Lade Inhalt...

Das Vermächtnis der Sidhe

von Sabrina Schuh (Autor:in) Sylvia Rieß (Autor:in)
158 Seiten

Zusammenfassung

In "Das Vermächtnis der Sidhe" stellen sich die Autorinnen Sylvia Rieß und Sabrina Schuh der großen Herausforderung, das Märchen der Gänsehirtin am Brunnen zu adaptieren und aus zwei völlig verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Während Rieß dem König aus dem Original eine neue Geschichte verleiht, entführt uns Schuh in die Fußstapfen der verstoßenen Prinzessin. Ihr Geschichten sind zwei und doch eins – unabhängig lesbar und in sich abgeschlossen ergeben sie dennoch erst gemeinsam ein Gesamtbild. Die Tränen der Sidhe - Sylvia Rieß Seit Jahren erhebt die Klatschpresse schwere Vorwürfe gegen Arthur König. Angeblich soll er seine jüngste Tochter aus dem Haus geworfen haben. Dabei weiß Arthur selbst nicht, was zum Bruch zwischen ihnen führte. Nur eins ist sicher: Flora kann oder will nicht gefunden werden. Doch als Arthur eine fatale Diagnose gestellt wird, begreift er, dass er nicht sterben kann, ohne Flora zumindest einmal wiederzusehen. Wie jedoch soll er sich diesen letzten Wunsch erfüllen, der selbst die Polizei seit sieben Jahren vor ein unlösbares Rätsel stellt? Das Herz der Sidhe - Sabrina Schuh An Floras 25. Geburtstag offenbaren ihre Onkel ihr ein unglaubliches Familiengeheimnis und drohen, sie umzubringen, wenn sie sich nicht für die Familie entscheidet. Völlig aufgelöst flieht Flora und läuft dabei Graf Theobald von Wasserfeld in die Arme, der ebenfalls auf der Abschussliste ihrer Onkel steht. Schon bald finden sich die beiden auf einer Flucht quer durch Europa wieder, die nur ein einziges Ziel hat: gegen unsterbliche Wesen bestehen und überleben. Hinweis: Die Seitenzahl des Taschenbuchs beträgt 258.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


 

 

 


maerchenspinnerei_logo


 

Das Vermächtnis der Sidhe
(Reihe in 2 Bänden)


Sylvia Rieß
Faulbacher Str. 24
65589 Hadamar


Sabrina Schuh

Bodenfeldstr. 9
91438 Bad Windsheim
autor@sabrinaschuh.de

 

 

1. Auflage Februar 2021
© Die Tränen der Sidhe: Sylvia Rieß
© Das Herz der Sidhe, Sabrina Schuh

Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder teilweisen Nachdrucks, Kopie und Verbreitung in jeglicher Form sind vorbehalten.

Coverdesign*, Satz & Illustration: saje design, www.saje-design.de

*unter Verwendung einer Grafik von vectorstock.com

Lektorat (Teil 1): Sabrina Uhlirsch, www.spreadandread.de
Lektorat (Teil 2): 
Pia Euteneuer, www.wortgewand13.de

Korrektorat: Roswitha Uhlirsch, www.spreadandread.de


Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.


kapitelzierde_sidhe_fmt


1

 

Nur eine Frage

 

Der Reporter in der ersten Reihe starrte mit einem dümmlich-leeren Grinsen auf Arthurs Brustkorb, ungefähr dahin, wo seine Krawattennadel mit der blauvioletten Perle steckte. Das stete Zucken seiner Pupillen nach rechts oben verriet Arthur, dass der Mann dabei an alles Mögliche dachte – das Mittagessen vielleicht, die kleine Blonde vom Empfang oder einen Anruf seiner Mutter –, nur nicht daran, seine Aufmerksamkeit auf Arthurs Worte zu lenken.

»Na, da scheinen ja einige spannende Neuerungen auf die Medizin zuzukommen«, glaubte er aber dann trotzdem, den Schlusskommentar geben zu müssen, als Arthur seine Notizen zusammenschob. »Nur schade, Herr König, dass Sie so wenig Konkretes zu den einzelnen Programmen äußern konnten. Dennoch vielen Dank für dieses aufschlussreiche Interview.«

Arthur hörte den unverblümten Hohn in der Stimme. Abschätzig musterte er den jungen Mann: viel zu enge Jeans, unmöglicher Haarschnitt und ein affiger Schal um den Hals. Der Bengel tippte ein paar Notizen in sein schickes iPhone. Ein Emporkömmling, für den es nicht lohnte, eine passende Erwiderung zu suchen.

Diese Sorte Berichterstattung kannte Arthur zur Genüge. Er musste schon damit zufrieden sein, wenn sich auch nur ein Drittel des späteren Artikels annähernd mit seinen Aussagen beschäftigte. Viel wahrscheinlicher war, dass der größte Teil davon in der Klatschpresse landete und man sich einmal mehr in wilden Spekulationen um »den König mit dem Herz aus Stein« erging, sein angeblich illegal erworbenes Vermögen breittrat und jene eine Frage zur Tagesordnung machte, mit der die Presse ihn seit nunmehr sieben Jahren versuchte weichzukochen.

Er beugte sich zu seiner Aktentasche und sortierte die Notizen ein, an denen er sich während seines zweistündigen Vortrages entlanggehangelt hatte. Normalerweise waren solche Gedächtniskrücken für ihn nicht notwendig, doch fühlte er sich seit einigen Tagen nicht ganz auf der Höhe. Ein Kratzen im Hals, ein Husten hier und da, Mattigkeit und allgemein schlechte Laune. Eine Erkältung konnte er nun gar nicht gebrauchen.

»Herr König.« Thompsen, der Chef seines Sicherheitsteams, stand neben ihm, den Regenschirm schon über dem linken Arm bereit, als Arthur sich wieder aufrichtete. Zwei weitere Männer in schwarzen Anzügen traten aus dem Pulk der Reporter zu ihnen. Thompsen deutete Richtung Ausgang. »Ich habe den Wagen direkt zum Eingang vorfahren lassen, Sir. Das Wetter draußen ist gerade kein Spaß.«

Arthur nickte. Ohne Worte und ohne noch einmal einen Blick auf die wissbegierigen Aasgeier zu werfen, die bereits seit Jahren versuchten, ihn und sein Unternehmen zu demontieren, folgte er Thompsen ins verglaste Treppenhaus. Durch die Scheiben konnte er die dicken Regenfäden draußen sehen, die der Sicherheitschef wohl mit »kein Spaß« gemeint hatte. Ein heftiger Nordwestwind ließ sie fast waagrecht stehen, was die wenigen Menschen, die man draußen vorbeihasten sah, dazu zwang, die Mantelkragen hochzuschlagen und ihre Schirme fest zu umklammern.

Kurz drifteten Arthurs Gedanken ab zu einem Tag im Spätherbst vor vielen Jahren, der ähnlich stürmisch gewesen war. Zwei pinke Regenjacken kamen ihm in den Sinn. Wie tanzende Blätter waren sie durch den Sturm gesprungen, getragen scheinbar bloß vom unsteten Wind, der sie bald hierhin und bald dorthin wehte. Nach einer Stunde hatten die perlenverzierten Satinschleifen an den blonden und den roten Zöpfen völlig durchnässt heruntergehangen. Dennoch war es einer jener wundervollen Tage gewesen, an denen sich sein Leben perfekt angefühlt hatte.

