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Das Weltenschiff

von Toby Winter (Autor:in)
399 Seiten
Reihe: Kosmische Intrigen, Band 1

Zusammenfassung

Ein atemberauschendes, episches Weltraumabenteuer für Liebhaber der klassischen Science-Fiction Literatur. Ein UFO wird in der Nähe des Pluto gesichtet. Die Kentucky, unter dem Kommando von Jesus Carter, wird losgeschickt, um nach dem Rechten zu sehen. Sie treffen dort auf Außerirdische und erfahren von ihnen Unglaubliches. Die Menschheit ist in Gefahr und die Bedrohung ist so groß, dass sie das Ende der Menschheit bedeuten könnte. Kapitän Carter und seine Crew versuchen in einem Akt der Verzweiflung, das Unvermeidliche noch zu verhindern. Dabei kommen sie einer wahrlich kosmischen Intrige auf der Spur, in dessen Mittelpunkt die Menschheit zu stehen scheint. Kann das Unvermeidliche noch aufgehalten werden oder ist das Ende der menschlichen Rasse längst besiegelt? Erleben sie ein spannendes Sci-Fi Abenteuer um Macht, Lüge und Verrat. Erleben sie Action und Spannung bis zum überraschenden Ende! Leserstimmen: Über eine Fortsetzung würde ich mich freuen. Denn insgesamt ist der Plot stimmig und flüssig geschrieben. Ich habe das Buch in fast einen Zug gelesen es hat mir sehr gut gefallen Kritikpunkte habe ich keine an dieser Story ein empfehlenswertes Science Fiction Abenteuer. Eine interessante Lektüre, spannend und unterhaltsam. Der Schluss lässt für mich eigentlich genug Platz offen um die Story weiter zu führen? �� Ich bin gespannt und werde es beobachten

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Kosmische Intrigen

Das Weltenschiff

Science Fiction Abenteuer

von

Toby Winter

www.diwa-marketing.de

Vorwort:

Meine Bücher werden lektoriert und korrigiert. Leider ist ein superprofessionelles Lektorat teuer, und so kann es trotz großer Sorgfalt passieren, dass einige Rechtschreibfehler durchrutschen. Dafür entschuldige ich mich schon einmal im Voraus.

Ich hoffe, dass sie beim Lesen genauso viel Spaß haben wie ich es beim Schreiben hatte.

Sollte das der Fall sein, würde ich mich freuen, wenn sie mir eine hoffentlich positive Rezession schreiben. Damit würden Sie meine Arbeit würdigen und anderen Lesern helfen, sich in dem Meer von Büchern die guten Perlen herausfischen zu können

Für Anregungen, Kritik oder Verbesserungsvorschläge empfehle ich Ihnen, mir eine E-Mail zu schreiben, da ich immer darauf bedacht bin, Ihnen ein bestmögliches Lesevergnügen zu bieten, ist es sehr wertvoll für mich, wenn ich von Ihnen konstruktives Feedback erhalte. Ich freue mich über jede Mail, da sie mir hilft, meinen Schreibstil zu optimieren und das beste Buch zu schreiben, das ich und Sie sich wünschen.

admin@diwa-marketing.de

Ihr

Toby Winter


Dieses eBook ist für Ihr persönliches Lesevergnügen lizenziert. Verkaufen Sie es nicht und geben Sie es nicht weiter. Wenn Sie dieses eBook mit anderen Leuten teilen möchten, kaufen Sie bitte eine weitere Kopie für jeden Betroffenen. Wenn Sie dieses eBook lesen und es nicht gekauft haben, dann kaufen Sie bitte Ihre eigene Kopie. Um es leicht möglich zu machen, hat das Werk einen moderaten Preis. Wir danken Ihnen, dass Sie die umfangreiche Arbeit von Autor und Verlag respektieren.

Zum Inhalt des Buches:

Sämtliche Personen und Orte in diesem Buch sind frei erfunden.

Sollte es dennoch Parallelen zur Wirklichkeit geben, handelt es sich um reinen Zufall.

Das Werk, einschließlich aller Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, auch in Teilen, ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung jeder Art, Übersetzungen und die Einspeicherung in elektronische Systeme.


1 – Entdeckung

»Verdammt, Jesus! Sie sind immer noch hinter uns. Ich kann sie nicht abschütteln«, jammerte Susie Shong, die Navigatorin der Kentucky.

Jesus blickte auf den Hauptschirm. Die Verfolger kamen der Kentucky gefährlich nahe.

»Jesus, was sollen wir machen?«, Susies Stimme klang schon fast flehend.

Langsam strich sich Jesus mit der Hand übers Kinn. Die Bartstoppeln seines Drei-Tage-Bartes knisterten dabei leise. Man sah ihm deutlich an, wie es hinter seiner Stirn arbeitete. »Susie, wie weit ist der Kitara-Nebel entfernt?«

Susie drehte sich in ihrem Sessel und schaute Jesus fragend an. »Was sollen wir im Kitara-Nebel? Der ist für Schiffe gefährlich, das weißt du doch«, ihre Stimme zitterte nervös bei ihren Worten.

Selbst Kat starte Jesus mit großen Augen an. Was hatte er vor?

»Susie! Du vertraust mir doch?«, Jesus schaute sie mit zusammengekniffenen Augen an.

Susie schluckte hörbar. »Ja, natürlich Kapitän«, stammelte sie hilflos.

Jesus wusste, dass er sich auf seine Mannschaft verlassen konnte. Er war ein hervorragender Stratege, der oftmals Dinge tat, mit denen seine Gegner nicht rechneten. Seine Manöver waren unkonventionell, aber er würde niemals etwas tun, was seiner Mannschaft schaden könnte. Er plante immer mehrere Züge im Voraus und scheute sich auch nicht davor, direkte Befehle zu ignorieren. Er war der geborene Anführer und trieb gerne seinen Vorgesetzten in den Wahnsinn. Mittlerweile hatte er den Ruf, einer der besten Strategen in der Flotte zu sein. Seine verrückten Aktionen waren weit über alle Grenzen bekannt. Sie hatten ihm schon das eine oder andere mal in ausweglosen Situationen geholfen. Auch diesmal brauchte es wieder eine seiner genialen Ideen. Sonst könnte das heute ihre letzte Mission sein. Der Befehl, den sie vom Flottenkommando erhalten hatten, war denkbar einfach. Sie sollten einige hochbrisante Datenscheiben zum Uranus-Stützpunkt bringen. Dies sollte möglichst unauffällig geschehen. Daher hatte man Jesus und seine Mannschaft für diese heikle Mission ausgesucht. Die Kentucky war genau das richtige Schiff für so eine Aufgabe. Sie war schnell und gut bewaffnet für ihre Größe. Kapitän Jesus Carter und seine Crew galten als draufgängerisch und verwegen. Sie waren der Flotte treu ergeben und hätten niemals Informationen an den verhassten Pakt weitergegeben. Eher würden sie sterben.

Jesus Carter kommandierte die Kentucky, einen leichten Kreuzer der Bourbon-Klasse. Sie war mittlerweile in die Jahre gekommen, aber immer noch das schnellste Schiff ihrer Klasse. Jesus und seine Mannschaft hielten sie auf dem neusten Stand der Technik. Erst kürzlich hatte Jesus einen der neuen Holo-Schirme einbauen lassen. Das Neueste, was es an Bildschirmtechnologie in der Flotte gab. Jesus hatte ihn nur dank seiner hervorragenden Kontakte bekommen. Personen und Objekte wurden dreidimensional dargestellt, sodass man den Eindruck hatte, als würden sie direkt vor einem in der Luft schweben.

Die Mannschaft der Kentucky war ein verwegener Haufen, die ihrem Kapitän den letzten Nerv rauben konnte. Jesus hätte sie gegen keine andere im Universum eintauschen wollen. Allen voran Kat. Kat, das war Jesus` Nummer eins, sein erster Offizier. Eigentlich hieß sie Kathrin Suez, war Mitte Zwanzig, hatte kurze blonde Haare, leuchtend blaue Augen und eine sportliche Figur. Die Akademie hatte sie mit der höchsten Punktzahl abgeschlossen, die jemals erreicht wurde. Zu ihrem Leidwesen und dem ihrer Vorgesetzten hatte sie so ihre Probleme mit Befehlen. Sie ließ sich von niemandem verbiegen, selbst von Jesus nicht. Kat hatte die einzigartige Gabe, Dinge aus einem anderen Blickwinkel betrachten zu können. Wenn sie alle Fakten im Kopf sortiert hatte, genügte ihr ein Blick, um mögliche Fehler sofort zu erkennen und gegebenenfalls korrigierend einzugreifen. Sie hörte nur auf ihr Bauchgefühl und traf so die richtigen Entscheidungen. Den Grund dafür konnte sie nicht bestimmen, es könnte aber mit ihrem Geister-Gen zu tun haben. So hatten ihre Ärzte die DNA-Anomalie genannt, die man vor ein paar Jahren zufällig bei ihr entdeckt hatte. Man hatte ihn als harmlos eingestuft, da er offensichtlich keine Veränderungen in ihrem genetischen Code verursacht hatte. Seine Funktion blieb genauso rätselhaft wie der Grund seiner Entstehung.

Viele ihrer Aktionen könnte man durchaus als Befehlsverweigerung ansehen, aber bisher hatte sie mit ihren Entscheidungen immer richtig gelegen. Der Posten auf der Kentucky war die letzte Chance, ihre Karriere als Offizier der Flotte noch zu retten.

Die Besatzung der Kentucky bestand aus insgesamt sieben Mann. Neben Jesus und Kat gab es noch vier Männer und eine weitere Frau. Alle hatten so ihre Probleme mit der Befehlsstruktur in der Flotte und zogen Ärger magisch an.

Bens großes Verlangen nach dem weiblichen Geschlecht hatte ihn schon des Öfteren in Schwierigkeiten gebracht. Als er eine Affäre mit der Frau eines Vorgesetzten anzettelte, wurde er degradiert und zur Strafe auf die Kentucky versetzt. Man munkelte, dass Jesus sich für ihn stark gemacht hatte, da er ein hervorragender Schütze war und man ihn sonst wohl aus der Flotte geworfen hätte.

Klaus saß meistens am Steuer der Kentucky. Jesus kannte niemanden, der ein Schiff unter schwierigsten Bedingungen so gut steuern konnte wie er, und gäbe es da nicht seine allzu ausgeprägte Spielsucht, hätte er wohl eine glorreiche Karriere in der Flotte hingelegt. Neben ihm saß ihr Navigator. Susie war gebürtige Asiatin. Ihre Eltern stammten aus Vietnam, was für sie und ihre Karriere in der Flotte mehr als hinderlich war. Immer wieder wurde sie angefeindet und musste sich mehr als nur einmal zur Wehr setzen. Als sie dem Sohn eines Admirals in der Kantine die Nase brach, ließ dieser sie aus der Flotte werfen. Nur mit viel Mühe und dem Einfordern mehrerer Gefallen war es Jesus überhaupt möglich gewesen, sie auf sein Schiff versetzen zu lassen. Susie war ihm unendlich dankbar für diese letzte Chance, aber zeigen konnte sie ihm das nicht. Dafür war ihr Stolz viel zu groß und stand ihr wie so oft im Weg.

Zu guter Letzt gab es da noch die Zwillinge Ari und Einar Leifsson. Sie kamen ursprünglich aus Island. Und stur wie Isländer nun mal waren, gab es für die Zwillinge keinen Vorgesetzten, den sie respektieren konnten. Nur Jesus war in der Lage, sie zu bändigen, zumindest ein bisschen. Er hatte ihnen vor ein paar Jahren bei einer wilden Kneipenschlägerei das Leben gerettet. Sie waren beim Poker Spielen mit einem ihrer Mitspieler in Streit geraten und dieser hatte schon seine Waffe gezogen. Wäre Jesus nicht dazwischen gegangen, wer weiß, ob die beiden heute noch leben würden.

Jesus liebte seinen wilden, aufmüpfigen Haufen. Er wusste um die Stärken und Schwächen jedes Einzelnen und würde für jeden von ihnen durch die Hölle gehen. Das war ihm wichtiger als alle Auszeichnungen oder bloßer Befehlsgehorsam. Mit dieser Truppe konnte man Großes erreichen oder gnadenlos scheitern, da war sich Jesus sicher.

Ihren neuesten Auftrag hatten sie von Admiral Gneisenau höchstpersönlich, einem der höchstdotierten Offiziere der Flotte, erhalten. Wie er Jesus mitgeteilt hatte, waren die Informationen auf den Datenscheiben mehr als brisant und unterlagen der höchsten Geheimhaltungsstufe. Selbst hochrangige Mitglieder der Flotte durften von dieser Mission nichts erfahren. Zuerst lief auch alles reibungslos. Die Kentucky traf sich mit einem kleinen Kurierschiff der WEU und übernahm die Datenscheiben. Aber kaum hatten sich die beiden Schiffe getrennt, tauchten auch schon zwei Kreuzer des asiatischen Pakts auf. Bei einem kurzen, aber heftigen Feuergefecht wurde das Kurierschiff der WEU zerstört und die Kreuzer machten fortan Jagd auf die Kentucky.

Trotz ihres schnellen Antriebs war es ihnen nicht möglich gewesen, die beiden Kreuzer abzuschütteln. Vielmehr holten diese immer mehr auf und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie in Feuerreichweite gelangen würden.

»Wie weit noch bis zum Kitara-Nebel, Susie?«, rief Jesus nervös.

»Fünfeinhalb Minuten«, antwortete sie knapp.

»Wie lange brauchen die Schiffe noch, bis sie in Feuerreichweite sind?«

»Sechs Minuten! Das wird ganz schön knapp, Jesus.«

»Was machen wir, wenn wir den Nebel erreicht haben?«, erkundigte sich Kat mit brüchiger Stimme.

»Wir fliegen hinein! Was denn sonst?«, antwortete Jesus.

Kat sah ihn entsetzt an. »Aber wir können nicht durch den Nebel fliegen, das ist viel zu gefährlich. Die Sicht ist gleich null, alle unsere Sensoren werden ausfallen und wir müssten blind durch den Nebel fliegen. Wir werden den herumfliegenden Asteroiden im Nebel niemals rechtzeitig ausweichen können. Wir sollten uns lieber den Schiffen des Pakts stellen. Gegen deren Feuerkraft haben wir zwar eigentlich keine Chance, aber ich sterbe lieber in einem Kampf als sinnlos in so einem blöden Nebel!«

Jesus lächelte in sich hinein. »Kat! Habe ich schon jemals sinnlose Befehle erteilt?«, seine Stimme klang kalt und berechnend.

Kat schaute berührt zu Boden. Jesus hatte ja Recht mit dem, was er sagte. Sinnlose Befehle kannte sie von ihm nicht.

»Klaus, wenn wir in den Nebel eintauchen, lässt du sofort einige Haftminen fallen. Gleichzeitig steuerst du hart backbord, lässt uns um einhundert Meter abfallen und stoppst auf Null ab. Ben, du hältst dich bereit, sollten die Minen hochgehen, feuerst du alles, was wir haben, auf die Explosionen.«

Alle schauten Jesus überrascht an. Mit solch einem Manöver hatte niemand von ihnen gerechnet. Es war so einfach wie genial. Die Schiffe des Pakts waren deutlich besser bewaffnet und ihre Schutzschirme ließen sich von den Waffen der Kentucky kaum bezwingen. Nur mit Hilfe der Minen hatten sie überhaupt eine Chance, sie soweit zu überlasten, dass sie zusammenbrechen könnten.

»Noch zehn Sekunden bis zum Eintritt in den Nebel!«, bellte die Stimme des Computers aus den Bordlautsprechern.

»Vier, drei, zwei, eins, zero!«

Klaus ließ einige Haftminen aus dem Heck der Kentucky fallen. Gleichzeitig steuerte er das Schiff nach unten und führte einen Notstopp durch.

In dem dichten Nebel fielen sofort die Sensoren aus, da er voller magnetischer Teilchen war, die dafür sorgten, dass sämtliche Sensoren gestört wurden.

Da auch der Holo-Schirm nichts weiter als eine gelblich trübe Brühe zeigte, konnten sie nur noch nach Sicht operieren, die aber auch nicht viel weiter als ein paar hundert Meter zuließ. Alle starrten gebannt aus der Panzerplast-Kanzel. Würden die Kreuzer auf den Trick hereinfallen und sich wider besseres Wissen in den Nebel trauen? Nur langsam und zögerlich näherten sie sich dem Nebel. Auch ihre Sensoren würden ausfallen, sobald sie in den Nebel eintauchten. So konnten sie die Kentucky nicht wirklich verfolgen.

Als die ersten Minen hochgingen, feuerte Ben alles, was die Bordkanonen der Kentucky hergaben. Der Schirm des Kreuzers, durch die Minen schon aufs Äußerste belastet, fiel in sich zusammen, und als die Geschosse von Ben auf ihn trafen, verging er in einer grellen Explosion. In dem sich schnell ausbreitenden Feuerball hatte auch der zweite Kreuzer keine Chance. Die Waffen der Kentucky durchschlugen auch seinen Schirm und unter heftigen Explosionen zerbrach das Schiff in mehrere Teile, die brennend durch den Nebel drifteten.

Langsam steuerte Klaus die Kentucky wieder aus dem Nebel. Die Mannschaft atmete erleichtert auf, als sie endlich wieder die Sterne sehen konnten.

»Klaus, fliege uns auf direktem Kurs zur Uranus-Station. Ich ziehe mich bis zur Ankunft in meine Kajüte zurück«, ordnete Jesus an und zog sich zurück.


2 – Untersuchungen

Es war der 5. Januar 2127, als das fremde Objekt zum ersten Mal bemerkt wurde.

Der Alarm im Observationsposten auf der dunklen Seite des Mondes sprang an, als der vermeintliche Asteroid plötzlich seine Richtung änderte und abrupt zum Stillstand kam.

Die Drähte zwischen der Station und dem Zentralamt der WEU (Westliche Union) begannen zu glühen. Noch wusste niemand, worum es sich bei dem unbekannten Flugobjekt handelte. Klar war nur, dass es nicht natürlichen Ursprungs sein konnte.

»Ist das ein Alienraumschiff oder ein Schiff des Pakts?«, erkundigte sich Peter Kowalski, der Generalsekretär der WEU.

»Das weiß ich nicht, Herr Generalsekretär. Aber es handelt sich definitiv um ein künstliches Objekt. Kein natürliches Objekt kann seine Geschwindigkeit und Flugrichtung von alleine ändern.«

»Das ist mir klar, Doktor Schwan. Erzählen Sie mir mal etwas Neues.«

»Das kann ich nicht. Das einzige, was wir wissen, ist, dass es mindestens einen Kilometer lang ist und in Struktur und Form einem Asteroiden ähnelt. Es ist vor fünf Stunden auf unserem Radar aufgetaucht, und als es seine Geschwindigkeit und Flugrichtung geändert hat, ging bei uns der Alarm los.«

»Was macht es im Moment?«

»Es ist in einer stabilen Umlaufbahn zum Pluto gegangen.«

»Mehr können Sie mir nicht sagen?«

»Nein, leider nicht. Ich empfehle Ihnen, ein Schiff zur näheren Untersuchung hinzuschicken. Da wir nicht wissen, womit wir es zu tun haben, würde ich äußerste Vorsicht walten lassen.«

»Das hätte ich auch ohne Ihren Kommentar getan.«, grantelte Peter Kowalski, der Generalsekretär der WEU, ehe er die Videoübertragung unterbrach.

