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JUST LOVE_3 - Am Abgrund

Liebesroman

von Anna Graf (Autor:in)
180 Seiten
Reihe: JUST LOVE, Band 3

Zusammenfassung

Dritter Teil der "JUST LOVE" - Reihe, es geht spannend weiter.
Rockstar Daniel Green hat gleich mehrere Leidenschaften: Sex & Drugs & Rock’n Roll und in jeder Stadt eine andere Frau. Oder zwei … oder drei. Da nimmt er es nicht so genau. Hauptsache, es kracht ordentlich.
Doch als Hollywood- Maskenbildnerin Mia Brigthwood in sein Leben tritt, ändert sich alles. Daniel ist von der ersten Sekunde an verknallt in die burschikose Rothaarige, die sich so gar nicht von seinem Superstarstatus beeindrucken lässt.
Alles könnte so einfach sein, gäbe es Peter Gleeson nicht, den smarten, gutaussehenden Kunsthändler, der ebenfalls ein Auge auf Mia geworfen hat.
Daniel und Peter gehen in den Clinch um Mia, doch für Daniel sieht es schlecht aus, sehr schlecht sogar - bis ein brutaler Überfall alles ändert.

Der dritte Band ist in sich abgeschlossen und knüpft an "JUST LOVE Gefährliche Gefühle" an. Es gibt ein Wiedersehen mit Lily West, Ethan Prince und Hollywoodstar Nick Bradley.Er ist unabhängig von Band 1 und 2 lesbar, allerdings wäre es zum besseren Personenverständnis ratsam, Band 1 und 2 zu lesen.

Weitere Romane von Anna Graf:
„JUST LOVE - Verhängnisvolle Affären_1“
„JUST LOVE - Verhängnisvolle Affären_2“
„MORDSmäßig verliebt“ Liebe, Mord und Mafia – Ein ziemlich krimineller Liebesroman
„MORDSmäßige Leidenschaft“ Tödliches Verlangen – Noch ein ziemlich krimineller Liebesroman
„True Love Bad Guys … wahre Liebe lohnt sich doch“
„Liebesurlaub“
„(K)ein flotter Dreier“
„Lieb mich zweimal, Baby“

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Prolog

 

 

Probleme, einen Mann abzukriegen? Aber ich doch nicht! Probleme, ihn zu halten? Das schon eher, obwohl es in den meisten Fällen so ist, dass die Männer mich nicht halten können. Sind wir doch mal ehrlich. Die meisten Kerle, denen man im Laufe seines Lebens begegnet, sind keinen Schuss Pulver wert. Trotzdem könnte mich nichts dazu bringen, auf sie zu verzichten. Männer sind lebensnotwendig, auch wenn manche Ladies hartnäckig das Gegenteil behaupten. Ich brauche sie einfach und damit meine ich nicht, dass sie für mich schwere Gegenstände durch die Gegend schleppen oder die Küchenspüle reparieren sollen. Es gibt nun einmal ein paar Dinge im Leben, die ohne Männer nur halb so schön sind. Dinge, die ich leider seit einer Weile ziemlich vermisse, weil ich einen Entschluss gefasst habe:

Keine One-Night-Stands mehr, keine unverbindlichen Rumvögeleien und nicht mehr mehrere Typen gleichzeitig daten. Bisher war ich ein ziemlich wildes Mädchen und habe mitgenommen, was sich ergab, aber das ist vorbei. Nette Mädchen haben keinen Sex vor dem dritten Date und ich will ein nettes Mädchen sein. Meine beste Freundin Lily würde jetzt sagen, dass nett die kleine Schwester von Scheiße ist, aber irgendwann muss man doch mal sesshaft werden und wenn ich sehe, wie glücklich sie mit ihrem Ethan ist, werde ich glattweg neidisch.

So etwas will ich auch. Einen Mann nur für mich, jemanden der immer für mich da ist und der nicht sofort das Weite sucht, wenn es mir mal nicht so gut geht, nur ist mir so einer bisher noch nicht über den Weg gelaufen.

Nicht, dass es mir an Möglichkeiten mangeln würde. Zurzeit hängen mir sogar zwei Typen an der Backe. Zugegebenermaßen zwei Prachtexemplare, aber … wenn da bloß das große Aber nicht wäre!

 

 

Zum einen wäre da Peter Gleeson, dreiunddreißig Jahre alt, kultivierter, gebildeter Kunsthändler, Galeriebesitzer, Genießer. Einer der begehrtesten Singles der Stadt. Peter ist groß, dunkelhaarig, durchtrainiert und mit seinen markanten Gesichtszügen die wandelnde Sünde auf zwei Beinen. Leider ist er nicht gerade das, was man seiner besten Freundin wünschen würde, es sei denn, sie sucht einfach nur einen One-Night-Stand. Peter ist der menschgewordene One-Night-Stand. Klar hatte er auch schon Beziehungen, sogar mal eine recht medienwirksame mit einem Popsternchen. Doch so intelligent er selbst auch ist, legt er anscheinend keinen besonderen Wert darauf, dass seine Partnerinnen mehr zwischen den Ohren haben als aufgepolsterte Wangen und einen Schmollmund.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum er mich schon zweimal gedatet hat. Ich bin nichts Besonderes, nur Mia Brightwood, ein einfaches Mädchen aus Brooklyn, New York, und Maskenbildnerin beim Film. Na gut, ich will mich nicht kleiner machen, als ich bin. Schließlich habe ich es zur Chefmaskenbildnerin von ‚Outer Space – Destiny‘ gebracht, einem Science Fiction- Film, in dem Superstar Nick Bradley die Hauptrolle spielt und der erwartungsgemäß eingeschlagen ist wie eine Bombe. Aber ich bin weder reich, noch eine herausragende Schönheit und meistens ist mein Mundwerk schneller als mein Hirn. Ich nehme kein Blatt vor den Mund und piesacke die Leute gern mit spitzen Bemerkungen. Und trotzdem hat Peter irgendwie angebissen. Wobei wir damit auch beim Kern der Sache sind. Das nächste Date wäre unser drittes, das über Leben und Tod entscheidende: das Sex-Date! Okay, ich dramatisiere, aber will ich wirklich mit Peter schlafen?

Wenn ich tief in mich gehe bin ich schon neugierig, was er zu bieten hat … so als Mann. Sehr neugierig sogar, denn Peter ist einfach nur Wahnsinn und wenn er mir tief in die Augen schaut, kribbelt es in meinem Bauch. Ich hätte ihn nie für einen Typen gehalten, der es langsam angeht, aber bisher ist der Körperkontakt, den wir hatten, nicht über kurze Umarmungen und einen zarten Kuss auf die Wange hinausgegangen. Fast könnte man glauben, dass er es ernst meint mit mir, aber da ich seinen Lebenswandel kenne, traue ich dem Frieden nicht so recht. Kann gut sein, dass er mich fallen lässt wie eine heiße Kartoffel, sobald er hat, was er will. Andererseits war Lilys geliebter Ethan früher genauso und jetzt ist er treu wie ein Dackel.

 

 

Der andere Mann, der durch mein Leben geistert, ist Daniel Green. In den Frontmann meiner Lieblingsband ‚Greenfield‘ bin ich seit meinem siebzehnten Lebensjahr verknallt, rein platonisch natürlich. Mir war klar, dass jemand wie er unerreichbar für jemanden wie mich ist. Zehn Jahre lang habe ich ihn aus der Ferne angehimmelt, so wie das Fans eben machen. Dann lernte ich ihn kennen und das gleich besser, als ich eigentlich wollte.

Daniel Green, noch ein Sahneschnittchen. Noch einer der begehrtesten Singles der Stadt. Rein äußerlich betrachtet ist er das ganze Gegenteil von Peter, mit einem Meter dreiundsiebzig ist er gerade so groß wie ich, hat blonde, immer total zerzauste Haare und ebenmäßige, feine Gesichtszüge. Auf den ersten Blick sieht er harmlos aus, fast wie ein kleiner Engel, doch wehe, wenn er losgelassen. Mister Superstar benimmt sich permanent daneben und kennt keine Grenzen. Obwohl er mit hoher Wahrscheinlichkeit stinkreich ist, lässt sein Kleidungsstil sehr zu wünschen übrig. Lily hat mal gesagt, dass er mit seinen Klamotten jedem Brückenpenner Konkurrenz macht.

Aber halten wir uns nicht bei Äußerlichkeiten auf, denn in punkto Frauen nehmen sich Peter und Daniel nicht viel, oder wahrscheinlich doch, denn gegen Daniel ist Peter ein Waisenknabe.

Okay, Daniel war vier Jahre in einer Beziehung – natürlich mit einem Supermodel, unter dem tut es ja ein Mann wie er nicht. Dann gab sie ihm den Laufpass, aber das hätte ich an ihrer Stelle schon viel eher gemacht. Daniel ist Rockstar durch und durch und das lebt er auch. Sex, Drugs & Rock’n Roll und in jeder Stadt eine andere Frau. Oder zwei … oder drei. Da nimmt er es nicht so genau. Hauptsache, es kracht ordentlich.

Was er allerdings wirklich mit Peter gemeinsam hat, ist das Geld. Beide haben Unmengen davon und sie leben entsprechend. Peter besitzt ein riesiges Anwesen in den Hollywood Hills, liebt Designerklamotten, Haute Couisine und auf der Jagd nach Kunstwerken jettet er um die ganze Welt.

Keine Ahnung, in welcher Höhle Daniel haust. Ihm sind Designerklamotten wahrscheinlich scheißegal und in einem Nobelrestaurant kann ich ihn mir nicht wirklich vorstellen. Dafür haut er sein Geld für teure Autos und schnelle Boote auf den Kopf. Und natürlich für Alkohol und unzählige Groupies.

 

 

Ich weiß echt nicht, was die beiden an mir finden. Wir leben in verschiedenen Welten, haben keinerlei Gemeinsamkeiten und die meiste Zeit streiten wir uns. Trotzdem hängen die beiden Typen an mir wie Kletten.

Was ich damit sagen will … ich, die kleine, absolut unbedeutende Mia Brightwood werde hofiert von zwei Männern und alle beide sind ist das, was sich jede Frau insgeheim wünscht: heiß … heißer …. am heißesten.

Natürlich ist das Interesse der beiden unheimlich schmeichelhaft und die alte, wilde Mia hätte einen Scheiß drauf gegeben und sie alle beide gevögelt. Aber die alte, wilde Mia gibt es nicht mehr, denn die neue, nette Mia sucht ab sofort den Mann fürs Leben.

 

 

 


Eins

 

 

Daniel

Scheiß Band! Scheiß Tour! Scheiß Dreh!

Die Luft auf der Bühne ist zum Schneiden dick und das liegt nicht daran, dass die Location schlecht belüftet ist. Im Gegenteil, wir stehen unter freiem Himmel auf einer Riesenbühne im Estadio Azteca, dem viertgrößten Stadion der Welt. Hier in Mexico- City wird heute Abend das letzte Konzert der ‚Greenfield‘ Asien- und Südamerikatour stattfinden und ich mache drei Kreuze, wenn ich endlich im Flieger nach Los Angeles sitze.

