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Mondsüchtig: Der Sukkubus

von Kitty Harper (Autor:in)
120 Seiten
Reihe: Mondsüchtig, Band 4

Zusammenfassung

Nur die wahren Gläubigen tragen den Funken Hoffnung durch die dunkelste Stunde. Rai glaubt, endlich mit Apollo ihr Glück gefunden zu haben. Doch als sie eines Nachts in ihr Apartment zurückkehrt, ist er nicht mehr Apollo Adams. Etwas Dunkles, Böses hat von ihm Besitz ergriffen und beraubt ihn seiner Kraft. Doch als Rai sich dem Sukkubus stellt, bekommt sie unerwartet Hilfe. Gemeinsam mit Nova Johnson, einer menschlichen Jägerin, Gregory Rossos und Eldridge von Stein nimmt sie den Kampf auf. Doch kann Rai den Preis für Luzifers Seele zahlen? Mystische Wesen, übersinnliche Fähigkeiten und prickelnde Erotik in einem düsteren Romantasy-Abenteuer. Fortsetzung der 2018 erschienenen Reihe! Band 4 der MONDSÜCHTIG - Reihe! Die MONDSÜCHTIG-Reihe ist eine monatlich erscheinende Reihe in 12 Bänden. Jeder Band ist in sich abgeschlossen, allerdings gibt es einen überspannenden Handlungsbogen. Weitere Bände der Reihe: Teil 1: Im Bann der Füchsin Teil 2: Die Nachtwandlerin Teil 3: Die Sündenfresserin Teil 4: Der Sukkubus Teil 5: Die Vollstreckerin Teil 6: Die Schwestern des Todes Teil 7: Die Armee der Finsternis Teil 8: Engelsschwingen

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


 MONDSÜCHTIG

 

Von Kitty Harper

 

 

 Kapitel 1

Manchmal passieren Dinge, die uns einander näher zusammenbringen, obwohl man schon glaubte, den anderen verloren zu haben. Wann genau das mit Apollo und mir passiert ist, vermag ich nicht einmal mehr genau zu sagen. Ich liebe ihn, ohne Frage, aber das, was ich gesehen habe, konnte ich nicht einfach vergessen. Ich musste etwas unternehmen, ja es war mir geradezu ein körperliches Bedürfnis. Wie Hunger oder Durst. Entweder ich aß und trank oder ich starb. Genauso war es mit dem Gemälde. Als ich die Frau darin entdeckt hatte. Ihre Hilflosigkeit zog mich damals in ihren Bann und ließ mich nicht wieder los.

Dieses Ereignis, mochte es noch so klein und unbedeutend erscheinen, war der Anfang vom Ende. Hatte ich geglaubt. Doch ein Ende birgt auch immer einen Neuanfang in sich. Und so fand Apollo sich am Ende dieser schicksalhaften Ereignisse in meinen Armen wieder. Und ich hatte sein Wahres Ich erkannt. Und er das meine. Obwohl, genau das hatte er schon viel früher. Nicht sofort, später, denn er ist der Lichtbringer und ich bin etwas viel Stärkeres.

Wir könnten nicht unterschiedlicher sein, und doch zieht mich seine Dunkelheit an, wie das Licht die Motte. Seine Diversifikation hat es mir angetan. Und obwohl ich immer geglaubt hatte, ein Wesen der Nacht zu sein, weil ich nur dort meine wahre Gestalt zeigen konnte, war doch ich es, die ihn ins Licht führte – den Lichtbringer. Luzifer, mein Apollo. Er ist meine Stärke und gleichzeitig meine größte Schwäche.

Seit INARI ihn vor knapp einem Monat verschont hat, war er ein wirklich besserer Mensch – Teufel – geworden. Er hat all meine Aufgaben erfüllt, ja er hat sogar Aria gegen einen Dämon geholfen und sich von der Wolan getrennt. Ich begann zu glauben, dass aus Apollo Adams wirklich ein besserer Mensch – und Engel – werden konnte.

Natürlich warf ich mich nicht sofort wieder in seine Arme, doch als er die Wolan höchstpersönlich in die Hölle befördert hatte, bin ich schwach geworden. Apollo sagte mir später, dass er sich von dem Gedanken, je wieder in den Himmel zurückzukehren, verabschieden müsste, aber vielleicht könnte er ein Stück des Himmels auf die Erde holen – mit mir. Verdammter Kuhdreck, allein durch diese gesäuselten Worte bin ich schwach geworden. Und hier bin ich, genau wie vor einem Monat, befand ich mich wieder an seiner Seite, auf dem Weg zu Rossos' Bar. Wir suchten Gregory Rossos seit dem Vorfall in Apollos Penthouse regelmäßig auf und seit ein paar Tagen wusste ich auch, warum mein Engel so scharf auf den Laden war.

Im 247 in New York befand sich der Eingang zur Hölle. Im Keller. Und Gregory Rossos und seine Frau Natalia – beide ihres Zeichens Nephilim – waren die Wächter. Ihre Aufgabe bestand darin, den Höllenschlund neutral zu halten. Hätte Rossos das 247 an Apollo verkauft, hätte er die Herrschaft über den Höllenschlund an sich gerissen und damit die Macht besessen, zu bestimmen, wer auf die Erde kommen darf und wer nicht. Rossos hätte niemals zugestimmt.

Stattdessen begnügte sich Apollo damit, dem Schlund regelmäßig einen Besuch abzustatten, so auch heute Abend. Üblicherweise hielt der Fahrer kurz vor dem 247, wo uns die Security bereits erwartete und an den anderen Gästen vorbei, direkt einlässt. Aber heute Abend befand sich eine so große Menschenansammlung vor dem Klub, sodass Apollo den Fahrer weit abseits halten lässt. »Ich hoffe, du kannst in den Schuhen ein paar Schritte gehen?«, murmelte er mit Blick auf meine High Heels.

Lächelnd verzog ich das Gesicht. »Du kannst mich ja … hinfliegen.«

Apollo schnaubte. »Das wär ein Anblick. Aber wenn du wirklich nicht laufen kannst, kann ich dich auch tragen. Dieser menschliche Körper verfügt über ein gesundes Maß an Muskeln und …« Lachend schlug ich ihm gegen die Schulter und brachte ihn so zum Schweigen.

»Hör auf, ich bin kein verwöhntes Starlight. Ich kann laufen und wenn mir die Füße wehtun, ziehe ich die Dinger eben aus.«

Apollo hob amüsiert eine Augenbraue, beugte sich zu mir herüber und küsste mich leidenschaftlich. Seit vier Wochen bemühte er sich um mich, führte mich aus, war nett zu meinen Freunden, rettete Flinn, schenkte seiner Freundin – einem Dämon – eine Seele. Okay, Apollo verlangte einen Gefallen als Bezahlung dafür, aber er … schien sich wirklich zu ändern. Und ich beschloss, ihn langsam wieder näherkommen zu lassen. Wir küssten uns eigentlich ständig, aber dieser hier war anders. Apollo schreckte zurück und blickte mich forschend an.

»Was?«, fragte ich und klimperte unschuldig mit den Wimpern.

»Das sollte ich dich fragen … du küsst anders … leidenschaftlicher, ungestümer.« Er stockte. »Heißt das, ich darf … du …?« Es kam nicht oft vor, dass Apollo Adams die Worte fehlten.

»Vielleicht«, murmelte ich, starrte auf seine perfekt gebundene Krawatte, schloss meine Finger um den Binder und zog ihn näher zu mir heran. Ich lehnte mich leicht zurück und zwang ihn mit sanfter Gewalt über mich.

»Rai«, keuchte er und gab meinem Drängen nach. Ich öffnete einladend die Schenkel, so weit es das kurze Kleid eben zuließ. Apollo legte sich auf mich, vergrub seine Hände in meinen roten Locken und versenkte sich in meinen Augen. »Was tust du, Rotfuchs? Willst du, dass ich dich sofort nehme? Seit Wochen lässt du mich zappeln und …«

Ich leckte mir leicht über die Lippen und verschlang die seinen mit den Augen. »Du hast versucht, mich zu töten. Ich finde, vier Wochen waren eine angemessene Strafe.« Quälend langsam hob ich ihm das Becken entgegen und er reagierte prompt, stieß kurz gegen mich, sodass ich einen Vorgeschmack seiner Härte bekam. Ich lachte leise und verlor mich in seinem Strahlen. Ich blinzelte, weil ich dem Eindruck erlag, dass er tatsächlich strahlte, als würde ihn ein leichter Lichtschein umschließen.