»Holen Sie mir Kapitän Carter ans Interkom und stellen Sie ihn dann sofort zu unserer Sitzung durch!«, rief er wütend seiner Sekretärin zu. Er schnappte sich seine Jacke und lief zur eilig einberufenen Sondersitzung im vierundvierzigsten Stock des Zentralkomitees der WEU.

In dem großen Saal war alles vertreten, was Rang und Namen in der WEU hatte. Den Vorsitz hatte der Generalsekretär höchstpersönlich übernommen.

Die Anwesenden lauschten gerade einem Bericht eines der führenden Wissenschaftler, aber auch der konnte ihnen keine neuen Erkenntnisse mitteilen. Es lief alles darauf hinaus, dass man ein Schiff hinschicken musste, um sich vor Ort ein Bild machen zu können.

Nach dem großen Wirtschaftskrieg von 2060 war die WEU aus den Staaten des nordamerikanischen Kontinents und Mittel- und Osteuropa entstanden. Seine drei Milliarden Bewohner lebten zufrieden in Wohlstand und Demokratie. Das Gewaltpotenzial der Bevölkerung war auf ein Minimum gesunken. Fast jeder hatte Arbeit und es gab durch gezielte Steuerung von genmanipuliertem Lebensmitteln genug zu essen für alle. Die ersten interstellaren Stationen wurden auf dem Mond, Mars und dem Jupitermond Ganymed errichtet. Das Raumfahrtprogramm wurde Stück für Stück ausgebaut. Allein ein Überlichtantrieb fehlte noch, wenngleich es schon mehrere gute Ansätze zu diesem Thema gab. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Menschheit damit beginnen konnte, die Milchstraße zu erobern. Es könnte perfekter nicht sein, wäre da nicht der ostasiatische Pakt, der sich aus den asiatischen Ländern und Russland gebildet hatte. Den Menschen, die dort lebten, immerhin fast 5 Milliarden, ging es deutlich schlechter. An der Spitze der Diktatur saß Hoa Meng Sun, der sich gerne als Mann von Welt sah, aber sein Reich wie ein Despot führte. Er regierte mit harter Hand und seine Generäle waren für ihre Grausamkeiten berüchtigt. Meng Sun führte seine Regierungsgeschäfte von Saigon aus, das auch gleichzeitig die Regierungshauptstadt des asiatischen Pakts darstellte. Bis auf eine kleine Schar Auserwählter ging es den meisten Leuten schlecht. Nur leider lagen mehr als zwei Drittel der Rohstoffe der Erde im Hoheitsgebiet des asiatischen Pakts. So fiel es Meng Sun leicht, eine militärische Machtposition aufzubauen, die auch der WEU gefährlich werden konnte. Beide Machtblöcke forschten mit Hochdruck an einem Überlichtantrieb, um leichter an dringend benötigte Rohstoffe zu gelangen. Die militärischen Ausgaben waren bei beiden Machtblöcken exorbitant hoch und erinnerten an den Kalten Krieg aus den fünfziger und sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts.

»Frau Meinert, haben Sie Kapitän Carter immer noch nicht erreicht?«, ärgerte sich Herr Koslowski über seine Sekretärin.

»Leider nein, Herr Koslowski. Er hat sich immer noch nicht gemeldet. Sein letzter Funkspruch kam aus der Nähe des Uranusmondes Titania. Da der Uranus zur Zeit fast 21AE (AE= astronomische Einheit, 1 AE = 499,004784 Lichtsekunden) von uns entfernt ist, braucht ein Funksignal von uns 140 Minuten, bis es ihn erreicht. Sobald wir eine Antwort von ihm erhalten haben, werde ich Sie umgehend informieren.«

»Ja, danke Frau Meinert.« Der Generalsekretär beendete das Gespräch und wandte sich wieder den Anwesenden zu. »Tja, meine Herren, das ist natürlich ärgerlich.«

»Warum ausgerechnet Carter?«, erkundigte sich ein hochdekorierter Admiral mit versteinerter Miene.

Herr Koslowski schaute ihn grübelnd an. »Kapitän Carter befehligt die Kentucky. Das ist das einzige Schiff, das sich zur Zeit in der Nähe des Pluto befindet und schnell genug wäre, um ihn vor den Schiffen des Pakts zu erreichen. Alle anderen brauchen mindestens dreißig Stunden länger. Wir haben Funksprüche des Pakts abgefangen und wissen daher, dass ein Flottenverband auf dem Weg zum Pluto unterwegs ist. Daher ist die Kentucky wohl unsere beste und einzige Option, wenn wir ihn vor den Schiffen des Pakts erreichen wollen.«

Ein kleiner Mann mit runder Nickelbrille und einer Halbglatze stand auf. »Ich denke, jeder von uns Anwesenden kennt das Dossier von Herrn Carter. Vielleicht sollten wir lieber ein anderes Schiff schicken, auch wenn es bedeutend länger brauchen würde.«

Herr Koslowski starrte den Mann mit eisigem Blick an. »Professor Häkinen, mir ist bewusst, dass Herr Carter, vorsichtig ausgedrückt, nicht den besten Ruf in der Flotte besitzt. Er ist aber kein schlechter Mann. Sagen wir mal, er hatte des Öfteren einfach Pech gehabt.«

»Sie meinen wohl eher, er widersetzt sich gerne Befehlen und zieht generell sein eigenes Ding durch«, erwiderte der Professor.

»So hart würde ich das nicht ausdrücken. Bei den meisten Befehlen hat sich im Nachhinein herausgestellt, dass er recht hatte. Und …«

Der kleine Mann unterbrach ihn mit zischender Stimme. »Ja, in den meisten Fällen. Und wenn das diesmal nicht so ist? Was ist, wenn er nicht auf Außerirdische trifft, sondern auf ein Forschungsschiff des Paktes? Er könnte mit einer seiner Harakiriaktionen einen Krieg auslösen. Möchten Sie das zu verantworten haben, Herr Generalsekretär?«

»Natürlich nicht. Aber soweit wird es nicht kommen und …«, ein ankommendes Videogespräch unterbrach ihn.

Das hübsche Gesicht einer blonden Frau in Armeeuniform erschien auf dem großen Holo-Schirm in der Mitte des Raumes. »Guten Tag, Herr Generalsekretär. Wir haben einen Konvoi des Pakts lokalisiert. Er ist mit hoher Geschwindigkeit auf dem Weg zum Pluto. Unter anderem befinden sich zwei Zerstörer der Hongkong-Klasse unter ihnen. Sie sollten das unbekannte Objekt in etwa fünfundzwanzig Stunden erreichen.«

»Danke, General Mito. Informieren Sie uns, wenn es weitere Neuigkeiten gibt.« Er beendete das Gespräch und sah die Anwesenden mit ernster Miene an. »Damit haben sich unsere Optionen wohl gerade auf die Kentucky und Kapitän Carter reduziert.«

Alle Anwesenden sahen sich mit erschrockenen Gesichtern an. Professor Häkinen stand erneut auf. »Entschuldigen Sie, Herr Generalsekretär, was ist denn ein Zerstörer der Hongkong-Klasse?«

Herr Koslowski sah einen Admiral mit silbernen Haaren an. Der erwiderte ernst: »Das kann ich Ihnen erklären, Professor Häkinen. Ein Zerstörer der Hongkong-Klasse ist das größte Schiff, das der Pakt je gebaut hat. Laut unseren Wissenschaftlern gibt es zurzeit nur zwei Prototypen von ihnen. Die Blue Moon und ihr Schwesterschiff, die Black Sun. Ihre Länge beträgt fast fünfhundert Meter und sie sind bestückt mit den modernsten Waffen, die dem Pakt zur Verfügung stehen. Warten Sie mal, ich habe ein Holo-Bild von einem der Schiffe.« Seine Finger fuhren über das Pad, das vor ihm auf dem Tisch lag, und das Bild eines riesigen Raumschiffes erschien in der Mitte des Raumes. Es drehte sich langsam um die eigene Achse, sodass man es von allen Seiten betrachten konnte. »Die Besatzung besteht unserem Wissen nach aus mehr als zweitausend Mann und die Schlagkraft des Schiffes ist so riesig, dass es es locker mit unseren Schlachtschiffen der Europa-Klasse aufnehmen könnte.«

»Was heißt das jetzt für uns?«

»Nun, sollten wir die Kentucky dort hinschicken, hat sie nur so lange Zeit, das Objekt zu untersuchen, bis die Schiffe dort eintreffen. Ein Feuergefecht würde sie auf keinen Fall überstehen. Daher würde ich empfehlen, die Kentucky beim Eintreffen der Flotte sofort zurückzuziehen. Sie sollte sich auf keinen Fall auf einen Kampf mit der Flotte einlassen. Des Weiteren sollten wir mindestens ein Geschwader zum Pluto beordern. Ich empfehle die Berlin und die Boston und mindestens zehn Begleitschiffe.«

»Wie lange bräuchten die Schiffe denn, bis sie den Pluto erreichen würde?«

»Mindestens vierzig Stunden.«

»Also könnte der Pakt fast fünfzehn Stunden lang agieren, ohne dass wir ihn daran hindern könnten?«

»Ja, so sieht es aus, Herr Häkinen.«

Peter Kowalski starrte ernst auf sein Pad. Gerade war eine Nachricht von Frau Meinert eingegangen.

»Meine Damen und Herren, Kapitän Carter hat sich gemeldet. Er ist in der Nähe des Plutos und könnte sofort dorthin fliegen. Da er unsere einzige Option ist, sollten wir ihm unverzüglich den Auftrag erteilen, dort nach dem Rechten zu sehen. Gibt es noch irgendwelche Einwände gegen seinen Einsatz?« Der Generalsekretär schaute fragend in die Runde. Niemand meldete sich, auch aus Mangel an Alternativen.

»Gut, dann wäre das beschlossen. Nun brauchen wir ihm nur noch eine Nachricht zu schicken und dann heißt es, warten. Übernehmen Sie das, Admiral Gneisenau?« Kowalski schaute den Admiral fragend an.

Der nickte bestätigend und blickte in die Kamera, die in der Mitte des Raumes hing. »Hallo, Kapitän Carter. In der Nähe des Plutos ist ein unbekanntes Flugobjekt gesichtet worden. Es könnte sich um ein Forschungsschiff des Pakts oder um ein fremdes Alienraumschiff handeln. Fliegen Sie bitte mit der Kentucky dorthin und schauen Sie nach dem Rechten. Es ist allerhöchste Vorsicht geboten, da wir nicht wissen, womit wir es zu tun haben. Ein Schiffsverband ist zu Ihnen unterwegs, leider auch eine Flotte des Pakts. Diese wird weit vor unserem Verband dort eintreffen. Da seine Feuerkraft der Ihrigen um ein Vielfaches überlegen ist, sollten Sie unbedingt alle Feindberührungen vermeiden. Bei Gefahr ziehen Sie sich unverzüglich zurück und beziehen in sicherer Entfernung Stellung.

Versuchen Sie nichts Verrücktes und sammeln Sie so viel an Informationen, wie Sie können. Eine Videodatei mit allen bisher bekannten Informationen senden wir Ihnen mit. Viel Glück, Kapitän Carter, und halten Sie unbedingt Funkstille ein.« Der Admiral nickte noch einmal kurz in die Kamera und beendete das Gespräch. Nun galt es zu warten, bis sich Carter wieder bei ihnen meldete.

»Wann wird der Kapitän die Nachricht erhalten?«, fragte Professor Hakinen.

»In einhundertvierzig Minuten, wenn wir Glück haben. Direkt sprechen können wir nicht mit ihm, da eine Antwort ebenfalls einhundertvierzig Minuten benötigen würde«, erklärte der Generalsekretär den Anwesenden.


3 - Alien Gespräch

»Sie kommen, Buexxehm!«, flüsterte Niepsaweo.

»Wie viele sind es?«

»Nur ein kleines Schiff«, erwiderte er mit enttäuscht klingender Stimme.

»Nur ein Schiff. Sie sind vorsichtiger als erwartet. Mutter hatte mit einer Armada von Schiffen gerechnet. Was glaubst du, ist wohl einer der vier an Bord?«

»Schwer zu sagen, aber ich denke eher nicht. Das wäre schon ein sehr großer Zufall.«

»Mutter hat alles durchgerechnet. Wenn sie nicht an Bord sind, kommen sie mit einem der nächsten Schiffe.«

»Kann schon sein, aber es leben über zehn Milliarden Wesen dort unten. Da kann ich an so einen Zufall kaum glauben.«

»Wenn du meinst, Niepsaweo.«

»Da kommen noch mehr Schiffe.« Seine Finger fuhren über den Bildschirm und zoomten die Schiffe näher heran. Er legte seinen Kopf schief und betrachtete die seltsamen Flugobjekte. »Die sind viel größer, bis zu sechsmal so groß.«

Buexxehm dreht sich um und betrachtete den Monitor. »Seit wann haben diese Wesen so große Schiffe?«

»Das weiß ich nicht. Bei unserem letzten Besuch vor drei Parsec hatten sie nur eine kleine Flotte mit winzigen Schiffen. Ich hätte nicht gedacht, dass sie so schnell Fortschritte im Schiffsbau machen würden.«

»Hat sich Mutter je geirrt? Die Wesen können nicht über dieses Wissen verfügen. Vielleicht hatten sie Hilfe.«

»Mutter hat sich noch nie geirrt! Das weißt du genau, Buexxehm.«

»Und wo kommen dann plötzlich die großen Schiffe her?«

»In drei Parsec kann viel passieren. Könnte ja sein, dass eine der anderen Rassen den Planeten entdeckt hat und sie sich technologisch austauschen.«

»Und wer sollte das gewesen sein? Das System ist viel zu weit von bewohnten Systemen entfernt. Eher unwahrscheinlich, dass sie jemand zufällig entdeckt hat. Nein, es muss einen anderen Grund geben.«

»Ja? Welchen denn, Niepsaweo? Wenn du eine bessere Erklärung hast, dann her damit.« Er blickte sein Gegenüber provozierend an.

»Sieh mal!«, rief Buexxehm aufgeregt, »Die Schiffe haben eine gänzlich andere Schiffsstruktur und andere Beschriftung. Das müssen die Schiffe des anderen Bündnisses sein.«

Niepsaweo kam näher und betrachtete die neuen Schiffe eingehend. »Du hast recht. Wahrscheinlich befinden sich die beiden Machtblöcke in einem Wettrüsten. Das könnte auch eine Erklärung für die vielen neuen Schiffsmodelle sein. Nur wie sie in so kurzer Zeit einen solchen technischen Fortschritt geschafft haben, erklärt das noch nicht.«

Mit schnellen Fingern wischte Buexxwehm über den Bildschirm. Das Bild änderte sich und ein Verband von acht unterschiedlichen Raumschiffen tauchte auf. »Wir bekommen weiteren Besuch. Das sind zur Abwechselung mal wieder Schiffe des ersten Bündnisses.«

»Wann werden sie unsere Position erreicht haben?«

»Das kleine Raumschiff, das wir als erstes geortet haben, sollte in acht Stunden hier eintreffen. Der große Verband in fünfzehn Stunden und nach weiteren fünfzehn Stunden sollte der Rest hier eintreffen.«

»Gut, dann bleibt uns nicht mehr viel Zeit. Wir sollten mit den Vorbereitungen beginnen, damit wir die Menschen gebührend empfangen können.«

»Ganz, wie du befiehlst, Niepsaweo.«


4 – Kentucky

Als die Kentucky den vereinbarten Treffpunkt erreichte, übergaben sie die Datenscheibe einem Mittelsmann von Admiral Gneisenau.

Jesus saß in seiner kleinen Kabine. Sie war eng und ungemütlich. Viel Platz hatte er hier nicht, aber immer noch mehr als der Rest der Mannschaft, die sich zwei Kabinen teilen mussten. Die Kentucky war kein sehr großes Schiff. Nur mit Mühe konnte man noch den Glanz vergangener Jahre an ihr erkennen. Das Schiff hatte eine Diskusform. Vorne mittig war hinter einer durchsichtigen Panzerglasfront die Brücke untergebracht. Rechts und links neben dem Hauptrumpf befand sich die Primärbewaffnung, jeweils ein lasergesteuertes Plasmageschütz. Zwei abklappbare Flügel, die man für den Flug in einer Atmosphäre verstellen konnte, befanden sich daneben und rundeten die Diskusform ab. Die Kentucky hatte einen Durchmesser von dreiundsechzig Metern und war an seiner dicksten Stelle fünfzehn Meter hoch. Seine Außenhaut glänzte silbern, aber auch hier nagte der Zahn der Zeit unerbittlich. An immer mehr Stellen bildete sich Flugrost und es war abzusehen, dass die Kentucky bald ihre letzte Reise antreten würde. Aber noch war es nicht so weit.

Jesus las die Nachricht nun schon zum dritten Mal. Endlich mal wieder ein Auftrag, der Spaß und Abenteuer versprach. Vorbei war das ewige und langweilige Kartografieren von neuen Sternenkarten oder das Überbringen von irgendwelchen Geheimnachrichten. Bewegung kam in seinen Körper, er schaltete das Interkom ein. »Kat, wir haben einen neuen Auftrag. Fliege bitte mit Höchstgeschwindigkeit zu den folgenden Koordinaten. Bitte in voller Gefechtsbereitschaft. Jesus Ende.« Schnell schickte er die genauen Koordinaten an den Hauptcomputer und lehnte sich grinsend in den Sessel zurück. Er konnte sich nur allzu gut vorstellen, was jetzt auf der Brücke los war.

Ein Brummen zog sich durch das Schiff und es begann langsam und dann immer schneller zu beschleunigen. Schnell wurde der Uranus im Bordfenster immer kleiner und schon bald konnte man ihn mit dem bloßen Auge gar nicht mehr wahrnehmen. Die Kentucky eilte einem neuen Abenteuer entgegen, eines mit einem unbekannten Ausgang.

***

Alle hatten sich auf der kleinen Brücke versammelt und starrten gebannt auf den großen Holo-Schirm. Der Pluto füllte fast den ganzen Bereich aus. Aber ganz klein und winzig konnten sie einen grauen Punkt erkennen, der neben ihm bewegungslos im All schwebte.

»Kannst du das Schiff etwas näher heranzoomen, Susie?«

»Ich kann es versuchen. Warte kurz.« Ihre Finger huschten über ihr Bedienpult. Wie von Zauberhand gewann der kleine Punkt schnell an Größe und man konnte erste Einzelheiten erkennen.

»Versuche mal, das Objekt isoliert darzustellen«, forderte Jesus sie auf.

Wieder wirbelten Susies Finger über ihr Board. Das kleine Objekt wurde vom Hintergrund getrennt und schwebte nun losgelöst von der Schwärze des Weltalls vor den Augen der Anwesenden in der Luft. Deutlich konnte man einzelne Strukturen auf seiner Außenhaut erkennen.

