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Poker mit Hai

von B.D. Winter (Autor:in)
308 Seiten
Reihe: Shark Temptations, Band 2

Zusammenfassung

Er ist der Hai, er tritt an, um zu gewinnen. Doch wenn er verliert, wären sie frei. Die Namen im Ehevertrag sind geschwärzt, die Bedingungen ungeheuerlich. Kein Wunder, dass die neue Klientin auf Rache sinnt. Die Verhandlungen für sie zu gewinnen, wird alles andere als einfach, doch sie brauchen beide den Sieg. Sie, um dem Ungeheuer ihre Kinder zu entziehen. Merahwi, um seine Villa zu retten, bevor der russische Mafiaboss Rodchenko sie in die Finger bekommt. Ausgerechnet zu diesen Verhandlungen will Julian ihn begleiten, und Merahwis Instinkt schlägt Alarm. Kann man seinem Geliebten einen Wunsch abschlagen? Schon einmal vermochte er einen Mann nicht zu retten, den er inniglich liebt. Ideal, wenn Sie das Flair von James Bond, die Spannung von Dan Brown und die Anwaltsromane von John Grisham lieben, wenn Ihr Herz für raffinierte Coups und Bluffs wie in »White Collar« und für Gentleman Ganoven schlägt, oder wenn Sie ein Faible für Liebesgeschichten mit geheimnisvollen Charakteren haben und eine temporeiche Handlung Sie in Atem hält. Holen Sie sich den zweiten romantischen Thriller um den charismatischsten Unterhändler Wiens und zittern Sie mit dem Paar wie Feuer und Eis. Begleiten Sie Merahwis beherztes Team durch einen Fall voll unvorhersehbarer Wendungen und überraschender Twists und schlagen Sie der Mafia mit Charme, Spannung und Humor ein Schnippchen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


»Beim Poker gewinnt nicht der mit dem besseren Blatt, sondern der mit den besseren Nerven


Alexander Merahwi

1

Sonntag

Ölig lag die Hitze über der Stadt, nistete sich in die kleinsten Ritzen und machte jeden Atemzug zum Überlebensakt. Dennoch hievte Heribert Konsel seine hundertdreißig Kilogramm aus dem klimatisierten Benz. Am Fluss unten würde es besser sein, dort wehte fast immer ein leises Lüftchen. Er nahm den Köder und das Sechserpack Bier aus dem Auto und stieg hinunter zum Steg.

Die Luft in der Hütte roch abgestanden und stickig. Er betrat sie auch nur, um seine Utensilien zu holen. Erst trug er den Campingstuhl hinaus, dann die Angelruten, den Kescher und den Hakenauslöser. Ein Brett knarrte, und zum hundertsten Mal nahm er sich vor, es auszubessern. Wenn es kühler war, heute war jede Bewegung zu viel. Er gab die Flaschen in den Kübel und hängte ihn ins Wasser, damit es das Bier kühl hielt.

Über dem Steg summte eine Libelle. Er scheuchte sie fort, für einen Moment schwirrte sie über der Daubel, dann zog sie weiter. Sollte er das Netz ins Wasser lassen? Allein der Gedanke, in dieser Glut die Kurbel zu betätigen, sprach dagegen. Daubelfischen würde er nächsten Sonntag, heute warf er lieber die Angel aus.

Und sich selbst in den Campingstuhl. In den Wellen brachen sich die Sonnenstrahlen und blendeten ihn, er zog die Cap tiefer ins Gesicht. Noch lag der Schwimmer regungslos auf dem Wasser, die Fische bissen ungern in dieser Hitze. Aber er hatte Zeit. Die Wellen trugen seine Alltagssorgen fort. Den Stress im Büro. Die Gedanken an seine gierigen Mandanten, an seine hoffnungsvollen Mandanten, an seine verzweifelten Mandanten – und an die schöne Russin.

Er döste vor sich hin, und die Stunden strichen vorüber wie das Wasser, das in Richtung Donau floss. Irgendwann drangen leises Brummen und unter Reifen knirschender Sand an sein Ohr und verstummten bei der Nachbarhütte. Wie Boten aus einer anderen Welt. Er drehte sich nicht einmal um, später würde er den Zeitpunkt nur deswegen so genau benennen können, weil sich in dem Moment die Angel spannte.

Der Zander zappelte noch im Kescher, da war schon klar, dass er Maß hatte. Mit einem schnellen Schlag betäubte Konsel den Burschen und erlöste ihn mit einem Kiemenschnitt. Das Fleisch zuckte noch, das waren die üblichen Reflexe, vorsichtig schlitzte er den Bauch auf und weidete den Fisch aus. Er löste den Haken und legte das Maßband an, dann sah er auf die Uhr. Regeln waren da, um sie einzuhalten. Er fietzelte die Fangzeit in die Statistik, vierstellig, wie es Vorschrift war.

Nach Hause zu fahren hatte er noch keine Lust. Er legte den Fisch in die Kühlbox, holte eine Bierflasche aus dem Kübel und entfernte den Korken. Das Blut musste er auch noch von den Planken schwemmen. Er tauchte den zweiten Kübel in den Fluss, um Wasser zu schöpfen, da knarrte hinter ihm das kaputte Brett.


Sandro durchpflügte das Wasser, und Julian linste zum bestimmt fünften Mal über sein Buch. Ein Hai im Swimmingpool war tausendmal besser als der spannendste Spionageroman. Ruhig und elegant kraulte er, mit jedem Tempo tauchten seine Hände ein wie schmale Schaufeln. Jetzt erreichte er gleich den toten Winkel, Julian reckte sich auf der Liege und wartete auf die Rollwende. Er hatte die nie gelernt. Wie ein Fisch glitt Sandro davon, das Wasser flimmerte über seinem schlanken Körper. Ein stromlinienförmiges Bild für Götter, er leckte sich über die Lippen.

Hier klang es ganz anders als im Gänsehäufel. Das Kinderlachen im Türkenschanzpark hörte man allenfalls wie eine vage Ahnung, und für die Kaffeejause der Nachbarn war es noch zu früh. Am Sonntag durfte niemand Rasen mähen, vom Nachbargarten kam nur das Klappern einer Heckenschere herüber. Eine sanfte Brise brachte die Bäume geheimnisvoll zum Rauschen, ohne sie nennenswert zu bewegen. Mächtige Kastanien, einen Ahorn und den Marillenbaum, den er erst heute Morgen inspiziert hatte. Lange konnte es nicht mehr dauern, schon beim Gedanken an die süßen Früchte mit ihrer samtigen Schale lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Was ihn zurück zu Sandro brachte.

Der kraulte jetzt nicht mehr, sondern schwamm Delfin. Erst hoben sich seine Arme aus dem Wasser, dann seine Schultern, schließlich die Brust. Mit dem Körper vollführte er die Wellenbewegung, die Julian immer noch nicht checkte, er selbst soff nach drei Tempi unweigerlich ab. Sandros olivbraune Haut schimmerte in der Sonne, und das Wasser glitzerte auf seinen Schultern. Auf Julians Schultern glitzerte nichts, denn er trug ein leichtes Hemd und eine Sommerhose. Er war wesentlich heller als Sandro, hatte gestern etwas übertrieben und einen Sonnenbrand davongetragen. Aber hier unter der Markise war es schön schattig, die klimpernden Eiswürfel in seinem Zitronenwasser sorgten für Urlaubsfeeling, vom Anblick seines Hais ganz zu schweigen.

Das Klingeln des Handys riss ihn aus seinen Träumen.

»Shit!« Das Zitronenwasser rann über den Beistelltisch und tropfte auf die Schieferplatten.

»Das denkst du, wenn ich dich anrufe

»Nein, Mama, tut mir leid. Ich habe nur gerade eine Sauerei veranstaltet.« Er nahm das Handy mit hinein in die Villa, riss großzügig Papier von der Küchenrolle und beeilte sich damit wieder auf die Terrasse. Das Handy zwischen Schulter und Ohr eingeklemmt wischte er die Bescherung auf.

»Hörst du mir überhaupt zu

»Ja, klar.« Er marschierte wieder ins Haus, um das durchweichte Papierknäuel zu entsorgen. »Was hast du gesagt

Vorwurfsvoll blies sie ihm ihr Seufzen ins Ohr. »Wo bist du überhaupt? Nach Bad klingt das nicht

»Bei einem Freund

»Wieso bist du nicht im Gänsehäufel

»Weil ich von gestern noch einen Sonnenbrand habe.« Er merkte selbst, dass das nicht überzeugend klang, zumal ihn ein Sonnenbrand nie davon abgehalten hatte, ans Wasser zu fahren. »Weshalb rufst du an?« Als ob er es sich nicht denken konnte.

»Susanne will wissen, ob wir schon am Samstag feiern können. Die Kinder fahren am Montag aufs Jungscharlager, und sie täte sich mit dem Packen leichter

»Von mir aus.« Der Sonntag wäre ihm lieber gewesen, denn den verbrachte Sandro nächste Woche mit seiner Familie, aber aus Erfahrung wusste er, dass Diskussionen zwecklos waren. Wenn die Kinder nicht auf Urlaub fuhren oder eine Sportveranstaltung hatten, musste Stefan garantiert irgendwas Megawichtiges unternehmen. Oder sie hatten schon vor Wochen etwas mit Freunden ausgemacht, als ob Julians Geburtstag nicht jedes Jahr auf den dreißigsten Juni fiele. Er sollte sich nicht beschweren. Er sollte froh sein, dass sie seine Feier mit der von Stefan zusammenlegten und er nur einmal die Schwiegereltern seiner Cousine ertragen musste. Wie Sandro freiwillig einmal im Monat auf Großfamilie machen konnte, war ihm ein Rätsel.

»Walter hat doch hoffentlich keinen Dienst

»Walter kommt nicht mit

»Aber warum nicht? Was hat er denn …?«

»Ich hab Schluss gemacht

Schweigen am anderen Ende. Sehr beredtes Schweigen. Julian überprüfte den Wasserstand in der Espressomaschine und drückte auf den Knopf. Das Mahlwerk kreischte, der Kaffee zischte in die Tasse. Für dieses Gespräch brauchte er etwas Stärkeres als Zitronenwasser.

»Du hast nie gesagt, dass …«

»… er mich zu Tode langweilt? Das war nicht gerade leicht bei euren Lobeshymnen

»Er war so nett. So solide

»Ja, Mama

»Weißt du, man muss nicht gleich bei den ersten Schwierigkeiten aufgeben

»Erste Schwierigkeiten ist gut. Die Schwierigkeiten haben mehr als ein Jahr gedauert

»Er hat dich doch nicht betrogen

Nein, ich habe ihn betrogen, wie Papa dich. Tja, Mama, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Er ließ sich einen zweiten Espresso herunter und trug ihn hinaus auf die Terrasse. Sandro zog immer noch seine Bahnen. Wendig und elegant wie das Raubtier, nach dem Julian ihm seinen Spitznamen verpasst hatte, lange bevor er ihn das erste Mal schwimmen gesehen hatte. Nicht so lasch wie Walter, sondern ganz der Herrscher des Ozeans.

»Julian?«

»Ich bin noch dran

»Wann habt ihr euch getrennt

»Im Mai

»Und du hältst es nicht für notwendig, es mir zu erzählen

»Weil ich genau gewusst hab, wie du reagierst

Er hörte sie schlucken. »Dieser Freund, bei dem du gerade bist. Ist er dein Neuer

»Es ist kompliziert

»Was daran ist kompliziert? Hat er einen anderen

»Nein.«

»Dann bring ihn mit, ich will ihn kennengelernen

»Mama, das ist keine gute Idee.« Wie um Himmels willen sollte er das Sandro beibringen?

»Ist er verheiratet? Hat er Kinder

»Nein! Wofür hältst du ihn?« Obwohl ihm der Gedanke am Anfang ihrer Beziehung durchaus selbst gekommen war.

»Ich weiß nicht, wofür ich ihn halten soll. Genau deshalb will ich ihn kennenlernen

»Mama, ich bin sechsundzwanzig

»Erst in einer Woche. Wenn er es ernst mit dir meint, wird er kein Problem damit haben

Hast du eine Ahnung! Dabei war der Sonntag bis jetzt so schön gewesen.

Julian beendete das Telefonat, schmiss das Handy auf die Liege und ging am Rand des Swimmingpools in die Hocke. Sandro kraulte heran und zog die Schwimmbrille vom Kopf.