»Hmhm«, vernahm er da mit einem Mal ein Räuspern nur knapp vor sich. Aus dem Schatten zwischen den Stahlträgern der Treppe und dem neu eingelassenen Fahrstuhl trat ganz unvermittelt eine Gestalt. Selbst Thompsen hatte sie nicht bemerkt und zuckte im ersten Moment überrascht zusammen. Dann aber schob er Arthur in vertrauter Routine hinter sich und ließ die Muskeln spielen.

»Was haben Sie hier verloren …?«, setzte Thompsen dazu an, den vermeintlichen Angreifer einzuschüchtern. Mitten im Satz brach er allerdings ab. »Sie schon wieder«, kam es als Nächstes von ihm und die merkliche Anspannung ließ nach. Arthur schob sich an seinem Bodyguard vorbei und hatte nun ebenfalls freien Blick auf das Gesicht mit dem ungepflegten Bart unter der verwaschenen Wollmütze.

»Boyd! Machen Sie, dass Sie sich zum Teufel scheren. Die Pressekonferenz ist vorbei. Außerhalb davon beantworte ich keine Fragen«, knurrte er.

»Auf deine Lügen bei diesen Konferenzen kann ich ganz gut verzichten, das weißt du. Außerdem habe ich nur eine Frage an dich.«

»Verpiss dich!«, brauste Arthur auf und hob den Regenschirm auf, den Thompsen eben fallengelassen hatte. Diesen wie ein Schwert erhoben, sprang er auf Boyd zu. In der Bewegung überkam ihn jedoch ein Hustenanfall und zwang ihn in die Knie. Thompsen beugte sich besorgt zu ihm herab.

Aus dem Augenwinkel sah Arthur, wie der Reporter dabei die Augenbrauen zusammenzog. Eine von Boyds Macken, die er am meisten hasste. Es suggerierte ihm irgendwie, dass der Mann, der bei jeder ihrer Begegnungen abgerissener und erbärmlicher aussah, ihn bemitleidete. Lächerlich!

Keuchend schlug Arthur Thompsens Hand aus und stemmte sich hoch. Den Blick starr auf den Ausgang gerichtet, schritt er hocherhobenen Hauptes an Boyd vorbei. Als er den Griff der Tür schon in der Hand hatte und Thompsen wieder wie gewohnt hinter ihm stand, um den Schirm aufzuspannen, flüsterte Boyd in seinem Rücken: »Ich bin nicht der, dem diese Frage auf dem Herzen brennt. Du selbst hast es noch immer nicht geschafft, dich ihr zu stellen. Oder weißt du endlich, was mit deiner Tochter ist?«

Er hatte es tatsächlich getan! Er hatte wieder einmal keine Ruhe gegeben.

König Arthur verstößt eigenes Kind‹, kam die alte Schlagzeile zurück in seine Erinnerungen. Sie hatte Boyd berühmt gemacht und dafür gesorgt, dass Arthurs Gedanken sich seither täglich um diesen Klatschkolumnisten drehten.

Für einen Augenblick krampfte sich seine Hand um den Türknauf zusammen. Es war so lange her und tat trotz allem immer noch so weh, dass es ihn völlig aus der Fassung zu bringen vermochte. Er sah vor seinem geistigen Auge schon, wie er vorsprang, Boyd am löchrigen Kragen packte und ihm eins mit der Faust verpasste. Aber er schaffte es, sich zu beherrschen.

Er schluckte, schloss die Augen. Einatmen. Stell dir vor, du bist in einem Wald, Arthur. Einem tiefen, grünen, stillen Wald. Ausatmen.

Nach außen wieder etwas gefasster, drehte er sich um und fragte kühl zurück: »Welche meiner Töchter meinen Sie denn? Rosie ist im Sitz der Firma und kümmert sich um die Geschäfte und Amelia ist noch in Übersee. Erst kürzlich haben die Zeitungen ein schönes Foto von ihr und ihrem Verlobten abgedruckt. Vielleicht haben Sie es gesehen. Wurde von einer Person mit sehr viel Feingefühl an der Kamera geschossen.«

Boyd schwieg, doch sein Blick ließ Arthur noch für eine ganze Minute nicht entfliehen. Erst dann schaffte er es, sich von den stechend grünen Augen loszureißen, und trat mit festem Schritt in den strömenden Regen vor dem Kongresskomplex. Thompsen war sogleich neben ihm und die Tür aus dreifachem Panzerglas schwang hinter den nachfolgenden Sicherheitsmännern zu. Dennoch war es Arthur, als höre er noch einmal Boyds Stimme: »Du weißt, dass ich keine der beiden meine, Arthur König. Für keine von ihnen hast du so viel geopfert.«

 

trenner_fmt

 

Der Regen hüllte sie für Sekunden ein. Der Wind machte Thompsens Bemühungen mit dem Schirm sämtlich zunichte. Die Böen fingen sich unter Arthurs Mantel, rissen ihn hoch. Ein vorbeifahrender Wagen kam ins Schleudern und ein Schwall dreckigen Pfützenwassers landete auf seinen Hosenbeinen.

Hektisch wurde vor ihm die Wagentür von seinem Fahrer aufgerissen. Gefolgt von Thompsen und dem Sicherheitsteam stieg er in die Limousine. Als die Tür sich schloss, hüllten die Stille, die Wärme und die Vertrautheit des Wageninneren ihn für Bruchteile von Sekunden so allumfassend ein, dass er sogar die Augen schloss und tief die Luft einzog. Mit einer zitternden Hand am Brustkorb ließ er sich in die Lederpolster sinken. Einatmen. Ausatmen. Ein neuerlicher Hustenkrampf schüttelte ihn.

Die entspannte Stille verflog. Die gerade erlebte Szene mit Boyd drängte sich in seinen Kopf.

»Widerling!«, schimpfte er ohne jegliche Beherrschung los. »Ekelhafter, schmieriger, abgerissener Widerling. Immer dieses Gerede von meinen Lügen. Was ist mit den Lügen der Presse? Boyds Lügen über meine Frau? Dass ich ihren Tod verschuldet habe? Bis heute habe ich keine Entschuldigung von ihm bekommen.«

»Sir, …«

»Meine Zahlen und Fakten sind valide. Es ist nur nicht das, was diese Ökoschmarotzer hören wollen. Meine Forschungen und mein Geld lösen Probleme! Die verstehen nicht, dass man die Welt nicht nur mit einer fixen Idee verbessern kann. Man muss auch die Mittel dazu haben. Aber sind sie bereit, dafür zu arbeiten? Bereit, dafür so weit zu gehen wie ich?«

»Sir, …«

»Natürlich sind sie es nicht. Diese faulen, verweichlichten Muttersöhnchen. Von denen hat doch keiner in seinem Leben auch nur einen Finger –«

»Herr König. Verzeihen Sie, wenn ich unterbreche«, bemerkte Thompsen, »aber wir kommen zu spät zu unserem Termin und Sie müssten sich erst umziehen.« Sein Blick fiel auf Arthurs verdreckte Anzughose. »Wollen Sie, dass ich allein zum Flughafen fahre und Sie vorher an der Villa absetze?«

Arthur stutzte kurz. Die Begegnung mit Boyd hatte den Termin völlig aus seinem Bewusstsein gedrängt.

