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Madeirasturm

Comissário Avilas zweiter Fall

von Joyce Summer (Autor:in)
332 Seiten
Reihe: Ein Madeira Krimi, Band 2

Zusammenfassung

STÜRMISCHE ZEITEN FÜR DEN COMISSÁRIO Ein Sturm braut sich über der Atlantik-Insel zusammen und im Hafen von Funchal wird die Leiche eines Touristen angespült. Hat der junge Mann wirklich nur das tobende Meer unterschätzt? Comissário Avila hat kein gutes Gefühl bei der Sache, aber er kann sich nicht darum kümmern: Ein romantisches Wochenende mit seiner Frau in Madeiras malerischer Bergwelt steht an. Doch nicht nur der aufziehende Sturm stört die Idylle: Im Hotelpool schwimmt plötzlich die Leiche einer jungen Frau. Von der Außenwelt abgeschnitten versucht Comissário Avila den Mörder zu finden – ein Wettlauf gegen die Zeit, denn inmitten des tosenden Sturms jagt der Mörder schon sein nächstes Opfer – und das betrifft Avila ganz persönlich… Ein neuer Fall für den sympathischen Ermittler auf der Blumeninsel Madeira - Der besondere Portugal Krimi für Leser mit Fernweh. PRESSESTIMMEN »Langerwartet. Die Krimis von Joyce Summer haben auf Madeira viele Fans - und viele Madeira-Reisende lesen gern einen Krimi, der im Urlaubsland spielt. Nach »Mord auf der Levada« und »Madeiragrab« ist Ende April 2019 »Madeirasturm« erschienen. Ob der knapp vorbeigezogene Hurrican im vergangenen Oktober die Idee gegeben hat für den Hintergrund des spannenden Buches?« (MADEIRAZEITUNG)

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Personenverzeichnis

Hier finden sich die Hauptcharaktere der Geschichte:

Brigada de homicídios und weitere Polizei

Comissário Fernando Avila – leitet die Abteilung »Brigada de homicídios« und kämpft sonst mit seiner neuen Rolle eines frischgebackenen Vaters.

Subcomissário Ernesto Vasconcellos – seine rechte Hand mit einer Schwäche für die Frauenwelt, Spitzname »Belmiro«.

Aspirante a Oficial Filipe Baroso – jüngstes Mitglied im Team.

André Lobo – Director de Departemento, Chef von Avila und seinem Team, wird auch »der Wolf« genannt.

Doutora Katia Souza – zuständige Gerichtsmedizinerin und Patentante von Vasconcellos.

Sargento Manuel (Manel) Fonseca – Hundeführer und Herrchen von Galina.

Weitere Personen:

Leticia Avila – Ehefrau von Avila, Katalanin und Mutter.

Inês Lobo – Ehefrau von Avilas Chef und Leticias beste Freundin.

Oriol Castell Blanxart – stolzer Katalane und Schwiegervater von Avila.

Advogado Francisco »Chico« Guerra – Anwalt und bester Freund von Vasconcellos.

Karsten Windisch – Tourist aus Österreich.

Romario Palmeiro – Inhaber von Palmer’s Winery und zukünftiger Hotelier.

Stella Lago – Besitzerin der Quinta Belo Pátio.

Anton Schuhmacher – älterer deutschstämmiger Hotelier.

Valeria Moreno – Erbin eines Hotels.

Javier Moreno – ihr Ehemann.

Bernardino Pinto – Küchenchef in der Quinta Belo Pátio.

Herr und Frau Petschmann – deutsche Auswanderer und Gäste im Quinta Belo Pátio.

Aleen Lamont – Besitzerin einer Orchideenzucht und Vermieterin von Vasconcellos.

Lady Ronna Hay – Freundin von Aleen Lamont und Besitzerin der Quinta da Calma. 

Cristina Minas – Mitglied der Bombeiros (Feuerwehr) und Freundin von Vasconcellos.

Otavio Jesus – Kellner in einem Hotel.

Carlos Santos – Müllmann in Garajau und Freund von Avila.

PROLOG

Leise tauchte das schwarze Paddel in das graue Blau des Atlantiks. Francisco konzentrierte sich auf seine Armhaltung. Das weiß-grüne Rennkajak schoss links an den zwei großen Passagierschiffen vorbei, die am neuen Kreuzfahrtterminal festgemacht hatten. An Bord rührte sich nichts. Irgendwo bellte ein Hund. Eine kleine Unachtsamkeit und sofort neigte sich das kippelige Boot gefährlich zur Seite. Francisco riss die Hüfte herum und schlug mit dem Paddel aufs Wasser.

Uff, gerade noch einmal gut gegangen. Das Meer ist heute unruhiger als gestern.

Das passierte ihm sonst nie. Es musste an dem gestrigen Abend liegen. Heute Morgen beim Aufwachen hatte er schon bemerkt: Er hatte mit seinem Freund Ernesto eindeutig zu viel Coral getrunken. In seinem Kopf hallten bei jeder Bewegung dumpfe Schläge wider. Dennoch wollte er sich nicht seine morgendliche Trainingsrunde im Hafenbecken von Funchal verderben lassen und war hinunter an den Hafen zum Centro treino mar, einem der örtlichen Kajakklubs, gefahren. Erneut widmete er sich seinen Armen. Er musste das Paddel höher führen und an der Hüfte wieder aus dem Wasser nehmen. Das Kajak schoss über die Wellen, als er die Schlagzahl erhöhte. Rechts neben ihm tauchte eines der grau-weißen Marineschiffe auf. Francisco hielt auf die Kathedrale Sé zu. Der gemauerte Turm mit seinem spitzen silbernen Dach diente ihm als Landmarke für den Kurs. Er machte eine leichte Linkskurve, um näher an die Marina mit ihrer berühmten Mauer zu gelangen. Dort hatten Segler aus aller Welt über Jahrzehnte ihre bunten Botschaften auf dem Stein hinterlassen. Er liebte es, nach dem Training noch einen kleinen Abstecher dorthin zu machen, um zu sehen, ob er wieder etwas Neues entdeckte.

Jetzt war er ziemlich nah am Ufer und musste aufpassen, dass ihn die Wellen nicht auf die Wellenbrecher schoben, die, wie die ausgefallenen Zähne eines Riesen, scheinbar ohne Planung vor der Mauer am Ufer verteilt lagen. Oben auf dem mit einem eleganten grünen Metallzaun gesäumten runden Platz, der am Ende des Piers gebaut worden war, sammelten sich die ersten morgendlichen Angler. Einer winkte ihm zu.

»Bom Dia, Advogado! So früh schon unterwegs? Passen Sie bloß auf, ein Sturm zieht auf. Wir werden uns in den nächsten Tagen auf etwas gefasst machen müssen«, rief der Mann. 

Francisco fuhr näher heran, um zu erkennen, wer ihn grüßte. Da passierte es. Etwas stieß gegen sein Steuerblatt. Das Kajak drehte sich seitwärts zur Welle, eine weitere Welle erwischte ihn auf der Längsseite. Sofort neigte sich das Boot um beinahe 90 Grad. Er versuchte noch, mit dem Paddel zu stützen. Die nächste Welle besiegelte sein Schicksal. Mit einem lauten Platsch landete er im Atlantik. Sofort griff er nach dem Kajak, damit es kein trauriges Ende auf den Wellenbrechern fand. Vom Pier konnte er die Angler hören, die ihm zuriefen, ob er Hilfe benötige.

»Obrigado, nein danke! Als Kajakfahrer darf ich keine Angst davor haben, nass zu werden! Ist doch Wassersport«, rief er hinüber.

Wenn er nachher in die Kanzlei kam, würden ihn sicher seine Mitarbeiter schon feixend empfangen. Das war der Nachteil an Madeira. Es war einfach zu klein. Jeder kannte jeden und sein Kentern heute Morgen würde sich bei Bica und Galao schnell verbreiten. Er legte sich auf den Rücken. Das Paddel hielt er in der rechten, den Bug des Bootes in der linken Hand. Sein Körper schob sich beim Schwimmen unter das Boot. Etwas Großes, Weiches strich an seinen Beinen längs. Sein Herz setzte einen Schlag aus. Ein Hai? So nah am Ufer? Normalerweise verirrten sie sich nicht in den Hafen. Mit der immer größeren Anzahl von Kreuzfahrtschiffen waren die grauen Jäger seit einigen Jahren im Hafen von Funchal nicht mehr anzutreffen. Dann wohl eher ein neugieriger Delfin, der sich seinen Bootsunfall aus der Nähe ansehen wollte. Hatte der Tümmler ihn vielleicht aus Übermut angestoßen und er war deswegen gekentert? Das wäre das erste Mal, dass ihm das passierte. Er drehte sich zur Wasseroberfläche, um zu sehen, wer da mit ihm auf Tuchfühlung ging.

Das war kein Delfin. Sein Kajak war nicht mit einem neugierigen Meeresbewohner kollidiert. Ein Mann schaute ihn jetzt aus trüben grauen Augen an. Die Haut schimmerte weißlich durch das von den ersten Sonnenstrahlen hellblau erleuchtete Wasser. Francisco ließ das Kajak los und schwamm mit zwei schnellen Zügen näher heran, um genauer sehen zu können. Das rechte Bein des Mannes stand unterhalb des Knies in einem fast Neunzig-Grad-Winkel ab. An den Armen konnte Francisco mehrere große Wunden ausmachen, soweit er es im Wasser sehen konnte. Dort, wo einmal der linke Fuß gewesen war, war nur noch ein zerfranster Stumpf. Der Mann musste mehrfach gegen die Brecher geschleudert worden sein. Wahrscheinlich hatte sich dabei der Fuß verhakt und war abgerissen. Aber das spielte keine Rolle mehr.

Funchal, Polizeipräsidium, 11.02.2014 – 08:11

Ernesto Vasconcellos lief die grauen Stufen zum Comando Regional da Madeira hoch. Das Polizeipräsidium lag an einer der größeren Straßen von Funchal in der Innenstadt. Gegenüber in dem kleinen schmalen Park hatten sich bereits die ersten Rentner versammelt, um eine Partie Schach zu spielen.

Als er in sein schmuckloses Büro kam, welches er sich mit Aspirante Baroso und zwei Sargentos teilte, empfing ihn der junge Polizeianwärter schon aufgeregt.

»Es wurde ein Toter an der Mole im Hafen gefunden! Advogado Francisco Guerra hat eben angerufen!«

»Chico hat angerufen? Hat ihn unser Gelage gestern so mitgenommen, dass er jetzt meint, auch die Toten verteidigen zu müssen? Er ist doch nie am Tatort.« Vasconcellos schüttelte grinsend den Kopf, während der junge Baroso krampfhaft versuchte, den Sinn seiner Worte zu verstehen.

»Hast du Doutora Souza benachrichtigt?« Die Gerichtsmedizinerin zog es vor, eine der ersten am Auffindeort einer Leiche zu sein, um sich ein möglichst unverfälschtes Bild der Lage zu machen.

»Das hat alles der Advogado gemacht. Er ist mit der Hafenpolizei vor Ort. Sie haben alles abgesperrt und die Spurensicherung ist auch auf dem Weg.«

»Gibt es irgendwelche Anzeichen, dass es sich um ein Verbrechen handelt?«

Baroso schüttelte den Kopf. »Sieht im Moment nach Tod durch Ertrinken aus.«

Die Tür zu ihrem Büro öffnete sich und ihr Chef, Comissário Avila, kam herein. Schwer atmend ließ er sich auf einen der Besucherstühle aus Plastik sinken.

Baroso sah ihn besorgt an, während sich auf Vasconcellos’ Gesicht ein Grinsen abzeichnete.

»Gerade wollte ich Baroso vorschlagen, dass wir hinunter zum Hafen gehen, um uns die Leiche näher anzusehen, die mein Freund Chico aus dem Wasser gefischt hat. Aber es sieht so aus, als ob du dich ausruhen müsstest. Hast du heimlich mit dem Marathontraining angefangen?«

»Deinen Spott kannst du dir sparen, Ernesto«, grummelte Avila. »Ich musste unten im Parkhaus bei der Seilbahn parken, weil irgendein Idiot auf die Idee gekommen ist, unsere Parkplätze am Präsidium abzusperren. Jetzt musste ich den ganzen Weg von unten laufen.« Der Comissário versuchte, die obersten Hemdknöpfe zu öffnen.

»Hast du die E-Mail letzte Woche nicht bekommen? Sie hatten doch angekündigt, dass es Straßenbauarbeiten gibt und wir uns für die nächsten zwei Wochen andere Abstellmöglichkeiten suchen müssen.« Vasconcellos kannte die Abneigung des Comissários in Bezug auf moderne Kommunikationsmittel. Höchstwahrscheinlich lag die E-Mail noch ungeöffnet in seinem Posteingang.

»Merda, Mist! Die muss ich übersehen haben!« Avila zerrte jetzt mit Macht an den Hemdknöpfen, die tapfer Widerstand leisteten. Vasconcellos erwartete, jeden Moment von einem umherschießenden Knopf getroffen zu werden, der der rohen Gewalt nicht länger standhielt.

»Wir könnten uns auf dem Rückweg vom Hafen einen kurzen Stopp für ein zweites Frühstück in der Rua dos Aranhas gönnen, was meinst du?« Der Subcomissário wusste genau, wie er das Gemüt seines Chefs wieder beruhigen konnte.

»Das ist eine gute Idee! Vamos! Gehen wir! Bevor der Advogado noch den Fall aufklärt.« Mit neuem Schwung durch die Aussicht auf ein leckeres Bolo de arroz hievte sich Avila aus dem Stuhl und strebte Richtung Ausgang.

Eine Viertelstunde später waren sie unten an der Mole.

Schon von Weitem konnten sie einen Krankenwagen und einen blauen Polizeijeep sehen. Als sie gerade über das rot-weiße Absperrband kletterten, hielt ein schwarzer Sportwagen neben ihnen. Zu Avilas Erstaunen öffnete sich die Tür und die sportliche Gestalt von Doutora Souza erschien. Nie hätte er die kühle Gerichtsmedizinerin in diesem Wagen erwartet.

»Die gesamte Brigada de homicídios? Comissário, wissen Sie mehr als ich?« Die Doutora zog eine Augenbraue hoch.