»Das ist doch bloß ein Asteroid. Ein blöder Stein. Dafür sind wir wie die Teufel hierher gejagt?«, grummelte Ben enttäuscht.

Jesus betrachtete nachdenklich das graue Objekt. »Computer, scanne das Objekt nach Lebenszeichen und durchleuchte es mit Polymärstrahlen.«

Auf dem Holo-Schirm leuchtete das Schiff rot auf. »Ich registriere zwei Lebenszeichen und eine schwache Wärmereststrahlung. Mit achtundneunzigprozentiger Sicherheit handelt es sich um ein künstlich erzeugtes Objekt«, klang es etwas metallisch aus den Bordlautsprechern.

Jesus kaute mit den Schneidezähnen auf seiner Unterlippe. Dieser unscheinbare, graue Felsbrocken sollte also ein Raumschiff sein. Stellte sich nur die Frage, wer es gebaut hatte und was es hier wollte?

»Computer, kannst du uns sagen, ob es sich bei den zwei Personen um Menschen handelt?«

Es knackte leise aus den Lautsprechern. »Überprüfung abgeschlossen. Es ist mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,99 Prozent davon auszugehen, dass es sich bei den beiden Lebensformen nicht um Menschen handelt.«

Jesus blickte die Anderen gedankenverloren an. »Susie, wie groß ist das Objekt?« Susie blickte auf ihr Board. Mit Hilfe des Computers errechnete sie die Größe des fremden Flugkörpers. »Das Objekt ist eintausendundzwei Meter lang und an seiner dicksten Stelle hat es einen Durchmesser von fünfunddreißig Metern.«

»Klaus, umrunde es langsam mit der Kentucky, unterschreite aber nicht den Sicherheitsabstand von einhunderttausend Kilometern.«

Niemand redete ein Wort. Alle starrten fasziniert auf das vermeintliche Alienraumschiff. Wer waren die Fremden? Kamen sie als Freunde oder Eroberer?

»Jesus, die Asiaten sind in dreizehn Stunden und neunundzwanzig Minuten hier. Wir sollten uns mit einer Untersuchung beeilen«, warnte Susie.

»Danke, Susie.«

Langsam umrundeten sie das Schiff. Aber so sehr sie sich auch anstrengten, es ließ sich weder eine Öffnung finden noch irgendein Hinweis, dass es sich wirklich um das Schiff einer außerirdischen Lebensform handelte.

Langsam zweifelte Jesus, dass sie einen Eingang finden würden.

»Da, seht nur!«, rief Ari laut und zeigte auf den Monitor.

Jetzt konnten es alle sehen, auf der Seite, die zum Pluto gerichtet war, hatte sich ein kleines, schwarzes Loch gebildet.

Ruhig betrachtete Jesus die runde Öffnung. Sie maß etwa zwei Meter im Durchmesser und schien sie böse anzustarren. Was sollten sie machen? Abwarten oder lieber handeln?

»Klaus, manövriere uns nahe an das Schiff heran. Wir setzen mit dem Beiboot über.«

Wie in Zeitlupe schwebte die Kentucky langsam auf das fremde Schiff zu. Klaus ging mit dem Schiff längsseits. Nur noch wenige hundert Meter trennten die beiden Schiffe voneinander. Jesus stand auf und mit einem Wink forderte er Kat und Ben auf, ihm zu folgen. Sie begaben sich in den hinteren Teil des Schiffes und zogen sich einen der leichten Raumanzüge über. Es würde eng werden in ihrem kleinen Beiboot, das eigentlich nur für zwei Besatzungsmitglieder vorgesehen war.

Ben steuerte das Schiff nahe an das dunkle Loch heran. Mit dem flexiblen Arm der Luftschleuse dockte er an das fremde Schiff an. Ein lautes, schmatzendes Geräusch erklang, als sich die Luftschleuse am fremden Schiffskörper verankerte. Laut zischend wurde der Luftdruck ausgeglichen.

»Gehen wir bewaffnet hinüber?«, erkundigte sich Ben mit gleichgültiger Stimme.

»Ja, mit unsern Standardphasern und vielleicht noch einem Plasmagewehr, damit wir etwas mit einer größeren Feuerkraft dabei haben. Man weiß ja nie, was uns da drüben erwartet.«

Mit einem Grummeln im Magen begaben sie sich in die Luftschleuse. »Susie?«, sprach Jesus in sein Comband, das wie eine herkömmliche Uhr aussah.

»Ja, Jesus?«

»Kannst du erkennen, ob es in dem Schiff eine atembare Atmosphäre gibt?«

»Das habe ich schon versucht, aber unsere Scanner zeigen mir nur unverständliche Werte an. Irgend etwas oder jemand blockiert uns«, erwiderte sie mit zitternder Stimme.

»Okay, danke. Versuche bitte, unsere Vitalfunktionen zu überwachen. Bei Gefahr für die Kentucky zögert ihr keine Sekunde und zerstört das fremde Schiff.«

Susie schluckte den dicken Kloß hinunter. »Okay, wird gemacht. Obwohl ich von diesem Befehl nicht begeistert bin.«

»Das ist egal. Du hast das Sagen, solange Kat und ich uns dort drüben aufhalten, ist das klar?«

»Ja verstanden, Käpten. Sie können sich auf mich verlassen.«

»Ich habe nichts anderes erwartet. Susie, halte bitte die Verbindung aufrecht, solange es geht. So könnt ihr alles mitverfolgen und schneller auf Gefahren reagieren. Ich werde zusätzlich noch ein fliegendes Auge mitnehmen. Ich stelle es auf die Frequenz Z-217 ein.«

Susie nahm schnell einige Einstellungen vor und schon wurde das Kamerabild vom fliegenden Auge auf den Holo-Schirm projiziert.

Jesus stand vor der runden Öffnung. Der Lichtkegel seiner Helmlampe wurden schon nach wenigen Metern von einem geschlossenen Eisenschott aufgehalten.

»Siehst du einen Öffnungsmechanismus?«, fragte Ben.

Jesus drehte sich zu ihm um. »Von hier aus nicht. Ich gehe mal rein. Gebt mir bitte Feuerschutz.«

Ben hielt das Strahlengewehr im Anschlag und starrte grimmig auf die Schleuse.

Vorsichtig näherte sich Jesus der Tür. Er leuchtete die angrenzenden Wände ab. Es gab dort aber keinerlei Knöpfe, Hebel oder dergleichen. Wie man die Tür von hier öffnen konnte, erschloss sich ihm nicht. Er drehte sich entmutigt um und zuckte enttäuscht mit den Schultern. »Hier ist nichts.«

Ein seltsames, schleifendes Geräusch ließ ihn herumwirbeln. Das runde Schleusentor rollte zur Seite und gab den Blick auf einen hell erleuchteten Gang frei.

Unschlüssig stand Jesus vor dem nun freigelegten Durchgang. Er schaute noch einmal seine Freunde an, ehe er sich erneut umdrehte. Kat und Ben blickten angespannt auf den Durchgang. Jesus atmete tief durch und setzte einen Fuß über die Schwelle. Als nichts passierte, ging er entschlossen weiter. Die anderen folgten ihm mit gezogenen Waffen.

Der hell erleuchtete Gang, in dem sie sich nun befanden, war drei Meter breit und mindestens genauso hoch. Das Licht schien einfach aus den Wänden und der Decke zu kommen, ganz so, als wären sie nicht aus Metall, sondern aus Glas. Jesus legte seine Hand auf die Wand. Er spürte ein leichtes Vibrieren, mehr konnte er durch den dicken Handschuh nicht spüren.

Es gab weder Türen noch andere Durchgänge, nur einen langen Gang, dessen Ende sie nicht sehen konnten.

»Was machen wir nun?«, fragte Kat verunsichert.

»Warten«, stieß Ben zwischen seinen zusammengepressten Lippen hervor.

Jesus sah sich mit klopfenden Herzen um. Irgendetwas irritierte ihn, er wusste nur noch nicht, was.

Mit einem Rumpeln schloss sich das Außenschott. Kat versuchte noch, das zu verhindern, aber sie war viel zu langsam. Das fliegende Auge befand sich noch auf der anderen Seite des Schotts.

»Was machen wir jetzt?«, fragte sie mit entsetztem Blick.

»Warten«, war das einzige, was Ben einfiel.

»Susie!«, rief Jesus in sein Comband.

»Susie, kannst du mich hören?« Jesus blickte wütend auf sein Comband. Die Verbindung war unterbrochen, ab jetzt waren sie auf sich allein gestellt.

Kat versuchte verzweifelt, die Tür wieder zu öffnen. Sie tastete die kompletten Wände nach einem versteckten Öffnungsmechanismus ab. Danach hämmerte sie wild mit dem Kolben ihres Strahlers gegen die Tür. Nichts half, die Tür blieb für sie verschlossen.

Jesus und die anderen standen starr vor Schreck. Eine Stimme war hinter ihnen erklungen und sie gehörte definitiv einer Frau.

Sie drehten sich fast gleichzeitig um und blickten die Frau an, die plötzlich vor ihnen im Gang stand. Sie hatte schwarze Haare, die ihr in kleinen Löckchen vom Kopf fielen. Ein weißes Kleid umhüllte ihren Körper und zeigte mehr als es verdeckte. Ihre roten, vollen Lippen lächelten die drei freundlich an.

Jesus gewann als Erster die Kontrolle über seinen Körper zurück. »Wer sind sie und wo kommen sie so plötzlich her?«

»Ich heiße Amy«, antwortete sie lächelnd.

Kat musterte sie misstrauisch. »Das erklärt noch immer nicht, wo sie so plötzlich hergekommen sind.«

»Ich wollte sie nicht erschrecken, wo sie doch so eine lange Reise auf sich genommen haben um uns zu besuchen.«

»Haben sie auf uns gewartet?«, erkundigte sich Jesus neugierig.

Die Frau lachte laut auf. »Natürlich haben wir sie erwartet. Genaugenommen wollten wir sogar, dass sie uns einen Besuch abstatten.«

In Jesus` Kopf pochte es wild. Was hatte das alles zu bedeuten? Wollte er Antworten erhalten, blieb ihm wohl nicht anderes übrig, als ihr Spiel mitzuspielen. »Das ehrt uns sehr, dass sie uns erwartet haben.« Er verneigte sich leicht und lächelte die Frau an.

»Ich Dussel! Was bin ich doch für ein schlechter Gastgeber. Folgen Sie mir bitte, sie möchten sich bestimmt etwas frisch machen.« Sie drehte sich um und ging auf die weiße Wand zu. Wie von Zauberhand fuhr sie geräuschlos nach oben und gab einen weiteren Gang frei.

Jesus sah Kat von der Seite an. Sie zuckte nur unsicher mit den Achseln.

Langsam folgten sie der Frau, die einige Meter vor ihnen her schritt und dabei gekonnt mit ihren Hüften wackelte.

»Träume ich das alles? Das kann doch nicht die Wirklichkeit sein, oder?«, flüsterte Ben.

»Ich weiß auch nicht, was ich davon halten soll. Mir kommt die Frau irgendwie bekannt vor. Ich habe sie schon mal gesehen. Mir fällt nur noch nicht ein, woher ich sie kenne.« Grübelnd folgten sie der Frau.

Amy führte sie durch einen langen, schmalen Gang. Dieser Gang war nicht beleuchtet. Nur fünf Meter vor und hinter ihnen leuchteten die Wände magisch auf. Ansonsten war der Rest in völlige Dunkelheit getaucht. Weder stand noch lag irgendetwas herum, nicht einmal Staub oder Dreck störte dieses perfekte Bild. Selbst die Geräusche ihrer Schritte wurden von den Wänden wie von einem Schwamm aufgesaugt.

»Wo führst du uns hin, Amy?«, versuchte Jesus eine Konversation mit der Frau anzufangen.

Amy blickte über ihre Schulter. »Wir sind gleich da.«

»Wohin bringst du uns?«, fragte Kat misstrauisch nach.

Amy ignorierte ihre Frage und ging wortlos weiter. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. Nach weiteren fünf Minuten hielt sie an und legte ihre Hand auf eine Stelle an der Wand. Sie leuchtete kurz auf und ein Durchgang öffnete sich. Amy trat zur Seite und forderte die drei mit einer Handbewegung auf, durch die Öffnung zu treten. Zögerlich ging Jesus als erster hindurch. Überrascht blieb er stehen, sodass Kat gegen ihn stieß.

Vor ihm lag ein großer Raum. Er war mit altmodischen Möbeln, einem dicken orientalischen Teppich und Dutzenden von Bücherregalen vollgestopft. Von der Decke baumelte ein alter, messingfarbener Kronleuchter und gegenüber der Tür befand sich ein Kamin, in dem ein Feuer leise vor sich hin knisterte. Jesus kam sich vor, als wäre er in das frühe neunzehnte Jahrhundert zurückversetzt worden. Neben dem Kamin stand ein Mann in altertümlicher Kleidung, der Jesus freundlich anlächelte.

»Treten Sie doch näher, Kapitän Carter. Ich warte schon so lange auf Sie.«


5 – Niepsaweo

Überrascht blickte Jesus den Mann an. Er kam ihn seltsam bekannt vor. Irgendwie kam ihm hier alles vertraut vor. Wie konnte das möglich sein?

»Wer sind Sie?«, fragte Jesus mit belegter Stimme.

»Ich heiße Herbert George Wells«, antwortete sein Gegenüber und strich sich mit seinen Fingern über seinen Oberlippenbart.

Jesus wurde es heiß und kalt. Jetzt wusste er, woher er die beiden kannte. Aber konnte so etwas überhaupt möglich sein?

»Hören Sie mit dieser Maskerade auf!«, fuhr er den Mann schärfer an, als er es eigentlich beabsichtigt hatte.

»Was meinen Sie?« Noch immer lächelte er Jesus und die anderen freundlich an.

»Das wissen sie ganz genau. H.G Wells hat vor zweihundert Jahren gelebt, genauso wie seine Frau Amy. Hören Sie auf, uns etwas vorzuspielen. Wer sind Sie in Wirklichkeit und was wollen Sie von uns?«

Das Licht begann zu flackern, und als es sich beruhigt hatte, standen Jesus und seine Freunde in einer großen Halle, die leer zu sein schien. Von den Außerirdischen war nichts mehr zu sehen.

»Was war das, Jesus? Haben wir das nur geträumt oder manipuliert jemand unsere Gehirne?«

»Ich weiß es nicht, Kat. Irgendetwas stimmt hier nicht. Ben, kannst du dich neben mich stellen?«

Ein dumpfer Aufschlag ließ Jesus zusammen zucken. Hinter ihm auf dem Boden lagen Kat und Ben in gekrümmter Haltung. Jesus sprang sofort zu ihnen und untersuchte sie. Sie schienen nur ohnmächtig zu sein, da ihre Brustkörbe sich regelmäßig hoben und senkten.

»Folgen Sie mir bitte!« Die Stimme war hinter Jesus erklungen.

Jesus wurde von den Worten überrascht. Er drehte sich um, aber da war niemand. Er war noch immer allein in dem Raum, nur hatte sich eine weitere Öffnung aufgetan. Jesus sprang auf und schlich vorsichtig auf den Durchgang zu. Der Raum dahinter war dunkel und es ließ sich von hier nicht erkennen, was sich darin verbarg. Vor der Öffnung blieb Jesus ratlos stehen. Sollte er in die Dunkelheit treten und seine beiden Freunde allein zurück lassen? Aber was blieben ihm groß für Möglichkeiten, wenn er Antworten erhalten wollte?

»Wo bleiben Sie denn?«, klang es fordernd aus dem Dunklen.

Jesus blickte noch einmal auf seine bewusstlosen Kameraden, ehe er sich entschlossen umdrehte und über die Schwelle trat. Die Dunkelheit saugt ihn förmlich auf und ließ alles andere verschwinden.

Jesus hatte das Gefühl, frei im Raum zu schweben. Alles um ihm herum lag in völliger Dunkelheit und man sah die Hand vor Augen nicht.

»Hallo!«, rief er ins Dunkle. »Hört mich jemand? Was soll das alles?«

»Wir haben Sie erwartet, Kapitän Carter.«

»Wieso haben Sie auf mich gewartet? Wie konnten Sie überhaupt wissen, dass gerade ich auf Ihr Schiff kommen würde?«

»Mutter weiß alles!«, lautete die kurze Antwort.

»Welche Mutter?«

Jesus lauschte ins Dunkle, aber niemand antwortete ihm. »Hallo!«, rief er nervös.

Keine Reaktion. Langsam wurde er wütend. Was sollte das alles? Spielte man mit ihm und seiner Mannschaft?

»Gehören Sie zum Pakt?«, fragte er unsicher.

»Wer oder was ist der Pakt?«, erscholl es aus dem Dunkeln.

»Ach egal. Klären Sie mich endlich auf, was das alles soll oder wir werden sofort wieder von hier verschwinden.«

»Ihnen steht es frei, uns zu verlassen, wann immer Sie wollen. Aber sind Sie nicht an Antworten interessiert?«

»Doch, natürlich möchte ich endlich wissen, was das alles hier soll. Aber noch lieber würde ich wissen, ob es meinen Leuten gut geht.«

»Es geht Ihren Leuten gut. Sie schlafen nur ein bisschen.«

»Okay! Dann fangen wir am besten mit der Wahrheit an. Wie lautet Ihr richtiger Name?«

»Niepsaweo«, er schrie den Namen mehr, als das er ihn aussprach.

»Niepsaweeeo, was ist das für ein Name?«

Der Unbekannte lachte im Dunkeln laut auf. »Nennen Sie mich doch einfach Wells. Ich glaube, das vereinfacht die Sache ein wenig.«

»Ja, ich glaube, das mache ich auch. Also, Wells. Woher kommen Sie?«

»Das ist nicht so einfach zu erklären. Aber ich will es versuchen.«

In der Dunkelheit leuchtete eine grüne Kugel auf. Die Holo-Projektion war so perfekt, dass Jesus das Gefühl hatte, der Planet würde vor seinen Augen schweben.

»Das ist Xelon, meine Heimatwelt. Sie ist viele tausend Lichtjahre von hier entfernt. Xelon war einst von vielen Wäldern und Gräsern bedeckt. Heute sieht sie so aus. Das Holo-Bild änderte sich und eine braune, leblose Kugel schwebte vor Jesus Augen.

Jesus versuchte, den schlechten Geschmack in seinem Mund hinunterzuschlucken.

»Was… was ist passiert?«

»Wir haben Krieg geführt, mit den Basss. Der Krieg hat lange gedauert, nach eurer Zeitrechnung viele hundert Jahre.«

»Habt ihr ihn gewonnen?«, fragte Jesus leise.

»Jesus, in so einem Krieg kann es keinen Gewinner geben. Sieh dir unsere verwüstete Welt an. Viele Milliarden von meinem Volk sind gestorben. Sinnlos niedergemetzelt für einen Grund, den schon lange niemand mehr kennt. Unser Planet wurde dabei verwüstet. Das alles hat niemandem etwas gebracht. Aber so ist Krieg halt. Es gibt immer nur Verlierer.«

»Was ist mit den Basss geschehen?«

»Der Krieg tobt noch immer. Dazu musst du wissen, dass die Basss eine insektoide Rasse sind und eine völlig andere Lebensweise pflegen als wir.

