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The Boss of Law - ein Millionär ist nicht zu haben

von Mina Jayce (Autor:in)
260 Seiten

Zusammenfassung

Der heißeste Junggeselle New Yorks erwartet dich!

Mason Dacota ist sexy, charismatisch und steinreich. Als Staranwalt zählt er zu den besten der USA mit eigenen Kanzleien in New York, LA, Boston und Miami. Für seine knallharte Vorgehensweise und exzellente Erfolgsquote ist er als der Boss of Law bekannt – der Anwalt ohne Gewissen.
Mason hat eine Schwäche für schöne Frauen, schwierige Fälle und sündhaft teure Sportwagen. Am liebsten trinkt er ein exzellentes Glas Whiskey in seinem Whirlpool über den Dächern New Yorks. – Alleine. Denn für eine ernsthafte Beziehung hat er nichts übrig, genauso wenig wie für Understatement.
Um einen wichtigen Kunden zu gewinnen, benötigt er ein neues, zahmes Image. So beauftragt er die taffe PR-Lady Karen, die ihn in der Öffentlichkeit ins rechte Licht rücken soll. Dabei hat er ganz vergessen, dass sie sich bereits kennen, denn Mason war der skrupellose Rechtsverdreher, der Karen vor Jahren, nach einem leidenschaftlichen Zusammentreffen, bei einer Gerichtsverhandlung erfolgreich verklagt hat.

*** Funkensprühen, heiße Dialoge und leidenschaftliche Liebesszenen waren in diesem Buch leider unvermeidbar. Ob die Geschichte nachhaltig ist? – In Liebesdingen ganz bestimmt! ***

Abgeschlossener Roman.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Kapitel 1

KAREN LOMBARD

Unmöglich! Er hat seine Frau betrogen. In aller Öffentlichkeit hat er mit dem Instagram-Model herumgeknutscht, als wäre er sechzehn. Dabei ist er knapp über siebzig. Das kriegst du niemals gebacken, Karen, der ist unten durch. Den zerreißen die Medien. Ich meine, das Mädchen war erst zwanzig, vielleicht einundzwanzig«, bemerkt Jeff, mein PR-Assistent.

»Sie war siebzehn«, antworte ich, lege meine Beine galant auf dem Tisch ab und nehme einen Schluck vom Mocha mit doppelter Portion Schokolade, während ich auf das Knutschbild von Frank Peterson, dem alten Millionär, gaffe. »Mmh … Lecker«, säusele ich und schließe die Augen.

»Peterson?«

»Der Kaffee, Jeff! Ich stehe nicht auf alt, faltig und reich«, wehre ich ab und bringe meine Beine mithilfe der Schwerkraft wieder auf den Boden zurück. »Ich mag es knackig, Schrägstrich gut durchtrainiert, gleich alt und auf gar keinen Fall verwöhnt! Ich hasse die finanzstarken, eingebildeten Typen, die mit ihren Maseratis vorfahren, als wären sie Taxifahrer, die im Lotto gewonnen haben. Ich date gerade einen süßen Tierarzt. Er fährt einen bodenständigen Jeep.«

Jeff wälzt sich im Kundenstuhl, knapp eineinhalb Meter professionelle Distanz von mir entfernt, herum, und verharrt in einer nachdenklichen Pose. Er ringt nach Luft und wirft mir einen fragenden Blick zu. »In New York? Er fährt das Auto im Big Apple?«

Ich zucke mit den Schultern. »Als Tierarzt muss er manchmal aufs Land fahren. Gestern durfte ich bei einer Herzoperation eines kleinen Hündchens dabei sein. Oh, der war so niedlich!«

»Und das hat dir gefallen?«

»Nun ja …« Ich räuspere mich. »Der Hund ist bei dem Eingriff leider verstorben. Das war .… sehr tragisch.« Nachdenklich starre ich meinen Mocha an.

»Also doch kein Superheld, dein Jeepfahrender New Yorker?«

»Jeff, wenn es um seine Fingerfertigkeit geht, ist er ein Avenger! Da habe ich keinerlei Bedenken und verlieben werde ich mich nach der Sache mit Anthony sowieso nicht mehr. Außerdem … Der Tierarzt hat verdammt flinke Finger, sehr flinke Zeige- und Mittelfinger.«

»Großer Gott! Keine Details bitte! Es gab einen Todesfall eines geliebten Haustieres … und du bist meine Chefin!«

»Na und?! Gestern hast du mir noch von deinen Erektionsproblemen verursacht durch deinen neuen Lover mit dem fehlenden erotischen Touch erzählt.«

Jeff rückt auffällig auf seinem Stuhl umher. »Können wir jetzt bitte wieder von Peterson sprechen? Die Überleitung toter Hund und Sex gefällt mir nicht. Absolut nicht! Wie kannst du nur an Sex denken, wenn doch gerade ein unschuldiges Hündchen gestorben ist!«

»War ja nicht meiner«, murre ich und erinnere mich daran, dass ich erstens keinen habe, beziehungsweise nie einen hatte, und zweitens Jeff solche Sachen und Vorfälle immer besonders nahe gehen. Er ist ein Sensibelchen und heult sogar, wenn es in seiner Lieblingsbäckerei keinen Cheesecake mehr gibt. Er ist meine sensible Seite und ich seine harte. Deshalb verstehen wir uns so gut.

Wir konzentrieren uns wieder auf das Pic von Peterson, das vor uns auf dem Schreibtisch liegt. Peterson hat die Hand am Hintern eines blutjungen Models und würde er nicht um zehn Jahre älter auf dem Foto aussehen, als er es ohnehin schon ist, könnten wir die Sache einfacher unter den Tisch kehren. Doch aktuell haben wir ein Problem.

»Auf dem Pic sieht man sogar den Sabber von dem alten Typen«, merkt Jeff an und schnipst das Bild angeekelt vom Tisch.

Zugegeben, nun vergeht mir der Gedanke an heißen Sex mit dem Tierarzt. Wie konnte das junge Mädchen nur! Igitt! Seine Affäre ist minderjährig! Ich sehe schon das mediale Drama: Die arme Ehefrau Peterson betrogen mit einem viel zu jungen Teilzeit-Instagram-Duckface-Model, und das alles, während die gutgläubige Mrs. Peterson sich für wohltätige Zwecke einsetzt und erst am nächsten Tag davon durch die Zeitungen erfahren muss.

»Die Leute werden Frank auf der Straße bespucken! Seine bemitleidenswerte Ehefrau wird unzählige Zugeständnisse und Sympathiepunkte abbekommen … weil sie eine Sauberfrau ist und sonntags immer in die Kirche geht«, wirft Jeff mit einem sarkastischen Augenrollen ein.

Ich lehne mich ein Stück nach vorne. »Ich verrate dir jetzt ein Geheimnis, mein Lieber! Petersons Frau lag gestern in den Armen ihres bildhübschen Lovers. Er ist ihr Poolboy und über ein Jahrzehnt jünger als sie selbst. Um eins Komma vier Jahrzehnte, genau genommen.«

Als PR- und Imageberaterin habe ich es mir angewöhnt, in heiklen Fällen nicht von Jahren, sondern von Jahrzehnten zu sprechen. Es sind drei Jahrzehnte Altersunterschied. Nur drei! Das klingt besser, als zu sagen, dass dreißig Jährchen zwischen den Partnern liegen. Boulevardmedien hinterfragen selten. Sie drucken das ab, was man ihnen als Leckerbissen hinwirft. Sie denken nicht weiter und schon gar nicht rechnen sie nach.

»Und ganz ehrlich, Jeff, seine Frau geht sonntags nur in die Kirche, um ihre neuen Modekollektionen vorzuführen. Und der verdammte wohltätige Mist ist zum Steuern abschreiben und für die Eigen-PR gut. Das meiste Geld landet in ihrer Privatstiftung, das gering versteuert wieder auf die Privatkonten der Petersons zurückfließt. Wie glaubst du, wie sie sich ihre fünfzig-meterlange Yacht finanziert haben? Eine Million Dollar für einen Meter Luxusboot, habe ich mir mal sagen lassen. Der Himmel scheißt kein Geld. Das ist nur Taubenscheiße, die auf unseren erbärmlichen Schultern landet!«

»Dann werden wir uns in Zukunft also mit einem Schlauchboot zufriedengeben müssen?«, stellt Jeff seufzend fest und stützt den Kopf in seine Arme.

»Ein Holzboot für zwei Personen liegt drinnen. Du kriegst eine satte Prämie, wenn du in Rente gehst, versprochen! Insofern du meiner Firma treu bleibst.«

»Ich hasse meinen Job«, lügt er und schlürft von seinem Kaffee. »Ich erzähle der Welt Unwahrheiten und bekomme am Ende nur ein Schlauchboot dafür?!«

»Ein Holzboot – für zwei Personen! Damit kannst du vor der Skyline New Yorks herumrudern. Und du bist ein Geschichtenerzähler, du liebst deinen Job, sonst wärst du nicht hier. Du machst die Welt ein Stück besser«, rechtfertige ich unsere Arbeit und bohre meinen Zeigefinger in das harte Holz des Tisches.

»Wir sind Lügner.«

»Wie viele andere auf dieser Welt auch. Die ganze Menschheit lügt. Der Poolboy von Annette wohnt sogar im Haus der Petersons. Frank hat ihm zwei Zimmer im Erdgeschoss überlassen, im Gegenzug darf der alte Hausherr das Poolhaus für seine ausschweifenden Champagner-Partys mit Freunden und diversen Mädels für Sexorgien benutzen. Das Ehepaar geht schon lange getrennte Wege. – Wahre Liebe eben, die in die Jahre gekommen ist. Offiziell sind sie seit zwanzig Jahren glücklich verheiratet, haben zwei Kinder, die in Yale studieren und die ihre Eltern abgöttisch lieben. Die Petersons unterstützen diverse Wohltätigkeitsveranstaltungen und arbeiten hart. In Wahrheit lebt die ganze Familie von den Kapitalzinsen und die erwachsenen Kids hassen ihre Mum und ihren Dad, weil sie nie Zeit für sie hatten und kiffen sich ihr Leben schön, weil es für sie fürchterlich war, in Reichtum aufzuwachsen. Klassische Upper-Eastside-Probleme eben.«

»Gut, dass ich in Brooklyn und in bemitleidenswerter Armut aufgewachsen bin«, wirft Jeff seufzend ein. »Dann mal los, fang an, zu zaubern. Bin gespannt, wie du sein Imageproblem lösen wirst.«

Ich nehme das Foto ein weiteres Mal ins Visier. – Tatsächlich heikel, sehr herausfordernd … doch als PR-Beraterin ist es mein Job, aus Losern Stars zu machen, aus Kotzbrocken Darlings, aus Ehebrechern unverdorbene Nonnen (oder Klosterbrüder) und jedem das Image zu verpassen, das einem zum beliebten Allroundstar macht.

Ich vertausche Böse gegen Gut. Zaubere aus Betrügern unschuldige Lämmchen, zumindest für die Minuten und Stunden, die sie im Rampenlicht stehen. Dass sie, sobald das Licht ausgeknipst wird, wieder rückfällig werden, wie manche Alkoholiker, wenn sie vor einer gefüllten Wodkaflasche sitzen, ist vernachlässigbar und im Großen und Ganzen vertuschbar.

Insofern sie sich in der Öffentlichkeit nach meinen Regeln verhalten, wird niemand darunter zu Schaden kommen. Weder mein Bankkonto, noch ihre Ehe oder ihr Image. Man könnte mich als Zauberin bezeichnen, doch das trifft den Kern der Sache nicht, denn ich verpasse den Leuten nur ein neues Profil, keinen Sinneswandel. Ich wahre den Schein einer schönen, gutmütigen Welt, mit vielen netten Mitmenschen, die in diesem herrlichen Kosmos leben.

Am Ende werden alle glücklich sein. So läuft das Spiel.

Mason Dacota

Wieder eine dieser stinklangweiligen Abendveranstaltungen, auf die die Welt gewartet hat, und die ich so sehr verabscheue wie lahme Autos. Lieber würde ich mit der Queen eine langweilige royale Tasse Tee trinken und ihr in den in die Jahre gekommenen Ausschnitt gucken.

Ich streife mir mein dunkelblaues Sakko über, bedecke damit meine Rolex und sehe auf die braun-polierten Schuhe, die ich extra für diese größenwahnsinnige Veranstaltung aus Italien habe einfliegen lassen. Tja, da haben wir das Problem: Größenwahnsinn trifft auf Größenwahnsinn und das liebe ich, denn sonst hätte ich meine Teilnahme nicht zugesagt!