Avila biss sich auf die Zunge. Die disziplinierte Souza würde ohne Zweifel wenig Verständnis haben, dass der Hauptgrund dieses Ausfluges der Besuch des kleinen Ladens mit der gemütlichen Innenhofterrasse und seinen fantastischen Kuchen in der Rua dos Aranhas war. Bevor er mit irgendwelchen Erklärungen anfing, sprang ihm Vasconcellos zur Seite und begrüßte seine Patin herzlich.

»Dona Katia, wie schön, dich zu sehen! Wir waren auf dem Weg zu einer Besprechung, als Chico sich bei mir meldete. Da dachten wir, schauen wir gleich mal selbst vorbei.«

»So, so, eine Besprechung.« Sie ging ohne eine weitere Bemerkung zum Kofferraum und holte einen weißen Overall heraus.

»Sie kommen mir aber nicht in die Nähe der Leiche, bevor ich mein Okay gebe, verstanden?« Sie hielt den drei Polizisten Plastiküberzieher für die Schuhe hin. Einer der Mitarbeiter der Spurensicherung, die bereits unten an der Mole zugegen war, hatte sie bemerkt und kam jetzt auf sie zu.

»Doutora, Comissário, wie gut, dass Sie da sind. Wir warten jetzt noch auf jemanden von der Hundestaffel.«

»Hundestaffel? Wieso?« Avila musterte den jungen Kollegen.

»Der Tote ist nur mit einer Unterhose bekleidet und hat ansonsten nichts bei sich. Wir wollen jetzt sehen, ob wir seine Kleidung finden.«

»Zu meiner Zeit haben wir das noch selber gemacht. Wozu braucht ihr einen Hund?« Bevor Avila weiter ausholen konnte, hielt ein weiß-blauer Streifenwagen der Polícia de Segurança Pública neben ihnen. Das Auto zog eine etwa einen Meter lange und einen halben Meter hohe zweirädrige Box hinter sich her.

Ein Polizist, den Avila auf Mitte bis Ende dreißig schätzte, sprang aus dem Wagen und hob halb spöttisch seine Hand an eine imaginäre Mütze zum Gruß.

»Sargento Fonseca und Polizeihund Galina melden sich zur Stelle.«

Fonseca ging hinüber zu der Campingkühlbox, wie Avila das seltsame Anhängsel an dem Polizeiwagen mittlerweile für sich nannte, und öffnete die kleine Flügeltür. Ein scharfes Bellen erklang, was sofort durch eine hartes »Tschsch« des Polizisten gestoppt wurde. Kurze Zeit später stand Fonseca vor den anderen mit einem Belgischen Schäferhund an der Leine. Avila streckte aus alter Gewohnheit dem Hund seine Hand zum Schnüffeln entgegen.

Fonseca riss den Hund hart an der Leine zurück und fuhr Avila an: »Nicht anfassen, nicht ansprechen und auf keinen Fall ansehen. Der Hund ist im Dienst!« Galina senkte den Kopf und begann, an Avilas Hosenbeinen zu schnüffeln.

»Ich habe auch einen Hund, wahrscheinlich riecht sie den«, meinte Avila und hob beschwichtigend die Arme. 

»Natürlich tut sie das. Sie ist ein ausgebildeter Spürhund«, erwiderte Fonseca sofort. »Haben Sie ebenfalls einen Polizeihund? Worauf ist Ihr Hund spezialisiert?« Er musterte Avila von oben bis unten, als suche er nach Hundehaaren oder ähnlichen Anzeichen, dass er einen Hundebesitzer vor sich hatte.

Vasconcellos fing an zu lachen. »Der Hund von Comissário Avila kann Fressen im Umkreis von mehreren Kilometern aufspüren. Und bei Katzen ist er ähnlich gut. Aber ob ihn das gleich zu einem Polizeihund macht, wage ich zu bezweifeln.« 

Der neugierige Ausdruck auf Fonsecas Gesicht erlosch und er drehte Avila betont den Rücken zu. Dabei meinte der Comissário ihn leise flüstern zu hören: »Wieder so ein verweichlichter Familienhund.« Mit lauter Stimme fuhr Fonseca fort: »Wir wurden gerufen, um die Habseligkeiten eines verunglückten Schwimmers aufzuspüren? Gibt es etwas, was wir als Riechprobe verwenden können?«

»Ich schlage vor, Sie lassen die Hündin einen tiefen Atemzug von unserem Toten nehmen«, meinte Doutora Souza mit ausdrucksloser Stimme. »Aber das macht sie erst, wenn ich es erlaube. Zunächst muss ich mir die Leiche ansehen.« Sie kletterte über das Absperrband.

Avila sah, wie seine beiden Mitarbeiter sich bemühten, nicht zu lachen, während Fonseca der Gerichtsmedizinerin, nun nicht mehr ganz so selbstsicher, hinterherblickte.

»Lassen wir Doutora Souza ihre Arbeit machen«, meinte Avila. »Sieht jemand von euch Advogado Guerra? Wir können die Zeit nutzen, um uns mit ihm zu unterhalten.«

»Dort hinten ist er!« Vasconcellos zeigte auf eine schlanke Gestalt in kurzen Sportshorts und T-Shirt, die gerade mit einem geschulterten Kajak in Richtung der Lagerhalle des Centro treino mar lief.

Sie gingen die Stufen am Pier hinunter zu den Hallen und warteten, bis Guerra wieder aus der Halle kam.

»Chico, was machst du denn für Sachen? Du weißt schon, dass wir normalerweise Polizeiboote und Taucher für die Suche nach Wasserleichen verwenden?«, begrüßte ihn Vasconcellos mit Handschlag.

»Ich dachte, ich nehme euch mal ein bisschen Arbeit ab. Aber wenn ich sehe, dass hier die ganze Mordkommission auftaucht, bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob ihr wirklich so viel zu tun habt, wie du immer behauptest, Belmiro.« Der Advogado lachte, als er Vasconcellos’ Spitznamen, der »Schöne« benutzte, den Vasconcellos seit ihrer gemeinsamen Kindheit innehatte. Er ging mit ausgestreckter Hand auf Avila zu.

»Comissário, ich freue mich, Sie wieder zu treffen. Belmiro hat mir erzählt, dass Sie in der Zwischenzeit Vater geworden sind? Auch wenn es schon etwas her ist, meinen herzlichen Glückwunsch! Ich hoffe, Dona Leticia und dem Baby geht es gut? Es ist ein kleines Mädchen, richtig?«

»Danke, Advogado, uns geht es bestens. Und die kleine Felia macht uns große Freude. Sie ist jetzt schon über fünf Monate alt.« Wie immer, wenn ihn jemand auf seine Tochter ansprach, merkte Avila, wie ein warmes Glücksgefühl in ihm aufstieg und er erst einmal schlucken musste. Er zwang sich, zum eigentlichen Grund zurückzukehren. »Sie haben die Leiche gefunden? Können Sie uns beschreiben, wann und wo genau?«

Mit kurzen knappen Worten schilderte Guerra das morgendliche Geschehen. Baroso machte fleißig Notizen, während Avila versuchte, sich das Erzählte bildlich vorzustellen.

»Haben Sie den Toten erkannt, Advogado?«, setzte er die Befragung fort.

»Ich glaube schon. Er ist mir die letzten Tage ein oder zweimal begegnet, wenn ich morgens trainiert habe. War ein guter Schwimmer, der sich immer recht weit hinauswagte.«

»Haben Sie eine Ahnung, von wo er gestartet sein könnte? Wir suchen noch seine Habseligkeiten, damit wir ihn identifizieren können.«

»Ich vermute, er muss irgendwo bei den Hotels hinter der Seilbahn ins Wasser gegangen sein, da er mir zweimal auf meiner Runde entgegenkam. Mehr weiß ich leider auch nicht.«

»Dann bin ich mal gespannt, ob die Funcionária pública da eine Spur findet«, warf Vasconcellos trocken ein.

»Funcionária pública? Was für eine Beamtin?« Avila kratzte sich am Kopf. Hatte er irgendetwas nicht mitbekommen?

»Na, der Hund natürlich. Hast du nicht gehört, was Fonseca gesagt hat? ›Der Hund ist im Dienst!‹« Vasconcellos lachte. Avila musste grinsen. Als er gerade etwas Passendes erwidern wollte, klingelte sein Mobiltelefon.

»Comissário, wenn Sie möchten, können Sie jetzt kommen und unseren Toten in Augenschein nehmen, bevor ich ihn in die Gerichtsmedizin transportieren lasse«, erklang Souzas kühle Stimme. »Aber Sie werden enttäuscht sein. Bei der oberflächlichen Leichenschau würde ich im Moment ›Tod durch Ertrinken‹, ohne äußere Gewalteinwirkung diagnostizieren. Ich konnte bei der Leiche einen Schaumpilz feststellen. Das bedeutet, dass es eine vitale Reaktion gab.« Avila wollte gerade fragen, was das bedeutete, als die Doutora die Erklärung nachlieferte: »Das heißt, der Tote ist lebend ins Wasser geraten und hat demzufolge beim Ertrinken Wasser eingeatmet. Ich werde noch eine Vergleichswasserprobe nehmen, um auszuschließen, dass das Ertrinken nicht am Fundort geschehen ist und der Tote nicht später in den Hafen verbracht wurde.« Avila wollte gerade unterbrechen und fragen, ob es Neuigkeiten von Fonseca gebe, da kam ihm die Doutora wieder zuvor: »Bevor ich es vergesse, dieser Sargento mit seinem Hund hat sich bereits auf die Suche gemacht. Sie sind auf den Weg in Richtung Seilbahn, weil dort der Einstieg des Toten zum Schwimmen vermutet wird. Wir sehen uns.«

Avila, der kein großer Fan von Leichen war, traf sofort eine Entscheidung: »Doutora, ich schicke Ihnen Ernesto vorbei. Mein Aspirante und ich werden uns in Richtung Seilbahn aufmachen und schauen, ob der Sargento und sein Hund erfolgreich waren.«

Er hörte Doutora Souza leise lachen. »Das hätte ich mir denken können, dass Sie die Spurensuche den Toten vorziehen, Comissário. Aber so schnell lasse ich Sie nicht vom Haken: Besuchen Sie mich heute Nachmittag im Institut, dann kann ich Ihnen den ersten genaueren Bericht geben.«

Avila verkniff sich ein Stöhnen, versicherte der Doutora, dass er am späten Nachmittag vorbeikommen würde, und beendete das Gespräch.

Sie machten sich entlang der Kaimauer auf in Richtung der Hotels. Von Weitem konnte er schon Fonseca mit dem Hund sehen, der an der Mauer schnüffelte.

Als sie sich näherten, fragte Avila: »Und, schon etwas gefunden? Eine Idee, wo unser Toter ins Meer gestiegen ist?«

Fonseca drehte sich mit genervtem Gesichtsausdruck zu ihm um. »Wir haben hier keine durchgehende Spur vom Fundort der Leiche. Haben Sie Geduld, Comissário. Die Arbeit mit einem Spürhund ist eine Kunst und man muss viel Ruhe mitbringen.«

Avila hob abwehrend die Hände. Sensibel war der Kerl also auch noch.

Fonseca fuhr fort: »Bisher hat der Hund noch keine Fährte aufnehmen können. Es sieht so aus, als ob wir im Institut von Doutora Souza noch eine bessere Riechprobe herstellen müssen. Sobald das geschehen ist, kehre ich mit Galina zurück.«

»Eine bessere Riechprobe als die Leiche selbst?« Avila schüttelte verständnislos den Kopf.

»Eine Riechprobe, die ich dabei haben kann, um den Hund besser lenken zu können. Sie kennen sich mit Spürhunden wirklich nicht aus, oder?«

»Bisher ist das auch nicht notwendig gewesen. Wir bei der Mordkommission lösen unsere Fälle normalerweise mit unserer Nase und unserem Gespür.« Avila merkte, dass er sich von dem jungen Polizisten provozieren ließ, und ärgerte sich über sich selbst.

Es bringt nichts, wenn ich mich jetzt wegen dieses Schnösels aufrege. Dem Toten werden wir auf diese Weise nicht helfen können. Dafür sollten wir lieber etwas gegen meinen Hunger tun. Ich blase das Ganze jetzt ab und wir machen eine Besprechung im Mercearia Dona Mecia. Ein guter Kaffee im Innenhof mit Tartes und Pasties wird uns allen guttun.

Laut sagte er: »Melden Sie sich, wenn Sie etwas gefunden haben, Sargento.« Er wendete sich an Baroso, so laut, dass Fonseca es hören konnte: »Sorge bitte dafür, dass ein paar Kollegen gleich die markanten Einstiegsstellen absuchen. Wenn wir wieder im Präsidium sind, werden wir uns ein Bild des Toten besorgen. Heute Nachmittag müsst ihr die Hotels abklappern und Passanten befragen.«

Leiser fügte er hinzu, sodass nur Baroso es hören konnte: »Das genaue Vorgehen besprechen wir gleich in der Mercearia. Du kannst die Telefonate beim Gehen führen. Wir gabeln noch Vasconcellos auf und dann geht es in die Rua dos Aranhas.«

Funchal, Innenhof des Mercearia Dona Mecia, 11.02.2014 – 09:17

Versonnen betrachtete Avila die Reste seines Bolo de Arroz auf dem weißen Teller. Sollte er sich noch einen holen? Oder lieber noch ein Pão de Deus? Der Comissário liebte diese Milchbrötchen mit der Kokoskruste. Er blickte auf seine Körpermitte. Sein Bauch bildete einen dicken Wulst über dem Gürtel. Besser wäre es, nur noch einen Bica zu trinken. Er schaute hinüber zu Baroso, der gerade in ein noch warmes Queijadas biss. 

Ein Frischkäsetörtchen ist natürlich auch eine gute Idee. Nur Vasconcellos tanzt wieder aus der Reihe. Er isst nichts, sondern trinkt nur einen Espresso nach dem anderen. Sogar den Milchkaffee hat er sich mit einem Hinweis auf sein Training verkniffen.

Vasconcellos räusperte sich.