Die Luft ist raus bei meinen Bandkollegen und mir, nach zwei Monaten auf engstem Raum brauchen wir dringend Abstand voneinander.

„Halbe Stunde Pause. Macht was ihr wollt, zieht euch einen Joint rein oder legt die Klofrau flach, ist mir scheißegal! Hauptsache, ihr kommt wieder runter und wir können endlich diese verfickten Szenen zu Ende drehen!“

Ohne auf eine Antwort zu warten verschwinde ich in den Stadionkatakomben in meiner persönlichen Garderobe, knalle die Tür hinter mir zu und lasse mich auf die protzige Ledercouch fallen, die man mir zu Ehren hier hereingestellt hat.

Ruhe, endlich Ruhe. Auf dem Tisch steht ein angebrochenes Sixpack. Ich öffne eine Flasche, nehme einen tiefen Zug und schüttle mich angeekelt. Lauwarmes Bier, widerlich! Ich hasse diese schäbige Bude! Überhaupt hasse ich gerade alles und jeden, vor allem die Jungs aus meiner Band, die sich gegen Tourende immer benehmen wie die letzten Idioten.

Wer ist eigentlich auf die beschissene Idee gekommen, das Abschlusskonzert auf DVD herauszubringen? Ist das wirklich auf meinem Mist gewachsen? Als wären die letzten Wochen nicht anstrengend genug gewesen! Achtunddreißig Konzerte in zwei Monaten, Start in Thailand, dann China, Korea und von dort aus nach Japan. Die Japaner lieben mich und seit ich ein paar fehlerfreie Sätze auf Japanisch hinbekomme, vergöttern sie mich regelrecht. Die fünf Tage dort habe ich auch echt genossen.

Dann ging es weiter nach Südamerika. Chile, Argentinien, wir spielten eine Handvoll Gigs in Brasilien und jetzt Mexico.

Heute ist das Abschlusskonzert und direkt danach fliegen wir nach Hause, wenn wir es denn schaffen, noch ein paar Füllsequenzen für den Film zu drehen. Ich habe dermaßen die Schnauze voll! Vielleicht bin ich mit meinen dreißig Lenzen langsam zu alt für den Scheiß.

Energisches Klopfen an die Tür lässt mich herumfahren. Tina, eine der Makeup- Artists, kommt ungefragt herein und stellt ein Köfferchen auf dem Tisch ab. Ihr Gesicht könnte ganz hübsch sein, wäre sie nicht Stammkundin beim Schönheitschirurgen und rasseldumm ist sie außerdem. Auf Tina fahre ich überhaupt nicht ab und das lasse ich sie auch spüren, allerdings prallt das erfolglos an ihr ab.

„Du siehst gestresst aus, Sweety“, gurrt sie und macht dabei einen Schmollmund, der ihre aufgespritzten Schlauchbootlippen noch dicker erscheinen lässt. Mit einer einstudierten Bewegung präsentiert sie mir ihren dürren Arsch, der gerade so von einem knappen Leder- Mini bedeckt wird.

„Ich könnte dir helfen, ein wenig zu entspannen“, sie beugt sich nach vorn, gewährt mir Einblick in ihr üppiges Dekolleté, doch ich sehe nichts, was mir Appetit auf mehr machen würde. Ich stehe nicht auf Silikontitten und das da sind eindeutig welche.

„Sicher könntest du“, murmle ich abfällig, doch entweder hat sie den Unterton nicht verstanden, oder es ist ihr wie immer egal. Scheiß drauf, mir ist es gerade auch egal. Vielleicht ist es ja das, was ich jetzt brauche und wenn ich die Augen schließe, muss ich sie dabei nicht einmal ansehen. Lässig spreize ich die Beine, deute einladend auf meinen Schritt und lockere meinen Gürtel. Tina lässt sich nicht lange bitten. Mit einem triumphierenden Lächeln auf den Lippen geht sie zwischen meinen Beinen auf die Knie und öffnet geschickt meine Hose.

Die typische Visagistin! Mir ist echt schleierhaft, wieso sich diese Puderquasten so wichtig nehmen. Was bitteschön ist toll daran, anderen Leuten Farbe ins Gesicht zu klatschen? Viel im Oberstübchen haben die alle nicht, aber dafür sind die meisten dieser Weiber rattig bis zum Anschlag, wenn sie mich schminken dürfen. Vielleicht glauben die tatsächlich, ich würde mich nach einem lausigen Blowjob unsterblich in sie verlieben.

Die hier ist keine Ausnahme. Sie lutscht hingebungsvoll an meinem Schwanz, aber irgendwie macht sie mich so gar nicht an und wahrscheinlich bin ich wirklich zu fertig, ich kriege nämlich keinen hoch.

Während sie sich abmüht, schweifen meine Gedanken ab. Makeup- Artist, da ist eine wie die andere … aber nein, eine kenne ich, die nicht ins gängige Klischee passt und die ist eine wahre Meisterin ihres Faches. Ich muss lächeln und lasse mich tiefer in die Polster sinken. Mia Brightwood, meine Red. Das rothaarige Biest verzauberte mich vom ersten Moment an. Wir lernten uns bei einem Fotoshooting kennen und nein, sie lag mir nicht zu Füßen, sie wollte mich nicht rumkriegen, weil es geil war, sich von einem Rockstar flachlegen zu lassen. Sie sah mir in die Augen und ich erlag ihr im selben Moment. Ich wollte sie und ich bekam sie - fast.

Mit geschlossenen Augen denke ich mich ein paar Monate zurück …

 

Oh Scheiße, in was für einen Amateurladen sind wir denn hier geraten? Fotoshooting? Kenne ich anders. Wenn ich zum Shooting gehe, springen mindestens zwanzig Leute um mich herum und lesen mir jeden Wunsch von den Augen ab. Und die Fotografen kriechen mir in den Arsch. Ist ja schließlich eine Ehre, den großen Daniel Green fotografieren zu dürfen. Allerdings geht es heute ausnahmsweise nicht um mich, sondern um meinen besten Freund Nick, der Fotos für seinen neusten Film machen soll. Ich bin nur das vollkommen verkaterte Anhängsel.

Aber hier ist kein Schwein, nur die Fotografin, eine Blondine namens Lily West und die hat meterlange Haare auf den Zähnen. Weiß die nicht, wen sie vor sich hat? Sie ist bloß eine poplige Setfotografin und spielt sich hier dermaßen auf! Weiß die nicht, wen sie vor sich hat? Und überhaupt, gibt es einen blöderen Job? Den ganzen Tag an einem Filmset rumlungern und Schauspieler fotografieren, da fault einem ja was ab vor Langeweile. Aber sie ist ein Prachtstück und sie ist kleiner als ich. Das passiert mir auch selten, meistens überragen mich die Frauen, auf die ich scharf bin. Ist mir aber ehrlich gesagt scheißegal, denn das, was der liebe Gott bei meiner Körpergröße verschlampt hat, hat er bei meinem Schwanz wieder gutgemacht und sowas spricht sich rum bei den Ladies. Die rennen mir nicht umsonst die Bude ein und beschwert hat sich auch noch keine.

Frauen wie diese Fotografin lege ich mit einer gewissen Routine flach. Allerdings versagt mein umwerfender Charme heute komplett, was vielleicht daran liegt, dass ich die ganze Nacht durchgesoffen habe. Ist mir aber auch scheißegal, ich hatte eine ganze Menge Frust herunterzuspülen.

Die blonde Tussi mit den haarigen Zähnen parkt mich auf einem Sofa und verschwindet mit Nick im Nebenzimmer. Es ist verdächtig ruhig da drüben, wahrscheinlich gräbt sie ihn an. Es gibt kaum eine Frau, von der mein Freund nicht angegraben wird, schließlich ist er Nick Bradley, Super- Action- Hero und amtierender Mister Sexiest Man Alive.

Nebenan murmelt es. Ich sollte hingehen, ihm den Arsch retten und die Blonde für mich klarmachen. Wäre nicht das erste Mal, dass ich ihm eine ausspanne. Aber als ich leise die Tür zum Nebenraum öffne und durch den Spalt sehe, weiß ich, dass ich mir umsonst Sorgen gemacht habe. Oder auch nicht … die Fotografin hält sich abseits, aber Nick gegenüber steht eine superscharfe Rothaarige und die ist der Hammer! Wahnsinnskurven, nicht so mager wie meine Ex Kristy, mit einem süßen Hintern und hoffentlich echten Brüsten. Allerdings ist sie wie die meisten idiotischen Weiber in die typische ‚Nick- Bradley- Starre‘ verfallen. Knallrot angelaufen himmelt sie ihn mit offenem Mund an und sieht dabei aus, als könne sie nicht bis drei zählen. Allerdings ist das auch nicht nötig. Für das, was ich mit ihr vorhabe, muss sie nicht mal lesen und schreiben können. Erst nach einer ganzen Weile kommt Leben in ihren Wahnsinnskörper. Sie räuspert sich und sagt zu Nick:

„Es wird nicht lange dauern. Die Produzenten möchten erstmal nur neue Portraitaufnahmen für die Filmwebseite.“

„Alles klar, dann los“, er zieht seine Jacke aus und fragt:

„Was ist mit Klamotten? Bleibe ich so oder habt ihr andere vorgesehen?“

An der Stelle mischt sich die Fotografin wieder ein. Man labert über Kleidung und dies und das und ich frage mich, was ich hier überhaupt will. Ich könnte gemütlich im Bett liegen und meinen Kater wegschlafen. Stattdessen habe ich mich von Nick breitschlagen lassen, mit hierher zu kommen. Ich hasse Shootings und ich hasse Fotografen. Aasgeier, allesamt. Die wollen nichts anderes, als dich in einem schwachen Moment erwischen und das dann meistbietend verkaufen. Ich blende das Geschwätz aus und klinke mich erst wieder ein, als ich Nick fragen höre:

„Wo kann ich mich umziehen?“

Na da kann ich weiterhelfen. Ich stoße die Tür weit auf und sage ätzend:

„Am besten hier und vielleicht solltest du die Hosen gleich mit runterlassen. Die Lady mit den Pinseln ist total verknallt in dich und die blonde Giftspritze kommt vielleicht wieder runter, wenn sie mal einen ordentlichen Schwanz zu sehen kriegt.“

Die Blonde sagt gar nichts, doch die Rothaarige dreht sich mit einem Ruck zu mir um und mustert mich. Provokant verschränke ich die Arme auf der Brust und lehne mich in den Türrahmen. Mir geht es echt Scheiße, ich bin total verkatert und wahrscheinlich macht Kristy in diesem Moment mein Haus dem Erdboden gleich. Aber an irgendwem muss ich das auslassen und da kommen mir diese beiden Schnepfen gerade recht.

