich hatte meine Hausaufgaben gemacht.

»Aber natürlich, Süßer«, säuselte ich und kramte in meiner Handtasche. Lässig streckte ich ihm meinen Ausweis entgegen und er gab seufzend auf.

»Okay, Schätzchen, du kannst rein.« Er klopfte an die Stahltür, woraufhin diese von Innen geöffnet wurde.

»Bitte sehr«, brummte er und vollführte eine Bewegung, die wohl einen eleganten Diener darstellen und die Erlaubnis, dass ich eintreten durfte, verdeutlichen sollte. Da der Kerl aber keinerlei Eleganz besaß, misslang die Bewegung. Ich hätte ihn verspotten können, aber ich wollte das Glück nicht ausreizen. Ich war einfach nur froh, endlich aus der Kälte zu kommen. Als ich an ihm vorbei ging, zwickte er mir in den Hintern. Bebend vor Zorn warf ich ihm einen Blick über die Schulter zu. Meine Augen blitzen auf und der Kerl hob abwehrend die Hände. Ich schickte ihm einen kleinen Fluch, etwas sehr Ausgefeiltes. Mein Lächeln ließ ihn fröstelnd zurückfahren. Er würde eine Woche lang keinen hochbekommen und er würde genau wissen, wem er seine mangelnde Standhaftigkeit zu verdanken hatte. Ich hoffte, dass ihm das eine Lehre war und er nie wieder einer Frau an den Hintern fassen würde.

Zugegeben, diese Sünde war nichts. Sie war schlichtweg ein Ärgernis, aber nichts, weswegen ich ihn verfolgen würde. Sie befleckte seine Seele nicht. Ganz im Gegensatz zu den Sündern, die ich mir hier drinnen suchte. Ihre Verfehlungen wogen so stark, dass die Last auf ihrer Seele mich förmlich anzog.

Ich legte meine Jacke ab und sah mich suchend um. Meine Augen schlossen sich und ich öffnete mein Racheauge. Es war einfach, als Rachedämon die Sünden der Menschen zu finden. Ich konnte ihre Silhouette auf der Innenseite meiner Lider sehen, als hätte ich eine Blende runtergeklappt. Je stärker die Sünde, desto greller leuchtete ihre Aura. Die roten Auren waren besonders interessant. Sünden wie Mord und Vergewaltigung. Aber nach diesen suchte ich heute nicht. Um sie heimzusuchen, würde ich meine Schwestern brauchen. Sünden dieser Art erforderten drei von uns, um die Sünder in den Wahnsinn zu treiben.

Nein, heute Nacht suchte ich andere Sünden. Die, die am einfachsten zu bekommen waren, verdankte ich einzig der Wollust. Sie würden das Gefäß schnell füllen, da sie im 247, dem Sündenpfuhl New Yorks, am stärksten vertreten waren. Die Auren der Sünder leuchteten grün. In den Augen der Menschen war grün vielleicht eine positive Farbe, aber nicht so auf meiner Netzhaut. Ein zufriedenes Lächeln stahl sich auf meine Lippen, als ich einen besonders grünen Sünder gefunden hatte. Gelb mischte sich noch in seine Aura. Gelb stand für Neid.

Ich öffnete die Augen und freute mich, dass mein Opfer wenigstens einigermaßen ansehnlich war. Meine Pflicht war so schon eine Last, aber damit konnte ich leben. Ich streifte den Träger meines Tops so von der Schulter, dass es aussah, als wäre er zufällig verrutscht. Dann griff ich mir in die Haare und durchwühlte die sorgfältig zurechtgelegten Strähnen. Für mein Vorhaben musste ich ein wenig zerrupft aussehen. Lässig fuhr ich mir mit dem Handrücken über den Mund und verschmierte den sorgfältig aufgetragenen Lippenstift. Der Rock saß auch viel zu ordentlich. Ich zog ihn am Bündchen nach oben, sodass er gerade noch meinen Po bedeckte. Als ich meine Vorbereitungen abgeschlossen hatte, prüfte ich, ob der Sünder noch an Ort und Stelle saß. Er unterhielt sich mit einer anderen Frau. Oh, das würde sich gleich ändern.

Statt energisch auf ihn zuzulaufen, wankte ich, so als hätte ich den ganzen Abend nichts anderes getan, als mich sinnlos zu betrinken. Ich wollte wie das perfekte Opfer für eine Nacht aussehen, als leicht abzuschleppen und schnell zu vögeln. Ich stolperte unsicher auf ihn zu und stürzte ihm in die Arme.

»Huch«, machte er und ich schlug ihm zielsicher das Bier aus der Hand. Er registrierte nicht einmal, dass sein Getränk sich über die Theke ergoss. Seine Hände griffen beherzt unter meine Achseln und streiften dabei wie zufällig meine Brüste. Ich lächelte in mich hinein. Der Fisch hatte angebissen.

 

***

 

»Was macht denn ein Mädchen wie du alleine in so einem Etablissement?« Das war wohl die abgedroschenste Anmache, die mir je untergekommen war. Und ich kannte viele. Ich hatte so viele Kerle aufgerissen, dass ich ein Buch darüber schreiben könnte – und natürlich konnte ich mit einer Menge Feldforschung meine Theorien untermauern. Diese Anmache führte eigentlich immer dazu, dass die begehrte Dame das Weite suchte, es sei denn, sie hatte ein gesteigertes Interesse an dem Mann – so wie ich.