Ich löse einen imaginären Fussel vom blauen Anzugstoff. Das Sakko spannt ein wenig um meine breiten Schultern, vielleicht war das Training in den letzten Wochen zu viel. Doch dadurch kommen meine Muckis definierter zur Geltung. Ich nehme meine Schultern nach hinten, um mit meinem Auftreten gegebenenfalls mein Gegenüber einzuschüchtern oder in sexuelle Wallungen zu bringen. Beides ist mir willkommen. Zufrieden grinse ich mein Spiegelbild an.

Ich werde das Event heute Abend rocken, die Leute werden mir zu Füßen liegen. Männer wie Frauen. Eine Vorstellung meinerseits und der Kanzlei wollen sie haben. Als Gastredner, als Förderer ihrer Genossenschaft … Ich werde ihnen eine Geschichte erzählen, jene, die sie hören wollen. Als rechtschaffener Anwalt wäre es angebracht, die Wahrheit zu sagen, doch damit würden sie mir Reihe um Reihe von den Stühlen kippen. Wie würden die Tatsachen auch klingen:

»Hi, ich bin Mason. Mason Dacota. Anwalt, Staranwalt … Kotzbrocken, wie ich gestern im Verhandlungssaal von der süßen Staatsanwältin mit dem kleinen Knackarsch bezeichnet worden bin. … Off records: Sie hatte verloren und war ziemlich geknickt, aber das passiert der Gegenseite ständig, denn ich laufe im Gerichtssaal zu wahrer Größe und absoluter Höchstleistung auf.

Als Abzocker werde ich von meinen Kontrahenten mehrmals die Woche betitelt, weil ich in neunundneunzig Prozent der Fälle gewinne. Smartester Anwalt New Yorks und rechtlich gesehen Junggeselle – so zumindest der New Yorker, gestern auf dem Titelblatt. Das »rechtlich gesehen Junggeselle« gefiel mir. Hat mich zum Schmunzeln gebracht. Könnte von mir sein, dieser Witz.

Ich bin ein erfolgreicher Anwalt in einer der größten Kanzleien New Yorks, mit weiteren Niederlassungen in Boston, Los Angeles und Miami. Verstreut an den reichsten Hotspots Amerikas. Die Kanzlei ist eine der bekanntesten in den USA und hat die besten und teuersten Klienten des Landes unter Vertrag.

Ich habe ein nettes Büro – so um die sechzig Quadratmeter mit Dachterrasse und Whirlpool, von dem aus ich auf die Skyline Manhattans blicke. Der Whirlpool bietet Platz für acht Personen – oder zehn schöne magersüchtige Grazien. Obwohl mir acht Frauen mit Rundungen lieber sind. Egal … ich schweife ab. Wo sind wir stehen geblieben? Genau … Der Funpool ist das Highlight in meinem Besitz und die Kunden schätzen Gespräche im kühlen Nass, während sie an einem Glas Champagner oder Whiskey nippen und auf die Skyline Manhattans hinabblicken, als wären sie griechische Götter.

Am Abend gehören der Pool und die Einsamkeit mir. Nichts geht doch über einen gewonnenen Fall und ein gutes Glas Springbank 1919, nackt in meinem Whirlpool. Verdammt! Das liebe ich! … Ich, die hell erleuchtete Skyline und mein kleines Alkoholproblem. – Das war ein Scherz, natürlich bin ich kein Alkoholiker, ich trinke nur gerne.

Ich habe keine Ehefrau, dafür eine Geschäftspartnerin, die mehr nervt, als zehn Eheweiber zusammen. Sie liebt es, ihren Mund für die falschen Dinge – zumindest mir gegenüber – zu verwenden: Vorwürfe, Mäßigungen oder Anschuldigungen. Dabei redet sie … stundenlang und wird nie müde, mir alle möglichen verbalen Ergüsse an den Kopf zu werfen. Vermutlich ist sie deshalb Rechtsanwältin geworden und gehört mit ihrem Kaliber von Schnabel zu den Staranwälten New Yorks. Sie ist die schärfste Schusswaffe, die unsere Kanzlei zu bieten hat, und für das viele Gequatsche bekommt Helen auch noch jede Menge Geld von mir. – Monatlich auf ihr Konto überwiesen, was zusammengerechnet teurer als eine Scheidung kommt. Ich Vollidiot! Vielleicht war es ein Fehler, sie zu meiner Partnerin gemacht zu haben. Bestimmt war es das, aber im Nachhinein betrachtet war es ein verdammt guter Fauxpas, denn sie ist eine Bombe. Ich rede hier nicht von bombastischen Höchstleistungen im Bett, denn das teilen wir nicht … Ich bedaure es auch nicht, dass wir noch nie zusammen nackt auf meiner Savoir-Matratze gelandet sind.

Sie macht einen guten Job. Keine Blowjobs, denn dieses Vergnügen bleibt mir verwehrt – sie ließ es sich vertraglich zusichern … à la keine sexuellen Gefälligkeiten, du Mistkerl, comprende?! Eiskalt von ihr, was?! Sie macht mir auch keinen Kaffee. (Haben wir auch vertraglich festgelegt – comprende, du Mistkerl?!) und weiteres absolutes No-Go von meiner Liebsten, über das sie nicht mit sich verhandeln lässt: Sie trägt keine Miniröcke, was eine fürchterliche Entscheidung ist, denn ihre Beine sind alleine schon in Hosen ein Hammer. Keine Ahnung, wie diese grazilen Beinchen in einem süßen Röckchen aussehen würden.

Sie erlag noch nie meinem Charme, der zugegeben betörend sein kann, wenn ich es darauf anlege. Dabei habe ich es versucht! Gott, nicht nur einmal, sondern zig Male! Unverständlicherweise prallt mein inszenierter Liebreiz wie ein Ball bei einer steinharten Mauer ab. Sie ist eine züchtige und bestimmende Geschäftspartnerin, die maßgeschneiderte Hosenanzüge und Killer-High-Heels trägt und der ich nicht mal eben so auf den Arsch blicken kann, weil sie mich dafür kastrieren und wirtschaftlich ausziehen würde. – Sprich, sie würde mich in wenigen Sekunden mit einer Klage über sexuelle Belästigung um ein paar Millionen erleichtern und mir ihren Absatz in den Schritt rammen.

Sie raucht Zigarre. Sie pafft sie nicht nur, sondern sie raucht sie! Ehrlich! Haben Sie schon mal eine Frau gesehen, die richtig Zigarre rauchen kann? Dafür hat sie meinen grundehrlichen und bodenständigen Respekt! … Nein, um ganz ehrlich zu sein, macht mir das sogar Angst.

Sie ist die einzige Langzeitpartnerin in meinem Leben – mal abgesehen von meiner Mutter –, denn ansonsten sind mir Bindungen suspekt, weil sie nicht verhandelbar sind und mit der Zeit ein individuelles Eigenleben entwickeln, das nicht steuerbar ist. »Schatzi hier, Schatzi da«, »Zuckerbärli – huhu«, »Darling!« – abartige Erfindung solche Verbindungen und diese ungenierten Kosewörter, die man missbraucht, um seine verkorkste Liebe auszudrücken.

Ich habe gerne One-Night-Stands, die ich pünktlich um fünf Uhr morgens aus meinem Bett werfe, sobald ich aufstehe, um ins Fitnessstudio aufzubrechen. Nun ja, ich bin Anwalt und verhandle frühmorgens eben nicht über Bleiberechte oder über eine Draufgabe. Die Draufgabe gibt es, insofern sie gut war und nur selten war die Nacht so berauschend, dass ich freiwillig auf das Fitnesstraining verzichte, weil der Bettsport um einiges herausfordernder und befriedigender ist, als das Crosstraining mit meinem Personal Trainer und Iron-Man-Gewinner Paul.

By the way, vielleicht sollte ich erwähnen, dass mir der Whirlpool, die teuren Flaschen Whiskey, das kleine Büro und die Dachterrasse gehören. Ebenso wie die vierzig anderen Stockwerke in diesem Haus, die ich bei masochistischen Anwandlungen an manch üblen Tagen zu Fuß hochlaufe (Teil des Crosstraining-Sadismus, zu dem mich Paul und mein Ego zwingen).

Mir gehören die restlichen dreihundertdreißig Büros in diesem Gebäude, die ich großteils an andere Firmen vermietet habe, und drei weitere Niederlassungen im Land. Dacota & Partner – steht in goldenen Lettern auf dem Haupteingang dieses schmucken Wolkenkratzers. – Die renommierteste Rechtsanwaltskanzlei New Yorks! – Wir gewinnen jeden Fall! Und sollten Sie zu dem elitären Kreis der Arschlöcher gehören wollen, die als Rechtsanwalt für uns arbeiten, oder uns als Klient beauftragen möchten, dann haben Sie in wenigen Minuten die Möglichkeit, mit mir bei einem Glas Whiskey darüber zu sprechen. – Cheers, Ladys and Gentlemen … lassen Sie sich Ihre Drinks und das Grinsen Ihres Gegenübers schmecken.

Schönen Abend noch!«

Ich deute eine halbe Verbeugung an und stelle mein Whiskeyglas zufrieden zur Seite. »Gut, was? Du kommst auch darin vor!«

Helens Mund ist aufgeklappt, hat jeglichen Schließautomatismus verloren.

»Bist du verrückt?! Ich könnte dir dafür eine reinhauen! Mitten in deine selbstverliebte Fresse, Mason!«, ruft sie.

Meine Partnerin schüttelt es am ganzen Körper, sie kippt beinahe aus ihren Killer-High-Heels, oder ist versucht, einen nach mir zu werfen. So genau kann ich ihr Vorhaben nicht deuten.

»So schlecht?« Dabei sehe ich fragend mein Spiegelbild an. »Ist mir gerade aus dem Stegreif eingefallen. Vielleicht sollte ich ein, zwei Sätze daraus streichen. Es geht doch nichts über schlechte, großkotzige PR. Den Medien gefiele das. Die würden Seiten davon abdrucken, über den überheblichen Anwalt Mason Dacota … Und schon wieder wäre ich in allen Zeitungen … Bamm! Bad news are good news, Darling! So bleiben wir im Gespräch!« Ich grinse sie selbstgefällig an und richte meine Krawatte.

»Das kannst du vergessen. Ein Wort in diese Richtung, und ich bin weg. Und du weißt, was das bedeutet. Immerhin bin ich deine Geschäftspartnerin.«

»Ein großer Fehler, den ich vor fünf Jahren begangen habe, wie du unschwer durch meine Rede erfahren musstest.« Ich richte mir den Kragen meines Sakkos, da er ein wenig schief liegt. In dieser Hinsicht bin ich kompromisslos, denn ich bin Perfektionist. Jede Pointe, jeder Satz, jedes Wort – jeder Stoff muss sitzen.

»Und der dir jedes Jahr ein paar Millionen Dollar einbringt. Ohne mich hättest du dein neues Haus in Malibu nicht. Vergiss das nicht! Warst du überhaupt schon mal dort?«

Ich beuge mich zu ihr und nehme sie ins Visier. »Nein, aber meine Putzfrau! Falls du möchtest, kannst du gerne ein erholsames Wochenende dort verbringen, um mal runterzukommen. Ein bisschen Ruhe würde dir guttun … davon würde auch ich profitieren.« Helen ist die einzige Frau, die meinen Avancen standhält. Deshalb mag ich sie vermutlich. »Es steht dir frei, zu gehen, Helen. Vielleicht in eine der anderen Niederlassungen. Ich wollte dich schon immer als Geschäftsführerin in Los Angeles haben.«

»Viel zu heiß, viel zu sonnig, die haben dort massenweise aufgespritzte Lippen und künstlich angelegte Pobacken und noch dazu grinsen alle … permanent! Außerdem, was wäre dann mit dir? Du könntest im Big Apple machen, was du willst? Nicht mit mir, Mason!« Sie bohrt ihren Zeigefinger in meine Brust. »Du bist größenwahnsinnig, irrational, und wenn du mich nicht hättest, dann würde die Kanzlei nur Arschgeigen als Kunden haben, weil du sie mit deiner Art köderst, wie ehemals Hugh Hefner seine Bunnys.«

»Davon gibt es immerhin genug auf dieser Welt. Also Arschgeigen, nicht Bunnys … und hochkonzentriert kommen sie in New York City vor. Deshalb liebe ich diese Stadt auch. Sie ist voller Sauereien! Außerdem, haben genau diese Arschgeigen Geld. Vergiss das nicht! Die Netten – siehe Leonardo DiCaprio als Jack in Titanic – haben keinen Cent und gehen in den Wellen des Lebens einfach unter. Merk dir das für deine Zukunft, solltest du jemals vorhaben, zu heiraten. Nimm dir das größte Arschloch, das du finden kannst. Dann bist du finanziell abgesichert und brauchst keine Angst zu haben, dass du mit ihm Sex haben musst, weil er zig andere Frauen nebenbei am Laufen hat. Am Ende gibt es eine teure Scheidung, die dich zu einer vermögenden Frau machen wird. Da wärst du fein raus.«

Helen sieht mich mit ihren blauen Augen durch diese ulkigen dunkelroten Brillen an, für die sie früher im Schulhof geschlagen worden wäre. »Romantik und ewige Liebe liegen dir nicht«, stellt sie trocken fest.