»Ich möchte nur ungern den Spaß verderben, aber nach dem, was ich gesehen habe und mir Dona Katia erzählt hat, bezweifle ich, dass das hier ein Fall für uns ist.«

»Du könntest recht haben. Aber irgendetwas stimmt nicht. Der Advogado hat gesagt, dass er den Toten ein paar Mal beim Schwimmen getroffen hat und dieser weit auf den Atlantik hinaus schwamm.« Avila strich sich in langsamen Bewegungen von oben nach unten über den Bart. »Auf welches Alter schätzt du ihn?«

»Um die vierzig.«

»Sportliche Figur? Oder Übergewicht?«

»Eindeutig sportlich.«

»Wieso ertrinkt so jemand? Er kannte sich mit den Gegebenheiten hier vor Ort höchstwahrscheinlich aus. Unterwasserströmungen, Einschätzung der Strecken, das alles wird er wissen. Natürlich ist es heute windiger. Aber sind die Wellen so hoch, dass sie einem geübten Schwimmer Probleme bereiten konnten?«

»Vielleicht hat er einen Herzinfarkt gehabt oder war betrunken?«, warf Baroso mit leiser Stimme ein.

»Ist alles möglich, Baroso. Das wird mir die Doutora heute Nachmittag erzählen können. Solange versuchen wir, die Identität des Mannes festzustellen und woher er kam.«

Einer der Kellner kam hinaus auf den Innenhof. Er schaute prüfend in den Himmel und fing dann an, zwei der hellen dreieckigen Sonnensegel, die quer über den Hof gespannt waren, stärker festzuziehen.

Avila schaute ebenfalls nach oben und schüttelte den Kopf. »Ist doch alles ruhig, was hat er denn?«

Baroso blickte ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Anders als sonst kamen die nächsten Worte von ihm sehr bestimmt: »Meine avó hat es heute Morgen gesagt: ›Ein Sturm wird kommen.‹ Sie weiß das.« Er nickte mit dem Kopf, überzeugt von der Weisheit seiner Großmutter. Avila beschloss, nicht näher auf die Vorahnungen der alten Madeirenserin einzugehen. Aber es konnte auf jeden Fall nicht schaden, heute Abend im Garten zu schauen, ob er noch etwas festzurren musste.

Avila winkte dem Kellner, der seine Befestigungsarbeiten abgeschlossen hatte. »Bringst du mir noch einen Galao?« Er wendete sich wieder an seine Männer: »Vasconcellos, hast du noch deine Informantin, die Maronenverkäuferin am Hafen? Vielleicht hat sie den Mann die letzten Tage oder sogar heute früh gesehen? Hattest du die Doutora gebeten, uns ein Foto von dem Toten zur Verfügung zu stellen?«

Vasconcellos hielt sein Mobiltelefon hoch.

»Ein Foto habe ich bereits, Chef. Ist sogar vorzeigbar, da der Tote fast aussieht, als ob er schläft.«

»Sehr gut. Baroso, druck das Foto bitte mehrfach aus. Verteil es an die Kollegen. Sie sollen damit in die Hotels gehen, Passanten und die Händler hier unten am Hafen befragen. Es wäre schön, wenn wir die Identität geklärt haben, bevor ich heute Nachmittag bei der Doutora bin.« Der Kellner kam mit dem bestellten Galao zurück. Avila riss ein Papiertütchen mit Zucker auf und ließ den Inhalt langsam in seinen Milchkaffee rieseln. Er war zufrieden, die Dinge gerieten langsam in Fahrt.

Die letzte Zeit auf dem Präsidium war ereignislos gewesen. Ein Umstand, der ihn in den letzten Wochen unfreiwillig seiner Schwiegermutter ausgesetzt hatte. Diese war fast drei Wochen zu Besuch gewesen, um ihr erstes Enkelkind zu begutachten. Es waren gefühlt keine fünf Minuten zu Hause vergangen, in denen er nicht ihren Lobgesängen auf die kleine Felia und Erziehungstipps ausgesetzt war. Was für eine Erleichterung, als sie endlich abgereist war. Aber das Schlimmste stand ihm noch bevor: Sein Schwiegervater hatte sich für das Wochenende angekündigt. Leticias Eltern hatten sich erst vor ein paar Monaten getrennt und ihr Vater wollte sich jetzt durch einen Besuch von Tochter und Enkeltochter ablenken. Avila fand das gar nicht gut, denn gefühlt würden sich jetzt die Besuchszeiten seiner Schwiegereltern verlängern, da sie nicht mehr im Doppelpack auftraten. Außerdem hatte seine Schwiegermutter den mürrischen Katalanen immer gut im Griff gehabt. Oriol alleine ohne sie, das würde eine Herausforderung. Eine dringende Morduntersuchung wäre die einzige Entschuldigung, die Avila vor Leticia vorbringen konnte, um nicht zu Hause zu sein.

 

Funchal, Kaianlage vor der Festung São Lourenço, 11.02.2014 – 11:21

»Mônica, hast du diesen Mann schon einmal gesehen?« Vasconcellos hielt der Maronenverkäuferin ein Foto des Toten hin.

Diese blickte flüchtig auf das Foto, bevor sie sich wieder ihrer Tätigkeit, dem Verteilen der Maronen auf dem großen Rost, widmete. Das Quietschen, das der metallene Pfannenwender beim Schaben über den Rost machte, verursachte Vasconcellos eine Gänsehaut.

»Ist das der Tote, den ihr heute Morgen aus dem Wasser gefischt habt? Ich habe mich schon gefragt, wann du bei mir auftauchst.«

»Ja, das ist er. Also, kommt er dir bekannt vor?«

»Kann schon sein. Sportliche Figur, braun gebrannt, aber wahrscheinlich kein Einheimischer?«, fragte die stämmige Maronenverkäuferin nach.

Vasconcellos nickte.

»Der ist ein paar Mal morgens schwimmen gegangen.«

»Ist er gleich hier eingestiegen?«

»Glaube ich nicht. Ich habe ihn vor ein paar Tagen nur in einer Badehose oben an der Rampa do Forte gesehen, als ich von der Rua de Santa Maria runter zur Promenade ging. Ich war auf dem Weg zu meinem Stand und wollte die Promenade mal ohne Touristen erleben.«

»In Badehose? Nicht in Straßenkleidung?«

»Nein«, sagte Mônica entschieden. »Er lief in Badehose mit Handtuch direkt an mir vorbei zu dem Strandabschnitt Praia de São Tiago. Ging dort die Stufen runter und ab in den Atlantik.« Sie wischte sich mit dem Zipfel ihrer nicht mehr ganz so sauberen Schürze über die Stirn. Maronenrösten war ein schweißtreibendes Geschäft.

»Wenn wir Glück haben, kam er aus einem der kleineren Hotels hinter der Rua de Santa Maria. Im schlechtesten Fall hat er dort eine Ferienwohnung gehabt, dann werden wir lange suchen. Weißt du, wann du ihn das erste Mal gesehen hast?«

»Letzten Freitag«, kam es bestimmt von Mônica, die wieder mit dem Pfannenwender über den Rost schabte. Vasconcellos musste sich beherrschen, um ihr nicht dieses Folterinstrument zu entreißen. Er versuchte, sich auf die Befragung zu konzentrieren.

»Bist du sicher?«

»Ja, ich habe mich noch gewundert, wer verrückt genug ist, bei dieser Kälte am frühen Morgen in den Atlantik zu springen. Dachte, das kann nur ein dämlicher Tourist sein. Ein Portugiese kommt doch nicht auf die Idee, bei unter zwölf Grad schwimmen zu gehen.«

»Hast du vielleicht doch gesehen, ob er aus einem Hotel kam?«

»Nein, aber in einem Hotel sollte es auffallen, wenn ein Gast fehlt, oder? Das muss ich dir doch nicht erzählen, Ernesto?« Mônica widmete sich erneut mit schrillem Quietschen ihren Maronen. »Vielleicht hat ja David noch etwas gesehen.« Sie zeigte mit dem Pfannenwender auf einen jungen Portugiesen mit schlabbrigem T-Shirt und Sporthose, der gerade seinen Coffeeshop in einem dreirädrigen Mini-Van direkt neben ihr öffnete. »Willst du noch ein paar Maronen haben, bevor du gehst?« Ohne seine Antwort abzuwarten, schüttete sie jetzt heiße Maronen in eine kleine Papiertüte und hielt sie ihm hin. Wie immer wechselte dabei eine mehr als großzügige Bezahlung für die Maronen den Besitzer und Vasconcellos schlenderte hinüber zu David.

Dieser konnte Mônicas Beobachtungen leider nicht bestätigen. Ihm war der Mann vorher nicht aufgefallen. Vasconcellos griff zum Mobiltelefon, um Baroso als Nächstes in die Hotels am Ende der Promenade und in Richtung Rua de Santa Maria zur Befragung zu schicken.

Funchal, Polizeipräsidium, 11.02.2014 – 14:38

Langsam floss der dunkelbraune Espresso in die Tasse. Als der Strahl langsam heller wurde, drückte Avila auf den Knopf, um die Maschine zu stoppen. Ein verwässerter Bica war nicht nach seinem Geschmack. Als er auf seinem zerschlissenen Sessel, seinem »Denkstuhl«, wie er ihn nannte, saß und langsam den Zucker in der Tasse umrührte, beglückwünschte er sich im Stillen mal wieder, dass er sich den Luxus der Espressomaschine für sein altes Büro gegönnt hatte.

Er wollte gerade zum ersten Schluck ansetzen, als es an der Tür klopfte und Vasconcellos seinen Kopf mit den dunklen, halblangen Haaren hineinsteckte. Wann wird sich der Junge endlich einen anständigen Haarschnitt gönnen? Mich würden die langen Haare verrückt machen, wenn sie mir immer in die Augen fallen. 

»Chef, Baroso und ich haben Neuigkeiten.«

»Kommt rein, macht euch einen Bica oder Galao und setzt euch«, winkte Avila die zwei in sein Büro, das als einziges im Haus nicht mit neumodischen Möbeln verunstaltet war, wie er es nannte. Bei ihm gab es zusammengewürfelte alte Stühle und seinen bequemen mit grauem Cord bezogenen Sessel. Wann immer es möglich war, ließ er Besprechungen hier stattfinden anstatt in einem der kalten Besprechungsräume.

»Also, schießt los. Was habt ihr?«, begann Avila die Besprechung, nachdem alle mit Getränken versorgt waren.

»Zunächst solltest du hören, was Baroso herausgefunden hat.« Vasconcellos nickte dem jungen Polizisten aufmunternd zu.

Dieser versuchte, mit einer Hand sein Glas mit dem Milchkaffee zu balancieren, während er gleichzeitig in seinen Aufzeichnungen blätterte. Avila zog die Augenbrauen hoch und seine Hand zuckte in Richtung der Taschentücher, die auf seinem Schreibtisch lagen. Die würde Baroso gleich brauchen, wenn er so weitermachte.

Aber die goldbraune Flüssigkeit blieb wie durch ein Wunder im Glas und der Aspirante hatte endlich die entscheidende Stelle in seinen Notizen gefunden.

»Die Befragung der Empfangschefin vom Hotel Vista de Mare – Moment, den Namen habe ich gleich …«, das Glas neigte sich gefährlich zur Seite, »Sylvia Berloz, hat einen Hinweis auf den Toten ergeben: Es handelt sich um einen Gast des Hotels, Karsten Windisch. Die Spurensicherung ist jetzt in seinem Hotelzimmer.«

Avila schlug sich mit der Hand auf den Oberschenkel.

»Großartige Arbeit! Das habe ich so schnell nicht erwartet!« Baroso bekam vor Freude über das Lob einen roten Kopf. »Was hast du noch?«

»Er hat letzten Sonntag im Hotel eingecheckt.«

»Sonst noch etwas?«

»Ja, Senhora Berloz meinte, der Gast habe wohl ein Alkoholproblem gehabt. Zumindest gab es Beschwerden von anderen Gästen wegen …« Baroso starrte in die Aufzeichnungen, »›unziemlichen Verhaltens‹ gegeben.«

»Unziemlich? Was soll das heißen?«

»Das konnte sie nicht genau sagen, da sie es nicht beobachtet hat. Ich habe sie gebeten, bei den Gästen nachzufragen.«

»Gut. Wenn er Alkoholprobleme hatte, wird Doutora Souza das feststellen können. Dann war deine Idee, dass er alkoholisiert schwimmen gegangen ist, wahrscheinlich korrekt, Baroso!«

Barosos pausbäckiges Gesicht fing an zu strahlen. Avila fuhr fort.

»Wissen wir schon, ob er Verwandte hier hat? Frau, Kinder?« Er hasste es, Familienangehörigen eine Todesnachricht zu überbringen. Aber das musste so schnell wie möglich geschehen. Niemand sollte im Unklaren über das Schicksal des Partners oder Kindes bleiben. 

Baroso schüttelte den Kopf. »Wir warten auf einen Rückruf der österreichischen Botschaft in Lissabon. Die Dame dort hat mir versprochen, sie würde sich sofort darum kümmern und sich melden, sobald sie mehr weiß.«

Avila seufzte. »Dann konzentrieren wir uns solange auf das Hotel und versuchen herauszufinden, wann er nach Madeira gekommen ist. Hast du schon Kontakt mit den Kollegen vom Flughafen aufgenommen?«

»Ja, aber am Sonntag ist Herr Windisch auf keiner Maschine gewesen, die in Funchal angekommen ist.«

»Dann weitet die Suche auf die ganze letzte Woche aus! Wer sagt denn, dass er nicht vorher in einem anderen Hotel oder sonst wo auf der Insel war?«

Vasconcellos mischte sich ein.

»Wir waren ursprünglich auf die Hotels östlich der Seilbahn gekommen, weil einer meiner Informanten behauptet hat, ihn am Freitag an der Praia de São Tiago bemerkt zu haben. Also zwei Tage bevor er im ›Vista de Mare‹ eingecheckt hat.«

»Entweder hat sich dein Informant geirrt und es gibt noch mehr verrückte Touristen, die bei der Kälte schwimmen gehen. Oder ich habe recht und dieser Windisch war tatsächlich noch in einem anderen Hotel. Überprüfst du das bitte?«

»Wird gemacht, Chef.« Ernesto stellte seinen Espresso beiseite und erhob sich.