»Och«, murmelte ich und stütze meinen vermeintlich vom Alkohol schweren Kopf auf die Hände. »Ich bin doch gar nicht alleine«, lallte ich und drehte suchend den Kopf Richtung tanzender Menge. Natürlich war ich alleine, aber die Männer fühlten sich sicherer, wenn sie glaubten, dass ich es nicht war. Nichts war schlimmer, als eine Frau, die einen Kerl angrub. Er sollte zumindest glauben, dass er sie abschleppte. Und ich wollte, dass er es glaubte. Er sollte sich gut fühlen – so lange, bis ich zuschlug. Seine Hand legte sich hastig an meinen Rücken, als ich theatralisch Richtung Menge kippte, um meinen Alkoholspiegel für ihn sichtbar zu machen. Spätestens jetzt würden meine Alarmglocken läuten, wenn ich eine vernünftige Frau gewesen wäre. Aber so grinste ich zufrieden in mich hinein. Der Kerl war so geil, dass ich es förmlich riechen konnte.

Seine Hand rutschte tiefer und er schob die Fingerspitzen in meinen Rock. Ich kicherte künstlich. »So was tut man aber nicht«, säuselte ich, beugte mich vor und streckte ihm drohend den Zeigefinger ins Gesicht. Dabei gab ich mir besonders große Mühe, ihn um mindestens zehn Zentimeter zu verfehlen. Er fing meine Hand mühelos auf und küsste meine Fingerknöchel. Dabei sah er mir tief in die Augen.

»Oh, ich glaube, du bist ein wenig angetrunken. Kann das sein?« Er versuchte sich an einem verführerischen Ton. Ich musste mich ziemlich zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. Stattdessen schnurrte ich und gab dem leichten Druck seiner Hand nach, mit der er mich an sich zog. Er nahm die Hand wieder aus meinem Rock und packte meine Pobacke. Zielsicher schob er seine Finger von hinten zwischen meine Beine und streichelte mich plump. Ich gab ein laszives Stöhnen von mir, ließ mich auf ihn zufallen und hob einen Schenkel um seine Hüften.

»Ich habe absolut nichts getrunken«, lallte ich und bog mich ihm noch ein wenig entgegen. Er lachte leise und fuhr mir mit dem Daumen übers Kinn. Seine Mundwinkel zuckten, als ich noch ein lautes Stöhnen von mir gab.

»Dann ist ja gut«, murmelte er. »Möchtest du mit mir allein sein?«

Oh ja, genau das wollte ich. Ich streckte mich und bot ihm einen Blick auf meine kleinen Brüste. Er sprang so schnell an, dass ich fast erschrocken aufgequiekt hätte, als er seine Nase in meinen Ausschnitt steckte und ein tiefes Grunzen von sich gab. Der ging aber ran! Ich überspielte meinen Schrecken mit einem Kichern und legte ihm die Arme auf die Schultern.

»Ja, komm, lass uns gehen«, säuselte ich. Ich war so stolz auf mich, dass ich heute Abend ein leichtes Opfer gefunden hatte, dass ich aufpassen musste, ihn mit meinem entschlossenen Vorgehen nicht zu verscheuchen. »Aber ich muss dich warnen, ich kann ganz schön laut sein.«

Der Kerl hob seine Nase aus meinem Ausschnitt und grinste mich dümmlich an. Sein Blick wirkte verschleiert und die Härte, die gegen meinen Bauch drückte, zeigte unmissverständlich, dass er bereits nicht mehr klar denken konnte. Manchmal, wenn sie sich sträubten, konnte ich noch mit ein paar Tricks aufwarten, aber der Kerl war so bereit für mich, dass Pheromone nicht nötig waren.

»Komm«, brummte er, ließ mich kurz los und schob mich mit dem Bauch voran gegen den Tresen. Er stellte sich hinter mich und presste mir seine Härte zwischen die Pobacken. Ich griff zielsicher an seine Hose und massierte ihn ein wenig. Der Kerl stöhnte und fingerte in seiner Hosentasche nach einem Geldschein.

»Hör auf, sonst fick ich dich gleich hier«, knurrte er, warf das Geld ohne zu zählen auf den Tresen und stieß einmal kräftig an meinen Hintern. Ich lachte leise. Er hatte einen Fünfzig-Dollar-Schein auf den Tresen geknallt. Das würde Rossos freuen. Auch wenn ich den Inhaber des 247 nicht leiden konnte, gönnte ich ihm das Geld. Der Kerl würde sowieso keine Verwendung mehr dafür haben, wenn ich mit ihm fertig war.

Ich griff nach seinem Bier und stürzte den Rest hastig hinunter. Danach hatte ich immer so schrecklichen Durst, besser, wenn ich vorsorgte.

 

***

 

Der Kerl hatte es sehr eilig und zog mich mit schnellen Schritten aus der Bar. Die Menge behinderte unser Vorankommen und er knurrte jeden an, der es wagte, ihm den Weg zu versperren. Ich grinste in mich hinein. Das war ja fast schon zu einfach. Die Aura hatte nicht gelogen. Die Wollust war unverkennbar seine Todsünde. Vermutlich beherbergte seine Seele noch eine gehörige Portion Zorn, die würde ich ihm gleich mit austreiben.

Bis wir den Ausgang erreichten, hatte er bestimmt zwanzig Leute zur Schnecke gemacht und er war drauf und dran, den Türsteher anzuschreien. Der Kerl an der Stahltür erkannte mich und schüttelte nur den Kopf. Ich wusste, was Rossos‘ Mitarbeiter über mich dachten, aber es war mir herzlich egal. Besser so, als das sie die Wahrheit erfuhren.

»Das ging aber schnell«, brummte der Türsteher mir zu. »Ich kann absolut nicht verstehen, warum Rossos dich reinlässt.«

Ich warf dem Kerl eine Kusshand zu. »Wirst du auch nicht, Süßer.« Mir lagen noch ein Dutzend spitzer Bemerkungen auf der Zunge, die ich dem Türsteher an den Kopf werfen wollte, aber dazu hätte ich meinen Auftrag vernachlässigen müssen und das wollte ich auf gar keinen Fall riskieren. Die Nacht war noch jung und wenn ich mich beeilte, könnte ich vielleicht noch ein wenig Schlaf bekommen … oder meinen Hunger an einem weiteren Sünder stillen. Sozusagen ein Bonus, ohne das er es mitbekam.