»Wie wäre es mal mit einer neuen Brille? Ein schmuckes, elegantes Design. Ich gebe eine Runde aus. Geht auf Firmenkosten.«

»Wie wäre es mal mit ein wenig mehr Benehmen gegenüber Damen? Hm, Mason, was hältst du davon? Ich gebe eine Benimmrunde aus!« Sie stupst sich die groteske Brille zurecht und sieht mich finster an. Wenn sie dürfte, würde sie mich jetzt schlagen. Schön mittig in meine festen Eier.

»Wir brauchen diesen Deal mit der Organisation Life for Earth. Ein Non-Profit-Unternehmen, vergiss das nicht! Wenn du das vermasselst, dann pack ich meine Sachen und bin weg. Ich werde all meine Kunden mitnehmen und zu deinem allerbesten Freund Mike Miller wechseln.«

»Das würdest du nicht wagen!«, fahre ich sie an und schieße mit dem Finger wie mit einer Pistole auf sie. »Der ist genauso ein Arsch wie ich!« Miller! Pah! Das größte Arschloch, das ich kenne!

»Aber nicht so ein großes, wie du es sein kannst.«

Autsch! Klare Worte von Helen und es scheint ihr ernst zu sein. Normalerweise ist sie tolerant. – Gegenüber meinen Ausrutschern.

»Piano, piano!«, besänftige ich sie. »Ich weiß, du willst diesen Deal unbedingt haben. Aber wir können auch ohne«, erkläre ich und gehe zu meinem Wandschrank, um mir ein weiteres und ihr ein erstes Glas Whiskey einzuschenken. Sie kann nämlich nicht nur Zigarre rauchen, sondern verträgt auch einige Zentiliter meines Lieblingsgetränkes, was mich schon vor Längerem davon überzeugt hat, dass sie die wahre Liebe meines Lebens sein muss. Nur hat es nicht Klick gemacht. Mein Herz spielt da nicht mit. … Und ihres hasst mich sowieso, wie man zweifelsfrei erkennen kann.

»Wir können nicht ohne Dyneff. Wir brauchen Life for Earth«, sagt sie und entreißt mir das Glas, das ich soeben im Begriff bin, zu überreichen.

»Schon verstanden. Ich kann auch nett sein.«

»Mason, du bist alles: ein knallharter Anwalt, ein Genießer, wenn es um Whiskey und Frauen geht, ein begehrter Junggeselle, verdammt gut aussehend, sexy, stinkreich, intelligent und clever … doch nett … nein, das bist du nicht. Und das wissen alle da draußen!« Sie zielt mit ihrem Zeigefinger auf die bodenhohe Fensterscheibe, hin zum Empire State Building, als würde sie es mit einem Fingerstupsen zum Einsturz bringen können.

Ich lasse mich in meinen Ledersessel fallen und schließe die Augen, um nachzudenken. Sie hat recht. Verdammt! Wenn ich den Deal nicht bekomme, kriegt ihn die Arschgeige Miller und das darf ich nicht zulassen. Seit sechs Jahren konkurrieren wir miteinander und führen Listen über unsere Siege. Er führt momentan um einen Punkt, also muss ich den Vertrag mit der Non-Profit-Firma an Land ziehen. Da führt kein Weg vorbei. Helen will den Deal, weil sie gute Absichten hat und für die Rechte einer gemeinnützigen Organisation kämpfen will. Ich brauche die Abmachung, damit ich Miller den Stinkefinger zeigen kann. Helen ist mein gutes Gewissen, sie ist die Person, die meine Geschäfte durch gute Aktionen ins Reine bringt. Sie sorgt für mein gutes Karma. Zusammen sind wir Yin und Yang. Helen hat diese Mädchenfantasien, sie will etwas für die Welt tun. So eine stupide Vorstellung eben. Rasant drehe ich mich zu ihr.

»Was schlägst du also vor, Jean D’Arc?«, frage ich, um zu signalisieren, dass ich mich ergebe.

»Ein paar gute Taten und eine verdammt gute PR, um den Kunden von uns zu überzeugen.«

»Die haben wir. Unsere PR ist fabelhaft. Du hast die PR-Tante doch selbst eingestellt und sie macht einen guten Job. Wir sind dauernd mit unseren Erfolgen in den Medien.«

»Mir geht es nicht um die Firmen-PR, denn die ist gut, keine Frage. Ich dachte da eher an dich. An dein Image! … Denn was dich betrifft, da gäbe es jede Menge Verbesserungsbedarf.«

»Ach ja? Was genau meinst du?«, knurre ich und lehne mich ein Stück nach vorne, womit ich sie in Bedrängnis bringe. Mein Blick fixiert ihre blauen Augen. »Soll ich wieder was spenden? Meinen Whiskeyvorrat im Keller, oder die Obdachlosen vor unserem Gebäude zu einer Whirlpoolparty auf der Dachterrasse einladen?« Bei der Vorstellung, dass der alte Fred mit seinem dreck-gebräunten Bauch und seinem dunklen Pferdeschwanz (das Haar wäre nach einem Waschvorgang strohblond) in meinem Pool plantscht, ist übel … echt übel. Es reicht doch, dass ich ihm jeden Tag sein Frühstück spendiere und mit ihm über Frauen quatsche. Er war mal ein ganz schlimmer Finger und das gefällt mir. Für Fred habe ich die ersten zehn Minuten reserviert, ehe ich durch die Drehtür in meinen Dreizehn-Stunden-Arbeitstag eintauche.

»Mason, darum geht es nicht. Du brauchst ein neues Image. Noch besser einen Sinneswandel, doch den wird es auf Bestellung nicht geben. Also kriegst du ein brandneues Profil verpasst. Und ich weiß auch schon, wer für diesen Job infrage kommt.«

»Der Papst?«

Sie schüttelt den Kopf und schnalzt mit der Zunge.

»Meine Mutter? Oh bitte, lass sie aus dem Spiel. Das endet jedes Mal bitterböse und sie macht sich wieder Vorwürfe, dass sie bei meiner Erziehung versagt hat. Du weißt doch, wie fertig sie nach unserem letzten Zusammentreffen war.«

»Sie musste danach den Asthmaspray auspacken und die doppelte Dosis Valium schlucken. Natürlich habe ich das nicht vergessen. Ich wollte schon den Notarzt rufen … Aber verständlich, denn deine Mutter hat mit dir eine Weltkatastrophe verursacht, die sie nicht mehr rückgängig machen kann. Aber lassen wir das jetzt. Irgendwann wirst auch du noch erwachsen werden, das weiß ich. Und bis dahin kriegst du erstmal ein neues Image. Quasi einen neuen Anstrich für deine Fassade.«

»Zum Kotzen. Klingt, als würdest du mir einen Schminkkurs buchen.«

»Indirekt ist es das auch. Sie wird deine ungute Art überschminken und dir eine nette Visage zaubern.«

»Sie?« Nun wird es interessant. Ich l-i-e-b-e Frauen. Vor allem gut aussehende. Ich stehe vom Stuhl auf, gehe zum Fenster und sehe gespielt desinteressiert nach draußen. »Wie heißt die tolle Visagistin, die aus mir einen allseits beliebten Anwalt machen soll?«

»Karen Lombard.«

Ich überlege. »Karen Lombard? Der Name kommt mir bekannt vor … Von irgendwoher -« Fragend drehe ich mich zu Helen um.

»Oh ja, du kennst die Lady. Kannst du dich nicht mehr erinnern? Du hast sie vor vier Jahren in typischer Mason-Manier vor Gericht erfolgreich in den Boden gestampft! Am Ende hat sie nicht nur verloren, sondern auch geheult.«

Kapitel 2

Karen

Nervös drehe ich am Kugelschreiber herum und wippe mit einem Bein, während meine Augen ungeduldig Jeff ins Visier nehmen. Dann schnappe ich nach Luft und entwirre meine Beine.

»Er? Dieses Arschloch, das mich damals, ohne mit der Wimper zu zucken, fertiggemacht hat?« Ich stemme mich vom Stuhl hoch und alles in mir fühlt sich angespannt an. Selbst die Luft, die ich ausatme, ist entsetzt.

»Wir sollen diesem arroganten Mistkerl ein neues Image verschaffen?« Einen Zeigefinger bohre ich dabei in den Tisch, als könnte ich dem Material ein Loch verpassen.

Ich starre das restliche Team an, das unsicher vor mir sitzt und auf den Stühlen herumrutscht, als stünden sie vor einem Fluchtversuch. Sie alle kennen die Geschichte. Sie alle hassen seine Tat.

»Mason Dacota geht nicht. Überhaupt nicht! Rotes Tuch!« Mit meiner rechten Hand schneide ich die Luft, als könne ich damit einen Kopf rollen lassen.

Samantha, die die B-Kunden in meiner Firma betreut, kräuselt ihre Lippen. »Ich kann den Fall gerne übernehmen. Es ist ja nicht so, dass uns die reiche Kundschaft momentan die Bude einrennt und uns mit Aufträgen überhäuft.«

»Ich würde mich auch zur Verfügung stellen. Also, ich könnte die Beratung durchführen«, meldet sich Sandra.

Mit zusammengekniffenen Augen mustere ich sie. »Hallo?! Wir hassen den Typen! Habt ihr das vergessen?!«

Warum zeigen plötzlich alle so viel Einsatz?, liegt unausgesprochen in meinem Blick.

Sam beginnt, zu stammeln. »Ähm … Der Typ ist heiß. Ich glaube, jeder hier würde gerne den Fall übernehmen.«

Ich starre in die Runde, alle nicken dezent, bis auf Jeff. Vermutlich ist Mason Dacota stockhetero, weshalb sein Interesse eingefroren ist.

»Hört auf damit und wischt euch den Sabber von den Lippen! Das ist ja eklig! Es geht hier nicht um Sex, sondern um einen Job!«, rufe ich und knalle eine Hand auf den Tisch. Glastisch, Vorsicht! Ich beruhige mich wieder, denn der Tisch war teuer. Meine Stimme ist leise, aber bestimmt: »Er ist ein Arschloch! Er hat uns vor vier Jahren verklagt! Könnt ihr euch nicht mehr daran erinnern?«

»Wie könnten wir das auch vergessen«, wirft Bernadette ein und kratzt sich am Hinterkopf. »Du warst mehrere Wochen unausstehlich, hast geheult und dein Elend versucht, mit Pannacotta und viel zu viel Sahne zu vergessen. Und dann hattest du einen fetteren Hintern, als du schleppen konntest und warst noch übler gelaunt. Du hast uns alle Prämien gestrichen!«

Weil ich das Geld für eine Fettabsaugung an meinem Arsch benötigt habe!, möchte ich brüllen, doch halte mich zurück, weil es nicht der Wahrheit entspricht.

»Weil ich kein Geld mehr hatte! Nicht mal für Diätshakes! Weil Mason Dacota mich vollkommen abgezockt hatte. Die Gegenseite bekam alles. Wir standen vor dem Ruin!« Der Gedanke, bloß der Gedanke an ihn, macht mich wütend.

In meinem Kopf rasen die Hassparolen herum, die ich ihm nach der Verhandlung am liebsten entgegengeschleudert hätte, doch ich war zu perplex und dann habe ich ihn nie wieder gesehen. Dabei hatte alles so gut begonnen. Damals bei unserer ersten Begegnung im Gerichtsgebäude.

»Er hat doch nur seinen Job gemacht. Er ist Anwalt, Staranwalt. Solche Typen können nicht verlieren.«

»Aber er war im Unrecht. Die Story war an den Haaren herbeigezogen. Er hatte sich irgendetwas zusammengereimt. Wo bleibt da das Recht? Es war alles andere als fair. So jemanden können wir nicht vertreten.«

»Wir vertreten doch permanent Lügner! Der Fall würde uns viel Kohle einbringen, denk an das Honorar«, wirft Bernadette ein, die ein Auge auf die Zahlen hat und sich um das finanzielle Wohlergehen der Agentur kümmert.