»Rai«, seufzte er, als ich die Beine um ihn schlang und ihn enger an mich zog.

»Mehr fällt dir nicht ein, als meinen Namen zu säuseln?« Ich rieb mich an ihm, wollte seine Härte spüren, denn auch für mich waren die vergangenen vier Wochen die reinste Folter gewesen. Doch ich hätte mir selbst nicht mehr in die Augen sehen können, wenn ich Apollo seine schändliche Tat so einfach verziehen hätte. Aria war zwar der Meinung, ich hätte ihn in den Wind schießen sollen, aber das konnte ich auch nicht tun. Ich liebte ihn mit jeder Faser meines Körpers und ich glaubte an ihn – an uns – und daran, dass aus unserer Liebe etwas Gutes entstehen könnte. Welches Unheil brächte Luzifer in dieser Welt, wenn ich ihn zurückwies? Ich spürte meine Entscheidung wie eine unsichtbare Weggabelung, die eine führte ins Licht, der andere in die Dunkelheit. Und ich wählte das Licht, wählte ihn.

»Du machst mich sprachlos«, seufzte er und küsste mich erneut, diesmal leidenschaftlicher, fordernder. Seine Hand schlüpfte unter den Saum meines Kleides, bahnte sich einen Weg zu meiner empfindlichsten Stelle und entlockte mir ein lustvolles Stöhnen, als mich sein Daumen dort streifte.

»Den Weg dorthin hast du jedenfalls noch nicht vergessen«, knurrte ich. Meine Stimme klang tiefer, animalischer und ich spürte das Verlangen der Füchsin. Sie wollte ihn, wollte sich auf den Bauch legen, ihm ihr Hinterteil präsentieren und reizvoll damit wackeln. Damit er sie endlich nahm. Ich schrak etwas zurück vor ihrem Verlangen. Noch nie hatte ich es so intensiv gespürt, aber es war auch das erste Mal seitdem ich die Gnade des Zweiten Schwanzes erfahren hatte, dass ich mit Apollo schlafen würde.

»Sir«, meldete sich der Fahrer, als Apollo gerade seinen zweiten Finger in mich schob. »Sie müssen jetzt aussteigen oder wir riskieren einen Strafzettel.« Apollo knurrte, löste sich widerstrebend von mir. Ich – oder die Füchsin – gab ein enttäuschtes Seufzen von mir, doch der Fahrer hatte recht. Unser letzter Besuch in 247 war über zwei Wochen her und ich brannte darauf, Aria und Flinn wiederzusehen, wollte wissen, wie es den beiden ergangen war, seit der Dämon ausgetrieben war.

»Einen Augenblick noch, William.« Apollo betrachtete mich zärtlich und fuhr meinen Ausschnitt nach, verharrte über meinen Brüsten und schob seinen Finger genau in das Tal zwischen ihnen. »Wir könnten nach Hause fahren, das hier fortführen und später wieder herkommen«, schlug Apollo vor. Ich seufzte, bog mich ihm entgegen.

»Das klingt wirklich verlockend, aber es ist schon fast elf. Wenn wir erst Zuhause sind, kommen wir heute nicht mehr her.« Ich legte meine Hände an seine Wangen und küsste ihn zärtlich. »Später, Liebster, und dann die ganze Nacht. Genieße die Vorfreude.«

Er senkte seinen Blick, und dann tat er etwas, was ich niemals von Apollo Adams erwartet hätte. Er beugte den Kopf. »Euer Diener, Madame.«

Ich lachte schallend. Noch vor vier Wochen behandelte er mich völlig anders, so als wäre ich sein Spielzeug, sein Betthäschen. Doch seit INARI meinem Wunsch gefolgt war und sein Leben geschont hatte, begegneten wir uns auf Augenhöhe. Nein, anders, ich hatte das Gefühl, dass er mich verehrte, für das, was ich getan hatte, für das, was ich war. Und ich verehrte ihn. Doch diese Geste war irgendwie falsch. Ich wollte nicht, dass er sich mir unterwarf, weil ich vielleicht mächtiger war als er. Ich wollte ihn genauso wie in den letzten Wochen. Als gleichberechtigten Partner. »Du musst das nicht tun«, widersprach ich seiner Geste. Auch wenn sie sich irgendwie schön anfühlte, war sie irgendwie … falsch.

»Was?«, fragte er und blinzelte mich von unten herauf an.

»Dich mir unterwerfen oder so etwas Archaisches. Ich liebe dich und ich will, dass wir einander ebenbürtig sind.«

Apollo blinzelte. »Das sind wir aber nicht. Wenn du wolltest, könntest du mich zermalmen.«

»Noch nicht, Liebster, irgendwann vielleicht. Aber ich will nicht, dass du dich vor mir fürchtest, ich will, dass du mich schätzt und respektierst.«

»Wir Engel kennen nur die Hierarchie. Dort, wo ich herkomme, gibt es keine Gleichberechtigung. Selbst in der Liebe nicht.« Ein eigenartiger Gedanke formte sich.

»Heißt das, Engel haben … Sex?«

Apollo lachte. »Engel sind androgyne Wesen, weder Mann noch Frau. Wir sind geschlechtslos.«

Ich wackelte mit der Hüfte und begegnete seiner Härte, woraufhin er versuchte, ein Stöhnen zu unterdrücken. »Das da fühlt sich sehr männlich an.«

»Weil ich ein Erzengel bin, Liebste.«

»Oh … sind alle Erzengel männlich?«

»Nein, aber dieser Körper.«

»Sir«, ermahnte uns der Fahrer. »Entweder Sie steigen jetzt aus oder ich muss eine erneute Runde fahren.«

Seufzend erhob sich Apollo. »Okay, führen wir das Gespräch bei einem kleinen Spaziergang fort.«

 

***

 

»Androgyn heißt nicht, dass wir ohne Geschlecht sind. Jeder Engel hat eine Tendenz. Wie beim Sex zwischen Homosexuellen. Ein Partner bevorzugt den …« Apollo räusperte sich. »Na, du weißt schon. Einer lässt sich in den Arsch ficken und der andere …«

Ich musste lachen. »… fickt ihn in den Arsch. Schon klar. Heißt das«, führte ich seinen Gedanken fort, während wir Arm in Arm die Straße hinunter zu Gregs Bar schlenderten, »alle Engel haben einen Penis?«

Apollo zuckte mit den Schultern. »Ich habe nicht bei allen nachgesehen.«

Erschrocken hielt ich inne. »Du hast was …?«

»Nicht nachgesehen, hast du was an den Ohren? Die sind doch eigentlich ziemlich gut?«

Angefressen verzog ich das Gesicht. »Nein, ich dachte nur, ich hätte gehört, wie du behauptest, bei anderen Engeln nachgesehen zu haben, ob sie einen Schwanz haben.«

Apollo machte ein ungeduldiges Geräusch. »Das habe ich ja auch gesagt. Ich kann schließlich nicht für alle Engel sprechen, weil ich nicht mit allen geschlafen habe, oder?«

Ich schüttelte angewidert den Kopf. »Du hast … nein, warte, ich will mir das nicht vorstellen.«

Apollo grinste. »Stell es dir ruhig vor. Die Ewigkeit kann verdammt lang sein. Sex ist eine Art Zerstreuung und der Herr predigt Liebe deinen Nächsten

Mein besonderes Verhältnis zu Göttern verlangte automatisch von mir, dass ich GOTT verteidigte, obwohl ich ihn weder kannte noch anbetete. Meine Hingabe gehörte allein INARI. »Verdrehe nicht schon wieder SEINE Worte«, funkelte ich ihn an. Apollo machte sich über ihn lustig. Mir war völlig klar, warum er aus dem Himmel geflogen war, wenn er ständig mit doppeldeutigen Formulierungen um sich warf.