Unser Zyklus läuft viel langsamer als der eure, aber wir sind uns trotzdem noch sehr ähnlich.«

Jesus blickte angestrengt in die Dunkelheit. Zu erkennen war immer noch rein gar nichts. »Warum zeigst du dich mir nicht? Ich möchte gerne wissen, mit wem ich es zu tun habe.«

»Ich könnte mich dir zeigen, aber mein Aussehen ist für dich bestimmt sehr befremdlich. Damit du dir gegen uns keine Vorurteile bildest, möchten wir dir lieber nicht unser wahres Aussehen zeigen. Wir hatten uns in Körpern gezeigt, die wir aus deinem Unterbewusstsein geholt hatten. So glaubten wir, eine bessere Beziehung zu euch aufbauen zu können.«

»Ich dachte mir schon so etwas. Mir kamen die Personen gleich bekannt vor, ich konnte sie nur nicht sofort zuordnen.«

»Zurück zu den Basss. Sie leben wie die meisten Insekten in großen Kolonien. In einem Jahr kann eine Kolonie bis zu einer Million Soldaten gebären. Allein mit dieser schieren Masse an Soldaten haben sie uns vor ernsthafte Probleme gestellt.

Du musst wissen, dass unsere Rasse ein sehr altes Volk ist. Eintausendjährige sind bei uns keine Seltenheit. Aber jede Medaille hat ja bekanntlich zwei Seiten. Wir bekommen in der Regel nur ein Kind. Dazu kommt noch, dass unsere Kinder erst nach fünfzig Jahren geschlechtsreif werden. Zwar ist unsere Technik weit fortgeschritten, aber was nützt uns das? Wir töten einhundert, eintausend Basss und es kommen noch mal so viele nach. Das ist sehr frustrierend. Mittlerweile schrumpft unser Bestand an Soldaten merklich, da wir an immer mehr Fronten gegen die Basss kämpfen müssen.«

»Was wollt ihr dann von uns? Sollen wir euch helfen und gemeinsam mit euch gegen die Basss kämpfen?«

Niepsaweo lachte erfreut los. »Nein, dazu seid ihr viel zu schwach und nicht fortschrittlich genug.«

»Du willst mir also sagen, wir sind nicht intelligent genug für euren Krieg?«

»So hatte ich das nicht gemeint. Unsere Technik ist der euren um Jahrtausende voraus. Ihr könntet viele der komplexen Vorgänge unserer Technik gar nicht begreifen.«

»Ich glaube, du unterschätzt uns, wir lernen sehr schnell«, stieß Jesus beleidigt aus.

»Ja, das glaube ich dir gerne. Nehmen wir zum Beispiel unsere Waffen. Nur ein echter Xelaner kann eine unserer Waffen abfeuern. Jeder andere, der das versuchen würde, wäre sofort tot.«

»Aber was möchtet ihr dann von uns?«

»Die Basss sind ein sehr kriegerisches Volk. Sie erobern einen Planeten nach dem anderen. Beim Erstkontakt stellen sie sich als die guten, netten Aliens vor. Sie bieten ihre Hilfe an. Erklären sich bereit, ihre Technologie mit euch zu teilen, und versprechen, Umwelt- und Sozialprobleme zu lösen.

In Wahrheit sammeln sie Daten über die Spezies, und sobald diese ihr Vertrauen gewonnen haben, werden sie getötet oder versklavt. Der Planet wird ausgebeutet, und wenn die Basss ihn wieder verlassen, ist er nur noch eine tote, verwüstete Welt, auf der kein Leben mehr möglich ist.

Die Basss werden nicht mehr allzu lange brauchen, bis sie euren Planeten…wie nennt ihr ihn noch gleich?«

»Erde«

»Ach ja, Erde. Bis sie die Erde entdecken werden. Wir reden hier nicht von Jahren oder Monaten, eher von Wochen.«

Jesus blieb jedes weitere Wort im Halse stecken. Wenn das alles stimmte, war die Erde in großer Gefahr. Vielleicht in der größten Gefahr, seit sie existierte.

»Dann wollt ihr uns gegen die Basss helfen! Ihr beschützt uns mit euren Schiffen oder gebt uns Waffen, damit wir uns gegen die Basss verteidigen können.« Hoffnungsvoll blickte Jesus in die Dunkelheit.

»Das geht leider nicht, Jesus. Wir haben gar nicht die Kapazitäten dazu.«

»Dann verstehe ich nicht, warum du mir das alles erzählst. Können wir denn wenigstens Waffen und Technologie von euch bekommen?«

»Auch das geht nicht. Wir Xelaner dürfen keine Technologie an unterprivilegierte Rassen weiter geben. Das verbiet uns Mutter. Ihr könntet sie ja auch gar nicht bedienen.«

Jesus war verzweifelt. »Ich verstehe euch nicht. Ihr erzählt mir das alles und wollt uns dennoch nicht helfen. Wo ist denn da der tiefere Sinn? Wollt ihr euch an unserem Leid erfreuen?«

»Nein, Jesus. Du verstehst das völlig falsch. Wir wollen euch helfen. Nur Mutter hat etwas ganz anderes im Sinn. Du musst wissen, dass sie alles im Voraus plant. Jahrzehnte im Voraus. Wir haben eure Erde schon einmal besucht. Vor ungefähr fünfundvierzig Jahren, nach eurer Zeitrechnung. Wir haben unser Genpool mit dem euren vermischt. Allerdings nur bei sehr wenigen Ausgewählten aus eurem Volk. Nur Kinder, die aus solch einer Beziehung entstanden sind, können unsere Technologie gefahrlos bedienen.«

»Ihr habt uns schon einmal besucht! Vor fünfundvierzig Jahren, sagst du. Ich bin vor fünfundvierzig Jahren geboren!«

»Ja, ich weiß, Jesus.«

In Jesus´ Kopf wirbelten die Gedanken wild durcheinander. Was hatte das zu bedeuten? Sollte er eines dieser Kinder sein?

»Was ist, Jesus? Du scheinst mir einen verwirrten Eindruck zu machen.«

»Ja, also, ich muss das erst einmal alles sortieren.«

»Vielleicht kann ich dir dabei helfen. Meine Brüder, die damals die Erde besucht haben, haben mit vier von euren Frauen Kinder gezeugt. Nicht so wie du jetzt vielleicht denkst. Wir haben in schwangeren Frauen unseren Genpool eingespeist. Diese Kinder sind rein äußerlich nicht von anderen Menschenkindern zu unterscheiden.«

»Aber es gibt eine Möglichkeit sie zu erkennen?«, fragte Jesus, während sich seine Nackenhaare bei dem Gedanken sträubten, vielleicht ein halber Alien zu sein.

»Ja, die gibt es in der Tat. Wenn man sie mit einem besonderen Gerät scannt, kann man sie erkennen.«

In der Mitte des Raumes leuchtete die Holo-Projektion eines kleinen Gerätes auf. Jesus war die Funktionsweise nicht sofort klar, was ihn aber nicht weiter beunruhigte.

Langsam dämmerte es Jesus, dass er nicht rein zufällig hier war. Sollte er oder einer aus seiner Mannschaft eines dieser Kinder sein? In Gedanken ging Jesus die Geburtsdaten seiner Crew durch. Wer käme außer ihm noch in Frage?

Kat? Nein, die war viel zu jung. Ari und Einer fielen aus demselben Grund aus. Klaus war definitiv mit seinen fünfzig Jahren zu alt. Blieben noch Susie und Ben. Susie war, wenn sie ihn nicht angelogen hatte, erst achtunddreißig Jahre alt. Nur Ben war im selben Jahr geboren wie Jesus.

Jesus beschloss, in die Offensive zu gehen. »Wells, bin ich oder einer aus meiner Crew eines dieser Kinder?«

Die Antwort verblüffte ihn dann aber doch mehr als er gedacht hätte.

»Jesus, es gibt auf eurem Planeten über zehn Milliarden Lebewesen. Warum solltest ausgerechnet du einer von den Vieren sein?«

Jesus zuckte hilflos mit den Achseln. »Warum nicht?«, stellte er die Gegenfrage. Zu seiner Überraschung schien es Wells die Sprache verschlagen zu haben.

Nach einer längeren Pause, in der Jesus schon dachte, dass sich Wells gar nicht mehr äußern würde, redete er weiter.

»Ist dir aufgefallen, dass du und deine Mannschaft etwas Besonderes seid?«

Jesus blickte in die Dunkelheit, unfähig etwas zu sagen.

»Jesus, du hast Recht mit der Annahme, dass du einer der Vier bist.«

»Ja, aber wie ist das möglich? Ihr konntet doch unmöglich wissen, dass ausgerechnet ich losgeschickt werde, um dieses Schiff zu untersuchen.«

»Du vergisst Mutter. Sie ist allwissend und hat das vorausgesehen.«

»Aber… aber das ist doch unmöglich«, stotterte Jesus fassungslos.

»So etwas wie Zufall gibt es nicht. Alles im Universum lässt sich mit den richtigen Parametern berechnen. Das wirst du noch lernen, Jesus Carter.«

»Ich verstehe gerade gar nichts. Wieso gerade ich? Was macht mich zu etwas Besonderem?«

»Dein klarer Verstand, mit dem du Probleme auf deine Weise löst. Deine schnelle Auffassungsgabe und natürlich deine angeborenen Führungsqualitäten. Das alles macht dich zu etwas Besonderem.«

Jesus ging nachdenklich in sich. Vieles, was ihm Wells gerade gesagt hatte, konnte er bestätigen. Das waren aber auch alles Fähigkeiten, die ihm mehr als nur einmal Probleme beschert hatten. Und nun sollten ausgerechnet diese Fähigkeiten etwas Positives sein!

»Wells, wenn das alles stimmt, was du mir gerade gesagt hast, warum kommt ihr dann erst jetzt und nicht schon zehn Jahre früher? Wir hätten viel mehr Zeit gehabt, um uns gegen die Basss zu verteidigen.«

»Das ist sicher richtig, aber Mutter hat das so entschieden und Mutter irrt sich nie. Alles hat einen Sinn, den wir nicht immer sofort verstehen müssen. Manchmal braucht man länger oder wir verstehen ihn nie.«

»Okay, kommen wir wieder zu unserem Kernproblem. Wie könnt ihr uns gegen die Basss helfen?«

»Wir sind schon dabei. In diesem Moment bauen unsere Arbeitsroboter einige Aggregate in die Kentucky ein.«

»Jetzt gerade? Was hat meine Besatzung dazu gesagt?« Tiefe Falten bildeten sich auf Jesus Stirn.

»Deine Mannschaft, die haben wir schlafen geschickt. So, wie deine beiden Begleiter vorhin. Die Kentucky liegt in unserem Hangar und sollte in zwanzig Minuten wieder einsatzbereit sein.«

»Ihr baut uns neue Waffen ein?«

»Unter Anderem. Aber auch ein neues Antriebsaggregat und einen verbesserten Schutzschirm und noch einige andere Extras.«

»Hm, aber können wir denn diese Dinge gefahrlos bedienen? Du sagtest doch, dass nur ein Xelaner eure Technik bedienen kann.«

Wells lachte laut auf. »Ja natürlich, und jeder, der unseren Genpool in sich trägt. Wie du und deine Mannschaft.«

»Bei mir verstehe ich das ja, aber Kat ist erst fünfundzwanzig Jahre alt und die Zwillinge sind noch jünger. Ben und Susie sind fast so alt wie ich. Und meine Mannschaft besteht neben mir aus sechs Personen.«

»Ja, das ist sicher richtig. Kannst du dich noch an den 14. Juli im Jahr 2102 erinnern?«

»An einen Tag im Juli vor sechsundzwanzig Jahren? Natürlich nicht. Was soll da besonderes passiert sein?«

»Das weiß ich nicht. Das sollst du mir sagen«, erwiderte Niepsaweo geheimnisvoll.

Jesus fing an zu grübeln. Was hatte er vor sechsundzwanzig Jahren Besonderes gemacht? Er war damals noch ein junger Bursche gewesen, müsste gerade die Sternen-Akademie verlassen haben. Damals war er noch voller Tatendrang gewesen und glaubte, die ganze Welt alleine erobern zu können. Der große Handelskrieg war damals erst seit ein paar Jahren beendet und die Welt hatte angefangen, sich neu aufzustellen. Die WEU wurde gegründet und der asiatische Pakt war noch ein regionales Problem. Alles fühlte sich nach Aufschwung an und man glaubte damals, dass Nichts und Niemand mehr die Menschheit aufhalten konnte. Die ersten Raumstationen wurden gebaut und die Eroberung des Weltalls war in vollem Gange. Die Bevölkerung begann explosionsartig zu wachsen. Viele Krankheiten wurden besiegt und neue Techniken erlaubten der Menschheit, zu einem neuen technologischen Höhenflug zu gelangen.

Aber was hatte Jesus zu dieser Zeit Besonderes getan? Er wohnte damals in einer WG mit einigen seiner Akademiekollegen. In seiner WG gab es auch eine Frau. Ihr Name war Melinda Hamilten. Sie sah toll aus, hatte lange, braune Haare, die sie immer zu einem Pferdeschwanz zusammen band. Ihre Augen, die wie zwei blaue Diamanten funkelten, raubten Jesus damals alle Sinne. Er war unsterblich in sie verliebt, genauso wie seine drei anderen WG-Bewohner. Leider hielt Melinda nicht sehr viel von Treue. Als Jesus sie eines Tages mit seinem besten Freund Julius Sagan im Bett erwischte, brach eine Welt für ihn zusammen. Erst schlug er Julius krankenhausreif und dann heuerte er ohne Sinn und Verstand auf einem der ersten Schiffe an, die loszogen, das Weltall zu erobern. Die Reise auf dem Forschungsschiff dauerte zwei Jahre. Zwei Jahre, in denen er nichts von der Erde sah oder hörte. Als er wieder zur Erde zurückkehrte, gab es die Wohngemeinschaft schon längst nicht mehr. Seine damaligen Zimmerkollegen hatten sich in alle Winde verstreut. Auch Melinda war fortgezogen und Jesus hatte sie nie wieder gesehen. Jetzt, wo er mal wieder an diese Zeit zurückdachte, fiel ihm auf, dass Kat ein bisschen Ähnlichkeit mit Melinda besaß. Vielleicht bildete er sich das auch nur ein, aber ihre blauen Augen erinnerten ihn stark an die von Melinda. Aber konnte das möglich sein? War er etwa Kats Vater?

Das Licht begann zu flackern und Jesus stürzte ohnmächtig zu Boden.

Langsam öffnete Jesus seine Augen. Er lag auf dem Boden, mitten auf der Brücke der Kentucky. Nur ganz langsam kamen die Erinnerungen an das Alienraumschiff und Wells zurück.

Als Jesus seine Gedanken sortiert hatte, riss er ruckartig seinen Kopf nach oben. Ein stechender Schmerz in seiner Schläfe ließ ihn stöhnend zu Boden sinken. Erneut hob er seinen Kopf, diesmal langsamer und vorsichtiger. Der Schmerz ließ sich ertragen, und so stand er behäbig auf. Ein leichter Schwindel ließ ihn sich am Taktik-Pult festhalten. Neben ihm lag Susie. Als sie ohnmächtig geworden war, musste ihr Kopf auf das Pult geschlagen sein. Eine kleine Platzwunde an ihrer Stirn zeugte von dem Aufprall. Er rüttelte sie leicht an der Schulter, sie regte sich aber nicht. Jesus begann, sich weiter umzusehen. Seine ganze Mannschaft lag verstreut auf der Brücke. Oberflächlich gesehen schien es allen gut zu gehen. Allerdings war außer ihm noch niemand bei Bewusstsein.

Ein lautes Alarmsignal weckte seine Aufmerksamkeit. Der Annäherungsalarm war angeschlagen. Eines oder mehrere Schiffe näherten sich der Kentucky.

»Computer, zeig mir die ankommenden Schiffe«, flüsterte er.

Der Holo-Bildschirm flackerte kurz auf und zeigte einen Flottenverband des Paktes, die schnell näher kamen.

»Computer, wann treffen die Schiffe hier ein?«

»In zwei Minuten erreichen die Schiffe Waffenreichweite.«, schnarrte es metallisch aus den Lautsprechern.

Jetzt kam Leben in Jesus. Er sprang vor, schob Klaus aus dem Pilotensitz und schwang sich hinein. Ohne groß zu überlegen, fuhr er mit seinen Fingern über die Anzeigen. Die Motoren der Kentucky liefen an und das Schiff machte einen Satz nach vorne, als Jesus den Notstart einleitete.

Weg, sie mussten hier weg, ehe die Schiffe des Paktes sie mit ihren Waffen erfassen konnten. Jesus wusste, dass er eigentlich keine Chance hatte, ihnen zu entkommen, aber er hoffte, dass das Alienraumschiff ihr Interesse mehr wecken würde als ein kleines unbedeutendes WEU-Schiff.

»Admiral Hiratio. Das WEU-Schiff ist in neunzig Sekunden in Feuerreichweite«, erklärte der Feuerleitoffizier mit gleichgültiger Stimme.

Admiral Hiratio ging nicht weiter auf seinen Offizier ein. »Was macht das Alienschiff?«

»Es bewegt sich nicht von der Stelle. Wir können auf ihm keinerlei Aktivitäten erkennen.«

»Gut, bringen sie uns längsseits zum Alienraumschiff.«

»Admiral, das WEU-Schiff ist gerade per Notstart geflüchtet«

»Was hat das Schiff für einen Ionenkonverter?«

»Einen Klasse sechs-Konverter«, fasste sich der Mann am Kontrollpunkt militärisch kurz.

Der Admiral schaute beruhigt auf den großen Holo-Bildschirm, der auf das Alienraumschiff ausgerichtet war. »Einen Klasse sechs-Konverter. Dann kann es uns nicht entkommen. Kümmern wir uns zuerst um das Alienraumschiff, bevor die WEU-Schiffe hier eintreffen. Volle Gefechtsbereitschaft! Und fahren sie den Schutzschirm hoch«, befahl er mit souveräner Stimme.

Die Black Sun setze sich neben das Alienschiff, während die Blue Moon und der Rest der Schiffe in eintausend Kilometern Stellung bezogen. Auf allen Schiffen herrschte volle Gefechtsbereitschaft. Gerade, als die Schutzschirme hochgefahren waren, explodierte der Asteroid in einer hellen Feuerblume, die sich schnell in alle Richtungen ausbreitete. Als die Druckwelle die Schiffe des Pakts erreichte, wurden sie stark durchgeschüttelt. Einige Schiffe, die ihre Schutzschirme noch nicht vollends aufgebaut hatten, trugen leichte Schäden davon.

»Was ist passiert?« Admiral Hiratios Stimme überschlug sich fast vor Wut.

»Das Schiff ist explodiert. Es gab keinerlei Anzeichen, die darauf schließen ließen. Ohne unseren Schirm wären wir mit Sicherheit vernichtet worden«, erklärte der Offizier.

»Gibt es Schäden am Schiff?«, erkundigte sich der Admiral.

Die einzelnen Decks gaben kurze Lageberichte ab. Es gab nur einige kleine Schäden, die schnell behoben sein würden.