Doch die rote Lady reagiert ganz und gar nicht so, wie ich es erwartet habe. Statt bei meinem unwiderstehlichen Anblick vor Ehrfurcht zu erstarren, kommt sie auf mich zu, stellt sich mir gegenüber und taxiert mich von oben bis unten.

„Daniel Green? Echt jetzt? Wow, ich hätte nie gedacht, dass du so ein Arsch bist. Naja, ist wohl was dran an der Sache, dass man seinem Idol lieber nie persönlich begegnen sollte.“

Wie jetzt? Hat sie mich gerade einen Arsch genannt? Hat sie und ihr Blick dazu ist unbeschreiblich! Grüne Smaragde funkeln mich an und ich muss schlucken, denn ich habe das Gefühl, dass sie tief in mich hineinsieht. Wach und gar nicht beeindruckt schaut sie mir in die Augen und ich revidiere mein Urteil über sie sofort. Sie kann bis drei zählen, definitiv. Und sie ist scharf wie eine Rasierklinge. Ich will sie, jetzt … sofort!

„Was jetzt? Arsch oder Idol? Kannst du dich mal entscheiden?“ ich schicke ihr ein verführerisches Grinsen und greife nach ihrem Arm, doch sie weicht zurück und wedelt mit der Hand vor ihrer Nase herum.

„Ich schätze, das mit dem Idol hat sich gerade erledigt. Und bitte, sprich mich nicht direkt an. Wenn ich deine Fahne nochmal einatmen muss, kann ich mir heute meinen Feierabenddrink sparen.“

Jetzt bin ich es, der fassungslos starrt. Wenn ich dachte, dass die Blonde ein Besen ist, ist die Rote auf jeden Fall die passende Hexe dazu. Ich bin heute echt nicht in Form. Kristy und ihre bescheuerten Freundinnen haben mir den letzten Nerv geraubt.

„Green, vergiss es“, Nick lacht sich über mich scheckig. Widerstandslos lasse ich mich von ihm zurück ins Studio führen und mir einen Becher Kaffee in die Hand drücken.

„Bei den beiden bist du durch, also setz dich hier hin, halt deine Klappe und sieh zu. Vielleicht lernst du ja noch was. Oder mach ein Nickerchen, das ist für uns alle wahrscheinlich die beste Lösung.“

Ja, schlafen klingt gut, sehr gut sogar. Das Sofa ist breit und bequem. Man könnte hier eine richtig gute Nummer schieben. Vielleicht ändert die rote Hexe ihre Meinung ja noch.

Die Fotografin streunt durchs Studio, rückt hier etwas zurecht, schiebt da etwas herum. Ich lege die Beine hoch, lehne mich zurück und schließe die Augen. Im Wegdämmern merke ich, dass mir der volle Kaffeebecher aus der Hand fällt. Scheiß drauf …

 

 

Ich verschlafe das komplette Shooting und danach geht es mir bedeutend besser. Die rothaarige Hexe hat es mir angetan. Ich will sie heute Nacht bei mir haben. Mir graut davor, allein im Bett zu liegen und über die Trennung von Kristy nachzugrübeln, also bearbeite ich meinen besten Freund, das Hexenbiest und die blonde Fotografin so lange, bis sie mit mir ins ‚Rivers‘ gehen, einen der besten Clubs der Stadt. Ich werde dieser Mia zwei, drei Drinks ausgeben, gerade so viel, dass sie locker wird und dann ist sie fällig.

Vor dem Club stapeln sich die Wartenden. Neunzig Prozent von denen werden abgewiesen, das Publikum im ‚Rivers‘ ist handverlesen. Siegessicher führe ich uns an der langen Schlange vorbei, wir werden unterwürfig vom Türsteher begrüßt und hineingelassen.

„Manchmal ist es wirklich von Vorteil, einen Promi zu kennen“, Mias Stimme kämpft gegen die laute Musik an. „Ich habe schon von diesem Club gehört, hätte mich aber nie hierher getraut.“

„Wieso nicht?“, schreit Nick zurück.

„Nicht meine Preisklasse und dazu noch die Gesichtskontrolle am Eingang! Die würden Lily und mich hier niemals reinlassen.“

„Stimmt“, bestätigt Lily. „Und schon gar nicht, wenn man aussieht wie wir heute. Schaut euch doch bloß mal diese ganzen aufgetakelten Weiber an.“

Da wir Mia und Lily sozusagen direkt von der Arbeit hierher verschleppt haben, tragen sie relativ normale Klamotten und sind auch nur dezent geschminkt. Sie fallen auf in all dem Glitzer und Glamour um uns herum und nicht nur ein abfälliger Blick streift die beiden Frauen.

„Ich finde, ihr seht super aus“, sage ich grinsend. „Nicht so gut wie ich natürlich, aber …“

Ich breche ab, weil Mia mir ihre Faust gegen den Arm rammt.

„Schon mal in den Spiegel gesehen, Green?“, motzt sie. „Du siehst aus wie ein gerupfter Hahn auf Speed. Selbst der letzte Penner da draußen ist besser angezogen als du!“

„Ich wusste von Anfang an, dass du mich liebst“, ich greife mir ans Herz und verdrehe theatralisch die Augen. Das habe ich lange geübt und sehr gut drauf. Ich lege einen Arm um ihre Schulter und ziehe sie dicht an mich.

„Ich scheiß drauf, was andere Leute von mir denken“, raune ich in ihr Ohr. „Ich bin Fucking Daniel Green und die Typen hier sollten dankbar sein, dass ich ihren lausigen Schuppen mit meiner Anwesenheit aufwerte. Ich kann machen, was ich will und ich kann rumlaufen, wie ich will und da ihr zu mir gehört, könnt ihr das auch. So einfach ist das.“

„Arrogant bist du gar nicht“, antwortet sie kopfschüttelnd.

„Nicht mal ansatzweise“, breit grinsend lege ich ihr auch noch die zweite Hand auf die Schulter und schiebe sie vor mir her zu einer Stahltreppe, die nach oben auf eine Galerie führt. Der Aufgang wird von zwei Muskelmännern flankiert und einem dicken, roten Seil versperrt, welches wie von Zauberhand verschwindet, als wir uns nähern.

„Schon mal in einer V.I.P.- Lounge gewesen?“

Wir sind uns gerade ziemlich nah und ihr Duft steigt mir in die Nase. Sie riecht frisch, ihr Parfum hat eine zitronige Note, viel besser als das süßliche Zeug, mit dem sich Kristy immer einsprüht.

„Nein“, beantwortet sie meine Frage. „Ich war auch noch nie zuvor in so einem Nobelschuppen.“

„Na dann … Premiere. Mylady!“, ich trete neben sie, verbeuge mich knapp und halte ihr auffordernd meinen Arm entgegen. Mia hakt sich unter und schwebt, affektiert kichernd, neben mir die Treppe hinauf.

„Sieh dir die beiden an“, höre ich Nick hinter mir zu Lily sagen. „Die haben sich gesucht und gefunden.“

 

 

Halb in Trance packe ich Tinas Arm und zerre sie nach oben. In meiner Hosentasche finde ich ein Kondom, streife es über meinen endlich erwachten Schwanz und lege sie bäuchlings über den Tisch. Sie quiekt erschrocken auf, aber dann spreizt sie willig die Beine und lässt zu, dass ich ihren String beiseiteschiebe und mich mit einem festen Stoß in sie versenke.

Mit geschlossenen Augen ficke ich sie, doch im Kopf bin ich ganz woanders. In meinen Gedanken sehe ich Mia, wie sie mit mir tanzt, wie sie sich mit dem Rücken an mich schmiegt und sich ihre Hüften im Einklang mit meinen bewegen.

„Komm schon, Baby, fester!“

Tinas kratzige Stimme zerrt mich brutal in die Realität zurück. Ich öffne die Augen, starre auf das kitschige Engeltattoo auf ihrem knochigen Hintern und meine mühsam erlangte Erektion fällt gnadenlos in sich zusammen. Was zum Geier mache ich hier eigentlich?

Ich ziehe mich abrupt zurück und schmeiße das nutzlos gewordene Kondom in die Ecke. Tina sieht mich entgeistert an, fängt sich aber schnell wieder und faselt etwas von:

„Mach dir keine Gedanken, das passiert jedem mal“, hängt sich dabei an meinen Hals und will mich küssen. Alles, bloß das nicht! Grob schiebe ich sie weg und knurre:

„Verschwinde und mach die Tür von draußen zu!“

„Impotentes Arschloch!“

Schnippisch wirft sie den Kopf in den Nacken, schnappt ihr Köfferchen und zum zweiten Mal binnen kurzem kracht die Tür ins Schloss.

„Du bist gefeuert!“, brülle ich ihr nach, aber das ist am letzten Tag der Tour genauso sinnlos wie das ganze Ding, was ich eben mit ihr abgezogen habe.

 

 

Müde, ich bin so müde. Keine Ahnung, wie ich den blöden Filmdreh und später noch zwei Stunden Konzert überstehen soll. Kurzentschlossen schiebe ich das warme Bier beiseite und nehme einen langen Schluck aus der Vodkaflasche, die zur Standardausrüstung meiner Garderobe gehört. Dann krame ich in meiner Tasche nach der kleinen, unscheinbaren Blechdose mit meiner absoluten Notfallration. Ich kokse nicht mehr oft, aber heute brauche ich es, um den Rest des Tages zu überstehen.

Mit meiner Platincard schiebe ich zwei schöne, gerade Lines zurecht. Wenn schon, denn schon. Stilvoll geht die Welt zugrunde, aber leider habe ich keinen Hundertdollarschein zur Hand, um mir das Zeug reinzupfeifen und überhaupt komme ich gar nicht erst dazu, denn mein Handy geht los. Am Klingeln erkenne ich, wer anruft und möchte das Telefon am liebsten gegen die Wand schleudern. Der nervige Ton zerrt an meinen Nerven, bohrt sich in mein Hirn, macht mir klar, welch armseliges Würstchen ich eigentlich bin. Selbst wenn ich wollte, könnte ich diesen Anruf nicht ignorieren.

Jahrelange Konditionierung hat dafür gesorgt, dass sich mein Magen schmerzhaft zusammenzieht, ich wie unter Zwang nach dem Handy greife und das Gespräch annehme.

„Victoria?“, frage ich leise.

„Ich brauche Dreihunderttausend“, wie immer hält sie sich nicht mit Begrüßungsfloskeln oder irgendwelchem Geplänkel auf und wie immer schrumpft mein Selbstbewusstsein auf ein Minimum, sobald ich ihre tiefe, wohlklingende Stimme höre. Ich habe den Anruf irgendwie erwartet, die Abstände zwischen ihren Forderungen werden von Mal zu Mal kürzer. Gleichzeitig habe ich ihn gefürchtet, denn ich weiß ganz sicher, dass ich nicht zahlen werde. Wenn ich zusammenrechne, was ich ihr in den letzten Jahren in den Rachen geworfen habe, komme ich auf eine siebenstellige Zahl im oberen Bereich und so kann es nicht weitergehen.