»Bevor du verschwindest: Ich bin in einer Stunde bei der Doutora in der Gerichtsmedizin. Danach möchte ich, dass wir uns wieder treffen und zusammentragen, was wir bis dahin haben. Um 18 Uhr hier im Büro. Tudo bem?«

»In Ordnung.« Baroso und Vasconcellos ließen Avila allein.

Soll ich noch einen Espresso trinken, bevor es in die Gerichtsmedizin geht? Oder schlägt mir das zu sehr auf den Magen? Avila schüttelte den Kopf. Das wäre keine gute Idee. Schon bei dem Gedanken an die Gerüche, die ihn gleich erwarteten, merkte er, wie die Säure des Kaffees in seinem Magen rumorte. 

Funchal, Gerichtsmedizin, 11.02.2014 – 16:11

»Entre! Herein!«

»Doutora, es tut mir leid, dass ich nicht früher gekommen bin«, fing Avila an, als er das schlichte Büro der Gerichtsmedizinerin in der Médico-Legal e Forense da Madeira betrat. Er fröstelte. Das lag weniger an den für Madeira-Verhältnisse frostigen 13 Grad Außentemperatur als an der Befürchtung, von der Doutora vor eine geöffnete Leiche gezerrt zu werden. Er hatte extra getrödelt in der Hoffnung, dass die Leichenschau bereits abgeschlossen wäre, wenn er ankam.

»Comissário! Ich bitte Sie! Wir beide wissen doch ganz genau, dass es Ihnen nicht leidtut, weil Sie so die Begegnung mit meinen Toten vermeiden.« Doutora Souza lachte ihr tiefes, kehliges Lachen und deutete auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch.

»Sie haben Glück, dass wir im Moment eine ruhige Zeit haben. Der Bericht ist schon fertig.« Sie klopfte auf die dünne Mappe, die vor ihr lag. »Aber wie ich Sie kenne, wollen Sie eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Punkte haben. Möchten Sie noch einen Galao oder Bica zu meinen Ausführungen?«

»Obrigado, sehr gerne einen Bica.« Jetzt, wo er wusste, dass er nicht in den Sektionssaal musste, stand einem weiteren Kaffee nichts mehr im Wege.

Während er den Zucker in seinem Espresso verrührte, fing die Doutora mit ihren Ausführungen an: »Wie ich schon am Hafen ausgeführt habe, deuten die äußeren Anzeichen auf ›Tod durch Ertrinken‹. Der Tote weist eine deutliche Schaumpilzbildung an Mund und Nase auf. Die Untersuchung von Lunge und Atemwegen bei der Obduktion haben dies noch mal bestätigt: Es konnte eine Lungenballonierung nachgewiesen werden.«

»Lungenballonierung?« 

»Die Lungen waren aufgebläht. Außerdem habe ich die typischen Abdrücke von Rippen an der Lunge gefunden, die sich durch die fehlende Elastizität nicht mehr zurückbilden.«

Avila versuchte krampfhaft, sich das nicht zu genau vorzustellen. »Können Sie etwas zu dem Todeszeitpunkt sagen?«

»Sie wissen sicher, dass dies bei Wasserleichen schwieriger ist.«

Avila nickte, diese Antwort hatte er befürchtet.

»Aufgrund der Waschhautbildung an Händen und Füßen und den derzeitigen Wassertemperaturen muss die Leiche schätzungsweise sechs bis acht Stunden im Wasser gelegen haben, bevor sie geborgen wurde. Viel länger wahrscheinlich nicht, da die Nägel noch nicht gelockert sind oder es zu anderen Auflösungserscheinungen gekommen ist.«

Avila starrte in seinen Kaffee. So langsam verging ihm die Lust darauf. Souza fuhr fort.

»Die Abschürfungen an den Extremitäten sind aufgrund der starken Strömung und des damit verbundenen Kontaktes der Leiche mit dem Gewässerboden und der Strandbefestigungen zu erklären. Der Mageninhalt der Leiche lässt darauf schließen, dass der Tote gestern Abend eine Mahlzeit eingenommen hat.«

Avila rechnete im Kopf.

»Sie sagen also, dass der Tod irgendwann zwischen gestern Abend und den frühen Morgenstunden, circa bis drei Uhr früh, eingetreten ist?«

»Ja, sagen wir, zwischen 22 Uhr gestern Abend und drei Uhr heute früh. Weiter möchte ich mich aber nicht festlegen.«

»Das hilft uns schon sehr, Doutora.« Avila machte Anstalten, aufzustehen.

»Moment, Comissário, da ist noch etwas!«

Avila ließ sich wieder auf den Stuhl plumpsen.

»Mir ist aufgefallen, dass die Pupillen des Toten stark geweitet waren. Bevor Sie fragen: Ja, die Pupillen weiten sich bei Toten immer etwas. Aber dies schien mir doch auffällig. Dies hat mich veranlasst, noch ein toxikologisches Gutachten in Auftrag zu geben. Die Ergebnisse werden aber auf sich warten lassen.«

»Sie meinen, er könnte unter Drogen gestanden haben?« Avila fielen wieder die Beobachtungen der Hotelgäste ein. »Kann es sein, dass der Tote ein Alkoholproblem hatte?«

»Das eher nicht. Die Leber weist keine krankhaften Veränderungen auf. Der Blutalkoholgehalt war auch nicht besonders auffällig. Wahrscheinlich hatte er ein oder zwei Gläser zum Essen. Aber die Pupillen … Wir werden sehen, was das Drogenscreening und das toxikologische Gutachten ergeben. Wie kommen Sie darauf?«

»Gäste des Hotels, in dem der Tote abgestiegen war, haben ein ›unziemliches Verhalten‹ bemerkt.«

»Unziemlich? Das kann viel bedeuten. Könnte auch heißen, er hat sich Frauen mit aufs Zimmer genommen. Etwas Genaueres haben Sie nicht für mich, Comissário?«

Avila schüttelte den Kopf.

»Bisher nicht. Aber Baroso ist an der Sache dran. Schließen Sie nun Fremdverschulden aus, Doutora?«

»Es gibt keine Anzeichen. Alles andere ist Ihr Gebiet, Comissário.«

Anderthalb Stunden später teilte Avila seinen Leuten die neuen Erkenntnisse mit.

»Das klingt wirklich nicht nach einem Fall für uns, oder?«, fasste Vasconcellos trocken zusammen. »Eher nach einem Touristen, der sich unter Drogeneinfluss überschätzt hat und bei einem nächtlichen Badeausflug ertrunken ist.«

Avila seufzte. Er wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als der Wolf, der »Director de Departemento« André Lobo, das Büro betrat.

Wie immer verschwendete er keine Zeit mit einer Begrüßung, sondern kam gleich zum Punkt: »Wie ich höre, ist unser toter Tourist kein Fall für die Mordkommission? Tod durch Ertrinken heißt es?«

Avila nickte. Bevor er zu einer Erklärung ausholen konnte, fuhr sein Chef bestimmt fort: »Ich erwarte, dass dies so an die Presse kommuniziert wird. Es muss deutlich werden, dass es ein Unfall war. Keine Spekulationen über Mord, nur weil Sie mit Ihrer Mannschaft vor Ort waren, verstanden? Wieso waren Sie überhaupt so schnell am Hafen und haben nicht erst abgewartet, was Doutora Souza dazu zu sagen hat?« Der Wolf musterte Avila mit gerunzelter Stirn.

Es war Vasconcellos, der dem Comissário zu Hilfe kam.

»Wir befanden uns auf dem Weg zu einer Besprechung, als der Anruf des Advogado kam. Da es dem Comissário wichtig schien, unsere enge Zusammenarbeit zwischen den Vertretern der Rechtsprechung deutlich zu machen, haben wir sofort die Gelegenheit genutzt und sind runter zum Hafen.«

»So, so. Besprechung … enge Zusammenarbeit. Ich lasse das mal so stehen, weil wir das für die Presse verwenden können. Aber glauben Sie nicht, Vasconcellos, dass ich nicht zwischen den Zeilen lese …«

»Wir warten noch auf den toxikologischen Bericht«, warf Avila ein.

»Und auf was genau warten wir da?« Ein weiteres kritisches Lüften der wölfischen Augenbrauen.

»Doutora Souza ist der Meinung, dass der Tote unter Drogeneinfluss stand.«

»Das gefällt mir nicht. Drogentote auf Madeira ist eine Schlagzeile, die wir nicht lesen möchten. Halten Sie das aus der Presse heraus!«, knurrte der Wolf.

»Wir werden es nur in unserem internen Bericht verwenden.«

»Gut, schließen Sie das Thema schnellstmöglich ab. Ist die Mitteilung an die Presse schon fertig?«

Avila merkte, wie ihm heiß wurde. Das Thema vergaß er zu gerne.

»Der Comissário hat mich bereits angewiesen, eine kurze Mitteilung zu erstellen. Sie haben sie in einer halben Stunde auf dem Schreibtisch zur Freigabe.« Wieder kam die Hilfe von Vasconcellos. Diese Antwort schien dem Wolf zu genügen. Ohne ein weiteres Wort fiel die Tür hinter dem Director ins Schloss.

»Danke, Ernesto«, sagte Avila schlicht, als der Wolf verschwunden war.

»Wieso, was war denn?« Vasconcellos grinste. »Baroso und ich haben heute Vormittag genau gehört, dass du die Pressemitteilung in Auftrag gegeben hast. Willst du sie noch einmal sehen, bevor ich sie dem Wolf bringe?«

»Nein, das brauche ich nicht. Ich vertraue dir voll und ganz.«

»Danke. Du hattest übrigens recht, dass unser Herr Windisch früher auf Madeira angekommen ist. Er ist bereits letzten Dienstag mit Air Portugal von Wien über Lissabon geflogen.«

»Wissen wir schon, wo er abgestiegen war?«, fragte Avila weiter.

Baroso räusperte sich und begann, aus seinen Notizen vorzulesen: »Die ersten zwei Nächte hat er in einem Hotel in Garajau verbracht. Danach war er zwei Tage in einem Hotel in Funchal oberhalb des Forte de São Tiago, des alten Forts östlich der Seilbahn. Dort muss ihn die Informantin des Subcomissários gesehen haben. Als Nächstes checkte er noch zwei Nächte in einer Quinta in der Nähe von Câmara de Lobos ein, bevor er dann ins Hotel Vista de Mare kam.«

»Das ist doch eher ungewöhnlich. Immer zwei Übernachtungen pro Hotel. Warum hat er so oft gewechselt?«

»Zumindest hat es nicht daran gelegen, dass ihm eine Unterkunft nicht gefallen hat und er vor Ort neue Hotels suchte. Alle Übernachtungen wurden von ihm bereits einen Monat im Voraus gebucht«, beeilte sich Baroso zu sagen.

»Nun gut. Vielleicht seine Art, Madeira zu erkunden. Obwohl ich mir dann noch eine Bleibe im Norden ausgesucht hätte und nicht nur Unterkünfte an der Südküste.« Avila zuckte mit den Schultern. »Hat die Durchsuchung seines Hotelzimmers etwas ergeben?« 

»Nein, nichts. Keine aufputschenden Mittel oder Medikamente. Ein paar Anziehsachen.«

»Fehlt etwas?« Avila blickte Vasconcellos an.

»Was meinst du damit, Chef?«

»Was ist mit Wertsachen? Habt ihr ein Mobiltelefon, vielleicht einen Laptop oder so gefunden?«

»Fehlanzeige. Im Safe waren ein Flugticket, ein Reisepass, eine Geldbörse, aber keinerlei elektronische Geräte.«

»Ist das normal? Ich frage mich … Was genau hat die Verkäuferin gesagt? Sie hat ihn in Badekleidung zum Strand gehen sehen, richtig? Warum haben wir ihn in einer Unterhose gefunden? Ist er spontan geschwommen und wir müssen noch seine Anziehsachen finden? Apropos. Was ist mit diesem Sargento und seinem Polizeihund? Vasconcellos, gibt es eine Rückmeldung?«

»Ich habe vor ein paar Stunden mit ihm telefoniert, da war er auf dem Weg zu Dona Katia, wegen einer ›Riechprobe‹, wie er es nannte. Danach wollte er mit seiner Beamtin zurück an die Promenade. Ich warte jetzt auf seinen Anruf.«

»Gut. Bis dahin werden wir die Angehörigen benachrichtigen und das Gutachten von der Doutora abwarten. Wenn es sich um Drogen handelt, übergeben wir an unser Drogendezernat. Im Moment sieht es so aus, als wandert der Fall für uns zu den Akten.« Avila bemühte sich, sein Bedauern zu unterdrücken. In Anbetracht der nächsten Tage hätte er sich gewünscht, eine Ausrede zu haben, nicht ständig zu Hause zu sein.

Baroso räusperte sich leise.

»Ich habe noch etwas. Die österreichische Botschaft hat sich gemeldet. Sie haben einen Familienangehörigen ausfindig gemacht. Der Vater des Verstorbenen wohnt in Wien. Die Kollegen der Wiener Polizei sind bereits unterwegs zu ihm. Ich habe sie gebeten, uns anzurufen, sobald sie bei ihm sind.«

»Sehr gute Idee, Baroso! Dann können wir gleich ein paar Fragen loswerden. Vielleicht finden wir heraus, was Herr Windisch auf Madeira gemacht hat.«

Die nächste halbe Stunde verbrachten die drei mit der Vorformulierung des Polizeiberichtes und mit Spekulationen, warum der Tote auf die Idee gekommen war, das Hotel zu wechseln. Als Avila kurz davor war, seine Mitarbeiter nach Hause zu schicken, klopfte es an der Tür und ein junger Sargento steckte den Kopf hindurch.

»Filipe? Ich habe hier jemanden aus Wien am Telefon. Er will dich wegen eurer Wasserleiche sprechen.«

»Danke dir. Kannst du das Telefonat auf den Apparat des Comissários durchstellen?«, beeilte sich Baroso zu sagen.

Ein paar Minuten später meldete sich eine jung klingende Stimme auf Englisch am Telefon. Avila hatte den Lautsprecher angeschaltet, sodass alle mithören konnten.