»Ordnen sie die sofortige Reparatur der Schäden an. Die Führungsoffiziere in den Konferenzraum 1, sofort!«, donnerte die Stimme des Admirals durch die Brücke.

Einige der Offiziere sprangen von ihren Plätzen auf und wurden von anderen Besatzungsmitgliedern vertreten.

Keine fünf Minuten später hatten sich die fünf ranghöchsten Offiziere im Konferenzraum versammelt.

Die Männer saßen um einen ovalen Tisch. Über der Mitte leuchtete ein Holo-Schirm, auf dem nur noch die Schiffe des Paktes zu sehen waren. Von dem Alienraumschiff, das vor ein paar Minuten noch hier gewesen war, konnte man bis auf einige Trümmerteile nichts mehr sehen.

»Wie konnte das passieren?«, donnerte die Stimme des Admirals.

Betretenes Schweigen war die Antwort. Niemand konnte oder wollte darauf antworten. Sie alle kannten ihren Admiral nur zu gut. Er war streng und zumeist ungerecht. Dumme Kommentare und Halbwahrheiten konnte er gar nicht leiden.

»Was ist jetzt? Hat keiner von ihnen etwas zu sagen?«

Der erste Offizier, Lee Chang, ergriff das Wort. »Die Sensoren registrierten im Alienraumschiff einen sprunghaften Anstieg von Gamma-Strahlen, kurz bevor wir längsseits gingen. Der Grund für den Anstieg der Gamma-Strahlen war für uns nicht ersichtlich. Die Explosion war somit von uns nicht vorhersehbar und daher unmöglich zu verhindern gewesen.«

Wütend blickte der Admiral seinen ersten Offizier an. »Hätte ich nicht in weiser Voraussicht die Schilde hochgefahren, würde es jetzt einige Schiffe weniger geben. Das WEU-Schiff hatte sich hier wie lange aufgehalten?«

»Vierzehn Stunden und einundzwanzig Minuten«, erklang die weibliche Computerstimme aus den Lautsprechern.

»So, so, über vierzehn Stunden. Was haben sie in dieser Zeit hier getrieben? Und warum, zum Teufel, haben sie eine Bombe im Schiff deponiert?«

»Vielleicht, damit wir es nicht untersuchen können?«, mutmaßte einer der jüngeren Offiziere.

»Das ist eine mehr als unbefriedigende Aussage. Was soll ich Kaiser Hoa-Meng Sun mitteilen? Dass wir nicht wissen, was das WEU-Schiff hier über vierzehn Stunden gemacht hat? Möchten sie ihm diese Nachricht überbringen?«

Der Offizier schaute verlegen zu Boden.

»Berechnen sie sofort einen Abfangkurs zu diesem Raumschiff der WEU. Ich will alles über das Schiff wissen, was darüber in unseren Datenbanken zu finden ist. Wie es heißt, seine Klasse, wer der Kapitän ist usw.«

Einer der Offizier sprang sofort auf, um die Informationen zu besorgen.

Ein neues Holo-Bild erschien. Es war ein Besatzungsmitglied von der Brücke. »Admiral, wir haben genauere Daten über den Flottenverband der WEU, der zu uns unterwegs ist. Es besteht aus acht Schiffen, darunter zwei Zerstörer der Europa-Klasse.«

Mit ärgerlichem Gesicht blickte der Admiral auf das Holo-Bild. »Wie lange brauchen sie noch, bis sie unsere Position erreicht haben?«

»Dreizehn Stunden und dreiundvierzig Minuten.«

Der Admiral baute eine Holo-Verbindung zur Blue Moon auf. Das Gesicht eines älteren Mannes tauchte auf dem Holo-Schirm auf.

»General Ming, Sie bleiben mit ihrem Schiff hier und untersuchen das Trümmerfeld nach weiteren Hinweisen, die wichtig für uns sein könnten. Sammeln Sie auch Proben zur Analyse der Trümmer.«

»Ja, wird sofort erledigt, Admiral.«

Das Holo-Bild erlosch wieder, als der Admiral die Verbindung unterbrach.

Der Admiral schaute seine Führungsriege mit ernster Miene an. »Errechnen sie einen Abfangkurs zum WEU-Schiff. Ich will es so schnell wie möglich aufbringen. Unser Kaiser erwartet von uns Antworten und die will ich ihm liefern«, grollte er die Anwesenden an.

Das Schiff begann leise zu brummen und setzte sich in Bewegung. Die Jagd auf die Kentucky hatte soeben begonnen.

Immer mehr Informationen über die Kentucky und ihre Mannschaft trudelten auf dem Infobildschirm im Konferenzraum ein. Stumm blickte der Admiral auf die Daten.

»Kennt jemand von Ihnen diesen Kapitän Carter?« Er schaute fragend in die Runde.

»Nein, aber ich könnte mir vorstellen, dass es vielleicht ein Besatzungsmitglied gibt, das schon einmal mit diesem Kapitän Carter zu tun hatte«, mutmaßte einer der Offiziere.

Der Admiral öffnete eine Leitung, sodass er im ganzen Schiff zu hören war.

»Hier spricht Admiral Hiratio. Wenn jemand von Ihnen einen WEU-Raumschiffkapitän namens Jesus Carter kennt, so soll er sich sofort im Konferenzraum 1 melden.«

Keine fünf Minuten später verkündete ein leiser Gong, dass jemand in den Raum eingelassen werden wollte.

Ein kleiner Mann mit Nickelbrille betrat den Raum. Er war vom Rang her ein einfacher Soldat. Er trat an den Tisch und verbeugte sich ehrfürchtig.

»Stehen sie locker!«, durchschnitt die Stimme des Admirals die Ruhe im Raum.

»Wie lautet ihr Rang und Name? Woher kennen sie Kapitän Carter?«

»Ich… Ich,…«, er räusperte sich. »Ich bin Gefreiter Kunchai. Winai Kunchai. Zur Zeit diene ich im Maschinenraum. Bis vor kurzem habe ich auf dem leichten Kreuzer Po-Kai gedient. Wir hatten vor etwa einem Jahr den Auftrag, die Raumstationen Kilian mit neuen Waffensystemen zu beliefern. Es kam immer wieder vor, dass die Versorgungsschiffe von ´Piraten´ angegriffen wurden. Wir sicherten mit zwei weiteren Kreuzern die Flugrouten der Versorgungsschiffe. Dabei hatten wir es mehrmals mit der Kentucky zu tun. Die Kentucky wurde damals von einem gewissen Jesus Carter befehligt. So erzählte es uns zumindest unser erster Offizier. Es gab Mutmaßungen, dass die Kentucky im Auftrag der WEU handelte. Beweise konnten wir dafür keine finden, was aber nicht heißen muss, dass sie nicht stimmten.«

»Gut, Gefreiter Kunchai. Was wissen Sie noch über diesen Kapitän Carter? Welche Taktiken verwendet er? Besonderheiten der Kentucky? Alles ist wichtig, da unsere Datenbank fast nichts über sie hergibt.«

Winai blickte sich eingeschüchtert um. Man sah ihm an, dass er sich in seiner Haut nicht wohlfühlte. Er räusperte sich noch einmal. »Wenn ich mich recht erinnere, hatten wir drei Begegnungen mit der Kentucky. Sie griff immer wieder unsere Versorgungsschiffe an. Sie tauchte plötzlich auf, schoß einige Torpedos ab und war auch schon wieder verschwunden, ehe wir überhaupt reagieren konnten. Nur einmal schafften wir es, sie zu stellen. Mit einem einfallsreichen Manöver konnte sie uns aber entkommen. Und das, obwohl wir über bedeutend mehr Feuerkraft und die besseren Antriebe verfügten.«

»Wie hat sie das bewerkstelligt?«

»Ich war ja nicht auf der Brücke, aber ich habe mir erzählen lassen, dass die Kentucky uns mit einer einfachen, aber sehr effektiven Finte genarrt hatte.«

»Wissen Sie, wie er das angestellt hat?«, erkundigte sich der Admiral neugierig.

»Leider nein. Der Antrieb und die Bewaffnung des Schiffs soll bedeutend besser sein, als es eigentlich bei einem Schiff dieses Typs zu erwarten wäre. Zumindest wurde mir das so erzählt.«

»Und mehr können Sie uns nicht berichten? Gehen Sie noch einmal in sich, Gefreiter Kunchai.«

Gedankenverloren stand Winai im Konferenzraum. Natürlich wollte er dem Admiral etwas von Wert berichten. Schließlich gab es für seine Karriere nichts Besseres, als einem der höchsten Befehlshaber der Flotte helfen zu können. »Ich habe gehört, wie sich zwei unserer Offiziere unterhielten. Es ging dabei um Kapitän Carter.«, Winai machte eine Pause. Ihm war nicht ganz wohl dabei, zwei Offiziere belauscht zu haben und das auch noch offen vor dem Admiral zuzugeben. Andererseits könnte diese Information vielleicht hilfreich sein.

»Reden Sie frei heraus, Gefreiter. Sie haben mit keinen Konsequenzen zu rechnen. Wenn schon, dann eher die beiden Offiziere, die sich bei einem wichtigen Dienstgespräch belauschen ließen«, erklärte der Admiral dem verunsicherten Soldaten.

Neuen Mut gefasst, redete er weiter. »Die beiden glaubten, dass Kapitän Carter einer der gefährlichsten Kapitäne der WEU sei, da seine Aktionen eher unorthodox ausfielen und von daher nicht vorauszuberechnen seien. Sie hielten ihn sogar für den gefährlichsten Mann in der WEU überhaupt, und nur seine Interpretation von Befehlen hatte bisher verhindert, dass er noch nicht zum General aufgestiegen ist. Wenn sie jemanden in der WEU-Flotte fürchteten, dann ihn.« Winai atmete erleichtert aus, als er sah, dass der Admiral ihm dankend zunickte.

»Wie hießen die beiden Offiziere der Po-Kai?«, fragte ihn der Admiral mit schneidender Stimme.

»Das… das waren die Offiziere Wang-Hui und Lee Carsoi«, stammelte Winai.

»Holen sie mir den Kapitän der Po-Kai an das Interkom!«, polterte der Admiral in Richtung eines Offiziers.

Winai war sichtlich unwohl in seiner Haut. »Admiral!«, sprach er schon fast flüsternd.

Der Admiral sah ihn mit gerunzelter Stirn an. »Was ist noch, Gefreiter Kunchai?«

»Sie können den Kapitän der Po-Kai nicht mehr kontaktieren. Die Po-Kai wurde vor drei Monaten in einem Gefecht mit zwei WEU-Schiffen zerstört. Es gab keine Überlebenden.« Winai hatte sehr leise gesprochen. Er hoffte, dass die schlechte Nachricht sich nicht zu Ungunsten für ihn ausgelegt wurde.

»Stimmt das?«, polterte der Admiral einen seiner Offiziere an.

Ein stummes Nicken reichte ihm als Antwort.

Als Winai den Raum verlassen hatte, widmete sich der Admiral wieder seinen Offizieren zu. »Sie haben es gehört, meine Herren. Kapitän Carter ist ein nicht zu unterschätzender Gegner. Haben wir mittlerweile eine Spur von der Kentucky gefunden?«

»Nein, sie ist wie vom Erdboden verschluckt.«

»Das kann doch wohl nicht sein!«, rief der Admiral aufgebracht. »Sehen Sie zu, dass wir eine Spur von dem kleinen Schiff finden. Das kann doch nicht so schwer sein. Es hatte kaum Vorsprung und nur einen Klasse sechs-Antrieb.«, grollte er aufgebracht. Man sah ihm seine kaum zu unterdrückende Wut deutlich an.

Der Holo-Bildschirm war noch immer auf das Alienschiff gerichtet. Geblendet schloss Jesus seine Augen, als es in einer hellen Explosion verging. Fassungslos starrte er auf den Bildschirm. Was war da gerade passiert? Hatte der Pakt das Alienraumschiff zerstört? Aber warum sollten sie so etwas tun? Das ergab wenig bis überhaupt keinen Sinn. Nein, es musste einen anderen Grund geben. Nur welchen, das erschloss sich ihm nicht.

»Computer, konnten die Sensoren feststellen, wer das Alienschiff zerstört hat?«

»Nein!«, kam es sofort aus den Lautsprechern. »Die Schiffe des Pakts haben nicht auf die Aliens gefeuert. Warum es explodiert ist, kann nicht bestimmt werden.«

»Computer, kann es durch eine Bombe im Inneren zerstört worden sein?«

»Die Sensoren haben kurz vor der Explosion einen plötzlichen Anstieg von Gamma-Strahlen registriert. Das könnte auf eine Bombe im Inneren deuten.«

»Computer, wie sicher ist es, dass sich die Aliens selber in die Luft gesprengt haben?«

»Nach vorliegenden Daten spricht eine achtundneunzigprozentige Wahrscheinlichkeit dafür.«

»Computer, hat außer uns noch ein Flugkörper das Alienschiff verlassen?«

»Ja, ein kleines Objekt hat zweiunddreißig Sekunden vor unserem Notstart den Asteroiden verlassen und ist in die Umlaufbahn des Pluto eingetaucht.«

Jesus nickte leicht mit seinem Kopf, wie zur Bestätigung seiner Theorie.

Ben stöhnte leise auf. Jesus hatte seine Mannschaft völlig vergessen. Er sprang auf und eilte zu Ben hinüber.

Gemeinsam weckten sie die restlichen Crewmitglieder. Niemand hatte Schaden genommen, bis auf leichte Kopfschmerzen und die Platzwunde von Susie gab es keinerlei ernsthafte Verletzungen.

Jesus hatte seine Crew um sich versammelt. Er berichtete ihnen von seinem Erlebnis mit Niepsaweo und Buexxehm. Gebannt lauschten sie seinen Worten.

»Und du sagst, dass die Aliens nur mit dir sprechen wollten?«, erkundigte sich Kat mit einem leichten Hauch von Eifersucht.

»Ja, Kat. Genau das haben sie gesagt.«

Ben schaute Jesus nachdenklich an. »Jesus, weißt du, was die Aliens alles an der Kentucky verändert haben?«

Jesus schüttelte den Kopf. »Leider nein, Ben. Aber ich finde, dass wir das schnellstens herausfinden sollten.«

Ben sah Jesus unsicher an. »Kann ich denn die Technik der Alien gefahrlos benutzen? Ich dachte, dass nur Menschen mit dem Alien-Gen sie nutzen können.«

Jesus sah die anderen nachdenklich an. Er hatte ihnen bewusst nicht alles erzählt, was er von Wells erfahren hatte. Ob das gut oder schlecht war, würde die Zeit zeigen. Fürs Erste war es sicher besser, wenn sie nicht alles erfuhren, was ihm Wells erzählt hatte. Er hätte auch nicht gewusst, wie er Kat erklären sollte, dass er wahrscheinlich ihr Vater war. Genausowenig war ihm klar, warum die anderen das Alien-Gen in sich tragen sollten.

»Wie ich Wells verstanden habe, tragen wir alle das Xelaner-Gen in uns. Wie das möglich ist, weiß ich leider auch nicht. Nehmen wir es erst einmal als gegeben hin.«

Die anderen sahen sich mit gemischten Gefühlen an, bohrten aber zumindest nicht weiter.

Jesus war bewusst, dass er dieses Problem vorrangig lösen musste, damit nicht weitere Unstimmigkeiten aufkamen.

»Was machen wir denn jetzt? Ich denke, dass die Schiffe des Pakts Jagd auf uns machen werden. Oder seht ihr das anders?«, fragte Kat unsicher in die Runde.

»Gut, dass du das ansprichst, Kat. Wir müssen uns unsichtbar machen, damit die Schiffe uns nicht finden können«, erklärte Jesus.

»Und wie stellen wir das an? Die Schiffe sind viel schneller als wir. Entkommen können wir ihnen nicht. Das sollte dir klar sein«, stellte Ari die Situation für alle klar. »Und unsichtbar machen können wir uns auch nicht. Oder geht das mit unseren neuen Xelaner Funktionen?.«

Jesus blickte gedankenverloren auf dem Holo-Bildschirm. Langsam drehte er sich zu den anderen um. »Klaus, bring uns in einem Zickzack-Kurs von hier weg. So ein bis zwei AE, und dann stellen wir alle elektrischen Systeme ab. Somit sollten wir für die Sensoren der Pakt-Schiffe unsichtbar werden. Wir ziehen uns in den Bunker zurück. Das wird etwas eng werden, aber für ein paar Tage wird es schon gehen«, erläuterte er seine Idee.

Das Entsetzen war in den Gesichtern der anderen zu lesen. Sollten die Schiffe sie trotzdem entdecken, konnten sie sich nicht einmal mehr zur Wehr setzen.

»Was ist mit der Lebenserhaltung?«, erkundigte sich Einar.

Jesus lächelte gequält. »Die natürlich auch. Außerhalb des Bunkers können wir uns dann nur noch mit unseren Raumanzügen bewegen. Es wird sehr schnell kalt werden und der Sauerstoff wird auch nicht mehr gefiltert.«

»Wie lange, glaubst du, müssen wir uns im Bunker versteckt halten?«, fragte Susie ängstlich.

Der Bunker, ein Raum, der nur drei mal drei Meter breit und anderthalb Meter hoch war, sollte also für unbestimmte Zeit ihr neues Zuhause werden.

»Mit sieben Mann halten wir das nicht sehr lange aus.« Einars stimme zitterte bei seinen Worten.

»Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie lange wir dort bleiben müssen. Der Bunker ist eigentlich nur als Versteck für Schmuggelware gedacht gewesen. Er ist dreifach abgesichert, gegen Strom, Wärme und menschliche Lebenszeichen. Hier drin können uns keine Sensoren entdecken. Einer oder zwei von uns müssten aber ständig außerhalb des Bunkers bleiben. Nur so können wir überhaupt erkennen, ob die Schiffe uns entdecken oder nicht. Ein Flottenverband der WEU ist zum Pluto unterwegs. Ich hoffe, der wird die Pakt-Schiffe vertreiben und wir können uns wieder aus dem Bunker trauen.«

»Wenn wir uns mit den Schiffen der WEU treffen, dann müssen wir ihnen von den Verbesserungen der Kentucky erzählen. Ich weiß nicht, ob das wirklich im Interesse der Xelaner ist«, sprach Susie ihre Gedanken laut aus.

Jesus schaute sie nachdenklich an. »Ich denke, dass du Recht hast, Susie. Was schlägst du also vor?«

»Wir versuchen, so lange wie möglich ohne Energie im All zu treiben. Meinetwegen eine Woche oder länger. Danach sollten wir uns an einen abgelegen Ort zurückzuziehen und herausfinden, was die Aliens mit unserem Schiff angestellt haben.«

»Ich halte das für eine gute Idee, Susie. So machen wir das!«, stimmte ihr Kat zu.

»Gut, dann wäre das geklärt«, segnete Jesus den Vorschlag ab.

Alle zehn Stunden wechselten sie sich ab. Das Warten zerrte an ihren Nerven und außer Kontrollgängen gab es nichts zu tun.

Am fünften Tag konnten sie endlich ihr freiwilliges Gefängnis verlassen.