Ich bin kein armer Mann, ganz im Gegenteil. In den letzten Jahren habe ich unglaublich viel verdient. Ja, ich besitze mehr Geld, als ich ausgeben kann, aber das heißt nicht, dass ich mich auf Dauer ausnehmen lasse. Ich habe zu hart gearbeitet, um das zuzulassen. Victoria ist ein Schmarotzer, der sich an mir festgesaugt hat wie ein ekliger Blutegel und ich will einfach nicht mehr. Aber es ist nicht einfach, sich ihr zu widersetzen. Ihr zu gehorchen ist tief in mir verankert.

„Es wird keine Dreihunderttausend geben“, sage ich vorsichtig, krampfhaft bemüht, nicht zu stottern. „Ich werde für deine Extravaganzen nicht länger aufkommen.“

Ich weiß echt nicht, warum ich überhaupt etwas sage. Es spielt keine Rolle. Ruhig und gleichmütig wie immer antwortet sie:

„Ich will es spätestens übermorgen auf meinem Konto haben.“

„Victoria!“, rufe ich, erhebe zum ersten Mal, seit ich sie kenne, ihr gegenüber meine Stimme. „Du hast mir nicht zugehört. Ich werde dir nichts mehr geben. Ich zahle weiterhin für das Haus und einen angemessenen Unterhalt bekommst du auch, aber deine Forderungen gehen zu weit. Irgendwann muss Schluss sein!“

Ihre Stimme tönt ungerührt an mein Ohr:

„Hör auf zu jammern und überweis mir das Geld. Du weißt, was passiert, wenn nicht.“

Es klickt leise und die Leitung ist tot. Victoria sagt nie viel. Das ist nicht ihre Art. Dafür rede ich normalerweise umso mehr. Wir ergänzen uns prächtig.

Ja, ich weiß genau was passiert, wenn ich nicht gehorche. Angst ballt sich in meiner Kehle zu einem Knoten und schnürt mir die Luft ab. Flach atmend lege ich das Handy zurück auf den Tisch und starre die beiden Lines an, die immer noch darauf warten, in meine Nase zu flutschen.

„Fuck!“ ich hole aus und fege das Kokain mitsamt Kreditkarte, Handy, Sixpack und Whiskeyflasche vom Tisch. Die Vodkaflasche und das Bier zerknallen fein säuberlich auf dem harten Fliesenboden. Von einer Sekunde auf die andere stinkt es unerträglich und doch gewohnt. Ein Flashback zurück in unser vergammeltes Haus in Gatesville lässt mich würgen und ich schaffe es nur knapp, nicht zu kotzen.

Ich hasse Victoria, ich hasse mein Leben, aber noch viel mehr hasse ich mich.


Zwei

 

 

Mia

‚Bist du zu Hause? Hab Neuigkeiten‘, texte ich an Lily und die Antwort lässt nicht lange auf sich warten.

‚Komm rum, Kaffee ist fertig.‘

Grinsend stecke ich das Handy ein, schwinge mich aufs Fahrrad und mache mich auf den Weg zu meiner besten Freundin. Vor kurzem habe ich nur ein paar Straßen weiter ein kleines Gärtnerhäuschen gemietet und jetzt ist es fast wieder ein bisschen wie in New York, als sie nur schräg über die Straße wohnte und wir uns jederzeit sehen konnten.

Als ich mit Schwung in ihre Einfahrt biege, knalle ich fast in einen riesigen Geländewagen, der mir den Weg versperrt. Den nachtschwarzen Range Rover kenne ich leider nur zu gut. Das ist Peter Gleesons Wagen und den wollte ich heute nicht unbedingt treffen. Das ausstehende dritte Date hängt über mir wie ein Damoklesschwert. Aber zu spät, Lily erwartet mich und ich muss die gute Nachricht einfach loswerden.

„Hey Süße“, sie begrüßt mich wie immer mit einer herzlichen Umarmung und lotst mich gleich durch in die Küche.

„Wo ist Peter?“, frage ich vorsichtig und Lily lächelt amüsiert.

„Immer noch Schiss vorm dritten Date?“

„Mach dich nur lustig“, motze ich. „Du bist fein raus mit Ethan. Was mich bei Peter erwartet, steht in den Sternen.“

„Wenn man den Gerüchten Glauben schenkt, erwartet dich das, was dir gerade am meisten fehlt: richtig guter Sex.“

Genervt verdrehe ich die Augen.

„Ja, sicher. Und wer hoch steigt, wird anschließend tief fallen. Du weißt doch genau, dass Peter kein Beziehungstyp ist.“

„Wenn du dich da mal nicht täuschst. Ethan ist schon total genervt, weil jeder zweite Satz von Peter mit ‚Mia hat‘ oder ‚Mia ist‘ anfängt.“

Lily stellt mir einen großen Becher Kaffee vor die Nase, schwarz mit zwei Stück Zucker, so wie ich ihn am liebsten mag, und holt für sich Milch aus dem Kühlschrank.

„Ohne Scheiß?“, frage ich ungläubig.

„Ohne Scheiß“, bestätigt sie. „Ich glaube, den hat es ordentlich erwischt. Er ist übrigens im Garten. Ethans Ausstellung in Stockholm nimmt langsam Gestalt an und die beiden besprechen die Details. Das wird noch ein Weilchen dauern, du bist also sicher hier drin.“

Nachdenklich rühre ich in meinem Becher herum und nehme einen großen Schluck.

„Was war eigentlich so dringend? Du wolltest mir etwas erzählen?“

Schlagartig kommt die Euphorie zurück und ich sprudle los:

„Jackson Frazer von TWA hat angerufen. Kannst du dir vorstellen, man bietet mir die Mitarbeit bei ‚Dragonfighters‘ an!“

Erwartungsvoll sehe ich Lily an, doch die zuckt nur mit den Schultern.

„TWA sagt mir was, das ist ein ziemlich großer Fernsehsender. Also sollst du für die arbeiten?“

„Mensch, Lily“, stöhne ich. „Ihr solltet euren Fernseher endlich mal wieder benutzen! ‚Dragonfighters‘ ist die Top- Serie des letzten Jahres. Die hat einen riesigen Etat, sogar große Hollywoodstars reißen sich drum, da mitspielen zu dürfen und die wird mit Sicherheit auch nicht so schnell wieder abgesetzt. Mittelalter, schöne Frauen, heiße Kerle, üble Gestalten, Dreck, Narben und blutige Wunden … alles was das kreative Maskenbildnerherz begehrt.“

„Wow, Glückwunsch!“

Lily wirbelt um den Tisch herum und fällt mir um den Hals. Dann hält sie mich auf Armlänge von sich weg und sieht mich an. Plötzlich glitzern Tränen in ihren Augen.

„Als du aus New York weg bist … hättest du je damit gerechnet, so viel zu erreichen?“

„Erwartet nicht, gehofft schon“, sage ich leise und jetzt habe ich auch einen Kloß im Hals. New York zu verlassen war die beste Entscheidung unseres Lebens. Wäre ich dageblieben, hätte ich wahrscheinlich bis an mein Lebensende drittklassige Moderatoren von viertklassigen Lokalsendern geschminkt. Und Lily wäre wahrscheinlich nie aus ihrem Hinterhofstudio rausgekommen und hätte auf ewig halbseidene Fotos gemacht, nur um irgendwie zu überleben. Los Angeles hat uns beide mit offenen Armen empfangen. Hier konnten wir endlich zeigen, was wir drauf haben.

„Ich bin stolz auf dich, Süße“, Lily umarmt mich noch einmal ganz fest und blinzelt schon wieder lachend die Tränen weg.

Mitten in die rührselige Szene hinein klingelt es.

„Auf, dass das Haus voll werde“, seufzt sie und geht öffnen. Ich grinse, denn hier geht es die meiste Zeit zu wie im Taubenschlag, aber Lily und Ethan lieben das.

„Nick!“, höre ich sie sagen und freue mich. Nick Bradley ist der Star von ‚Outer Space- Destiny‘, dem Film, der Lily und mir hier in Los Angeles Tür und Tor geöffnet hat. Nick ist während der Drehzeit ein richtig guter Freund geworden. Er ist jemand, der trotz seines Superstar- Status ein bodenständiger und zutiefst sympathischer Mensch geblieben ist.

Ein bisschen beneide ich ihn. Die nächsten Wochen wird er auf Tahiti drehen, mit Spielberg als Regisseur und dem überaus attraktiven Alessandro Riva als Co- Star.

„Ich wollte mich nochmal blicken lassen, ehe ich abfliege“, antwortet er und schiebt gleich hinterher:

„Leider konnte ich ihn hier nicht abwimmeln.“

Vorsichtig luge ich um die Ecke und pralle sofort wieder zurück. Daniel? Daniel Green? Was will der denn hier?

Der Sänger hält Lily einen prall gefüllten Korb entgegen und flötet übertrieben freundlich:

„Überraschung! Ich habe Appetit auf ein ordentliches Steak.“

„Überraschung gelungen!“, antwortet sie perplex. „Hey Daniel, lange nicht gesehen.“

„War ne Weile auf Tour, Südamerika und Asien. Bin erst seit gestern zurück.“

Eine Hitzewelle durchfährt mich und sofort kommt die Erinnerung an unseren verkrachten One-Night-Stand zurück. Naja, ein richtiger One-Night-Stand war es ja eigentlich gar nicht. Bevor wir Sex haben konnten, wurden wir rüde unterbrochen. Aber wir standen kurz davor und eigentlich war die ganze Sache tierisch peinlich. Keine Ahnung, was mich an dem Abend geritten hat.

Ich kann ihm nicht gegenübertreten. Ich muss hier raus, sofort!

Der Weg durch den Garten ist versperrt, da sitzt Peter und der lässt mich sicher nicht weg, wenn er mich sieht. Also hilft nur die Flucht nach vorn.

„Du siehst scheiße aus, mein Lieber“, sagt Lily gerade. „Die Tour muss echt hart gewesen sein. Was war denn schlimmer? Die Groupies oder der Alkohol?“

„Beides“, antwortet er und Nick ergänzt lachend:

„Normalzustand würde ich sagen. Sei nett zu ihm. Nach einer Tour fällt der Ärmste immer in ein Loch, also kümmere ich mich ein wenig um ihn, ehe er sich wieder heimlich mit ein paar zwielichtigen Damen im Schlepptau nach Barbados schleicht und für schlechte Presse sorgt.“

Na logisch, was auch sonst. Mister Green hat sich offenbar mal wieder durch die halbe Welt gesoffen und gehurt. Aber was soll man auch erwarten von einem sogenannten ‚Rockstar‘. Ich will nur noch raus hier und laufe los. Daniel knallt gerade seinem besten Freund ein lautes:

„Arsch!“, an den Kopf und marschiert in dem Moment los, in dem ich die Küche verlasse. Das gibt fast einen Zusammenstoß, im letzten Moment schlängle ich mich an ihm vorbei, doch er hält mich prompt am Arm fest und meine Flucht ist damit zu Ende.