Der Kerl war so auf einen Fick aus, dass er die Worte des Türstehers nicht gehört hatte. Mein Glück, manchmal besannen sie sich noch in letzter Minute und dann musste ich von vorne anfangen. Dieser Sünder nicht. Stattdessen zog er mich um die Ecke in eine Seitenstraße und sah sich hastig nach anderen Klubbesuchern um, die die gleiche Idee wie er hatten. Ein kurzer Fick in der Seitenstraße. Doch zu seinem Glück – oder zu meinem? – war die Gasse vollkommen leer.

»Perfekt«, brummte er und zog mich an sich. »Du hast doch nichts dagegen, oder?« Ich blinzelte verwirrt, als er seine schweren Hände auf meine Schultern drückte und mich auf die Knie zwang. Na toll! So einer war das. Sich erst einen blasen lassen und dann …

Hastig fingerte er an seinem Hosenknopf herum. Auf einen Blowjob hatte ich nun wirklich keine Lust. Im Prinzip war es egal, wie ich ihn herum bekam. Hauptsache er kam, damit seine Seele offen lag und er sich nicht wehrte. Ich starrte irritiert auf seinen Hosenstall und nahm die Sache dann schließlich selbst in die Hand. Der Kerl war so auf eine schnelle Nummer aus, dass er keine Kontrolle mehr über seine Finger hatte.

»Ah«, machte er, als ich ihn aus der Enge seiner Hose befreite. »Und jetzt sei ein braves Mädchen und mach schön deinen Mund auf. Dann fick ich dich ordentlich durch.« Ich rollte mit den Augen. Wie wollte er mich dann noch vögeln, wenn er bereits so geil war, dass die Berührung meiner Hand ausreichte, um ihn unkontrolliert zucken zu lassen?

Für mein Vorhaben war es eigentlich egal, nur machten mich Blowjobs immer so an, dass ich gerne ein wenig mehr bekommen hätte. Ich legte die Hand um ihn und fuhr langsam an ihm entlang, dann beugte ich mich vor und leckte über ihn. Dabei sah ich ihn von unten herauf mit meinen großen, dunklen Augen an. Die Kerle mochten das. Er griff in mein Haar und stöhnte.

»Mund auf«, keuchte er und ich öffnete gehorsam die Lippen, als er in mich stoßen wollte. Er war viel zu stürmisch und ich musste mich ziemlich beherrschen, um nicht zu würgen. Rücksichtsvoll war er nicht gerade und ich konnte mich ihm nicht entziehen, da er meinen Kopf festhielt und mehrmals in meinen Rachen stieß. Ich krallte meine Finger in seine Oberschenkel und konzentrierte mich darauf, nicht zu würgen. Das war so ekelhaft. Ich weidete mich daran, dass der Kerl seine gerechte Strafe heute Nacht bekommen würde – von mir.

Tränen standen mir in den Augen, als er schließlich von mir abließ und mich auf die Beine zog. Er presste mich mit dem Bauch an die kalte Mauer und fingerte bereits an meinem Rock herum. So nicht! Ich brauchte ihn von vorne, damit es funktionierte und ich glaubte nicht, dass er einen Positionswechsel noch verkraften würde, wenn er mich erst einmal fickte.

Energisch drehte ich mich um und lächelte ihn zuckersüß an. Ich streckte ihm demonstrativ meine Brüste entgegen, öffnete meinen Rock und ließ ihn mit wackelnden Hüften zu Boden rutschen. Der Kerl trat ein paar Schritte zurück und begaffte mich, während er es sich selbst machte.

»Oh Gott, das ist so heiß«, brummte er schwer atmend und verschlang mich mit den Augen. Sein Blick glitt an mir herab, während ich meine Stumpfhose zerriss und ihn herausfordernd anblickte. Er keuchte überrascht auf, schnappte nach Luft und stürzte sich auf mich. Hastig griff er in meine Kniekehle, hob mein Bein an und fingerte mit seinem Schwanz hilflos an meinem Eingang rum. Ich verdrehte die Augen und half ihm. Er atmete erleichtert auf, als er mit meiner Führung endlich in mir war und ein paar Mal kräftig in mich stieß. Mein Kopf knallte unsanft an die Mauer und ich sah für einen Moment Sterne. Ich fluchte innerlich. Deshalb hasste ich Ficks im Freien. Man musste im Stehen rummachen und das war niemals bequem. Es sei denn, er durfte von hinten. Aber das ging ja nicht. Ich biss die Zähne zusammen und ignorierte den Schmerz in meinem Hinterkopf. Seine Stöße halfen ein bisschen. Seufzend schloss ich die Augen und genoss das animalische Spiel. Er versuchte verzweifelt, fester zuzustoßen, aber der Untergrund war rutschig und seine Schuhe fanden keinen richtigen Halt. Genervt schlang ich die Arme um seinen Hals und half ihm, indem ich ihm mit der Hüfte bei jedem Stoß entgegenkam. Er war wirklich ein absolutes Arschloch! Als er gerade anfing, die richtige Stelle in mir zu treffen, grunzte er, zuckte ein letztes Mal und kam stöhnend.

Na toll! Das war ja wieder einmal hervorragend gelaufen. Unbefriedigt und sehr wütend vergrub ich die Finger in seinem Haar, hob seinen Kopf an und starrte hasserfüllt in sein entspanntes Gesicht. Er lächelte selig und fast tat es mir sogar ein wenig leid, aber was getan werden musste, musste getan werden. Ich hatte zu zahlen und meine Schuld wurde nur durch die Sünden anderer beglichen.

Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf seine grüne Aura, die auf der Innenseite meiner Lider erstrahlte. Seine Entspannung sorgte dafür, dass er angreifbar war und ich die Bestandteile seiner Seele mühelos zerlegen konnte. Ich atmete tief ein und blies ihm meinen Racheatem ins Gesicht. Wenn ich erneut einatmete, würden seine Sünden folgen.

Ein Ruck ging durch mein Opfer und ich lächelte. Normalerweise würde ich mein dämonisches Ich mit einem markerschütternden Schrei herbeirufen, ihm seine Sünden rauben und dann in den Wahnsinn treiben. Aber die letzten Monate waren alles andere als leicht gewesen. Ich war zur Marionette geworden und arbeitete für jemand Anderen. Anstatt mich selbst zu nähren, hungerte ich.

Er steckte noch immer in mir, ich hatte die Beine um seine Hüften geschlungen und meine Arme ruhten auf seinen Schultern, als ich langsam einatmete und seine Sünden inhalierte. Zügig verstärkte ich den Griff und öffnete den Mund zu einem tonlosen Schrei. Würde ich laut schreien, würde ich damit die Sünde verzehren. Nein, auf den Wahnsinn, den ich mit diesem Schrei in seine Seele pflanzte, musste ich verzichten. Ich atmete die erste Sünde ein. Die Schicht strahlendes Grün löste sich von seinem Körper und zum Vorschein kam seine zweite Sünde: Zorn, blutrot und doch fast genauso strahlend wie die Wollust. Auch diese Sünde würde ich von ihm nehmen. Ich würde so viel nehmen, wie es ging, und hoffen, dass mir ein winziger Rest als Nahrung erhalten bleiben würde. Als ich den Kopf senkte, starrte mich der Kerl mit vor Entsetzen geweiteten Augen an. Sein gequälter Gesichtsausdruck ließ mich lächeln.

»Na? Spürst du die Qualen deiner Opfer? All den Frauen, die du nachts in eine dunkle Straßenecke gezogen und vergewaltigt hast? All die Schläge, die du im Zorn ausgeteilt hast und all die Sünden? Jede einzelne?« Eigentlich sollte er mir dankbar sein. Nach heute Abend wird er keine Einzige mehr anfassen. Ich lachte schallend, als er den Rachedämon in mir erkannte. Mein Gesicht war zu einer Fratze verzerrt. Ich sah es in dem Spiegel, der mir gegenüber auf der anderen Seite der Gasse an einer Hauswand angebracht war. Ein Autospiegel, der beim Ausfahren aus der Gasse behilflich sein sollte. Mein Abbild war verzerrt, dennoch erkannte ich mich. Weißes Haar, hohle eingefallene Wangen, leere Augenhöhlen, die nur darauf brannten, mit seinen Sünden gefüllt zu werden. Mein hübscher schwarzer Rock und das kurze Top waren einem langen, zerfetzten Kittel gewichen und meine schlanken Beine glichen brüchigen Knochen. Das war ich: Ein Rachedämon, eine Erinnye, ein Wesen, das gekommen war, um die Sünden dieses Mannes mitzunehmen.

 

 Kapitel 2

Nur zu dumm, dass von dem Kerl nicht mehr allzu viel übrig bleiben würde. Je größer die Sünde, desto größer der Teil der Seele, den ich von dem Sünder fortnahm. Er hatte vor meinem Racheauge gestrahlt wie ein Leuchtfeuer, demnach würde er kaum noch etwas von seiner Seele zurückbehalten.

Ich vergoss eine halbe Träne für ihn, dachte an all die Frauen, die er wie den letzten Dreck behandelt hatte und stieß ihn von mir. Sein Glied war längst erschlafft und ich spürte ihn kaum noch. Leblos glitt er zu Boden, wie eine leere Hülle. Sein Gehirn war nur noch eine tote Masse und würde seine Körperfunktionen noch ein paar Stunden aufrechterhalten.

Wenn er Glück hatte, fand ihn hier niemand und er starb eines friedlichen Todes. Wenn nicht … Mich interessierte es nie. Warum auch? Mein Job war es, die Sünde aus dieser Welt zu nehmen und sie dadurch ein Stückchen besser zu machen. Er hatte seine Chance gehabt. Wäre meine Arbeit halbwegs normal verlaufen, würde er jetzt dem Wahnsinn verfallen. Diejenigen, die einmal in das Racheauge geblickt und meine Stimme vernommen hatten, würden nie wieder normal sein. Das, was ich nahm, wurde durch Wahnsinn ersetzt. Je mehr ich nahm, desto größer der Wahnsinn. Aber ich war seit ein paar Monaten nicht mehr vollständig und konnte meine Arbeit nur unzureichend verrichten.

Da ich seine Sünde nicht verzehren konnte, konnte er nicht wahnsinnig werden. So blieb nur eine leere Hülle zurück. Vielleicht war das ja sein Glück.

Ich hob meinen Rock hoch, schloss ihn und richtete mein Top. Lässig fuhr ich mir durchs Haar und stieg über seinen Körper hinweg. Der Klang meiner Absätze auf dem nasskalten Asphalt jagte mir Schauer über den Rücken. Die Kaltblütigkeit fiel mir von Tag zu Tag schwerer. Aber es musste sein.

Meine Schritte trugen mich zum Eingang des Klubs, wo der Türsteher wartete. Ich schlich mich von hinten an ihn heran und strich zärtlich über seine Schulter. Dabei schloss ich meine Augen und tilgte die Erinnerung an den Kerl und mich aus seinem Gedächtnis. Das war das einzige Problem bei meinem Job. In Rossos‘ Klub fand ich die besten Sünder und mein Auftraggeber bestand darauf, dass ich das 247 nutzte, aber dort kannte man mein Gesicht und wenn sich der Türsteher an mich erinnerte, hatte ich ein Problem.