Eigentlich lächerlich, dass so ein Wicht wie Boyd es so lange schon schaffte, ihn immer wieder aus dem Konzept zu bringen.

»Sir?«, wiederholte Thompsen nachdrücklich.

Arthur haderte einen weiteren Moment lang mit sich. Seinen Gast hatte er persönlich abholen wollen. So viel Aufmerksamkeit hatte Theobald von Wasserfeld verdient. Immerhin war es sein Bestreben, mit der Firma des alten Grafen Philipp von Wasserfeld im nächsten Jahr zu fusionieren. Doch der Graf selbst zeigte sich stur, bärbeißig und nicht im Geringsten bereit zu Verhandlungen in dieser Hinsicht. Er war allerdings auch krank, wie die Gerüchte sagten, und sein Sohn besaß schon jetzt fast alle Vollmachten.

Ganz ähnlich wie bei ihm und Rosie, dachte Arthur, tat es aber sofort als Unsinn ab. Im Gegensatz zu Philipp, der sich sein Leben lang mit zu viel Wein und fettem Braten die Leber ruiniert hatte, war er ein Ausbund an Vitalität und gesunder Lebensführung. Bei diesem Gedanken machte sich ein neuerlicher Hustenkrampf in seinen Bronchien breit und er sah ein, dass es unvernünftig wäre, nicht auf Thompsens gut gemeinten Ratschlag zu hören. Er nickte also und Thompsen signalisierte dem Fahrer, sie erst zum Familienanwesen zu bringen.

 

trenner_fmt

 

Nach fünfzehn Minuten hielt der silbergraue Bentley schließlich vor der hohen Mauer, welche die charmante Jugendstilvilla im grünsten Teil der Stadt umfasste. Thompsen machte Anstalten mit auszusteigen, doch Arthur winkte ab. »Sie sind spät dran und ich will nicht, dass der Alte von Wasserfeld das gleich als Affront auffasst. Er kann unglaublich schwierig sein. Und ich weiß noch nicht, wie sensibel dieser Theo reagiert.«

Thompsen nickte. Es war gerade ohnehin etwas aufgeklart und kein Problem für Arthur, trockenen Fußes die wenigen Hundert Meter durch den Park zur Haustür zu überwinden.

Er ließ sich dabei Zeit wie immer, um die seltsame Mischung aus allumfassender Trauer und tiefem Frieden auf sich wirken zu lassen, die der Garten stets in ihm hervorrief.

Elise hatte von einem echten Feengarten geträumt. Lange war er nicht mehr als ein Wunsch geblieben. Erst nach der Umstrukturierung des Unternehmens konnten sie sich diesen erfüllen. Die ehemals rein karitative Einrichtung wich einem modernen, mittlerweile milliardenschweren Konzern. Einige Jahre waren sie damit sehr glücklich gewesen. Damit und mit diesem Garten.

Die großen, alten Bäume, der weitläufige Rasen, die üppigen Blumenrabatten und rankende Rosen hatten sie in den gemeinsamen Sommern mit ihrer Pracht und Fülle schier erstickt. Jetzt lag bereits alles Laub zu seinen Füßen, das Gras wurde braun und erinnerte Arthur daran, wie schnell ein weiteres Jahr zur Neige ging. Elises Todestag würde sich damit bald zum fünfundzwanzigsten Mal jähren.

Mit diesem bitteren Gedanken erreichte Arthur die Eingangstür, hinter der sein Hausdiener schon wartete, um Mantel und Schal in Empfang zu nehmen.

»Guten Abend, Sir.«

»Guten Abend, Eric. Sie denken noch an unseren Besuch?«

»Gewiss, Sir. Thompsen holt ihn ab?«

»Ja, ich …« Arthur schielte auf seine schmutzigen Hosen, konnte aber ein Husten nicht unterdrücken.

»Sie müssen sich eine Weile ausruhen, Sir. Thompsen hat mich bereits informiert. Ich habe auf seine Anweisung gleich nach Doktor Schöll schicken lassen.«

Diese Feststellung bedurfte keiner Antwort und so gab Arthur nur ein kurz angebundenes Brummeln von sich. Seinen Hausdiener brachte das jedoch nicht aus dem Konzept.

»Der Doktor lässt ausrichten, dass er in einer Stunde hier sein wird«, fügte er gewissenhaft hinzu.

Schon halb die Treppe zum Obergeschoss hinauf drehte Arthur sich noch einmal um und erwiderte: »Manchmal hab ich das Gefühl, Thompsen hält sich nicht nur für meinen Sicherheitschef, sondern auch für mein Kindermädchen.«

Eine Erwiderung folgte darauf nicht. Der Hausdiener nickte lediglich und verschwand mit einem weiteren »Sir« durch eine der Türen im angrenzenden Empfangszimmer.

Arthur schleppte sich die Treppe hinauf. Seine Lungen brannten mittlerweile und er schnappte nach Luft, als er im Schlafzimmer angekommen war. Ein wenig ausruhen würde ihm vermutlich wirklich guttun. Bis Ende der Woche war es unerlässlich, dass er wieder auf die Beine kam. Rosie konnte ihn im Tagesgeschäft locker vertreten, aber für den Abschluss der neuen Verträge mit Japan würde er persönlich anwesend sein müssen.

 

trenner_fmt

 

Über diesem Gedanken döste er schließlich noch in Anzug und Schuhen auf dem Stuhl ein. Erst das Läuten der Haustürglocke ließ ihn hochschrecken. Ein Blick auf seine Smartwatch verriet, dass es eine Stunde später war als bei seiner Ankunft. Auf die Sekunde genau. Von Robert Schöll, seinem Freund und Kollegen aus Studientagen, war aber auch nichts anderes zu erwarten. Pünktlichkeit war sein zweiter Vorname, wobei Arthur sich immer gefragt hatte, wie er das als Allgemeinmediziner schaffte. Von den meisten praktizierenden Kollegen hörte man ja anderes.

Damit Robert nun seinerseits nicht warten musste, beeilte Arthur sich damit, in die frischen Sachen zu wechseln, die auf einem Stuhl bereitlagen. Dabei merkte er schon, dass der Schlaf sich ausgezahlt hatte. Das Schwindelgefühl war weg und er verspürte keinerlei Hustenreiz mehr. Beschwingt ging er hinab ins Empfangszimmer, wo allerdings nicht nur Robert, sondern noch ein zweiter, deutlich jüngerer Mann im Anzug auf ihn wartete. Das konnte nur Theobald von Wasserfeld sein.

Wie sein Vater Philipp war er recht hochgewachsen, jedoch schlank und mit Brille. Gerade einmal Ende zwanzig versuchte er, durch das akribische Kultivieren eines gepflegten Bartes etwas reifer zu wirken. Das unsichere Zupfen an seinen Ohrläppchen gab hingegen sofort preis, dass er sich in der jetzigen Gesellschaft nicht ganz wohl fühlte.

Robert Schöll hingegen gab wie immer das perfekte Bild des älteren, weltmännischen Gentlemans. Mit einigen grauen Strähnen im sonst noch immer dichten dunkelblonden Haar und für sein Alter erstaunlich guter Konstitution. Ähnlich wie bei George Clooney und hochwertigem Rotwein schien bei Robert jedes weitere Jahr nur zu seinem Vorteil zu gereichen. Eine Tatsache, für die Arthur ihn stets beneidet hatte.