»Hier spricht Inspektor Huber. Spreche ich den Kollegen aus Madeira?«

»Boa tarde, Inspektor Huber. Hier ist Comissário Avila. Bei mir ist noch Subcomissário Vasconcellos und Aspirante Baroso. Sind Sie jetzt bei dem Vater des verstorbenen Karsten Windisch?«

»Ja, das sind wir«, bestätigte Huber. »Der alte Herr hat die Nachricht sehr gefasst entgegengenommen. Ich denke, Sie können ihm jetzt Fragen stellen. Ich bin mir allerdings nicht sicher, wie gut er Englisch spricht. Unter Umständen wird es nötig sein, dass ich dolmetsche.«

»Vielen Dank für Ihr Angebot, aber das ist nicht notwendig«, antwortete ihm Avila in fließendem Deutsch. Baroso starrte seinen Chef mit offenem Mund an. Vasconcellos, der wusste, dass Avila ein Jahr in Münster auf der Polizeischule verbracht hatte, war völlig unbeeindruckt.

»Sie sprechen Deutsch? Damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Dann gebe ich Sie weiter an Kommerzialrat Windisch. Herr Kommerzialrat? Comissário Avila von Madeira möchte Ihnen gerne ein paar Fragen zu Ihrem Sohn stellen.« Es knackte kurz im Hörer, dann erklang eine heisere Stimme.

»Herr Kommissar? Hören Sie mich?«

»Ausgezeichnet, Herr Kommerzialrat.« Avila bemühte sich, die gleiche höfliche Anrede wie der Chefinspektor zu benutzen. Er wusste, dass man in Österreich sehr viel Wert auf Titel legte. »Zunächst möchte ich Ihnen mein Beileid zum Tode Ihres Sohnes aussprechen.«

»Ist schon gut«, wiegelte die Stimme schnell ab. »Mir wurde gesagt, er sei ertrunken? Der dumme Junge hat es mit dem Schwimmen immer übertrieben. Seine Mutter und ich haben uns deswegen ständig Sorgen gemacht. Gut, dass sie das hier nicht mehr mitbekommt.« Avila, der sich insgeheim über die Herzlosigkeit des alten Herrn gewundert hatte, meinte nun doch Trauer und Bedauern in der Stimme zu hören.

»Ja, er ist im Atlantik ertrunken.«

Während Avila noch überlegte, wie er jetzt möglichst vorsichtig das Thema Drogenkonsum anschneiden konnte, zeigte die nächste Frage des Alten, dass dieser einen äußerst wachen Verstand hatte.

»Wenn mein Sohn ertrunken ist, wieso telefoniere ich dann mit Ihnen? Der Inspektor sagte, Sie seien von der Mordkommission?«

Avila räusperte sich verlegen.

»Es gibt da einen Umstand, den wir uns noch genauer ansehen. Reine Routine. Könnte es sein, dass Ihr Sohn in Kontakt mit aufputschenden Substanzen stand?«

»Sie meinen, ob er Drogen genommen hat?«, kam Windisch auf den Punkt. »Außer, dass er ab und zu geraucht hat? Nein, nicht, dass ich wüsste. Allerdings haben mein Sohn und ich uns die letzten Jahre, nach dem Tod seiner Mutter, nicht mehr häufig gesehen. Er war viel beruflich unterwegs.«

»Was genau hat Ihr Sohn beruflich gemacht?«, hakte Avila gleich nach.

»Nichts Anständiges. Er hat Hotels getestet. Hat darüber entschieden, ob sie ein besonderes Zertifikat erhalten. Aber fragen Sie mich nicht, was das genau war. Hatte etwas mit Umwelt zu tun. Mein Sohn meinte immer, es sei ziemlich elitär. Ein Hoteltester in unserer Familie. Ich weiß nicht, wie so etwas in einer Familie von Wissenschaftlern elitär sein sollte.«

»Können Sie mir den Arbeitgeber Ihres Sohnes nennen?«

»Nein, tut mir leid. Wenn er es mir erzählt hat, habe ich es in der Zwischenzeit wieder vergessen. Vielleicht findet sich etwas bei ihm zu Hause. Haben Sie noch mehr Fragen?«

»Zurzeit nicht, vielen Dank. Sind Sie so freundlich und geben mir Inspektor Huber noch einmal?«

»Ich habe alles mitgehört, Comissário«, meldete sich Huber kurz darauf. »Mein Kollege und ich fahren gleich noch in die Eigentumswohnung von Herrn Windisch im 18. Bezirk. Wir melden uns morgen Vormittag wieder bei Ihnen, in Ordnung?«

»Wunderbar. So machen wir das.« Avila legte auf. Baroso und Vasconcellos sahen ihn gespannt an. Er schüttelte den Kopf.

»Der Vater von Windisch konnte uns nicht groß weiterhelfen. Es scheint, als ob er und sein Sohn kein besonders inniges Verhältnis hatten. Kommerzialrat Windisch wusste noch nicht einmal, für welche Firma sein Sohn gearbeitet hat. Aber immerhin wissen wir jetzt, dass er Hoteltester war.«

»Deswegen war er in verschiedenen Hotels«, murmelte Baroso.

Es klopfte wieder. Diesmal stand ein älterer Kollege vor der Tür.

»Ernesto, kannst du dein Telefon nicht umstellen, wenn ihr sowieso die ganze Zeit im Büro des Comissários seid? Wir kommen uns schon vor wie in einer Telefonzentrale. Dieser Fonseca will mit dir sprechen.«

»Ich rufe ihn gleich zurück, danke dir!«

»Sargento Fonseca hier«, erklang kurz darauf die kühle Stimme des Kollegen über den Lautsprecher.

»Sargento? Ich bin gerade im Büro vom Comissário Avila. Er und unser Kollege Sargento Baroso hören mit. Haben Sie und der Hund eine Spur gefunden?«

»Allerdings. Wir haben unter einem der Wellenbrecher von der Landseite aus einen Stapel Kleider gefunden. Galina hat Laut gegeben, von daher gehe ich davon aus, dass es sich um die fehlende Bekleidung des Toten handelt.«

»Ich hoffe, Sie und der Hund haben nichts berührt? Haben Sie die Spurensicherung benachrichtigt?«

»Natürlich, was denken Sie denn? Ich bin doch kein Anfänger.« Die Stimme bekam einen vorwurfsvollen Klang. Avila musste innerlich grinsen. Der schnittige Sargento mochte es anscheinend gar nicht, wenn man seine Fähigkeiten infrage stellte.

»Danke für Ihren Einsatz, Sargento. Und geben Sie Galina einen Hundekeks als Dankeschön von uns.«

»Die Belohnung hat sie in dem Moment bekommen, als sie die Kleidung der Zielperson gefunden hat. Wie sollte sie jetzt die Belohnung noch mit der Tätigkeit verbinden? Sie verstehen scheinbar nicht viel von Hunden«, antwortete Fonseca säuerlich.

Vasconcellos verdrehte die Augen. »Alles klar, dann einfach danke. Bis demnächst.« Er beendete das Gespräch und drehte sich zu Avila und Baroso um. »Mit diesem Typen werde ich einfach nicht warm. Mir tut der Hund leid.«

»Ja, Urso hat es bestimmt besser als diese Galina. Aber sie waren erfolgreich, das muss ich ihnen lassen. Jetzt bin ich gespannt, was die Spurensicherung erzählt.«

 

Garajau, 11.02.2014 – 20:13

»Fernando, kannst du bitte nach dem Bacalhau sehen? Ich muss Felia versorgen«, rief Leticia von oben.

Ergeben legte Avila die Diário de Notícias beiseite, schob den Kopf seines Hundes Urso vom Schoß und trottete in die Küche. In der Zeitung hatte eh nichts Bemerkenswertes gestanden. Morgen würde es interessant werden, inwieweit die Reporter den Tenor der polizeilichen Pressemitteilung aufnahmen oder ihre eigene Sensationsgeschichte spannen. Urso sprang sofort auf und lief hinter ihm in die Küche. Es könnte ja sein, dass etwas für ihn abfiel. 

»Du Fresssack«, brummte Avila und kraulte den gold-weißen Kopf des Retrievers. »Das ist heute ein aufregender Tag für dich, stimmt’s?« Urso hatte vor einer Stunde, als Avila nach Hause kam, mit Schnüffeln und lautem Jaulen reagiert. Er hatte eindeutig Spuren von Galina bemerkt und hatte seitdem Avilas Hosenbein, an dem die »Beamtin« gerochen hatte, alle paar Minuten mit der Nase untersucht.

In der Küche kam Avila der verlockende Geruch von Zwiebeln, Kabeljau und Knoblauch entgegen. Hatte er es doch geahnt: Leticia bereitete eine seiner Leibspeisen zu: Bacalhau à Brás. Er öffnete die Luke des Backofens und zog den Fischauflauf etwas heraus. Die Eier waren schon gestockt und die Kruste war leicht braun. Ob er kurz probieren sollte? Er griff nach rechts in die Besteckschublade, um eine Gabel herauszukramen.

»Du willst doch nicht etwa heimlich naschen?«, erklang Leticias Stimme direkt hinter ihm.

Wie ist sie so schnell von oben heruntergekommen? Er fühlte sich wie ein Schuljunge, der beim Abschreiben ertappt worden war. 

Seine Frau stellte sich hinter ihn und legte dabei ihr Kinn auf seine Schulter. »Hmmhh, sieht gut aus. Ich definiere den Bacalhau als fertig. Der Tisch ist gedeckt, lass uns essen.« Sie nahm den Auflauf aus dem Ofen und streute noch eine Handvoll grüner Oliven und gehackten Koriander über den Fisch.

Avila nahm das Glas Wein, an dem er schon beim Zeitunglesen genippt hatte, mit an den Tisch. Wie sehr freute er sich auf die Zeit, wenn Leticia wieder mit ihm abends gemütlich eine Flasche Wein trinken durfte. Solange sie Felia noch stillte, nippte sie höchstens mal kurz an seinem Glas. Ansonsten gab es keinerlei Alkohol für sie.

Während sie ihm eine großzügige Portion auftat, fragte sie: »Ich habe gehört, es wurde heute Morgen ein Toter im Hafen gefunden. Ich hoffe, das ist kein Fall für dich, jetzt, wo mein Vater Ende der Woche zu Besuch kommt?«

Am liebsten hätte er gesagt, dass es ihm leidtäte, er aber aufgrund des Falles nur wenig Zeit zu Hause verbringen könnte. Aber das tat er nicht. Der Grund dafür war etwa ein Meter und sechzig groß, dunkelblond mit einer außerordentlich flinken Zunge: Inês, die beste Freundin seiner Frau. Und leider auch die angetraute Ehefrau seines Chefs. Den beiden Frauen blieb nichts verborgen. Dennoch bemühte er sich, wenigstens etwas Zeit für sich herauszuschlagen.

»Es sieht im Moment tatsächlich so aus, als ob es sich um einen Unfall handelt. Aber wir warten noch den toxikologischen Befund von Doutora Souza ab. Auch konnten wir noch nicht die letzten Tage des Toten rekapitulieren.« Das war alles nicht gelogen und könnte ihm vielleicht ersparen, seinen Schwiegervater vom Flughafen abzuholen.

Leticia sagte nichts. Nur ihre rechte Augenbraue wanderte steil in Richtung des dunklen Haaransatzes, während sie ihn kritisch musterte. Er könnte wetten, dass sie nachher, wenn er mit Urso Gassi ging, bei Inês nachfragen würde, ob sie auf einem ähnlichen Stand zu den Ermittlungen war.

Der Rest des Abendessens verlief dennoch ohne weitere Missstimmungen. Leticia erzählte ihm von der neuesten Tat ihrer Tochter: Felia war es heute gelungen, seitwärts durch das gesamte Wohnzimmer zu rollen. Ihr Bewegungsdrang war allerdings durch einen der Wandschränke gestoppt worden, als sie darunter festgesteckte. Auch Weinen und Schreien hatte nicht geholfen, sie musste warten, bis ihre Mutter sie aus der misslichen Lage befreit hatte.

Während Leticia den Tisch abräumte, holte Avila Ursos Leine aus der Vorratskammer. Der Golden Retriever, der während des Essens träge auf seinem Platz vor der Verandatür gelegen hatte, erwachte zum Leben. Vor Freude über den anstehenden Ausflug wackelte das ganze Hinterteil des Hundes und der buschige Schwanz klopfte gegen die Tür zur Vorratskammer.

»Vielleicht dauert es etwas länger«, rief Avila im Hinausgehen.

»Grüß Carlos von mir«, kam es aus der Küche zurück. Leticia kannte ihn ziemlich gut und wusste, dass er einen Plausch mit seinem Freund Carlos mit einem Poncha in der Bar Camarão schon eingeplant hatte. Carlos, der als Straßenkehrer im Viertel arbeitete und immer eine quietschende Mülltonne hinter sich herzog, war sicher bereits mit seiner abendlichen Runde fertig und wartete auf ihn.

Kurz überlegte Avila, ob er ein »und liebe Grüße an Inês« entgegnen sollte, hielt sich aber zurück. Mit dem ungeduldigen Urso ging es hinaus auf die Straße. Fast sofort nahm der Hund eine Fährte auf – wahrscheinlich die einer der frei laufenden Nachbarhunde oder einer Katze – und zog in Richtung des Hotels Dom Pedro, das an der kleinen Hauptstraße von Garajau lag. Das war Avila ganz recht. Nach der mehr als reichlichen Portion beim Abendessen hatte er keine große Lust auf den Abstieg zum Christo Rei, dem Wahrzeichen von Garajau. Zur Christusstatue ging es steil runter und noch steiler wieder hinauf. Neben seiner Faulheit kam erschwerend hinzu, dass ein neues Hotel direkt auf dem Gelände des alten Wasserparks gebaut wurde. Das Hotel war vor einem Vierteljahr mit viel Pomp eröffnet worden, obwohl die Bauarbeiten nicht abgeschlossen waren. Selbst am Wochenende konnten er und Leticia hören, wie sie mit einem großen Presslufthammer die Straße aufrissen. Die wie immer gut informierte Inês wollte erfahren haben, dass es inzwischen viele Beschwerden der Gäste gab und einige Reiseveranstalter das Hotel bereits mieden. Da fiel ihm ein, er musste Vasconcellos morgen fragen, ob Windisch zufällig dort abgestiegen war. So viel Auswahl gab es in Garajau nicht. Er schaute auf die Uhr. Es war kurz nach neun. Bestimmt saß Carlos bereits in der Bar und wartete auf seinen Freund. Avila schwenkte nach links und zog Urso hinter sich her.