»Nicht deswegen, ich bin vielleicht einfach nicht dafür geschaffen, blind zu gehorchen.«

»Aber mir würdest du …?«

»Ich verehre dich, Rai Mayo. Für deine unermessliche Güte, die du mir hast zuteilwerden lassen. Von IHM habe ich niemals solche Güte erfahren. Ich hatte immer das Gefühl, das ungeliebte Kind zu sein, und je mehr Unfug ich angestellt habe, desto mehr hat er mich mit seiner Zurückweisung gestraft. Bei dir ist es anders. Du liebst mich, egal was ich tue. Du verzeihst, egal, was ich tue. Ich bin sogar davon überzeugt, dass ich die ganze Welt der Menschen in Schutt und Asche legen könnte, und du mir trotzdem verzeihen würdest.«

»Nicht, dass ich das zulassen würde«, entgegnete ich.

Apollo lächelte. »Ich weiß. Du schenkst mir auch so deine Aufmerksamkeit. Also brauche ich überhaupt nichts machen, und du liebst mich trotzdem. Das ist etwas völlig anderes.«

Gerührt senkte ich den Blick, bis ich Apollos Finger unter meinem Kinn spürte. »Ich liebe dich wirklich, mit jeder Faser meines himmlischen Wesens.« In seinen Augen glomm es kurz und grell auf, wie damals, als er sich in seiner wahren Gestalt gezeigt hatte, bevor sie wieder ihren normalen goldbraunen Ton annahmen.

Ich erwiderte seinen brennenden Blick. »Danke.« Bevor ich noch etwas hinzufügen konnte, erreichten wir das 247, oder besser gesagt, wir kamen nicht näher ran, weil sich eine riesige Menschenmenge um den Eingang der Bar gebildet hatte. Der eigentliche Grund, warum wir nicht vorfahren konnten. Apollo setzte eine grimmige Miene auf und schob sich durch die Menge. Seine beeindruckende Ausstrahlung wirkte selbst in menschlicher Gestalt auf die Umstehenden, sodass sie uns ohne Probleme passieren ließen. Apollo stoppte so abrupt, dass ich gegen ihn stieß und mit der Stirn an seine harte Schulter prallte.

»Au«, stöhnte ich und rieb mir den Kopf. Ich wollte mich an ihm vorbei schieben, da ich annahm, er habe angehalten, weil wir den Grund der Menschenansammlung erreicht hatten. Doch, statt mich vorbei zu lassen, drehte er sich leicht zur Seite und hielt mich geschickt davon ab, einen Blick auf die Ursache zuwerfen.

»Nicht«, murmelte er und drückte meinen Kopf an seine Schulter. »Sieh nicht hin.«

»Apollo«, wehrte ich mich und schob seine Hand weg. »Ich bin kein kleines Kind, dass du vor einem fürchterlichen Anblick schützen musst.« Während ich sprach, drehte ich mich aus seiner Umarmung und wandte mich dem Tatort zu. Ich wollte sehen, was sich dort befand, wollte wissen, was … ich erstarrte. Das NYPD war bereits vor Ort und hatte gerade damit begonnen, den Ort eines Verbrechens abzusperren, doch den grausigen Fund hatten sie noch nicht abgedeckt. Bei dem Opfer handelte es sich um einen Mann mittleren Alters. Ich schätzte, dass er nicht älter als dreißig Jahre gewesen sein konnte. Seine Kleidung entsprach der eines jungen Mannes, der einen Klub – wie das 247 – aufsuchen wollte. Schwarzes Seidenhemd, rote Krawatte, die unter seinem Körper hervorlugte, und eine eng geschnittene modische Hose, wie sie junge Männer bevorzugten. Doch ich konnte mich auch täuschen, denn sein Körper war völlig ausgetrocknet. Seine Haut war so trocken und spröde wie die eines Hundertjährigen, sein Haar allerdings noch immer hell und gesund wie das eines jungen Mannes. Er lag auf dem Bauch, sein Kopf war so zur Seite gedreht, dass ich einen glasigen toten Blick sehen konnte, den Mund zu einer grausigen Karikatur von Munchs Gemälde ›Der Schrei‹ verzerrt.

Seine eingefallene und spröde Haut war über und über mit roten Flecken überzogen. Es sah fast so aus, als wäre er von einer tödlichen Krankheit heimgesucht worden – oder einem rachsüchtigen Insektenschwarm, der ihn zu Tode gestochen hatte.

»Was ist passiert?«, wandte ich mich fragend an Apollo, der den Arm um mich gelegt und mich an sich gezogen hatte.

»Ich weiß es nicht. Spürst du etwas?«

Suchend blickte ich mich um. Ich hatte keine Ahnung, wie man eine Aura wahrnahm, deshalb schloss ich die Augen und konzentrierte mich auf meine Empfindungen. Apollo hatte einmal gesagt, ich sei ein sehr emotionales Wesen, vielleicht … Plötzlich durchfuhr mich ein eisiger Hauch und ich versteifte mich. Als ich die Augen wieder öffnete, sah ich Apollos wissenden Blick.

»Du spürst es«, stellte er fest und nickte. »Was fühlst du noch?«

»Kälte. Hass und Verachtung. Aber auch Lust und Verlangen.« Fröstelnd rieb ich mir über die Arme und sah mich um. »Etwas hat diesen Mann getötet. Etwas sehr Altes und sehr Böses. Etwas, das stiehlt.« Apollo verzog das Gesicht.

»Du hast damit so ziemlich jeden Dämon beschrieben, den ich kenne. Bis auf die Lust und das Verlangen, ich denke, das Gefühl kommt definitiv von uns.« Er schenkte mir an anzügliches Grinsen. »Hast du immer noch Lust auf das 247 oder sollen wir lieber nach Hause fahren?«

»Du meinst, ob ich jetzt noch Lust auf Sex habe?«

Apollo zuckte mit den Schultern. »Hast du?«

»Immer, aber ich will erst in den Klub, immerhin ist es nicht weit und mich würde interessieren, was Rossos oder Aria dazu zu sagen haben.«

»Falls die Hexe da ist.«

»Rossos wird da sein und er wird etwas wissen, davon bin ich überzeugt.«

Apollo seufzte. »Ich hasse diesen Nephilim und seine Brut.«

»Hey«, ich knuffe ihn liebevoll in die Seite. »Ich dachte, über eine solche Rivalitäten wärst du hinaus.«

»Meistens bin ich das auch. Aber wenn ich solche Grausamkeiten sehe, wird mir wieder klar, welch Gräuel sich auf dieser Erde herumtreibt und höchstwahrscheinlich seinem Höllenschlund entschlüpft ist. Also ja, lass uns Rossos befragen.« Apollo schob mich durch die Menge zurück auf die Straße, wo wir die Seiten wechselten und uns Richtung 247 wandten.

»Du glaubst, der Täter ist dem Höllenschlund entwichen.«

»Ich glaube es nicht nur, ich weiß es.«

 Kapitel 2

Auf den ersten Blick erschien mir das 247 wie immer. Nein, das stimmte nicht so ganz. Noch vor vier Wochen war das 247 für mich ein ganz normaler Klub, aber seit ich meinen zweiten Schwanz bekommen habe, hatte sich so Einiges verändert. Allein das Wissen um Apollo, den Höllenschlund und Rossos’ Stellung als dessen Wächter, ließen den Klub in einem völlig anderen Licht erscheinen. Außerdem war auch ich nicht nur wegen der leckeren Cocktails hier. Während Apollo einen Blick auf den Schlund werfen möchte, übte ich an meinen Fähigkeiten, Wesen zu erkennen. Ich nannte sie so, weil mir alles andere zu umständlich erschien. Dämonen, Engel und Hexen sind nur die Spitze dessen, was sich am Rand des Höllenschlunds tummelte und dessen Auren ich noch nicht einordnen konnte. Aria hatte mir versprochen, mich einzuweisen, aber sie war seit Wochen nicht aufgetaucht. Flinn ebenfalls nicht, zumindest nicht seit Tiara eine Seele hatte.