»Wäre für nächsten Samstag eine Planänderung okay

»Was willst du machen

»Immer noch meinen Geburtstag feiern. Aber mit meiner Familie

Wieder einmal konnte er in Sandros schwarzen Augen nichts lesen, aber begeistert wirkte er nicht. »Wolltet ihr euch nicht am Sonntag treffen

»Wollten wir. Bis meine Cousine beschlossen hat, dass der Samstag besser ist, weil die Jungs am Montag wegfahren und sie sonst Stress mit dem Packen bekommt. Meine Mutter hat es mir gerade gesagt. Am Telefon.« Er machte eine erklärende Geste zu seinem Handy, obwohl Sandro es vom Becken aus kaum sehen konnte. »Ich soll dich mitbringen, sie wollen dich kennenlernen

Sandros Nasenflügel zuckte. »Wir hatten doch besprochen, es für uns zu behalten

»Das ist meine Mutter, Sandro, der muss ich nichts sagen. Mütter haben für so etwas einen sechsten Sinn

»Sag ihr, dass ich schon eine andere Verabredung habe

»Ausgerechnet an meinem Geburtstag? Willst du dich schon unbeliebt machen, bevor sie dich kennt? – Bitte«, schmeichelte er. »Ich will doch, dass sie dich mögen

»Ich kann nicht

Es war ja nicht so, dass er es nicht gewusst hätte, als er sich auf die Beziehung eingelassen hatte, und trotzdem zog es ihm jedes Mal den Magen zusammen. Aus seinem Herzen hatte er noch nie eine Mördergrube gemacht und er wusste, dass Sandro ihm seine Enttäuschung anmerken konnte. »Es ist doch nur ein Familienfest, kein Staatsbankett. Nicht einmal das Fernsehen ist da«, witzelte er lahm.

»Es tut mir leid, aber es geht nicht.« Sandro fasste nach seiner Hand, aber Julian entzog sie ihm. »Wir feiern eben am Freitag. Oder am Montag

»Ich dachte, am Montag hast du nie Zeit

»Für deinen Geburtstag nehme ich sie mir

Sandro opferte für ihn einen seiner geheimnisvollen Montage? Jetzt fischte Julian doch nach seiner Hand. »Leg noch einen Kuss drauf. – Nein, nicht!« Er verlor das Gleichgewicht und kippte vornüber, das Wasser schlug über seinem Kopf zusammen, prustend tauchte er wieder auf. »Na warte

»Einen Kuss willst du?« Auf Sandros Lippen haftete vom langen Schwimmen noch ein Wasserfilm, trotzdem schmeckten sie wunderbar fest. Julian war nie ein großer Küsser gewesen, aber wenn Sandro ihm die Haare so zurückstrich, erst aus der Stirn und dann seitlich entlang, ihm die Finger von unten hineinschob, dann wechselte sein Herz prompt vom Trab zum Galopp. Gierig öffnete er ihm den Mund, kam seiner Zunge entgegen, und da war auch schon wieder dieses megamäßige Kitzeln an seinem Gaumen. Wie immer wollte er zurückweichen, weil er es kaum aushielt, wie immer verhinderte Sandro das, indem er seinen Kopf festhielt, und jagte über geheime Nervenbahnen tausend Volt abwärts. Wenn er so küsste, war ein Kuss viel zu wenig. Julian schlang die Arme um seinen Nacken, die Beine um seine Hüften und drängte sich mit jedem Quadratmillimeter an ihn. Wozu Luft holen? Sofort pressten sie wieder ihre Lippen aufeinander, fest strich ihm Sandro über den Rücken, das klitschnasse Hemd bremste ihn. Es klebte an Julians Haut, die Hose an seinen Beinen, doch sein bestes Stück hinderte das nicht, sich fast schmerzend gegen Sandros Bauch zu drängen.

»Nimm mich im Pool!«, keuchte er in Sandros Mund.

»Nicht ohne Kondom

»Dann mach mich nicht so scharf wie eine rollige Katze

»Du bist keine Katze, Gattino, du bist ein Kater

Und was für einer! Er rieb sich an ihm, was alles andere als einfach war, wenn er auf seiner Hüfte saß. Sandro hatte Erbarmen, bugsierte ihn zum Beckenrand und hob ihn aus dem Wasser. Es schwappte in den Überlauf, die Lamellen drückten in Julians Hintern, doch was er wirklich spürte, war Sandro, der sich zwischen seine Beine drängte und an seinem Hosenknopf nestelte. Der Zippverschluss klemmte, ungeduldig half er mit, und kaum hatte er das Ding offen, schnellte sein Ständer Sandro entgegen.

»Versuch leise zu sein, damit die Nachbarn uns nicht hören

Du hast gut reden! Er stützte sich auf Sandros Schulter ab, auf seiner vom Wasser so wunderbar kühlen Haut, und krallte sich in seinen Haaren fest.

»Oh Mann!« Jetzt leckte Sandro ihm die Beinbeuge, immer haarscharf an der Stelle vorbei, wo er die Zunge um jeden Preis spüren wollte. Sandro knabberte an der Innenseite seines Schenkels, sog die Haut ein wenig zwischen die Zähne, und Julian stöhnte auf.

»Leise!«

Sein Schwanz wippte gegen Sandros Wange, er drehte sich, um ihn an Sandros Lippen zu bringen, doch der lachte sein warmes, kehliges Lachen und wich ihm aus.

»Du bist so unglaublich fies

»Mhm.«

Um ein Haar hätte er aufgeschrien. Genussvoll lehnte er sich zurück auf die Ellbogen. Nicht stöhnen, die Nachbarn, nicht stöhnen! Sandros Zunge fuhr aufreizend langsam an seinem Schaft entlang, umspielte den Rand der Eichel, reizte das empfindliche Bändchen. Er biss sich auf den Arm, um die Geräusche seiner Lust zu unterdrücken, sah über sich den blitzblauen Himmel, aber dachte nur an die warme, dunkle Höhle, in die Sandro ihn aufnahm. Die Lippen schlossen sich um ihn, er zuckte in seinem Mund, zuckte an seinem Gaumen, Sandro fasste ihn tiefer. Längst wand er sich auf den Schieferplatten, Sandro packte ihn mit beiden Händen am Becken und hielt ihn fest, trieb ihn mit seinem Rhythmus gnadenlos auf den Gipfel zu. Wie eine Urgewalt stieg es in ihm hoch, lange hielt er das nicht durch! Hör auf, mach weiter, oh Gott, mach weiter!!! Blind tastete er nach ihm, erwischte seine Haare, versuchte halbherzig, ihn zurückzuziehen, und hoffte inständig, dass es ihm nicht gelang. Sein Körper bäumte sich auf, und im letzten Moment unterdrückte er einen Schrei.

»Oh fuck!« Erschöpft fiel er zurück, registrierte gerade noch, wie Sandro in den Überlauf spuckte und mit einer Handvoll Wasser aus dem Pool den Mund ausspülte. Sandro stemmte sich aus dem Becken und kniete sich neben ihn, aus seinen Haaren tropfte ihm Wasser ins Gesicht. Zärtlich streichelte Sandro ihm über die Wangen und küsste ihn sanft, bis die letzten Wellen der Lust abebbten.

Träge zog Julian den Reißverschluss hoch, Sandro streckte sich am Beckenrand aus und legte den Kopf auf seinen Bauch.

»Du bist gar nicht gekommen

»Das macht nichts. Beim nächsten Mal wieder

Er spielte mit Sandros Haaren. Die Sonne trocknete seine Kleider und sie küsste das Wasser von Sandros Haut. Im Nachbargarten klapperte die Heckenschere, hoch über ihnen zog ein Flugzeug einen Kondensstreifen. Es war ein perfekter Sommertag.

2

Julian hätte mit dem Taxi ins Büro fahren können. Sandro hatte ihm wiederholt angeboten, die Kosten zu übernehmen, doch er zog es vor, im 40A langsam vom Wochenende in den Alltag zu gleiten. Der Bus schaukelte durch die Cottage, an den herrschaftlichen Villen vorbei, machte eine scharfe Kurve nach rechts und tauchte nach einer kurzen Fahrt durch die Gymnasiumstraße links in Richtung neunter Bezirk ab. Hier roch es nicht mehr nach altem Geld und Bildungsbürgertum. Die Häuser stammten zwar auch großteils aus der Gründerzeit, doch das waren Zinshäuser, in denen Leute seiner eigenen Gesellschaftsschicht wohnten. Er brauchte dieses langsame Ankommen im normalen Leben.

Sogar den Lärm und die Enge ab dem Gürtel brauchte er, wo sich massenhaft Leute in den Bus quetschten. Diejenigen, die noch einen Sitzplatz ergatterten, steckten ihre Nasen sensationsgeil ins bunte Revolverblatt. ›Brutale Attacke am Donaukanal – Fischer ringt mit dem Tod‹, las er ungewollt mit. Wer war eigentlich auf die saublöde Idee gekommen, die heimische Antwort auf die ›Bild-Zeitung‹ ausgerechnet ›Österreich‹ zu nennen? Beim Lycée Français strömten die Teenies aus dem Bus, die verbleibenden Fahrgäste atmeten kollektiv auf, und Deutsch überwog wieder. Fremdsprachen waren so gar nicht sein Ding, Französisch schon mal überhaupt nicht. Mit einer Ausnahme. Er dachte an den gestrigen Tag am Pool zurück, und seine Mundwinkel wanderten in die Höhe.

Bei der Börse stieg er in die Ringlinien um und am Burgring klappte er seinen Spionageroman zu. Beschwingt marschierte er die paar Meter bis zum Ringstraßenpalais vor, in dem Merahwi & Martin ihre Büros hatten.

Mit der Kamera hatte er sich mittlerweile angefreundet, er variierte nur mehr die Grimassen, die er für Sylvie schnitt, bevor sie die Tür entriegelte. ›Verhandlungsstrategen‹ verkündete das Firmenschild unter den Namen der beiden Partner, aber der hohe Bambus vor der Tür ließ ihn jedes Mal an einen elitären Club denken.

»Du musst ja ein großartiges Wochenende gehabt haben, Romeo

»Geht so.« Mit einem verschmitzten Zwinkern strafte er seine Tiefstapelei Lügen, schnupperte an den frischen Blumen und spazierte um das Empfangspult herum zu seinem Schreibtisch. Seelenruhig packte er sein Netbook aus und schloss es an die Dockingstation an, dabei hatte er das Funkeln in Sylvies Augen genau gesehen. Sie platzte fast, ihm etwas zu erzählen.

»Los, frag mich schon

»Bist du verrückt? Doch nicht vor dem ersten Kaffee. Sonst entgehen mir noch die pikanten Details

In der Teeküche schäumte er die Milch für Sylvies Latte macchiato auf, ließ den Espresso in seine Tasse und in ihr Glas zischen und malte in ihren Kaffee einen Schwan. Obwohl, war nach einem Wochenende dieses Symbol für ewige Treue schon angebracht? Jetzt war der Vogel aber schon mal drin, und er stellte ihre Kaffees auf ein Tablett und trug sie vor an die Rezeption.

»Also, wie heißt er

»Jürgen.«

»Figur? Haarfarbe? Augenfarbe

»Schlank. So groß wie du. Blond. Grün

»Nicht mein Typ, den darfst du behalten

»Das sagst du jetzt, aber warte, bis du ihn kennst. Wir könnten ja einmal zu viert etwas trinken gehen, du, Jürgen, dein Mister X und ich

Julian verschluckte sich an seinem Kaffee. »Das ist eine ganz schlechte Idee

»Warum machst du so ein Geheimnis aus ihm

»Weil er nicht will, dass es publik wird

»Du und eine heimliche Affäre, das geht doch nie im Leben gut

»Es muss. Lass lieber hören, wie du deinen blonden Charmebolzen kennengelernt hast

»Im Gänsehäufel. Beim Beachvolleyball

Das spielte er selbst gerne, doch in Sandros Garten gab es weder Sand noch ein Volleyballnetz. »Vielleicht komme ich ja am Sonntag mit und mache auf Sardine.« Ganz, ganz schlechte Assoziation, obwohl man im Gänsehäufel sonntags wirklich Handtuch an Handtuch lag. Aber die Sardine gehörte nun mal zum Hai, und der kam ganz bestimmt nicht mit. »Aber ohne X

Sylvie zog einen Schmollmund und widmete sich den Mails, die übers Wochenende an die Office-Adresse eingegangen waren. Vor ein paar Wochen war das noch sein Job gewesen, denn eigentlich hatte Martin ihn ja eingestellt, um sie zu entlasten. Aber Sandro war der Ansicht gewesen, dass man für die Aufteilung der Post keinen Doktortitel in Germanistik brauchte, und wenn Julian in diesem Monat eines klar geworden war, dann dass bei Merahwi & Martin Merahwi das Sagen hatte.

Er schlug den Vertrag auf, den Martin ausgehandelt hatte, und zückte den Rotstift. Alle anderen Verträge korrigierte er mit Grün, aber das blasierte Getue von Martins Sekretärin reizte ihn wie ein rotes Tuch den Stier, und da war es nur angemessen, sich mit der aggressivsten aller Farben zur Wehr zu setzen. Frau Sommer ärgerte sich über jeden Fehler, der ihr durchrutschte, und je höher sie ihre Nase trug, um die Lappalie herunterzuspielen, desto mehr stieg seine Motivation, einen weiteren zu finden. Bei Dana war es das genaue Gegenteil. Fand er einen in ihren Schriftstücken, tat es ihm selbst am meisten weh.