Er begrüßte zunächst den jungen von Wasserfeld mit festem Händedruck und wandte sich dann Robert zu. Das gleichzeitige Eintreffen der beiden Männer brachte ihn in eine äußerst unglückliche Situation und er überlegte, wie er diese möglichst galant lösen könnte. Der Sohn seines neuen Geschäftspartners sollte schließlich nicht gleich den Eindruck eines kränklichen Tattergreises von ihm bekommen.

»Robert, mein alter Freund. Es ist schön, dass du zum Abendessen reinschaust«, tat Arthur also überschwänglich fröhlich und hoffte, dass Robert verstand und mitspielen würde.

Dieser schaute ein wenig verdutzt und Arthur setzte hinterher: »Theo, – so darf ich Sie doch sicher nennen? –, das ist Dr. Schöll, ein langjähriger Freund der Familie und gleichzeitig unser geschätzter Hausarzt. Er findet gelegentlich den Weg zu uns, auch wenn wir seiner Profession nicht bedürfen.«

Damit schien Robert zu verstehen und nickte Arthur kurz zu.

»Ja. Immer eine Freude hier sein zu können. Und entschuldigen Sie, Herr von Wasserfeld, dass durch meinen spontanen Besuch Ihr Gastgeber gezwungen war, den Hausherrn zu spielen und auf mich zu warten. Wie ich hörte, wollte er eigentlich persönlich am Flughafen sein.«

Arthur atmete erleichtert auf. Robert fuhr fort: »Ich muss allerdings noch einmal Ihre Geduld in Anspruch nehmen. Es gibt nämlich ein paar private Angelegenheiten, die ich mit Arthur gern besprochen hätte, bevor das Abendessen serviert wird.«

»Sicher«, der junge Mann wirkte etwas überfahren, aber nicht ganz undankbar über die Aussicht auf ein paar Augenblicke allein. Arthurs Hausdiener, der im Nebenzimmer gewerkelt hatte, verstand das als sein Zeichen, kam herein und fragte den Grafen nach seinen Wünschen für eine Erfrischung.

Arthur und Robert zogen sich derweil in eins der Zimmer auf der anderen Flurseite zurück und Arthur war heilfroh, den Empfangssalon verlassen zu können. Noch in der Tür zog sich sein Brustkorb wieder zusammen. Es trieb alle Luft aus seinen Lungen und er begann zu husten, noch bevor sich die Tür hinter ihnen schloss.

Na toll. Jetzt würde von Wasserfeld ihn doch für einen kränklichen Tattergreis halten. Robert schien diesen Gedanken zu erraten und kommentierte lauter als er gemusst hätte: »Einfach furchtbar dieses nasskalte Wetter. Überall nur noch Erkältungen.«

»Wobei ich ja nicht der Typ bin, der sich gleich jeden kleinen Infekt holt. Das weißt du, Robert«, protestierte Arthur, sobald die Tür hinter ihnen zu war.

Er knüpfte anschließend aber bereitwillig sein Hemd auf. Ohne Untersuchung würde Robert ihn nun auf keinen Fall mehr davonkommen lassen.

»Meinst du, Bazillen machen einen Bogen um dich, nur weil du ein milliardenschweres Unternehmen leitest?«, witzelte sein Gegenüber, während er seiner Tasche ein Stethoskop entnahm. »Das beeindruckt die recht wenig, glaub mir, und jünger werden wir alle nicht. Du solltest vermutlich etwas kürzer treten. Unterschreib Rosie doch endlich die restlichen Vollmachten. Sie ist mittlerweile lange genug dabei, um das Geschäft allein zu leiten.«

»Rosie wird im Februar gerade einmal dreißig. Sie –«

»Ruhe jetzt und tief einatmen.«

Das kalte Metall fühlte sich auf der Haut seines Rückens unangenehmer an, als Arthur gedacht hätte. Dennoch sog er brav Luft in die Lunge, musste aber sofort darauf wieder husten. Das Ausatmen fiel ihm schwer und es erschien ihm einen Moment lang, als müsse er die Luft quasi aus seiner Lunge zwingen.

»Hm.«

»Was »hm«? Verschreib mir irgendwas, dass ich mich die nächsten Tage auf den Beinen halten und im Büro sehen lassen kann.«

»Das mache ich. Aber nur, weil ich weiß, dass du ohnehin auf niemandes Rat hörst. Ich werde allerdings auch einen CT-Termin bei Ludwig für dich veranlassen. Widerrede ausgeschlossen.« Robert verstaute das Stethoskop in seiner Arzttasche und sah Arthur durch die dicken Brillengläser ernst an, während der sein Hemd wieder zuknöpfte.

»Robert, komm. Zieh nicht so ein Gesicht. Du hast doch eben selbst gesagt, bei dem Mistwetter sind viele erkältet.«

»Ja, aber was ich bei dir auf der Lunge höre, klingt nicht schön. Das solltest du abklären lassen. Geh in die Klinik. Sobald Ludwig dir sagt, dass da nichts ist, werde ich dich in Ruhe lassen.«

»Muss das wirklich sein?«

»Musst du wirklich immer mit mir diskutieren? Elise würde dir den Kopf zurechtrücken. Das weißt du.«

Arthur fuhr bei der Nennung ihres Namens kurz zusammen. Er wusste aber auch, dass Robert sie nur dann ins Spiel brachte, wenn es ihm wirklich ernst war.

»Also gut, ich –«

In dem Moment schellte die Haustürklingel erneut. Schritte wurden auf dem Flur laut. Arthur öffnete die Zimmertür, um herauszufinden, wer das sein mochte. Immerhin war kein weiterer Besuch angemeldet. Da dröhnte auch schon Boyds verhasste Stimme den Gang hinunter.

»Du warst vorhin so schnell weg, Arti. Ich hatte gar keine Gelegenheit mehr, mir deine Antwort anzuhören.«

»Verschwinden Sie aus meinem Haus, Sie armseliger Misthaufen. Was erlauben Sie sich überhaupt?«

Von einer Sekunde auf die andere schoss Arthur das Blut ins Gesicht. Sein Puls machte einen Sprung ins Unermessliche, und hätte Robert ihm nicht die Hand auf die Schulter gelegt und ihn zurückgehalten, wäre er dem dreisten Reporter vermutlich an die Kehle gesprungen. So besann er sich eines Besseren, gerade auch, weil von Wasserfeld nun ebenfalls neugierig den Kopf aus dem Salon streckte.

»Sie haben gehört, was Herr König gesagt hat, also nehmen Sie bitte den Fuß aus der Tür und verschwinden Sie«, sagte der Hausdiener mit Nachdruck.

Boyd machte allerdings keine Anstalten, der Aufforderung nachzukommen.

»Ich sehe mich gezwungen, die Polizei zu rufen, mein Herr.«

»Na schön. Geh’ ich eben. Aber nicht mehr lange und es wird dir sehr leidtun, dass du mich abgewiesen hast, Arthur. Ich kann dir nicht versprechen, dass du sie dann noch mal wiedersehen wirst.«

Arthur hatte schon erleichtert durchatmen wollen, als diese Worte wie eine Lawine durch den Flur rollten und seine mühsam bewahrte Fassung zum Einsturz brachten. Mit wenigen Schritten war er an der Tür und riss sie seinem Diener aus der Hand. Er packte Boyd am Hals und schlug ihm mit dem gekonnten rechten Haken eines alten Boxers mitten ins Gesicht.