An der Rachedämonin hatte ich meine Fähigkeiten, einen Dämon zu erkennen, das erste Mal austesten können. Ihre Auren sind angsteinflößend und – wie ihr Name schon sagt – voll Rachedurst. Von Tiara ging ein großer Gerechtigkeitssinn aus und das knallige Rot der Rächerin. Apollo hatte mich immer wieder aufgefordert, seine Aura zu ertasten. Sie war hell und strahlend, fast golden, obwohl er ein Verstoßener war, wohnte in ihm das Wesen eines Engels. Es musste die Seele sein, die die Aura bestimmte. Bei ihm fühlte ich Leidenschaft und … Liebe. Das hat mich zu Beginn überfordert, weil ich glaubte, es war die Liebe zu mir, aber es war das, was einen Engel ausmachte – und besonders ihn. Es ist die Liebe zu allen Geschöpfen des Himmels, Dämonen wie Engel, Hexen und Menschen.

Was ich bei Tiara vermisste war das Dämonische, bis mich Apollo aufklärte. Erinnyen waren keine bösen Dämonen, sie waren Rächerinnen, die sich für diejenigen einsetzen, die sich nicht wehren konnten. Dass Tiara jetzt eine Seele hatte, machte sie wiederum zu etwas Besonderem. Das Rot der Rächerinnen war hell und strahlend, leuchtete wunderschön. Es gab Apollos Wissen nach nur einen Dämon, der sich so was Verrücktes wie eine Seele gewünscht hat.

»Ich glaube, dass das, was du bei dem Opfer gespürt hast, ein Dämon war. Der Hauch eines Dämons. Diese eisige Kälte, die du beschrieben hast, war Hass«, erklärte Apollo, als er mich durch den vollen Klub Richtung Bar führte. Er rückte mir einen Hocker zurecht und nahm neben mir Platz. »Die Kälte hat deine Empfindungen betäubt, und das, obwohl der Dämon nicht einmal in der Nähe war.«

»Wie kommst du da drauf?«, fragte ich und sah mich nach Greg um. Normalerweise war er hier an der Bar zu finden. Und wenn nicht, würde einer seiner Mitarbeiten ihn holen, sobald wir uns bemerkbar gemacht hatte. Ein Barkeeper strebte auf uns zu und wartete auf unsere Bestellung.

»Ein Chardonnay für die Dame und einen Scotch für mich. Verzichten Sie auf das Eis, und sagen Sie Rossos Bescheid, das wir ihn sprechen möchten«, schnarrte Apollo und scheuchte den jungen Mann mit einer herablassenden Handbewegung davon. Ich verzog missbilligend das Gesicht.

»Weißt du, ein wenig mehr Freundlichkeit stünde dir gut zu Gesicht. Das macht dich charmanter.«

»Wozu? Reine Zeitverschwendung. Ich will wissen, wer den Schlund in letzter Zeit verlassen hat, und nicht den Barkeeper angraben. Wir sind in Eile. Nicht dass unsere Freundin Ms. Wolan wieder auftaucht und Ärger macht.« Ich runzelte nachdenklich die Stirn. Malwina Wolan hatte einen Höllenfürsten auf Flinn gehetzt, indem sie ihn für den Dämon markiert hatte und ihm damit Zutritt zu unserer Welt verschafft. Mir wurde wieder einmal klar, wie wenig ich wusste. Mein Wissen bezog sich auf mein Wesen, von allem anderen hatte ich keine Ahnung. Was zum großen Teil daran lag, dass Kitsune nicht in einer Gemeinschaft aufwuchsen. Wir haben keine Eltern in dem Sinne, die uns alles beibringen. Nur eine Mutter, und meine war nicht sehr gesprächig oder wusste selbst nicht viel über die Dämonenwelt. Ich vermutete Letzteres.

Meine Mutter war nicht dumm, sie war sehr klug darin, uns unsichtbar leben zu lassen. Wie gut sie darin war, zeigte mir, dass kaum jemand etwas über Kitsune wusste. Doch im Umkehrschluss wussten wir Kitsune kaum etwas über andere Wesen. Tatsächlich bezog ich mein Wissen von Apollo. Und wer könnte ein besserer Lehrer sein als Luzifer selbst?

Apollo hatte mir erzählt, dass Dämonen nicht nur durch den Höllenschlund heraufkommen konnten. Das wäre auch zu einfach gewesen. Wenn eine Hexe oder eine Nachtwandlerin – so werden Hexen genannt, die sich Satan unterwerfen und von ihm ihre Macht beziehen – einen Menschen markieren, kann ein Dämon durch ihn in unsere Welt gelangen, in menschlicher Form. Allerdings verlieren sie so einen Teil ihrer Fähigkeiten. Mich würde wirklich interessieren, ob ich in der Lage bin, einen solchen Dämon zu spüren.

»Höflichkeit ist niemals Zeitverschwendung«, erinnerte ich Apollo und legte meine Hand auf seine. Er verzog das Gesicht und spielte mit dem Armband, das er mir geschenkt hatte. Eine feindgliedrige Silberkette mit einem filigranen Fuchsanhänger. Ich lächelte nachsichtig.

»Ich arbeite dran«, murmelte er und hob den Kopf, als Rossos sich näherte.

»Adams«, begrüßte er ihn mit einem kühlen Nicken. Als Greg mich ansieht, strahlte er. Seine Augen leuchteten regelrecht.

»Rai, du siehst fantastisch aus.«

»Danke, Greg, du auch.« Das stimmte. Seit Rossos seine Frau Natalia wieder hatte, war der allgegenwärtige griesgrämige Gesichtsausdruck sanfter geworden. Rossos nahm die Getränke vom Barkeeper entgegen und platzierte Scotch und Weißwein vor uns. Sich selbst goss er ebenfalls einen Scotch ein und hob das Glas. »Cheers.«

Apollo stieß mit ihm an, wobei sie sich nicht aus den Augen ließen. Auch als jeder von ihnen an seinem Glas nippte, beobachteten sie sich weiter. Als ob sie einen stillen Kampf ausfochten. Ich verdrehte die Augen. Sie kämpften ständig. Greg trug ihm nach, dass er seine Frau entführt und ihn erpresst hatte. Und Apollo hasste es, dass er nicht die Herrschaft über den Höllenschlund besaß. Er wollte kontrollieren, wer die Unterwelt verließ.

»Also«, brummte Rossos und stellte sein Glas auf den Tresen, »was führt euch an die Bar? Normalerweise hockt ihr in eurer Nische und begebt euch nicht auf das Niveau des Fußvolks.« Ich lachte herzlich, während Apollo eine Salve zorniger Blicke auf Rossos abschoss.

»Wir können auch wieder gehen und in unserer Nische warten, bis du uns deine Aufwartung machst, abscheulicher …«

»Liebster«, murmelte ich, legte besänftigend meine Hand auf seinen Arm und sah ihn liebevoll an. Apollo verstummte sofort, beugte sich vor und küsste mich.

»Ich hasse es, wenn du das tust«, murmelte er gegen meine Lippen und ich lächelte.

»Was tue ich denn?«

»Mich mit Blicken und Gesten manipulieren, bis ich mache, was du willst.«

»Funktioniert doch wunderbar.« Mein Blick glitt zu Rossos, der uns amüsiert anfunkelte. Apollo brummte und wandte sich seinem Scotch zu.

»Also, wir wollten nicht auf dich warten, weil es eine dringende Angelegenheit zu besprechen gibt«, begann ich und drehte mich mit dem Barhocker, sodass ich an Apollos Brust lehnte. Wie auf Knopfdruck legte er eine Hand auf meine Hüfte und zog mich etwas an sich. Ich lächelte innerlich und genoss seine Zuneigung. Funktionierte wunderbar, wie er auf meinen Körper reagierte. Wenn er wüsste, mit wie wenig Aufwand ich ihn um den Finger wickeln konnte, würde er sich noch viel mehr zur Wehr setzen.