Das Korrekturlesen war reine Beschäftigungstherapie. Bevor er hier angefangen hatte, hatte es keiner gemacht, und wenn er einen richtigen Auftrag hatte, schafften die Sekretärinnen das auch ohne ihn. Die Paragrafen waren sowieso nicht seine Baustelle, um die kümmerten sich die Juristen. Er musste sich nur Rechtschreibung und Grammatik ansehen und für einen verständlichen Ausdruck sorgen. Als ob Juristendeutsch jemals elegant sein konnte.

Auf dem Bildschirm poppte ein E-Mail auf.

›Absender: Dana

Betreff: Dienstvertrag JM

Großer Gott! JM war er, Julian Melnik, und was das bedeutete, war klar. Mit Ende des Monats lief seine Probezeit aus, und keine Firma, die finanziell angeschlagen war, konnte sich einen promovierten Korrekturleser in Fixanstellung leisten. Sandro hätte ihn wenigstens warnen können.

Immerhin enthielt das Mail keine schriftliche Auflösungserklärung, sondern die Aufforderung, sich um elf Uhr im Chefbüro einzufinden. Eineinhalb Stunden hatte er noch, um sich auf das Gespräch vorzubereiten, und die sollte er besser nutzen. Er stöpselte den roten Fineliner zu, legte den Firmenblock über den Vertrag und zog mit einem blauen Kuli eine senkrechte Linie. Links oben schrieb er ›Pro‹ und rechts ›Contra‹. Unter Pro setzte er ›habe Vertrauen bewiesen‹, dann knabberte er ratlos am Stift.

»Was ist los?« Sylvie linste zu ihm herüber.

Er drehte den Bildschirm so, dass sie das Mail lesen konnte.

»Ach du liebe Zeit!« Sie rollte mit ihrem Bürostuhl zu ihm. »Soll ich dir helfen

Er nickte und malte wie in Trance ›Kosten‹ auf die Contra-Seite.

»Hier gehört ›passt gut ins Team‹ hin

Er neutralisierte es durch ›derzeit unterbeschäftigt‹. Links könnte er anfügen, dass er sich nicht zu schade für Hilfstätigkeiten war, aber dass er genau die nicht von ihm wollte, hatte Sandro vor einem Monat deutlich gemacht. Es half alles nichts, überqualifiziert war überqualifiziert.


Punkt elf betrat er Sandros Büro. Sandro kam um seinen Schreibtisch herum, er trug einen neuen Anzug, zumindest einen, den Julian an ihm noch nicht gesehen hatte. Schwarz, wie immer exakt auf seine schlanke Figur geschnitten, und ein perlgraues Hemd mit Haifischkragen. Wo trieb er nur immer die Krawatten und Stecktücher auf, die so perfekt zu seinen Hemden passten? Julian konzentrierte sich auf den Kragen, um nicht in Gedanken sofort mit beiden Händen seine Seiten entlangzustreichen.

»Setz dich

Leider deutete Sandro nicht auf die Designersitzgruppe, sondern zum Besprechungstisch. Besprechungstisch hieß jedes Mal, dass es ans Eingemachte ging. Julian nahm seinen Stammplatz links übers Eck zu ihm ein, und seine schwitzigen Hände machten unschöne Flecken auf dem auf Hochglanz polierten Tisch. Er wischte mit dem Jackettärmel darüber, fuhr sich über die Oberschenkel und versteckte die Hände unter der Tischplatte. Sandro machte eine verwunderte Kopfbewegung, so als ob er überrascht lauschte.

»Wir müssen über deinen Dienstvertrag reden

»Ich weiß.« Er brachte nicht mehr als ein Krächzen heraus. »Die Probezeit läuft aus

»In der jetzigen Form kann das nicht weitergehen

Mit jedem anderen hätte Julian Blickkontakt gesucht und gefordert, dass er ihm gefälligst in die Augen sah, wenn er schon auf den kleinen, schutzlosen Arschlöchern herumtrampelte. In diesem Fall hielt er die Konfrontation selbst nicht aus und fixierte lieber die schwarzen Haare seines Chefs. Gestern hatte er seine Finger vor Lust hineingekrallt, heute war wieder jede einzelne Strähne penibel mit Gel gestylt. »Hilfst du mir, einen anderen Job zu finden?«, fragte er kleinlaut.

»Wovon redest du

Das war nicht die befehlsgewohnte Stimme des Hais, das war die liebevolle von Sandro. Nicht, dass ihm nicht auch die Haistimme stets die Wirbelsäule hinunterrieselte und die Härchen an seinen Armen aufstellte, aber in die samtige Sandro-Stimme hätte er sich am liebsten eingekuschelt. Nur jetzt im Augenblick verhieß sie gar nichts Gutes. »Ich weiß ja, dass alles dagegen spricht. Aber ohne Job kann ich meine Wohnung nicht halten und …«

»Julian! Ich wäre doch verrückt, dich gehen zu lassen

Jetzt riskierte er doch einen Blick in die schwarzen Augen. »Du kündigst mir nicht

»Es geht um dein Gehalt, das passt nicht ins Schema

Ach du Scheiße, und er hatte schon gedacht …! Aber so jäh wie die Freude aufgeflammt war, so jäh wurde seine Kehle auch schon wieder trocken. »Ich kann echt nicht noch weniger …«

»Wie hast du es geschafft, mit Professoren Schlitten zu fahren, wenn du so wenig von deinem eigenen Wert hältst

»Da ist es nicht um mich gegangen, sondern um Diskriminierung schwuler Studenten

»Aber dich selbst lässt du diskriminieren? In deinem Dienstvertrag steht noch das Gehalt einer Bürohilfskraft. Zeig mir, dass du das eines Akademikers verdienst

Echt jetzt? Er bekam mehr? Sein Gesichtsausdruck war wohl eher der eines Schafes als der eines Doktors. »Wie

»Was hältst du für angemessen

»Ist das dein Ernst, ich soll verhandeln? Mit dir? Du weißt aber schon, dass du der Verhandlungsstratege bist

Abwartend sah ihn Sandro an. Oh Mann, was war denn nun wirklich angemessen? Er war Germanist, kein WU-Absolvent. Mit einem Doktor in den Geisteswissenschaften war schon allein eine Fixanstellung der Jackpot. In Sandros Gesicht lag die Antwort schon mal nicht. Das reinste Pokerface, nur die winzige Narbe links oberhalb der Lippe ließ ahnen, dass auch ein Hai nicht unverletzbar war.

»Ich weiß nicht. Zweitausend vielleicht

»Du sollst nicht raten, du sollst verhandeln. Was hast du gemacht, nachdem Dana dir das Mail mit dem Termin geschickt hatte

Beschämt musterte Julian die Tischplatte. »Eine Pro-und-Contra-Liste erstellt

»Dann lass mich deine Pros hören

»Du weißt, dass ich schnell und genau arbeite

»Wie viele andere auch. Was noch

»Ich habe mich gut ins Team eingegliedert. Sogar mit Stella komme ich klar

Sandro leistete sich ein flüchtiges Schmunzeln, wurde aber gleich wieder ernst. »Mehr fällt dir nicht ein? Wirfst du schon das Handtuch

»Ich gebe nicht auf halber Strecke auf, und das weißt du genau!« Wütend funkelte Julian ihn an.

»Jetzt kommen wir der Sache schon näher.« Er schlug die Personalakte auf und schob sie Julian zu. Das waren die Notizen von ihrem Kennenlerngespräch. ›Ich ziehe durch, was ich angefangen habe‹, stand da.

Soft Skills! Sandro stand nicht auf Fakten, sondern auf das dahinter. Was hatte er wieder und wieder versucht, ihm einzutrichtern? Empathie. Versetze dich in dein Gegenüber und fühle, was der andere will und braucht. »Diskretion

Sandros Nasenflügel zuckte. Oh Gott, das todsichere Zeichen, dass er ihn verärgert hatte!

»Du verstehst mich falsch. Ich rede nicht von deinem Geheimnis. Oder ja, irgendwie rede ich schon davon, aber nicht, wie du glaubst. Ich würde dich nie erpressen

»Wovon redest du dann

»Dass ich bereit bin, ein Geheimnis zu bewahren, obwohl ich Heimlichkeiten hasse wie die Pest.« Ganz von allein saß er plötzlich kerzengerade, den Kopf aufrecht und sah Sandro herausfordernd in die Augen. Genau das war es, was Sandro hören wollte, und jetzt spielte er es aus wie einen Trumpf: »Ich habe bewiesen, dass man mir vertrauen kann. Dass du es kannst

»Wie viel

»Zweieinhalbtausend.« Auf einmal kam es ihm ganz selbstverständlich über die Lippen.

Sandro schüttelte den Kopf.

»Zu viel?« Erschüttert schrumpfte Julian auf seine vorige Haltung zusammen. Dabei war das Gefühl gerade so geil gewesen.

»Drei.«

Das konnte nicht wahr sein, das war ein Test! Ganz bestimmt war das ein Test, mit dreitausend konnte er seine Schulden in einem Jahr abstottern! Und vielleicht im nächsten wieder einmal ans Meer fahren! Aber darauf fiel er ihm nicht herein! »Ich will keinen Bonus dafür, dass ich mit dir schlafe

»Dafür werde ich dir auch nie einen zahlen, weil ich mir sonst nämlich gleich einen Callboy nehmen könnte. Julian, ich habe ein hervorragendes Team, weil ich meine Angestellten fair entlohne. Und ich werde bei dir keine Ausnahme machen

»Dreitausend!« Scheiß auf Büro, auf Etikette und Chef! Julian sprang ihm rittlings auf den Schoß und schlang ihm beide Arme um den Hals. »Dreitausend! Du bist wahnsinnig

»Das bin ich nicht, denn du wirst dir jeden Cent davon verdienen.« Lachend streichelte ihm Sandro über den Rücken.

»Das werde ich, darauf kannst du Gift nehmen

»Dein Büro wird allerdings erst in zwei Wochen fertig. Aber du kannst heute schon mit Dana deine Möbel aussuchen

Oh nein, oh nein, so hatten sie nicht gewettet! »Ein eigenes Zimmer, nur für mich

»Im unteren Stockwerk, beim Team

Julian verschränkte die Hände in Sandros Nacken. »Kann ich vielleicht noch etwas in meinen Vertrag verhandeln

»Einen Dienstwagen bekommst du nicht

Er grinste breit. »Will ich auch nicht. Ich will an der Rezeption sitzen bleiben

Den Tag würde er sich im Kalender anstreichen, so schnell zeigte Sandro bestimmt nicht wieder ein fassungsloses Gesicht. Mit Statussymbolen kannte er sich aus, und dass jemand auf eines freiwillig verzichtete, musste auf ihn eine ähnliche Wirkung haben wie ein Meteoriteneinschlag. »Du willst kein Büro für dich alleine

»Ich will Leute um mich haben, Klienten und Kollegen. Sylvie, um genau zu sein

»Bist du dir ganz sicher?« Oh Mann, Sandro konnte ja sogar skeptisch schauen!

»Hundertprozentig.«

Ȇberzeugt bin ich davon nicht

»Aber ich

Und schon wieder das Pokerface. Wenn Sandro ihn nur ansah und nichts sagte, wurde er immer meganervös. Der Nasenflügel zuckte nicht, das war schon mal ein gutes Zeichen, aber was hinter seiner Stirn vorging, war ums Verrecken nicht zu erraten. Sandro konnte minutenlang schweigen und jemanden damit ordentlich aushebeln, und Julian begann nervös zu zappeln.

»Schön, probieren wir es. Aber wenn es sich nicht mit den Fällen vereinbaren lässt oder mit der von dir so wissend ins Treffen geführten Diskretion, bekommst du ein eigenes Zimmer. Ob du es willst oder nicht

»Einverstanden.«

Sandro bugsierte ihn von seinem Schoß und holte eine kleine Schachtel von seinem Schreibtisch. »Ich hoffe, du lehnst nicht auch noch das ab.« Er stellte sie auf den Besprechungstisch, und die Art, wie er sie ihm mit einem Finger zuschob, machte sie ungemein wichtig. »Denn dieser Punkt ist nicht verhandelbar

Er verstand es wirklich, die Spannung zu steigern! Neugierig hob Julian den Deckel ab.

»Visitenkarten!« Ehrfürchtig strich er über den hochwertigen Karton und fuhr die Strukturprägung nach. Das elegante Logo von Merahwi & Martin, und in nicht minder eleganten Lettern ›Dr. Julian Melnik. Recherche.‹ Er musste nicht mehr die neutralen Karten verwenden, die beim Empfang auslagen, diese hier machten es offiziell. Und das war fast genauso viel wert wie die dreitausend Euro.

3

Sie haben die Wette gewonnen. Die Blumen bekommen Sie, sobald diese hier verblüht sind.« Merahwi legte Dana Julians Personalakte und ein Kuvert auf den Tisch. Auf die Akte hatte er ein Post-it mit ›3.000‹ geklebt.

Dana lehnte das Kuvert mit den Buchgutscheinen an die Blumenvase und richtete es mit den Zeigefingern gerade. Ihr Nagellack leuchtete genauso rot wie die Anthurien im Strauß. »Wie viel hat er verlangt

»Zweitausend. Und er will kein eigenes Büro

»Zu dumm, ich hätte Ihnen doch noch eine zweite Wette vorschlagen sollen. Aber man kann nicht an alles denken

»Sie lassen nach.« Er zwinkerte ihr zu.