»Wenn so ein armseliges Arschloch wie Sie glaubt, es kann mir drohen …«

»Arthur, bitte!«, rief Robert entsetzt. Letztendlich war es aber von Wasserfeld, der den abgerissenen Reporter Arthurs wütendem Griff entwand und vor die Tür bugsierte, bevor der Hausherr Boyd grün und blau schlagen konnte.

»Bitte, Herr König, beruhigen Sie sich«, versuchte der Graf zu beschwichtigen, während der Diener den lästigen Paparazzi des Grundstückes verwies.

Die Aufforderung kam jedoch zu spät.

Ein neuerlicher Hustenkrampf, schlimmer als jeder andere dieses Tages, hatte Arthur gepackt. Nur mit Roberts Unterstützung und der des Grafen gelang es ihm schließlich, sich zurück ins Empfangszimmer auf eines der Sofas zu schleppen. Der Husten schüttelte ihn noch für weitere zehn Minuten und ließ ihn nach Luft schnappen.

 

trenner_fmt

 

Wie ein Fisch auf Landgang! Einfach peinlich, resümierte Arthur später die vorgefallene Szene im Kopf. Dabei bemühte er sich den restlichen Abend redlich, seinen hinreichend schlechten ersten Eindruck vor seinem Gast wieder wettzumachen.

Er ließ dafür eine der besten Flaschen Scotch servieren und sprach während des Abendessens in jedem zweiten Satz die wirklich überragenden Bilanzen des vergangenen Geschäftsquartals an. Theobald von Wasserfeld ließ dieses Gerede dabei entweder einfach über sich ergehen oder war zutiefst beeindruckt, denn er brachte zwischen den ersten drei Gängen kaum ebenso viele Worte heraus.

Als Arthur schon langsam die Themen ausgingen – was eigentlich nie vorkam – und er sich fragte, womit er den Erbgrafen noch bei Laune halten könnte, änderte sich plötzlich etwas in der Haltung des jungen Mannes. Er legte sein Besteck weg, griff nach dem kaum angerührten Glas Scotch und kippte es in einem Zug hinunter. In seinen Augen glänzte eine Mischung aus Neugier, Vorsicht und dem Wissen, dass er mit den nächsten Worten durchaus mit dem Feuer spielte.

»Ich nehme an, dieser Mann vorhin hat von Flora gesprochen, nicht wahr?«

Aus dem Nebenraum war ein Klirren zu hören. Schritte folgten. Das Geräusch von hastig zusammengetragenen Scherben. Kurz konnte man Eric sehen, wie er mit Gesten jemandem zu verstehen gab, still zu sein.

Arthur blieb zunächst ganz ruhig. Nur für Sekundenbruchteile schielte er zu Robert, der wie zufällig genau in dem Moment den Kopf senkte, um sich die Hände an seiner Serviette abzuwischen. Arthur fixierte wieder den Grafen, griff ebenfalls nach seinem Scotch, jedoch langsam. Ebenso langsam, Tropfen für Tropfen quasi, trank er das Glas leer. Sein Gegenüber ließ er dabei nicht aus den Augen. Anschließend erhob er sich, obwohl das Küchenmädchen gerade den Nachtisch servieren wollte.

»Sie können meins abräumen. Ich bin mit dem Essen für heute fertig.«

Während er danach, ohne ein weiteres Wort an seinen Gast zu richten, das Zimmer verließ, hörte er, wie das Mädchen von Wasserfeld zuflüsterte: »Diesen Namen erwähnt hier keiner. Niemals. Zumindest nicht, wenn er seine Anstellung oder den Kopf auf seinen Schultern behalten will.«

Melodramatische, dumme Gans!, dachte Arthur und nahm sich fest vor, sie morgen feuern zu lassen. Musste Eric schauen, woher er ein neues Küchenmädchen bekam. Aber solche Frechheiten konnte er vom Personal nicht dulden.

Es gab nicht viele Regeln in diesem Haus. Verlangt wurde lediglich eine vorbildliche Arbeit. Ansonsten gab es keine Eskapaden eines übermäßig empfindlichen Hausherrn zu befürchten. Nur ein Thema war tabu in diesen Wänden. Nur eines. Und das hatte gute Gründe.

Flora gehörte in ein anderes, ein glücklicheres Leben. Das Geschehene war nicht seine Schuld und seit sieben Jahren auch nicht mehr seine Verantwortung. Er hatte ein Recht darauf, seinen Frieden zu finden. Wer das nicht begriff, der war hier nicht erwünscht.

Lauter als gewollt schlug er mit diesem Gedanken die Tür seines Schlafzimmers zu. An Wasserfelds erstem Eindruck von ihm gab es nun ohnehin nichts mehr zu retten.

Von einem neuerlichen Hustenkrampf gepackt, wechselte er aus seinen Kleidern in den Pyjama und stieg sofort ins Bett. Morgen gab es wieder einen Tag, an dem er versuchen konnte, alles zu vergessen.


kapitelzierde_sidhe_fmt



2

 

Flora

 

»…tmen!«

»Was hast du gesagt?!«, lachend schrie Arthur gegen den Sturmwind an.

»Wie die Luft zum Atmen, Papa!«, plärrte das dünne Kinderstimmchen mit erstaunlicher Kraft zurück. »Ich liebe dich wie die Luft zum Atmen!«, wiederholte sie, flog in seine Arme, drückte ihm einen stürmischen Kuss auf die Wange, bevor ihre schwarzen Zöpfe wieder zwischen den roten und blonden der Schwestern untertauchten und alle drei Mädchen lachend über die Wiese rannten.

Arthur ließ die Leine des Drachen dabei durch seine Finger gleiten. Immer höher und höher stieg das bunte Viereck mit den zwei Dutzend rosa Schleifen an der Schnur. Dann aber brachte eine Winböe den Drachen ins Flattern. Es ruckte an der Leine. Die Blicke der Mädchen schossen hinauf. Ein heller Ton drang durch den einsetzenden Regen, als würde eine Klaviersaite reißen, und der Drache wurde kleiner und kleiner, während die immer wilderen Böen ihn hin und her und auf und davon trugen.

Enttäuschung blickte Arthur aus sechs Augen vor sich an. »Kommt er wieder zurück?«

»Nein, Amy. Ich glaube, den haben wir an den Sturm verloren«, sagte die goldblonde Rosie in ihrer fast schon zu erwachsenen Art.

»Dabei habe ich ihm meine schönste Haarschleife ganz oben an den Schwanz geknotet. Das ist gemein«, protestierte Amelia und drehte die roten Zopfenden in den Fingerspitzen. Nur seine Kleinste sagte kein Wort.

»Kommt, ihr drei. Lasst uns heimfahren. Es wird Zeit. Sonst holt ihr euch im Regen noch eine Erkältung.«

»Und wir können nicht mal versuchen, ihn wiederzufinden?«

»Selbst wenn wir ihn finden, ist er sicher kaputt. Manche Dinge verliert man halt einfach«, versuchte Arthur, ihnen die Situation zu erklären.