Gott Daniel … ich hatte gehofft, ihn nie wiederzusehen. Sein Anblick reißt eine schlecht verheilte Wunde wieder auf, die Erinnerung an einen wundervollen Abend und diesen One-Night-Stand, der eigentlich keiner war.

Wir lernten uns bei einem Fotoshooting mit Lily und Nick kennen, Daniel war gerade von seiner langjährigen Freundin verlassen worden und dementsprechend in ziemlich schlechter Verfassung. Aber was sage ich da, er benahm sich an diesem Tag wie der letzte Arsch. Trotzdem gingen wir nach dem Shooting gemeinsam essen und landeten schließlich im ‚Rivers‘, einem Nobelclub auf dem Sunset- Boulevard.

Ich hatte den Abend fast vergessen, oder vielmehr erfolgreich verdrängt …

 

„Du gefällst mir, Red.“

Auch wenn ich es nicht zugeben würde, ich mag die Anspielung auf meine Haarfarbe, ich mag die raue Stimme direkt an meinem Ohr, seine Lippen ganz nah an meinem Gesicht, die graublauen Augen, ein wenig verschleiert.

Ein wohliger Schauer läuft mir den Rücken hinunter, als er einen Arm hinter mir auf die Lehne legt, seine Finger mit einer Strähne meines Haars spielen lässt und er dabei zart meinen Nacken streift. Sein warmer Atem streichelt mich und ich spüre seinen Körper an meiner Seite. Erstaunt stelle ich fest, wie wohl ich mich in seiner Gesellschaft fühle.

Die ganze Zeit hat er uns mit Anekdoten von seiner letzten Tour unterhalten und wir haben Tränen gelacht. Daniel kann richtig amüsant sein, wenn er will, wenn er mal nicht den arroganten Obermacker herauskehrt.

Gott, davon habe ich so oft geträumt! Daniel Green, wie er von der Bühne auf mich herablächelt, mich zu sich nach oben zieht und nach dem Konzert mit mir in den Sonnenaufgang reitet - im wahrsten Sinne des Wortes.

Und jetzt sitzt er neben mir, so nah, dass kaum noch ein Blatt Papier zwischen uns passt und ist scharf, ausgerechnet auf mich! Ein Fingerschnipsen würde genügen und der erträumte Ritt Realität werden. Aber will ich das? Will ich wirklich eine weitere Kerbe an seinem Bettpfosten sein, ein weiteres flachgelegtes und vollkommen unbedeutendes Groupie? Sucht er nicht einfach nur eine Frau, die ihn über die Trennung von seiner Freundin hinwegtröstet und die weggeworfen wird, sobald sie ihren Zweck erfüllt hat?

Natürlich möchte ich weder das eine, noch das andere, aber trotzdem macht er mich unglaublich an. Es schmeichelt mir, dass er an mir interessiert ist und ich schwärme schon so lange für ihn.

„Ich finde dich auch nicht übel“, sage ich leise und füge still im Geist hinzu:

‚Jedenfalls wenn du dich mal nicht benimmst wie der letzte Idiot.‘

„Tanzt du mit mir?“, fragt Daniel und ich sehe ihn überrascht an.

„Geht das? Ich meine, musst du nicht Angst haben, dass sie dort unten über dich herfallen?“

„Warum, glaubst du, gehen wir in einen Club wie diesen?“, gibt er zurück. „Hier wird man in Ruhe gelassen. Keine kreischenden Fans und keine aufdringlichen Frauen, jedenfalls nicht vordergründig. Also was ist jetzt? Erweist du mir die Ehre eines Tanzes?“

„Brich dir mal bloß keinen ab“, erwidere ich spöttisch und stehe gemeinsam mit ihm auf. „Also los, Green, zeig mir deinen berühmten Hüftschwung.“

„Meinen Hüftschwung willst du sehen? Das kann ich nicht verantworten!“, er legt einen Arm um meine Taille, lässt einmal kurz sein Becken kreisen und stößt mich leicht damit an. Nick sieht auf, verdreht genervt die Augen und versinkt sofort wieder in sein Gespräch mit Lily.

Ich beschließe, Daniel die kleine Aktion nicht übel zu nehmen, stoße einfach zurück und frage frech:

„Und wieso nicht?“

Da ist es wieder, dieses fürchterlich arrogante Lächeln, aber diesmal sehe ich den Schalk in seinen Augen blitzen, als er sagt:

„Wenn du wirklich schon mal auf einem meiner Konzerte warst, müsstest du wissen, wie die Frauen darauf reagieren. Sie schreien hysterisch und anschließend fallen sie in Ohnmacht. Ich würde die Party sprengen. Außerdem hab ich ihn mir patentieren lassen. Dir ist klar, dass du extra zahlen musst, wenn du ihn sehen willst?“

Ich kann mich nicht mehr halten und pruste los:

„Und was kostet mich der Spaß? Eine Million Dollar und einen Quickie auf dem Klo?“

„Die Million kannst du behalten, aber die andere Sache behalten wir im Auge.“

Lachend nimmt er meine Hand und zieht mich die Treppe hinunter zur Tanzfläche.

 

 

Er zeigt mir seinen Hüftschwung und das nicht nur einmal. Niemand kreischt und in Ohnmacht fällt auch keiner, dafür fange ich mir jede Menge abschätzige Blicke ein und einmal höre ich neben mir eine aufgedonnerte Schnepfe fragen, was Daniel mit einer wie mir will. Das aber geht mir drei Meter am Arsch vorbei. Ja, er ist Fucking Daniel Green und ich soll verdammt sein, würde ich es nicht genießen, mit ihm zu tanzen.

So wild und abgedreht, wie er über die Bühne tobt, gibt er sich hier zwar nicht, aber das wäre auch zu viel des Guten. Auf jeden Fall kann er sich super bewegen und es stimmt, was er gesagt hat, man lässt uns in Ruhe und wir haben jede Menge Spaß. Als die Musik schließlich langsamer wird und ich auf die Galerie zurück will, hält er mich fest.

„Nichts da, Red. Du wirst schön hier bleiben.“

Unsere Augen verhaken sich ineinander. Er zieht mich zu sich, schlingt einen Arm locker um mich und platziert die andere Hand auf meiner Taille. Ich bin gefangen und ihm plötzlich so nah zu sein, verunsichert mich. Brav lege ich meine Hände auf seinen Schultern ab, krampfhaft bemüht, keine Bewegung zu viel zu machen, doch Daniel schert sich keinen Deut um meine Befindlichkeiten.

Berührungsängste hat er keine und auch mir ist es ganz und gar nicht unangenehm, als sich die Hand auf meinem Rücken langsam nach oben bewegt, dann wieder hinunter wandert und nur knapp über meinem Hintern liegen bleibt. Trotzdem versuche ich, ihn auf Abstand zu halten, mich nicht mit meinem ganzen Körper an ihn zu schmiegen, obwohl ich das wahnsinnig gern machen würde. Jetzt nehme ich zum ersten Mal seinen ureigenen Geruch wahr. Falls er heute ein Deo oder ein Aftershave benutzt hat, ist das längst verflogen. Beim Tanzen sind wir ins Schwitzen gekommen, doch der leichte Schweißgeruch stößt mich nicht ab. Im Gegenteil, das, was ich rieche ist Daniel Green pur und unverfälscht und es gefällt mir so sehr, dass ich meine Nase am liebsten an seinem Hals vergraben und ihn tief inhalieren würde und noch während ich darüber sinniere, zieht er mich ein Stückchen näher an sich heran und schnurrt mir ins Ohr:

„Du riechst so gut.“

Entgeistert sehe ich ihn an. Kann der Kerl Gedanken lesen? Ist ja beruhigend, wenn auch sonst nicht viel passt, scheint wenigstens die Körperchemie zwischen uns zu stimmen. Aber es ist nicht nur sein Duft. Seine Stimme klingt plötzlich um mindestens eine Oktave tiefer und löst eine Gänsehaut aus, die meinen gesamten Rücken überzieht. Verzweifelt schließe ich die Augen. Daniel so nah zu sein überfordert mich. Ich versuche mir ins Gedächtnis zu rufen, wie beschissen er sich vorhin noch verhalten hat, doch es gelingt mir nicht.

„Lass locker, Red“, raunt er plötzlich. „Ich beiße nicht, jedenfalls noch nicht.“

Sein Blick huscht unstet zwischen meinen Lippen und meinen Augen hin und her. Er streicht mir mit zwei Fingern eine Strähne hinters Ohr und fährt dann mit ihnen langsam über meinen Kieferknochen bis zum Mund. Sein Daumen liebkost meine Unterlippe, streichelt sie und die zarte Berührung lässt mich erzittern. Ich klebe wie gebannt an seinem Körper, wage es nicht, mich zu bewegen und bin hin- und hergerissen zwischen dem Drang, ihn entweder zu küssen oder panisch wegzurennen.

Zu allem Übel hat der DJ geschnallt, wer da auf der Tanzfläche herummacht und legt prompt ‚Loving you‘ auf, meine absolute Lieblingsballade von … natürlich ‚Greenfield‘. Ich liebe diesen Song abgöttisch, aber doch bitte nicht jetzt und hier und auch noch in Daniels Armen!

Ihm ist das natürlich alles andere als peinlich. Zum zweiten Mal an diesem Abend vereitelt er meine Flucht und kommt mir noch näher. Ergeben schließe ich die Augen und lasse es geschehen. Schließlich finde ich mich mit seiner Hand in meinem Haar und meiner Wange an seine geschmiegt wieder und während wir tanzen singt er mir leise den Refrain ins Ohr – eine romantisch- kitschige Liebeserklärung an die Frau seiner Träume.

Daniels raue, sexy Stimme in doppelter Ausführung, sein fester Körper so dicht an meinem … ich halte es kaum noch aus. So oft habe ich davon geträumt, diesem Mann nah zu sein, mir so viele Male vorgestellt, wie es sein könnte. Wahrscheinlich bin ich wirklich nur ein hoffnungslos bescheuertes Groupie, das dem verführerischen Balzen seines Idols nichts entgegenzusetzen hat.

Seine Lippen streifen mein Ohr und lösen eine Lawine an Gefühlen aus. Langsam und vorsichtig bewegen sie sich denselben Weg entlang, den zuvor schon seine Finger genommen haben und bevor er sich zurückzieht bekomme ich einen zarten, unschuldigen Kuss auf die Lippen. Wenn das seine Masche ist, Frauen willenlos zu machen, hat er sie perfektioniert. Solch eine Zärtlichkeit habe ich nicht erwartet. Er hat das Image des gnadenlosen Draufgängers, scheint ein Mann zu sein, der sich rücksichtslos nimmt, was er will. Aber das hier ist das absolute Gegenteil und das haut die stärkste Frau um. Ich will ihn, selbst wenn es nur für eine Nacht sein sollte ...