Als er am Kreisel vorbei auf die kleine Bar zusteuerte, konnte er Carlos an einem der kleinen Tische auf der Veranda sitzen sehen, vor sich ein »caneca de cerveja«. Nach dem Füllstand des großen Bierkruges zu urteilen, saß Carlos schon länger hier. Avila winkte Ana, der Bedienung, kurz zu und hielt zwei Finger hoch. Sie verstand ihn sofort und kurz darauf standen zwei Gläser mit frischem Poncha vor ihm und Carlos.

»Saúde, Prost, mein Freund.« Sie stießen an.

Carlos tätschelte Ursos Kopf.

»Ich habe gehört, es gab einen toten Touristen in Funchal.«

»War ja klar, dass du das weißt. Von wem hast du es gehört?«, brummte Avila und setzte das Glas Poncha an den Mund. Die Mischung aus Zuckerrohrschnaps, frischer gepresster Zitrone und Orange und etwas Honig war Ana wieder gelungen. Es würde heute Abend nicht bei einem bleiben, so viel stand fest.

»Pepe war heute Morgen beim Angeln unten am Hafen und hat den Advogado beobachtet, wie er wegen der Leiche baden ging. Er hat mir auch erzählt, dass du mit deiner ganzen Truppe vor Ort warst. Heißt das, es war Mord?«

Im Stillen verfluchte sich Avila, dass er sich nur aus Verfressenheit hatte dazu hinreißen lassen, mit seiner ganzen Mannschaft zum Hafen zu gehen. Wenn das sogar schon in Garajau bekannt war, würde es morgen auch in der Zeitung stehen und die harmlose Pressemitteilung mit Spekulationen aufgebauscht werden. Es passierte einfach zu wenig auf der Insel, als dass sich ein Journalist die Chance auf eine mögliche Titelstory entgehen ließ.

»Mach nicht so ein ernstes Gesicht, Fernando. Das heißt doch, dass du den Spanier nicht abholen musst.«

»Wenn du mit ›Spanier‹ meinen Schwiegervater meinst … Sag das bloß nicht in seiner Gegenwart. Oriol Castell Blanxart ist Katalane, kein Spanier. Das muss ich mir ständig von ihm anhören. Es ist in seinen Augen einer meiner wenigen Vorzüge, dass ich Portugiese bin. Denn so hat seine einzige Tochter zumindest keinen Spanier geheiratet. Selbst wir Festlandportugiesen sind in seinen Augen noch besser. Und was das Abholen betrifft: nein, das heißt es wahrscheinlich nicht. Denn die Doutora hat keine Anzeichen eines gewaltsamen Todes entdeckt.«

»Er ist also einfach nur ertrunken?«

»So sieht es aus. Vielleicht waren noch Drogen im Spiel. Was es aber auch nicht zum Fall für die Mordkommission macht.« Avila nahm noch einen Schluck.

»Na dann, auf die Familie! Wenn ich am Wochenende einen Notfall simulieren soll, um dich aus den Fängen des Katalanen zu befreien, sag Bescheid.« Carlos grinste.

Avila seufzte: »Das wird kaum funktionieren. Es wird darauf hinauslaufen, dass mir Oriol das ganze Wochenende erzählen wird, was ich bei Felia alles falsch mache. Er wird es schaffen, dass ich mich nach diesem Wochenende als Vater noch unfähiger fühle als nach den drei Wochen mit meiner Schwiegermutter.« Er leerte den restlichen Poncha in einem Zug und bestellte sofort bei Ana die nächste Runde.

Als sie zwei Stunden später etwas unsicher die Stufen von der Terrasse hinunterstiegen und sich auf den Heimweg machten, schaute Carlos prüfend in den dunklen Himmel.

»Vielleicht hast du Glück, mein Freund, und dein Schwiegervater schafft es gar nicht bis nach Madeira.«

»Was meinst du?«

»Es wird Sturm geben. Wer weiß, wann sie den Flughafen sperren.«

Avila schaute ungläubig in den Himmel. Es sah nur ein paar dunkle Wolken, die sich schwarz gegen den grauen Nachthimmel abhoben. Ein leichter Luftzug war zu spüren. Erst Barosos Großmutter, jetzt Carlos. Die Madeirenser und ihr Wetter. Er würde es nie verstehen.

Funchal, Polizeipräsidium, 12.02.2014 – 08:43

»Haben Sie das gelesen?« Mit einem wütenden Knurren knallte der Wolf Avila die neueste Ausgabe der Diário de Notícias auf den Schreibtisch. 

Avila streifte die Tageszeitung mit einem kurzen Blick. Merda, warum habe ich nicht heute Morgen beim Supermercado in Garajau gehalten und mir die neue Ausgabe besorgt? Dann wäre ich jetzt vorbereitet. 

»Nein, ich bin noch nicht dazu gekommen«, antwortete er wahrheitsgemäß und machte sich auf einen weiteren Ausbruch gefasst.

»Sie brauchen sich nur das Foto ansehen, Avila! Das zeigt Sie und die restliche Brigada de homicídios am Hafen. Was soll eigentlich dieser verdammte Köter auf dem Foto? Haben Sie eine Hundestaffel angefordert? Wie sieht bei Ihnen eine diskrete Handhabung aus? Ich fasse es nicht!« Avila schielte auf das Foto, das seine Begegnung mit der »Beamtin« zeigte. Er schwieg und wartete geduldig, dass der erste Sturm vorüberging.

»Haben Sie schon eine Rückmeldung von der Doutora? Nein? Wie lange dauert denn dieses verdammte toxikologische Gutachten? Wissen Sie, was wir jetzt machen? Wir schließen diesen Fall! Es kann doch nicht sein, dass wir hier Steuergelder verschwenden, nur weil meine Mordkommission aus einem harmlosen Unfall beim Schwimmen einen Mord konstruieren will!« Lobo schaute seinen Comissário grimmig an.

Zuerst wollte Avila widersprechen. Einen Fall einfach so abschließen? Aber insgeheim musste er dem Wolf recht geben. Es gab keinen Fall, nur einen Mann, der den Atlantik unterschätzt hatte. Auch die Untersuchung der Kleidung des Toten hatte nichts Bemerkenswertes ergeben. Kein Anzeichen für einen Raubüberfall, denn das Mobiltelefon von Windisch und eine Geldklammer mit etwa fünfzig Euro hatten in der Hosentasche der abgelegten Jeans gesteckt.

»Ich werde die Doutora bitten, weitere Gutachten zu stoppen.« Vielleicht hatte er ja Glück und das toxikologische Gutachten war fertig und er konnte zumindest zu seiner Beruhigung noch einen Blick darauf werfen.

»Gut.« Genauso heftig, wie der Ausbruch gekommen war, hatte sich sein Chef wieder beruhigt. Als hätte es die letzten fünf Minuten nicht gegeben, fuhr der Wolf fort: »Haben Sie das schon von Doutor Ignacio gehört?«

»Sprechen wir von Ignacio Coelho, den Präsidenten des Golfklubs unserer Frauen?« Avila war sich nicht sicher, ob er den Gedankensprüngen seines Chefs gerade folgen konnte.

»Ja, genau dem. Der arme Kerl ist heute Morgen mit einem großen Felsbrocken kollidiert. Hat ziemliches Glück gehabt, dass sein Auto nicht nach rechts, den Berg runter, ausgebrochen ist, sondern nach links gegen die Felswand. So ist er mit dem Schrecken und ein paar Blessuren davongekommen, wie man so hört.«

»Oh, das tut mir leid«, meinte Avila und versuchte, ein Bedauern in seine Stimme zu legen. Er war kein großer Freund von Ignacio Coelho. Vor allem gefiel es ihm nicht, wie der Klubpräsident es immer schaffte, Leticia für kleine Gefälligkeiten einzubinden. Zum Glück hielt er sich seit der Geburt von Felia damit etwas zurück.

»Machen Sie sich nichts draus, Fernando. Der alte Kerl ist zäher, als wir denken. Ich wette, nächste Woche ist er schon wieder auf dem Platz beim Golfen zu finden.«

Es klopfte. Vasconcellos und Baroso kamen ins Büro.

»Das passt ja wunderbar. Avila, dann können Sie Ihren Leuten gleich sagen, wie wir in dem Fall des toten Österreichers weiter verfahren.« Der Wolf verließ das Büro.

Avila fuhr sich langsam über den Bart. Es half nichts, er musste den Anordnungen seines Chefs Folge leisten. Es sei denn …

»Habt ihr Neuigkeiten für mich, die den Verdacht eines gewaltsamen Todes bestätigen könnten?«

Baroso schüttelte den Kopf.

»Im Gegenteil. Die österreichischen Kollegen haben in der Wohnung des Opfers Gras gefunden. Er scheint tatsächlich ab und zu einen Joint geraucht zu haben. Ich habe Doutora Souza schon den Hinweis für ihr Gutachten gegeben.«

Avila nickte.

»Sonst noch etwas?«

»Wir kennen jetzt den Arbeitgeber. Eine Anfrage läuft, um zu bestätigen, dass er beruflich auf Madeira war. Ansonsten gab es nichts Auffälliges in der Wohnung. Nur jede Menge alter Bücher. Allem Anschein nach war Herr Windisch sehr belesen, sagen die Kollegen aus Österreich. Sie fragen, ob sie uns dazu auch eine Aufstellung machen sollen.«

»Wir konzentrieren uns zunächst auf seine Arbeit hier auf Madeira. Vasconcellos, und du? Wichtige neue Erkenntnisse?«

»Nein, aber Sargento Fonseca hat sich noch einmal gemeldet. Er fragt, ob er und sein Hund noch das Hotelzimmer von Windisch nach Hinweisen durchsuchen sollen.«

»Auf gar keinen Fall!« Avila malte sich aus, was für einen wölfischen Wutanfall das zur Folge haben würde. »Wenn wir weiter recherchieren, zerreißt uns der Wolf vermutlich. Es gibt keine Anzeichen für Mord. Der Fall wird ad acta gelegt.« Er blickte die beiden an. Anders als er schienen seine Mitarbeiter über diese Entwicklung nicht unglücklich zu sein.

»Dann kann ich meiner avó morgen helfen, ihr Haus sturmsicher zu machen. Sonst klettert sie wieder alleine auf die Leiter, um die Fensterläden festzunageln«, bestätigte Baroso seinen Eindruck.

Funchal, 12.02.2014 – 14:11

»Cara mia, hast du schon gehört?« Inês helle Stimme klang aus dem Hörer.

»Was soll ich gehört haben?« Leticia stand im Flur, Felia auf der Hüfte, den Telefonhörer unters Kinn geklemmt, während sie mit der freien Hand versuchte, den Rest der vorherigen Mahlzeit ihres Kindes von der Bluse zu wischen.

»Doutor Ignacio hatte einen Unfall!«

Fast hätte Leticia den Hörer fallen lassen. »Einen Unfall? Geht es ihm gut?«

»Na, du kennst ihn doch. Ich durfte mir die letzte Stunde anhören, wie er nur knapp dem Tode entkommen ist. Er dankte Gott, dass dieser ihn verschont hat. Unser Klubpräsident hat eben einen Hang zur Melodramatik.«

»Vielleicht ist das der Grund, warum so viele bei uns im Golfklub sind: Es kann jederzeit sein, dass er eine kleine Vorstellung gibt.« Leticia lachte. Aber schnell wurde sie wieder ernst. »Was ist denn jetzt genau passiert?«

»Es gab heute Nacht Steinschlag auf der Estrada das Carreiras. Du weißt doch, Doutor Ignacio hat sich vor ein paar Monaten diese entzückende Quinta oben in Camacha gekauft. Als er heute Vormittag zum Golfklub fuhr, lag ein besonders großer Brocken hinter der Kurve auf der Straße. Er hat nicht aufgepasst, ist hineingefahren. Der Reifen ist geplatzt und er ist gegen den Berg gefahren. Zum Glück kamen zwei Touristen vorbei und haben Erste Hilfe geleistet.«

»O dio mio. Es hätte ihm doch auch jemand entgegenkommen können. Ich finde, da kann er wirklich sagen, dass er großes Glück hatte.«

»Hmm, stimmt. Auf jeden Fall hat er ein Schleudertrauma und die Ärzte haben ihm Bettruhe verschrieben. Und da liegt jetzt das Problem und wir sind gefragt.«

»Welches Problem? Was haben wir damit zu tun? Ich verstehe nicht?« Leticia schaute auf Felia, als ob die ihr die Gedankengänge ihrer Freundin erklären könnte. Aber das Baby steckte nur zwei Finger in den Mund und schaute seine Mutter mit großen Augen an.

»Das kannst du nicht wissen, schließlich warst du die letzten Monate wegen deiner Süßen wenig im Klub. Von den Plänen, unseren Golfklub um ein exquisites Gästehaus zu erweitern, habe ich dir erzählt. Doutor Ignacio war die letzten Monate nicht untätig und hat sich einer Vereinigung von Hoteliers hier auf der Insel angeschlossen. Die wollen sich mit ihren Quintas, Gasthäusern und Hotels von der breiten Masse abheben. Es geht um ökologische Standards, besondere Wellnessangebote und andere Freizeitmöglichkeiten, die nicht jedes Hotel bieten kann.«

»Klingt sehr vernünftig.« Leticia hatte sich mittlerweile auf das Sofa im Wohnzimmer gesetzt und legte Felia auf ihre Babydecke auf den Boden.

»Das finde ich auch. Dieses Wochenende soll im Quinta Belo Pátio ein Treffen dieser Gruppe stattfinden.«

»Quinta Belo Pátio? Von der habe ich Fernando schon erzählt. Das ist doch dieses romantische kleine Hotel, welches direkt am Hang in der Nähe von Encosta da Calheta gebaut wurde? Es soll ein wunderbares kleines Restaurant haben. Ich habe gehört, die Küche wird demnächst mit einem Stern ausgezeichnet. Fernando hat sich bisher geweigert, mit mir zum Essen dahin zu fahren, weil es so abgelegen ist.«

»Dann ist das jetzt deine Chance. Doutor Ignacio wird nicht an dem Treffen teilnehmen können. Es liegt wohl weniger an dem Schleudertrauma als an seinem verbeulten Gesicht, wie meine Haushälterin von seiner Hilfe erfahren hat. Das eine Auge ist blau und scheinbar hat auch die Nase etwas abbekommen. Er sieht aus, als wäre er in einen Boxkampf verwickelt gewesen.«

Leticia musste kichern. Der stets so korrekte Ignacio. Es musste furchtbar für ihn sein, wenn jemand ihn mal nicht in perfektem Zustand sah. Kein Wunder, dass er nicht zu dem Treffen gehen wollte.