Rosie nickte. Amelia fing an zu weinen und Arthur musste sie in den Arm nehmen. Flora aber murmelte auf dem Weg zum Auto nur leise vor sich hin: »Genau wie Mama.«

 

trenner_fmt

 

Noch Stunden später erinnerte sich Arthur an jedes Detail des Traums. Ein Grund, warum er beim Frühstück abwesend und schweigsam aus dem Fenster starrte. Allerdings tat das nichts mehr zur Sache. Nach seinem gestrigen Auftritt sah Theobald von Wasserfeld nicht danach aus, als wollte er unbedingt höfliche Konversation mit seinem Gastgeber betreiben.

Arthur war es recht und er begann zwischen Toast und Tee mit Zitrone, den Tag zu planen. Zwei wichtige Memos vom frühen Morgen bedurften dringend näherer Aufmerksamkeit. Also musste er zuerst in die Firma und dann zur Bank. Bevor er mit seinen Gedanken jedoch weit kam, klingelte es.

»Nicht schon wieder«, dachte Arthur, sprach es wohl aber versehentlich laut aus.

Von Wasserfeld wandte den Kopf zu ihm und fragte: »Meinen Sie, dieser Boyd traut sich noch mal hierher?«

Die Antwort darauf erübrigte sich jedoch, als eine bildhübsche, adrett gekleidete Endzwanzigerin das Zimmer betrat. Aus ihrer goldblonden Hochsteckfrisur hing nicht ein Härchen heraus und der Ton ihres Kostüms passte perfekt zu den leicht champagnerfarbenen Perlen, die sie um den Hals trug.

»Rosalie? Wie schön, dich zu sehen. Kommst du tatsächlich einmal zum Frühstücken vorbei?«

Arthur erhob sich und nahm die Tochter in den Arm. Diese schielte kurz auf den Tisch und rümpfte die Nase.

»Würde ich mit dir frühstücken, würde ich innerhalb einer Woche nicht mehr in meine Sachen passen. Noch nie von Low Carb gehört?«

Erst da schien ihr aufzufallen, dass ihr Vater nicht allein zu Tisch saß. Ihre Aufmerksamkeit wandte sich von Wasserfeld zu und dieser erhob sich ebenfalls.

Er räusperte sich, machte Anstalten, sich vorzustellen, doch Rosalie ließ ihn nicht. Mit einem festen Schritt auf den hohen Hacken war sie bei ihm, ergriff seine Hand und sagte: »Sie sind ja schon da. Rosalie Lillian König. Aber für Sie reicht Rosie.«

»Theobald … also Theo … von Wasserfeld. … A… angenehm«, brachte der auf diese forsche Ansprache hervor.

»Ich weiß. Papa hatte erzählt, dass Sie für eine Weile kommen würden, um sich in der Firma umzusehen. So wie ich das sehe, wäre die Fusion für uns alle ein Gewinn.« Arthur lächelte kaum merklich. Seine Rosie, immer und ganz die Geschäftsfrau.

»Spatz, wenn du nicht zum Frühstücken hier bist, warum kommst du dann?«

»Vielleicht, damit du mit deiner bärbeißigen Art unseren Gast nicht vergraulst.«

»Oh … Fräulein König … Ich meine, Rosie. … Ich versichere Ihnen, Ihr Vater war …«

»Ja? Was war er denn? Ein kauziger Sonderling? Ein drakonischer Despot oder ein ausgemachtes Ekel?«

»Rosie!«

»Ach Papa, so verschüchtert, wie er schaut, hat er dich schon ganz gut kennenlernen dürfen. Aber ich höre ja schon auf, dich bloßzustellen. Wir müssen ohnehin los.«

»Los? Zu was?«

»Deiner Computertomografie. Ausreden lasse ich nicht gelten. Onkel Robert hat mir gestern noch ein Memo geschrieben, dass ich ja dafür sorgen soll, dass du gehst. So wie du dich windest, hatte er recht.«

»Und Japan?«

»Darum kümmere ich mich später. Ich liefere dich in der Klinik ab, nehme den Grafen mit und zeige ihm die Firma. Mit meinen Zusammenstellungen der Berichte bin ich noch nicht fertig, dazu hätte ich wissen müssen, dass er eine Woche früher kommt. Aber wir finden schon einen guten Einstieg für ihn. Sobald ich mit dem Tagesgeschäft durch bin, holen wir dich wieder ab. Wie klingt das?«

»Ich werde also wie ein gebrechlicher alter Sack aufs Abstellgleis geschoben?«

»Nein. Du wirst wie ein störrischer alter Sack in die Klinik gebracht, damit du morgen wieder mitspielen kannst.«

Arthur seufzte. Diesmal laut. Wenn Rosie in Fahrt kam, gab es keine Urgewalt des Universums, die sich ihr in den Weg stellen konnte. Darin war sie wie ihre Mutter.

 

trenner_fmt

 

Genau wie ihre Mutter war sie in manchen Dingen aber auch so pragmatisch wie kühl. Natürlich kam er sich von seiner erwachsenen Tochter bevormundet vor, wenn sie ihn ins Krankenhaus eskortierte. Doch hatte es definitiv auch etwas von Fürsorge und Wärme ihm gegenüber. Ein Eindruck, der augenblicklich verpuffte, als sie dem Fahrer zu verstehen gab, dass er direkt vor dem Haupteingang halten sollte.

»Du kommst also nicht mit und hältst deinem alten Vater die Hand?«

Mit diesem Scherz versuchte Arthur, seine Enttäuschung zu überspielen. Aber richtig, Rosie hatte ja schon angekündigt, dass sie und von Wasserfeld zur Firma fahren würden.

»So gebrechlich siehst du nicht aus. Nur durch die Tür, zur Anmeldung gleich links. Bis in Onkel Ludwigs Büro schaffst du es sicher ohne mich, Papa.«

Arthur zuckte die Schultern. Vermutlich musste er sich selbst die Schuld dafür geben, dass seine Älteste stets zuerst ans Geschäft und dann an die Familie dachte. Er hatte es ihr ja jahrelang nicht anders vorgelebt. Damit stieg er aus der Tür, die Thompsen schon eine ganze Weile offen hielt.

»Besten Dank, Sie können hier draußen warten und eine Runde im Park spazieren gehen, oder was auch immer. Drinnen brauche ich keine Eskorte.«

Thompsen nickte. Der Wagen fuhr augenblicklich ab. Arthur beeilte sich, durch die hohe Glastür ins Innere zu kommen. Auch wenn die weiße Fassade wohl einen hellen und freundlichen Eindruck vermitteln sollte, so wirkte sie auf ihn nur steril und abweisend.

Seit wann so sentimental?, fragte er sich für einen Augenblick, schob den Gedanken aber beiseite und trat an den Schalter.

»Ah, Herr König. Ja, die Radiologie erwartet Sie schon. Ich rufe eben nach einer Schwester, die Sie in die Abteilung begleitet.«

Arthur wollte abwinken und sagen, dass er auch allein gehen konnte, aber die Dame hatte es schon ausrufen lassen.

Somit trat er auf die Seite, um für den Nächsten Platz zu machen, während er wartete. Dabei fiel sein Blick auf die vollbesetzten Stühle im Korridor. Besonders an einem Mann im Rollstuhl blieb er hängen. Man konnte das Rasseln seines Atems bis zu ihm nach vorne hören. Hin und wieder erging er sich in einem schwachen Husten. Eine Frau saß auf einem Klappstuhl in seiner Nähe. Als eine junge Frau ganz in Mintgrün geschäftig den Gang hinabeilte, stand die Frau auf und hielt die Schwester kurz am Ärmel zurück.