 

 

Wenn ich nur daran denke, wird mir heiß. Ich war so scharf auf ihn an diesem Abend. Für eine kleine Weile hatte ich vergessen, wer er war. Für eine kleine Weile war er nicht der berühmte Rockstar mit dem größten Schwanz der Welt. Oh ja, ich kann da durchaus mitreden, denn ich habe ihn gesehen, diesen Schwanz. Ich hatte ihn sogar in der Hand und hätte ihn auch noch woanders gehabt, wenn wir nicht von zwei hysterischen Frauen überrascht worden wären. Im Nachhinein sollte ich den beiden dankbar dafür sein, denn ich war kurz davor, mich vom schlimmsten Hurenbock der Stadt in einem versifften Hinterhof vögeln zu lassen. Ich war sogar kurz davor, mich ernsthaft in diesen Kerl zu verknallen …

 

 

 

 

Daniel

Es war nicht gerade eine von Nicks besten Ideen, mich zu Lily und Ethan zu schleifen. Okay, übermorgen würde er für ein paar Monate zu Dreharbeiten in die Südsee fliegen und er will sich von seinen Freunden verabschieden und eigentlich sollte ich es ihm hoch anrechnen, dass er mich in meinem Elend nicht hängen lässt. Nach einer Tour bin ich immer ungenießbar und es stimmt, meistens setze ich mich dann irgendwohin ab und baue Scheiße, die die Boulevardpresse natürlich genüsslich ausschlachtet. Also hat Nick ein Auge auf mich und mit der Aussicht auf ein saftiges Steak und ein paar kühle Bierchen lasse ich mich mitschleifen.

Es ist ja nicht so, dass ich Nicks Freunde nicht mag, aber Ethan kenne ich nicht besonders gut und Lily kommt mir manchmal vor wie die Mutter, die ich nie hatte. Obwohl sie ein paar Jahre jünger ist als ich, verhält sie sich mir gegenüber mitunter, als wolle sie all die Jahre schlechter Erziehung, die ich ‚genossen‘ habe, ausmerzen. Ihr kann ich nichts vormachen und das macht mir wiederum Angst. Ich habe einen Heidenrespekt vor der Frau und das weiß sie und nutzt es natürlich schamlos aus.

Deswegen sagt sie mir auch frisch von der Leber weg, dass ich mal wieder zum Kotzen aussehe, aber das weiß ich selbst. Die Tour hat an meinen Kräften gezehrt und ich habe mich wahrlich nicht zurückgehalten, was die Freuden des Lebens betrifft. Ich habe schließlich einen Ruf zu verlieren und dann ist da auch noch Victoria, die mir im Nacken sitzt und dafür sorgt, dass mein Geld im Keller keinen Schimmel ansetzt. Ich bete, dass diese Frau nie erfahren wird, was ich wirklich verdiene. Ihre Forderungen werden so schon von Mal zu Mal unverschämter und ich weiß nicht, wie ich dem eine Grenze setzen soll.

Alles ist besser, als allein zu Hause zu sitzen und Löcher in die Decke zu starren und insgeheim hoffe ich auch, Mia wiederzusehen. Da spielt schon ein bisschen Sehnsucht nach dem Rotschopf eine Rolle und tatsächlich, als ich mit meinem vollen Fresskorb die Küche ansteure, knalle ich fast mit ihr zusammen.

„Hey, Red! Du hier!“, rufe ich und freue mich tierisch, dass sie wirklich da ist. Die Freude ist allerdings nicht auf ihrer Seite, denn sie knurrt:

„Ja, leider, aber keine Angst, ich bin schon weg“, und will tatsächlich an mir vorbei. Verdammt, das kann sie doch nicht machen! Auf die Schnelle fällt mir nichts Besseres ein, als sie am Arm festzuhalten und zu sagen:

„Aber nicht doch, Süße, ich glaube, wir müssen da noch was zu Ende bringen.“

Es ist noch nicht richtig draußen, als ich mich schon dafür ohrfeigen könnte und Mia honoriert den blöden Spruch auch sofort mit einem:

„Träum weiter, Green.“

Sie reißt sich los, greift nach ihrer Jacke, doch Lily stellt sich ihr in den Weg.

„Mia, sei nicht albern. Du gehst jetzt raus, sagst brav Peter Hallo und richtest Ethan aus, dass er den Grill anheizen soll. Die beiden haben jede Menge totes Tier mitgebracht. Und du, mein lieber Daniel“, sie schubst mich aus Mias Schusslinie. „Du gehst ebenfalls nach draußen, lässt dir einen Drink geben und hältst am besten für den Rest des Abends die Klappe.“

Ich liebe diese Frau! Auffordernd halte ich Mia den Arm entgegen, doch statt sich einzuhaken, schnaubt sie verächtlich und stolziert an mir vorbei nach draußen. Ich latsche wie ein Trottel hinterher, doch was soll‘s, Mia ist hier und ich habe den ganzen Abend Zeit, das erotische Knistern wieder aufleben zu lassen, das schon einmal zwischen uns war.

 

 

Draußen sitzen Ethan Prince und Peter Gleeson, dieser Kunstfritze, den ich schon in diversen Clubs und auf ein paar Wohltätigkeitsveranstaltungen getroffen habe. Sie starren in ein aufgeklapptes Notebook, aber wie ich die beiden kenne, sehen sie bestimmt keinen Porno. Noch weniger erwarte ich allerdings, dass Gleeson von seinem Stuhl aufspringt, an mir vorbei rennt und sich auf meine Traumfrau stürzt.

„Mia, wie schön“, ruft er, schließt sie in die Arme und küsst sie. Zum Glück nur auf die Wange, aber diese Begrüßung erscheint mir vertraut, viel zu vertraut. Das erfreute Funkeln in Gleesons Augen ist mir nicht entgangen und dass er sie, nachdem sie Ethan begrüßt hat, sofort wieder an sich zieht, kotzt mich tierisch an. Mit Mia im Arm reicht er mir die Hand und schlagartig bin ich stocksauer.

„Hey Daniel. Wie geht’s?“

„Gut, und selbst?“, antworte ich mechanisch. Ich hasse diese Floskeln. Die Art Fragen stellt man Leuten, die einem am Arsch egal sind und hofft, dass sie sie nicht ernsthaft beantworten. Peter enttäuscht mich nicht.

„Kann nicht klagen“, sagt er und wendet sich ab.

„Oh gut, ihr kennt euch“, stellt Ethan erfreut fest. Natürlich kennen wir uns, das bleibt in L.A. nicht aus. Sobald man einen gewissen Status in der Gesellschaft erreicht oder einfach nur genug Kohle hat, kennt man irgendwie jeden, der wichtig ist.

„Ethan, du sollst den Grill anheizen, Nick ist auch da und hat was zu essen mitgebracht“, sagt Mia und windet sich aus Peters Arm.

„Steaks?“, Ethans Augen glänzen erwartungsvoll und als ich nicke, sagt er lachend:

„Fantastisch. Ich wollte gerade Pizza bestellen, aber Steaks sind viel besser. Was willst du trinken, Daniel? Wir haben hier einen erstklassigen Rotwein aus Frankreich.“

„Danke, aber ein Bier wäre mir lieber.“

„Ich mach das schon“, Mia schlüpft an mir vorbei und ich erhasche einen Hauch ihres fruchtigen Parfums. Ihr Duft lässt sofort wieder die Erinnerung an unsere Nacht im ‚Rivers‘ aufflammen ...

 

… ich bin total heiß auf diese Frau und trotzdem habe ich Skrupel. Mia unterscheidet sich grundlegend von den Weibern, die ich normalerweise nach der Show vom Bühnenrand pflücke. Sie ist viel zu schade für einen belanglosen One-Night-Stand. Ich sollte mich lieber an die große Blonde mit den überdimensionalen Titten halten, die drüben an der Säule lehnt und mich mit gierigen Blicken auszieht. Ficken und weg damit, fertig. In der Beziehung war ich schon immer ein Schwein und Mia hat es nicht verdient, von mir ausgenutzt zu werden.

Wenn ich das Nick erzähle, lacht der sich tot. Er würde mir niemals abkaufen, dass ich sichere Beute einfach so ziehen lasse. Aber Mia ist keine Beute und dass ich sie sicher habe, wage ich zu bezweifeln.

‚Was zum Henker treibst du eigentlich, Green?‘, meine aufgeheizte Libido verpasst mir gerade einen Arschtritt erster Güte. Ja, verdammt, was treibe ich hier? Schmalzige Lieder singen und kuscheln auf der Tanzfläche? Kotz … Daniel Green kuschelt nicht. Daniel Green greift sich die Vielversprechendste aus der Menge, befriedigt seine Bedürfnisse und wenn sie gut war, schenkt er ihr zum Abschied ein Foto mit persönlicher Widmung.

Sehen wir die Sache mal realistisch:

Meine Freundin hat mich nach vier Jahren abserviert.

Ich will mich einfach nur abreagieren mit schnellem, komplikationslosem Sex.

Ich halte die Vielversprechendste bereits in meinen Armen und ich bin geil wie zehn Matrosen, die ein halbes Jahr keinen Landgang hatten.

Also worauf warte ich noch?

Ich lege eine Hand auf ihren Hintern und ziehe sie näher, lasse sie meinen halbharten Schwanz spüren und was passiert? Mia zuckt zurück und bringt Abstand zwischen uns. Na super, das war’s dann wohl!

Umso erstaunter bin ich, dass sie sich nach kurzem Blickkontakt gegen mich drängt und den Druck zwischen unseren Unterleibern verstärkt. Das habe ich nicht erwartet und keuche verblüfft auf.

„Du machst mich verrückt!“, sage ich rau. Sie schluckt, atmet tief durch und überrascht mich wieder.

„Halt die Klappe!“, befiehlt sie und dann spüre ich ihre Lippen auf meinen, ihre Zunge, die sich suchend in meinen Mund schlängelt und ich kann nicht anders, als siegessicher in den Kuss zu grinsen. Strike!

Der Kuss nimmt schnell an Fahrt auf, wird leidenschaftlicher. Ich will ihr noch näher sein und schiebe ein Bein zwischen ihre.

„Zu viel Dirty Dancing gesehen?“, stöhnt sie an meinem Mund und presst sich gegen mich. Ihre Hand verirrt sich unter mein Shirt, Fingernägel kratzen leicht über meinen Rücken und ich halte es fast nicht mehr aus.