Rossos' Blick glitt zwischen uns hin und her. Wenn mich nicht alles täuschte, hatte er es erkannt. Sein Schmunzeln sprach Bände, doch er würde nichts sagen, sondern stillschweigend genießen. Er nickte mir auffordernd zu und ich fuhr fort: »Du weißt sicher, dass nicht unweit von hier eine Leiche liegt.«

Rossos nickte.

»Rai fühlte eine kalte Aura, etwas Dämonisches. Sie hat zwar keine Erfahrung darin, aber ich glaube, ihr Frösteln geht definitiv auf einen mächtigen Dämon zurück. Ich frage mich, ob dem Höllenschlund in letzter Zeit etwas Mächtiges entstiegen ist?« Du als sein Wächter solltest darüber Bescheid wissen. Apollo sagte es zwar nicht direkt, aber die Art, wie er Rossos anstarrte, war nicht zu übersehen. Indirekt machte er den Klubbesitzer für den Toten verantwortlich. »Du weißt, alle Morde, die in dieser Stadt geschehen und nicht auf menschliche Täter zurückzuführen sind …« Verwirrt blinzelte ich. Nicht-menschliche Täter? Was genau meinte er damit?

Rossos nickte. »Ich weiß. Rufen paranormale Spinner auf den Plan, die dann herumstochern und erkennen, dass es Dämonen und allerlei himmlisches Gewürm gibt, dass unerkannt unter ihnen lebt.« Greg starrte Apollo an. Es war nicht zu übersehen, wen er mit diesem abfälligen Ausdruck meinte. »Aber ich muss dich leider enttäuschen. Am Höllenschlund ist alles ruhig. Du könntest dich an die Hexen wenden und den Dämon auspendeln lassen. Aber Dämonen können ihre Aura verschleiern. Wenn sie nicht gefunden werden wollen, werden sie es auch nicht. Was immer Rai gefühlt hat …« Er zuckte mit den Schultern. »Ich kenne mich zu wenig mit dem Wesen einer Kitsune aus.«

»Ich auch nicht«, stimmte ich ein. Meine Mutter hatte darauf verzichtet, mich auszubilden und so war ich auf Lerning by doing angewiesen.

»Ich mag die Hexen nicht«, murmelte Apollo. »Auspendeln kommt also nicht in Frage. Wäre es möglich, dass du mitbekommen hast, wer aus der Hölle entwichen ist?«

Rossos schüttelte den Kopf. »Unmöglich. Ich lasse den Schlund Tag und Nacht bewachen. Sie können sich nicht sofort tarnen, wenn sie hochkommen. Wir haben mindestens zwei Minuten, um den Dämon zu identifizieren und zu katalogisieren. Außerdem ist der Raum versiegelt. Nur Natalja oder ich können ihn öffnen. Selbst wenn der Dämon der Hölle entstiegen ist, kann er den Keller nicht ohne meine Erlaubnis verlassen.«

Apollo schenkte Rossos einen zweifelnden Blick, doch er sagte nichts und stürzte seinen Scotch in einem Zug hinunter. Das Brennen des harten Alkohols ließ ihn sein Gesicht verziehen. »Lass es mich wissen, wenn sich was tut. Komm, Rai, ich bin müde und will … nach Hause.« Er zwinkerte unverhohlen. Für mich das Zeichen, dass er genug Smalltalk betrieben hatte. Aber ich war noch nicht fertig.

»Einen Augenblick noch, ich möchte meinen Wein nicht einfach runterkippen.« Apollo verdrehte die Augen, nickte aber und deutete durch die Menge. »Ich ziehe mich in unsere Nische zurück, wenn’s beliebt. Hier ist mir eindeutig zu viel niederes Volk.« Apollo beugte sich vor und küsste mich hart. »Lass mich nicht zu lange warten, Rotfuchs.«

Ich blickte ihm lächelnd nach, bevor ich mich wieder Greg zuwandte. »Läuft bei euch?«, fragte er beiläufig und polierte ein Glas. Ich zuckte mit den Schultern.

»Ich glaube schon.«

»Alle Differenzen beigelegt?«

»Wenn du damit meinst, dass er nicht mehr versucht, mich umzubringen, um ein Portal in den Himmel zu öffnen?« Gregs Augenbraue wanderte fragend nach oben. »Nein, darüber sind wir hinaus. Seit die Göttin ihm die …«, ich grinste, »Flügel gestutzt hat.«

Rossos stimmte in mein Lachen ein. »Sehr treffend. Ich glaube, du bist das einzige Wesen auf diesem Planeten, dass Luzifer kontrollieren kann. Unglaublich. Sie klimpert einmal mit den Wimpern und der Erzengel frisst ihr aus der Hand.«

»Er ist nicht per se böse, Greg. Einfach nur missverstanden.« Ich sah über meine Schulter und folgte ihm mit meinen Augen. Die Menschenmenge teilte sich vor ihm, wie Moses das Rote Meer. Die Leute spürten seine Macht, aber es war nichts Böses in ihm. Die verzweifelte Suche nach Liebe hatte ihn dazu getrieben, zurück in den Himmel kehren zu wollen, weil er auf der Erde nicht fand, was er suchte. Vielleicht hatte er damals nicht einmal gewusst, was ihm wirklich fehlte. Doch ob ich dieser jemand war, der ihm das geben konnte? Es wäre für uns alle besser, wenn dem so wäre. Seufzend wandte ich mich wieder um.

»Glaubst du das wirklich? Er ist Luzifer, Rai.«

»Ja, und du ein Nephilim. Wir haben alle unsere Schattenseiten.«

Rossos schüttelte den Kopf. »Also was möchtest du mit mir besprechen, ohne dass Mr. Adams uns zuhört?«

»Aria? Ich frage mich, wo sie steckt.«

Rossos versteift sich. »Hast du es nicht gehört?«

Alarmiert beugte ich mich vor. »Was gehört?«

»Sie war im Dritten Auge, als es dort eine heftige Explosion gab. Von ihr und Eldridge fehlt jede Spur. Der Laden ist komplett ausgebrannt.«

Geschockt starre ich Rossos an. »Wann ist das passiert?«

Er verzieht das Gesicht. »Vor etwas mehr als drei Wochen. Ich dachte, Flinn hätte es dir erzählt. Kurz danach waren er und Tiara noch einmal hier.«

»Flinn redet nicht mit mir, solange ich mich in Apollos Gesellschaft befinde. Sie mögen sich nicht sonderlich.«

Rossos griff nach einem anderen Glas, das er polieren konnte. »Niemand, Rai, mag Apollo Adams. Seitdem habe ich nichts mehr von ihr gehört. Du könntest beim Zirkel nachfragen, aber die Hexen sind genauso wenig gut auf sie zu sprechen, nachdem sie gegen ihren Willen gehandelt und sich mit Eldridge zusammengetan hat, um Flinn von dem Dämon zu befreien.«

Ich lehnte mich zurück und stützte das Kinn in die Hände. »Na toll. Ich hatte wirklich gehofft, Aria hätte sich hier blicken lassen.«

»Nein, hat sie nicht. Ich nehme an, sie und Eldridge sind untergetaucht und lecken ihre Wunden. Flinn sagte, die Hexen hätten ihre Finger bei der Explosion des Ladens im Spiel gehabt. Der Zirkel und Eldridge waren noch nie gut aufeinander zu sprechen, aber dass die Hexen ihn direkt angreifen, halte ich für unwahrscheinlich.« Rossos zuckte mit den Schultern. »Wir müssen abwarten und sollten uns lieber um den Dämon kümmern. Ich werde mich umhören und euch Bescheid geben, sobald ich etwas weiß.«

Ich nickte ihm dankbar zu, rutschte vom Hocker und nahm meinen Weißwein. »Danke, Greg.«

Er schenkte mir ein warmherziges Lächeln. »Und du kümmere dich um unseren abtrünnigen Erzengel, damit er nicht irgendwas Dummes anstellt.«

Ich prostete ihm zu und mache mich daran, mich durch die Menge zu unserem Platz durchzukämpfen. Ich werde es eindeutig schwerer haben als Apollo.

