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Lady Birds Garten

Kurzroman

von Adelina Zwaan (Autor:in) Anna Conradi (Autor:in)
110 Seiten
Reihe: Herzklopfen Reihe, Band 1

Zusammenfassung

Ein romantischer Sommerroman in Kurzversion - Herzklopfen inklusive.

Liebevoll pflegt Annabell ihren Garten, ein rekonstruiertes Erbe von Lady Bird. Ihren Liebeskummer ertränkt sie in einem Meer aus Erde und Blumen. Ihr Herz verschenkt sie einzig den Jugendlichen aus einem sozialen Hilfsprojekt. Eines regnerischen Morgens taucht ein Fremder auf, stört die gewohnte Harmonie und besteht auf eine Führung …
Anna Conradi (selbst passionierte Gartenliebhaberin) lebt in diesem humorvollen Kurzroman die Liebe an romantischen Gärten aus. Die mitreißende Wholesome-Romance aus der Herzklopfen Reihe »Lady Birds Garten« gibt es jetzt als eBook. Romantik, Gefühl und Spannung für Ihre Urlaubslektüre – Herzklopfen inklusive.: AZ Books.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhalt

Lady Birds Garten

1

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5

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Bibliografie AZ Books

Über die Autorin

Impressum

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Lady Birds Garten

Kurzroman

 

Anna Conradi

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1

 

Der Morgen erwacht in atemberaubenden, lebendigen Farben. Die Rosenblüten neigen sich noch vom Regen benetzt und strahlen in ihrer Fülle. Endlich hat der Himmel seine Schleusen geöffnet, nachdem wochenlange Trockenheit das Land erschöpft hatte. Diese Erfrischung ist wie Balsam für die Natur.

Sobald ich den Garten betrete, umweht mich der betörende Duft von Zitronen, Orangen und Vanille. Der Regen hat die Luft gereinigt und erfüllt sie mit einem Hauch von Lebendigkeit.

Trotz der Feuchtigkeit wagen sich vereinzelt mutige Besucher in den Garten, den ich täglich für Interessierte öffne. Selbst an diesem frühen Morgen suchen sie die Schattenplätze auf und genießen die Stille. Manche gönnen sich einen beruhigenden Morgenkaffee, andere nutzen die Zeit, um vor dem hektischen Alltag zur Ruhe zu kommen. In den Sommermonaten finden hier begehrte Yoga-Kurse statt, die Wochen im Voraus ausgebucht sind.

Achtsam schüttele ich Tropfen für Tropfen von den Rosenblüten ab, damit sie nicht unnötig belastet werden. Die abgefallenen Blütenblätter entferne ich sorgfältig, ebenso wie die verblühten Knospen.

Während meiner morgendlichen Arbeit summe ich ein eingängiges Lied und fühle mich dabei vollkommen frei. Das Arbeiten in meinem Garten ist für mich eine sinnliche und seelenheilende Tätigkeit. Ich denke nicht an die vielen Rosenbüsche, die noch auf ihre Pflege warten, oder an die drängenden Termine, die mich zur Eile antreiben. Wenn ich im Garten arbeite, finde ich meine innere Mitte und lasse alle Sorgen hinter mir. Das verdanke ich den wunderschönen und üppig blühenden Rosen.

Ähnlich ergeht es auch dem einen oder anderen Gast, der mit geschlossenen Augen in die idyllische Atmosphäre lauscht. Und ich verstehe es.

Mittlerweile.

Früher habe ich Gartenarbeit für verstaubt und überflüssig gehalten. Erst nach dem Kauf des Hauses habe ich auf dem Speicher alte Fotos der Familie Bird entdeckt. Da hat sich mein Blick auf den Garten komplett verändert. Die Fotos haben den Garten komplett anders gezeigt, als ich ihn vorgefunden habe. Dort erschien er wild und ungezähmt, aber auf eine außergewöhnliche und fantastische Art, die mich magisch angezogen hat.

Märchenhaft, verwunschen und geheimnisvoll.

Nach einer schier endlosen Phase des Umbaus des Hauses, dem überraschenden Auszug meines Mannes und der zermürbenden Scheidung, habe ich eines Abends Zuflucht in alten Aufnahmen gefunden. Wahrhaftig, damals war ich dermaßen überdrüssig von allem, dass ich halbe Nächte geweint habe. Doch ich werde mich nicht kampflos ergeben.

Niemals.

In den darauffolgenden Tagen habe ich mehrere Bäume nach dem Vorbild der alten Fotos gepflanzt. Ich wollte sehen, wie es wirkt und mich ablenken. Doch dann, aus heiterem Himmel, hat mich während dieser anstrengenden Arbeit ein Geistesblitz getroffen. Eine Idee, so abwegig und absurd, dass ich anfangs widerwillig den Kopf geschüttelt und an meinem Verstand gezweifelt habe. Bald schon habe ich meine Ärmel hochgekrempelt, tagsüber den verwilderten Garten entrümpelt und allabendlich die Fotos studiert.

Auf dem düsteren Dachboden hockend, habe ich jede verblasste Aufnahme im Schein einer mitgebrachten Kerze betrachtet. In einer dunklen Ecke knarrten die uralten Dielen, der Frühlingswind pfiff um die Ecken des Hauses, wobei mir phasenweise ganz mulmig zumute geworden ist.

Je länger ich die Fotos angeschaut habe, desto tiefer bin ich in sie versunken und habe eine kleine, heile Welt gefunden. In meinen Gedanken bin ich durch die angelegten Beete geschlendert und habe an jeder einzelnen Blume gerochen, bis die Erschöpfung mich auf dem Dachboden eingeschlafen bin.

In den folgenden Monaten entwarf ich einen detaillierten Plan. Ich habe in unzähligen Gartenbüchern recherchiert, renommierte Gartenbauer kontaktiert und mir die Finger wund telefoniert, bis ich endlich bei ihnen vorsprechen konnte., Inzwischen kenne ich die Namen aller Pflanzen auf den Fotografien und habe mich, schleichend, aber dauerhaft mit dem Virus der Gartenleidenschaft infiziert.

Stück für Stück hat sich meine angegriffene Seele nach all dem erlittenen Unglück an das Tageslicht zurückgekämpft. Gewiss, es bedarf gewisser Zutaten, damit eine Rose ein zweites Mal erblüht, aber das ist eine andere Geschichte. Es ist meiner Meinung nach viel zu anspruchsvoll für einen wunderschönen, himmelblau strahlenden Morgen, wie den heutigen.

Unaufhörlich sind weitere Pflanzen hinzugekommen. Jede von ihnen entfacht eine mir bisher unbekannte, doch unglaublich fesselnde Leidenschaft, den Garten wieder zu dem Paradies zu machen, das er einst war.

Eine wahre Oase der Ruhe und Harmonie.

Ein wohltuender Ort, an dem ich mich erhole, regeneriere und erde. Mittlerweile auch für andere Menschen. Jeden Tag aufs Neue. Kurz gesagt: Ich habe alles, was ich dringend brauche, um dem Schiffbruch meiner desaströsen Beziehung zu entkommen und in eine intakte, dankbare und wunderschöne Welt einzutauchen.

Ich arbeite wie besessen, um meine unruhige Seele zu besänftigen und alles um mich herum zu vergessen. Jeder Spatenstich füllt mein verletztes Herz mit etwas Magischem und setzt meine zerbrochenen Teile wieder zusammen, die im Krieg der Scheidung zu Boden gefallen sind.