»Ihr Elf-Uhr-fünfundvierzig-Termin ist schon da. Eine Frau Kozlowa. Soll ich sie holen

»Nur ein russischer Name oder wirklich Russin

»Oksana Ivanowna Kozlowa, könnte eine neue Klientin werden. Am Telefon heute Morgen hat sie fast Schnappatmung gehabt und dreimal wiederholt, dass sie äußerst dringend einen Unterhändler braucht

Äußerst dringend bedeutete, dass er sein Honorar hinaufschrauben konnte. Äußerst dringend war gut, vor allem im Sommerloch und mit der Schlagseite, die sein Unternehmen gerade hatte. Seine Uhr zeigte elf Uhr fünfunddreißig. »Holen Sie sie um zehn vor. Keine Minute früher

Die Frau, die Dana eine Viertelstunde später in sein Büro führte, musste einmal bildschön gewesen sein. Sie hatte die vierzig auf jeden Fall überschritten, war aber immer noch attraktiv. Gertenschlank und auf eine Art weiblich, die man zumeist in den ehemaligen Ostblockstaaten antraf. Ihr Haar war kunstvoll zu einem Zwitterding aus Turban und Banane geschlungen und umschmeichelte ihre Schläfen in weichen Wellen. Das makellose Blond kam gewiss aus der Tube, doch an ihrem Scheitel war kein Nachwuchs zu sehen. Sie hatte die hohen Wangenknochen der Slawen, ohne hart zu wirken.

»Sdrastvuytje, Oksana Ivanowna, bitte nehmen Sie Platz.« Er wies zum Besprechungstisch.

Überrascht sah sie ihn an. Nur wenige Österreicher wussten, wie man Russen höflich ansprach. »Dobryy djen, gaspadin Merahwi.«

Er wartete, bis Dana den Tee serviert hatte und das Klackern ihrer Stilettos verstummt war. Frau Kozlowa verrührte den Zucker im Tee, und ihr Armband klimperte. Zu viel Gold für seinen Geschmack. Die meisten Russinnen, die er kannte, hegten eine Vorliebe für zu viel Schmuck und Bling-Bling, Oksana Ivanowna machte keine Ausnahme.

»Was kann ich für Sie tun

»Ich brauche einen Anwalt

»Ich bin kein Anwalt

»Aber auf Ihrer Website steht, Sie verhandeln

»Eine Verhandlung ist kein Prozess. Ich kann für Sie verhandeln, aber Sie nicht vor Gericht vertreten

Im ersten Moment war sie merklich enttäuscht, senkte den Blick und fingerte an ihrem Armband herum. Es wäre der richtige Zeitpunkt gewesen, ihren Irrtum einzugestehen, sich höflich zu verabschieden und sein Büro zu verlassen, doch sie ließ die Gelegenheit verstreichen. Schließlich hob sie den Kopf und sah ihn unmittelbar an. »Vielleicht ist das sogar besser so. Mein Anwalt sagt, vor Gericht verliere ich

Merahwi nahm einen Schluck Tee, um seinen ersten Impuls zu überspielen. Er trank den Tee auf persische Art, mit einem Stück Kandiszucker zwischen den Zähnen, über das der Tee spülte. Während sich die Süße löste, verknüpften sich in seinem Gehirn in Windeseile unzählige Synapsen. Er mochte keine aussichtslosen Fälle. Harte Verhandlungen ja, aber keine ohne die Chance zu gewinnen. Doch diese Möglichkeit sah sie offenbar, oder die Angelegenheit lag ihr dermaßen am Herzen, dass sie sich zumindest zur Wehr setzen wollte. Leute, die nicht alles widerstandslos schluckten, beeindruckten ihn.

»Worum geht es

»Um eine Scheidung

»Um Ihre

Ihre Ohrringe pendelten leicht, als sie bejahte.

»Was hat Ihr Mann gegen Sie in der Hand, dass Sie vor Gericht verlieren würden

»Einen Ehevertrag

Kozlow hatte also eine schöne Frau geheiratet, sich und sein Vermögen aber abgesichert. Der Schmuck, das teure Kleid, die professionell wirkende Maniküre deuteten darauf hin, dass es ihr an Geld nicht mangelte. Nicht, solange der Richter die Ehe nicht auflöste.

»Wer von Ihnen beiden will die Scheidung

»Mein Mann

War sie fremdgegangen? Hatte sie sich einen Liebhaber genommen, weil Kozlow sie vor lauter Geschäftemacherei vernachlässigte? Das kam oft genug vor, aber er stellte die Frage nicht. Er demütigte seine Klienten nie, indem er sich nach peinlichen Umständen erkundigte, sondern er wartete, was sie von sich aus erzählten. Eine Weile schaffte sie es, ihm in die Augen zu sehen, dann schweifte ihr Blick ab und wanderte durch sein Büro. Über die Kunstwerke, über die Sitzgruppe aus Leder und Chrom. Beim Schreibtisch stutzte sie.

»Sie haben keine Fotos auf dem Tisch

»Nein.«

»Haben Sie niemanden, den Sie lieben

Keinen, dessen Foto er sichtbar in seinem Büro platzieren konnte. »Von wem würden Sie Fotos aufstellen

»Von meinen Kindern. Mein Mann will sie mir wegnehmen

»Es geht demnach um das Sorgerecht? Soll ich das für Sie verhandeln

»Mein Mann ist kein guter Mensch.« Bedeutungsschwer hing der Satz im Raum, und Merahwi gab ihm Gelegenheit, nachzuhallen und sich setzen zu lassen.

»Ist es deshalb so dringend

Unter ihrem linken Auge flatterte ein Nerv. »Mein Anwalt will mich nicht länger vertreten

»Warum nicht

»Das weiß ich nicht. Er nimmt meine Anrufe nicht mehr an, seit heute Morgen

»Erpressung?« Es war ein Schuss ins Blaue, zu dem ihn ihr Kommentar über den Charakter ihres Mannes verleitet hatte, doch sie zuckte zusammen, als hätte er sie bei etwas Unlauterem ertappt. Es war das erste Mal, dass ihre sehr aufrechte Haltung einen Knick bekam.

»Was macht Sie so sicher, dass ich mich nicht ebenfalls erpressen lasse

»Ihre Referenzen

Sie war nicht nur schön, sie war auch nicht dumm, zumindest hatte sie trotz der Dringlichkeit Erkundigungen über ihn eingezogen. Und wenn es nur über die Website war, auf der namhafte Klienten seine Leistungen lobten. Die Liste las sich wie das Who’s who der Wiener Gesellschaft. Hochrangige Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur, aber auch bekannte Unternehmen und zwei Familien aus dem ehemaligen Hochadel. »Sie müssen den Anwalt mir gegenüber von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden, meine Sekretärin wird Ihnen das Schreiben aufsetzen. Haben Sie den Ehevertrag mit

»Ja.« Ihre Finger verharrten sicher eine halbe Minute über ihrer Handtasche. Sein Blick haftete am Prada-Logo, bis sie sich doch ein Herz fasste und ein daumendickes Dossier herauszog. »Aber Sie dürfen niemandem davon erzählen

»Meine Mitarbeiter müssen es lesen. Die, die an Ihrem Fall arbeiten

»Ihre Leute dürfen mit niemandem reden. Versprechen Sie es mir. Nein, versprechen reicht nicht, ich will es schriftlich

»Unser Vertrag enthält eine Verschwiegenheitsklausel

Sie zog das Dossier zurück. »Dann will ich den Vertrag schließen, bevor ich Ihnen das hier zeige

»Blind?« Naiv kam sie ihm nicht vor, und der Gedanke an seine Hypothek kämpfte mit seinem Instinkt, dass hier etwas ordentlich faul war. Wenn er Villa und Firma retten wollte, konnte er sich jedoch keine Skrupel leisten. »Ohne zu wissen, ob ich für Sie überhaupt gewinnen kann?«, wandte er dennoch ein.

»Ich zahle Ihnen einen Bonus, wenn Sie gewinnen

»Das ist ohnehin üblich. Hören Sie, Oksana Ivanowna, Sie …«

Sie unterbrach ihn mit einer unwirschen Handbewegung. »Können Sie am Mittwoch mit meinem Mann verhandeln

»So bald schon?« Er lachte künstlich, dann wurde er ernst. »Eintausendfünfhundert

»Für die Verhandlung

»Für die Stunde

Sie schluckte, und trotz ihres Rouges war ihr Gesicht auf einmal sehr blass.

»Und fünfzehn Prozent Erfolgshonorar vom Streitwert. Zuzüglich hunderttausend, wenn ich das Sorgerecht für die Kinder durchsetze

»Doktor Konsel wollte nicht einmal die Hälfte

»Doktor Konsel hat auch nicht den Mumm, Sie länger zu vertreten

»Fünfundsiebzig.«

»Hundert. Wir sind nicht auf dem Flohmarkt

Sie drehte den Ring an ihrem Finger. »Wenn nur ich das Sorgerecht bekomme

Das war bei der österreichischen Rechtslage nicht mehr ganz so einfach wie früher, die Richter neigten jetzt zum geteilten Sorgerecht. Aber sie wollte nicht vor Gericht. Und er brauchte das Geld, selbst wenn er dafür hoch pokern musste. »In Ordnung, beim alleinigen Sorgerecht. Die hunderttausend zahlen Sie auf ein Treuhandkonto ein, das an mich ausbezahlt wird, wenn wir gewonnen haben.« Er hatte keine Lust, seinem Honorar hinterherzurennen. »Mein Vorschuss beträgt dreißigtausend. Sobald er auf meinem Konto eingegangen ist, fange ich an

Er ließ Dana den Vertrag aufsetzen. Frau Kozlowa studierte ihn Punkt für Punkt, ohne einen einzigen Passus zu beanstanden, schließlich setzte sie ihre Unterschrift unter das Dokument. »Es stimmt, was man über Sie sagt. Sie sind wirklich ein Hai

Wer außer seinen Mitarbeitern nannte ihn so?

»Das ist gut, denn mein Mann ist auch einer.« Sie schob ihm den Ehevertrag zu.

Er schlug die erste Seite auf, und ihm wurde klar, wieso der Vertrag so dick war. Die Stempel wiesen ihn als eine beglaubigte Übersetzung aus, die russische Version war hinten beigeheftet. Aufmerken ließ ihn, dass die Namen geschwärzt waren. »Anonym

»Das ist die Bedingung meines Mannes, wenn ein Außenstehender für mich verhandelt

Reichlich ungewöhnlich, doch solange der Vorschuss sein Honorar deckte, sollte es ihm recht sein. Er überflog die Paragrafen. Die üblichen Einleitungsfloskeln, das normale juristische Brimborium. Der vierte Abschnitt handelte von den ehelichen Pflichten. Er spürte ihren ängstlichen Blick auf sich ruhen und las weiter. Beinahe hätte es ihm den Magen umgedreht.

Alles war hier geregelt, aber auch wirklich alles. Die Toleranzgrenzen, innerhalb derer sich ihre Modelmaße bewegen mussten, die Länge ihrer Haare, sogar die Haarfarbe. Die Häufigkeit des Beischlafs, die Verhütungsmaßnahmen. Und die Sexualpraktiken, mit denen sie sich einverstanden erklärte. Es las sich wie ein schlechter Porno.

»Wollen Sie gar nicht wissen, wieso ich mich darauf eingelassen habe

»Sie hatten gewiss Ihre Gründe.« Es fiel ihm alles andere als leicht, seinen Abscheu zu verbergen. Frau Kozlowa, oder wie immer sie wirklich heißen mochte, forschte in seinem Gesicht, und als sie keine Missbilligung darin fand, atmete sie erleichtert aus. Er blätterte weiter, zur Vermögensaufteilung. Sie würde nicht mittellos aus dieser Ehe aussteigen, und vielleicht war das der Köder gewesen, sie zur Unterzeichnung eines solchen Vertrages zu bewegen. Während der Ehe stand ihr ein monatliches Taschengeld zu, von dem andere drei Kleinfamilien über die Runden brachten, und selbst danach war sie eine wohlhabende Frau. Anspruch auf eine Hundert-Quadratmeter-Wohnung in der Innenstadt und eine stattliche Abfindung. Kein Wunder, dass ihr Mann sich auf Verhandlungen einließ, sie war nicht die Einzige, die etwas zu verlieren hatte.

»Sind Sie gierig, Oksana Ivanowna

Entrüstet funkelte sie ihn an. »Hätten Sie das ohne Gegenleistung mit sich machen lassen

Er hätte es auch nicht mit einer Gegenleistung getan, aber das stand auf einem anderen Blatt. Hörte Prostitution vor dem Traualtar auf? Dennoch hatte er kein Recht, sie zu verurteilen. Er hatte selbst die Dienste von Prostituierten in Anspruch genommen. Nach Tom. Nachdem seine Welt in Scherben lag.

Ihre Antwort gefiel ihm jedenfalls besser als ein empörtes Nein, denn mit ihrer Habsucht konnte er effizienter arbeiten als mit Ethik und Moral.