»Wie lange müssen wir denn noch warten, bis der Termin fürs CT bestätigt wird?«

Mitleidig blickte die Angestellte zu dem Patienten im Rollstuhl.

»Hat Dr. Berger sich nicht bei Ihnen gemeldet? Warten Sie kurz.«

Mit bestimmtem Schritt wechselte sie die eingeschlagene Richtung und kam an die Anmeldung. Arthur hörte, wie sie mit ihrer Kollegin am Empfang sprach, doch die beiden waren zu leise, als dass er Genaueres verstanden hätte.

Erst, als die Empfangskraft wiederholt den Kopf schüttelte, schlug die Schwester mit der flachen Hand auf den Tisch und fluchte laut.

»Gecancelt? Das kann nicht sein! Diese Leute sind bereits zum vierten Mal einbestellt. Der Mann braucht die Tomografie.«

»Tut mir leid. Wir haben heute einen Termin mit höchster Dringlichkeit reinbekommen.«

Die Empfangskraft tippte auf ein Blatt vor sich, bei dem es sich um den Tagesplan handeln musste. Arthurs Gedanken drifteten bereits wieder zu Rosie und der Frage, ob sie die Vorbereitungen für den Deal am Freitag wirklich allein hinbekommen würde. Da nahm er aus den Augenwinkeln wahr, wie die empörte Schwester sich in seine Richtung drehte.

»Ist ja klar. Ein König hat ja immer Vorrang vorm einfachen Volk.« Damit wandte sie sich ab und eilte wutentbrannt in Richtung einer Schwingtür, auf der das große Schild »Radiologische Abteilungsleitung, Leitung Prof. Dr. Berger« bereits ahnen ließ, was ihre Intention war.

Arthurs Blick folgte ihr. Er zog die Stirn kraus. Hatte die Kleine tatsächlich ihn gemeint? Wenn ja, würde sie heute Abend definitiv noch ein Gespräch mit ihrem Chef haben, und zwar keins von der erfreulichen Sorte.

Zunächst aber bekam Arthur den vielbeschäftigten Ludwig gar nicht zu Gesicht, sondern wurde nur von einem älteren Pfleger in den Tomografenraum geführt, wo die Techniker alles Weitere übernahmen.

 

trenner_fmt

 

Als er gute zwei Stunden später endlich vor Ludwig saß, hatte er den Vorfall und die aufgebrachte Schwester bereits vergessen. Die Bilder, die gerade von seinem Brustkorb gemacht worden waren, leuchteten ihm von den Monitoren an allen Wänden des Raumes entgegen. Ludwig hatte noch kein Wort gesagt. Dennoch fühlten sich Arthurs Hände eiskalt an und auf seinen Gedanken lag ein drückender grauer Schleier.

»Mehrere?«, brachte er schließlich hervor.

Ludwig nickte. Arthur kannte diese betont ruhige Art an ihm von unzähligen Diagnosen. Er war schon im Studium nicht nur der Ehrgeizigste, sondern auch der Beste von ihnen dreien gewesen. Robert hatten diese Patientengespräche immer fertiggemacht und Arthur selbst hatte sich zu Höherem berufen gefühlt, als Sterbenden zu offenbaren, dass sie noch vier, fünf oder acht Monate hatten.

Phase 1 Schock. In dieser Phase musste man dem Patienten Zeit geben, die Tatsachen zu verarbeiten. Die Anweisungen klangen so frisch wie damals in seinem Gedächtnis. Nur, dass er sie jetzt zum ersten Mal verstand.

»Wie sicher bist du dir?«, fragte er und bemerkte gleichzeitig, dass ein Teil von ihm schon zu hadern begann.

»Ich kann dir ganz sicher sagen, dass du ein pulmonales Karzinom hast. Um es weiter zu differenzieren, brauchen wir einen PET-Scan, der uns eventuelle Fernmetastasen zeigt. Gleichzeitig würde ich den Termin für eine chirurgische Exzision des größten Knotens ansetzen, womit wir auch Material für die zelluläre Differenzierung gewin–«

»Nein.« Selbst erstaunt über seinen so plötzlichen wie unverrückbaren Entschluss, schob Arthur den Stuhl nach hinten und erhob sich. Er blieb noch einmal kurz vor den Bildern stehen, die wie Schreckgespenster im abgedunkelten Raum leuchteten.

»Wenn ich kleinzelligen Lungenkrebs habe, dann bleiben mir wie viel? Rund sechs Monate, nicht wahr?«

»Arthur, die Medizin ist seit unseren Studientagen bedeutend fortgeschrittener. Es gibt heutzutage sehr gute Chemotherapieprotokolle für die Stadien eins bis drei, die sogar mit recht hoher Wahrscheinlichkeit zu einer meridianen Überlebensrate von über fünf Jahren führen.«

»Die da wären?«

Ludwig druckste, doch es hatte keinen Sinn. Jedes Kind konnte die einschlägigen Zahlen mit nur einem Klick googeln.

»Dreißig Prozent.«

»Und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich in Stadium eins bis drei bin?«

»Das können wir mit Sicherheit erst sagen, wenn der PET-SCAN –«

»Ludwig, ich frage dich als meinen Freund, nicht als meinen Arzt.«

»Wie du sicher weißt, wird diese Art Erkrankung wesentlich häufiger in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Also …«

»In Zahlen?«

»Siebenundsechzig.«

Arthur nickte. Er wusste, dass Ludwig nicht die Prozente zu seinen Gunsten genannt hatte, und es bestätigte ihn in seinem Entschluss.

»Mit einer Wahrscheinlichkeit von einem Drittel habe ich also eine Form dieses Krebses, bei der ich darauf hoffen kann, dass die Therapie bei jedem Dritten einen Erfolg bringt. Eine Therapie, die mir vermutlich mindestens zwei bis drei Zyklen irgendeiner stark lebensbeeinträchtigenden Chemotherapie verschreibt, sodass ich mich neunzig Prozent der Zeit, die ich noch habe, beschissen fühlen werde.«

»Es wären vier bis sechs Zyklen. Und eine adjuvante Bestrahlung, um Hirnmetastasen vorzubeugen. Außerdem ist die Gefahr einer Paraneoplasie recht hoch, weswegen es sein kann, dass du weitere Medikamente brauchst, um die Nebensymptome in Schach zu halten.«

»Mein Hirn grillen, um dem Tumor möglichst mehr zu schaden als dem, was mich und meinen Intellekt ausmacht. Tolle Idee. Dann geht es immerhin nur der Brokkoli-Variante von mir beschissen. Mit wie viel Prozent Wahrscheinlichkeit ich da dann leide, dazu hast du sicher auch schicke Studien.«

Auf diesen letzten zynischen Kommentar schwiegen sie beide eine ganze Weile. Arthurs Finger wanderten zu seinem Glücksbringer an der Krawatte, wobei er versuchte, das Ziehen in seiner Brust und die Schwäche in seinen Beinen zu ignorieren. Vor seinem geistigen Auge tauchte der Patient von vorhin im Rollstuhl auf. Nadeln und Schläuche überall in sich. Sabbernd wie ein Kleinkind.

Über den Tod hatte er sich bis heute keine Gedanken gemacht. In seinen Augen lag kein Mysterium in einer Sache, die früher oder später jeden ereilte. Es hielt einen nur davon ab, seine vollkommene Aufmerksamkeit dem Leben an sich zu widmen.