Unaufhaltsam wächst der Garten seitdem. Er nimmt allmählich die Gestalt an, die ich auf den vergilbten Sepiafotos gesehen habe. Lady Birds Garten.

Am Ende des Prozesses, so erzähle ich es gerne, aber in Wahrheit dauert er freilich noch immer an, bin ich überrascht, wie viele Nachbarn sich an den legendären Garten der Lady erinnern und ihn besichtigen möchten. Jedem Besucher erzähle ich die bewegende Geschichte der jungen Engländerin.

Sie lautet folgendermaßen: In jungen Jahren hat Lady Bird den Bürgermeister dieser beschaulichen Kleinstadt geheiratet. In diesem Garten hat sie ihr Refugium gefunden, das sie über die Sehnsucht hinweggetröstet hat … die Sehnsucht nach ihrer englischen Heimat. Schnell hat sich der Ruf ihrer grünen Daumen verbreitet. Weit über die Stadtgrenzen hinaus.

Lady Bird, eine waschechte Engländerin, hat das Gartenwissen mit der Muttermilch aufgesogen. Mit jeder Faser meines Seins fühle ich mich ihrer Geschichte und diesem Ort der Ruhe verpflichtet. Bei jedem Spatenstich, jeder Blase an meinen Fingern und jedem Muskelkater erkenne ich immer deutlicher, mit welchem umfangreichen Gartenwissen, kreativem Gestaltungssinn und unermüdlicher Hingabe Lady Bird einst ihren Garten geplant, angelegt und gepflegt hat. In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit noch keine Schlagzeilen wert gewesen ist, hat sie es aus reiner Notwendigkeit heraus praktiziert.

Der Garten ist mittlerweile weit mehr als nur ein malerischer Anziehungspunkt für Besucher. Allein für mich ist die Villa viel zu groß. Ich fühle mich darin verloren und weiß, dass ich nicht nur den Garten, sondern auch das Haus selbst mit neuem Leben erfüllen muss.

Deshalb habe ich in der Gemeinde herumgefragt. Zu meiner Überraschung hat der örtliche Pastor nach einer Unterkunft für ein soziales Hilfsprojekt seiner Kirchengemeinde gesucht. Es habe es naheliegend gefunden, meinen Beitrag zu leisten, indem ich das Wohnprojekt kurzerhand in der Villa untergebracht habe, um den jungen Menschen in ihrer Not zu helfen.

Seitdem teile ich das riesige Haus mit ihnen.

Beide Seiten profitieren davon. Die Jugendlichen erhalten Unterstützung für einen Neuanfang im Leben, und ich finde eine erfüllende Aufgabe.

»Der Regen ist genau zur rechten Zeit gekommen, nicht wahr?«, erkundigt sich Ingo.

Er sitzt in meiner Nähe und klappt seinen Laptop zusammen. Auf einen Abschiedsschwatz schlendert er zu mir herüber.

Ingos Büro befindet sich keine zwanzig Meter um die nächste Hausecke. Eine erstklassige Lage, mitten auf dem Marktplatz. Und genauso gekleidet ist er. Hochelegant. Als stadtbekannter Makler wird von ihm erwartet, dass er mindestens genauso beeindruckend ist wie die luxuriösen Immobilien, die er seinen zahlungskräftigen Kunden anbietet.

Verstehe einer die verrückte Welt.

»Wem sagst du das, aber nun komme ich gar nicht mit der Arbeit hinterher. Ehrlich, ich weiß nicht, wo ich heute Morgen zuerst anfangen soll«, schmunzele ich und zwinkere dem freundlichen Immobilienmakler verschmitzt zu.

»Ach, komm schon. Deine Nasenspitze verrät doch eindeutig, dass dir diese Arbeit mehr Freude bereitet, als acht Stunden in einem stickigen Büro zu hocken«, erwidert er lächelnd.

Das stimmt genau, daher lächle ich ihm gelassen hinterher. Er macht sich direkt auf den Weg zu seinem Büro, um Häuser in bester Stadtlage an zahlungskräftige Käufer zu vermitteln.

Am Eingang entdecke ich einen Mann, den ich hier noch nie zuvor gesehen habe. Gelassen lächelnd nimmt er sich einen Moment, um die Umgebung auf sich wirken zu lassen. Es ist offensichtlich, dass die reiche Vielfalt an Blumen und das üppige Grün ihn ergreifen.

Und er ist nicht allein. Ich sehe eine Menge Besucher dort stehen. Mit offenen Mündern, sich verdattert den Kopf kratzend oder mit ungläubigen Blicken.

Prominente, weniger prominente Personen und Durchreisende.

Die meisten Besucher kommen aus der direkten Nachbarschaft. Sie leben seit Jahrzehnten in diesem Viertel. An den Wochenenden genießen sie den Garten bei einem kurzen Spaziergang durch das grüne Idyll. Andere entdecken ihn spontan während eines Wochenendausflugs, obwohl sie möglicherweise viele Kilometer entfernt wohnen. Einmal kam sogar jemand extra aus Flensburg angereist.

Verrückt, oder?

Viele Menschen unterstützen großzügig den aufwendigen Unterhalt des Projekts. Ein Großteil der Spenden landet direkt in der Kasse unseres örtlichen Pastors. Dieser Pastor hat das Projekt für sozial benachteiligte Teenager ins Leben gerufen und ist auch der Schirmherr. Die restlichen Spenden fließen in den Garten, den ich bewirtschafte. Ich spare außerdem für ein kleines Garten-Café und setze jeden Monat einen kleinen Betrag beiseite.

Der Mann, der gerade eingetreten ist, mustert den vorbeieilenden Ingo unverhohlen. Ingo dreht sich zu mir um und winkt. Ich winke freundlich lächelnd zurück, kann aber nicht ignorieren, dass der unbekannte Gast mich länger und intensiver anschaut, als es angebracht wäre.

Nun ja, in meinen abgewetzten, löchrigen Jeans, meinem rosa karierten Baumwollhemd und den hellgrünen Gummistiefeln biete ich sicherlich keinen besonders aufregenden Anblick. Also soll er ruhig weiterstarren, bis ihm die Augen aus dem Kopf fallen.

Männer sind mir momentan egal. Ich habe keine Zeit, keine Energie und schon gar keine Verlangen auf emotionales Chaos.

 

 

 

2

Ich schiebe die Kopfhörer komplett von meinem Ohr und drehe die Musik leise, sodass sie dezent im Hintergrund erklingt. Dann wende ich mich erneut meiner Arbeit zu. Blüte für Blüte, Schnitt für Schnitt, befreie ich die Rosensträucher von den schweren Regentropfen. Ein sanfter Duft nach Zitrone und Vanille umhüllt mich, während ich mich auf diese Weise langsam der weißen Sitzbank nähere, auf der der unbekannte Gast sitzt.

Mein Handy vibriert. Es steckt in meiner Bauchtasche. Umständlich krame ich danach und schalte den Lautsprecher ein, während ich die Kopfhörer abnehme.

»Was gibt's, Sarah?«, frage ich.

»Annabell, kommst de mal bitte her? Der Pfarrer is am Hausfon und will dich was fräjchen.«

»Sarah, es heißt: Er möchte dich etwas fragen, nicht fräjchen«, verbessere ich die siebzehnjährige, Kaugummi kauende junge Frau, die mir dreimal in der Woche hilft und seit einem halben Jahr im Wohnprojekt lebt.

Ein unterdrücktes Kichern dringt an mein Ohr. Es kommt von der Sitzbank. Die gute Laune des Fremden verwundert mich.