»Aber wieso ist das jetzt meine Chance?«

»Die Quinta hat fünfzehn Zimmer, verteilt auf zwei Gebäude, größer ist sie nicht. Davon sind sechs Zimmer für das Treffen reserviert. André und ich haben uns schon eins besorgt und auch für Fernando, dich und die kleine süße Felia wäre gesorgt. Wir Frauen würden unseren Golfklub vertreten. Wie findest du die Idee?«

»Das klingt natürlich verlockend, aber …«

Die Freundin unterbrach sie: »Dein Vater? Ich weiß doch, dass er dieses Wochenende kommt. Ist doch eine viel bessere Lösung, wenn ihr alle ins Hotel geht und ihr euch nicht in eurem kleinen Haus auf die Füße tretet. Hattest du dich nicht beklagt, wie beengt es mit deiner Mutter gewesen ist? Glaub mir, dein Mann wird überglücklich sein.«

»Fernando glücklich darüber ins Hotel zu gehen? Ich weiß nicht …« Leticia zögerte.

»Wir müssen es ihm nur richtig verkaufen. Soll ich für alle Fälle in der Quinta anrufen und schon mal auf Verdacht ein Zimmer für deinen Vater reservieren?«

»Aber die sind doch sicher schon ausgebucht mit der Veranstaltung.« Leticias Widerstand bröckelte.

»Sind sie nicht. Es ist außerhalb der Saison, vergiss das nicht, cara mia.« Kein Wunder, dass Inês beim Wolf alles durchbekam. Sie war auf alle Einwände immer bestens vorbereitet. Leticia merkte, wie sie dieser Idee immer mehr abgewinnen konnte. Die Besprechungen würden sicher nicht den ganzen Tag dauern. Und ihr Vater hatte nicht die Möglichkeit, sich darüber aufzuregen, dass er das Bad mit ihr und Fernando teilen musste.

Sie fing laut an zu überlegen: »Was sollen wir mit Urso machen? Wir können ihn schlecht mit ins Hotel nehmen.«

Auch dafür hatte die patente Inês eine Lösung. »Ernesto kann sich doch ein Wochenende um den Hund kümmern. Vielleicht nimmt er ihn auf einen seiner Trailruns mit. Tut eurem Urso bestimmt gut. Also, was ist nun?«

»Ich fahre gleich nach Funchal zu Blandy’s und hole eine Flasche von ihrem guten Verdejo. Mit seinem Lieblingsmadeira im Glas wird Fernando sicher heute Abend dieser Idee etwas aufgeschlossener gegenüberstehen. Vielleicht kann ich auch noch eine Speisekarte von der Quinta besorgen, dann kann er schon in Vorfreude auf ein schönes Essen schwelgen. Aber versprich mir, dass du noch nicht mit André darüber redest.«

»Versprochen! Ich freu mich so, Leticia! Ich reserviere für alle Fälle schon das Zimmer für deinen Vater. Das wird ein unvergessenes Wochenende, du wirst sehen!«

Garajau, 12.02.2014 – 20:31

»So, jetzt verrate mir mal, was du von mir möchtest.« Avila saß auf dem Sofa und betrachtete die goldgelbe Flüssigkeit in seinem Glas. »Ein tolles Essen und dann noch dieser fantastische Verdejo. Irgendetwas ist im Busch, oder?«

Leticia ließ sich neben ihm aufs Sofa fallen, zog die Beine an und schmiegte sich an ihn.

»Meinem Comissário kann ich nichts vormachen«, lachte sie. »Es stimmt, es gibt da etwas, was ich mit dir besprechen möchte.«

»Dann schieß mal los«, brummte Avila. »Ich hoffe, das heißt nicht, dass du dich entschlossen hast, deinem Vater unser Schlafzimmer zu überlassen, wenn er kommt. Ich möchte nicht wieder im Gästezimmer schlafen. Die Matratze ist viel zu weich, da bekomme ich Rückenschmerzen. Die Wochen mit deiner Mutter sitzen mir immer noch im Kreuz.«

»Wie fändest du die Idee, dass du auf einer bequemen Matratze schläfst und dir noch nicht einmal das Badezimmer mit meinem Vater teilen musst?« Leticia strich mit den Händen über seinen Bauch.

»Hat er abgesagt? Das ist aber …«

Leticia unterbrach ihn: »Bevor du weiterredest, nein, er kommt Freitagmorgen. Aber wir werden alle zusammen in ein wunderschönes kleines Hotel gehen. Du wirst schlemmen können, denn es ist bekannt für seine gute Küche, und mein Vater kann sogar wandern, weil es direkt an der Levada Nova liegt.«

»Ein Hotel? Und wer bezahlt das?«

»Wir wohnen dort umsonst und mein Vater kommt selbstverständlich für sein Zimmer auf. Es sei denn, du möchtest ihn gerne einladen.«

»Leticia, was ist der Haken an der Sache? Hast du bei einem Preisausschreiben gewonnen, wie damals bei unserer kleinen Silvesterkreuzfahrt?« Avila starrte sie ungläubig an.

»Der Golfklub bezahlt es. Und bevor du dich jetzt aufregst: Doutor Ignacio hatte einen Unfall und hat mich um Hilfe gebeten. Es gibt eine Tagung in dem Hotel. Das ist eine wunderbare Möglichkeit, das Wochenende mit meinem Vater etwas entspannter anzugehen. Ich werde nur ein paar Stunden nicht da sein, mein Vater ist auf der Levada wandern und du kannst dich in Ruhe um Felia kümmern.«

Avila kratzte sich an seinem kurz gestutzten Ziegenbart.

»Das klingt tatsächlich verlockend. Von welchem Hotel reden wir? Etwa das Hotel, in das du mich schon vor ein paar Monaten zum Abendessen bugsieren wolltest?«

»Genau von dem.« Leticia schaute ihn besorgt an.

Er tätschelte ihr Knie.

»Cara mia, ich habe mir die Abendkarte des Restaurants daraufhin schon mal angesehen. Du hast recht, es ist eine gute Wahl. Wenn die Zimmer genauso viel versprechen wie das Menü, könnte ich mir vorstellen, dass ich dabei bin.«

»Eine Sache muss ich dir aber vorher erzählen«, kam es von Leticia mit leiser Stimme.

Avila seufzte. »Es gibt doch einen Haken. Was ist es?«

»Doutor Ignacio hat nicht nur mich gebeten, den Klub zu vertreten.«

Er setzte sich kerzengerade auf. Nein, bitte das nicht. 

»Du sagst jetzt nicht, dass Inês dabei ist? Bolas! Oh nein! Das heißt, sie ist bestimmt nicht alleine. Der Wolf wird sich so eine Gelegenheit nicht entgehen lassen … Nein, kommt nicht infrage. Du sagst ab!«

»Aber Fernando!«

»Wie stellst du dir das vor? Mein Schwiegervater und mein Chef an einem Wochenende? So viel Verdejo kann ich gar nicht trinken, dass ich das aushalte!« Er stellte mit einem Knall das Glas auf den Tisch. Der Madeira schwappte über den Rand und bildete eine braune Pfütze auf dem Holz.

»Ich dachte, es ist eine gute Idee!«, versuchte Leticia sich zu rechtfertigen.

»Überleg doch mal! So eine Konstellation ist furchtbar für mich. Meu Deus! Mein Gott! Habe ich irgendetwas verbrochen, dass du mich so quälen musst?« Er hob die Hände in den Himmel.

»Meinst du nicht, du übertreibst?«

»Übertreiben? Ich habe drei Wochen mit deiner Mutter hinter mir. Ständig hieß es: ›Ist Felia nicht süß? … Leticia, hast du gesehen, sie hat die gleichen Grübchen wie du, als du klein warst … Der Haaransatz, schau mal, der ist eindeutig von mir …‹« Avila ließ die Hände sinken. »Halten durfte ich Felia auch kaum in der Zeit. Immer dieses: ›Fernando, siehst du nicht, dass das Köpfchen abknickt? Du musst deine Hand darunter halten. Gib sie mir, so funktioniert das nicht …‹«

»War es wirklich so schlimm? Du Armer.« Leticia strich ihm langsam über den Kopf.

»Mach dich nur lustig! Alleine die Vorstellung, dass ich mit deinem Vater und dem Wolf ein Wochenende in einem Hotel bin. Schau, ich bekomme schon Gänsehaut!« Er hielt Leticia seinen linken Arm hin, auf dem tatsächlich die Haare zu Berge standen.

»Ich glaube trotzdem, dass es für alle angenehmer sein wird als hier im Haus«, beharrte Leticia.

Avila brummte in sich hinein. Sie könnte recht haben, aber so schnell will ich nicht nachgeben. Laut sagte er: »Hast du schon zugesagt? Oder vielleicht deinem Vater davon erzählt?«

»Inês hat ein Zimmer für meinen Vater im Hotel reserviert«, antwortete Leticia mit leiser Stimme.

»Das heißt, der Wolf weiß Bescheid.« Er stöhnte.

»Nein, das heißt es nicht! Sie hat mir versprochen, ihm nichts zu sagen, bevor du nicht dein Okay gegeben hast«, versicherte Leticia, während sie mit einem Papiertaschentuch den verschütteten Madeira vom Tisch wischte.

»Hmm. Und du bist dir sicher, Inês hält sich daran?«

»Ja, das wird sie.« Leticias Stimme war fest.

»Ich denke darüber nach. Am besten bei einem Spaziergang. Aber ich möchte keine Klagen hören, falls ich dich und deinen Vater alleine ins Hotel schicke, verstanden?«

Er stand auf und holte die Hundeleine.

»Urso, komm, wir gehen eine Runde! Ich muss meine Ruhe genießen, solange ich sie noch habe.«

Fünfzehn Minuten später saß er auf der Terrasse der Bar Camarão, vor sich ein leeres Glas Poncha. »Ana, bringst du mir noch einen?«, rief er durch das Fenster in Richtung Bar.

»Fernando, muss ich mir Sorgen machen?«, fragte sie, als sie ihm das nächste Glas brachte. »So schnell trinkst du doch sonst nicht. Und wo ist Carlos?«

»Der kommt bestimmt gleich«, murmelte Avila, während er sich das Glas an den Mund setzte. Ana stellte einen Teller mit Tremoços vor ihn. Obwohl er reichlich zu Abend gegessen hatte, fing er sofort an, die eingelegten Lupinenkerne von der Schale zu lösen und sich in den Mund zu schieben. Die Papierserviette, die ihm Ana für die Hände hingelegt hatte, flog mit einer Windböe in die Dunkelheit davon.

Ana schaute der fliegenden Serviette hinterher.

»Ich glaube, ich sollte die Rollos herunterziehen. Der Wind wird immer stärker.«

Nachdem sie die kleine Veranda mit den durchsichtigen Rollos in eine Art Wintergarten verwandelt hatte, zog Ana einen der Plastikstühle heran und setzte sich zu Avila.

»Geht es Leticia gut? Und was ist mit der kleinen Felia?«

»Denen geht es gut, keine Sorge. Aber mir steht ein furchtbares Wochenende bevor.«

»Du Armer, musst du arbeiten? Ich habe schon von dem Toten am Hafen gehört.«

»Nein, das ist es nicht.« Kurz war Avila versucht, Ana von seinem Problem mit Leticia zu erzählen. Dann fiel ihm gerade noch ein, wie wenig Ana als Kellnerin verdiente. Sie konnte es sicher nicht verstehen, wenn er sich darüber beschwerte, kostenlos ein Wochenende in einem Fünf-Sterne-Hotel zu verbringen. Zum Glück kündigte in diesem Moment das Quietschen von Carlos’ Mülltonne dessen Ankunft an.

Sofort erhob sich Ana und räumte ihren Platz. »Ich bringe euch erst mal zwei Caneca.«

»Was ist denn mit dir los, Fernando? Ist deine katalanische Nemesis schon angekommen?« Carlos lachte und ließ sich auf den Plastikstuhl sinken.

»Lach nicht. Jetzt will Leticia, dass wir alle am Wochenende in ein Hotel in den Bergen gehen.«

»Wo ist das Problem? Dann musst du wenigstens nicht dein Schlafzimmer räumen.« Ana kam aus der Bar und stellte zwei Glaskrüge mit Bier vor sie. Carlos nahm einen großen Schluck.

»Inês und der Wolf kommen auch.«

»Aha. Und du möchtest nicht, dass dein Chef und dein Schwiegervater sich kennenlernen?«

»Wer will das schon?«

»Sieh es mal so: Dein Schwiegervater und du, ihr seid nicht die besten Freunde. Vielleicht ist es ganz gut, wenn er dich durch die Augen eines anderen sieht.«

»Durch die Augen von Lobo? Bist du verrückt?«

»Fernando. Etwas Besseres kann dir doch gar nicht passieren. Dein Chef liebt es, sich darzustellen und in ein gutes Licht zu rücken. Das schließt auch seinen Comissário mit ein. Wie sähe es denn aus, wenn er unfähige Mitarbeiter hätte? Natürlich will er vor deinem Schwiegervater glänzen. Ist der nicht sogar von altem spanischem Adel? Lobo wird dich also loben und der Katalane wird sich am Ende freuen, dass seine Tochter eine gute Partie gemacht hat. Glaub mir, du wirst sehen. Es ist wie mit diesem Sturm. Jetzt schauen wir in den Himmel und fürchten das, was kommt. Aber danach werden eine wunderbare Ruhe und Frieden herrschen.«

 

 

 

 

 

 

Funchal Polizeipräsidium, 13.02.2014 – 09:31

»Ist das auch wirklich kein Umstand für dich, Ernesto?« Avila blickte seinen Subcomissário zweifelnd an. »Urso ist es nicht gewohnt, dass er lange alleine zu Hause ist.«

»Willst du mir damit sagen, ich muss am Wochenende darauf verzichten, die Nacht bei einer meiner neuen Flammen zu verbringen?« Vasconcellos blickte seinen Chef mit einem schiefen Grinsen an.