 

***

 

Als ich unseren Thronsaal, wie Rossos die Nische in einem anderen Gespräch getauft hat, erreichte, blieb ich verwundert stehen, denn sie war leer. Suchend drehte ich mich nach Apollo um, aber ich konnte ihn nirgends entdecken. Seltsam. Wenn er sagte, er würde hier auf mich warten, dann tat er das auch. Apollo war allerdings auch ein erwachsener Mann. Vielleicht hatte er unterwegs jemanden getroffen. Ich dachte mir nichts weiter dabei, nahm Platz und beschloss, das Beste daraus zu machen. Immerhin konnte ich so in Ruhe meinen Weißwein genießen.

Trotzdem ließ ich meinen Blick durch die Menge schweifen. Es war schon seltsam, Apollo hier nicht anzutreffen. Selbst wenn er einen Bekannten getroffen hätte, würde ich sie hier antreffen.

Während ich Schluck für Schluck meinen Wein genoss, wurde ich immer nervöser. Die Zeit verging und Apollo tauchte immer noch nicht auf. Als ich das Glas schließlich geleert und keineswegs genossen hatte, beschloss ich, dass ich genug auf ihn gewartet hatte und begann, systematisch den Klub abzusuchen. Während ich mich durch die Menge schob, achtete ich bewusst darauf, dass mich niemand berührte. Kitsune zogen automatisch die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich. Sobald mich jemand berührte, setzte sein rationales Denken dank einer erotisierende Mischung aus Pheromonen aus. Ich konnte diese Fähigkeit etwas steuern, doch Berührungen reichten aus, dass die Duftstoffe auch ohne meinen Willen übertragen wurden. Apollos Anwesenheit selbst sorgte dafür, dass jeder sofort das Interesse an mir verlor, trotz Pheromone.

Ich genoss diese sexuellen Schwingungen, deshalb konnte ich auch Dämonen ausfindig machen, weil ich die Gefühle und Emotionen der Wesen, Menschen wie Dämonen, um mich herum wahrnahm.

Ich dachte noch darüber nach, wie ich meine Magie einsetzen konnte, um Apollo zu finden, als mich eine Woge eisiger Gefühle regelrecht überrollte. So viel Hass und Verlangen, dass sich mir regelrecht die Nackenhaare aufstellten. Unwillkürlich legte ich die Ohren an und stieß ein unmenschliches Fauchen aus. Die Menschen um mich herum zuckten zurück und starrten mich angsterfüllt an. Verdammt, ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich mich in der Menge auf alle Viere begeben und ein eindeutig raubtierhaftes Verhalten gezeigt hatte.

Hastig richtete ich mich wieder auf und sah entschuldigend in die angsterfüllten Gesichter. Ich strich mein Kleid glatt und wandte mich suchend um. Meine Ohren zuckten und tasteten den Raum ab. Muss am Alkohol gelegen haben, dass ich nicht schon eher auf die Idee gekommen war, meine Ohren einzusetzen. Die Gefühlswelle hatte bewirkt, dass ich instinktiv meine Sinnesorgane benutzte, um die Gefahr ausfindig zu machen. Normalerweise würde ich sie verstecken, aber in der Dunkelheit des Klubs fühlte ich mich sicher. Selbst wenn jemand meine Ohren sah, würde er sie für ein nettes Modeaccessoire halten. Zu jeder anderen Zeit in den letzten Jahrhunderten wäre ich für die Ohren auf dem Scheiterhaufen gelandet, aber nicht heute. Menschen waren so in dieser Zeit. Sie suchten nach der simpelsten Erklärung. Meine Ohren mussten ein Haarreif sein. Niemand würde auf die Idee kommen, dass sie echt waren.

Ich schloss die Augen und lauschte. Meine Ohren konnten in erster Linie hören, aber sie wirkten auch wie Antennen, mit denen ich die Emotionen deutlicher wahrnehmen konnte. Im 247 trieben sich nicht nur Menschen herum, hier waren viele Wesen, die die Nähe zum Höllenschlund suchten. Ich war eine junge Kitsune, unerfahren und suchte normalerweise mein Heil in der Flucht. Wenn ich älter gewesen wäre, würde es mir leichter fallen, gegen meine Instinkte zu handeln. Jetzt erforderte es meine gesamte Konzentration, um den Dämon ausfindig zu machen. Neben den Ohren ließ ich noch meine Schnurrhaare, mein Hauptsinnesorgan, wachsen und prompt wurde ich von der geballten Macht zurückgeworfen. Das Wesen, welches sich hier befand, war so mächtig, dass mein inneres Alarmsystem laut aufheulte. Angestrengt verzog ich das Gesicht und schob mich vorwärts. Ich war davon überzeugt, dass, wenn ich den Dämon, der diese Macht ausstrahlte, fand, auch Apollo finden würde. Immerhin war er Luzifer und der hielt sich meistens dort auf, wo der größte Ärger stattfand. Das würde auch seine Abwesenheit in unserer Nische erklären. Apollo musste bereits auf der Pirsch nach dem Dämon sein.

Die Kälte der Emotionen bewirkte, dass meine Nackenhaare zitterten, je näher ich kam. Meine Ausstrahlung als Kitsune brachte die Menschenmenge vor mir dazu, sich wie durch Geisterhand zu teilen und mir den Blick auf Apollo und … eine wunderschöne Frau freizugeben. Kein Dämon, eine Frau!

Ich legte den Kopf schräg und musterte das Wesen. Es musste einfach ein Wesen sein, warum sonst sollte sich Apollo mit ihr abgeben und … Ich wollte mich schon selbst für die Eifersüchteleien zurechtweisen, als sie plötzlich den Kopf wandte und mich mit glühenden Dämonenaugen ansah. Erschrocken wich ich zurück – scheiß Fluchtreflex –  und zog die Lefzen hoch und fauchte. Ein absolut animalisches Verhalten, was die Menschen zu meiner Rechten und Linken dazu veranlasste, noch einen Schritt zurückzumachen. Gut so, möglicherweise brauchte ich den Platz für einen Angriff. Aber was, wenn sie wirklich eine Freundin, eine alte Bekannte, war, und ich mich lächerlich machte, indem ich offen Feindseligkeit und Eifersucht zur Schau stellte. Apollo würde das sicher nicht gefallen und mir auch nicht. Ich vertraute ihm, er hatte mir gesagt, dass er mich liebt. Und er konnte sich mit anderen Frauen unterhalten, so oft er wollte. Sollte diese Frau ein Dämon sein – was sie mit Sicherheit war, so viel spürte ich – dann würde er sie mir sicher gleich vorstellen.

Ich richtete mich auf, straffte die Schultern und zwang meine Reflexe nieder. Schritt für Schritt ging ich auf sie zu und versuchte dabei, so gelassen wie möglich zu wirken. Die Füchsin in mir tobte, sie wollte angreifen oder fliehen, irgendetwas tun. Was sie auf gar keinen Fall tun wollte, war, sich diesem Weib friedlich nähern. Immer wieder kämpfte ich gegen den Drang, zu knurren und zu fauchen.

Ihr Blick bohrte sich auf einmal tief in den meinen. Sie zog die Augenbrauen nach oben und musterte mich interessiert. Und plötzlich weiteten sich ihre Augen, als würde sie erkennen, was ich war. Ihr Blick änderte sich, wurde herausfordernder. Ich war mir sicher, sie erkannte in mir die Füchsin. Meine Ohren zuckten, legten sich an und ich zeigte erneut die Zähne, drohte ihr. Doch sie warf den Kopf zurück und lachte … lachte mich aus. Was bei den sieben Höllen …?

***

 

Apollo hatte mich bemerkt und wandte den Kopf. »Rai, Liebling, da bist du ja!«, flötete er und streckte die Hand nach mir aus. Ich ging zu ihm, schmiegte mich an seine Seite und starrte die Brünette hasserfüllt an.