Der erheiterte Mann strahlt bis über beide Ohren und kann ernsthaft mit der aufgehenden Morgensonne konkurrieren, die ab und zu zwischen den dicken Wolken hervorblitzt. Allerdings frage ich mich, ob in seinem Lachen ein Hauch von Boshaftigkeit oder eher Vergnügen über Sarahs unkonventionelle Wortwahl mitschwingt. Beides ist in meinen Augen viel mehr wert als nur ein tadelnder Blick. Der Start ins Leben ist für Sarah mit Dornen gespickt gewesen.

Oberflächlichkeiten verabscheue ich.

Mit erhobenen Händen sitzt er da und formt Finger und Daumen zu einem Viereck, aus dem er mich beäugt. Albernes Getue beeindruckt mich überhaupt nicht, also schaue ich ihn mürrisch an. Sobald er meine regungslose Mimik bemerkt, hält er inne und starrt mich ungeniert an.

Mir bleibt keine Zeit, ihn nach dem Grund für seine eigenartige Verhaltensweise zu fragen. Klugerweise beiße ich mir auf die Zunge, obwohl mich sein dämliches Grinsen maßlos ärgert.

Ungern beleidige ich potenzielle Wohltäter und Gartenliebhaber. Wie gesagt, Oberflächlichkeiten verabscheue ich und arbeite daran, auch meine eigenen Schwächen in dieser Hinsicht zu überwinden. Außerdem bittet Sarah mich, vorbeizukommen, also frage ich an dieser Stelle nicht unhöflich, warum er so kindisch kichert.

»Er sacht, es is dringt«, erklärt Sarah.

Entschlossen, mir den wunderbaren Morgen nicht verderben zu lassen, ignoriere ich Sarahs ›dringt‹ und verkneife mir die Korrektur. Stattdessen bewahre ich Ruhe. Sarah ist zwar nicht die hellste Kerze auf der Torte, aber fleißig, loyal und grundanständig. Wie meine liebe Großtante immer sagte, muss so ein junges Ding eine Weile auf der Weide grasen, bevor es üppig Milch gibt.

Auf jeden Fall kenne ich komplett andere Kaliber vom Wohnprojekt. Die habe ich nach zwei Wochen zu Johannes Helmi, unserem Pastor, zurückgeschickt. Viele der Kids kennen nicht einmal den Unterschied zwischen einer Kartoffelpflanze und Löwenzahn. Einige von ihnen wollen es auch gar nicht lernen.

Ich schätze Sarah und sehe, wie sie sich bemüht, einen geregelten Alltag zu haben, ihren Realschulabschluss nachzuholen und anschließend eine Ausbildung machen möchte. Daher verteidige ich sie wie eine Löwenmutter. Besonders gegenüber arroganten Spinnerinnen und Spinnern, die noch nie Dreck in ihrem Leben gefressen und keine Ahnung haben, wie hart es in dieser Gesellschaft ans Tageslicht krabbelt.

Nein, die herzensgute Sarah verdient keinen Spott. Sie braucht eher eine lange Leine und jemanden, der sie jeden Morgen mit freundlichen Worten auf die Weide führt und abends nach Hause holt.

»Ich komme gleich zu dir«, rufe ich quer durch den Rosengarten, damit sie mich hört.

Danach verstaue ich das Handy.

Eilig reinige ich die englische Rosenschere und stecke sie zurück in die Schlaufen meiner Bauchtasche. Es gibt keinen Grund, den Pastor warten zu lassen, also müssen die regenschweren Rosenblüten einen Moment gedulden. Ohne ein Wort eile ich an dem hirnlos grinsenden Mann vorbei.

Als ich am Schuppen ankomme, den ich hoffentlich eines Tages zu einem Café umbauen kann, beantworte ich das Telefonat. »Kannst du bitte nach dem Gießen der Stecklinge die Fische im Teich füttern, Sarah?«

Meine fleißige Helferin bestätigt und dackelt breitbeinig zur Umtopfstation. So nennen wir den kleinen Tisch mit den Metallregalen, an dem ich die Pflanzen großziehe, bevor ich sie eines Tages in den Garten pflanze.

»Guten Morgen, Johannes«, grüße ich unseren evangelischen Pastor. Langsam schlendere ich in eine stille Ecke, um ungestört mit ihm zu telefonieren.

»Dir auch einen guten Morgen, Annabell. Ich dachte, ich komme heute Vormittag schon in den Garten, falls es dir nicht zu früh ist …«

»Johannes, ich habe doch bereits erklärt …«

»Darf ich bitte zu Ende sprechen?«

Ich beiße mir auf die Zunge. Bei solchen Unhöflichkeiten kommt immer der Seelenhirte in ihm zum Vorschein. Er lässt mich wissen, wie unmöglich ich mich manchmal benehme. In der entstandenen Pause höre ich deutlich einen tiefen Seufzer.

»Vielen Dank, und ich meine das keineswegs ironisch. Ich verstehe, dass dich mehr Besucher an deine Grenzen bringen. Und ja, ich kenne deine Bedenken bezüglich eines Fotografen, weil heutzutage kaum jemand den Sinn für schöne Gärten hat. Trotzdem möchte ich dir heute jemanden vorstellen, dessen Arbeit mich einfach umhaut.«

Mit rollenden Augen schweige ich und ziehe eine Schnute. Zum Glück bleibt Helmi meine Mimik am anderen Ende der Telefonleitung verborgen. Seit Monaten liegt er mir hartnäckig mit seinem albernen Vorschlag in den Ohren. Er plant, einen Bildband über den Garten zu veröffentlichen und mit den Tantiemen das Wohnprojekt zu erweitern und das Café zu finanzieren.

Unaufhörlich lehne ich ab und bleibe genauso hartnäckig wie er. Ich finde, die meisten Gartenfotos sind langweilig und kitschig. Sie wirken abgeschmackt. Sie werden den schönsten Gärten schlichtweg nicht gerecht, daher halte ich stur dagegen. Gleichzeitig spare ich wo es geht, um es ohne finanzielle Spritze alleine hinzubekommen.

Johannes hingegen ist von seiner Idee absolut begeistert und redet genauso hartnäckig auf mich ein, wie der Giersch im Kräuterbeet wächst und gedeiht. Es sei denn, ich würde ihn und andere wuchernde Wildkräuter als dekorativen Salat in meinem geplanten Garten-Café servieren. Und hier im Garten gibt es jede Menge Giersch.

Daneben Rotklee, Knoblauchsrauke, Veilchen und, und, und. Das wäre ein köstlicher Salat.

Tolle Idee, nicht wahr?

Genau das sage ich doch die ganze Zeit.

»Annabell, bitte höre dir sein Konzept an und entscheide danach. Aber bitte ohne deine Hände auf Ohren, Mund oder Augen zu legen. Dein Herz ist nicht aus kaltem Marmor und die Arbeit mit den Kids liegt uns doch so am Herzen. Wir brauchen jede noch so kleine Spende, um unsere Arbeit fortzuführen und dein geplantes Café umzusetzen ... Und zieh jetzt keine Schnute, auch wenn ...«

»Schon gut«, unterbreche ich seinen Enthusiasmus, der in einer Minute über mich hereinbricht, wenn ich ihn nicht schnell genug bremse. »Ich bin bereit, ihm zuzuhören, aber unter einer Bedingung. Der gute Mann soll Referenzen mitbringen. Sobald er mir aber Fotos unter die Nase hält, die selbst ein talentfreier Hobbyfotograf besser hinbekommen könnte, kann er abschwirren. Und zwar sofort. Richte es ihm von mir aus, ja?«

»Guter Kompromiss. Das mache ich. Sorge dich nicht, denn er ist wirklich tüchtig. Ein feiner Kerl. Nein, was rede ich, er ist grandios, zwar unorthodox, aber ein wahrer Meister seines Fachs. Ja, unorthodox beschreibt ihn haargenau. Er ist ein Sonnenkind und du wirst ihn gernhaben. Du bist ein Schatz.«

»Moment mal. Ich muss das Gesagte schnell für unsere nächste Diskussion aufnehmen, damit ich es dir später vorspielen kann. Mister Samsung soll mein Zeuge sein...«, murmele ich, beende das Gespräch und lege das schnurlose Telefon auf die Ladestation.