„Wir sollten verschwinden, wir erregen bereits Aufsehen“, krächze ich atemlos. „Wie war das mit dem Quickie auf dem Klo?“

„Das war ein Scherz!“, protestiert Mia. „Ich lasse mich doch nicht auf öffentlichen Toiletten vögeln.“

„Schade“, antworte ich und lege meine Lippen wieder auf ihre. Unsere Zungen tanzen hungrig umeinander, die Finger unter meinem Shirt werden vorwitziger. Sie fahren vorn am Bund meiner Hose entlang, rutschen ein kleines Stück hinein und mein Schwanz wächst ihnen in Sekundenschnelle entgegen. Mit einem Anflug von Verzweiflung packe ich ihr Handgelenk und halte sie fest.

„Wenn du das nicht lässt, komme ich wie ein Schuljunge in meine Unterhosen.“

„Was für eine Verschwendung“, flüstert sie und dann sagt sie etwas, was ich nie erwartet hätte:

„Ich will dich. Jetzt, sofort!“

Verdammt … wohin sollen wir gehen? Gar nicht so leicht, in meinem vor Lust vernebelten Hirn einen klaren Gedanken zu fassen. Sie will mich, aber nicht auf dem Klo. Mein Haus ist besetzt und wo sie wohnt, weiß ich nicht. Also ein Hotel? Scheiße, sie reibt sich an mir. Ich platze gleich! Ich schaffe es nie und nimmer in ein Hotel. Mia geht es nicht viel besser als mir. Ihre Brust hebt und senkt sich in einer Frequenz, die meiner in nichts nachsteht.

„Hinterhof“, stoße ich hervor. Mia sieht mich verständnislos an.

„Es gibt einen Hinterhof, dort stört uns niemand.“

„Will ich wissen, woher du das weißt?“, fragt sie und grinst dreckig. Ich schüttle den Kopf und ziehe sie hinter mir her zu einer Tür, auf der groß und deutlich ‚Privat‘ steht. Durch sie gelangt man in einen Gang, der zu einem Hof führt und darauf gebracht hat mich die Freundin des Clubbesitzers, als sie mich dort erst zu einem Joint und danach zu einer schnellen Nummer überredet hat.

Niemand sieht uns und als ich die Tür zum Hof hinter uns schließe, öffnet sie bereits meinen Gürtel. Ich liebe Frauen, die die Initiative ergreifen!

 

 

„Daniel! Hey, Daniel, Hörst du mir überhaupt zu?“, ein leichter Schlag auf die Schulter reißt mich aus meinen Gedanken. Ethan sieht mich fragend an.

Natürlich habe ich nicht zugehört und langsam frage ich mich, warum ich überhaupt hergekommen bin. Red hat ganz offensichtlich etwas mit Peter Gleeson am Laufen und ich habe mich schon so lange nicht mehr so fehl am Platz gefühlt, wie jetzt gerade.

 

 

 

 

Mia

Mir ist alles zu viel. Erst Peter, der mich mit einer Selbstverständlichkeit vereinnahmt, als würde ich ihm gehören und dann Daniel, der mich ebenso besitzergreifend ansieht und Peter tödliche Blicke zuwirft.

Wütend gehe ich zurück in die Küche. Lily und Nick stehen am Tisch und unterhalten sich … natürlich über Daniel.

„Ich bewundere deine Geduld“, sagt sie gerade. „Er ist das beste Beispiel dafür, dass Männer maximal vierzehn werden und dann nur noch wachsen.“

„Und selbst das hat der abgebrochene Gartenzwerg nicht richtig hingekriegt“, schnauze ich dazwischen, schnappe mir wütend eine Bierflasche aus dem Kühlschrank und stürme wieder hinaus. Ich werde ihm sein verdammtes Bier bringen und dann verschwinde ich!

 

 

Draußen im Garten stehen die Männer am Pool und quatschen. Naja, eigentlich reden nur Peter und Ethan. Sie sind schon wieder in ein Gespräch über irgendwelche Bilder vertieft und Daniel steht dabei wie bestellt und nicht abgeholt. Passiert ihm sicher auch nicht oft, dass er mal nicht im Mittelpunkt des Geschehens steht. Ruppig drücke ich ihm die Flasche in die Hand, schlängle mich zwischen den dreien durch und da passiert es. Ich stoße gegen Daniel, er verliert das Gleichgewicht und strauchelt. Im Fallen hält er sich an mir fest, zieht mich mit sich und mit lautem Klatschen landen wir im Pool. Prustend und ziemlich fassungslos tauche ich wieder auf und Daniel mit mir. Verdammt, wieso klebt er eigentlich an mir wie eine Klette?

Nach unserem filmreifen Bauchklatscher ist Peter aufgesprungen und eilt zu meiner Rettung. Aufgeregt kniet er am Poolrand und brüllt:

„Green, bist du von allen guten Geistern verlassen? Wieso hast du das getan?“

„Ich habe gar nichts getan!“, brüllt Daniel zurück und ich zucke weg, denn er hält mich immer noch fest umklammert, sein Mund ist ganz nah an meinem Ohr und seine gut trainierte Stimme lässt mein Trommelfell beben. Wer kann, der kann, er ist schließlich Rockstar und mein Lieblingssänger. Oder vielmehr war er das mal, denn seit der denkwürdigen Nacht im ‚Rivers‘ habe ich all seine CD’s in die unterste Schublade meines Schranks verbannt.

Ich versuche, mich aus seinen Armen zu winden, doch Daniel verwechselt mich offenbar mit einem Rettungsring und lässt mich nicht los. Vielleicht kann er ja nicht schwimmen, aber es ist trotzdem albern, ich meine, wir stehen hier mit vier Beinen fest auf dem Boden, haben die Köpfe weit über dem Wasser und ein Tsunami ist auch nicht in Sicht.

„Ich hätte dich zu Hause einschließen sollen, Dannyboy“, Nick hat sich zu Peter gesellt und sieht grinsend auf uns hinunter. „Wollt ihr da drin Wurzeln schlagen?“

„Komm endlich raus, meine Süße, ich helfe dir“, ruft Peter und streckt mir seine Hand entgegen, doch daraufhin drücken Daniels Arme auf meinem Rücken noch ein wenig fester zu.

„Meine Süße?“, zischt er mir empört ins Ohr. „Hab ich da vielleicht was verpasst?“

Energisch stemme ich mich gegen ihn, doch obwohl er gerade mal so groß ist wie ich sind seine Arme stark und sein Körper muskulös und ich komme keinen Millimeter weg von ihm. Dass er gut trainiert ist, weiß ich, war ich ihm doch schon einmal viel näher, als mir im Nachhinein lieb ist.

„Das geht dich überhaupt nichts an“, zische ich zurück. „Du warst monatelang verschwunden und gemeldet hast du dich auch nicht, also fick dich, Green.“

„Oh ja, genauso mag ich dich“, er lacht und der raue Ton treibt mir eine Gänsehaut über den Rücken. Aber die kann auch das kühle Poolwasser ausgelöst haben, der verfluchte Kerl soll mich endlich loslassen, ehe ich mir hier drin den Tod hole.

„Hättest du gewollt, dass ich mich melde?“, fragt er leise und seine Stimme bekommt einen verführerischen Unterton. „Hast du mich vermisst, Red?“

„Einen Scheiß hab ich, lass mich endlich los!“

Daniel gehorcht tatsächlich, doch nur, um seine Hände sofort auf meine Taille zu legen und mich wieder an sich zu ziehen. Sein Blick geht zwischen Peter und mir hin und her, dann grinst er fies und presst seinen Mund auf meinen. Viel zu perplex um zu reagieren, lasse ich zu, dass er mich küsst, doch als seine Zunge frech über meine Unterlippe streicht, komme ich zu mir, hole aus und verpasse ihm eine Ohrfeige. Das wirkt endlich. Er löst die Umklammerung und ich stolpere die Treppe hinauf, wo mir Lily schon ein Handtuch entgegen hält.

Daniel hingegen nimmt den direkten Weg über den Poolrand und stemmt sich nach oben. Ich sehe Peters verkniffenes Gesicht und denke noch:

‚Ganz schön mutig, ausgerechnet an der Stelle aus dem Wasser zu kommen‘, als auch schon Peters Faust mit einem dumpfen Geräusch mitten in Daniels Gesicht landet.

 

 

 

 

Peter

Volltreffer! Die hat gesessen. Ein zweites Mal klatscht er in den Pool, doch diesmal ist niemand da, an dem er sich festhalten kann. Fluchend taucht er auf und befriedigt sehe ich zu, wie dieser sogenannte Rockstar das Wasser aus seinen blondierten Haaren schüttelt und sich das Auge hält. Ich bin wirklich nicht der aggressive Typ, aber wer ist er, dass er sich vor aller Augen an einer wildfremden Frau vergreift und sie einfach so küsst? Noch dazu, wenn es sich bei der Frau um meine handelt!

„Peter, nicht!“, schreit Mia und sieht mich entsetzt an. Wahrscheinlich habe ich gerade das Bild vom perfekten Gentleman zum Einsturz gebracht, aber das kann ich jetzt nicht mehr ändern. Erstens bin ich das sowieso nicht und zweitens hat Green für sein widerliches Verhalten einen Denkzettel verdient.

Er ist inzwischen erneut am Poolrand angekommen und versucht, sich hochzustemmen. Dabei helfe ich ihm doch gern! Ich beuge mich hinunter, packe ihn am Kragen seiner zerschlissenen Jeansjacke und ziehe ihn ein Stück nach oben. Er hängt an meinen Fäusten wie ein nasser Sack.

„Wenn du Mia noch einmal zu nahe kommst, breche ich dir beide Beine“, sage ich leise genug, dass nur er es hören kann. „Sie gehört mir, merk dir das gefälligst!“

Plötzlich steht Mia neben mir und ich kann den Blick kaum von ihr lösen. Wenn sie wüsste, wie sie aussieht, würde sie wahrscheinlich sofort die Flucht ergreifen. Die Nässe hat ihr Shirt durchsichtig werden lassen und der dünne BH, den sie darunter trägt, verbirgt so gut wie nichts mehr. Dazu ist sie stinksauer, ihre grünen Augen feuern Blitze auf mich ab und mir war noch nie so bewusst wie in diesem Moment, dass ich diese Frau um jeden Preis haben muss.

„Bist du vollkommen verrückt geworden?“, brüllt sie mich an. „Lass ihn gefälligst los, du Idiot!“

Green schaut von unten zu uns herauf, sieht natürlich auch genau das, was ich sehe und lächelt sie an. Sein Auge beginnt sich bereits zu verfärben, es muss höllisch wehtun und trotzdem lächelt er! Offensichtlich sieht er sich bereits als Sieger des Ganzen. Ich überlege ernsthaft, ihm noch eine reinzudrücken, doch dann wäre ich bei Mia wahrscheinlich komplett durch und außerdem ergießt sich ihre Wut jetzt auch über ihn.