»Ich glaube, die Schiffe des Pakts suche nicht mehr nach uns, zumindest nicht an dieser Stelle im All.«

Lachend verließen sie den Bunker und versammelten sich auf der Brücke. Noch war es bitterkalt auf der Kentucky, die Temperatur war weit unter einhundert Grad gefallen. Die Lebenserhaltung lief langsam wieder an. Lange würde es nicht mehr dauern, bis sie sich ihrer Raumanzüge entledigen konnten.

»Wo soll ich uns hinfliegen?«, fragte Klaus voller Tatendrang.

Jesus studierte nachdenklich die Sternkarten. »Computer, welcher Himmelskörper, der groß genug ist, dass die Kentucky auf ihm landen könnte, befindet sich in der Nähe?«

»Der Pluto Mond Hydra. Er ist 1,6 AE von unserem Standort entfernt. Mit maximaler Geschwindigkeit können wir ihn in zwei Stunden und sechsunddreißig Minuten erreichen«, scharrte es metallisch aus den Boxen.

»Klaus, du hast es gehört.«

Sofort kam Bewegung in Klaus. Seine Finger flogen über das Pult und nur Sekunden später zeugte ein leichtes Vibrieren davon, dass die Motoren des Ionentriebwerks hochfuhren.

Schnell wurde der kleine Pluto-Mond, Hydra auf dem Holo-Bildschirm größer.

»Dort!«, Jesus zeigte auf eine Stelle des Mondes. »Dieser Krater scheint groß genug für die Kentucky zu sein.«

»Susie, wie groß und tief ist der Krater?«

»Er hat einen Durchmesser von sechsundachtzig Meter und ist fast zwanzig Meter tief.«

»Dank, Susie. Klaus, kannst du den Vogel darin landen?«, fragte er seinen Steuermann.

Gekonnt landete Klaus die Kentucky in dem Krater und schaltete die Maschinen aus.

Ari, Einar und Ben schlossen erneut ihre Helme und begaben sich zum Außenschott. Sie wollten von draußen begutachten, was die Xelaner an ihrem Schiff für Veränderungen vorgenommen hatten.

Auf dem Mond herrschte fast keine Schwerkraft und so umrundeten sie das Schiff mit nur zwei Sprüngen.

»Was hältst du davon, Ben?«, Ari zeigte auf eine der Bord-Kanonen, die seltsam verändert aussah.

Ben trat vorsichtig näher. Mit einem Satz sprang er auf den Flügel und betrachtete die Waffe von oben. Akribisch filmte er die Neuerungen. Sie fanden mehr als zehn Geräte, deren Funktion sie sich nicht erklären konnten. Inwieweit es Veränderungen im Inneren des Schiffes gab, konnten sie von hier aus nicht beurteilen.

Jesus und Kat untersuchten derweil das Innere und stießen mehr als einmal auf unbekannte Geräte.

Nach zwei intensiven Stunden trafen sie sich wieder auf der Brücke und tauschten ihre Informationen untereinander aus.

»Was meinst du Ben? Was sind das für Waffen?«

Ben schaute mit gekräuselter Stirn auf sein Tablett. Auf dem noch einmal das Video ablief, das er von der Außenhülle des Schiffes angefertigt hatte. »Ganz ehrlich, Jesus. Ich habe nicht die Spur einer Ahnung, was das für Waffen sein könnten, geschweige denn, welche Feuerkraft sie besitzen. Auch alle anderen Veränderungen sind so fremdartig, dass ich nicht mal raten könnte.«

»Wie sieht es bei euch aus? Hat irgendeiner eine Idee?«, Jesus blickte fragend in die Runde. Aber bis auf Achselzucken und Kopfschütteln erntete er nur fragende Blicke.

»Dann bleibt uns wohl nur eins übrig!«, grinste Kat.

»Was meinst du, Kat?«, fragte Susie.

»Ausprobieren, was sonst.«

»Was ist mit den Schiffen des Pakts, Susie?« Jesus blickte zu Susie hinüber. Die schüttelte nur den Kopf. »Seit wir hier sind, versuche ich, sie zu orten, bisher ohne Erfolg. Sie scheinen die Suche nach uns aufgegeben zu haben.«

***

Auf ihren Bedienpulten hatten sie unbekannte Programme vorgefunden. Mit ihnen ließen sich die außerirdischen Verbesserungen steuern.

Die Kentucky flog in einer leichten Kurve um den Mond herum und nahm Kurs auf ein kleines Asteroidenfeld.

»Der dort vorne!«, Jesus zeigte auf einen der größeren Gesteinsbrocken.

»Okay, mal sehen, was die neuen Waffen so drauf haben.« Bens Finger wirbelten über sein Board und Sekunden später zuckten zwei blau Feuerkegel auf den Asteroiden zu und lösten ihn buchstäblich in Luft auf.

»Wow!«, entfuhr es Ben überrascht.

Alle starrten ungläubig auf den Monitor.

»Versuche es mal bei einem Größeren!«, forderte ihn Kat auf.

»Wie wäre es mit diesem hier? Er ist fast so groß wie die Kentucky«, stieß Ben ehrfürchtig hervor.

»Okay, Ben. Feuer frei!«, forderte ihn Jesus auf.

Zwei blaue Kegel schossen in aberwitziger Geschwindigkeit auf den Felsbrocken zu. Ihre Geschwindigkeit war so groß, dass es für die Augen der Menschen wie ein blauer Strahl aussah, der auf den Asteroiden zuschoss.

In einem hellen Licht löste sich auch dieser Asteroid auf.

»Was ist das für eine Waffe?«, Kats Stimme zitterte vor Aufregung.

Ben blickte auf sein Board. »Laut meiner Daten haben wir jeweils pro Kanone ein Projektil aus hochenergetischer Antimaterie abgeschossen. Es hat das Ziel, in unserem Fall den Asteroiden, in Sekundenbruchteilen pulverisiert.«

Jesus verspürte eine Gänsehaut auf seinen Armen. »Wie stark war die Sprengkraft, Ben?«

»Schwer zu sagen, die Daten waren nicht eindeutig.«

»Was heißt das?«

»Nun ja, wenn die Daten stimmen sollten, dann lag die Feuerkraft bei achtzig PoX (Points of Explosion). Aber das ist unmöglich. Da muss ein Fehler bei den Scannern vorliegen.«

»Achtzig PoX! Das wäre fast doppelt so hoch, wie die stärkste Waffe der WEU und die ist auch noch zehnmal größer. Kein Schutzschirm, den wir kennen, könnte so einem Beschuss standhalten. Damit hätten wir das stärkste Schiff in der Flotte«, stammelte Ben fasziniert.

Alle waren verblüfft und gleichzeitig fasziniert. Die Möglichkeiten dieser Waffen schienen schier grenzenlos. Mit ihr könnten sie der Vormachtstellung des Pakts ein für alle mal ein Ende setzen.

»Was ist mit den anderen Verbesserungen?«

Alle schauten Kat an. Die zuckte verlegen mit den Schultern. »Wenn schon die Waffen so gigantisch sind, zu was ist dann erst der Antrieb imstande?«

Jesus nickte leicht. »Du hast Recht, Kat. Lass es uns ausprobieren.«

Die Kentucky verließ das Asteroidenfeld und nahm Kurs auf den Mars. Susie gab die Koordinaten in ein für sie neues Touchfeld ein. Klaus legte seinen Finger auf den Schub und ein Ruck ging durch die Kentucky. Beim Blick aus der Kanzel hatte man das Gefühl, als ob die Sterne in die Länge gezogen wurden.

Jesus blickte auf den Holo-Schirm. Die Sterne waren verschwunden und langen, weißen Linien gewichen.

»Wo, wo sind wir?«, fragte Susie leise.

Niemand konnte ihr das beantworten. Alle blickten nur fasziniert auf aus der Kanzel.

Vierzig Minuten nach dem Start wurden die weißen Linien kürzer und die Sterne nahmen wieder ihre normale Form an. Die Kentucky bremste stark ab und kam zum Stillstand.

»Susie, an welchen Koordinaten sind wir herausgekommen?«, Jesus kannte die Antwort schon. Sein Blick war starr auf den großen, roten Planeten gerichtet, der formatfüllend auf den Holo-Schirm prangte.

»Wir sind genau dort gelandet, wo wir auch hinwollten. Nur haben wir nicht vierzig Stunden, sondern nur acht Minuten für die Strecke benötigt«, erklärte Susie mit heiserer Stimme.

Überrascht schaute Jesus in die Runde. Die Möglichkeiten, die sich ihnen mit so einem Antrieb boten, schienen unendlich zu sein.

»Klaus, bring uns von hier weg. Irgendwo hin, wo es ruhiger ist!«

Klaus steuerte die Kentucky an den Rand des Systems. In einem Raumsektor, in den sich kein anderes Schiff der Erde verlieren würde. Hier hatten sie ihre Ruhe und konnten sich ganz der Erforschung der Aliensysteme widmen.

In den nächsten zwei Wochen lernten sie viel über die Alientechnik. Wie man sie richtig bediente und auch einige kleine Eigenheiten der Technik. Sie konnten sie nun zwar bedienen, aber wie sie genau funktionierte, blieb ihnen nach wie vor ein Rätsel.

Alle hatten sich wieder einmal auf der Brücke versammelt und warteten gespannt auf die Ansprache von Jesus.

»Wir haben jetzt fast zwei Wochen mit der Technik der Aliens herumexperimentieren dürfen. Ich bin mir sicher, dass ihr viel darüber gelernt habt. Klaus, möchtest du den Anfang machen?«, Jesus drehte sich zu Klaus um.

»Ja, kann ich machen. Ich habe den Antrieb auf Herz und Nieren testen können. Unser normaler Antrieb ist von einem Klasse 6 Antrieb auf einen Klasse 11 Antrieb verbessert worden.«

Das erstaunte Ausatmen von Ari und Einar zauberte Klaus ein Lächeln auf die Lippen. »Ja, unser Antrieb ist damit der schnellste, der je in einem Erdenschiff verbaut worden ist. Das ist aber noch nicht alles. Zusätzlich haben wir einen, ich nenne es mal, Hyperantrieb, von den Xelaner montiert bekommen. Er ermöglicht es, uns die Krümmung des Weltalls zunutze zu machen.«

»Die Krümmung des Weltalls?«, Kat schaute Klaus fragend an.

Klaus rutschte aufgeregt auf seinem Sessel herum. »Ja genau, Kat. Du musst dir das so vorstellen. Alles, was ich dir jetzt erkläre, habe ich aus den Daten des Antriebs herausgelesen. Daher ist meine Ausführung vielleicht nicht unbedingt wissenschaftlich korrekt, sollte aber die ungefähre Arbeitsweise des Antriebs widerspiegeln.«

»Okay, das habe ich soweit verstanden. Ich dachte mir schon, dass du den Antrieb noch nicht hundert prozentig erklären kannst«, grinste sie.

Klaus nickte Kat zu. »Wer kann das von uns schon? Für den Antrieb und alle anderen Veränderungen gibt es in den jeweiligen Pads eigene Fenster. Es gibt sogar Anleitungen, wie sie richtig zu bedienen sind. Man muss halt nur wissen, wo man danach suchen muss«, er grinste die anderen verschmitzt an.

»Nun zu dem Antrieb. Nehmen wir ein Din A4 Blatt. Wenn ich zwei Punkte aufmale und sie mit einer Linie verbinde, wäre das unsere normale Flugroute. Sagen wir mal, es entspräche 30 AE. Dafür bräuchten wir normalerweise mit unserem Klasse 6 Antrieb 12 Stunden. Der verbesserte Antrieb würde uns in 4 Stunden zum Ziel bringen. Nun haben wir aber die Möglichkeit, den Raum zu krümmen.« Klaus nahm das Blatt in die Hand und faltete es, sodass die beiden Punkte übereinander lagen. Dann durchstieß er das Blatt mit einem Stäbchen. Er hielt das Blatt hoch. »Dieser Stab wäre nun unsere neue Flugstrecke. Wie ihr seht, ist der Weg dadurch viel kürzer geworden. Je weiter die Punkte auseinander sind, um so mehr Zeit könnten wir dadurch gewinnen. Bleiben wir bei unserem Beispiel. Die Strecke von 30 AE würde wenige Minuten dauern. Es gibt dabei aber einige Dinge zu beachten. Man muss zwingend darauf achten, dass sich am Zielort nicht ein Planet oder eine Sonne befindet. Deswegen sollte man sein Ziel sehr gut kennen. Tut man das nicht, könnte es der letzte Flug sein. Am sichersten wäre es, wenn man außerhalb eines Systems herauskommen würde. Damit würde man die Gefahr einer unbeabsichtigten Kollision um ein Vielfaches minimieren.«

»Danke Klaus, für diesen fundierten Bericht des Antriebs. Ben, möchtest du als nächster deine Erfahrungen mit uns teilen?«

»Ja, sehr gerne.« Ben stand auf und stellte sich neben den Holo-Bildschirm. »Computer, starte bitte das Alien-Video Ben vier.«

Der Holo-Bildschirm flammte auf und zeigte ein dreidimensionales Abbild des Weltalls. In der folgenden Viertelstunde wurden mehrere Asteroiden gezeigt, die Ben mit den neuen Bordkanonen beschossen hatte. Durch Super-Zeitlupentechnik und Vergrößerungen ließ sich gut erkennen, dass sie keine Laserstrahlen verschossen, sondern es sich tatsächlich um kleine Flugprojektile handelte, die durch ihre aberwitzige Geschwindigkeit für das menschliche Auge wie Laserstrahlen wirkten.

»Abschließend bleibt zu sagen, dass wir es mit jedem Schiff der Erde aufnehmen könnten, zumindest was die Feuerkraft betrifft. Es gibt aber noch eine zusätzliche Waffe. Ich konnte sie leider noch nicht testen, daher muss ich mich auf die Daten der Xelaner verlassen. Diese Waffe, ich nenne sie Xeno-Werfer, ist in der Lage Torpedos aus hochenergetischer Energie abzufeuern. Die Torpedos werden dabei von unserem Schiff zum Ziel gebeamt.«

»Wie meinst du das, gebeamt? So wie bei Raumschiff Enterprise?«, fragte Susie überrascht.

Ben musste laut lachen. »Ja, so ungefähr. Ich konnte es ja noch nicht wirklich ausprobieren, aber so habe ich die Anleitung verstanden. Die Sprengkraft soll bei über 1000 PoX liegen. Ich kann mir das zwar kaum vorstellen, aber sollte es den Tatsachen entsprechen, könnte man damit ganze Planeten zerstören.«

Jesus blickte nachdenklich auf den Holo-Schirm. »Ben, warum konntest du die Waffe nicht testen?«

»Bei der normalen Bordwaffe sorgt ein kleines Gerät für ausreichenden Nachschub. Es fertigt quasi die benötigten Patronen in Echtzeit an. Wie viele man damit erzeugen kann, weiß ich leider nicht. Von den Torpedos besitzen wir nur vierzehn Stück und können sie auch nicht selber produzieren. Daher wollte ich nicht sinnlos welche verschwenden. Wer weiß, ob wir sie nicht noch dringender brauchen können.«

»Ja, danke für deinen Bericht, Ben.«

Nun war Susie an der Reihe. Sie berichtete den anderen, dass auch die Schutzschilder der Kentucky stark verbessert worden waren. Sie sollten nun so stark sein, dass kein Erdenschiff in der Lage war, sie zu überwinden. Wie sie genau funktionierten, konnte sie den anderen nicht erklären.

»Als zusätzliches Gimmick haben uns die Xelaner ein Gerät eingebaut, das uns für Schiffs-Scanner unsichtbar macht.«

»Bist du dir sicher, Susie?«, rief Klaus überrascht.

Susie nickte eifrig. »Hundertprozentig, auch wenn ich es bisher noch nicht wirklich testen konnte.«

»Damit dürften unsere Optionen um ein Vielfaches gestiegen sein«, grinste Kat vergnügt.

»Dann fasse ich mal zusammen. Die Kentucky ist in vielen Bereichen um einen Faktor verbessert worden, den wir uns kaum vorstellen können. Das ist sicher toll und hält uns viele Türen offen, aber die Frage bleibt doch, warum haben die Xelaner uns diese Technologien überlassen?«, Jesus schaute die anderen fragend an.

Nachdenklich blickte Kat auf den Holo-Schirm. Auf ihm drehte sich ein Model der Kentucky. »Eine gute Frage, Jesus. Eine sehr gute Frage.«

»Ich denke, wenn die Basss die Erde entdecken, dann sollen wir gegen sie kämpfen.« Ari blickte die anderen grimmig an.

»Wir sollen also ihr Schiff angreifen? Könnte sein. Wells hat mir erzählt, dass sie von einem sogenannten Weltenschiff aus operieren«, erklärte Jesus nachdenklich.

»Du glaubst, wir sollen dieses Weltenschiff zerstören? Wäre es nicht viel einfacher, wenn die Xelaner das mit einem ihrer Schiffe erledigen würden? Ich gebe doch keinen Hinterwäldlern meine Technologie, damit sie meine Kriege führen.«

Auf der Brücke war es totenstill. Alle suchten nach einem Gegenargument für Aris Theorie. Nur es ließ sich keines finden. Das Ganze war mehr als ungewöhnlich. Irgendetwas hatten die Xelaner ihnen verschwiegen. Und Jesus befürchtete es schneller zu erfahren, als es ihnen allen lieb war.

Jesus war klar, dass es nun Zeit war, weitere Forschungen zu betreiben. Sie hatten vereinbart, den Unsichtbarkeitsschild auszuprobieren. Dazu wählte Jesus einen Verband von drei Pakt-Schiffen aus, die gerade auf dem Weg zur Venus waren. Auf der Venus selbst gab es nur einen kleinen Außenposten des Pakts, von denen keine Gefahr drohen sollte, auch wenn der Schild nicht funktionieren sollte.

Die Schiffe hatten noch drei Stunden Flugzeit vor sich, ehe sie in Scannerreichweite der Station kommen würden. Das war für die Kentucky der perfekte Augenblick, um vor ihnen aufzutauchen. Andere Schiffe waren im Umkreis von 5 AE keine auszumachen.

500.000 Kilometer vor den Schiffen fiel die Kentucky aus dem Hyperraum. Klaus bremste das Schiff stark ab und passte es an die Geschwindigkeit der Pakt-Schiffe an.

Alle blickten gebannt auf den Holo-Schirm, auf dem deutlich die drei Schiffe zu sehen waren. Bisher hatten sie keine Notiz von der Kentucky genommen.

»Klaus, umrundete die Schiffe. Halte dabei aber einen Abstand von mindesten 200.000 Kilometer ein.«

Klaus beschleunigte die Kentucky leicht und das Schiff begab sich auf eine Umlaufbahn um die drei Pakt-Schiffe.

Kat starrte fasziniert auf den Bildschirm. »Die können uns wirklich nicht erkennen«, jubelte sie.

Jesus nickte befriedigt. Zwar war er mehr als angetan von der Xelaner Technologie, aber meistens hatte so etwas einen Pferdefuß. Wenn er nur wüsste, wo sich dieser befand.

»Ein Schiff ist soeben im Orbit der Erde aufgetaucht«, rief Susie aufgeregt.