Über den Verlauf des Gespräches und dem abgerungenen Zugeständnis unzufrieden stapfe ich über den Rasen. Beim Rosenbogen angekommen, will ich den Eimer mit den abgeschnittenen Blüten zum Kompost schaffen. Ich hebe ihn an und schnappe kurz nach Luft.

Manchmal muss ich eine kurze pausieren, weil mich fiese Schwindelanfälle übermannen. Ich beuge mich vor, verdecke meine Augen und sammle mich.

»Kann ich dir helfen?«

Handgearbeitete Lederschuhe tauchen in meinem Blickfeld auf. Umgehend straffe ich mich. »Verstehen Sie sich denn besser darauf, Eimer zu tragen, als wildfremde Menschen anzustarren?«

Fassungslos räuspert er sich, steht danach kerzengerade da und streicht verlegen über sein akkurat gebügeltes Hemd. Er betrachtet mich von oben bis unten. Vielleicht überlegt er auch nur, welche Worte er als nächstes wählen soll. Mir erscheint das durchaus angebracht.

»Sie dürfen es gerne selbst beurteilen.«

Eine lobenswerte Antwort, daher lasse ich den Henkel des Eimers los und trete einen Schritt zurück. Wenn er unbedingt darauf besteht, soll er ruhig den Lastesel spielen.

Mir ist es egal.

»Das werde ich. Überzeugen Sie mich bitte von Ihren Fähigkeiten als Esel. Äh, Lastesel«, korrigiere ich meinen freudschen Versprecher im letzten Moment.

Schmunzelnd tritt er an den Eimer. Hochmotiviert ergreift er den Henkel. Er zieht und zieht ... und bricht keuchend zusammen. Zuerst wirkt es so, als würde er aufgeben, doch dann macht er unerwartet einen erneuten Versuch. Dieser scheitert ebenfalls kläglich.

Also doch ein Esel, schleicht sich ein spöttelnder Gedanke durch meinen Kopf.

»Ich gebe mein Bestes«, murmelt er vor sich hin.

Breitbeinig stellt er sich auf, schiebt tatkräftig beide Ärmel über die Ellenbogen und versucht angestrengt, den Eimer mit beiden Händen in die Höhe zu ziehen.

Versucht …

Versucht …

Vergeblich …

 

 

3

Fassungslos verfolge ich das alberne Schauspiel und starre ihn verdutzt an. Der Eimer fasst keine zwanzig Liter und enthält ausschließlich Rosenblüten. Gut, sie sind regennass, aber er tut sich derart schwer, als wäre der Eimer plötzlich am Boden festgeklebt.

Soll das etwa witzig sein?

Erst kichert er minderbemittelt auf der Bank sitzend und jetzt versucht er mich mit dieser albernen Komödie reinzulegen. Oder versucht er, mir zu imponieren? Hilfe! Mehrmals versucht er erfolglos, den Eimer anzuheben, bis ich wieder Herr meiner Sinne bin und mich schlagartig straffe.

Inzwischen verwandelt sich seine einst gesunde Gesichtsfarbe in ein besorgniserregendes Dunkelrot. Unter der Anstrengung tritt sogar seine Halsschlagader deutlich hervor.

Ich fühle mich ernsthaft beunruhigt und beende kurzerhand sein blödsinniges Unterfangen. »Danke für Ihre grenzenlosen Bemühungen. Sie verstehen sich eindeutig besser darauf, Leute anzustarren. Körperliche Arbeit sollten Sie tunlichst meiden«, murmele ich betreten über diesen Helden im graublauen Baumwollhemd, der sich hoffnungslos überschätzt.

Schnell will ich den Henkel ergreifen, doch genau in diesem Moment hievt er den Eimer wie von Zauberhand in die Höhe.

»Und, wie sieht es aus? Habe ich Sie überzeugt?«, fragt er selbstbewusst.

»Ja«, antworte ich barsch, »zumindest mit einem gewissen Maß an Unzurechnungsfähigkeit.«

Glockenhell lacht er auf, dreht sich auf den Absätzen um und entfernt sich, wobei er übermütig den Eimer hin und her schlenkert. Es dauert ein paar Sekunden, bis ich wieder beisammen bin und ihn zurückpfeife.

»Sie sind auf dem Holzweg«, rufe ich, worauf er sich schwungvoll zu mir umdreht und auf mich zueilt.

Das entzückende Lächeln und der schelmische Augenausdruck überzeugen mich von seinem ausgebufften Charakter. Gut, damit könnte er theoretisch jede Frau an einer Bar für eine gemeinsame Nacht überzeugen. Mich aber nicht. Und hier im Garten gibt es keine Bar, um billige Flittchen für fragwürdige Affären aufzugabeln.

»Sie meinen ernsthaft, ich habe Sie nicht überzeugt?«, erkundigt er, aller Illusionen beraubt, dass ich leichte Beute bin und noch leichter zu beeindrucken wäre.

Von der Seichtheit seines Humors unbeeindruckt und zutiefst gelangweilt, hebe ich eine Augenbraue hoch. Für einige Sekunden ziehe ich obendrein meinen Mundwinkel zur Seite, was mehr sagt als tausend Worte.

»Alles klar. Ich sehe, Sie sind regelrecht hin und weg. Woran ich es erkenne? Eindeutig an Ihrem Gesichtsausdruck. Wie wäre es, wenn Sie mir den Weg zeigen, wohin er uns auch immer führen mag?«

»Aha, verstehe. Sie wünschen eine Führung durch den Garten?«, kontere ich unterkühlt und gehe nicht auf seine Zweideutigkeit ein.

Ich wende mich ab. Brummig stiefele ich zur abseits gelegenen Wirtschaftsecke. Im Gehen strecke ich den linken Arm aus und knurre: »Kräutergarten.«

»Duftet traumhaft«, murmelt er und trottet samt Eimer hinterher.

»Gemüsebeet.«

»Hm, leckeres und knackig frisches Gemüse, soweit das Auge reicht«, kommentiert er hinter mir und prallt beinahe gegen mich, weil er nicht aufpasst. Hat er keine Augen im Kopf und wenn ja, wohin schaut er die ganze Zeit?

Doch nicht etwa auf meinen …

Na, so ein dummer, dummer Esel. Du Freundchen lernst mich kennen. Mir rotzfrech auf den Hintern zu glotzen, während ich vor dir herlaufe.

»Schattengarten.« Meine Augen rollen zur Seite, weil ich keinerlei Lust verspüre, ihn extra dorthin zu führen. So zugespitzt wie nur irgend möglich, verziehe ich die Lippen und verschränke die Arme vor der Brust.

»Absolut ansehnlich. Ich meine sehenswert«, haucht er und sieht mir bedeutsam in die Augen.