 

***

 

Meine Schritte trugen mich durch die Straßen New Yorks nach Midtown Manhattan. Dort würde ich einen Teil meiner Schuld begleichen. Ich hätte noch genug Kapazitäten für einen weiteren Sünder gehabt, aber ich arbeitete selten zweimal in einer Nacht am gleichen Ort. Das Risiko, entdeckt zu werden, war einfach zu groß. Stattdessen übte ich mich in Geduld. Die Schuld abzutragen, würde zwar länger dauern, aber so würden meine Schwestern nichts erfahren.

Vor dem Wandelnden Dritten blieb ich stehen und ließ meinen Blick zu dem Auge schweifen, das über dem Türsturz angebracht war und mich aufmerksam musterte. Ich trat zur Seite und beobachtete fasziniert, wie mich die Pupille verfolgte. Unglaublich.

Ich atmete tief durch und trat ein in das Reich von Eldridge von Stein.

Das leise Klingeln eines Glöckchens kündigte mein Eintreten an. Man sollte meinen, dass der Esoterik-Laden zu so später Stunde geschlossen hatte, aber von Stein hielt sich überhaupt nicht an irgendwelche Öffnungszeiten – so wie ganz Amerika eigentlich nicht. Schließzeiten? Nicht für uns. Eldridge von Stein war nicht im vorderen Bereich des Ladens, also ging ich zielstrebig nach hinten. Dort musste ich sowieso hin, um meinen Ballast loszuwerden. Ich spürte die Sünde als schwere Last auf meinen Schultern. Normalerweise würde ich sie als Erinnye verzehren. Die Sünden anderer ließen mich stärker werden, meine Fähigkeiten wachsen. Je mehr Sünden ich verzehrte, desto größere konnte ich aufnehmen. Mit der Zeit würde ich so die Sünden der ganzen Welt verkraften. So die Theorie.

Eldridge von Stein hingegen hatte diesen Kreislauf durchbrochen und machte aus mir einen Handlanger, einen Sammler, ein unwürdiges Wesen. Ich kam mir vor wie eine Marionette. Verdammt, ich war seine Marionette.

Ich ging am Ladentisch vorbei in den hinteren Bereich des Geschäfts. Dort befand sich sein Laborbereich und dort bewahrte er das Gefäß auf. Ich wusste nicht genau, wo, aber wenn sich mir die Chance bot, das Gefäß zu stehlen, würde ich es unverzüglich tun. Nervös ließ ich meinem Blick durch den riesigen Raum schweifen. Eine imposante Ledercouch beherrschte den Raum. Zu meiner Rechten befand sich auf einer dreistufigen Erhöhung ein hölzerner Labortisch, Regale mit Fläschchen und Gläsern kleideten die Nische aus. Ich ging zum Labortisch und ließ meine Finger über das Holz gleiten. Interessiert neigte ich den Kopf und musterte die Einkerbungen und Löcher. Was für ein seltsamer Tisch. Es sah fast so aus, als würde man einen Menschen darauf legen können.

Meine Finger streiften ein Loch in der Platte. Neugierig ließ ich mich zu Boden gleiten und sah unter den Tisch. Tatsächlich. Lederriemen. Ein süßlicher Geruch stieg mir in die Nase … Mir stockte der Atem und ich sprang hastig auf die Füße. Nein, dieser Tisch war etwas ganz und gar Grausames und ich wollte nicht wissen, wozu ihn der Hexenmeister verwendete, noch wollte ich einen einzigen Gedanken an die Ergründung dieses Geheimnisses verschwenden. Hastig stieg ich die Stufen hinunter und wandte mich der Ledercouch zu.

Dabei fiel mein Blick auf einen Lichtstreifen, der aus einer Nische in der Wand kam.

Irritiert runzelte ich die Stirn und trat näher. Eine Geheimtür, perfekt verborgen in der Mauer. Ich legte meine Hand auf die Tür und schob sie vorsichtig auf. Mein Puls raste, als ich Geräusche vernahm. Eindeutige Geräusche. Stöhnen und Keuchen und … zitternd schloss ich die Augen und floh zurück in den Eingangsbereich. Ich war weder prüde noch schüchtern und bei jedem anderen hätte ich vielleicht sogar den Mut gehabt, die Orgie zu sprengen, aber nicht bei Eldridge von Stein. Der Hexenmeister hatte mich – MICH! – besiegt und in den Dienst gezwungen und ich hatte keine Lust auf eine Wiederholung dieser demütigenden Erfahrung. Aber wenn ich schon einmal hier war, könnte ich vielleicht auch nach dem Gefäß suchen …

»Ms. Nigra!«

Hastig fuhr ich herum und blickte in das zufriedene Gesicht des Hexenmeisters. Eldridge grinste breit und genoss meinen schockierten Blick, als er in aller Ruhe die Hose schloss. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht und ein Hemd übergestreift, sodass ich seine Tätowierungen und Narben eingehend bewundern konnte. Ich hätte es vielleicht sogar getan, aber meine Angst lähmte meine Augen und so starrte ich ihn nur sprachlos an, darauf bedacht, meinen Blick nicht über seinen Körper schweifen zu lassen.

»Hexenmeister«, keuchte ich und trat einen Schritt zurück. Eldridge verzog das Gesicht und kam auf mich zu. Ich konnte in seinen Augen erkennen, dass er wusste, dass ich einen Blick in seinen … Kellergang geworfen hatte, dass ich gehört hatte, was da unten vor sich gegangen war … Und er genoss es. Er genoss das Wissen. Die Lehne der Couch in meinem Rücken bremste meinen Rückzug und ich konnte dem Hexenmeister nicht mehr ausweichen.