»Mason Dacotas Ruf ist miserabel und für dich wäre es eine Herausforderung. Endlich mal wieder ein richtig geiler Fall!« Jeff deutet auf das Bild von Dacota, das er in diesem Moment auf die Wand projiziert. Unzählige Fotos laufen auf der Leinwand ab.

Oh Gott! Diese Augen, die machten mich damals schon sprachlos! Einfach umwerfend … und doch so herzlos.

»Dacota ist selbstgefällig, überheblich, großspurig, reich, noch überheblicher …« Und gut aussehend. Die letzten zwei Worte verkneife ich mir. Innerlich seufze ich. Er ist ein Arschloch, dem ich nie wieder begegnen wollte. »Sag seiner Assistentin -«

»Partnerin«, wirft Jeff ein.

»Partnerin? Liebe? Wer hält es mit dem aus?!«

»Geschäftspartnerin.«

»Aha. Sag seiner Geschäftspartnerin, dass wir gerade unsere Kapazitäten prüfen und uns melden werden. Damit ist beschlossen … wir werden den Fall nicht übernehmen.«

»Da muss ich unterbrechen!«, wirft Bernadette ein. »Uns bleibt nichts anderes übrig. Aktuell haben wir eine viel zu schwache Auftragslage«, erklärt sie und klingt dabei wie eine Finanzministerin, die ihre Budgetrede hält.

»Das würde nicht nur Geld reinspielen, sondern auch PR für dich. Mason Dacota hat alle mächtigen Fälle in der Stadt über. Wenn du seine persönliche PR-Lady wirst, dann wäre das ein Playback an uns. Er wird uns weitere Kunden einbringen, immerhin vertritt er die Bad Boys und Bad Girls von New York. Helen – also seine Partnerin – will dich haben, du bist konkurrenzlos, Schätzchen«, sagt Jeff und wirft mir ein Küsschen zu.

Ich hebe eine Augenbraue.

»Weil du die Beste bist, hat sie gesagt«, ergänzt er und fängt mich mit einem Blick ein, der mich immer überreden konnte.

Nach der Besprechung setze ich mich mit einem Mocha auf dem bequemen Ausruhsessel vor dem Fenster, den ich mir extra zu Entspannungszwecken angeschafft habe, und blicke auf das gegenüberliegende Backsteingebäude. Mason Dacota zu vertreten, geht gegen meine Prinzipien, immerhin hat er mich vor einigen Jahren um viel Geld erleichtert. Wegen eines kleinen Anfängerfehlers, den ich in der ersten Zeit als PR-Frau in meiner frisch eröffneten Agentur verursacht habe. Dacota war eiskalt und hat mich, ohne mit der Wimper zu zucken, vor Gericht fertiggemacht und das, obwohl wir einen äußerst netten Start hatten. Es war meine erste Klage, ich war neu im Geschäft, feinfühlig, sanft, ich hatte noch kein dickes Fell, das mir zur Abwehr gegen seine Worte hätte dienen können. Das Ganze ging mir sehr nahe und ich brauchte etliche Monate, um mich von diesem Schock zu erholen – auch in finanzieller Hinsicht. Dank ihm bin ich zu einer taffen Frau mit einer phänomenalen Schutzschicht geworden. Doch dankbar bin ich ihm für diese Lektion nicht. Und nun soll ausgerechnet ich dieses riesengroße Arschloch vertreten? Aus dem Bad Boy einen scheinbaren Good Boy machen?

Ich schnappe die Mappe, die mir Jeff zu dem wieder aufgeflammten Mistkerl in meinem Leben zusammengestellt hat und lasse den Blick über die zahlreichen Artikel und Fotos schweifen. Gut aussehend ist er, keine Frage. Das ist mir und meiner Libido damals schon aufgefallen. Er war der einzige Mann, der jemals diese unbändige Vibration in mir auslösen konnte. Ich seufze.

Überhebliches Grinsen, das zugegeben sehr vereinnahmend wirkt. Er in legerer Freizeitkleidung auf Yachten, dann wieder in perfekt sitzenden teuren Anzügen im Gerichtssaal und bei Dinnerpartys. Unzählige Bilder mit Frauen, die er offensichtlich öfters wechselt als seine Zahnbürste, denn mit keiner davon ist er mehrere Male ausgegangen. Braune Augen, die Ehrlichkeit und Offenheit ausstrahlen, dabei besitzt er genau das Gegenteil davon – zumindest so meine Erfahrung damals im Gerichtssaal. Dreitagebart, der ihn viel zu sexy macht – meine verräterische Vagina fühlt sich zu so etwas leider hingezogen –, und eine geschwungene Lippenpartie, die einladend wirkt, um in eine Dauerknutscherei mit diesem Mann zu verfallen.

Dacotas Teint ist karamellfarben, als würde er seine Freizeit ausschließlich bei Segeltörns verbringen, dabei wird er bei dem Erfolg, den er hat, nonstop arbeiten müssen. Er und ich auf seinem Boot … Kühler Champagner, Erdbeeren … Sonnenuntergang, danach Strandspaziergang … Oh, ich liebe Strandspaziergänge. Pah! Aber nicht mit ihm! Liebes Gehirn, er ist der Feind, also lass diese perfiden Fantasien sein!

Leider hatte mich das alles schon bei unserem ersten Aufeinandertreffen in den Bann gezogen. Damals, als wir uns im Gerichtsgebäude begegnet waren. Ich drehe verträumt die Tasse in den Händen, schließe die Augen und gehe mit meinen Gedanken vier Jahre zurück.

Es war kurz vor der Verhandlung. Ich stand beim Kaffeeautomaten, wollte mir vor dem Beginn noch einen Kaffee ziehen, doch die Maschine hielt recht wenig von meinem Plan und schluckte das Geld, ohne mir die heiße Brühe auszugeben. Ich trat einmal fest dagegen, fluchte laut und drehte mich genervt um. Da sah ich dem Mann in die Augen, der die wunderschönsten braunen Augen auf Erden besaß. Goldene Sprenkel durchzogen seine Iris, als wäre es Goldstaub, der sich kostbar darin verschloss. Sie funkelten mich neugierig an und mir stockte der Atem.

»Donald, lass die Zicken«, sagte er mit sanfter Stimme, in der ein bassiger Unterton lag, der mich augenblicklich vergessen ließ, wer ich war und was ich hier wollte. Er drehte sich zum Kaffeeautomaten. »Gib der Dame ihren Kaffee! Sie sieht so aus, als könnte sie ihn dringend brauchen«, fuhr er fort und streichelte zärtlich über das Metall, sodass ich mir wünschte, ich wäre dieser alte Kaffeeautomat, über den seine Finger glitten. Dann beugte er sich in meine Richtung, sein Atem streifte mein Ohr.

Er flüsterte: »Unter uns, aber Donald darf es nicht hören, denn er ist unser Butler …« Ich spürte seinen heißen Atem an meiner Wange … »Der Kaffee ist fürchterlich. Wenn Sie öfters hier sind, wissen Sie, dass Sie einen großen Bogen um den alten Donald machen sollten. Er ist nicht mehr der jüngste, der Kaffee schmeckt wie aus den Siebzigern und er steckt die meiste Zeit nur ein, aber teilt nicht aus. … Warten Sie … bleiben Sie genau hier stehen.« Er erhob seinen Zeigefinger und drehte sich mit einem Lächeln von mir weg.

Ich tat, wie er es mir befohlen hatte, und wartete bei Donald.

Es vergingen ein paar Minuten, in denen ich den Gang anstarrte, durch den er verschwunden war. Sein Parfum lag in der Luft. Eine hölzerne Note, die sich erotisch in meinen Gedanken verankerte. Wie ein verliebter zittriger Teenager blieb ich zurück.

Es verging gefühlt eine Ewigkeit. … Und dann sah ich ihn wieder.

Der unbekannte Mann spazierte mit zwei Pappbechern in der Hand den Gang entlang, direkt auf mich zu. Vor mir blieb er stehen und hielt mir seine Auswahl hin.

»Variante eins: Milchkaffee. Variante zwei: Kaffee schwarz … Variante drei, aber so schätze ich Sie nicht ein: koffeinfreier Kaffee. Aber den müsste ich Ihnen erst holen. Alle Varianten gäbe es mit Zucker und Schokoladensirup«, sagte er und hielt ein paar Papiersäckchen und eine Tube Schokoladensirup hoch.

»Sie haben die ganze Kaffeebar dabei. Für mich?«

Er nickte und entsandte ein Grinsen in meine Richtung, für das ich ihn am liebsten geküsst hätte. Leidenschaft und Anziehung lagen zwischen uns. Es war einer dieser viel zu seltenen magischen Momente im Leben, der einem durch einen Glückszufall ereilen kann.

»Milchkaffee mit Koffein und unbedingt Schokolade«, bestätigte ich, nahm mit einem Lächeln den Becher an, den er mir entgegenstreckte, und bedankte mich. Gott! Nicht nur der Kaffee war heiß, sondern auch die Luft flirrte. Es lag diese undefinierbare Hitze im Raum, die es vermag, jegliche Rationalität zu lähmen, die verursacht, dass die Zeit ihren Atem anhält. Verzückung. Anziehung war alles, was noch bestand.

Wir sahen uns einen innigen Moment lang an und hätte es dieses gezwungene Ambiente um uns nicht gegeben und meine bevorstehende Verhandlung, hätte ich mich vermutlich nach vorne kippen lassen, direkt in seine Arme. Alles, was ich wollte, war, ihn zu spüren. Nein, ich wollte sogar mehr. Das begriff ich, als er mir tiefgründig in die Augen sah und mich anlächelte. Ich wollte das Leben fühlen. Gemeinsam mit ihm. Diese potenzielle Möglichkeit ergreifen, ein Leben lang mit einem Mann glücklich zu sein. Zuvor – und bis heute nicht – bin ich erneut jemandem begegnet, wo mir dieses aufgeregte Gefühl sofort und eindeutig durch die Brust zog und ich einen Menschen ansah, ihn wirklich ansah, nicht nur musterte … oder bemerkte … nein, so richtig ansah, als könnte ich mit ihm geradewegs in eine gemeinsame Zukunft blicken. Dieses einzige Mal hatte ich diese Eingebung in meinem Leben. Bei ihm.

Die Spannung, die in der Luft lag, deutete an, dass man etwas ganz Verrücktes tun könnte. Wie einen Unbekannten zu küssen. Einfach so. Vor den vorbeigehenden Leuten in klappernden Stöckelschuhen, Kostümen und Hosenanzügen. Vor Donald. Vor den alten Holzbänken im Gerichtsgebäude, über die ein modriger Geruch schwebte, der sich wie eine Geschichte an Erzählungen darauf niederließ. Auf dem kalten Steinboden, unter dem gläsernen Lampenschirm, dessen Glühbirne flackerte.

Es schien, als hätte es ihm die Sprache verschlagen, er sah mich nur lächelnd an, als hätte er vergessen, wo er war, wohin er musste … Einen Augenblick lang starrte uns das Schicksal gebannt an.

Der Moment gehörte uns. Und dann?

Er wollte zum Sprechen ansetzen, doch verstummte. Lächelte stattdessen.

»Das ist wirklich ungewöhnlich. Normalerweise bin ich wortgewandter«, sagte er und fuhr sich verlegen durch sein dunkles, kurzes Haar. »Doch, um ganz ehrlich zu sein, mir hat es gerade die Sprache verschlagen. Wollen wir … Also … Ich habe gleich einen Termin. Aber wollen wir später vielleicht noch -«

Ich öffnete meine Lippen, wollte ein erfreutes »Ja«, hauchen, doch dann ertönte ein Knirschen durch die Lautsprecher, gefolgt von einer Stimme: »Mason Dacota in Verhandlungszimmer 303, zu Richter Michael Ferrin.«

Michael Ferrin?, das war der Richter, der meinen Fall betreute. Ich konzentrierte mich wieder auf mein Gegenüber, doch dieser nickte nur eilig. Eine Aufbruchsstimmung hatte ihn erfasst. Mir blieb das Herz stehen. Dacota?

»Sie sind Mason Dacota?«, säuselte ich. Mason Dacota! Er war der Anwalt der Gegenseite.

Und damit war unser Schicksal besiegelt.