Mein Zweitname lautet Eisprinzessin, daher lässt mich der schmalzige Blick kalt.

»Kompostecke«, erkläre ich kurz angebunden und deute mit dem Zeigefinger auf einen der vier Komposte aus Lärchenholz.

»Sie weichen mir aus.«

Blitzmerker.

»Was soll ich sagen? Wie so oft im Leben gibt es beim Flirten meistens reiflich Luft nach oben und Schwachköpfe sind nicht so mein Ding, wissen Sie. Der Rundgang kostet nichts. Aber wir freuen uns über Ihre Spende, wenn Sie zehn Teenagern Zukunftsaussichten und Ausbildung ermöglichen möchten.«

»Ist die Führung denn schon vorbei?«

»War sie etwa zu kurz?«

Ich verlagere mein Gewicht, stemme die Hände in die Hüfte und schaue desinteressiert zu, wie er den Eimer umständlich in die Höhe hebt. Doch statt ihn auf den Kompost zu entleeren, kippt er den Inhalt direkt vor meine schmutzigen Gummistiefel.

Für einen lautstarken Protest straffe ich mich sofort, um ihn des Gartens zu verweisen. Genau in dem Moment, in dem ich zum Sprechen ansetze, klingelt ein Handy.

»Siegel«, meldet er sich unerklärlich fröhlich. »Ah, du bist es. Aha? Ja, nö, kein Ding. Gut, so machen wir es und danke für deinen Anruf. Ja, ich bin noch unterwegs in … ähm, der Stadt. Ich bin unterwegs in der Stadt. Genau. Nein, nein, mach dir darüber keine Sorgen. Gut, wir sehen uns nachher. Nach der Stadt. Ich meine, wenn ich … Du, ich muss, bis nachher.«

Über seine Dummdreistigkeit verärgert, drängele ich mich an ihm vorbei und stapfe zum Büro. Nach etwa zehn Metern höre ich hinter mir, wie jemand schnauft.

»Warten Sie bitte!«

»Was gibt es noch zu besprechen, Herr Siegel?«, frage ich gereizt und drehe mich verärgert um.

Meiner Ansicht nach hat er heute genug von meiner Zeit vergeudet, daher schaue ich tunlichst finster drein. Er drosselt das Tempo seiner Laufschritte nicht rechtzeitig und prallt unsanft mit mir zusammen.

Ich drohe zu fallen, doch er bewahrt mich davor. Dank eines entschlossenen Griffs an meinen Oberarmen. In einem leichten Luftstrom umweht mich ein atemberaubendes Eau de Parfum, welches den unverwechselbaren und angenehmen Duft nach Salbei und einem Hauch Zedernholz verbreitet. Wie angewurzelt stehe ich vor ihm wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird. Schlagartig fühle ich mich machtlos und zu Teilen ungewohnt benommen, denn es riecht nach allem anderen. Nur nicht danach, als würde er billige Bars besuchen.

Vorsichtig löst er seine Hände, sobald er meinen sicheren Stand bemerkt. Noch immer bekomme ich keinen einzigen Gedanken sortiert, und wundere mich über meine selten dämliche Unbeholfenheit grün, braun und schwarz. Kurz nach diesem Gedanken geht erst recht nichts mehr, denn mich durchdringt ein bedeutungsvoller Blick aus stahlblauen Augen.

»Nun, Annabell, ich schlage Ihnen Folgendes vor: Sie sind ab jetzt in etwa so liebenswürdig zu mir, als würde der Bundespräsident höchstpersönlich vor Ihnen stehen. Der findet, dass die Führung durch den wunderschönen Garten viel zu kurz war. Er möchte ihn mit Ihren Augen kennenlernen und mehr darüber erfahren, wie er die Teenager unterstützen kann. Hinterher möchte er Sie gerne auf einen Versöhnungstee einladen, falls der kleine Scherz mit dem Eimer zu makaber war.«

Auf die eine oder andere Weise erscheint er liebenswürdig, jedoch bleibe ich gewohnheitsmäßig misstrauisch, was Männer betrifft.

»Guten Tag, Herr Bundespräsident«, stammele ich schwülstig und vollführe einen ungeschickten Hofknicks, um die Show auf die Spitze zu treiben. »Entschuldigen Sie meine tadelnswerten Umgangsformen. Ich hatte seit Ewigkeiten kein …«

»Rendezvous?«

»Mann!«, fluche ich, weil er mich unterbricht.

Erst dann bemerke ich, wie die Doppeldeutigkeit meine Wangen heiß brennen lässt.

»Ähm, nein, nein, nein. Sagte ich tatsächlich Mann? Ich meinte das Mann, nicht Mann im Sinne von männlich … egal, vergessen Sie es! Ich meinte Versöhnungstee, nicht Mann. Oje, habe ich das wirklich gesagt?«

»Selbst wenn, ginge es problemlos abzuändern.«

»Ich suche aber keinen Mann.«

»Nein?«

»Nein.«

»Wie schade. Dann nur einen Versöhnungstee?«

»Folgen Sie mir.«

Mit siegessicher hochgezogenen Augenbrauen folgt er mir im Stechschritt, bis ich an der Umtopfstation ankomme. Sarah säubert die aus der Erde geholten Narzissenzwiebeln und bricht die Brutzwiebeln ab. Anschließend sortiert sie diese der Größe nach in bereitgestellte Weidenkörbe. Darin werden sie bis zum Herbst gelagert, bevor wir sie einpflanzen

Sobald wir neben Sarah stehen, schaut sie von ihrer Arbeit auf. »Hi.«

»Hi«, erwidert er und lächelt.

»Bitte schön, Herr Bundespräsident«, murmele ich. Mit einer einladenden Geste deute ich auf die beflissen arbeitende junge Frau, die den Besucher aufmerksam mustert.

»Bitte was?«

»Sie wollten den Garten doch durch meine Augen sehen. Bitte schön, hier können Sie es. Sarah, zeige ihm bitte, wie du die Narzissenzwiebeln sortierst. Er möchte wissen, wie er euch Teenager unterstützen kann. Strenge dich an, denn der Bundespräsident ist überaus einflussreich und …«

»Ich habe um einen Tee zur Versöhnung gebeten«, erklärt er irritiert und tritt einen Schritt näher, als könne er damit das Blatt zu seinen Gunsten wenden.

»Nach getaner Arbeit«, lautet meine unterkühlte Antwort. Mit meinem ausgestreckten Zeigefinger halte ich ihn auf Abstand, indem ich ihn unerbittlich fortschiebe. »Sie befinden sich heute bereits zum dritten Mal ungebeten in meiner Wohlfühlzone. Die beträgt genau eine halbe Armlänge. Ist ganz leicht zu merken. Übertreten Sie diese Grenze zum vierten Mal, gibt es keinen Tee nach getaner Arbeit, verstanden?«

Er versteht.

Das einverstandene Kopfnicken samt Schmunzeln kommt unmissverständlich kleinlaut daher. »In Ordnung. Nüsse mit harten Schalen schmecken bekanntlich am besten. Sarah, was muss ich hier für einen Tee tun?«, fragt er und tritt fügsam einen weiteren Schritt zurück, betrachtet mich jedoch noch immer.

»Wir duzen uns alle, Herr Bundespräsident. Zieh dir erst mal die Handschuhe an und schau zu mir, nich zu Annabell.«

»Bis nach getaner Arbeit, Annabell«, raspelt er Süßholz und stellt sich neben die junge Frau, bis ich mich kopfschüttelnd von beiden abwende.