Eldridge biss sich auf die Unterlippe und kam näher. Er ließ seinen Blick hungrig über meinen Körper gleiten und trat noch einen Schritt auf mich zu, sodass ich zwischen der Couch und ihm gefangen war. Ich konnte seinen Schweiß riechen und sein heißer Atem streifte meine Wange.

»Hast du etwas für mich?«, knurrte er dicht an meinen Lippen und fuhr mit seinem Finger die Kontur meines Kinns nach. Zärtlich hob er es an und starrte in meinen Ausschnitt. Seine Hand legte sich um meine Kehle und er drückte langsam zu. Ich keuchte auf, unfähig, ihm eine Antwort zu geben. Seine andere Hand fuhr mir zwischen die Beine und schob sich in mich. Ich keuchte auf, aber sein unbarmherziger Griff hielt mich an Ort und Stelle. »Mh«, murmelte er dicht an meinem Ohr. »Du bist ja noch ganz feucht von deinem Opfer.«

Meine Knie zitterten und ich konnte das Stöhnen, das meiner Kehle trotz des zur Neige gehenden Sauerstoffs entwich, nicht unterdrücken. Ich wollte mich von ihm nicht so vorführen lassen, ich sollte ihm die Sünden aussaugen, ihn als seelenlose Hülle zurücklassen. Aber keine Erinnye wagte sich an einen Hexenmeister seines Kalibers. Sein Finger umkreisten meine empfindlichste Stelle und dann ließ er mich abrupt los und stieß mich rücklings auf die Couch. Paralysiert und für seine Blicke völlig entblößt blieb ich auf der Couch liegen, während er sich den Finger in den Mund steckte.

»Leicht salzig. Ist er gekommen?«

Ich nickte und richtete mich langsam auf.

»Dann geh seine Sünde abladen.« Sein Blick streifte mich zwischen den Schenkeln. »Ich würde dich zu gerne nehmen. Der Geschmack deines Opfers klebt noch an dir und es ist eine wahre Freude, die Säfte der Todgeweihten zu genießen. Aber …« Eldridge lächelte entrückt und ließ seinen Blick zur Geheimtür schweifen. »… ich habe bereits ausgiebig gevögelt und bin erschöpft.«

Hastig richtete ich mich auf und zog meinen Rock herunter. Ich hatte sein Stöhnen vernommen, aber ich würde ihn nicht drauf hinweisen. »Wo ist das Glas?«

Eldridge ging zu einem Regal vor der Ledercouch und zog ein Buch heraus. Daraufhin öffnete sich eine Nische im Regal und gab ein riesiges Einmachglas preis. Leuchtende Farben wirbelten im Inneren des Glases hin und her und spiegelten sich in den glänzenden Augen des Hexenmeisters wider. Er nahm das Glas aus der Nische und stellte es vor mich auf den kleinen Tisch vor der Couch. Ich ließ mich auf die Couch sinken, nahm einen Schlauch, der an der Seite des Glases angebracht war und führte ihn in meinen Mund ein.

Ich besaß kaum noch Kraft. Eldridge verlangte von mir, das Ritual jeden Tag durchzuführen. Jeden Tag hatte ich einen Sünder aufzusuchen, so lange, bis das Glas voll war und konnte mich nicht an dessen Sünden nähren. Er wollte mich schwach halten, damit ich ihm nicht gefährlich werden konnte. Ich war so hungrig. Vielleicht könnte ich ein wenig zurückbehalten. Nur so viel, dass ich bei Kräften blieb.

Tränen traten mir in die Augenwinkel, als ich mich darauf konzentrierte, die Sünden des armen Teufels – der ja eigentlich gar kein Unschuldiger war – in das Glas abzugeben. Es schwächte mich, es zehrte an meiner Selbstbeherrschung und es war eine herabwürdigende Prozedur.

Ich würgte und zwang die Wollust aus mir heraus. Es dauerte ein paar Augenblicke, aber schließlich floss der grüne Nebel in das Glas.

»Oh bitte, Magaira, schon wieder Wollust? Hast du nichts Besseres gefunden?«, maulte der Hexenmeister und deutete auf das fast ausschließlich von grünem Nebel gefüllte Glas.

Manchmal fand ich auch Zorn und Wut und Eifersucht, aber Wollust überwog in New York eindeutig … Und sie war mir die liebste Sünde, weil sie so einfach zu bekommen war.

Ich zuckte mit den Schultern und wollte den Schlauch aus meinem Hals ziehen, doch der Hexenmeister griff in mein Haar und drückte mir den Schlauch noch tiefer in den Rachen. »Wage es ja nicht, auch nur einen Tropfen für dich zu behalten!« Ich würgte und schlug um mich, doch Eldridge kannte kein Erbarmen. »Dir steht nichts zu, so lange bis du deine Schuld beglichen hast. Also gib mir alles, was du dem Sünder genommen hast. Gib mir seine Seele, sonst zerstöre ich dein Herz!«

Mit vor Angst geweiteten Augen starrte ich ihn an und schlug panisch um mich. Das würde er nicht wagen! Dann würde er keine weiteren Sünden für seine Sammlung bekommen! Wut überlagerte meine Angst und ich starrte ihn trotzig an. Eldridge war nicht dumm. Er erkannte sofort, was in mir vorging. »Wag es ja nicht, Dämon! Wenn du nicht mehr willig bist, töte ich dich und wende mich dann an deine Schwestern!«

Er hatte mich! Meine Schwestern bedeuteten mir alles und ich würde lieber mich selbst aufgeben, als meine Schwestern zu opfern. Der Schlauch steckte tief in meinem Hals und ich prustete und würgte, doch er ließ nicht locker. »Wirst du jetzt eine brave Erinnye sein und deinem Meister alles geben, was du heute Abend eingesammelt hast?« Tränen traten mir in die Augen, vor Schmerz, vor Scham und auch vor Angst. Nein, meine Schwestern sollte der Hexenmeister nicht bekommen. Lieber würde ich bis an mein Lebensende seine Gläser füllen. Mein Blick verschwamm und ich nickte. Stumm liefen die Tränen über meine Wangen und ich würgte den Rest der Wollust in das Glas.