»Äh, nein, das wollte ich natürlich nicht sagen. Es ist nur …« Avila merkte, wie ihm das Blut in den Kopf stieg. Mist, wenn er normalerweise ein Thema vermied, waren es die wechselnden Bekanntschaften von Ernesto.

Vasconcellos lachte.

»Ich kann dich beruhigen. Ich habe vor, am Wochenende in meinem eigenen Bett zu schlafen. Deinem Hund wird es bei mir gut gehen. Ein bisschen Sport werden wir auch machen. Samstagvormittag wollte ich den kürzeren Trailrun oben bei Portela machen.«

»Urso ist nicht sonderlich trainiert. Nicht, dass er sich überanstrengt.« Avilas Stirn legte sich in Falten.

»Wie wäre es? Ich hole mir Urso schon heute Abend. Dann mache ich mit ihm gleich morgen früh einen kleinen Probelauf oben im Park in Santo António da Serra. Dann sehe ich ja, wie gut seine Ausdauer ist und ob er die Höhe verträgt. Er hat anschließend fast den ganzen Freitag, um sich zu erholen.« Vasconcellos grinste.

»Das klingt vernünftig. Außerdem kennt Urso den Park. Wenn Leticia und ich sonntags zum Bauernmarkt gehen, darf er als Ausgleich hinterher im Park spielen.«

»Gut, dann ist das abgemacht. Ach, bevor ich es vergesse: Freitagabend haben Urso und ich noch eine Verabredung.« Das Grinsen wurde breiter.

Avila zog die Augenbrauen hoch. Ernesto würde doch nicht? Das geht ja gar nicht! 

»Nicht, was du jetzt denkst. Die Kollegen von der Polizeiwache in Santa Cruz haben mich auf einen Sundowner eingeladen. Soviel ich weiß, sind keine Damen anwesend.«

Jetzt musste auch Avila grinsen.

»Urso wird es lieben. Neue Menschen und neue Gerüche. Am Ende will er gar nicht mehr zurück in sein langweiliges Leben mit Leticia und mir.«

»Das glaube ich kaum, dein Hund vergöttert dich.«

Die Tür ging auf und der Wolf betrat das Büro.

»Ich habe gehört, der Fall ist jetzt abgeschlossen? Hat Doutora Souza die Leiche freigegeben?«

»Der tote Senhor Windisch wird sich spätestens morgen auf den Weg nach Wien begeben«, meinte Vasconcellos schnell. 

»Das höre ich gerne. Nur aus Neugier: War an der Drogengeschichte etwas dran?«

»Wir wissen es nicht«, antwortete Avila wahrheitsgemäß. »Leider war das toxikologische Gutachten noch nicht fertig, als Sie uns baten, den Fall abzuschließen.« Den Rest verschwieg er dem Wolf. Nämlich, dass er und die Doutora beschlossen hatten, das Gutachten auf jeden Fall machen zu lassen und nicht zu stoppen, wie es Lobo angeordnet hatte.

»Ich habe noch ein bisschen Budget übrig, lieber Comissário«, hatte die Doutora gesagt. »Der Director wird davon nichts erfahren, da es nicht auf seiner Kostenstelle auftaucht.«

So wartete Avila jetzt geduldig auf das Gutachten in der Hoffnung, dass dies sein Gewissen beruhigen und er den Fall wirklich ad acta legen konnte.

Sein Chef klatschte in die Hände.

»Das sieht ja fast so aus, als ob wir ein ruhiges Wochenende vor uns haben. Nicht wahr, Avila? Freut sich Ihre Frau auch schon so auf unseren gemeinsamen Ausflug wie meine? Inês redet kaum von etwas anderem.«

Avila musste sich zusammenreißen, um nicht das Gesicht zu verziehen. Nachdem ihm Carlos ins Gewissen geredet hatte, hatte er tatsächlich zugestimmt, mit in die Berge zu fahren. Leticia war ihm überglücklich um den Hals gefallen, als er es ihr sagte. Was ihm blieb, war dieses leichte Ziehen in der Magengegend, das erst verschwinden würde, wenn er am Montag wieder im Büro war.

»Ja, sie freut sich«, antwortete er ausweichend.

»Dann lass ich Sie mal alleine. Wir sehen uns morgen Abend.«

»So richtig beneiden tue ich dich nicht, Chef«, meinte Vasconcellos, nachdem sich die Tür hinter dem Wolf geschlossen hatte. »Aber wer weiß, vielleicht führt ihr ja lange Männergespräche am Kamin, während die Frauen über ihren Hotelkonzepten brüten.«

»Bohr noch in der Wunde. Wann wolltest du nachher bei uns in Garajau vorbeikommen, um Urso abzuholen?«

»So gegen 19 Uhr? Passt das?«

»Dann ist Felia gerade bettfertig. Perfeito, perfekt.«

Quinta Belo Pátio, 14.02.2014 – 14:11

»Ist es nicht wunderschön?«, fragte Leticia, als sie durch die Einfahrt der Quinta Belo Pátio fuhren.

Avila hatte keinen Blick für den sorgfältig geharkten Boden des Innenhofes. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, die neue Familienkutsche nicht gegen die engen steinernen Wände der Einfahrt zu fahren.

Kaum hatten sie den Wagen abgestellt, öffnete sich eine der gläsernen Türen, die auf den Hof hinausgingen und ein junger Mann mit einer schwarzen langen Schürze um die Hüften trat heraus.

»Entschuldigen Sie, aber dies ist leider kein Parkplatz. Sie müssen draußen parken«, rief er ihnen zu und unterstrich seine Worte mit kreisenden Bewegungen seiner Arme.

»Fernando, ich glaube, er will uns zeigen, dass wir wenden müssen«, meinte Leticia.

»Ja, habe ich verstanden. Ich habe mir gleich gedacht, dass dies kein Parkplatz ist. Aber du wolltest ja unbedingt durch diese Toreinfahrt fahren«, grummelte Avila.

Leticia ging nicht darauf ein, sondern lächelte ihn nur an: »Caro mio, wie wäre es, wenn ich mir die Trage mit Felia schnappe und du in Ruhe den Wagen wendest und draußen parkst?« Ehe er etwas erwidern konnte, hatte sie schon die Beifahrertür geöffnet und er hörte den Kies unter ihren Füßen knirschen.

Eine Viertelstunde später betrat auch er das kleine Atrium, in dem es sich seine Frau auf einer filigranen schmiedeeisernen Bank gemütlich gemacht hatte. Felia lag vor ihr auf ihrer Decke in der Sonne und redete in einer Sprache, die nur sie verstand, vor sich hin.

»Unser Zimmer ist noch nicht fertig. Stella hatte vorgeschlagen, dass wir uns in ihren Innenhof setzen, weil es draußen auf der Veranda im Moment etwas windig ist.«

Avila ließ sich neben Leticia auf die Bank fallen, die diese Belastung mit einem empörten Quietschen quittierte.

»Hast du den Zitronenbaum gesehen? Das wäre doch auch etwas für unseren Garten, meinst du nicht?«

Avila blickte sich um. Im Innenhof standen verschiedene Zitrusbäume. Er meinte, Zitronen und Orangen zu erkennen. Jetzt im Februar war die Erntezeit vorbei und es hingen nur noch vereinzelte Früchte in den Bäumen.

»Sieht wirklich nett aus«, gab er zu.

»Ich hoffe, unsere Zimmer werden Ihnen auch gefallen«, erklang eine weibliche Stimme hinter ihnen. Avila drehte sich um und sah eine zierliche Frau mit blonden Haaren und sehr dunklem Teint.

»Das ist mein Mann Fernando«, stellte Leticia ihn vor. »Und das ist Stella Lago. Ihr gehört das Hotel.«

Avila stand auf und schüttelte Stella die Hand.

»Wenn Sie möchten, können Sie Christopher Ihren Autoschlüssel geben. Er bringt Ihr Gepäck dann auf das Zimmer.« Stella deutete auf den jungen Mann mit den beweglichen Armen, dessen Bekanntschaft sie bereits gemacht hatten und der jetzt hinter ihr auftauchte.

»Das ist wirklich freundlich«, meinte Leticia schnell, bevor Avila seine Bedenken, einem Fremden den Schlüssel zu seinem neuen Wagen zu geben, äußern konnte.

Sie folgten Stella durch den Garten in ein einstöckiges Nebengebäude, das sich an den Berg schmiegte. Avila blickte kritisch hoch zu den Eukalyptusbäumen, die sich an den steilen Hang klammerten.

Stella folgte seinem Blick.

»Großartig, nicht? Dies ist einer der ältesten Eukalyptuswälder hier in der Gegend.«

»Haben Sie keine Angst vor Erdrutschen oder Steinschlag?«

»Sehen Sie die Netze über dem Haus? Die würden größere Steine abfangen, falls etwas herunterkommen sollte. Bisher hatten wir bei Unwettern immer Glück. Diese Seite ist keine Wetterseite und daher bekommen wir sogar bei Sturm selten etwas davon mit. Sie werden heute Nacht ganz ungestört sein. Wir sind nicht voll besetzt und nur Sie, Ihr Schwiegervater und ein weiterer Gast schlafen hier. Den Rest der Hoteliers habe ich im Hauptgebäude untergebracht.« Ihre Worte wurden untermalt von dem Knacken der Bäume. Avila blickte seine beiden Frauen an. Er musste an die Worte von Baroso und Carlos denken, dass es einen schweren Sturm geben könnte.

»Haben Sie nicht doch für uns ein Zimmer im Haupthaus? Mit Blick auf den schönen Atrio?«

Leticia runzelte die Stirn, sagte aber nichts.

»Wir hätten noch etwas Kleineres im Haupthaus, wenn Sie möchten. Soll ich Ihren Vater dann auch gleich verlegen, Dona Leticia?«

»Ich denke, mein Vater freut sich, wenn er in unserer Nähe sein kann. Ja, bitte gerne.« Während Stella vor ihnen herging, flüsterte Leticia: »Meinst du nicht, dass du mit deiner Vorsorge übertreibst? Was soll denn passieren, Fernando?«

Fernando wusste nicht, ob es jetzt sinnvoll wäre, die Großmutter von Baroso als Wetterexpertin anzuführen. Daher sagte er nur: »Die älteren Madeirenser fürchten, dass es einen schweren Sturm geben wird. Ich möchte nicht das Wichtigste, was ich habe, verlieren, cara mia.«

Bei seinen Worten glättete sich Leticias Stirn wieder und sie strich ihm leicht über den Arm. »Vielleicht hast du recht. Das Haus ist wirklich sehr eng an den Hang gebaut. Und wenn der Eukalyptus heute Nacht so ächzt wie jetzt, täten wir beide sicher kein Auge zu.« Ihr Telefon klingelte. »Das ist mein Vater! Er ist bestimmt gerade gelandet.« Die nächsten zehn Minuten hörte Avila nur mit einem Ohr zu. Das lag weniger daran, dass Leticia angefangen hatte, mit ihrem Vater Spanisch zu sprechen, als daran, dass er das neue Zimmer nach möglichen Fallen für Felia untersuchte. Da seine Tochter auf ihre rollende Weise an die unmöglichsten Stellen im Haus gelangte, konnte fast jedes von unten berollbares Möbelstück an der Wand zu einer Falle werden. Der daraufhin unweigerlich folgende Kommentar in Form von lautem Geschrei wollte er gerne den anderen Hotelgästen ersparen. Zum Glück gab es kein Möbelstück außer dem kleinen Bistrotisch vor der Balkontür, unter das Felia kriechen konnte. Und auch der Balkon hatte kein offenes Geländer, sondern war rundum mit einer kleinen Mauer aus grauem Naturstein versehen. Es gab also keine Gefahr für seine Tochter.

Mittlerweile hatte Leticia ihr Telefonat beendet.

»Mein Vater wartet noch auf seinen Koffer und nimmt sich dann ein Taxi. Ich denke, er ist in höchstens zwei Stunden hier. Er klang so fröhlich am Telefon. Es war eine gute Idee, dass er uns besuchen kommt. Das lenkt ihn ab.«

Avila blickte auf seine Tochter, die in ihrer kleinen Trage friedlich schlief.

»Wollen wir die Chance nutzen und einen verspäteten Mittagsschlaf halten?«

Funchal, 14.02.2014 – 17:03

»Boa tarde, Nuno. Como estás? Wie geht es dir?« Vasconcellos winkte im Vorbeigehen dem alten Gärtner Nuno zu, der gerade die Tür zur Orchideenzucht abschloss. Heute gab es keinen Publikumsverkehr mehr auf der Quinta und die ruhigen Abendstunden setzten ein. Gleich würden sie sich alle auf einen Kaffee auf der Holzterrasse einfinden und mit einem Blick auf Funchal die Kuchenreste des Tages verzehren.

»Estou contente. Ich bin zufrieden. Ein alter Mann braucht ja nicht mehr viel.« Nuno schlurfte den Kiesweg in Richtung Terrasse davon. »Ernesto, kommst du auch gleich?«, rief er über die Schulter.

»Sofort. Ich muss nur schnell nach Urso sehen.«

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739445786
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (März)
Schlagworte
Regiokrimi Insel Giftmord Strandlektüre Mord Madeira Krimi Cosycrime Portugal Regional Krimi Portugal Humor Südeuropa Ermittler Thriller Spannung

Autor

  • Joyce Summer (Autor:in)

Joyce Summer lebt ihren Traum mit Krimis, die in sonnigen Urlaubsorten spielen. Politik und Intrigen kennt sie nach jahrelanger Arbeit als Projektmanagerin in verschiedenen Banken und Großkonzernen zur Genüge: Da fiel es Joyce Summer nicht schwer, dieses Leben hinter sich zu lassen und mit Papier und Feder auf Mörderjagd zu gehen. Die Fälle der Hamburgerin spielen dabei nicht im kühlen Norden, sondern in warmen und ausgesuchten Urlaubsregionen, die die Autorin durch lange Aufenthalte gut kennt.
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Titel: Madeirasturm