»Ich will das Sorgerecht«, beharrte sie trotzig.

Der entsprechende Abschnitt war eindeutig. Sämtliche Kinder, die dieser Ehe entsprangen, blieben bis zur Volljährigkeit in der Obhut des Vaters, und die Obsorgepflicht ging auf ihn allein über.

»Was ist es Ihnen wert

»Hunderttausend Euro«, schnauzte sie ihn an. »Und Sie wagen es, mir Gier vorzuwerfen

»Sie missverstehen mich, ich verlange kein zusätzliches Honorar. Ich will wissen, wie weit ich gehen kann

Ihre Antwort brauchte er vorerst nicht, denn ihre Körpersprache verriet ihm genug. Die schnellere Atmung, die Kiefermuskeln, die sich plötzlich verkrampften. Er lehnte sich eine Spur vor und sah ihr tief in die Augen. »Ich weiß nicht, was Ihnen Ihr Anwalt in Aussicht gestellt hat, aber ich will für Sie gewinnen. Wirklich gewinnen

In ihren Augen loderte es fasziniert auf. »Lassen Sie ihn bluten

4

Beschwingt enterte Julian die Terrasse der ›Summerstage‹ und scannte die Lage. Man hatte vier Tische für sie zu einem langen zusammengestellt, und vier Plätze daran waren natürlich schon belegt. Einer von Tobias, egal wo und wann, der kreuzte garantiert als Erster auf. Neuerdings in Begleitung von Astrid, einem quirligen Drittsemester, die voll auf den Herrn Assistenten abgefahren war. Das Anhimmeln schien ja ganz nach seinem Geschmack, lässig hatte er einen Arm um sie gelegt und laberte Nicole und Daniel auf megawichtig voll.

»Hi, Leute!« Julian küsste Nicole und Daniel auf die Wangen, ging um den Tisch herum und zog den Klappstuhl neben Astrid heraus. Mit ihr als Puffer musste er nicht den ganzen Abend auf intellektuell machen. Es war ja nicht so, dass er Tobias nicht mochte, aber auf die akademische Hirnwichserei konnte er gut und gerne verzichten. Wenn es Tobias Spaß machte, sollte er ruhig den Oberchecker raushängen lassen. Aber bitte nicht mit ihm und schon gar nicht mit einem Thema, das er nicht einmal mit einer Zange angefasst hätte. »Was macht der Journalismus?«, erkundigte er sich bei Daniel. »Wann kriegst du den Pulitzerpreis

»Ich krieg den Preis und Nicole die Kohle

»Fängst du schon wieder damit an?«, giftete Nicole Daniel an.

»Ach komm! ›Brutale Attacke am Donaukanal‹ kannst du doch wirklich nicht als Qualitätsjournalismus bezeichnen

»Ich verdiene wenigstens unsere Brötchen, damit du deine Prinzipien nicht verraten musst

»Wenn man sich selbst links überholt, braucht man keine Kohle«, stichelte Julian. Er bereute bereits, das Thema überhaupt angeschnitten zu haben. Daniel absolvierte nach dem Publizistikstudium ein Volontariat beim ›Falter‹, wo ihn der Kapitalismus bestimmt nicht korrumpierte. Links war das perfekte Stichwort für Tobias, der über Adorno und andere gefinkelte Schleifen wieder den Weg zurück zur Germanistik fand.

Oh Mann! Julian wusste schon, warum er der Uni den Rücken gekehrt hatte. Er ließ die vier quasseln und zog sich lieber den Blick auf den Donaukanal rein. Hier war er noch idyllisch, mit Birken an den Ufern und anderen zartgliedrigen Bäumen, deren Namen er nicht wusste, die ihm aber ausgesprochen gut gefielen. Er hätte auch weiter stadteinwärts feiern können, wo sich Lokal an Lokal reihte, doch die Graffiti dort erinnerten ihn nicht an eine Schickimicki-Meile, sondern an amerikanische Ghettos. Hier war es weit besser, zumal jetzt auch Mike und Theo aus dem Fitnesscenter eintrudelten.

»Feiert hier ein gewisser Julian Melnik seinen Geburtstag?« Sie tauschten männliche Umarmungen und ein paar Worte mit allen, und Julian stellte wieder einmal zufrieden fest, dass man definierte Bodys und trotzdem mehr Hirn als Muskeln haben konnte. Nicht umsonst lästerte er mit ihnen immer über die aufgepumpten Affen mit ihren Stiernacken ab. »Uh«, ließ Theo auch prompt los, was unter ihnen als Brunftschrei eines Gorillas galt, und deutete mit dem Kinn auf einen Typen drei Tische weiter. Dort konnten sie breite Schultern bewundern, einen Bizeps wie von Obelix, und jeder Knopf des Kurzarmhemdes stand unter Spannung.

»Der ist Julian mal zwei.« Angewidert drehte Nicole sich wieder zurück. »Und Tattoos hat er auch

»Tattoos gehen gar nicht«, stimmte Julian ihr zu.

»Behauptet wer?« Mike hatte selbst einen Adler auf der Brust. Auf dem Oberarm allerdings auch ein Herz mit Christina, das regelmäßig zu Diskussionen führte. Vor allem weil Christina seit fünf Jahren passé war. »Einen schönen Körper sollte man auch verzieren

»Ach, Süßer.« Julian schenkte ihm einen tragischen Augenaufschlag. »So wird das nie etwas mit uns beiden

Antworten konnte ihm Mike nicht, denn die Kellnerin zündete die Kerzen in den Windlichtern an, und sofort änderten sich Mikes Prioritäten. Sie hatte auch ein Tattoo und fiel somit in sein Beuteschema. Er blöderweise nicht in ihres, vielleicht stand sie aber auch nur nicht auf abgedroschene Anmachsprüche.

Julians Handy piepste. ›Bin schon am Karlsplatz. Bis gleich.‹

»Wer war das

»Dreimal darfst du raten

»Das kann nur Sven sein«, unterbrach Tobias seine Fachsimpelei. »Kommt der Typ wirklich aus Stockholm und nicht aus Neapel? War der eigentlich schon ein einziges Mal pünktlich

Knappe zehn Minuten später stolperte Sven über die Stufen zur Terrasse und schlängelte sich zwischen den Klappstühlen durch. »Bin ich der Letzte?« Er hechelte nach Luft, was auch kein Wunder war, wenn er in dieser Hitze von der U-Bahn zum Donaukanal herunterrannte. Bei den Küsschen links und rechts schnaufte er Julian in die Ohren. »Wo ist Walter

»Keine Ahnung. Interessiert mich auch nicht

Sven ließ sich auf einen freien Stuhl fallen und fächelte sich mit der Speisekarte Luft zu. »Hab ich was verpasst, wie ich in Stockholm war

»Kann man so sagen. Der Langweiler ist endlich Geschichte

»Daniel!«, zischte Nicole und stieß ihn in die Seite.

»Was ist? Vermisst du seinen überschäumenden Humor und seine unterhaltsamen Gespräche

»Es ist trotzdem gemein

»Ach komm, der ging in den Keller lachen

»Stimmt«, befand auch Tobias. »Zu Julian hat er nie richtig gepasst

»Dann habe ich jetzt endlich Chancen bei dir?« Neckisch fasste sich Sven in die Haare und plinkerte Julian an.

»Dazu bist du zu blond, Schätzchen, das weißt du genau

»Du brichst mir das Herz«, säuselte Sven theatralisch und führte die Speisekarte ihrer eigentlichen Bestimmung zu. Das Bäuchlein unter dem fliederfarbenen Flatterhemd wollte schließlich gepflegt werden.

Ein weiteres Mal erschien Blond, gleich im Doppelpack, und Julian musste zweimal hinsehen, bevor er aufstand und winkte. Ein zipfeliges, buntes Sommerkleid mit Spaghettiträgern, Riemchensandalen und rot geschminkte Lippen, damit hatte er wirklich nicht gerechnet.

»Aber hallo! Gehört dieser heiße Feger zu uns?« Mike zupfte den T-Shirt-Ärmel zurecht, damit man das Christina-Herz nicht sehen konnte, und sogar Daniel und Tobias bekamen Stielaugen und erboste Klapse von ihren Freundinnen. Sven balzte Blond Nummer zwei an, auch wenn es noch so hoffnungslos war.

»Leute, das sind Sylvie und Jürgen.« Julian begrüßte auch Sylvie mit zwei Wangenküsschen, was er im Büro nie getan hätte, und raunte ihr dabei ins Ohr: »Wow, hast du heute noch was vor? Also wenn ich auf Mädels stünde, müsste dein Schnuckel sich in Acht nehmen

»Weiß ich doch, mein Schatz

Der Schnuckel ließ Sven abblitzen und war in Nullkommanichts in ein Sportgespräch mit Mike und Theo vertieft. Der Hormonspiegel von Daniel und Tobias sank wieder auf Normalniveau, und die Mädels entspannten sich, als Sylvie sich vorwiegend mit Julian und dem so schnöde verschmähten Sven unterhielt.

Nach dem Essen lehnte Julian sich wohlig zurück. Genau so sollte es sein. Eine warme Sommernacht, plaudern und lachen, man konnte gar nicht genug Freunde haben. Bis auf einen Schönheitsfehler. Denn an einem perfekten Abend sollten nicht zwei Mädels neben ihm sitzen, sondern der Mann, den er liebte.

»Was ist auf einmal los mit dir? Du siehst drein, als wäre jemand gestorben

»Nichts.« Julian zwang ein Lächeln in sein Gesicht. »Gar nichts ist los

Sven kaufte es ihm nicht ab, aber zum Glück verhinderte Tobias jede weitere Nachfrage, indem er sich effektvoll räusperte. »Es liegt doch völlig auf der Hand, was los ist. Da kann es jemand nicht erwarten, seinen Geburtstag vorzufeiern und die Geschenke abzusahnen, also lasst ihn uns nicht länger auf die Folter spannen. Prost, altes Haus

Gläser klirrten, und bislang unter dem Tisch verborgene Päckchen fanden den Weg an die Oberfläche. Bücher, Gutscheine für die Saftbar im Fitnesscenter, ein Stoffelch von Sven. Sylvie stellte ein kunstvoll geschmücktes Päckchen vor Julian hin. »Ich hoffe, die Größe passt

Hä? Was konnte in einer länglichen, quaderförmigen Verpackung sein, bei dem Größe eine Rolle spielte? Ungeduldig streifte Julian die Schleife ab und kletzelte die Klebestreifen nur an einer Schmalseite auf. Aus dem Geschenkpapier glitt – »Sylvie, du bist unmöglich!« Lachend hielt er die Schachtel Kondome hoch. »Ich sag euch, niemand redet so viel über Sex wie diese Frau

»Bist du dir da hundertprozentig sicher? Offensichtlich hat sie ja im Büro einen bereitwilligen Gesprächspartner«, zog ihn Theo auf.

Sylvie boxte Julian in die Seite. »Das war nur das Spaßgeschenk. Das hier ist das richtige

Julian zerriss das Papier. »Du bist ja vollkommen verrückt! Das Viertelkilo kostet um die sechzig Euro

»Dir einen Latte-Art-Kurs zu schenken hieße ja Eulen nach Athen tragen

Mit dem superexklusiven Kaffee hatte sie sich unbedingt noch zwei Küsschen verdient. Und weil er schon dabei war, bekamen die anderen auch welche, und er winkte lebhaft der Kellnerin.

»Eine Runde Prosecco für die besten Freunde der Welt

»Julian, lass mal.« Tobias machte eine beschwichtigende Geste. »Du musst das nicht machen. Wir wissen doch, dass du ständig pleite bist

»Ab heute nicht mehr

»Hast du im Lotto gewonnen

»Sag nicht, dein Job wird verlängert

»Ein unbefristeter Vertrag, Leute! Und nicht nur das.« Er zückte seine Brieftasche und legte triumphierend jedem eine seiner nigelnagelneuen Visitenkarten vor die Nase.

»Wow! Recherche? Hast du nicht gesagt, du bist Bürohilfskraft

»Das war einmal.« Seinen stolzen Grinser brachte er ums Verrecken nicht aus dem Gesicht. Wollte er auch gar nicht.

»Was hast du gemacht? Dich vom Boss ficken lassen

Sylvie prustete los, während Julian vor lauter Husten keine Luft bekam. Mit dem halben Schluck hatte er Sven nur ganz kapp verfehlt, die andere Hälfte kratzte in seiner Kehle und drohte, ihn zu ersticken.

»Hey, das war ein Witz, Kumpel

»Ein saublöder! Kannst du dich nicht einfach mit mir freuen

»Tu ich doch.« Sven streichelte Julians Unterarm, und Julian entzog sich ihm brüsk.

Sylvie klopfte ihm auf den Rücken und konnte sich immer noch nicht beruhigen. »Das ist einfach zu absurd. Du und der Hai. Er hat Julians Facebookprofil frisieren lassen, weil er keine Schwulitäten will

War ja super, dass alle das megalustig fanden, während er selbst an einem Herzinfarkt krepierte. Zu allem Überfluss läutete auch noch sein Handy.