»Rai, wie schön«, piepste sie und streckte die Hand aus. Ich war mir sicher, sie würde mir gönnerhaft den Kopf tätscheln, doch der Moment verflog. Als ich ihre Hand ergriff, durchfuhr mich ein unglaublicher Schmerz und ich taumelte benommen zurück. Apollo fing mich auf und drückte mich an seine Seite. Doch statt sich nach meinem Befinden zu erkundigen, nahm ich wie durch einen dichten Schleier wahr, wie er sich weiterhin mit ihr unterhielt. Meine Glieder wurden schwer, mein Verstand glich einer zähen, trägen Masse. Und als sie ihn an der Wange berührte, konnte ich nur fassungslos zusehen.

Ihre Augen leuchteten grün auf und ich hatte Mühe, bei Bewusstsein zu bleiben. Apollo schien davon nichts mitzubekommen. Er starrte ihr in die Augen und ließ die Berührung zu! Was zur Hölle …? Ihre grünen Augen drangen in meinen Verstand ein und waren das letzte, an das ich mich erinnerte.

 

 

 Kapitel 3

Als ich wieder zu mir kam und die Augen öffnete, lag ich in Apollos Armen, mein Kopf ruhte an seiner Brust und er trug mich gerade in den Fahrstuhl.

»Was …«, murmelte ich benommen und griff mir an die Stirn. »Was ist … passiert?« Mein Herzschlag dröhnte mir in den Ohren, es rauschte und donnerte so laut, dass ich mir am liebsten die Hände an den Kopf gepresst hätte, nur um dieses Geräusch auszublenden. Einzig Apollos ruhige Atemzüge halfen etwas gegen das Hämmern und Dröhnen.

»Du bist im Auto ohnmächtig geworden«, murmelte er und drückte seine Lippen auf meinen Scheitel. »Ist alles in Ordnung?«

Ich schloss die Augen und konzentrierte mich eine Weile auf das sanfte Heben und Senken seiner Brust. Irgendwann vernahm ich das leise Pling, welches die Ankunft des Fahrstuhls im Penthouse ankündigte. »Ja«, murmelte ich. »Mir ist nur etwas schwindelig. Du kannst mich runterlassen.«

»Wirklich?«, neckte er mich amüsiert und trat ins Foyer seiner Wohnung. »Ich würde dich lieber sofort ins Bett bringen. Nur für alle Fälle.«

Ich hob den Kopf und blickte in seine goldbraunen Augen. Irgendwie sahen sie anders aus, als ob ihnen der Glanz fehlte. Hatte er getrunken? Scotch mit Rossos, überlegte ich. Mehr nicht. Das letzte, woran ich mich erinnern konnte, war, dass wir uns mit Rossos an der Bar unterhalten hatten. Worüber? Bei der Göttin, mein Verstand glich einem nur träge in Fahrt kommenden Fahrzeug, das zudem noch eine tonnenschwere Last hinter sich herzog.

»Apollo, wie bin ich ins Auto gekommen? Wann genau bin ich ohnmächtig geworden? Ich erinnere mich an Rossos und das wir uns über irgendetwas unterhalten haben und …«

»Die Leiche vor dem Klub, darüber haben wir uns unterhalten. Und sonst nichts. Er sagte, er wisse nichts darüber.« Ich nickte träge.

»Und dann?«

Apollo runzelte die Stirn. »Ich … weiß nicht. Hast du mich nicht zum Auto gebracht?«

»Nein, du mich. Meine Güte, wie viel hast du getrunken?«

Er blinzelte. »Wie viel hast du getrunken?«

Wir kicherten wie auf Knopfdruck gemeinsam drauf los. »Scheint so«, stellte ich fest, »das wir ziemlich viel getrunken haben müssen.«

»Mh.« Apollo schob die Schlafzimmertür mit dem Rücken auf und legte mich vorsichtig auf dem Bett ab. »Also nicht, dass ich mich betrunken fühle«, murmelte er und schob langsam das Kleid über meine Schenkel nach oben. »Eher beschwipst und total rollig.«

Ich knurrte. »Rollig wie ein Fuchs?« Ich spreizte die Beine, sodass er sich zwischen meine Schenkel legen konnte. Apollo schob mir das Kleid bis weit über die Hüfte und platzierte seine Hände auf meinen Knien, die er noch weiter spreizte, bis ich weit geöffnet vor ihm lag. Er saugte an seiner Unterlippe, befeuchtete einen Finger und schob ihn unter den Steg meines Slips, wo er sofort in mich eindrang und mich reizte.

»Apollo«, stöhnte ich, »mein Kopf dröhnt und du kannst dich auch an nichts erinnern. Meinst du, es wäre so klug, jetzt …?« Er beugte sich über mich, platzierte eine Hand neben meinem Kopf und drang mit einem zweiten Finger in mich ein.

»Ich muss dich jetzt ficken. Ich bin so geil …« Er stieß seine Finger mehrere Male heftig in mich, bevor er sich zurückzog, sich aufrichtete und an seiner Hose herum zerrte. Ich stützte mich auf meine Unterarme und beobachtete ihn eine Weile, wie er zwischen meinen weit geöffneten Schenkeln kniete und einen verzweifelten Kampf gegen seinen Hosenknopf führte. Ich lachte auf, setzte mich hin, schob sanft seine Hände beiseite und platzierte meine Handfläche auf der sich deutlich abzeichnenden Beule.

»So schlimm?«, säuselte ich. Apollo warf den Kopf in den Nacken und atmete tief ein.

»Ich war kurz davor, bereits im Auto über dich herzufallen. Aber meine Manieren verboten mir es, dich zu vögeln, so lange du bewusstlos warst.« Ich öffnete langsam seine Hose, zog den Reißverschluss so runter, dass jeder Zahn beim Lösen ein leichtes Klackgeräusch machte und schob ihm den Stoff über den Hintern. Apollo spannte die Backen an und ich gab dem Drang nach, sie kräftig zu drücken. Ich beugte mich vor und leckte einmal der Länge nach über seinen Penis – durch den Stoff seiner bereits durchweichten Unterhose.

»Rai, bitte«, flehte er zwischen zwei abgehackten Atemstößen. Ich lächelte zufrieden, hakte meine Finger in den Bund seines Slips und zog ihn runter. Sein Penis sprang mir entgegen und ich griff rasch danach, umfasste ihn und sah Apollo von unten herauf an, meine Wimpern hoben sich nur leicht, sodass ich einen verführerischen Anblick bot. »Möchtest du, dass ich ihn in den Mund nehme?«, fragte ich und blies leicht über ihn.

Apollo hob den Kopf und starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an. »Ich dachte, du magst das nicht?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Ich kann es ja mal probieren.« Apollo knurrte tief auf, als ich meinen Daumen über seine Kuppe wandern ließ und einen vorsichtigen Kuss auf die Spitze setzte.

»Leck ihn ab«, knurrte er und schob ihn verhalten in meine Hand, sodass er meine Lippen anstupste. Unwillkürlich öffnete ich den Mund und ehe ich richtig darüber nachdenken konnte, spürte ich ihn auf meiner Zunge. Apollo griff nach meinem Kopf und stieß ein paar Mal in meinen Rachen. Ich würgte und mir tränten die Augen. Als er merkte, dass ich mich zusätzlich noch verkrampfte, hörte er sofort auf. Hastig zog er sich zurück.

»Entschuldige«, murmelte er. »Das wollte ich nicht.«

Ich schluckte. Apollo legte seine Hände auf meine Wangen und wischte mir die Tränen aus den Augen. »Keine Sorge, mir geht es gut«, räusperte ich mich. »Noch mal.«

Apollos Augen weiteten sich vor Überraschung. »Ja, bitte, nur lass mich bitte machen.« Er schüttelte den Kopf.

»Ich weiß nicht, ob ich das kann.«

Ich schloss meine Finger um ihn und leckte – so wie er es von Anfang an verlangt hatte – über seine Kuppe. Apollo sog scharf die Luft ein. »Überlass mir die Führung«, murmelte ich und umkreiste mit der Zungenspitze die Eichel. Er stöhnte schwer atmend auf, nickte und legte den Kopf in den Nacken, die Arme verschränkte er auf dem Rücken, sodass er nicht reflexartig nach mir greifen und die Führung übernehmen würde. Ich lächelte über die Geste und begann damit, ihn zu verwöhnen.