»Herkunft?«

»Unbekannt, Jesus. So ein Schiff habe ich noch nie gesehen. Die Funksprüche, die ich gerade aufschnappe, überschlagen sich förmlich. Die Erde ist in heller Aufruhr.«

»Ist das ein Basss-Schiff?«, wollte Kat wissen.

»Das weiß ich nicht, aber es scheint so«, antwortete Susie.

»Wie groß ist das Schiff?« Jesus strich sich nachdenklich mit der rechten Hand durch seinen Drei-Tage-Bart.

»Es ist etwas mehr als fünfhundert Meter lang. Die Form würde ich als Röhre bezeichnen«, erklärte Susie den anderen.

»Dann kann es nicht das Weltenschiff sein«, fasste Ben zusammen. »Das müsste ja wohl um einiges größer sein, oder sind die Basss nur ein paar Millimeter groß?«

Jesus blickte zu Ben hinüber. »Ich weiß nicht, wie die Basss aussehen. Nur, das sie einer insektoiden Rasse angehören sollen. Aber eine Größe von ein paar Millimetern, das kann ich mir wirklich nicht vorstellen.«

Ben nickte verstehend. »Ich befürchte, wir werden es bald erfahren.«

»Da hast du wohl Recht. Klaus, bring uns in die Nähe des Mondes, mit voller Gefechtsbereitschaft und eingeschaltetem Tarnschirm.«


6 – Ankunft

Die Kentucky fiel auf der dunklen Seite des Mondes aus dem Hyperraum. Durch ihren Tarnschirm wurde sie nicht entdeckt. In aller Ruhe konnten sie das fremde Schiff scannen und den Funkverkehr abhören.

Das fremde Schiff entpuppte sich tatsächlich als ein Schiff der Basss. Es hatte eine stabile Umlaufbahn um die Erde gewählt. Bisher hatten die Fremden nur Kontakt zu den beiden größten Fraktionen aufgenommen. Sie hatten jeweils eine Delegation der beiden Mächte auf ihr Schiff eingeladen, was diese aber bisher kategorisch ablehnten. Die ganze Kommunikation wurde nur über Funk abgehalten, sodass niemand auf der Erde eine Ahnung hatte, wie die Basss eigentlich aussahen.

Die wildesten Gerüchte kochten hoch. Endlich, nach so vielen Jahren, gab es einen ersten Kontakt zu einer außerirdischen Spezies.

Die Ankunft der Aliens wurde in den Medien kontrovers diskutiert. Die einen hofften auf einen friedlichen Austausch von Technologien, die anderen rieten zur Vorsicht und wollten lieber erst einmal abwarten.

Eine Sitzung jagte die nächste. Noch wusste niemand, wie sich die Regierungsoberhäupter entscheiden würden.

Bei einigen ging die Angst um, dass man durch ein zu langes Zögern in eine schlechtere Verhandlungsposition geraten könnte.

Sollte der asiatische Pakt ein Bündnis mit den Aliens eingehen, könnten sie mit Waffen versorgt werden und die WEU hätte das Nachsehen. Andererseits kannte niemand die wirkliche Absicht der Aliens. Sie könnten den Menschen gegenüber feindlich gesinnt sein und versuchen, die Erde zu erobern.

Viele Menschen machte es misstrauisch, dass die Aliens ihr Aussehen verschleierten.

***

Die Einzigen, die mehr Informationen über die Aliens besaßen, war die Besatzung der Kentucky. Die aber schwieg und hielt sich weiter versteckt. Niemand sollte wissen, dass sie noch lebten und ihr Schiff über Alien-Technologie verfügte.

»Glaubst du, dass Generalsekretär Kowalski und Kaiser Hoa-Meng Sun das Angebot der Aliens annehmen und eine Delegation auf ihr Schiff senden werden?«, fragte Kat grübelnd.

Jesus rutschte unruhig auf seinem Sessel. »Ich kann es mir eigentlich nicht vorstellen, aber sollte einer der beiden der Einladung folgen, könnte der andere gegebenenfalls in Zugzwang geraten.«

Kat nickte bejahend. »Ja, das glaube ich auch. Was machen wir dann?«

Jesus blickte sie mit gekrauster Stirn an. »Ich habe keine Ahnung, Kat. Wenn die Xelaner Recht haben, werden die Basss versuchen, unsere Oberhäupter zu übernehmen. Susie, kannst du erkennen, ob die Basss heimlich die Erde scannen?«

Susie fuhr mit ihren Fingern über ihr Board. »Das Schiff scannt die Erde seit seiner Ankunft. Ich könnte mir vorstellen, dass sie die Erde abtasten und so ihre Verteidigungsstärke ausspionieren. Die Strahlen werden auf der Erde wohl nicht gemessen. Nur wir können sie mit der Xelaner Technologie erfassen. Die Erde ist völlig ahnungslos.«

»So etwas dachte ich mir schon. Susie, könntest du herausfinden, warum die Aliens sich unbedingt auf ihrem Schiff mit den Abgesandten treffen wollen?«

»Ja, kann ich versuchen.« Angespannt hörte sich Susie die aufgezeichneten Gespräche an. Nach einer Viertelstunde lächelte sie Jesus an. »Sie möchten keinen Zwist unter den verfeindeten Machtblöcken erzeugen und haben deshalb ein Treffen auf ihrem Schiff vorgeschlagen. Sollte sich niemand dazu bereit erklären, drohen sie mit ihrer sofortigen Abreise«, erklärte sie den anderen.

»Hm, klingt einleuchtend. Hätten wir nicht die Informationen der Xelaner.«

»Gerade hat sich der asiatische Pakt zu einem Treffen bereiterklärt«, rief Susie aufgeregt.

»Wie reagiert die WEU?«, erkundigte sich Jesus.

»Noch gar nicht. Aber ich denke, sie haben gar keine andere Wahl als auch eine Delegation loszuschicken.«

Eine halbe Stunde später kam die erwartete Nachricht, dass auch die WEU einem Treffen mit den Aliens zugestimmt hatte.

»Was machen wir nun, Jesus? Sollen wir sie in ihr Verderben rennen lassen oder geben wir uns zu erkennen?«

Jesus starrte stumm auf den Holo-Bildschirm. Das fremde Alien-Schiff bewegte sich nicht und zog in einer stabilen Umlaufbahn seine Kreise um die Erde.

Eine gefühlte Ewigkeit rührte er sich nicht. Nur seine Brust hob und senkte sich langsam. In Jesus tobten seine Gefühle einen wilden Kampf aus. Ein innerer Zwang befehligte ihm, nach dem Weltenschiff zu suchen und es zu vernichten. Woher dieses starke Gefühl so plötzlich kam, konnte sich Jesus nicht erklären, aber er hatte es zum ersten Mal verspürt, als er das Basss-Schiff auf dem Holo-Schirm gesehen hatte.

Ruckartig drehte er den Kopf. »Wir müssen aktiv werden«, verkündete er der überraschten Mannschaft.

Niemand sagte ein Wort. Alle warteten auf weitere Anweisungen ihres Kapitäns.

»Dort draußen, außerhalb unseres Sonnensystems, lauerte das Basss-Weltenschiff. Dieses gilt es zu finden und wenn möglich zu vernichten. Nur so können wir die Erde vor den Basss beschützen, ohne dass wir uns zu erkennen geben.«

Seine Worte hallten durch die Brücke. Erstarrt saßen die Männer und Frauen auf ihren Plätzen. Jedem war klar, was die Worte ihres Anführers zu bedeuten hatten. Kampf und vielleicht auch die Zerstörung der Kentucky. Und sollten sie erfolgreich sein, auch der Tod von vielen Basss. Männer, Frauen würden sterben, wenn das Weltenschiff zerstört wurde. Keiner von ihnen protestierte, obwohl Jesus gerade einen Massenmord angeordnet hatte. Aber wie sich Jesus auch entschieden hätte, sie würden ihm bedingungslos folgen, auch wenn das ihren sicheren Tod bedeuten sollte.


7 - Die Suche

»Wo sollen wir das Weltenschiff suchen?« Susie sah Jesus fragend an.

»Ich habe mir dazu schon einige Gedanken gemacht. Meines Erachtens macht es für die Basss nur Sinn, wenn sie das Schiff in der Nähe der Erde platzieren. Es müsste so weit draußen sein, dass es nicht zufällig von einem Erdenschiff entdeckt werden kann. Aber auch so nah, dass die Basss-Schiffe die Erde in kürzester Zeit erreichen können.«

»Okay, das leuchtet ein. Allerdings ist das Weltall unendlich groß, wo sollen wir da mit der Suche beginnen?«, fragte Kat zweifelnd.

»Logisch gesehen würde ich mich außerhalb des Sonnensystems verstecken. Am besten in einem Quadranten, der weit weg von einem der Planeten liegt. Wenn wir noch davon ausgehen, dass die Basss aus dem Zentrum der Galaxie kommen, würde ich mich für einen dieser drei Quadranten entscheiden.« Seine Finger fuhren über sein Tablet und der Holo-Schirm zeigte einen Ausschnitt des Weltalls. Drei Quadranten waren rot eingefärbt.

»Wie weit sollen wir die Reichweite der Scanner einstellen? Reichen wohl fünf Lichtjahre?«

»Ich denke schon, Susie.«

»Gut, dann werde ich mal unser Schiff an den Rand des Systems bringen«, brummte Klaus und begann damit, die Kentucky aus dem Orbit des Mondes zu steuern.

Klaus hatte die Kentucky an den äußeren Rand des Sonnensystems geflogen. Hinter ihnen schimmerte weit entfernt die Sonne. Die Planeten waren von hier aus nicht zu erkennen.

Vor ihnen breitete sich das Zentrum der Galaxie aus, mit seinen Millionen von Sternen. Irgendwo dort draußen musste das Weltenschiff der Basss auf seinen Einsatz warten, da war sich Jesus sicher.

Die Suche gestaltete sich schwerer als erwartet. Quadrant für Quadrant untersuchten die Infrarot-Scanner den Kosmos. Aber sie fanden rein gar nichts. Schon gar kein Weltenschiff der Basss.

»Jesus, wir suchen nun schon seit zwölf Stunden nach dem Schiff. Ich glaube, wir suchen an der falschen Stelle, oder es gibt gar kein Weltenschiff der Basss und die Xelaner haben uns angelogen.« Kats Stimme war von Resignation durchflutet. Die Situation zerrte an den Nerven aller. Die Crew brannte auf eine Entscheidung.

Es piepste laut, als die Scanner einen Fund anzeigten. Alle Augen richteten sich zum Holo-Schirm, auf dem ein kleiner roter Punkt nervös aufleuchtete.

»Ist das unser gesuchtes Schiff?«, fragte Ari wissbegierig.

»Wir sind zu weit weg, um das mit Bestimmtheit sagen zu können. Ich weiß ja auch gar nicht, wie so ein Weltenschiff aussieht«, schimpfte Susie leise.

Nachdem Klaus die Kentucky näher an das Schiff gebracht hatte, bekam Susie endlich bessere Scanner-Ergebnisse. Auf dem Holo-Schirm tauchte das erste brauchbare Bild des Schiffes auf. Es war riesig, so viel ließ sich von hier aus erkennen.

»Das Schiff ist kugelrund und hat einen Durchmesser von fast dreiunddreißig Kilometern«, erklärte Susie den Anwesenden.

»So groß!«, pfiff Einar respektvoll.

Klaus drehte sich in seinem Sessel um. »Soll ich zum Schiff springen und wir feuern mit allem, was wir haben?«

Jesus sah ihn entsetzt an. »Auf keinen Fall. Was ist, wenn es nicht das gesuchte Weltenschiff ist? Auch glaube ich, dass die Basss einen Sprung von uns registrieren würden. Sie würden dann sofort ihre Schutzschilde hochfahren und wir wissen auch nichts über ihre Bewaffnung. Ich denke, dass unsere Waffen nutzlos an ihrem Schirm abprallen würden. Nein, wir müssen auf sie den Eindruck vermitteln, dass wir keine besondere Gefahr für sie darstellen. Nur so werden sie uns unterschätzen und den Schirm senken. Hoffe ich zumindest.«

Kat nickte bestätigend. »Du hast unseren Kapitän gehört, Klaus. Flieg mit langsamer Geschwindigkeit zum Schiff. Wenn wir nah genug dran sind, funken wir sie höflich an. Mal sehen, wie sie reagieren werden.« Kat grinste die anderen spitzbübisch an.


8 - Das Weltenschiff

Das Weltenschiff wurde auf dem Holo-Schirm immer größer. Mittlerweile ließen sich die ersten Einzelheiten erkennen. Das Schiff war annähernd kugelrund, bis auf die beiden platten Pole und einige seltsame Auswüchse auf der Außenhaut.

»Noch zwei AE, dann sind wir in Funkreichweite«, verkündete Susie.

Die Anspannung stieg weiter an. Kaum jemand konnte noch seinen Blick vom Holo-Schirm wenden.

Alle wussten um die Brisanz ihres Auftrags. Würden die Basss sie als Bedrohung einstufen und vernichten, sobald sie in Reichweite der Waffen kamen? Niemand konnte das mit Bestimmtheit ausschließen.

»Eine Minute noch und wir haben Funkkontakt.«

»Danke, Susie. Bitte leg die Anlage auf mein Pult.«

»Ja, wird sofort erledigt.«

Ein leises Piepen verkündete Jesus, dass er nun mit dem Funk verbunden war. Er richtete sich in seinem Kapitänssessel auf. Einen ersten Text hatte er sich schon zurechtgelegt.

Ein Fingerzeichen von Susie ließ ihn das grüne Feld berühren. Der Funk war nun offen.

»Hier spricht Jesus Carter, der Kapitän des Erdenschiff Kentucky. Ich rufe das unbekannte Schiff vor uns.«

Jesus und die anderen warteten gespannt, ob sie eine Antwort erhielten. Die Minuten vergingen, in denen sie dem fremden Schiff immer näher kamen. Es wurde auf dem Holo-Schirm größer und bedrohlicher. Jesus blickte nervös zu Susie hinüber, aber sie schüttelte nur leicht mit dem Kopf. Das andere Schiff antwortete nicht und auch seine Schutzschirme wurden nicht deaktiviert.

Gerade als Jesus eine zweite Nachricht verfassen wollte, klangen leise Geräusche aus den Boxen. Sie klangen wie Musik, wenn sie auch für menschliche Ohren eher schrecklich klangen.

»Bewohner der Erde!«

Diese drei Worte waren in perfektem Englisch, der Sprache der WEU, gesprochen.

»Was führt Sie so weit außerhalb ihres Heimatsystems?«

Jesus hatte mit so einer Antwort gerechnet. »Wir haben zufällig Ihre Wärmeabstrahlung registriert und sind neugierig geworden. Daher hat meine Regierung beschlossen, dass wir Ihnen einen Besuch abstatten sollen, um sie herzlich einzuladen, unseren Planeten zu besuchen.«

Wieder ließ sich das Weltenschiff Zeit mit einer Antwort.

»Gut, wir haben beschlossen, eine kleine Delegation von zwei Mitgliedern Ihrer Rasse zu empfangen. Bitte kommen Sie mit einem Beiboot zu folgenden Koordinaten.«

Einige Daten wurden übermittelt. Susie wertete sie aus. Auf dem Holo-Schirm leuchtete ein kleiner Abschnitt des Weltenschiffs in Grün auf. Hierhin sollte sich das Beiboot begeben.

»Unbekanntes Schiff, zu welcher Rasse gehören Sie?«, versuchte Jesus einiges mehr an Informationen zu erhalten.

»Wir gehören der Rasse der Basss an und sind auf der Suche nach Zivilisation, mit denen wir Handel treiben können.«

»Handel betreiben!«, flüsterte Jesus leise. »Ja sicher, ganz bestimmt.« Grimmig schaute er auf das Holo-Bild. In ihm stieg die Wut hoch auf die verhassten Basss. Woher dieses Gefühl kam, das immer mächtiger wurde, konnte er sich nicht erklären. Nur dass es da war und es ihn zwang, das Basss-Weltenschiff anzugreifen und zu vernichten.

Er schaltete den Funk aus und blickte Ben mit ernster Miene an.

»Ich glaube, jetzt ist es Zeit, einmal den neuen Xeno-Werfer auszuprobieren!«, erklärte er Ben mit kalter, ruhiger Stimme.

Ari und Einer begaben sich zum Beiboot und öffneten die Hangar-Schleuse.

Klaus steuerte die Kentucky auf den grün markierten Bereich zu.

Langsam öffnete sich ein riesiges Loch im Bauch des Weltenschiffs. Der Schutzschild wurde in einem kleinen Bereich deaktiviert. Groß genug, um das Beiboot hindurch zu lassen.

Jesus hatte gar nicht vor, das Beiboot in das Schiff fliegen zu lassen. Vielmehr überlegte er fieberhaft, wo man am Besten die Xeno-Raketen platzieren konnte. Natürlich besaß er nicht allzu viel Informationen über die Basss und ihre Technologie. Die Größe ihres Weltenschiffs war beeindruckend und ließ auf eine sehr weit fortgeschrittene Technologie schließen. Trotzdem mussten sie versuchen, das Schiff zu zerstören. Jesus konnte nicht sagen, warum er das wusste, aber eine innere Stimme zwang ihn dazu. Jesus rang schon seit langen mit sich. Es bestand ja die Möglichkeit, dass die Xelaner ihn angelogen hatten. Warum hätten sie das tun sollen und gleichzeitig die Kentucky mit einer überlegenen Technologie aufrüsten? Jesus fand darauf keine befriedigende Antwort und so blieb ihm nur sein Bauchgefühl, das ihn selten trog.

»Ben, wenn wir die Xeno-Raketen in dieses Loch schießen, hätte das einen größeren Effekt als sie einfach nur auf das Schiff zu feuern?«

Ben rutschte unruhig auf seinem Ledersessel. »Mit Sicherheit würde das einen größeren Effekt haben, sogar einen viel größeren. Nur ich bin mir nicht sicher, ob wir das Richtige tun!«

»Ich verstehe deine Sorge, auch ich bin mir unsicher. Nur was passiert, wenn die Xelaner Recht behalten? Dann würde das das Ende der Menschheit bedeuten. Wir sind die Einzigen, die das verhindern können.«

Kat stand auf und stellte sich demonstrativ hinter Jesus. Sie legte ihre Hände auf seine Schultern und massierte sie leicht. »Wir vertrauen dir, bei jeder Entscheidung, die du triffst. Auch bei dieser mit Sicherheit sehr schweren Entscheidung unterstützen wir dich zu einhundert Prozent.«

Jesus drehte seinen Kopf und blickte Kat an. »Danke!«, hauchte er und gab sich einen Ruck.

»Lass uns ausprobieren, wozu der Xeno-Werfer fähig ist!« Seine Stimme klang kalt und rau.

Gebannt starrte die Crew der Kentucky auf den Holo-Schirm. Viel zu sehen gab es nicht, da der Xeno-Werfer seine tödliche Fracht von der Kentucky zum Ziel teleportierte.