»Susanne, das ist ein ganz schlechter Zeitpunkt.« Warum nahm er Trottel das Gespräch überhaupt an?

»Was soll das heißen, du hast mit Walter Schluss gemacht

»Na was wird es wohl heißen?« Er verdrehte die Augen und machte zu den anderen eine entschuldigende Geste. »Hör mal, ich sitze hier gerade mit Freunden, meinen Geburtstag feiern

»Wieso schon heute

»Weil nächste Woche einige auf Urlaub sind, und den Samstag hast du mir ja versaut.« Was natürlich Schwachsinn war, denn der Samstag war für Sandro reserviert gewesen.

»Die Jungs fahren aufs Ferienlager und ich …«

»… muss packen. Klar doch, hat mir Mama gesagt. Und wieder einmal tanze ich nach eurer Pfeife

»Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen

»Keine. Ich will einfach mit meinen Freunden feiern.« Als ob so ein Einwand seine Cousine interessierte.

»Sie sagt, du bringst deinen Neuen mit

»Mache ich nicht. Nur weil Mama will, dass ich ihn mitbringe, heißt das noch lange nicht, dass ich es auch tue

»Schämst du dich für ihn, oder was

»Ob ich mich … Nein! Es geht einfach nicht, ist das so schwer zu kapieren

»Alles geht, wenn man will

»Das nicht.« Wütend drückte er sie weg.

Sven sah ihn fragend an, aber er schüttelte nur den Kopf. Der Familienzwang und diese Scheißvereinnahmung gingen ihm so was von auf den Geist. Wie die unsensible Hartnäckigkeit, mit der Susanne ihn ein zweites Mal anrief. Wenn er jetzt nicht abhob, würde sie Telefonterror machen und seine Sprachbox vollquatschen, bis sie ihn endlich an die Strippe bekam.

»Was denn noch

»Warum geht es nicht

»Weil er sich nicht outen will, Herrgott noch einmal

Schweigen am anderen Ende der Leitung. Und Grabesstille am Tisch. Neun Augenpaare starrten ihn erschüttert an, und sogar Tobias hielt die Klappe.

»Julian, wir sind deine Familie

»Ich weiß

»Und in der Familie gibt es keine Lügen

»Ich weiß.« Er stützte die Ellbogen auf den Tisch, die Stirn in die Rechte und umklammerte mit der Linken das Handy.

»Das verdienst du nicht, Julian

Seine Augen brannten. Irgendwo hatte er gehört, dass man Tränen unterdrücken konnte, wenn man nach oben schielte, aber das war offenbar ein Gerücht. Seine bildeten Rinnsale auf seinen Wangen und sickerten in seinen Bart. Sven reichte über den Tisch herüber und nahm ihm das Handy aus der Hand.

»Julian macht jetzt Schluss, klar?« Er drückte Susanne weg und schaltete das Handy auf stumm. Leider nicht auch die Truppe, denn schon hagelten die empörten Ratschläge auf ihn ein.

»Servier ihn ab«, kam prompt von Tobias.

»Einen Feigling brauchst du nicht«, regte sich Theo auf. »In welchem Jahrhundert lebt der Typ denn

»Er ist kein Feigling«, murmelte Julian.

»Ach nein? Und warum steht er dann nicht zu dir? Du bist doch der Letzte, der zu so einem verlogenen Leben fähig ist

Womit Theo recht hatte. Warum konnte die Sache für Sandro nicht ebenso einfach sein wie für Julians Heterofreunde?

»Ruf ihn an.« Sven hielt ihm sein Handy hin. »Sag ihm, er soll herkommen und dass wir nicht beißen

»Das hat keinen Sinn, am Montag hat er immer etwas anderes vor.« Etwas Ultrageheimes, von dem er wieder einmal ausgeschlossen war.

»Treffen wir uns deswegen seit Neuestem immer am Montag

»Ihr trefft euch nur mehr am Montag? Seit wann läuft das so

»Seit er Walter abserviert hat

»Du hast Walter für einen Typen den Laufpass gegeben, der nicht einmal zu dir steht

»Jetzt mach aber mal halblang, Walter war überfällig

»Haltet alle den Mund! Bitte!« Julian presste beide Hände gegen die Ohren. »Ihr habt alle miteinander keine Ahnung

»Julian, du kämpfst seit drei Jahren aktiv für Schwulenrechte. Erkennst du den Fehler

»Es ist kein Fehler. Ich liebe ihn

»Aber er dich nicht, sonst würdest du jetzt nicht hier ohne ihn sitzen und heulen wie ein Schlosshund. Du drückst das keine zwei Monate durch

»Ruf an

Zögerlich nahm er sein Handy entgegen und ging auf die Favoriten. Zehnmal tutete es, dann klingelte ihm Sylvies professionelle Telefonstimme in den Ohren. »Merahwi & Martin, guten Tag. Sie rufen außerhalb unserer Bürozeiten …« Er trennte die Verbindung, zuckte in gespielter Gleichgültigkeit, mit der er niemanden überzeugte, die Schultern und steckte das Handy weg. Und schon ging die Schimpfkanonade von vorne los. Nur Sven betrachtete ihn nachdenklich. Ihn, dann Sylvie und wiederum ihn.

Oh nein, vergiss das ganz schnell! Bevor sie noch … Doch auch sie hatte es bereits gemerkt, denn sie sah Julian ganz komisch von der Seite an. Ihre hübsche Stirn in Denkerfalten gelegt, und was dahinter wie eine Kompanie von Minenarbeitern hämmerte, war nur unschwer zu erraten. ›Hast du dich vom Boss ficken lassen?‹ Und seine eigene Scheißreaktion. ›Er will sich nicht outen.‹

Sie saß täglich acht Stunden neben ihm, wer sonst sollte das richtig interpretieren, wenn nicht sie?

5

»Heribert Konsel.« Merahwi löste ein Post-it mit dem Namen von seinem Notizblock und reichte es Julian. »Ich möchte, dass du Dana unterstützt. Sieh zu, was du über ihn herausfinden kannst

»Ist das ein Gegner oder ein Klient von uns

»Der frühere Anwalt unserer Klientin

Julian klebte das Post-it auf seinen eigenen Block und machte sich gewissenhaft Notizen. Dana hätte die Informationen zwar auch alleine zusammentragen können, doch so ging es nicht nur schneller, es beschäftigte ihn auch. Seit einer Woche langweilte er sich ganz offensichtlich beim Korrekturlesen, und wenn Merahwi eines bestimmt nicht wollte, dann dass Julian die Freude an seiner Arbeit verlor.

»Warum schnüffeln wir ihm hinterher? Hat er die Verhandlungen sabotiert

»Er ist abgehauen«, klärte Dana ihn auf. Bis jetzt hatte sie nur zugehört und Julian beim Schreiben beobachtet.

Verblüfft sah Julian sie über den Besprechungstisch hinweg an. »Das hat Ihnen aber nicht seine Sekretärin gesagt, oder

»Wo denken Sie denn hin? Und bevor Sie weiterraten, auch nicht die Rezeptionistin. Das ist nämlich die Erste, die eine Sekretärin instruiert

»Zumindest eine, die so auf Zack ist wie Sie

Merahwi fragte sich, wie viele Anweisungen bereits von Dana an Julian und Frau Grabner gegangen waren, um seine eigene Abwesenheit vor Anrufern geheimzuhalten.

»Wen haben Sie um den Finger gewickelt

Dana betrachtete ihre blutroten Fingernägel. »Vielleicht habe ich der Kanzleivorsteherin etwas vorgeflunkert, vielleicht aber auch einem Substituenten.« Sie bedachte Julian mit einem bambimäßigen Augenaufschlag. »Vielleicht aber auch einer Schreibkraft

»Sie verraten mir ihr Geheimnis also nicht

»Dann wäre es ja kein Geheimnis mehr

Julian plinkerte zurück und entlockte damit Merahwi ein Schmunzeln. Leider hatten sie nicht ewig Zeit für solche Geplänkel, wenn er morgen gewappnet in die Verhandlung gehen wollte. »Wie auch immer Dana an die Information gelangt ist, ich kann nicht drei Wochen auf einen Termin warten

»In drei Wochen kriegst du einen? Ähm, Sandro, es ist Juni. Hast du schon einmal daran gedacht, dass der Typ einfach auf Urlaub sein könnte

»Dann hätte er Frau Kozlowa darüber informiert

»Die Klientin«, formte Dana übertrieben mit den Lippen für Julian.

»Spitze!« Begeistert leuchteten Julians Augen. »Vom Spionage- zum Anwaltsthriller. Hab ich euch schon einmal gesagt, dass ich gerne Grisham lese

»Hast du nicht. Und ich schlage vor, dass du dir Grisham für Büroschluss aufhebst und vorerst in den Registern der Anwaltskammer und des Meldeamts schmökerst

»Anwaltskammer und Meldeamt, alles klar.« Julian kritzelte auf seinen Block, und wieder verfolgte Dana fasziniert, dass er sich jede Kleinigkeit notierte. »Kommen wir da so einfach hinein

»Wir nicht, Doc. Aber Jan«, erinnerte sie ihn.

»So ist es. Gibt es noch Fragen?« Merahwi stand auf und knöpfte sein Jackett zu. »Dann an die Arbeit

Danas Absätze klapperten bereits draußen in ihrem Zimmer, aber er hielt Julian zurück. »Ist alles in Ordnung mit dir

»Was soll nicht in Ordnung sein

»Du hast mich gestern angerufen, aber nicht auf meine Rückrufe reagiert

»Rückrufe?« Verblüfft holte Julian das Handy aus der Hosentasche. »Ach du Scheiße! Sven hat es auf lautlos gestellt, und ich hab vergessen, es wieder einzuschalten

»Wer ist Sven?« Sein Tonfall fiel zu scharf aus, viel schärfer, als er beabsichtigt hatte.

»Ein früherer Studienkollege, so in der Art jedenfalls. Wir haben uns in der Bibliothek kennengelernt, seine Kopierkarte war leer, und ich hab ihm meine gegeben

Typisch Julian.

»Wir sind ins Reden gekommen, haben bei einem Kaffee weitergeredet und uns von da ab immer im Lesesaal getroffen. Es ist lustiger, für die Diss zu recherchieren, wenn jemand neben dir sitzt

Was du nicht sagst. Aber offenbar hatten sie sich nicht nur über Literatur unterhalten, wenn Julian ihn sogar zu seiner Geburtstagsfeier einlud. »Du hast nie von ihm erzählt

»Weil du nichts von meinen Freunden wissen wolltest

»Das ist nicht wahr.« Er wollte sich nicht mit Julians Freunden treffen, aber von totschweigen hatte er nie etwas gesagt.

Julian sah das offenbar anders, denn er lehnte sich an den halbhohen Büroschrank, überkreuzte die Beine und verschränkte die Arme vor der Brust. »Du hast mir gestern gefehlt

»Julian …«

»Ich weiß. Gefehlt hast du mir trotzdem

Herrgott noch mal, du weißt, warum es nicht geht! Er warf den Block auf seinen Schreibtisch. »Ist er schwul

»Ja, ist er. Und nein, ich habe nichts mit ihm laufen. Darf ich jetzt mit niemandem mehr reden, der auch auf Kerle steht

Merahwi biss sich auf die Zunge.

»Glaub mir, ich hab meine Lektion gelernt. Und Sven ist alles andere als mein Typ

»Wieso stellt er dann dein Handy auf lautlos

»Weil meine Cousine mich genervt hat. Und ich … Ach, vergiss es.« Mit energischen Schritten steuerte Julian auf die Tür zu.

»Nein.« Merahwi verließ den Schreibtisch, von der Chefposition aus konnte er ein Beziehungsgespräch nicht führen. »Ich will es wissen.« Er deutete aufs Sofa.

Julian zögerte kurz, marschierte dann aber doch zur Sitzgruppe. Er setzte sich breitbeinig hin, stützte die Hände auf die Schenkel und lehnte sich angriffig vor. »Mama hat Susanne gesagt, dass ich dich am Samstag mitbringe. Ich hab klargestellt, dass sie auf dem Holzweg ist, aber du hast keine Ahnung, wie Susanne sein kann. Es geht, wenn man will, und das ganze Blabla. Das war zu viel, ich war eh schon enttäuscht, weil alle da waren, nur du nicht

»Du weißt, warum ich nicht zu deiner Familie kommen kann

»Und genau das hab ich ihr auch gesagt. Und dann hab ich … Es ist mir nicht gut gegangen, okay? Sven hat gesehen, wie fertig mich das macht, und hat mir das Handy weggenommen

Während er selbst ihn im Stich gelassen hatte. Obwohl Julian jetzt diese vorwurfsvolle Pose einnahm, konnte Merahwi sich gut vorstellen, wie er gestern reagiert hatte und was er ihm aus Scham verschwieg.

»Wir waren immer noch auf der ›Summerstage‹, Sandro, umringt von zig Leuten

»Wie war deine Feier

»Schön. Lustig. Bis sie herausgefunden haben, dass ich nicht solo bin. Ab da sind sie mir nämlich damit in den Ohren gelegen, dass ich keinen Freund verdiene, der nicht zu mir steht

Sofort versteifte er sich. Als ob er es sich nicht selbst ständig zur Last legte.