 

 

4

An ein konzentriertes Arbeiten ist indes nicht zu denken. Weder im Büro noch an den Rosen gelingt es mir, meine Gedanken auf die notwendigen Tätigkeiten zu richten.

Sarah und der Bundespräsident scheinen sich prächtig zu verstehen. Beide haben sichtlich Spaß an der monotonen Arbeit und albern ausgelassen herum. Überraschenderweise protestiert er nicht dagegen, diese schmutzige Arbeit zu übernehmen. Offenbar ist ihm sein alberner Versöhnungstee wichtiger.

Da ich mich sowieso nicht konzentrieren kann, schleiche ich zur Umtopfstation und beobachte die beiden eine Weile. Das leichte Sommerhemd des Bundespräsidenten ist mittlerweile stark verschmutzt, und Sarah nennt ihn ›Marc‹.

Ein Marc also.

Auf jeden Fall denkt Marc nicht daran, seinen Tee aufzugeben. Er gibt sein Bestes und ahmt die geschickten Handgriffe von Sarah nach, die die Mutter- und Tochterzwiebeln flink voneinander trennt.

»Nein, Mama, trenne dich nicht von mir«, scherzt sie mit dem riesigen Erdklumpen herum, dessen Laub welkt. Gewissenhaft entfernt sie die verwelkten Blätter, klopft energisch den Klumpen auf den Tisch und löst behutsam alle Tochterzwiebeln heraus.

»Doch, doch, denn es ist der Lauf der Dinge, mein Kind«, erwidert er. »Du bist erwachsen geworden und bekommst nun eigene Tochterzwiebeln. Ich werde immer deine Mutter bleiben, nur drei Meter von dir entfernt wachsen und immer ein Auge auf dich und deine Brutzwiebeln haben.«

Mit einem geschickten Schlag klopft er die Erde ab. Er löst die Zwiebeln ab und bemerkt mich. Hocherfreut, mich zu sehen, wischt er mit dem Handrücken einen Schweißtropfen von der Stirn und beschmiert sich dabei.

Ich kann nicht anders als darüber zu lächeln.

Er glaubt wohl, dass sein dummes Geschwätz dafür verantwortlich ist, also lächelt er noch breiter. Das wiederum bringt mich zum Schmunzeln, was ihn enorm freut.

Himmel, wie kann jemand breiter als bis zu den Ohren schmunzeln?

»Ist jetzt schon nach getaner Arbeit?«

»Seid ihr fertig mit den Narzissen?«

»Die hier noch«, antwortet Sarah und bearbeitet den widerspenstigen Erdballen.

»Sobald du damit fertig bist, räume bitte den Arbeitsplatz auf. In der Zwischenzeit zeige ich Marc seine neue Aufgabe auf dem Hauptweg. Du kannst die Goldfische füttern, sobald du hier alles erledigt hast.«

»Aber, der Hauptweg wird doch …«

»Sarah«, unterbreche ich sie schroff und mit hochgezogenen Augenbrauen, damit sie augenblicklich schweigt.

Sie wird mir den bevorstehenden Spaß sicher nicht verderben.

»Ja, klar«, knurrt sie und schielt zu Marc.

Flackert da etwa Mitleid in ihren Augen auf? Pah! Ach was, er wird es überleben.

»Können wir, Marc?«

»Wir können«, entgegnet er gut gelaunt und folgt mir bereitwillig in den Geräteschuppen.

Dort angekommen, nehme ich aus einem alten Trinkbecher ein altes, abgewetztes Besteckmesser. Von einem wackeligen Holzregal hole ich einen Joghurteimer und halte beides direkt vor seine Nase. »Es gibt vorwitzige Pflanzen, die sich naseweis und ungefragt an allen Ecken versamen. Am liebsten zwischen den Fugen des Hauptweges. Sie bekommen von uns eine angemessene Sonderbehandlung, womit wir bei deiner nächsten Aufgabe wären.«

Er überlegt fieberhaft, ob ich meine Worte doppeldeutig meine. Erneut blitzt ein Schimmer in seinen Augen auf, als wäre ich liebestoll über ihn hergefallen. »Sie treiben es demnach ganz exzessiv und ungeniert zwischen den Gehwegplatten?«

»In gewisser Weise ja. Aber wir mögen es nicht sonderlich, weil es in der Öffentlichkeit Aufsehen erregt. Schließlich ist dies ein Garten, den Familien mit kleinen Kindern besuchen, also unterbinden wir es.«

»Das ergibt Sinn, aber wo bleibt da der Spaß?«

»Spaß hin oder her. In dieser Angelegenheit kennen wir keinen Spaß und das stumpfe Ding kommt zum Einsatz«, erkläre ich und fuchtele mit dem rostigen Messer auf Höhe seines Beckens herum.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht runzelt er die Stirn. »Autsch.«

»Kein Problem für diejenigen, die sich benehmen können.«

»Also ist das Messer eine berüchtigte Sonderbehandlung für unverschämte Zeitgenossen?«

Ja, ja, an dieser Stelle krempelt sich garantiert sein Magen auf links, denn das Messer ist nicht nur stumpf, sondern auch stellenweise abgewetzt und fängt an, zu rosten. In seinem Kopf spielt sich mit Sicherheit ein unschöner Film ab, in dem ich ...

Oder ist das jetzt mein Kopfkino?

»Sie sind ein cleveres Kerlchen, aber zurück zur Sonderbehandlung. Wir graben die Pflanzen behutsam samt Wurzel aus und pflanzen sie an eine andere Stelle im Garten. Dort können sie es ungeniert treiben.«

»Bin dabei.«

Das nehme ich an. Es spielt überhaupt keine Rolle, ob Männer teures oder billiges Parfüm auftragen. In dieser Hinsicht ticken sie alle gleich.

»Dann hopp!«, feixe ich und lache los.

Innerlich abfeiernd verlasse ich den Schuppen. Als wir den Hauptweg erreichen, bleibe ich plötzlich stehen und zeige auf das wilde Wachstum zwischen den Trittsteinen.

Seine Augen weiten sich vor Entsetzen. »Den ganzen Weg?«

Jetzt scheint er sich der Mammutaufgabe bewusst, denn der Weg erstreckt sich endlos vor uns und verliert sich am Ende zwischen Lavendel, Salbei und dem Gemüsebeet. Ähnlich ergeht es seinen Mundwinkeln, die sich schlagartig nach unten ziehen.

»Natürlich! Oder sollen sie von Besuchern mitten in ihrem wilden Treiben rücksichtslos zertrampelt werden?«

»Nein, nein. Das möchte ich möglichst vermeiden, denn ich bin ein Verfechter von … Lassen wir das schlüpfrige Thema. Ich wollte sagen, die sind zu … entzückend, um mitten bei … zertrampelt zu werden«, murmelt er und besieht sich ratlos den endlos langen Weg.

Auf dem sprießen Löwenzahn, wilder Oregano und neben Grasbüscheln sogar Kamille.