Eldridge lächelte und tätschelte mir den Kopf. »Braver Dämon.« Er ließ mein Haar los und zog den Schlauch aus meinem Hals.

»Und nun geh! Heute Abend ist noch Zeit für einen weiteren Sünder.« Eldridge erhob sich und wandte sich der Geheimtür zu. »Ich habe noch etwas zu erledigen. Aber ich werde dich erwarten, Magaira.«

Dieser ekelhafte Bastard! Ich hasste ihn und würde ihn bei der ersten sich bietenden Gelegenheit hintergehen. Nun ja, ich schielte Richtung Labor, wo in einem unscheinbaren, staubigem Glas mein Herz pulsierte. Hastig griff ich mir an die Brust und schniefte. Wenn ich mein Herz zurückhatte.

»Mein Name ist nicht mehr Magaira!« Trotzig schob ich das Kinn vor und schoss giftige Blicke auf seinen mit Narben und Tätowierungen verzierten Rücken. Er war bereits bei der Tür angekommen. Lachend wandte er sich um.

»Es ist mir vollkommen egal, wie du dich nennst, Hauptsache du erfüllst unsere Vereinbarung. Denk daran, Tiara Nigra, bis das Glas voll ist. Bis es voll ist.«

 Kapitel 3

Tränen liefen mir über die Wangen. Ich schniefte laut auf, doch ich würde nicht heulen wie ein verängstigtes Kind. Ich war ein Dämon, um genau zu sein, ein Rachedämon. Ich war ein unsterbliches Wesen, eine mächtige Erinnye. Wer mich in meiner wahren Gestalt erblickte, verfiel dem Wahnsinn. Hexenmeister hin oder her, ich würde ihm entkommen. Trotzig straffte ich die Schultern und stöckelte die Straße hinunter. Ich war ein wenig wackelig auf den Beinen und fühlte mich schwach, aber irgendwie würde es gehen. Das Glas war fast voll. Wenn ich jetzt noch einmal so eine mächtige Sünde fand, könnte meine Schuld tatsächlich heute Nacht abgegolten sein.

Allein der Gedanke daran beflügelte mich. Er machte mich unvorsichtig und trieb mich zurück ins 247. Obwohl ich niemals einen Ort zweimal pro Nacht aufsuchte, würde ich es heute wagen. Der Hexenmeister wusste, warum er mich ins 247 schickte. Bei Rossos‘ gab es die besten Sünden. Hier versammelte sich die Creme de la Creme der Sünder New Yorks. Auf irgendeine, mir noch nicht bekannte Weise, zog das 247 die größten Sünden an und das würde meine Chancen erheblich steigern. Hier würde ich meine Karte in die Freiheit finden. Frei von der Dominanz des Hexenmeisters.

Beflügelt drängte ich mich an der nicht enden wollenden Schlange wartender Klubbesucher vorbei und spielte ein letztes Mal – so hoffte ich – meine Freikarte aus, die mir die kleine Rothaarige vor ein paar Tagen so uneigennützig verschafft hatte. Der Türsteher erkannte mich und rollte mit den Augen. Vorhin hatte ich es ein wenig zu gut gemeint und ihm die komplette Erinnerung an meinen ersten Besuch genommen. Das zahlte sich nun aus. Er musterte mich mit dem gleichen Blick und ließ mich durch, ohne mir diesmal an den Hintern zu gehen. Ich lachte. Vielleicht hatte ich ja doch nicht alles entfernt und er erinnerte sich noch an meine kleine Revanche. Gut so, es würde ihn zu einem besseren Menschen machen.

Ich schloss die Augen und konzentrierte mein Racheauge auf die tanzende Menge. Langsam lösten sich die ersten farbigen Schemen aus der Masse und ich sah mich suchend um. Nein, die wenigen Farbspritzer waren zwar ganz nett, aber nicht das, wonach ich suchte. Ich drehte mich im Kreis und fuhr erschrocken zurück. Blendende Helligkeit ließ mich hastig die Augen öffnen. Statt der tanzenden Menge sah ich nur noch farbige Lichtpunkte vor meinen Pupillen auf und ab hüpfen. Was immer das gewesen war, es war eine unglaublich starke Sünde. So etwas fand ein Rachedämon nur einmal im Leben. Okay, in seinem unsterblichen Leben. Ich hatte so eine Sünde noch nie gesehen. Bevor ich versuchte, herauszufinden, wer da wie ein Leuchtfeuer meine Sehfähigkeit ausgeschaltet hatte, musste ich mich davon überzeugen, dass nicht irgendein technisches Gerät der Menschen mein Racheauge verwirrt hatte.

Ich atmete tief durch und schloss erneut die Augen. Vorsichtig sah ich durch mein Racheauge und fuhr erneut vor der blendenden Helligkeit zurück. Verdammt! So würde ich auf gar keinen Fall herausfinden, wer dieser überaus starke Sünder war. Ich holte noch einmal tief Luft und schloss die Augen. Es musste doch möglich sein, nur mit halber Intensität zu sehen. Zaghaft sah ich durch mein Racheauge, blinzelte dabei aber durch meine halb geschlossenen Lider. Die Helligkeit blendete mich erneut, aber es war auszuhalten und ich konnte mich langsam vorwärts tasten. So war ich zwar fast blind, aber ich erkannte wenigstens, in welcher Richtung sich der Sünder befand.