Er war überrascht, als er mich im Gerichtssaal wiedersah. Vermutlich wusste auch er vor dem alten Donald nicht, dass ich zur Gegenseite gehörte. Seine Gegenseite war. Dacota gewann, ich verlor. Er war beinhart im Gerichtssaal gewesen, wirkte Minuten später ganz anders als in der Zeit, die wir vor dem alten Donald verbracht hatten. Er war wie ausgewechselt. Als der Richter mein Urteil sprach, und Mason erfreut nickte, war es vorbei. Ich hatte Tränen in den Augen und war enttäuscht. Von der harten Strafe, von ihm, vom Leben. Dass es mir jemanden vorstellte und in der nächsten Sekunde wieder entriss. Ich schwor mir, diesen Augenblick und diesen Mann zu vergessen, und so sahen und hörten wir nie wieder voneinander.

Ich schmecke jetzt noch den Kaffee auf meiner Zunge, ich spüre noch immer die sexuelle Spannung, die für einen viel zu kurzen Augenblick lang zwischen uns existierte. Würde es ausreichen, den PR-Fall abzulehnen, mit der Begründung, dass ich befangen sei? Es ist unmöglich, den Mann zu vertreten, den ich am liebsten vom Fleck weggeheiratet hätte und der mich danach so bitter enttäuscht hatte.

Mason

Ich stehe am Fenster und grüble. Natürlich kann ich mich an sie erinnern. Bestens sogar. Wie hätte ich diese Wahnsinnsfrau jemals vergessen können? Sie hatte diese besonderen grünen Augen, die durch den Lichteinfall smaragdgrün leuchteten, dunkles, langes gewelltes Haar und einen forschen, neugierigen Blick. Herrje, ihr Augenaufschlag lag undefinierbar zwischen verrucht, unschuldig und sexy. Ich fand sie interessant. Nein, ich revidiere, ich fand sie zauberhaft und dieses Wort existiert in meinem Wortschatz eigentlich nicht. Doch für sie gab es keine treffendere Beschreibung. Dass sie zur Gegenseite gehörte, beziehungsweise die Frau war, die ich verklagen musste, machte die Sache kompliziert und ich stand knapp davor, gegen meine Prinzipien zu verstoßen und absichtlich zu verlieren. Doch ich war klug genug gewesen, es nicht zu tun. Gott sei Dank ließ ich mich nicht von meinen Gefühlen lenken, denn ich war neu im Geschäft und bei diesem Fall zu versagen, hätte meine Zukunft als Anwalt zunichtegemacht.

Klar, damals, in der Sekunde, als ich gewonnen hatte, bereute ich es und die Kleine und ihr trauriger Blick hatten mich lange nicht losgelassen. … Am liebsten hätte ich sie in die Arme genommen, sie getröstet und dem Arschloch, das sie verklagt hatte, eine gescheuert. Gott, war ich ein feinfühliger Idiot, aber Fuck, war sie süß! Keine Ahnung, ich wäre auch mit ihr abgehauen. Einfach aus dem Leben, das ich damals führte, ausgestiegen. – Immerhin war ich um Jahre jünger als heute, naiv und sie hatte etwas Wildes an sich, das mich anzog und mir sagte: Hey, wir zwei brennen einfach durch. Nur du und ich. Doch ich hatte erst ein paar Monate davor meine Kanzlei aufgesperrt, einen immens hohen Kredit laufen und so viel Ehrgeiz in den Eiern, dass ich mich für den Erfolg und gegen unzählige leidenschaftliche und romantische Nächte mit ihr entschied.

Wer hätte mir auch versichert, dass daraus mehr als ein One-Night-Stand hätte werden können? Doch dieser verdammt süße Augenaufschlag! Der und mein schlechtes Gewissen hatten mich nach meinem Sieg wochenlang verfolgt.

Sie hatte geweint, als der Richter sein Urteil sprach und ich hätte sie am liebsten in die Arme genommen und nie wieder losgelassen. Heute sehe ich die Angelegenheit objektiv, rationaler. Es gibt viele süße Frauen, mit einem tollen Augenaufschlag und es war mein Job. Es ist meine Aufgabe, zu gewinnen. Sympathien braucht mir niemand entgegenzubringen. Vermutlich habe ich mein Gewissen in den letzten Jahren verloren. Mit jedem gewonnenen Fall ein Stückchen mehr.

Es geht ums Geschäft und Frauen sind eine willkommene Ablenkung, die man besser nicht lange in seinem Leben behält. Sie wäre heute nur noch ein nettes Intermezzo, oder wir wären längst getrennt voneinander oder geschieden. Ich tat damals das einzig Richtige – zu ihrem und meinem Schutz! Ich riss mich im Gerichtssaal zusammen, verpasste der Kleinen eine mächtige Abreibung fürs Leben und sah sie danach nie wieder. Ich suchte oder googelte sie auch nicht. Wie hätte das funktionieren sollen? Ich, der Mann, der sie vor Gericht fertigmachte und sie das arme Opfer. Das alles hätte keinen Bestand gehabt. Nicht einmal für eine Affäre.

Karen hätte – wenn sie einen besseren Anwalt gehabt hätte – den Fall gewonnen. Ohne Zweifel, denn sie war im Recht, doch genau das Unrecht unserer Rechtsgesellschaft machte ich mir zunutze und drehte alles so, wie ich es brauchte. Ich bin nun mal kein guter Mensch und die Wahrheit zu verdrehen und Unwahrheiten passend zu machen – das ist meine Spezialität. Ich bin Mason Dacota, der Boss of Law – wie die Medien mich betiteln.

Und dazu stehe ich auch.

Schwerfällig und mit einem Seufzen stütze ich meine Arme auf dem Tisch ab. Gleich wird sie in dieses Zimmer hereinschneien. Wild? Wütend? Ablehnend? Und noch immer so sexy?

Karen

Ich stehe vor dem Haupteingang zu Dacota & Partner, einer Drehtür, die öfter passiert wird, als die Starbucks Filiale, bei der ich mir vorhin einen Kaffee geholt habe. Ich frage mich, wie viele Menschen in New York Rechtsbeistand benötigen. Schon verquer, was heute zu einer Standardausrüstung im Leben gehört. Waren es früher Zahnärzte, ein Babysitter und ein Friseur, benötigt man heute eine Entourage an Leuten, die einem das Leben angenehm macht: einen Dermatologen, einen Stilberater, eine Kosmetikerin, einen Rechtsanwalt, einen Imageberater, ein, zwei Schulpsychologen für die Kids, den besten Scheidungsanwalt der Stadt und jede Menge Therapeuten für die großen und kleinen Leiden im Alltag.

Ich nehme den letzten Schluck meines Mochas und werfe den Becher in den gegenüberliegenden Mülleimer.

In der rechten Hand halte ich die Laptoptasche, mit der Linken streife ich mein rotes Kostüm zurecht. Es ist knallrot und soll signalisieren, dass ich in den vergangenen Jahren erwachsen geworden bin. Der Mann aus dem Verhandlungssaal, der mich damals in den Boden gestampft hat, kann mir nichts mehr anhaben. Dieses Mal werde ich diejenige sein, die ihm in die Eier tritt.

Mit zurückgenommenen Schultern melde ich mich beim Portier an und darf passieren. Ich fahre hoch in den vorletzten Stock. Alles im Gebäude wirkt stylisch. Nichts ist dem Zufall überlassen. Weißer, teurer Marmor, eindrucksvolle Gemälde an den Wänden. Ich marschiere einen langen Gang entlang und sehe durch gläserne Büros hindurch, in denen man den Mitarbeitern beim Arbeiten zuschauen kann. Edle, teure Materialien erstrecken sich auf dieser Etage. Perfekt angezogene Leute, die vermutlich ebenso nichts dem Zufall überlassen, sitzen an ihren Schreibtischen, führen Gespräche, Telefonate oder bearbeiten Fälle an ihren Computern. Die Atmosphäre flirrt, sie ist ein wenig hektisch und voller Spannung.

Rechtsanwältin wäre kein Job für mich. Ständig unter Anspannung stehen und sich den Gesetzen beugen oder versuchen, sie so zu drehen, dass sie einem dienlich sind. Dann lieber Geschichten und Realitäten erfinden, so wie ich es mag. Ich erkundige mich bei einer dunkelhaarigen Frau am Ende des Ganges nach dem Büro von Mason Dacota. Sie sieht argwöhnisch von ihrem Pult hoch.

»Sind Sie Ms. Lombard?«

»Mrs. Lombard«, bessere ich sie aus.

»Mrs. Lombard, verzeihen Sie. Sie werden schon erwartet.« Sie kramt in ihren Unterlagen herum und meldet mich per Telefon an.

Ich fahre nervös an meinem Ehering entlang. Eigentlich trage ich ihn seit drei Monaten nicht mehr, seit Anthony und ich beschlossen haben, uns scheiden zu lassen. Da der Mistkerl aber gerade mit seiner neuen Freundin in Mexiko urlaubt – was er auch schon während unserer Ehe mit großer Euphorie getan hat –, konnten wir uns noch nicht auf dem Papier voneinander trennen. Lediglich das Bett, den Frühstückstisch und das Badezimmer teilen wir nicht mehr miteinander. Es geht um eine Stange Geld, deshalb zögert er es hinaus. Anthony ist Musikproduzent und wir hatten uns Hals über Kopf verliebt. Im Nachhinein weiß ich, dass es bloße Leidenschaft und keine Liebe gewesen ist. Er war zu gut im Bett, ich zu gierig nach seinen Lenden. Ich lernte ihn kennen, als er mich für eine PR-Beratung beauftragte. Ich verpasste ihm ein neues Image, er mir diesen Ring. Ein echt teurer Klunker, mit dessen Verkauf ich bestimmt ein Jahr unbeschwert durch die Welt reisen und in den besten Hotels nächtigen könnte. Eine kleine Abfindung für unsere verkorkste Ehe, denn mein geliebter Ehemann, kurz Mistkerl, bekommt den Ring mit Sicherheit nicht zurückgeschmissen. Der wird verkauft! Dass Anthony nicht der Richtige für mich war, wurde mir schnell klar. Aber der Sex mit ihm war fantastisch. (Und vermutlich denken all seine Affären, die er in den letzten Monaten beziehungsweise in den zwei Jahren, in denen wir zusammen gewesen sind, genauso.)

»Wenn Sie mir bitte folgen.« Die dunkelhaarige Dame steht von ihrem Stuhl auf, streift sich ihr lachsfarbenes Etuikleid zurecht und begleitet mich in ihren Louboutin Stilettos zum Lift, mit dem wir in den letzten Stock hochfahren. Wir gehen zu einem Meetingraum, der nicht aus Glas, sondern aus richtigen Wänden besteht und somit keinen Einblick in das Geschehen preisgibt. Sie öffnet die Tür und lässt mich eintreten.

Eine Kühle schlägt mir entgegen. Mason steht mit dem Rücken zu uns gewandt da.

»Sir, Ihr Termin! Mrs. Lombard.« Beinahe verneigt sie sich ein Stück und trippelt dann auf leisen Sohlen zurück. Das Mrs. hatte sie besonders stilvoll betont, so, als würde sie ihn warnen wollen.

Die Temperatur im Raum fällt weiter. Ein Kribbeln läuft durch mein Inneres, denn auch wenn ich mich darauf vorbereitet habe, ihn wiederzusehen, ist dennoch dieses überraschte Gefühl von Anspannung und unheimlicher Erregung präsent. Er nickt, blickt aus dem Fenster, dreht sich nicht um. Ich beobachte seine Rückenansicht im dunkelgrauen Anzug, der perfekt sitzt, wie sein kurzes, schwarzes Haar, das im Einfall des Sonnenlichts glänzt. Und dann, ganz langsam, dreht er sich zu mir um und setzt dieses verdammt heiße Grinsen auf, das er auch schon damals hatte, als er mich beim Kaffeeautomaten mit seinem Lächeln einfing.

»Karen Lombard«, raunt er, beinahe freundschaftlich, als würden wir uns schon lange kennen, und hätten uns in den letzten Jahren nur aus den Augen verloren.

Ganz klar, sein Spiel.

Langsamen Schrittes kommt er auf mich zu und mustert mich. Er scannt und checkt mich von oben bis unten ab, als wäre ich ein einladendes Bett, das er vorhat, zu kaufen. Sein Blick wandert meine Beine entlang, verharrt kurz an meinen Knöcheln und den High Heels, stolpert nach einer dumpfen Pause hoch zu meinen Hüften, dann weiter Richtung Brustkorb, streift meine Brüste und landet schlussendlich an meinem Dekolleté, als hätte er ganz vergessen, dass es schicklicher ist, Frauen zur Begrüßung ins Gesicht als in den Ausschnitt zu sehen. Das kommt mit auf die Benimm-Liste, die ich für ihn zusammenstellen werde!