»Was muss ich tun?«

»Du musst die Pflänzchen behutsam ausgraben, ohne die zarten Wurzeln zu beschädigen.« Geduldig erkläre ich es und zeige ihm die Prozedur anhand eines Grasbüschels, den ich feierlich zu einer freien Stelle in der Blumenrabatte trage. »Und hier setzt du sie vorsichtig ein, ohne auch nur eine einzige Wurzel zu beschädigen. um Schluss gießt du alles sorgfältig an, damit sie schnell anwachsen.«

»Werden sie es dann hier treiben?«

»Nur wenn sie einen genetisch perfekt ausgelegten Besamer findet, der ihren hohen Ansprüchen gerecht wird und … Aber lassen wir besser solch schlüpfrigen Themen besser beiseite.«

»Nein, nein! Sprechen wir dieses schlüpfrige Thema an. Ich möchte alles über … Ich möchte alles erfahren.«

»Sie ist sehr wählerisch und nicht jeder kommt in die Tüte. Verstehst du deine Aufgabe, Herr Bundespräsident?«

»Ja, ja, denn ich bin schließlich nicht grundlos in dieses verantwortungsvolle Amt gewählt worden. Nochmal zur Sicherheit: Vorsichtig ausgraben, behutsam einsetzen und sorgsam angießen, damit sie bald die Samen eines potenziellen Bestäubers... Ach ja, übrigens, ich habe Durst. Wie wäre es mit einer Tasse Tee?«

»Ist denn jetzt schon nach getaner Arbeit?«

»Das wäre zu verlockend.«

»Also dann, ran an die Arbeit! Ich muss dringend zu den Rosen und kann nicht ewig mit dir schwatzen.«

Gesagt, getan. Ohne ein Wort des Abschieds drehe ich mich um und gehe zielstrebig auf die mit Tau bedeckten Rosenblüten zu. Amüsiert beobachte ich aus der Ferne, wie er sich redlich bemüht, das Unkraut liebevoll umzupflanzen. Jeder noch so kleine Grasbüschel erhält seine volle Aufmerksamkeit. An seiner beigefarbenen Hose prangen inzwischen riesige Schmutzflecken, weil er sich sprichwörtlich in die Arbeit kniet.

»Warum veräppelst du den Bundespräsidenten?«, murmelt Sarah, die unvermittelt neben mir auftaucht. Normalerweise braucht sie eine Ewigkeit, um die Fische zu füttern, weil es sie so unglaublich ›chillt‹.

»Er ist kein Bundespräsident, Sarah.«

»Echt jetzt? Aber du hast gesagt …«

Ich atme tief ein, verzichte jedoch darauf, ihr alles im Detail zu erklären. »Er hat mir frech geantwortet.«

»Hallo? Er wollte nur einen Tee zur Versöhnung mit dir trinken.«

»Genau, und das hat er mir ziemlich frech klargemacht. Und jetzt zeige ich ihm eben, was ihn erwartet, wenn er auf den Tee besteht.«

»Falls deine zickige Art ihn nicht sofort abschreckt.«

»Tja, dann wird er eben woanders nachfragen, ob es Tee gibt«, entgegne ich und zucke mit den Schultern.

»Schade, mich hat so einer nicht gefräjcht«, murmelt sie leise und schaut wirft einen verstohlenen Blick zu Marc, der auf Knien hockt und sich mit dem stumpfen Messer abmüht.

»Kommst du klar, Marc?«, rufe ich quer durch den Garten.

Er hebt seine Hand und zeigt einen Daumen nach oben. Ich kichere. Mit einem Auge zwinkere ich Sarah zu. Entsetzt mustert sie mich.

Schlagartig werde ich ernst: »Glaube mir, in spätestens einer halben Stunde gibt er auf und schleicht sich heimlich davon. Wie die meisten Männer aufgeben, wenn es schwierig wird.«

»Hallo? Deinetwegen pflanzt er sogar Gras ins beschissene Blumenbeet. Du bist echt ne Bratze.«

»Bin ich eben ne Bratze. Mach du erstmal deinen Realschulabschluss, dann fräjcht er dich vielleicht, ob du mit ihm einen Tee zur Versöhnung trinken willst.«

»Er will keinen Tee trinken, sondern bürsteln. Checke ich doch genau. Ich an deiner Stelle würde mich von ihm bürsteln lassen, statt ihm nur auf den Ar… Knackarsch zu glotzen.«

»Bürsteln klingt so was von proletenhaft. Und nebenbei bemerkt, glotze ich nicht auf seinen Hintern.«

»Ach, nee? Dir fallen aber gleich die Augen aus dem Kopp.«

Sie ahmt mich nach und dreht nun ihren Kopf in Richtung ... Hintern. Ich reagiere sofort und gebe ihr einen leichten Klaps auf den Unterarm. »Dann, liebe Sarah, frag ihn nachher: Lieber Herr Bundeskanzler Marc, würdest du mich bitte bürsten?«

Ihre Nasenwurzel kräuselt sich. »Ich checke deinen Bullshit genau, Annabell. Du benimmst dich extra assi. Uns predigst du immerzu, wir sollen unser Herz öffnen, obwohl uns scheißweh getan wurde. Ich weiß, dir wurde auch scheißweh getan. Aber anstatt deine eigenen Worte zu beherzigen, redest du Schwachfug und vergraulst einen echt netten Kerl. Mach, was du willst. Ich find ihn mega lecker und geh jetzt eine Zigi anquatschen. Die hat wenigstens bessere Laune, weil sie in der Zigarettenschachtel irre langen und megageilen Gruppensex hatte und auf ihr Herz hört, anstatt sich von ihren Hormonen abzukapseln.«

Breitbeinig stapft sie zur Umtopfstation, um vor ihrer Zigarettenpause die Körbe mit den Narzissenzwiebeln in den Schuppen zu verstauen.

 

 

 

5

Mag angehen, ich treibe es zu arg mit Marc. Seit mein Ex mich mit unserem krebskranken Baby sitzen gelassen hat, können Männer mir gestohlen bleiben. Damals ist es unter meinen Händen weggestorben und ihn hat alles nur Nerven gekostet. Alles. Das baufällige Haus, das todkranke Kind und schließlich sogar ich.

Aber egal, das ist es Geschichte.

In spätestens einer halben Stunde wirft Marc das stumpfe, rostige Messer in die nächstbeste Ecke, schleicht sich unbemerkt aus dem Garten, duscht kalt und lässt mich mit dem Tee und seinen dreisten Annäherungsversuchen in Frieden. Bin nicht begriffsstutzig und checke genau, was er mit ›Versöhnungstee‹ meint.

Ein Lied pfeifend schüttele ich die Kritik ab. Erneut wende ich mich den Rosenblüten zu, um das Regenwasser abzuschütteln, Verblühtes abzuschneiden und Sarahs Kritik gekonnt auszublenden. Nach geschätzt zwei Stunden kniet Marc noch immer auf allen vieren und trägt Pflanze um Pflanze an seinen neuen Bestimmungsort.

Inzwischen wundert mich, dass er nicht alles einfach hinschmeißt. Scheinbar ist er ein zäher Hund, der für einen Tee so einiges in Kauf nimmt. Ich schwanke zwischen Verwirrung und Respekt. Annähernd sieben stolze Meter hat er in der Zwischenzeit zurückgelegt. Angesichts seines optischen Zustandes finde ich dies beachtlich.

Das Hosenbein ziert ein daumengroßes Loch und der einstmals beige Stoff variiert farblich zwischen dunkelgrün und rostbraun. Von seinem schmutzigen Gesicht spreche ich gar nicht erst und hege keinerlei Mitgefühl, wenn er vereinzelt seinen überlasteten Rücken dehnt.

Summend gehe ich meiner Arbeit nach und räume zu guter Letzt die Rosenblüten vor dem Kompost fort, die dort noch immer am Boden verstreut liegen. Ein unerwarteter Schwindel überkommt mich.