»Ich habe immer gewusst, was ich nicht will, Ludwig. Und das ist ganz sicher das hier.«

Damit zog er die Tür auf und deutete hinaus auf die Flure, die mit ihrem frischen Apfelgrün fast freundlich wirkten.

»Dann, mein alter Freund, kann ich dir nur den Rat geben, schnellstens herauszufinden, was du vom Leben noch willst. Je später du mit einer adäquaten Therapie beginnst, umso weniger Zeit können wir dir verschaffen.«

»Das ist mir bewusst«, erwiderte Arthur und wollte schon auf den Gang treten, als er fast von einem Rollstuhl umgefahren worden wäre. Hastig machte er einen Schritt zurück in den Durchlass der Tür.

»Aufpassen. Hier wird gearbeitet«, kam es ihm von hinter dem Rollstuhl entgegen. Arthur erkannte sowohl den Patienten aus dem Foyer als auch die renitente Schwester wieder.

»Ich hatte doch noch um einen Moment gebeten, Dr. Fey.«

»Ich weiß, Dr. Berger, aber Sie entschuldigen, dass der Patient vorgeht. Der hat diesen Moment nämlich vielleicht nicht.«

Sie machte den Anschein, als wolle sie etwas hinzufügen, schielte dann aber kurz zu Arthur und unterließ es. Während sie sich in Richtung der Tomografenräume entfernte, drehte Arthur sich um und reichte Ludwig die Hand.

»Die ist schon ein Doktor? Reichlich jung. Und reichlich frech, deine Assistenten heutzutage. Ich empfehle mich, Ludwig.«

»Kompetenz kann sich sowohl Jugend als auch forsches Auftreten erlauben. Ich hoffe aber, du überlegst es dir noch anders. Denk dran, ich kann für dich jederzeit Platz im Terminplan machen, wenn es sein muss.«

Arthur schüttelte ablehnend den Kopf. Während er den Gang in Richtung Foyer zurückging, flog sein Blick noch einmal zu der jungen Ärztin, die er so falsch eingeschätzt hatte. Sie und ihr Patient passierten gerade einen Spiegel, als auch sie sich, wohl eher zufällig, nach Arthur umdrehte.

Das schmutzigblonde Haar und das Allerweltsgesicht standen in starkem Kontrast zu dem so forschen Auftreten, das Arthur an jemand anderen erinnerte. Für den Bruchteil einer Sekunde war ihm, als würde er im Spiegel eine ganz andere Person stehen sehen. Schlank und athletisch mit pechschwarzem Dutt und stechend grünen Augen. Der Blick wie immer vorwurfsvoll. Wie vor sieben Jahren.

Missmutig schüttelte Arthur den Kopf. Die junge Ärztin passierte den Spiegel. Die Erinnerung verflog. Das Gefühl aber, das er damals gespürt hatte, die völlige Hilflosigkeit, das Nichtwissen, was er sagen oder tun könnte, um das Geschehene zu ändern, hing noch nach. Es verfolgte ihn den Gang bis zur Ausgangstür, als Rosie ihn abholte, er ihr ins Gesicht log, dass alles gut sei, während er mit ihr nach Hause fuhr und auch später noch, als sie gemeinsam zu Abend aßen.

Anschließend verabschiedete er seine Tochter mit festerer Umarmung, als er es beabsichtigt hatte, und sie sah ihn ein wenig verwirrt an. Für einen Moment glomm in dem immer toughen, perfekten Rosie-Gesicht sogar so etwas wie ernste Sorge auf.

»Papa, ist wirklich alles okay?«

»Ja, Schatz. Ich habe … nur mal wieder an Weihnachten gedacht. Noch ein Monat. Und du weißt ja. Mama und …«

»Flora. Ja, ich weiß, Papa.«

Sie küsste ihn auf die Stirn und Arthur sah, dass es auch in ihr alte Wunden aufriss.

»Ach Schatz. Es wird alles gut werden. Es ist bloß diese trübe Jahreszeit.«

Verleugnung, wusste dabei sein Unterbewusstsein, war die zweite Phase des Sterbens.


kapitelzierde_sidhe_fmt


3

 

Die Spur der Tränen

 

In den kommenden Nächten quälten ihn wieder die Träume von den kleinen Mädchen in den rosa Regenmänteln. Diesmal immer nur zwei. Nur blonde und rote Zöpfe. Dafür stand unauffällig, am Rand der Erinnerungen eine weitere Gestalt. Eine, von der er bei Tag wusste, dass sie niemals mit ihm und den Mädchen zum Drachensteigen mitgekommen war.

Diese Ausflüge waren ganz und gar sein Privileg gewesen an Wochenenden, an denen Elise sich Zeit für sich genommen hatte. Dennoch konnte er sie auf dem Hügel außerhalb der Stadt stehen sehen. Das nachtschwarze Haar tanzend im Wind. Der blasse Teint leuchtend, auch ohne dass sie dafür Make-up verwenden musste. Die grünen Augen verschlossen, suchend. So, als gäbe es Dinge und Gedanken, die sie nie mit ihm geteilt hatte.

Und ich habe sie nie danach gefragt, kam ihm in den Sinn, als er Freitagmorgen wieder aus einem dieser Träume hochschrak.

Er blickte auf den Funkwecker. Es war nicht einmal fünf Uhr und draußen noch stockdunkel. Noch gut eine Stunde Zeit also, bevor er aufstehen und sich auf die Konferenz mit den Japanern vorbereiten musste. Doch schlafen konnte er jetzt nicht mehr. Zu viel Unterbewusstes geisterte durch seinen Kopf und drängte an die Oberfläche und zu viel Bewusstes versuchte, sich in die Untiefen zu schieben, in denen es dem Vergessen anheimfallen konnte.

Er schwang die Beine aus dem Bett. Schwerfällig, registrierte er mit Unmut. Ein Frösteln überkam ihn. Das Husten meldete sich. Seine Hand wanderte zu den Tablettenschachteln auf dem Nachttisch. Cortison. Bronchienerweiterer. Alles, was die Symptome lindern würde.

Robert war entsetzt gewesen, als er sich ihm am Tag nach der Diagnose offenbart hatte. Doch er hatte getan, worum Arthur gebeten hatte. Nur diese Medikamente, sonst nichts, und kein Wort zu irgendwem. Das war eine Sache zwischen ihnen drei. Ludwig, Robert und ihm.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752134193
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (Februar)
Schlagworte
Familiendrama Geheimnis Roadtrip Familiengeheimnis Sidhe Krebs Feen Märchenadaption Flucht Irland Fantasy

Autoren

  • Sabrina Schuh (Autor:in)

  • Sylvia Rieß (Autor:in)

Als Vollblut-Buchmensch hat Sabrina Schuh ihr ganzes Leben ins Zeichen der Buchbranche gestellt. Während sie bei Tag ihre schreibenden Kollegen als Coach, Lektorin und im Marketing unterstützt, gehören ihre Nächte ihren eigenen Geschichten. Sylvia Rieß hat sie schon früh mit dem Schreiben begonnen, entscheid sich jedoch ihre beiden Kindheitsträume zu verwirklichen und Tierärztin und Autorin zu werden. Sie liebt es mit dieser Mischung Menschen und Tiere geichermaßen glücklich zu machen.
Zurück

Titel: Das Vermächtnis der Sidhe