Ich räuspere mich und hebe eine Augenbraue, wodurch er seinen Blick auf mein Gesicht lenkt. Er bleibt stehen, wo er ist, als erlaube er sich nicht, unsere professionelle Distanzzone zu durchbrechen.

»Das Mädchen vom Kaffeeautomaten. Café Latte mit einem Schuss Schokolade«, sagt er und reicht mir seine Hand zur Begrüßung.

»Beinahe richtig. Nur die Bezeichnung ›Mädchen‹ ist veraltet. Die Kaffeevorliebe ist geblieben. Das naive Mädchen längst verschwunden. Immerhin wurde sie nach einem unschuldigen Latte-Chocolate in einem Verhandlungssaal innerhalb weniger Minuten zerquetscht.«

»Autsch, Sie haben es also nicht vergessen.« Er fährt sich über die Wange, als hätte ich ihm soeben eine Ohrfeige erteilt.

»Wie hätte ich auch?« Ich mache einen Schritt auf ihn zu, durchbreche damit unsere Distanzzone und starre ihm direkt in die Augen. »Dreihunderttausend Dollar, um die Sie mich erleichtert haben, können verdammt wehtun. Das vergisst man nicht. Aber lassen wir das jetzt, ich bin wieder aufgestanden. Das sind Altlasten, ich habe mich davon erholt, wie Sie sehen können. Ich bin mir sicher, Sie haben weit bessere Fälle in der Zwischenzeit gewonnen, an denen sich Ihr Ego zu vollem Größenwahnsinn ausbauen konnte.«

»Schon wieder … Autsch.« Abermals reibt er sich die Wange.

»Sie werden doch jetzt nicht sensibel. Es gibt etwas zu besprechen, deswegen sind wir doch hier.« Ich werfe meine Laptoptasche auf den Tisch und sehe ihn herausfordernd an.

»Durch und durch Businessfrau, das gefällt mir«, bemerkt er und streckt mir eine Hand erneut entgegen.

»Neustart? Mason Dacota – Rechtsanwalt.«

»Karen Lombard. Mrs. Lombard mittlerweile«, erwidere ich und ergreife seine warme Hand, die sich viel zu gut in meiner anfühlt. Als wären sie dazu bestimmt, einander zu berühren.

»Mrs. Lombard? Welch eine Überraschung! Sie sind also verheiratet? Wie kommt’s, dass Sie noch denselben Namen tragen? Fühlen Sie sich ihrem Mann nicht genug verbunden?«

»Ich dachte, sie würden besser kombinieren. Aus marketingtechnischen Gründen, Mr. Dacota. Lombard ist mein Mädchenname. Ich trage einen Doppelnamen, doch für meine Geschäfte benutze ich den eigenen Familiennamen, da er in der Branche bekannt ist.«

»Also geben Sie vor, eine Mrs. Lombard zu sein, obwohl sie eigentlich eine -« Er sieht mich fragend an. Zu gerne würde er wissen, mit wem ich mein Bett teile.

Ich nenne den Namen des Musikproduzenten, mit dem ich verheiratet bin, immerhin sieht er gut aus und ist durch diverse Fernsehshows bekannt.

»Verstehe. Das ist der Typ, der erst kürzlich bei der Supertalentshow als Gastjuror mit nacktem Oberkörper in der Jury saß, weil ihm angeblich zu heiß war?«

Ich räuspere mich und schäme mich für meinen zukünftigen Ex-Mann. »Ganz genau. Immerhin kann er zeigen, was er hat. Und er hat noch weit mehr zu bieten«, prahle ich.

Mason Dacota zieht beeindruckt eine Braue nach oben. »Also wurden Sie vom Leben reich beschenkt. … Nach der Niederlage im Gerichtssaal. Schön zu hören! … Bitte, setzen Sie sich doch. Möchten Sie Kaffee? Ihre favorisierte Sorte, mit einem Schuss Schokolade?«

Er hat es wirklich nicht vergessen! Ich nicke, verberge aber die Freude, die aus mir brechen möchte. »Mocha. Am liebsten mit doppelter Schokolade. Das wird sich niemals ändern.«

Dafür tausend andere Dinge. Zum Beispiel meine gutgläubige Einstellung gegenüber Männern. Nun bin ich vorsichtig, sobald ich einen neuen Typen kennenlerne.

Dacota beordert über die Telefonanlage Kaffee. »Fiona, bitte bringen Sie uns einen Mochaccino, einen doppelten Espresso und ein paar von diesen süßen Dingern. Sie wissen schon, die mit Vanillecreme. Und bringen Sie auch gleich einen Espresso für Helen mit. Sie wird gleich da sein und ohne Espresso wird Helen unausstehlich sein, immerhin war sie gestern in Los Angeles und dürfte übernächtigt sein«, sagt er.

»Sehr gerne, Mr. Dacota«, antwortet die Assistentin.

Eine Weile sehen wir uns nur an, als würde ein Blick genügen, um neu anzufangen. Als würde ein unschuldiger und verträumter Augenaufschlag unsere Vergangenheit auslöschen können.

Meine Hände halte ich in meinem Schoß verschränkt. Dacota sitzt mir mit einem leichten Lächeln in dem braunen Lederstuhl gegenüber und hat ein Bein über das andere geschlagen. Seine Aura hat sich in all den Jahren nicht verändert. Sie ist nach wie vor verlockend, als würde man in diesen verheißungsvollen Nebel, der ihn umgibt, einbrechen müssen, um aus der Einsamkeit, die einen festhält, auszubrechen. Doch das würde schlimmer enden, als man sich vorstellen kann. Der Kern eines Menschen verändert sich nicht. Das ist leider unbestritten und mittlerweile bestätigt mir mein Beruf täglich diese Annahme.

Es liegt eine drohende Verbundenheit zwischen uns, die mich vereinnahmt. Seinen Blick könnte man als Entschuldigung interpretieren, für das, was er damals vor Gericht abgezogen hat. Doch vermutlich täusche ich mich, immerhin ist er ein knallharter Rechtsanwalt, der genau weiß, wie er die Dinge bekommt, die er haben möchte, und die Nummer vor dem Kaffeeautomaten hatte damals bestimmt zu seinem Spiel gehört. Berechnend!


Es dauert nicht lange, ehe die Tür aufschwingt und eine geschäftig wirkende Frau in einem perfekt sitzenden, schwarzen Hosenanzug das Zimmer betritt.

Sie schiebt sich ihre rote Brille zurecht, ihr dunkler Bob schwingt mit und sie kommt auf mich zu, um mich zu begrüßen.

»Mrs. Lombard, wie schön, dass Sie die Beratung übernommen haben! Bitte entschuldigen Sie, dass Sie warten mussten. Ich hatte eben noch ein Telefonat zu erledigen. Ich hoffe, Mason hat sich von seiner guten Seite gezeigt?«

»Er hat sich bestimmt bemüht. Auch Kaffee wurde mir bereits angeboten.«

»Und diese Vanilledinger, vergessen Sie das nicht!«, wirft er mit einem Grinsen ein und trommelt mit den Fingern auf den Tisch.

»Cupcakes, Mason. Das sind Cupcakes. Wie oft denn noch.«

Er neigt seinen Kopf ein wenig schief und sieht mich grinsend an. »Wir bekommen diese Vanilledinger« – Seitenhieb zu Helen »in Unmengen geschenkt, weil der Hersteller unser Klient ist. Und seit wir ihn erfolgreich in einer Causa vertreten haben, werden wir damit überschüttet. In den letzten Wochen sind alle im Büro um einige Pfund schwerer geworden. Ich sollte nach einem Kunden Ausschau halten, der Smoothies oder Fitnessgeräte herstellt.«

»Mason ist der Einzige in der Kanzlei, der sich bei den Cupcakes nicht zurückhalten kann.«

»Noch ist keine Gefahr in Verzug«, wirft er trocken ein. Er knurrt verächtlich und streicht sich über den Bauch, der keinerlei Wölbung unter dem weißen Hemd zeigt. Vermutlich trainiert er die Cupcakes locker im Fitnesscenter oder Central Park weg. Er wirkt fit und sein Körper ist gestählt. Bilderbuchkörper.

Helen setzt sich auf den freien Stuhl neben Mason. »Nun gut, hören wir auf, über Desserts zu sprechen. Karen, wir hatten am Telefon schon über den Auftrag gesprochen. Wir möchten einen Klienten gewinnen, der Wert auf ein geregeltes, ordentliches Leben legt. Auch Zurückhaltung und Understatement scheint dem potenziellen Kunden wichtig zu sein. Es geht um die Non-Profit-Gesellschaft Earth for Life. Kennen Sie die? Sie vertreten den nachhaltigen Lebenswandel und treten für die Rechte von Bedürftigen ein.«

»Ja, ich kenne die Organisation«, sage ich.

»Ein Unternehmen, das überhaupt nicht zu uns passt«, wirft Dacota ein und schnalzt mit der Zunge.

»Von mir aus können wir der Firma auch eine Absage erteilen. Ich hätte einen Plan B für einen anderen Kunden. Vielleicht ist es die ganze Aufregung gar nicht wert. Finanziell brauchen wir diesen Auftrag nicht, wir haben genügend Klienten, doch du willst Earth for Life an Land ziehen. Ich erinnere dich, du warst es, der kurz nach unserem Gespräch entschlossen in mein Büro geschossen kam und darauf bestand, dass wir alle Hebel in Bewegung setzen, um die Geschäftsführung von uns zu überzeugen.« Im nächsten Atemzug wendet sich Helen mir zu. »Ich habe die Vorarbeit geleistet, doch sie wollen mit Mason sprechen, um zu sehen, ob ihre Werte mit unseren kompatibel sind. Und ich fürchte, hier versagen wir auf ganzer Linie.«

Dacota schnauft verächtlich und setzt sich in eine noch lässigere Pose, die seine Arroganz, die er bereits in XL-Portion ausstrahlt, weiter unterstreicht.

»Warum wollen Sie den Klienten unbedingt gewinnen?«, frage ich Mason.

»Damit er nicht an Miller geht.«

»Sein stärkster Konkurrent«, wirft Helen mit einem Augenrollen ein.

»Das ist Ihr Beweggrund?«, stoße ich aus und mache mir eine Notiz vom Namen seines Herausforderers.

»Mike Miller ist sein verhasster Studienfreund. So ein Rivalen-Männerdings. Absolut bescheuerte Sache. Sie sollten die beiden mal in Aktion sehen. Wie kleine Kinder!«

Mason stöhnt. »Wir kennen uns seit der Uni und er war für zwei Jahre mein Partner.«

Ich runzle überrascht die Stirn. »Sie sind schwul?«

»Geschäftspartner«, knurrt er.

»Oh … natürlich.« Warum denke ich bei Mason Dacota immer an die Frage, ob er vergeben ist? Ich mache mir eine Notiz auf dem Block, obwohl ich nicht weiß, warum ich das tue. »Mason Dacota – nicht schwul!« – steht jetzt groß und fett auf dem karierten Blatt vor mir, sodass es alle lesen können.

Helen lacht laut auf und hält sich die Hand vor den Mund. »Wie dem auch sei«, sagt sie und beruhigt sich wieder, »müssen wir dem nichtschwulen Mason Dacota -«

»Helen kann so witzig sein«, wirft er ein.

»- Müssen wir ihm ein neues Image verpassen. Und da kommen Sie ins Spiel.«

Ich nicke, zerknülle den Zettel vor mir und fische mein MacBook aus der Tasche. »Das sollte kein Problem sein. Vielen Dank, Helen, für die relevanten Informationen, die Sie mir vorab geschickt haben.«

Mason Dacota hebt überrascht und argwöhnisch eine Augenbraue. Es dürfte ihm nicht in den Kram passen, dass ich persönliche Fakten über ihn erhalten habe, worüber er nicht Bescheid weiß.

Ich beschwichtige das Ganze: »Wir haben eine erste – oberflächliche – Bestandsaufnahme gemacht, mit den Infos, die Helen uns geschickt hat, mit Auskünften, die wir mithilfe eines Pressespiegels herausfinden konnten und … das wird Ihnen vermutlich nicht gefallen, Mr. Dacota … aber wir haben auch alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft, um mehr über Sie in Erfahrung zu bringen.« Ich mache eine kurze Pause, in der er mich scharf mustert. »Helen war so frei, mir die Firmenkreditabrechnungen zu zeigen«, fahre ich fort.