Krampfhaft stütze ich mich auf die Holzumrandung, damit ich nicht versehentlich zu Boden sinke. Eine Weile stehe ich zitternd an Ort und Stelle. Krampfhaft atme ich ein und aus. Ich bemühe mich redlich, unter keinen Umständen zusammenzubrechen.

»Fehlt dir was?«, höre ich und fahre erschrocken auf.

Ein besorgtes Augenpaar ruht auf mir. Johannes kommt sogleich auf mich zu.

»Alles gut. Mir war nur wieder kurz …«

»Annabell, hast du getan, worum ich dich neulich gebeten habe?«

»Einen Psychologen aufzusuchen? Nein, ich komme ohne so was klar.«

»Ich weiß genau, wie ungern du meine Ratschläge befolgst. Ich sage doch immer, die Schwindelattacken teilen dir etwas mit und …«

»Ich weiß, ich weiß. Sie wollen mir sagen, dass ich es heute mit meinem Ehrgeiz übertreibe.«

»Nein, Annabell. Wie immer untertreibst du«, winkt er ungeduldig ab und dreht mich, damit ich am Eckbalken des Komposts Halt finde. »Die Sache kommt auf diesem Weg ans Tageslicht. Emotionen lassen sich nicht ewig einsperren. Sie suchen sich bereits ihren Weg an die Oberfläche und schreien förmlich um Hilfe. Warum kannst du nicht endlich einsehen, dass du deinem Glück im Weg stehst?«

Vornüber gebeugt keuche ich, erhole mich aber zum Glück rasch. »Johannes, nicht jetzt, bitte.«

»Wann sonst?«, will er zärtlich besorgt und in der gewohnt hartnäckigen Art wissen, für die ihn seine Schäfchen vergöttern.

»Keine Ahnung, in jedem Fall nicht heute. Wo bleibt eigentlich dein ach so toller Fotografenheini?«

Die Frage lenkt geschickt von meinen Anfällen ab, die in letzter Zeit vermehrt und willkürlich auftreten. Suchend schaue ich mich um, entdecke den hochgepriesenen Kunstschaffenden jedoch nirgends.

»Tja, offensichtlich hat er mich eiskalt versetzt.«

Jetzt stehe ich aufrecht. Mit diesem unverhofften Eingeständnis sehe ich mich in der Tatsache bestätigt, dass es eine unselige Idee ist, mit einem Bildband so etwas wie öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen.

»Wir bekommen das Geld bestimmt anderweitig zusammen, um die Kinder aufzufangen und mit soliden Ausbildungen ins Leben zu entlassen. Wie wäre es mit einem Schluck Wasser?«, fügt er an, nachdem er meinen ungläubigen Blick bemerkt.

»Entschuldige. Komm, wir gehen etwas Kühles zu trinken holen. Weißt du im Übrigen, wie Sarah mich nennt?«

»Nein.«

»Aquaholiker«, kichere ich.

»Allerhand. Diese Kinder und ihre seltsame Sprache. Ohh, ohh, ich fühle mich in der gottverdammten Hitze ganz atemlos.«

»Aber Helmi.«

»Fluche ich etwa schon wieder? Sei es drum. Gott arbeitet rund um die Uhr und ist momentan gewiss auf Achse. Suche du dir einen Arzt, dann höre ich mit dem gottverdammten Fluchen auf.«

»Du verstehst dich ausgezeichnet auf Erpressungen«, murre ich und schreite voran. »Durch den gestrigen Regen ist es heute schwül.«

»Bei Gott, ja.«

Kurz darauf sitzen wir im Schatten des Walnussbaums auf einer Bank und trinken das kühle und erfrischende Wasser.

»Es sind nur wenige Besucher heute Morgen unterwegs, was?«, erkundigt er sich und lässt seinen Blick über die prächtigen Rosenblüten gleiten. Am Möchtegern-Bundespräsidenten bleibt der Blick haften. Derzeit wässert er den soeben frisch eingepflanzten Unkrautbüschel.

»Finde ich jetzt nicht unbedingt. Vermutlich retten sich alle vor der drückenden Schwüle.«

Er deutet auf Marc und wirkt, als wäre er nicht ganz bei der Sache. »Wer ist das?«

»Der? Ach, das ist nur irgendein verpeilter Schnösel, der zu mir sagt, ich soll ihn behandeln, als wäre er der Bundespräsident. Stell dir vor, er wollte eine Gartenführung und anschließend Tee mit mir trinken. Mit mir. Ha, ha, ha. Ausgerechnet mit mir.«

»Bundespräsident?« Ungläubig blickt Johannes drein, kichert und betrachtet Marc eingehender. »Nein, oder wirklich? Wie abgebrüht muss man denn sein, dich um ein Rendezvous zu bitten. Will sich der arme Kerl etwa freiwillig die Zähne ausbeißen? Da wäre jede Nonne eher bereit … Du weißt schon, aber bitte nicht missverstehen. Eine junge, bildhübsche und intelligente Frau wie du, braucht Liebe bis zum Abwinken. Letztlich hilft sie dir, zu begreifen, dass nicht alle Männer schlechte Kerle sind.«

»Ich verstehe genau, wie du das meinst. Letztlich hast du recht. Nicht alle Männer sind schlecht. Aber ich habe das Talent, genau die Schlechten aus der Masse zu picken. Das nächste Mal möchte ich auf Nummer sicher gehen. Ich möchte eine solide Beziehung und jemanden, der um unsere Liebe und eine gemeinsame Zukunft kämpft und nicht bei der kleinsten Schwierigkeit verschwindet.«

»Eines Tages steht er vor dir, lächelt dich an und du spürst genau, es ist der Richtige.«

»Das wäre zu schön, klingt aber als hättest du zu viele Märchen gelesen, Helmi.«

»Meine Augen machen mir heute arg zu schaffen. Was zum Henker treibt der Mann dort?«

»Nun, er hat mich plumpvertraulich angebaggert und andauernd darum gebeten, einen Tee mit mir zu trinken. Im Sinne von … Du weißt schon. Kurzerhand habe ich ihn dazu verdonnert, das Unkraut zu zupfen. Jetzt hält er den vorlauten Rand, wirft aber noch immer nicht das Handtuch. Stell dir vor, der Dummkopf pflanzt auf meinen Wunsch seit über zwei Stunden Unkraut in die Blumenrabatte und gießt alles liebevoll an. Nur, um mit mir Tee zu trinken. Wie bescheuert muss man sein?«, lache ich erheitert und verschlucke mich beinahe an dem Mineralwasser. »So ein selten dämlicher Trottel.«

Helmi lacht und schlürft geräuschvoll das erfrischende Wasser. »Sagte er Tee, ja?«

»Unglaublich ferch, oder? Er lässt sich mit nichts davon abhalten. Das ist doch nicht normal. Ich weise ihn schroff ab, aber er wird umso charmanter.«

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752101874
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Juni)
Schlagworte
romantische Komödie wholsome Sommer Liebe cozy Romance Komödie Gatrten Humor Frauen chick-lit Liebesroman

Autoren

  • Adelina Zwaan (Autor:in)

  • Anna Conradi (Autor:in)

Anna Conradi (Pseudonym) lebt und arbeitet nach unzähligen Stationen im In- und Ausland heute in Leipzig. Neben dem Beruf ist das Schreiben ihre Berufung. Am liebsten über das Suchen und Finden, das Herzklopfen und Überwinden von Hindernissen. Ihre emotionale Ich-Erzählstimme ermöglicht einen intimen Blick auf die innere Zerrissenheit ihrer Protagonisten.
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Titel: Lady Birds Garten