»Wir haben außerdem ein Problem. Es könnte nämlich sein, dass Sylvie etwas weiß

Jetzt war ihm klar, wieso Frau Grabner ihn heute so aufmerksam angesehen hatte! »Bist du dir sicher

»Sie hat noch nichts gesagt, aber sie ist nicht dumm

Bildete er sich das ein, oder schwang da trotzige Genugtuung in Julians Stimme mit? Verraten würde Julian ihn nicht, aber es wäre ihm auch alles andere als unrecht, wenn er sich nicht mehr verstellen müsste. »Erzähl mir alles, jedes Detail

Julian schilderte, und fieberhaft fügte er die Mosaiksteinchen zusammen. Das Bild, das sie ergaben, stammte aus seinen schlimmsten Albträumen. Wenn Frau Grabner es wusste, konnte er gleich ein Memo schreiben. Sie würde es ausgewählten Kollegen erzählen, und die den anderen, natürlich ganz im Vertrauen. Einer würde sich bei einem Geschäftspartner verplappern, und die erzählten es weiter. Unter der Hand selbstverständlich. Und dann sprang der erste Klient ab, und der zweite, je konservativer und traditioneller desto schneller. Und ehe er es sich versah, stand er ohne Klienten da und ohne jegliche Chance, neue zu bekommen!

»Kannst du bitte etwas sagen

Was sollte er sagen? Reden nutzte nichts, er musste handeln, und zwar schnell! »Ich rufe Nina an

6

Merahwi zog ein Parkticket, suchte vergeblich einen Schattenplatz und stellte das Cabrio wenigstens halbwegs nahe zum Eingang ab. Schon von außen war das SMZ Ost eine architektonische Scheußlichkeit in Beige und Grau, und kaum setzte er den ersten Schritt in das Krankenhaus, wurde ihm flau. Die Sonne hatte ihm die ganze Zeit auf den Scheitel gebrannt, und getrunken hatte er auch viel zu wenig. Dehydrierung und Sonnenstich, redete er sich ein, als ob er es nicht besser wüsste, und stellte sich beim Bäcker in die Schlange, um eine Flasche Mineralwasser zu erstehen.

Die Flasche leerte er bis zur Hälfte, aber die Übelkeit blieb. Er studierte das Leitsystem, und sofort sprangen ihm Notfallambulanz und Intensivmedizin ins Auge. Trotz der Klimaanlage perlte ihm der Schweiß von den Schläfen, er bekam kaum Luft, und das erst nur vage Gefühl krallte sich nun um seine Brust. Dabei waren die großen Gänge noch harmlos, kaum erreichte er die Station, überfielen ihn die Eindrücke mit voller Wucht. Dort überlagerte der sterile Geruch von Desinfektionsmitteln den von Krankheit, das Aroma von Kamillentee wehte durch die Flure und gelegentlich eine Fahne von Eiter und Blut. Krankenhauspersonal eilte über pflegeleichte Böden, Ärzte begegneten ihm in weißen Mänteln. Neben einer riesigen Topfpflanze unterhielten sich zwei Intensivmediziner angeregt. Ihr Mintgrün drehte ihm fast den Magen um.

Als wäre alles erst gestern gewesen! Er zwang sich, weiterzugehen, und las die Schilder an den Türen. Der Höflichkeit halber klopfte er, betrat aber das Zimmer, ohne eine Antwort abzuwarten. Von den zwei Betten darin war nur eines belegt.

Die hundertdreißig Kilogramm, die Julian in seinem Dossier erwähnt hatte, waren nicht gelogen. Unter dem Krankenhausnachthemd zeichnete sich eine wuchtige Masse ab, die sich mit jedem Atemzug hob und senkte, als tanze ein Schlauchboot auf dem bewegten Meer. Wie viel von der Wucht der Tritte und Schläge hatte diese stattliche Polsterung abgefangen? Er hatte Verbände erwartet, aber abgesehen von der verpflasterten Nase waren keine zu sehen. Dafür malte ein EKG gleichmäßige Zacken auf einen Monitor, ein Schlauch führte von Konsels Handrücken zu einer Infusion, und seitlich am Bett hing ein Beutel, der seinen Urin aufnahm. Die einzigen sichtbaren Spuren des Überfalls bestanden in großen Hämatomen. Den Anblick des EKGs hielt Merahwi nicht aus, bei jedem neuen Zacken schwindelte es ihn.

»Wer sind Sie?« Konsel beäugte ihn misstrauisch, und er riss sich zusammen.

»Mein Name ist Alexander Merahwi. Ich komme im Namen von Frau Kozlowa

»Sie können gleich wieder umdrehen, ich habe Ihnen nichts zu sagen

Das war zu erwarten gewesen. Er füllte eine der leeren Vasen mit Wasser und stellte die mitgebrachten Blumen hinein. »Wohin wollen Sie sie haben? Ans Bett oder auf den Tisch

Konsel zuckte mit den Schultern und verzog schmerzlich das Gesicht. Merahwi platzierte die Vase auf dem Nachttisch, hinter dem Schnabelbecher, der Fernbedienung für den Fernseher und einem Stapel Zellstoff, und stellte einen Stuhl neben das Bett.

»Kann ich etwas für Sie tun

»Was glauben Sie, warum ich hier liege? Nicht einmal die Ärzte können etwas anderes machen, als mich mit Schmerzmitteln vollstopfen. Haben Sie schon einmal Schläge in Magen und Nieren bekommen? Dann wüssten Sie, wie es mir geht

Hatte er und momentan fühlte er jeden einzelnen wieder, aber das würde er Konsel nicht sagen. Er hatte die Kopie der Krankenakte gelesen, mit Sicherheit hatte er die Jans Hackerkünsten zu verdanken. Zahlreiche Prellungen, Rissquetschwunden, Rippenbrüche und eine gebrochene Nase. Er wusste nur zu gut, wie sich das anfühlte.

»Ich kann nicht einmal feste Nahrung zu mir nehmen«, jammerte Konsel.

»Sie fischen?«, erkundigte sich Merahwi, um ihn von seinem Elend abzulenken. Julian hatte ihm nicht nur Screenshots von Konsels Website, Kopien seiner Anwaltszulassung und einiger Fälle, über die in Zeitungen berichtet worden war, ins Dossier gegeben, sondern auch Informationen über seine Mitgliedschaft im Verband der Österreichischen Arbeiter-Fischerei-Vereine.

»Woher wissen Sie das

»Man hat Sie bei Ihrer Daubelhütte gefunden

»Ich hatte so einen schönen Zander aus dem Wasser gezogen. Schade um den prächtigen Burschen

»Vielleicht kann Sie das hier ein wenig aufmuntern.« Er entnahm dem Aktenkoffer ein Anglermagazin und hielt es so, dass Konsel den Titel lesen konnte.

Konsels blutunterlaufene Augen blitzten für einen Moment erfreut auf. »Das ist sehr aufmerksam, aber ich werde Ihnen trotzdem nichts erzählen

Merahwi legte die Zeitschrift neben die Blumen, schlug ein Bein über das andere und schwieg. Obwohl Konsel das Zimmer für sich alleine hatte, liefen weder Fernseher noch Radio, sondern es herrschte fast lautlose Stille, nur die Klimaanlage summte leise. Hundertmal besser als die Maschinen, die Tom künstlich am Leben erhalten hatten.

Durch Schweigen Druck aufzubauen, würde bei Konsel nicht funktionieren. Vom Angeln verstand Merahwi nichts, aber dass das eine meditative Angelegenheit war, für die man viel Geduld brauchte, war ihm klar. Nun, er war kein Fischer, aber er war zur Hälfte Perser, und das bedeutete, dass auch er warten konnte. Wenn es sein musste, stundenlang. Er betrachtete Konsels Gesicht mit ruhigem Ernst, weder feindselig noch verschlossen und schon gar nicht neugierig oder drängend. Keine Maske, kein Bluff, nur ein ruhiges, stummes Angebot, ihm Gesellschaft zu leisten.

Konsel atmete schwer, was mit seinen Verletzungen wahrscheinlich ebenso zusammenhing wie mit seinem Gewicht. Er döste weg, doch Merahwi blieb sitzen. Die meisten hätten in dieser Situation wahrscheinlich mit ihrem Handy gespielt oder gelesen, an irgendeine andere Aufgabe gedacht und die tote Zeit vermeintlich sinnvoll genutzt. Er hingegen widerstand der Versuchung und konzentrierte sich auf Konsel.

»Sie sind immer noch da

»Ja.«

»Sie sind wie ein Fisch. Sie umkreisen den Köder

Irrtum. Ich bin nicht der Fisch, ich bin am anderen Ende der Angel.

»Sind Sie ihr neuer Anwalt

»Ihr Unterhändler

»Ich kann Ihnen nichts sagen

»Wenn es um das Anwaltsgeheimnis geht, ich habe eine Erklärung mit, in der Frau Kozlowa Sie mir gegenüber davon entbindet

»Sehen Sie mich an. Ich könnte tot sein, wenn die es wollten

»Sie sind es aber nicht.« Und wenn Sie stark genug sind, werden Sie es auch nicht sein, obwohl Ihnen noch jede Menge bevorsteht.

»Ich werde keinen Mucks über diesen Fall sagen, und wenn Sie klug sind, legen Sie ihn ebenfalls schleunigst zurück

»Wie heißt Frau Kozlowa wirklich? Mit wem verhandeln wir

»Sie geben wohl nie auf

Aufgeben lag nicht in seinem Naturell. Sein Blick fiel auf den Tropf, der die starken Schmerzmittel enthielt. Hätte er damals aufgegeben, hätte er genauso geendet wie Tom. »Mit wem verhandeln wir

»Ich kenne seinen Namen nicht, und ich will ihn auch gar nicht kennen

»Weisen Sie Ihre Sekretärin wenigstens an, mir Ihre Akten auszuhändigen

»Dafür ist es zu spät. Ich habe Ihr heute Morgen aufgetragen, alles zu vernichten. Bitte gehen Sie jetzt

»Wie Sie meinen.« Er stand auf und stellte den Stuhl zurück. Eigentlich hatte er es nicht tun wollen, jetzt zog er doch die Mappe mit den Zeitungsausschnitten aus dem Aktenkoffer. Jan und Dana hatten sie zusammengestellt, Julian hatte vom Überfall zum Glück keine Ahnung. »Brauchen Sie außer dem Magazin noch Lesestoff? Ich habe ein paar Überschriften für Sie. ›Überfall am Donaukanal. Unbekannte schlagen Angler nieder.‹« Er ließ den Ausschnitt aus der ›Presse‹ auf die Bettdecke segeln. »Der ›Standard‹ hält sich ebenfalls zurück. Dort ist es ein möglicherweise eskalierter Streit

Konsel schnaubte abfällig.

»Der ›Kurier‹ spricht von einer Fehde unter Fischern.« Die Revolverblätter hob er sich bis zum Schluss auf. »Wollen Sie ihn wirklich damit durchkommen lassen

»Ich kann nicht

»Das sehe ich ein.« Er schmiss auch die leere Flügelmappe auf die Bettdecke.

»Er wird auch Sie erpressen

»Wahrscheinlich. Und ich kann mich ebenfalls einschüchtern lassen oder ihm die Stirn bieten

»Seien Sie vernünftig, das ist ein gefährlicher Mann

»Ein Grund mehr, ihm das Handwerk zu legen

»Ich will die Fische fangen, nicht als ihr Futter enden

Merahwi schüttelte den Kopf. »Sie haben nicht einmal der Polizei gesagt, wer dahintersteckt, oder? Sie könnten um Polizeischutz bitten, das wissen Sie

Konsel presste die Lippen zusammen und drehte das Gesicht weg.

»Wenn Sie wollen, dass zwei Kinder bei einem Gangster aufwachsen, schweigen Sie weiter.« Er legte eine Visitenkarte auf den Nachttisch. »Oder Sie rufen mich an. Die Entscheidung liegt ganz alleine bei Ihnen


Er schloss die Tür hinter sich und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Der Besuch war ein Fehler gewesen, er hätte es wissen müssen. Wissen, dass jemand, der seine Mandantin nicht informierte, auch nicht reden würde, und wissen, dass er selbst einen Krankenhausbesuch nicht durchstand. Das Pflegebett, die Geräte, die Gerüche, kaum musste er nicht mehr funktionieren, sah er nicht mehr Konsel, sondern Toms bleiches Gesicht. Seine geschlossenen Augen, die Nasensonde, über die man ihm Sauerstoff zuführte.

Die Elektroden hatten teilweise das Tattoo auf der Brust verdeckt, über das sie so gestritten hatten, und angesichts der Zacken auf dem Monitor war ihm der Streit so entsetzlich unnötig vorgekommen. Er war über die unzähligen Einstiche auf Toms Unterarm gefahren, die er ebenso wenig verhindern hatte können, hatte ihm mit einer zärtlichen Geste die Haare aus dem Gesicht gestrichen und seine bärtige Wange gestreichelt. Tom hatte ihn nicht aus dem Zimmer geworfen, Tom hatte nicht einmal mehr mitbekommen, dass er da war.