Die Basss waren nicht mehr in der Lage zu reagieren. In einem weißen ultrahellen Blitz zerbrach das Schiff. Die Kentucky wurde durch die Druckwelle vom Ort des Geschehens fortgeschleudert und ohne ihren Xelaner Schutzschirm wäre sie wohl auch ein Opfer der fürchterlichen Explosion geworden, die sie selbst entfacht hatte. So aber schleuderte die Wucht der Explosion sie weit ins All hinaus. Durch die plötzliche Richtungsänderung versagten sämtliche Sicherungsmaßnahmen, die künstliche Anziehungskraft versagte für ein paar Millisekunden und mehrere G drückten auf die Körper der Crew. Ihnen wurde regelrecht die Luft aus den Lungen gepresst und sie verloren schlagartig das Bewusstsein. Auch wenn es nur wenige Millisekunden waren, in denen die Technik ausgefallen war, so wäre das doch fast ihr Ende gewesen.

***

Hilflos trieb die Kentucky im All. Die meisten Systeme waren ausgefallen und es liefen einige Notprogramme. Die Lebenserhaltungsprotokolle hatten die wichtigsten Funktionen aufrechterhalten und so musste niemand erfrieren oder ersticken.

Als erster kam Ben zu sich. Sein Kopf dröhnte und seine Lungen brannten. Stöhnend richtete er sich auf. Auf der Brücke brannte nur eine schwache Notbeleuchtung und alle elektrischen Geräte waren ausgefallen. Leichter Rauch waberte durch die Brücke und erschwerte die Sicht zusätzlich. Ben hatte Mühe, die anderen zu finden. Der erste, über den er stolperte, war Kat, die in verkrümmter Haltung auf dem Boden lag. Sie hatte eine Platzwunde am Kopf, wahrscheinlich war sie beim Hinfallen mit dem Kopf auf ein Pult gestoßen.

Ben fühlte nach ihrem Puls, der schwach, aber regelmäßig schlug. Beruhigt schaute er nach den anderen. Klaus und Susie hingen in ihren Sesseln. Sie waren ohnmächtig, aber ansonsten in Ordnung.

Einer und Ari fand er im Beiboot. Ari lag unter einem Pult. Er blutete stark am Arm, schien sich beim Sturz geschnitten zu haben. Ben versorgte ihn, so gut es in der Kürze der Zeit ging. Sein Arm war zusätzlich noch gebrochen und so musste Ben ihn auch noch mit einem Verband stabilisieren.

Von Jesus fehlte jede Spur. Ben konnte sich das zuerst nicht erklären. Er müsste eigentlich auf der Brücke zu finden sein.

Ben versuchte sich an die letzten Augenblicke vor der Explosion zu erinnern. Wo hatte sich Jesus befunden?

In seinem Sessel! Da war sich Ben sicher. Aber dort befand er sich nicht mehr und auch auf dem Boden konnte er ihn nicht entdecken.

»Computer, wie viel Zeit ist seit der Explosion des Weltenschiffs vergangen?«

»Fünf Stunden und sechsunddreißig Minuten.«, schnarrte es aus den Schiffsboxen.

»Fünf Stunden!«, murmelte Ben entsetzt. Viel Zeit, in der die Kentucky hilflos durch das All getrieben war. Aber was war in der Zwischenzeit mit Jesus geschehen?

»Computer, wo befindet sich Kapitän Jesus Carter?«

»Kapitän Carter ist nicht an Bord der Kentucky!«

»Was! Wo ist er dann?«

»Diese Information besitze ich leider nicht!«

Nervös spielten Bens Finger miteinander. Wo konnte Jesus jetzt sein?

»Computer, seit wann ist Kapitän Carter nicht mehr auf der Kentucky?«

»Seit vier Stunden und siebenundzwanzig Minuten«, gab der Computer die prompte Antwort.

»Computer, war in den letzten fünf Stunden noch jemand anderes an Bord der Kentucky?«

»Nein, es hat niemand Fremdes das Schiff betreten.«

***

Nacheinander wachten die Crewmitglieder der Kentucky auf. Aber trotz intensiver Suche blieb das Verschwinden von Kapitän Carter mehr als mysteriös.

Es wurden die wildesten Vermutungen angestellt, aber jede war genau so gut oder schlecht wie die nächste.

»Was machen wir jetzt, Kat?«, fragte Susie ängstlich.

»Gute Frage! Ich weiß es leider auch nicht. Zuallererst sollten wir mehr Informationen sammeln und die nötigen Reparaturen vornehmen. Dann sehen wir weiter.«

Gesagt, getan. Alle machten sich nützlich, denn nur so würden sie die dringend benötigten Antworten erhalten.

Susie sammelte alle Informationen, die sie bekommen konnte. Sie scannte den Sektor im All, in dem sich noch vor Kurzem das Weltenschiff befunden hatte.

Sie hörte den Funkverkehr der Erde ab. Nur leider brauchte der einige Stunden, bis er sie erreichte und war wenig aktuell.

Die Reparaturen gingen schnell von der Hand und schon nach kurzer Zeit waren die meisten von ihnen erledigt.

»Was hast du für uns herausgefunden, Susie?«, fragte Kat mit besorgter Stimme.

»Nun, das Weltenschiff ist restlos zerstört worden. Ich konnte nur noch kleinere Trümmerstücke von ihm scannen. Da hat unser Xeno-Werfer ganze Arbeit geleistet. Von der Erde habe ich leider noch nicht allzu viel Neues erfahren. Dazu sind wir einfach zu weit entfernt. Allerdings sind die wenigen Funksprüche, die ich auffangen konnte, mehr als beunruhigend.«

»Inwiefern beunruhigend?«

»Es scheint so, als ob die Basss die Erde angegriffen haben.«

Betretenes Schweigen herrschte auf der Brücke. Alle schauten sich entsetzt an. Kat war die Erste, die sich wieder fing. »Wann ist dieser Angriff erfolgt? Vor oder nach der Zerstörung des Weltenschiffs?«

»Das weiß ich leider nicht genau.« Susie zuckte hilflos mit den Achseln. »Wir sollten zur Erde fliegen, dann kann ich sicher mehr sagen.«

Kat blickte nachdenklich auf den leeren Sessel von Jesus. Sie war nach seiner Abwesenheit die anghöchste Offizierin an Bord. Trotz intensiver Recherche konnten sie nichts über seinen Verbleib herausfinden. Sein Verschwinden blieb mehr als mysteriös.

Die Kentucky konnte bestimmt mit ihren verbesserten Waffen und Schutzschirmen der Erde und ihren Bewohnern helfen. Kat war klar, dass es nichts brachte, weiter nach Jesus zu suchen. Sie mussten zur Erde und zwar schnellstmöglich.

»Klaus, wir müssen dringend zurück. Am besten springst du zwischen Erde und Mond.«

Klaus starrte Kat erschrocken an. »Was ist mit Jesus…?«

»Die Erde ist in Gefahr und Jesus ist verschwunden. Wir können im Moment nichts für ihn tun. Aber der Erde können wir helfen.«

Klaus nickte langsam und seine Finger fuhren über das Steuerpult.

Ein leichtes Vibrieren lief durch das Schiff, als die Motoren anliefen. Klaus gab die Koordinaten ein und die Kentucky beschleunigte und verschwand in dem Hyperraum.


9 - Ankunft Erde

Die Kentucky fiel genau zwischen dem Mond und der Erde aus dem Hyperraum. Klaus bremste sie sofort stark ab, sodass sie in einen Orbit um die Erde schwenken konnte.

Susie begann damit, die vielen Funksprüche zu sortieren. Es herrschte ein völliges Chaos.

Auf dem Holo-Schirm prangte groß die Erde. Sie drehte sich langsam und mit Entsetzen musste die Crew erkennen, dass an vielen Stellen gekämpft worden war. Die Verwüstung war riesengroß. Die meisten Großstädte waren ganz ausradiert worden. Kleinere wiederum waren nur zu einem Teil verwüstet. Es musste Milliarden von Toten geben.

An einigen Stellen wurde noch gekämpft. Der Luftraum um die Erde war erfüllt von Trümmerteilen in verschiedensten Größen. Sie stammten allesamt von Erden-Schiffen, wie eine flüchtige Analyse ergab. Der Großteil der Flotte war vernichtet oder torkelte kampfunfähig durchs All.

Die meisten Funksprüche waren Hilferufe, wobei nicht einmal klar war, ob es den Hilferufenden überhaupt noch gab.

Niemand auf der Brücke der Kentucky war in der Lage, auch nur ein Wort zu sagen. Vielen standen die Tränen in den Augen. Die Zerstörung der Erde und ihrer Flotte ging ihnen sehr nahe. Alle hatten Angehörige und Freunde dort unten und es war längst nicht klar, ob sie noch lebten.

Die Beleuchtung auf der Brücke schimmerte in einem leichten Rot, was ihren Gefechtsstatus symbolisieren sollte. Gleichzeitig erhöhte es die Aufmerksamkeit der Mannschaft.

Kat schluckte hörbar. »Wie… wie konnte das geschehen?«, stammelt sie, während immer wieder Tränen aus ihren Augen liefen.

Ben schluckte, aber der schlechte Geschmack ließ sich nicht vertreiben. »Kat, ich glaube, wir haben eine Mitschuld an diesem Unglück!«

Wütend sah ihn Kat an. »Wie kommst du darauf?«, schrie sie aufgebracht.

Ben räusperte sich. »Die Daten«, mehr brachte er nicht hervor.

»Was ist mit den Daten?« Ihre Augen funkelten ihn böse an. Die anderen sagten gar nichts und schauten die beiden nur stumm vor Entsetzen an. »Nun sagt doch auch mal was!«, schrie sie die anderen an.

Ari zuckte mit den Schultern und blickte stumm zu Boden. Einar erging es nicht anders. Susie hatte ihren Kopf in ihre Arme gelegt. Ihr Zucken verriet, dass sie ihre Tränen nicht mehr zurückhalten konnte.

Nur Klaus hob seinen Kopf. Mit ernster Stimme erklärte er Kat die Daten. »Kat, als wir das Weltenschiff zerstört haben, müssen die Basss vor Ort dies mit ihren Sensoren registriert haben. Denn exakt fünf Minuten später haben sie angefangen, die Erde zu bombardieren.«

Kat blickte Klaus verwirrt an. »Du… du meinst, nur weil wir das Weltenschiff zerstört haben, wurde die Erde angegriffen?«

»Ich weiß natürlich nicht, ob die Basss die Erde nicht sowieso angegriffen hätten, aber ja, wir waren mit Sicherheit der Auslöser.«

Kat ließ den Tränen ihren Lauf. Ihre Hände umklammerten die Sessellehne so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. Sie blickte mit grimmiger Miene auf den Holo-Schirm.

Die Minuten vergingen, ohne dass einer der Crew etwas sagte. Alle warteten auf einen Befehl von Kat.

Kat hob ruckartig ihren Kopf, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und ihre Miene verfinsterte sich. »Susie, wo ist das Schiff der Basss?«, fragte sie mit fester, bedrohlicher Stimme.

»Es befindet sich auf der anderen Seite der Erde. Etwa über Japan. Sie bombardieren gerade Tokio«, krächzte Susie mit verheulter Stimme.

»Klaus, setze Kurs auf das Schiff. Volle Gefechtsbereitschaft! Sobald es in Reichweite kommt, feuerst du alles ab, was wir haben, Ben. Ich will die Schweine tot sehen«, stieß sie hasserfüllt hervor.

Die Kentucky beschleunigte mit heulenden Maschinen. Schnell tauchte das Basss-Schiff auf dem Holo-Schirm auf. Es befand sich gerade im Kampf mit einigen kleineren Erden-Schiffen. Diese hatten aber keine Chance gegen die überlegene Technologie der Aliens.

Ein, zwei Schüsse und die Schiffe vergingen in einem hell leuchtenden Feuerball. Brennende Trümmerteile stürzten auf die Erde nieder und verursachten dort ein fürchterliches Inferno. Häuser, die getroffen wurden, stürzten ein oder gingen in Flammen auf. Dabei verursachten sie eine Katastrophe biblischen Ausmaßes in den Straßen von Tokio.

Die Basss hatten einige kleinere Schiffe ausgeschleust, die immer wieder Angriffe gegen die Abwehrstellungen der Menschen durchführten. Ihre Bomben vernichteten mit einem einzigen Beschuss ganze Häuserreihen. Zusätzlich feuerte das Hauptschiff mit seiner Primärwaffe. Ein grellroter Laserstrahl schoss aus dem Bauch des Schiffes. Dort, wo er die Erde traf, breitete er sich wellenförmig in alle Richtungen aus und vernichtete alles, was sich ihm in den Weg stellte. Die Welle dehnte sich in einem Radius von zwanzig Kilometern aus. Zurück blieb ein kreisrundes Loch, aus dem ein gelblicher Nebel empor stieg, und tote, verbrannte Erde.

Klaus steuerte die Kentucky direkt auf das Schiff der Basss zu. Ein kleineres Schiff der Aliens hatte die Kentucky bemerkt und flog ihr entgegen. Nach einem gezielten Schuss aus den Bordkanonen verglühte es.

Das erweckte die Interesse der Basss. Das große Schiff hörte mit seinem Beschuss auf und wandte sich der Kentucky zu.

Ben feuerte eine Salve der hochenergetischen Antimateriebomben ab. Sie rasten schnell auf das Basss-Schiff zu und schlugen Augenblicke später in einer gigantischen Explosion auf dem Schirm der Basss ein. Der Lichtblitz war so hell, dass Ben geblendet die Augen schließen musste.

Nur leider hielt der Schirm des Schiffs den Projektilen stand. Er flackerte noch nicht einmal.

»Wie viel Schaden haben wir verursacht?«, erkundigte er sich beim Computer.

»Der Schirm des Basss Schiffs ist zu zehn Prozent geschwächt worden.«

»Mehr nicht!«, stieß er enttäuscht hervor.

Abermals feuerte er, diesmal schossen gleich sechs Projektile auf das Basss Schiff zu. Aber auch dieser Angriff verpuffte sang- und klanglos an den starken Schutzschirmen des Alien-Raumschiffs.

Die feuerten ihrerseits auf die Kentucky. Das Schiff wurde durchgeschüttelt, als es von einer Salve Raketen getroffen wurde. Sofort fielen die Sensoren aus und der Holo-Schirm zeigte nur noch ein weißes, grelles Bild.

Als der Feuersturm auf der Außenhaut der Kentucky abklang und sich die Augen langsam wieder an die normalen Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, registrierte Ben erleichtert, dass ihr Schutzschirm ebenfalls gehalten hatte.

»Computer, um wie viel Prozent wurde unser Schirm geschwächt?«

»Die Energie des Schirms wurde zu neununddreißig Prozent reduziert. Der Schirm hat sich innerhalb von zwölf Millisekunden wieder auf einhundert Prozent aufgebaut. In dieser Zeit wären wir anfällig für weitere Treffer gewesen. Daher ist es nicht zu empfehlen, mehrere Einschläge gleichzeitig hinzunehmen«, erklärte der Computer mit sachlicher Stimme.

»Klaus, versuch, weiteren Bomben des Basss-Schiffs auszuweichen«, schrie Kat laut. Ben feuerte weiter auf das Schiff und zwei Raketen aus dem Xeno-Werfer tauchten vor dem Basss-Schiff auf.

Klaus reagierte routiniert und schnell. Die Kentucky vollführte einige wahnwitzige Manöver, während Ben weitere Projektile auf das Alien-Schiff abfeuerte.

Als die Kentucky in einem günstigen Winkel zu ihrem Gegner stand, feuerte sie erneut zwei Raketen mit dem Xeno-Werfer ab. Sie rematerialisierten direkt vor dem Alien-Schiff. Durch ihre hohe energetische Energie flackerte der Schirm des Schiffs hell auf und es zeigten sich erste kleine Strukturrisse in ihm. Genau in diese feuerte Ben weitere Projektile.

In einem blauen Feuerball wurde das Schiff zerrissen und brennende Teile fielen in Richtung Erde.

Die kleineren Schiffe, die das Ende ihres Mutter-Schiffs realisierten, flüchteten aus der Atmosphäre in Richtung Mond.

Weit kamen sie nicht, da die Kentucky ihnen sofort nachsetzte und sie restlos auslöschte.


10 - Jesus Erwacht

Sein Kopf dröhnte. Langsam öffnete Jesus die Augen. Seine Umgebung war dunkel, bis auf eine starke Lampe, die ihm direkt in die Augen leuchtete.

Geblendet schloss er sie sogleich wieder.

Wie und warum war er hier gelandet?

Jesus konnte sich an fast nichts mehr erinnern.

Zuletzt war er auf der Brücke der Kentucky gewesen. Sie hatten das Basss-Weltenschiff attackiert. Aber was war dann passiert?

Verzweifelt suchte Jesus in seinem Gedächtnis nach Antworten, aber da waren keine.

Nach dem Abschuss des Xeno-Werfers und der damit verbunden Explosion setzten all seine Erinnerungen aus.

Langsam öffnete er wieder die Augen, diesmal deutlich vorsichtiger. Er saß auf einem Stuhl und schien an diesen gefesselt zu sein, zumindest konnte er sich kaum bewegen. Vor ihm stand ein Tisch, über dem eine hell strahlende Lampe hing, die ihn direkt anstrahlte. Vom Rest des Raumes war fast nichts zu erkennen, da er in völliger Dunkelheit lag. Was sich hinter der Lampe befand, konnte Jesus noch nicht mal erahnen.

»Sind Sie endlich wach?« Die Stimme kam aus den Dunklen vor ihm und wirkte seltsam metallisch, so als ob sie von einem Computer gesprochen wurde.

Jesus kniff seine Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Das half ihm ein wenig, erkennen konnte er aber trotzdem nichts.

»Was ist, können oder wollen Sie nicht mit uns reden?«

Stumm schaute Jesus nach vorne. Er versuchte, seinen Körper aufzurichten, seine Fesselung ließ das aber nicht zu.

»Warum haben Sie uns angegriffen?«

In seinem Kopf fing es an zu rattern. Könnten seine Entführer etwa Basss sein? Zumindest schienen sie ihm das vermitteln zu wollen. Nur wie sollte das möglich sein? Er hatte doch das Weltenschiff explodieren sehen.

»Reden Sie endlich mit uns!«, wurde er erneut aufgefordert. Die Stimme wurde zunehmend ungeduldiger. Seltsam, wo sie doch aus dem Computer zu kommen schien.

Was sollte Jesus antworten? Sollte er überhaupt mit seinen Entführen sprechen?

»Ich heiße Carter, Jesus Carter. Ich bin Kapitän in der Flotte der WEU und befehlige die Kentucky.«

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752114881
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (September)
Schlagworte
Außerirdische Alien Krieg Menschheit Erstkontakt Raumschiff Roman Abenteuer

Autor

  • Toby Winter (Autor:in)

Seit Jahren schlummerte in mir der Wunsch, meine Fantasien in einem Buch zu verewigen. Durch Schule und meine spätere Selbstständigkeit fand ich nie Zeit dazu. Bis zu dem Tag, als mich eine hartnäckige Krankheit ans Bett fesselte. Schnell reifte in mir der Wunsch, jetzt, genau jetzt ein Buch zu schreiben. Seitdem kann ich damit nicht mehr aufhören. So viele Geschichten in meinem Kopf wollen noch geschrieben werden ... Ihr Toby Winter
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Titel: Das Weltenschiff