Er oder sie stand an der Bar, ein riesiger weißer Fleck, der so hell strahlte, dass kaum auszumachen war, von wem die Helligkeit kam. Ich blinzelte durch meine Wimpern und fuhr erschrocken zurück. In Anbetracht der Stärke seiner Aura hatte ich einen alten, fetten Mann erwartet, so jemanden, der kleine Mädchen von Menschenhändlern kaufte und sie in dunklen Hinterzimmern vergewaltigte. Stattdessen blitzte mich eine ebenmäßige Zahnreihe an, strohblonde Haare standen in wilden Stoppeln von seinem Kopf ab und er grinste mich über den Rand eines Bierglases hinweg an.

»Na, du Schöne?« Er ließ das Glas sinken und betrachtete mich zufrieden von oben bis unten. »Darf ich dir einen ausgeben?« Seine Augen funkelten verführerisch. Ich konnte mich nicht gegen seinen Charme wehren. Sein Lächeln war so ansteckend, dass meine Mundwinkel sich dazu genötigt fühlten, seine Geste zu erwidern. Nein, das konnte nicht sein. Dieser hübsche, junge Kerl konnte unmöglich ein solcher Sünder sein. Ich schloss hastig die Lider und warf mein Racheauge auf ihn. Die Helligkeit blendete mich so stark, dass ich schwankend zurückgeworfen wurde und fahrig nach der Theke griff. Ich verlor den Halt und fand mich ein paar Augenblicke später in den Armen des Sünders wieder.

Er musterte mich sorgenvoll und strich mir eine dunkle Strähne hinters Ohr. Seine blauen Augen bohrten sich in meine und er lächelte entschuldigend. »Geht’s wieder?«, murmelte er und verfestigte seinen Griff um meine Taille. Seine Hand lag warm in meinem Rücken und fühlte sich dort genau richtig an, als würde sie dorthin gehören.

Meine Knie waren weich wie Butter und nur seinem beherzten Griff verdankte ich es, dass ich nicht auf dem von Alkoholresten besudelten Boden lag. Der Nachhall der schmerzenden Helligkeit stach in meine Augen. Übelkeit drängte meine Kehle hinauf und ich räusperte mich trocken, um den Geschmack loszuwerden.

Ich nickte fahrig und ließ mich von ihm auf die Füße ziehen. Seine Hand in meinem Rücken kribbelte auf meiner nackten Haut. Mein Top hatte zu seiner Freude einen besonders tiefen Rückenausschnitt. Natürlich galt dieser Aufzug in erster Linie den Sündern. Sie sollten auf meinen Körper anspringen und taten das meistens auch. Genau deshalb war Wollust auch meine Lieblingssünde. Die Sünder reagierten auf mich an, ich ließ mich von ihnen begrapschen und dann brauchte ich nicht mehr viel zu machen, als meine Beute abzuschleppen.

So lief das nun mal. So war mein Job, seitdem ich Eldridge von Stein in die Falle gegangen war. Ich seufzte und ließ mich von dem Sünder auf einen Barhocker setzen. Er lächelte mich entschuldigend an und bestellte mir einen doppelten Whiskey. Er grinste und beäugte mich kritisch. »Na, wohl lieber zwei Doppelte. Du siehst aus, als hättest du beide nötig.« Ich fühlte mich aus der Bahn geworfen und kämpfte noch immer mit dem Nachhall, den seine Sünde in meinem Kopf hinterlassen hatte. Dennoch war es für ihn unmöglich, meine Gesichtsfarbe bei der diffusen Helligkeit im 247 zu erkennen. Ich vermutete darin eher eine plumpe Anmache.

Ich lächelte trotzdem und löste meine pelzige Zunge vom Gaumen. Den Alkohol hatte ich definitiv nötig! Ich schmeckte noch immer den Schwanz von meinem letzten Opfer. Hastig würgte ich und räusperte mich, um gegen die aufsteigende Galle anzukämpfen, als mir der Sünder mit sorgenvoll gerunzelter Stirn den Whiskey in die Hand drückte und mich aufforderte, ihn zu trinken. Schnellstmöglich kam ich seiner Bitte nach und spürte statt ekelerregendem Schweißgeschmack nur noch das Brennen des Alkohols. Tränen traten mir in die Augen und ich musste heftig husten. Der Whiskey brannte in meiner Kehle und ich stützte mich keuchend auf die Theke. Der Sünder tätschelte mir den Rücken und wartete geduldig, bis ich mich wieder beruhigt hatte.

»Na? Geht’s wieder?«, fragte er und spielte erneut sein Grinsen gegen mich aus. Der Kerl wusste, welche Wirkung seine Zähne auf das weibliche Geschlecht hatten. Mir allerdings wurde übel, als ich das kribbelige Jucken zwischen meinen Schenkeln spürte und ich presste hastig die Beine zusammen. Nicht! Wenn ich so empfand, konnte ich ihn unmöglich stellen. Seine Sünden würden Eldridges Glas randvoll machen und mich aus dem Vertrag befreien. Wenn ich diesen jungen Kerl mit den strohblonden Haaren seiner Sünden beraubte, wäre dies meine Karte in die Freiheit. Frei von den Verpflichtungen, die mir der Hexenmeister auferlegt hatte. Ich würde mein Herz zurückerhalten … Wenn von Stein sein Wort hielt.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752123517
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (November)
Schlagworte
Hexen Übersinnliche Wesen Dark Fantasy Dämonen Urban Fantasy Romance Fantasy

Autor

  • Kitty Harper (Autor:in)

Kitty Harper schreibt gerne sinnliche Erotik, ohne dabei vulgär zu werden. Manchmal ein wenig SM, manchmal aber auch starke Frauen, die den Herren der Schöpfung zeigen, wo es langgeht. Kitty hofft, dass ihr genauso viel Spaß an ihren Geschichten habt, wie sie selbst.
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Titel: Mondsüchtig: Die Sündenfresserin