„Du brauchst mich gar nicht so anzusehen!“, schimpft sie in seine Richtung. „Du bist genauso bescheuert!“

„Peter, das reicht jetzt!“, Nicks Hand krallt sich mit eisernem Griff in meine Schulter und zieht mich zurück. Ist klar, dass er seinen Kumpel verteidigt, obwohl ich nicht verstehe, wie ein Mann wie er mit jemandem wie Daniel Green befreundet sein kann. Ich lasse Green los und er fällt zum dritten Mal in den Pool. Von mir aus kann er da drin ersaufen.

„Jetzt ist aber Schluss!“, poltert Ethan dazwischen. „Habt ihr den Verstand verloren? Ihr seid meine Freunde, aber ich werde nicht zögern, euch beide rauszuschmeißen, wenn ihr euch in meinem Haus prügelt!“

Er schiebt sich zwischen mich und mein Opfer und gemeinsam mit Nick zieht er den Sänger aus dem Wasser.

„Du brauchst trockene Sachen und einen Eisbeutel“, sagt er zu ihm und führt in ins Haus.

Lily ist an uns herangetreten und legt Mia das heruntergerutschte Handtuch wieder um die Schultern.

„Geh nach oben und nimm ein Bad. Ich suche dir was zum Anziehen raus.“

Mia rubbelt sich mit dem Handtuch über die tropfenden Haare und ich kann meinen Blick nicht von ihr lösen. Sie hingegen straft mich mit Nichtachtung und wahrscheinlich kann sie sowas sogar endlos durchziehen, wenn es sein muss.

„Es tut mir leid“, sage ich leise und sehe sie betont schuldbewusst an. „Ich bin ein friedlicher Typ, das weißt du. Ehe ich ausraste, muss schon einiges passieren. Aber Green hat mich echt zur Weißglut gebracht mit seinem anmaßenden Verhalten dir gegenüber. Es war nicht richtig, dass ich ihn geschlagen habe, bitte verzeih mir.“

Was bin ich für ein Heuchler! Natürlich war es richtig, ihm eine zu verpassen! Typen wie der kriegen permanent Zucker in den Arsch geblasen, werden von aller Welt hofiert und glauben, sie hätten einen Freibrief. Aber wenn ich Mia das sage, redet sie vielleicht nie wieder ein Wort mit mir.

„Ist schon gut, Peter“, sie legt mir eine Hand auf die Schulter und lässt sie langsam an meinem Arm hinabgleiten. „Du hast überreagiert. Daniel ist ja auch die meiste Zeit schwer zu ertragen, aber glaub mir, er kann auch ganz anders sein. Er wird das blaue Auge überleben. Entschuldige dich bei ihm und er trägt es dir nicht nach, da bin ich mir sicher.“

„Du kennst ihn schon länger?“, frage ich irritiert. „Ich dachte, du hättest ihn heute zum ersten Mal getroffen?“

„Wir haben uns vor ein paar Monaten kennengelernt, bei einem Fotoshooting und uns dann aber sofort wieder aus den Augen verloren. Wir haben …“, Mia schlägt die Augen nieder und schüttelt leicht den Kopf. „… es ist kompliziert.“

„Was ist kompliziert?“, hake ich nach. Ihre Reaktion gefällt mir überhaupt nicht. Hat er sie damals schon angemacht? Lief da vielleicht sogar was?

„Ich muss jetzt unter die Dusche, mir ist kalt“, sie zieht das Handtuch über ihrer Brust zusammen und flüchtet ins Haus. Das war’s dann wohl für heute. Ich sollte besser gehen.

„Wir telefonieren“, rufe ich ihr nach, sie nickt nur und lässt mich ratlos zurück.

„Was war zwischen ihr und Green?“, frage ich Lily, doch die hebt nur abweisend die Hände.

„Kein Kommentar. Ich halte mich da raus. Wenn du unseren Pool das nächste Mal in einen Boxring verwandeln willst, sag vorher Bescheid. Dann können wir Wetten auf den Sieger abschließen.“

Kopfschüttelnd geht sie Mia nach und ich suche meine Unterlagen zusammen. Meine Hand schmerzt von dem Schlag in Greens Gesicht. Ich bin zwar einiges gewöhnt vom Kampfsporttraining, aber normalerweise prügle ich auf einen Sandsack ein und nicht auf harte Schädel.

Nick macht sich am Grill zu schaffen. Vielleicht ist der Abend ja doch noch nicht ganz gelaufen. Wenn Nick bleibt, wird auch Green nicht gehen und das ist gar nicht gut. Oh ja, manchmal bin ich wirklich ein verdammter Heuchler. Um Mias Willen werde ich mich bei Green entschuldigen, auch wenn ich ihn am liebsten im Pool ersäufen würde. Aber auf gar keinen Fall werde ich ihm freiwillig das Feld überlassen.

 

 

 

 

Mia

Wohlig stöhnend räkle ich mich in Lilys großer Badewanne, genieße den duftenden Schaum um mich herum und spüre, wie sich mein Körper langsam wieder erwärmt. Obwohl es ein warmer Sommertag ist, fühle ich mich ausgekühlt.

Scheiße, Peter! Das sind ja ganz neue Seiten an dem immer so beherrschten Mann. Ich würde mich ja glatt geschmeichelt fühlen, dass er sich bemüßigt fühlt, meine Ehre zu verteidigen, aber das kann ich gut selbst und die Ohrfeige, die ich Daniel gegeben habe, hätte vollkommen gereicht. Verprügelt zu werden hat er nicht verdient! Ich weiß genau, dass ich schuld an unserem unfreiwilligen Bad bin. Hätte ich mich nicht so rücksichtslos an ihm vorbeigedrängt, wäre er nicht gefallen und die kleine Welt in Lilys Garten noch in Ordnung. Aber der Kuss hätte auch nicht sein müssen. Man könnte ja glatt auf die Idee kommen, dass er das nur gemacht hat, weil Peter mich Süße nannte.

Aber wieso hat Peter das überhaupt getan? Wir waren zweimal miteinander essen und ja, es hat ein bisschen geknistert zwischen uns, aber bisher ist nichts gelaufen. Wir haben uns noch nicht einmal richtig geküsst. Trotzdem hat er auf Daniel genauso reagiert, wie Daniel auf ihn … überzogen eifersüchtig.

Klar, Daniel ist kein sonderlich netter Kerl und sein Verhalten im Pool war echt das Letzte. Wahrscheinlich kann ihn außer Nick und seinen kreischenden Groupies kein Mensch auf der großen weiten Welt leiden.

Nein, stimmt nicht, ich mag ihn trotz allem und ich glaube auch nicht, dass er wirklich der Arsch ist, als der er sich gern ausgibt. Vom ersten Moment an wollte ich hinter die Fassade blicken, doch dann hatten wir beinahe Sex und danach war er weg, auf Tour und weiß Gott, wo noch. Aus den Augen, aus dem Sinn und was ein Daniel Green auf Tour treibt, ist kein Geheimnis.

Es klopft leise an die Tür und Lily kommt herein. Sie stellt zwei Weingläser auf dem Badewannenrand ab und zieht sich einen Hocker ran.

„Du bist ein Glückskind“, sagt sie grinsend. „Sieht so aus, als wäre Peter echt in dich verknallt, so wie er sich eben aufgeführt hat.“

„Und Daniel hat im Pool die eifersüchtige Diva gegeben“, sage ich und angle nach einem der Gläser. „Nicht zu fassen. Erst verschwindet er spurlos aus meinem Leben und dann tut er so, als hätte er irgendwelche Ansprüche auf mich.“

„So ganz spurlos ist er nicht verschwunden. Er war mehrmals hier in der Zwischenzeit. Wenn du ihn hättest sehen wollen, wäre das kein Problem gewesen. Gib es zu, du warst schon ein bisschen verschossen in ihn nach unserem ersten gemeinsamen Abend!“

„Kann sein“, ich zucke mit den Schultern und trinke einen Schluck. „Weißt du noch, wie wir ihm zum ersten Mal begegnet sind?“

„Wie könnte ich das vergessen“, Lily lacht. „Du warst so von der Rolle, weil du den großen Nick Bradley kennenlernen würdest, dass ich Angst hatte, du würdest das ganze Fotoshooting vor den Baum fahren.“

„Als Nick ins Studio kam, war ich so mega aufgeregt“, antworte ich. „Nicht mal wegen seiner Person an sich. Ich dachte, ich würde ihm nicht genügen, ich meine, wer war ich denn? Die kleine Mia Brightwood vom Frühstücksfernsehen spielt Chefmaskenbildnerin und maßt sich an, einen Hollywoodstar zufriedenzustellen?“

„Ich hätte nie gedacht, dass du dich mit Minderwertigkeitskomplexen rumschlägst!“, Mia rümpft missbilligend die Nase.

„Mach ich ja auch nicht, aber damals war alles noch so neu für mich und ich war einfach unsicher. Im ersten Moment dachte ich, dass Nick mit einer ganzen Entourage auftaucht. Du weißt schon, das obligatorische Gefolge: Agenten, Assistenten, Assistenten der Assistenten, persönliche Klopapierträger und professionelle Nippelzwirbler …“

„Professionelle Nippelzwirbler?“, fällt mir Lily prustend ins Wort. „Woher hast du denn sowas?“

„Hab ich mal gelesen. Irgendeine Schauspielerin hat jemanden beschäftigt, der dafür sorgen musste, dass ihre Nippel dauergeil aussehen. Kannst du dir das vorstellen? Jemanden dafür zu bezahlen, dass er dir permanent die Brustwarzen rubbelt?“

Wir kichern eine Weile, dann werde ich wieder ernst. Nick hatte an diesem Tag kein Gefolge um sich geschart, er kam mit Daniel im Schlepptau und der hatte gerade den Laufpass von seiner langjährigen Freundin bekommen, eine durchgesoffene Nacht hinter sich und war dementsprechend angepisst und supermies drauf.

Seine schlechte Laune ließ er an uns aus, aber Rockstar und Lieblingssänger hin oder her, ich hasse Respektlosigkeit und das ließ ich ihn spüren. Als Antwort darauf überrumpelte und küsste er mich, ganz sanft und ohne Zungenakrobatik, doch es war klar, dass er mich damit nur auf die Schippe nahm.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739445946
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (Mai)
Schlagworte
Hollywood Liebesroman Millionär Filmstar Billionär Krimi Rockstar Los Angeles Romanze Humor Drama Theater Drehbuch Schauspiel Thriller Spannung

Autor

  • Anna Graf (Autor:in)

Anna Graf startete ihre ersten Schreibversuche in den neunziger Jahren. Sie schrieb kleinere Romane, die allerdings in der Schublade blieben.
2013 nahm sie ihren ganzen Mut zusammen und veröffentlichte erfolgreich den ersten 'Schubladenroman'.
Seitdem schreibt sie, über das Leben, die Liebe, über Irrungen und Wirrungen, den Weg zum Glück zu finden.
Ihre Heldinnen sind keine schwachen Frauen, im Gegenteil, sie sind selbstbewusst und wissen, sich im Leben zu behaupten.
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Titel: JUST LOVE_3 - Am Abgrund