Nach dem Abend im Klub und so wie sich mein Kopf anfühlte, glaubte ich nicht, dass ich noch großartig Lust verspüren würde. Aber je länger ich ihn in der Hand hielt und mein lustvolles Spiel an ihm ausübte, desto heißer wurde ich. Und Apollo war unglaublich. Er tat nichts, absolut gar nichts. Einzig die Geräusche, die er hin und wieder ausstieß, zeigten mir, dass ihm durchaus gefiel, was ich tat.

Irgendwann griff er doch ein, entzog sich mir und wich mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht zurück. »Auf die Knie, Rotfuchs, oder ich komme über dich wie das letzte Gericht!«

Ich kicherte leise, drehte mich um und präsentierte ihm meinen Hintern. Apollo trat hinter mich, schob den Steg meines Tangas beiseite und drang mit einem kräftigen Stoß in mich ein. Er kam so heftig in mich, dass ich einen leichten Schmerz verspürte und mich aufbäumend nach Luft schnappte. Dabei griff er nach meinen Armen und hielt mich fest, während er mit immer stärkeren Stößen in mich hämmerte. Ich keuchte und schnappte abwechselnd nach Luft, schrie, wimmerte, aber ich wollte auf gar keinen Fall, dass er aufhörte. Als sein Daumen meine Klit zusätzlich reizte, verlor ich völlig das Zeitgefühl. Die nächsten Minuten – oder Stunden? – bestanden nur noch aus reinem, animalischen Sex. Unser Stöhnen und Keuchen erfüllte das Schlafzimmer, das Bett quietschte im Rhythmus unseres Spiels.

Apollo brachte mich so schnell zum Orgasmus, wie noch nie zuvor, und nur wenige Augenblicke später brach er über mir zusammen und wir landeten in einem knäul aus Armen, Beinen und zwei Fuchsschwänzen, die sich bei meinem Höhepunkt materialisiert hatten. Ich legte meine Schwänze um ihn und schnurrte leise – auch Füchse können schnurren. Das Geräusch ist nicht ausschließlich Katzen vorbehalten. Und ich schnurrte gerne in Apollos Armen. Er lachte leise und spielte mit der Spitze meines Schwanzes.

»Du bist irre«, sagte ich wenig später, als wir uns erholt hatten und von den verbliebenden Klamotten befreiten. Es gab nichts Schöneres, als gemeinsam unter der Dusche den Schweiß vom Liebesspiel abzuwaschen.

Kaum hatte Apollo die Tür der Kabine hinter uns geschlossen, drückte er mich gegen die Fliesen und drang erneut in mich ein. Ich schnappte überrascht nach Luft. »Wie kannst du schon wieder?«

»Keine Ahnung«, keuchte er. »Ich kann nicht aufhören. Dein Arsch ist so geil. Deine Brüste sind so heiß.« Ich stützte mich ab und genoss jeden seiner Stöße, diesmal waren sie langsamer, ausdauernder, als hätte er bereits seine erste Salve verschossen. Ich kicherte leise. Hatte er ja auch. Apollo griff um mich herum und knetete sanft meine Brüste. »Himmel und Hölle«, keuchte er, als er das nächste Mal kam. Ich war noch längst nicht so weit, aber das machte nichts, denn ich war bereits ausreichend auf meine Kosten gekommen.

Als Apollo sich ein wenig erholt und aus mir zurückgezogen hatte, wusch er mir sanft die Haare, verteilte das Duschgel über meinem Körper. Hingebungsvoll liebkoste er jede Stelle, wusch und massierte und ich schloss die Augen. Nachdem er sich selbst gewaschen und den Schaum abgespült hatte, trocknete er erst mich und dann sich selbst ab und trug mich zurück ins Bett.

Dort beugte er sich erneut über mich, öffnete den Bademantel und spreizte meine Schenkel. »Apollo«, stöhnte ich. »Noch einmal?«

Er schüttelte den Kopf. »Nicht ich.« Und damit verschwand sein Kopf zwischen meinen Schenkeln. Er schenkte mir den Himmel auf Erden und das nicht nur einmal.

 

***

 

In dieser Nacht schlief ich unruhig. Im Traum lief ich durch einen dunklen Wald, stolperte über Wurzeln und schlug mir die Knie bei unzähligen Stürzen auf. Der Wind heulte. Das Geräusch ließ mich frösteln. Es klang fast so, als würde ein Mensch klagen. Und dann veränderte sich das Rauschen. Es klang wie das Stöhnen zweier im Liebesspiel vereinigter Menschen. Sie keuchten und wimmerten, schrien und flehten. Ihr Spiel wurde heftiger und ich blieb nach dem nächsten Sturz einfach hocken und lauschte. Was zur Hölle …?

Als ich die Augen öffnete, brauchte ich ein paar Minuten, um mich zu orientieren. Ich blickte starr nach oben, an die Decke von Apollos Schlafzimmer, unverkennbar an der verschnörkelten Dekoration. Ranken aus Gold und Silber verzweigten sich zu einem scheinbar undurchdringlichen Geflecht, aber je länger man es betrachtete, desto mehr erkannte man das System dahinter. Ich verlor mich für ein paar Atemzüge in der Betrachtung – bis erneut das Stöhnen und Wimmern an mein Ohr drang. Was war das? Woher kam es?

Langsam schob ich meine Hand zur Seite. Meine Finger streiften Apollo und ich drehte behutsam den Kopf. Es fiel mir schwer, mich überhaupt zu bewegen. Apollo warf sich, scheinbar von Albträumen geplagt, unruhig hin und her. Ich griff nach seiner Hand und drückte sie, doch er reagierte nicht. Meine Versuche, mich auf die Seite zu drehen, kosteten mich eine Menge Kraft und ich schaffte es kaum. Es war, als würde mein Körper noch schlafen, nur mein Geist war wach. Und dann sah ich sie. Eine Frau, eine schattenhafte Gestalt hockte auf Apollo und … ritt ihn. Durch ihren Körper hindurch konnte ich die Jalousien und das dahinter liegende nächtliche New York erkennen, selbst die Straßenbeleuchtung durchdrang ihren Körper. War sie ein Geist? Oder eine Traumgestalt? Eine Einbildung?

Ich blinzelte und versuchte damit, das Bild zu verscheuchen, doch die Frau blieb. Sie beugte sich über Apollo und küsste ihn, während ich fassungslos zusehen musste.

»Was …?«, wollte ich sagen, aber meine Stimme gehorchte mir nicht. Verdammt, was war hier los? Ich mobilisierte meine Kraftreserven, hob den Arm, wollte sie wenigstens berühren, wenn ich sie schon nicht verscheuchen konnte. Kurz bevor meine Fingerspitzen ihre Gestalt erreichten, hob sie das Kinn und blickte mir direkt in die Augen. Sie grinste mich an und entblößte dabei eine Reihe spitz zulaufender Zähne. Ihr lüsterner und eindeutig feindseliger Blick durchdrang mich bis ins Mark. Automatisch wich ich zurück, bis mir klar wurde, dass dieses Wesen sich gerade an Apollo verging. Wut ballte sich in meinem Körper und ermöglichte es mir, gegen die Schlafstarre, die noch immer von mir Besitz ergriffen hatte, anzukämpfen.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752123524
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (November)
Schlagworte
Übernatürliche Wesen Hexen Teufel Sukkubus Kitsune Dämonen Engel Roman Abenteuer Romance Fantasy

Autor

  • Kitty Harper (Autor:in)

Kitty Harper ist das Pseudonym einer jungen Mutter, die gerne in sinnliche Erotik abtaucht, ohne dabei vulgär zu weden. Manchmal ein wenig SM, manchmal aber auch starke Frauen, die den Herren der Schöpfung zeigen, wo es langgeht. Kitty hofft, dass ihr genauso viel Spaß an ihren Geschichten habt, wie sie selbst.
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Titel: Mondsüchtig: Der Sukkubus