Mason knallt eine Hand auf den Tisch. »Seid ihr beide verrückt geworden? Noch wurde kein Vertrag unterzeichnet. Wir sollten erst besprechen, ob Mrs. Lombard überhaupt für diesen Auftrag geeignet ist!« Er spricht das Wort Mrs. verächtlich aus.

»Mason, du wärst nicht einverstanden«, wirft Helen ein. »Also habe ich ihr bereits meine Zustimmung gegeben.«

»Was hast du?! Es reicht doch, wenn wir ein paar nette Geschichten erfinden, ich in Zukunft freundlich in die Paparazzi-Kameras lächle und eine große Summe für irgendwelche wohltätigen Firmen spende.«

Ich schüttle mit einer gewissen Genugtuung den Kopf. »So einfach wird das nicht werden. Wenn es glaubwürdig sein soll, müssen wir einiges verändern, nicht nur oberflächlich ein paar Möbel umstellen. Das würde nicht authentisch wirken«, erkläre ich und Helen nickt, als hätte sie nur darauf gewartet, dass Mason endlich seine kalte Dusche abbekommt. Dann folgt ein Siehst-du-ich-hab’s-dir-ja-gesagt-Blick von ihr, für den er sie vermutlich am liebsten aus dem Büro werfen würde.

Dacota stöhnt. Dann gleich noch einmal. Plötzlich richtet er einen scharfen Blick auf mich.

»Und welche Veränderungen wären das?«

»Nun«, sage ich und fische eine Mappe hervor. »Zuerst einmal sollten wir uns überlegen, was Sie erreichen möchten, wie Sie in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden wollen.«

»Sie können alles aus mir machen?«

»Na ja …«, sage ich und räuspere mich. »Ich werde mein Bestes versuchen, um Sie ins rechte Licht zu rücken. Aber ich kann nicht zaubern und aus Ihnen keinen Heiligen machen.«

»Schade, ich dachte schon, ich würde der erste ferrarifahrende Papst New Yorks werden.« Der Sarkasmus liegt bittersüß in seinem Gesicht.

»Na, na … Den Papst lassen wir mal lieber im Vatikan. Und ein Mann Gottes geht zu Fuß. Das wäre nichts für dich«, wirft Helen spöttisch ein. »Problem eins: Mason fährt entweder Ferrari, Maserati, große protzige SUVs oder auf irgendwelchen Zweirädern durch die Stadt«, sagt sie. »Und ich spreche hier nicht von einem Mountainbike.«

»Ich besitze eine BMW-Maschine – Sonderanfertigung. 202 PS«, bemerkt er stolz. Fehlt nur noch, dass er mir Bilder zeigt wie Eltern überschwänglich ihre Kinderfotos.

»Dekadent«, kontert Helen. »Und unnötig. Fahr doch mal mit dem Taxi oder Uber. So wie ich. Die Rechnungen kannst du bei der Buchhaltung einreichen.«

Masons Augen bekommen die Tiefe und Kälte von Tropfsteinhöhlen. Vermutlich ist er mittlerweile so weit, Helen nicht hinauszubitten, sondern aus dem Fenster zu schleudern.

»Mr. Dacota«, sage ich mit ruhiger Stimme. »Ihr exorbitanter Lebensstil ist tatsächlich ein Problem und da der potenzielle Klient, den sie an Land ziehen wollen, einiges für den Umweltschutz tut, sollten wir dort ansetzen.«

»Wie meinen Sie das?«

»Wir müssen etwas einsparen.«

»Ich kann mir meine Autos leisten«, stöhnt er.

»Das weiß ich … vermute ich zumindest. Wir müssen Ihren Fuhrpark, auf den Sie so stolz sind, ein klein wenig verändern und reduzieren. Oder Sie dürfen ihn in nächster Zeit nicht nutzen. Schlagwort Klimawandel.«

»Das heißt konkret was?«

Ich hole die Auflistung seiner Fahrzeuge heraus. »Der Maserati ist gestrichen.«

»Und der Ferrari?«

»Gestrichen.«

»Porsche?«

»Gestrichen.«

Er sieht mich baff an.

»Wie wäre es mit einem energiefreundlichen Kleinwagen? VW? Die haben sehr praktische Kraftfahrzeuge im letzten Jahr entworfen, die perfekt für eine Großstadt wie New York sind. Und Dyneff, der Geschäftsführer von Earth for Life, fährt auch so einen Wagen.« Ich zeige ihm ein Bild, welches ich von einem passenden Modell ausgedruckt habe.

Dacota fällt beinahe vom Stuhl und würde ich es nicht besser wissen, würde ich sagen, er stünde knapp vor einem Herzinfarkt, als ich ihm den Fotoausdruck von einem silbergrauen Elektroauto hinüberschiebe.

Ein kurzer Blick auf das Foto, dann schüttelt er angewidert den Kopf. »Ihr beide habt sie ja wohl nicht alle! Ist das die versteckte Kamera?« Mason sieht sich um.

»Es reicht nicht aus, dass Sie eine Unsumme für den Klimaschutz spenden und dann jeden Tag mit einem anderen Sportwagen herumflitzen. Das ist Heuchelei.«

»Das ganze Leben ist eine Lüge, Ladys! Ich lasse mir von Ihnen, oder von dir, Helen, sicher nicht vorschreiben, welches Auto ich zu fahren habe. Dieses stupide Treffen ist hiermit beendet! Sie, Mrs. Lombard, sind somit gefeuert! Helen, ein Wort von dir und du kannst deine Sachen packen!« Dacotas Worte sind eine Warnung, die seine Geschäftspartnerin ehrfürchtig zusammenzucken lassen. Anscheinend weiß sie, wann genug ist.

Erzürnt steht er auf und verlässt harten Schrittes das Büro.

Er ist der Chef und Helen in seiner Gegenwart eine Angestellte. Das Einzige, das bleibt, als er gegangen ist, sind die Anspannung und sein betörender Geruch, der im Raum wie ein Aphrodisiakum liegen geblieben ist.

Mason

Wollen die Ladys mich verarschen?! Wütend marschiere ich in mein Büro und werfe die Tür hinter mir zu. Es kann doch nicht sein, dass sie mir wegen eines einzigen Kunden mein ganzes Leben verpfuschen, beziehungsweise die nächsten Monate zur Hölle machen, dass ich nicht mehr wissen werde, was es bedeutet, auf einer 200-PS-Maschine zu sitzen und sich durch den Verkehr New Yorks zu schlängeln … Was soll die Scheiße!

Angefressen werfe ich mich in meinen Sessel, schnappe den Laptop und öffne die Mails. War ja klar! Eine Nachricht von Miller. Als ich draufklicke, kommt ein Foto zum Vorschein: er und Dyneff, wie sie in Gummistiefeln bis zu den Knien im Schlamm stecken. Du elender Dreckskerl!

Lass uns die Wette erhöhen … Der Kunde gehört mir! – steht in der Nachricht. – Arschgesicht!

Ich bediene mich an der Minibar und schenke mir großzügig ein Glas Whiskey ein, von dem ich einen Riesenschluck nehme. Wette erhöhen! Vollidiot! Er glaubt doch tatsächlich, dass er dieses Duell gewinnen kann. Dem präpotenten Arsch sollte mal jemand die Fresse polieren! Was bin ich bereit, zu geben, damit er mal ordentlich gegen eine Wand rennt und sein selbstgefälliges Grinsen auf den Boden knallt? Ein Scheiß-Elektroauto fahren? – Gar kein Problem, ich kann für einige Wochen auch würdelos durch New York düsen.

Mit Gummistiefeln im Dreck stecken? – Das kann ich mit einem souveränen, unschuldigeren Lächeln. Und ich würde bis zum Bauch im Dreck stecken!

Unsummen für den Umweltschutz spenden? – Kann ich monatlich aus der Portokasse stemmen.

Ein innerer, unberechenbarer Impuls führt mich dazu, dass ich den Button »Wette erhöhen. Bin dabei!« klicke.

Die andere Option wäre gewesen: »Ich gebe auf, bin ein Loser!« Natürlich würde ich diesen Knopf nicht drücken. Niemals. Eher sterbe ich! Verdammt hoher Wetteinsatz, den wir da auf den Tisch gelegt haben.

Tief ausatmend, im Begriff, Millionen zu verspielen, lehne ich mich im Drehsessel zurück und schließe die Augen. Miller übertrumpfen? Den Kunden gewinnen? Tja, Mrs. Mochaccino ist wieder im Spiel. Soll sie aus mir einen Heiligen machen! Ein paar Wochen stehe ich diese Farce durch. Mal schauen, ob sie ihren Job draufhat. Ich schwinge nach vorne, drücke auf eine Kurzwahltaste meines Telefons und habe im nächsten Augenblick meine Assistentin am anderen Ende der Leitung.

»Fiona, sind die PR-Lady und meine geschätzte Partnerin noch im Besprechungszimmer?«

»Ja, sie sind noch da. Sie lachen … Schon die ganze Zeit.«

»Wie schön, dass Sie so viel Spaß haben«, spotte ich. »Verbinden Sie mich mit Mrs. PR!«

»Wird gemacht, Sir!«

Einen Moment später meldet sich eine unsichere Stimme am Telefon. »Lombard?«, fragt sie. Wie ich diese Unsicherheit doch mag!

»Karen! Wie ich höre, haben Sie jede Menge Spaß mit meiner besseren Hälfte. Ich habe über alles ein wenig nachgedacht. … Im Schnelltempo sozusagen … Und ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass eine Änderung – wenn auch nur kurzfristig und oberflächlich – eine ideale Bereicherung für mein vielversprechendes Leben wäre. Was sagen Sie dazu? Sind Sie im Team Dacota?«

»Hören Sie, das mit dem Auto ist nicht das Einzige, das wir ändern müssen.«

»Natürlich nicht. Wie schlimm kann es schon werden!«, werfe ich ein.

»Schlimm«, sagt sie.

»Ach was.«

»Sehr schlimm, vermutlich.«

Ich öffne die oberen Hemdknöpfe, um besser Luft zu bekommen. »Dann kommen Sie gleich in mein Büro, ich muss wissen, was mich erwartet. Helen kennt den Weg.«

Ich lege auf und gehe ans Fenster, um auf die Häuserschlucht Manhattans zu blicken.

Eine Terrasse umrundet meinen Officebereich, die ich gerne zum Relaxen nutze, immerhin bin ich der Erste und der Letzte, der diesen Bürokomplex täglich lebend betritt und noch lebendiger wieder verlässt. Arbeiten ist mein Mantra. Ich jobbe hart und rund um die Uhr. Die Fälle, die ich übernehme, sind mein Antrieb, mein Elixier, ansonsten fühle ich mich nicht vollständig. Daneben gönne ich mir ein wenig Luxus und plantsche ab und an zum Nachdenken im Whirlpool herum, oder trinke diesen sündhaft teuren Whiskey, der mir sanft die Kehle hinuntergleitet. Das Leben ist zu kurz für unschöne, langweilige Dinge, und wenn ich es schon mit Arbeit verbringe, so soll die Arbeitszeit angenehm sein.

Es dauert nicht lange, da wird der Türknopf hinuntergedrückt und die beiden Ladys poltern lachend über die Schwelle.

»Gab es da unten eine Lachgasattacke? Sollen wir die Security rufen?!«

Beide schütteln amüsiert die Köpfe.

»Willkommen in meinen bescheidenen Hallen!«, werfe ich nach, als eine staunende Lombard vor mir steht, die mein Büro mustert, als wäre sie versehentlich in den Tadsch Mahal eingebrochen. Wahrscheinlich hat sie noch nie ein so schickes Office gesehen. Ich habe eben Geschmack, Süße. Vermutlich arbeitet Lombard von zu Hause aus, weil sie sich keine Räumlichkeiten leisten kann, oder bei Starbucks, wo es gratis WLAN gibt. Zugegeben, diese Gedankengänge sind meiner und ihrer unwürdig. Zudem dürfte es in diesem verkorksten New York genügend Aufträge für sie geben.

Lombard wirkt ein wenig unbeholfen und nervös in meiner Gegenwart, doch genau das mag ich. Ich liebe es, wenn Leute unsicher neben mir werden. Mir gefällt, wie sie sich ruhelos durch das Haar fährt, das ihr seidig über die Schultern fällt, als würde sie für eine Shampoowerbung glänzen. Ich mag es, wie sie gezielt eine Augenbraue hebt, womit sie glaubt, überlegen zu wirken, und ich liebe es, all diese Kleinigkeiten zu entlarven, als wäre ich ein Voyeur in einem Schauspiel. Ich liebe Spiele! Ganz mein Ding. Es hat etwas Befreiendes an sich, mir vorzustellen, wie ich Lombard über den Tisch lege und von hinten vögle, bis sie mit einem wilden Stöhnen und Keuchen unter mir wie Sternenstaub zergeht.

Ihre Figur in dem Outfit ist Bombe und ich würde nicht zögern, sie dieses roten Kostüms zu entledigen. Das hätte ich damals schon gewollt, sie aus dem schwarzen, züchtigen Kleid, das sie trug, zu befreien. Vor dem guten alten Donald, der ihr Geld geschluckt hatte. Wie mir scheint, fehlt ihr der Spaß im Leben. Sie wirkt verkrampft. Ich erkenne sofort, wenn Damen länger keinen Sex hatten. Man sieht es an ihrem Gang. Sie stolzieren anders, wenn sie befriedigenden Sex haben. Viel unverkrampfter, selbstsicherer, befreiter … und Karen ist ein unbewegliches weibliches Wrack. Ich wette, ihre Ehe ist am Ende. Entweder ist sie sich dessen noch nicht bewusst, oder sie versucht es (noch), zu verdrängen. Eine erotische Lockerung durch einen heißen Fick meinerseits hätte sie dringend nötig.

»Mason! Bist du noch da«, funkt mir Helen in meine ergreifend schöne Fantasie.

»Aber klar doch! Setzen wir uns. Vielleicht am besten nach draußen auf die Terrasse! Heute ist es besonders schön über den Dächern New Yorks. Ein einzigartiger Sommertag!«

»Nun kommt dein oh-Baby-ich-bin-so-reich-Ding?!«, flüstert mir Helen zu, ohne dass es Lombard hören kann.

Ich ignoriere die kleine Furie neben mir, öffne die vollautomatisierte Schiebetür via Knopfdruck und bedeute den Ladys den Vortritt. An meinem großen Besprechungstisch unter dem weißen Sonnensegel mit integriertem Sprühnebel nehmen wir Platz. Der Meetingraum im Freien ist einer dieser Wow-Momente, den Klienten haben, wenn ich sie das erste Mal für eine Besprechung auf meine Dachterrasse einlade und ihnen wie in einer Rooftop-Bar nicht nur gute Drinks, sondern auch fabelhafte Ideen präsentiere. Ich drücke auf einen Knopf, damit sich die integrierte Minibar in meinem Besprechungstisch öffnet und stelle den Damen Wassergläser hin.

»Vielleicht ein Glas Champagner? Dom Pérignon oder Krug?«

Karen schüttelt den Kopf. »Nein danke, nicht während der Arbeitszeit.« Wahrscheinlich vögelt sie auch nicht während der Arbeitszeit! Was für eine Spielverderberin!

Ich schenke den Damen französisches Wasser ein und schließe die Minibar wieder. Aus Solidarität bleibe ich ebenso nüchtern, obwohl ich für den bevorstehenden Anschlag, der mich demnächst ereilen wird, wohl eher eine intravenöse hochprozentige Ladung Whiskey brauchen würde. Helens selbstgefälliges Grinsen spricht Bände. Oh ja, sie liebt es, mir in die Eier zu treten.

»Okay, also, Karen … Mrs. Lombard!« Dass die Kleine verheiratet ist, ist schon so eine Art Stinkefinger von Gott. Immerhin hätte ich sie einst vögeln können. Stundenlang. Nun hat das Vergnügen ein anderer. Obwohl … aufgrund ihres Ganges bin ich hier auf ein eindeutiges Manko gestoßen, was diverse Chancen für mich und meinen Charme offeriert … Definitiv! Das sagt mir ihr verlegener Augenaufschlag, der dadurch zustande kommt, dass ich sie intensiv mustere und ihren Namen jedes Mal mit einem bassigen Unterton ausspreche. Ich wette, ihre Vagina zuckt bei jedem »Karen«, das über meine Lippen rollt. Oh ja, Karen Sie und ich in seidigen Laken, in einem dubiosen Nebel der Leidenschaft. Meine Fantasie ist ihre Fantasie.

»Okay, Karen. Ich darf Sie doch mit Ihrem Vornamen ansprechen?« Das lieben Sie doch, nicht wahr?

Sie nickt.

»Ich habe es mir in den wenigen Minuten, die wir getrennt voneinander waren, überlegt und möchte meine Meinung über unsere Zusammenarbeit ändern. Um es kurzzuhalten: Ich will den Kunden. Koste es, was es wolle!«

»Wusste ich es doch!«, ruft Helen und klatscht in die Hände. »Oh, der böse Mike Miller! Ich will nicht, dass er Dyneff bekommt!«, äfft sie in Mädchenstimme, woraufhin ich tief Luft hole und überlege, ob ich sie in weitem Bogen Richtung Empire State Building werfen oder einfach in meinen Whirlpool auf Tauchstation schicken soll. Ein paar Sekunden unter Wasser würden ihr guttun! Doch ich brauche sie, auch ihre feindselige Art mir gegenüber, denn sie hat die Klarheit, die ich vermisse, das dritte Ei, das ich nicht benötige und sie ist die einzige Frau, die es versteht, mich in unschöne Schranken zu weisen.

»Wir haben den Wetteinsatz erhöht! Es geht um viel. Also … Was genau muss ich tun, um mein Image reinzuwaschen?«

»Eine interessante Frage!« Karen, ganz Profi, fischt ihren Laptop aus der Tasche, dann eine Mappe, die das Logo ihrer PR-Firma trägt und hält einen Stift andächtig in ihren Händen, als schwinge sie ein Zepter. »Ich habe hier eine Ist-Analyse und einen Soll-Zustand erstellt. Es ist ein erster Entwurf, Rohentwurf. Das finale Konzept müssen wir zusammen erarbeiten. Es sind lediglich Ideen, die wir in meiner Agentur entwickelt haben.«

»Kommen Sie zum Punkt.«

Sie zieht scharf Luft ein. »Wir haben analysiert, worauf Ihr potenzieller Kunde Wert legt und aufgrund dessen eine Übereinstimmungsanalyse gemacht. Laut der Auswertung sind leider etliche Dinge im roten Bereich und Sie haben ein Match von dreiunddreißig Prozent.«

»Das klingt doch wunderbar. Ein Drittel von ihm passt zu mir.«

»Dreiunddreißig Prozent MINUS!«

»Oh.«

Sie schiebt mir eine Liste über den Tisch.

»Mein Leben, dargestellt in Ampelfarben, ist das Ihr Ernst?«

Sie nickt. »Wir müssen jene Bereiche von Ihnen optimieren, die Sie in der Öffentlichkeit zeigen und da Sie oft in den Medien sind – wegen Nichtigkeiten«, räuspert sie sich, »sollten wir dahingehend unbedingt eine Lösung finden. Die roten Bereiche müssen weg!«

Eine Lösung, wie das klingt. Als wäre ich ein kaputtes Spielzeug. »Welche Bereiche müssen denn so dringend optimiert werden?«, will ich wissen und sehe auf die Liste. Rot knallt mir entgegen.

»Fortbewegungsmittel, Restaurant- und Barbesuche, Bemerkungen in der Öffentlichkeit zu allgemeinen Themen, vor allem aber zu Politik und dem Umweltschutz … und, ähm … Ihre Bekanntschaften.«

»Freunde?«

»Nein, Frauen.«

»Dein Harem, deine unzähligen Bettgeschichten«, wirft Helen mit einem Augenrollen ein, damit es auch jeder schwerhörige Vogel auf der Dachterrasse verstehen kann.

Ich ziehe eine Augenbraue in die Höhe und sehe mir die Paparazzibilder von diversen Aktivitäten an. Fotos aus meinem letzten Mauritiusurlaub. Was hatte ich für einen beschissenen Geschmack? Warum hatte ich eine karierte Badehose an? Aber wenigstens war die Frau daneben eine gute Wahl … Wie hieß sie noch gleich … Tatjana, Alexa, Lenny?! … Egal. Ich merke mir unbedeutende Frauennamen nicht.

»Nicht die besten Fotos, das gebe ich zu.« Viel zu wenige Muckis, da ich aufgrund der hohen Auftragslage keine Zeit für das Crosstraining hatte.

Karen runzelt die Stirn. »Sie sind ein sehr umtriebiger Mann. So zumindest die Wahrnehmung, die wir in der Agentur von Ihnen hatten und die unsere Analysen bestätigen.«

»Das ist mir bewusst. Ich bin sehr aktiv …« Und attraktiv. »Ich habe ein paar Dates im Monat, was soll daran so schlimm sein?«

»Zählen war noch nie deine Stärke, Mason«, korrigiert mich Helen.

»Klappe, Helen!«, zische ich. »Vielleicht suche ich die Frau fürs Leben in einem Großstadtdschungel. Das kann ganz schön anstrengend sein!«

»Du bist realitätsfremd!«

»Helen!«, knurre ich.

Lombard sieht mich geplättet an und ich habe das Gefühl, dass ich meinen Arsch retten muss, warum auch immer, doch ich will nicht, dass sie das Bild eines Don Juans von mir hat, das mir zwar gefällt, doch nicht in Karens Augen, die mich gerade mustern, als würde sie sich fremdschämen.

»Sie, Mrs. Lombard, hätte ich damals nicht so schnell von der Angel gelassen«, werfe ich mit einem intensiven Blick ein, während ich ihr einladendes Dekolleté fixiere.

Sie fasst sich verlegen an die silberne Kette, die um ihren Nacken baumelt. Weißgold mit einem roten Anhänger. Rubin? Hat sie die Kette von ihrem Mann geschenkt bekommen? Karen, meine Lady Chocolate, gefällt mir immer noch. Sie in real verheiratet zu wissen, allerdings nicht.

Immerhin hatte sie bei unserem ersten Aufeinandertreffen einen bleibenden Eindruck hinterlassen, der mich wochen-, nein, sogar monatelang verfolgt hatte, was absolut ungewöhnlich ist. Mein Schwanz zuckt noch immer begierig in ihrer Gegenwart. Ich konnte sie damals nicht haben und genau das stört mich.

Helen und Karen starren mich an, als würden sie versuchen, meine Gedanken zu lesen. Doch ich bin ein Pokerface, niemand erkennt, was ich denke oder fühle. Das, genau das, hat mir Helen schon oft vorgeworfen.

»Es wäre besser, Sie hätten eine Langzeitfreundin. Ich spreche nicht von Verlobung oder Hochzeit, wobei diese Optionen natürlich vortrefflich wären, doch auf die Schnelle werden wir hier keine Heirat arrangieren können.«

Dann ist es wohl an der Zeit, eine ordentliche Bombe platzen zu lassen. Drei, zwei, eins … Raus mit der Sprache! »Ich werde an einem Showprogramm teilnehmen. Der Vertrag ist fixiert. Eine fabelhafte Gelegenheit, um endlich die richtige Frau zu finden!«

Karen sieht mich verwirrt an und kramt in ihren Unterlagen herum. »Das … Da habe ich keine Aufzeichnungen. Keine Informationen darüber … Show?« Sie blättert hastig in ihrer Mappe, dann fliegen ihre Augen über den Bildschirm ihres Notebooks.

»Oh, Mason, du Vollidiot! Du hast den Vertrag unterzeichnet?«

»Natürlich! Wie oft hat man schon die Gelegenheit, an so einem innovativen Showprogramm teilnehmen zu können? Ich suche die Frau fürs Leben!« … Oder fürs Bett … Aber das muss ja keine der hier anwesenden Damen wissen. Immerhin soll man sich in Gegenwart von so liebreizenden Ladys von seiner besten Seite zeigen. Liebe ist nichts für mich. Ich verliebe mich nicht, denn das wäre ein freier Fall vom Himmel, mit einem Aufprall, den ich nicht verschmerzen könnte.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9781689868181
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (Dezember)
Schlagworte
Liebesroman Millionärsroman Bad Boys Milliardär Romantik Romance Happy End Fifty Shades Liebe Humor Erzählungen Kurzgeschichten

Autor

  • Mina Jayce (Autor:in)

Mina Jayce hat sich dem Motto Love.Glam.Passion verschrieben und verfasst Romane über starke Protagonisten, leidenschaftliche Beziehungen, scharfe Storys und unvergessliche Begegnungen. <br>Mina studierte Management and Communication, liest viel, betreibt regelmäßig Couchsurfing und reist in der Welt herum, um ihren Erlebnisdrang zu stillen und neue Schauplätze für ihre Bücher zu finden. <p>Weitere Romane: The Boss of Law, Milliards vs. Love, Mafia Prince, The Bodyguard - Love and Hate
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Titel: The Boss of Law - ein Millionär ist nicht zu haben