Er stieß sich von der Tür ab. Ein Piepsen im Schwesternzimmer ließ ihn zusammenfahren. Gepiepst hatte auch das EKG, bevor die Zacken abrupt abgerissen waren und in einer schnurgeraden, horizontalen Linie ausliefen. Hinaus hier, weg von Krankheit und Tod! Wieso waren hier auf einmal so viele Menschen? Eine türkische Familie umringte ihn, wohin um Himmels willen konnte er in diesem Gang ausweichen? Einer streifte ihn, er rang nach Luft. Jemand sprach auf ihn ein und berührte ihn am Oberarm. Um ein Haar hätte er die Hand weggeschlagen.

»Geht Ihnen nicht gut?«, wiederholte der türkische Vater auf Deutsch. »Soll ich Arzt rufen

Merahwi schüttelte den Kopf und machte sich los, draußen würde es ihm besser gehen. Er hetzte die Gänge entlang, vorbei an viel zu vielen Leuten, prallte gegen die heiße Luft und inhalierte die Hitze. Sein Herz raste, wie durch ein Wunder schaffte er es bis zum Auto. Er stützte sich auf der Motorhaube ab, nahm einen langen Zug aus der Wasserflasche, und der Anfall wich zumindest einer dumpfen Beklemmung. Er ließ sich auf den Fahrersitz fallen und verharrte für ein paar Minuten regungslos, einen Fuß noch draußen auf dem Asphalt.

Siebzehn Jahre, wann hörte das endlich auf? Jetzt war er mit Julian zusammen und dem mutete er ohnehin schon viel zu viel zu. Er beschwor sein Bild herauf und bemühte sich, das von Tom damit zu überlagern. Es funktionierte nicht, sie waren einander zu ähnlich, und er erreichte nur, dass sie miteinander verschmolzen. Hatte Phil recht? War Julian für ihn wirklich nur ein Mittel zum Zweck, um die Erinnerung an Tom auszulöschen?

Aber er sehnte sich nicht nach Toms blauen Augen, sondern nach Julians braunen. Nach Julians unbekümmerter Freundlichkeit und seinen stürmischen Umarmungen, und genau die brauchte er jetzt. Er wollte ihn in seine Arme schließen, ihn an sich drücken und diese ganze Krankenhausgeschichte nur mehr vergessen.

7

Unterwegs hatte Merahwi nur kurz gehalten, um zwei Flaschen Wein zu besorgen, die eine oder andere Geschwindigkeitsbegrenzung ignoriert, und er hatte es geschafft, zwei vor sieben in der Wohnstraße zu parken. Vor ihm ging eine junge Frau mit hüftlangen Haaren, die Handtasche trug sie über der Schulter und in beiden Händen Plastiksäcke von einem Supermarkt, deren Henkel bedenklich ausleierten. Mit jedem Schritt schwangen sie gegen ihre langen Beine, sie hielt vor Julians Haustür und kramte in der Handtasche nach dem Schlüssel. Sollte er weitergehen und in ein paar Minuten wiederkommen? Aber dann hätte er sich verspätet, und er hasste Unpünktlichkeit.

Im Stiegenhaus roch es nach altem Gemäuer, die Bodenfliesen waren brüchig, und von den Mauern blätterte der Putz ab. Über dem Tor zum Innenhof prangte ein großer Wasserfleck. Bei den Briefkästen legte die Frau einen Zwischenstopp ein, sah ihre Post gleich vor Ort durch und schmiss das Werbematerial in einen Plastikwäschekorb, den jemand offenbar für eben solche Zwecke hingestellt hatte. Er ging hinter ihr vorbei und stieg die ausgetretene Wendeltreppe hoch.

So schäbig das Haus unten wirkte, so liebevoll präsentierten sich oben in den Stockwerken manche Wohnungen. An vielen Türen waren Dekorationen angebracht, Türkränze oder bunte Willkommensschilder, und in den meisten Gangfenstern zogen die Bewohner Topfpflanzen. An Julians Tür hing nichts, nicht einmal ein Namensschild. Zur Hälfte war sie verglast und durch schmiedeeiserne Verzierungen mehr schlecht als recht gegen Einbruch gesichert, ebenso wie das Fenster zum Gang. Julian hatte alle Scheiben mit einer halbtransparenten Sichtschutzfolie verklebt, hinter ihr bewegten sich Schatten. Die Klingel spielte einen Dreiklang.

»Komme gleich!« Drinnen zischte es, und Töpfe klapperten. »Shit

Mach schon! Die Schritte der Frau hallten im Stiegenhaus und kamen unweigerlich näher.

»Bin gleich da

Die Frau leider auch. Sie bog ebenfalls in den dritten Stock ein, stellte ihre Einkäufe vor der Nachbartür ab und schob den Schlüssel ins Schloss. Allerdings sperrte sie nicht auf, sondern musterte Merahwi neugierig. Er vermied den Blickkontakt.

»Sind … Bist … Sind Sie Sandro

Genau das, was er um jeden Preis hatte vermeiden wollen, aber jetzt war er doch gezwungen, sie anzusehen. Sein Anzug vereitelte jeden Versuch, sich als Handwerker auszugeben, und mit zwei Weinflaschen in der Hand hätte sie ihm auch nie einen Versicherungsvertreter abgekauft. »Alexander

»Öh, ja, tut mir leid. Alexander.« Verlegen strich sie ihre ohnehin sehr glatten Haare noch glatter. »Ich hab mir das gedacht, weil Julian sonst nämlich nie Besuch bekommt.« Sie ließ ihre Haare los, kam mit ein paar beherzten Schritten näher und streckte ihm die Hand entgegen. »Ich bin Lisa

»Sehr erfreut«, log er.

»Ich hätte Sie mir … ähm …« Unverhohlen studierte sie sein Gesicht.

»Jünger vorgestellt

»Na ja.« Schief lächelte sie ihn an.

Verständlich, das war etwas, das auch ihm Sorgen bereitete. Julian war sechsundzwanzig, er zweiundvierzig. Wie lange konnte er den Ansprüchen eines so jungen Mannes genügen? Tom war im selben Jahr geboren wie er, sie wären gemeinsam alt geworden.

»Kommen Sie doch einmal mit Julian zu uns rüber. Auf eine Jause. Oder einen Aperol. Oder was Sie halt trinken

Antworten musste er nicht, denn in dem Moment riss Julian die Türe auf. »Ach du Scheiße! Lisa!« Er starrte seine Nachbarin bestürzt an. »Wenn ich das gewusst hätte

»Vielen Dank aber auch

»So hab ich das nicht gemeint. Wir reden morgen, okay

Lisa schnupperte. »Das riecht gut. Was kochst du

»Morgen, Süße. Ciao, ciao!« Er zog Merahwi in die Wohnung und warf die Tür ins Schloss. »Es tut mir echt leid, ich hatte doch keine Ahnung! Aber das Nudelwasser ist übergegangen, und dann auch noch die Soße, und …«

Mit einem Kuss versiegelte ihm Merahwi die Lippen. Er schob die Weinflaschen auf die Arbeitsplatte und schloss Julian in die Arme, umklammerte ihn, als wäre er schiffbrüchig und Julian die einzige Planke weit und breit. Mit seinem ganzen Körper musste er ihn spüren.

Bereitwillig drückte Julian sich an ihn. »Was ist denn mit dir los? Das ist doch sonst mein Part

Betreten löste er sich und machte einen Schritt zurück.

»Hey, ich hab nicht gesagt, dass ich etwas dagegen habe

»Es war nur ein plötzlicher Impuls. Und wir haben die ganze Nacht Zeit

»Den Text kenne ich von woher

Von ihrer ersten gemeinsamen Nacht, und das war auch gut so. Seine Probleme hatten hier nichts zu suchen. Über Julians Schulter warf er einen Blick auf die Küchenzeile. Der Herd war rot verschmiert, an einer Pfanne rannen braunrote Streifen herunter, und in der Abwasch zeugte zusammengeknüllte Küchenrolle von Julians Bemühungen, die Bescherung zu beseitigen. »Kann ich dir etwas helfen

»Du könntest dich um den Wein kümmern

Wein war noch besser, mit Wein kannte er sich aus, und das gab ihm seine Sicherheit zurück. »Da du dich bedeckt gehalten hast, was du kochst, wusste ich nicht, was besser passt. Der Weiße gehört aber noch in den Kühlschrank.« Er warf einen Blick in die Pfanne, in der Zwiebeln, Paradeiser und Pinienkerne schmorten, und entschied sich für den Roten.

»Wehe, du naschst

»Wenn, dann von dir.« Er drückte Julian einen Kuss in den Nacken.

»Lenk mich nicht ab, sonst krieg ich die Nudeln nie im Leben al dente hin

Er öffnete die Flasche, um den Wein atmen zu lassen, und trug sie hinüber ins Zimmer. Das war nur unwesentlich größer als das Zwitterding aus Küche und Vorraum, aber er mochte es. Ungeachtet der schäbigen Möbel, die Julian auf diversen Second-Hand-Plattformen erstanden hatte, denn alles hier trug seine Handschrift. Die Muscheln von einem griechischen Strand, die wilde Mischung aus Thrillern und Klassikern im Bücherregal und die beiden Poster vom Eiffelturm und von der Seufzerbrücke samt obligatorischer Gondel.

»Ich hab leider keine Weingläser«, rief Julian aus der Küche.

Das machte nichts. Das Aroma des besten Weines konnte nicht aufwiegen, wie liebevoll er den Tisch dekoriert hatte. Normalerweise diente er ihm als Schreibtisch, jetzt war er abgeräumt und mit türkisen Papierservietten, Löffeln und Gabeln gedeckt. Zwei bunt bedruckte Wassergläser standen neben dem Besteck, in drei anderen brannten Teelichter, und die Muscheln, die sonst im klapprigen Bücherregal lagen, hatte er in der Mitte arrangiert. Merahwi fuhr mit dem Finger über eine besonders glatte. »Das sieht hübsch aus

Er hängte sein Jackett über die Stuhllehne und ließ sich vom Standventilator anblasen. Der verteilte die heiße Luft im Raum, statt das Zimmer zu kühlen.

»Ich hoffe, dass es dir schmeckt.« Julian stellte zwei dampfende Teller auf den Tisch. »Ich hab das Rezept aus dem Internet und dreimal mit meiner Mutter telefoniert, um es ja richtig zu machen

»Pasta!« Er setzte sich zu Julian an den Tisch. »Du hast für mich italienisch gekocht

»Das schien mir eindeutig sicherer als persisch, ich bin nämlich nicht so der große Koch. Tiefkühlpizza und Eierspeis kriege ich hin. Und ich mache phänomenale gefüllte Paprika aus der Dose

Egal was du kochst, sobald du blödelst, ist die Welt wieder in Ordnung. Geradezu beschwingt hob Merahwi das Wasserglas und prostete Julian zu: »Auf deine Kochkünste. Und auf unseren Abend

»Und, was sagst du?« In der Linken hielt Julian den Löffel, in der Rechten die Gabel, und seine Augen glänzten vor Erwartung.

»Gut. Sehr gut.« Er würde jetzt keine Vergleiche mit der Küche seiner Mutter anstellen. Auch nicht mit Tom, der vorzüglich gekocht hatte, wenngleich sehr amerikanisch. In diesem Augenblick hätte er sogar die Dosenpaprika köstlich gefunden.

Erleichtert stieß Julian die Luft aus, belohnte ihn mit einem liebevollen Strahlen und wickelte begeistert die Nudeln auf. »Warum schaust du so

»Wie schaue ich

»So als hättest du gerade ein Ufo gesehen

Ein Ufo am Esstisch? Aber er war wirklich perplex. »Du isst Spaghetti mit einem Löffel

»Klar, wie denn sonst?« Julian verzog unsicher die Brauen und machte ein Gesicht wie ein Welpe.

»So.« Merahwi hob seine Gabel demonstrativ an, erfasste damit einige Nudeln und drehte sie auf dem Tellerrand auf.

»Hm.« Julian legte den Löffel beiseite und versuchte, es nachzumachen. »Und die Soße

»Haftet an der Pasta

»Und das funktioniert?« Ehrgeizig wickelte Julian die Spaghetti nur mit der Gabel. Er nahm zu viele auf einmal auf, streifte sie ab und begann von vorne. Das Knäuel wurde wiederum viel zu dick. »Auf diese Weise verhungere ich

»Das kann ich unmöglich zulassen.« Merahwi übersiedelte an die Breitseite des Tisches und hielt Julian eine Gabel voll Pasta hin. »Mund auf

War er noch ganz bei Trost? Aber Julian revanchierte sich mit einem Knäuel von seinem eigenen Teller, und ehe er es sich versah, fütterten sie sich gegenseitig. Verträumt nahm Julian die Portionen entgegen, mit weichem Blick und riesigen Pupillen. Merahwi lehnte sich vor. Er wusste, dass Julian drei Hemdknöpfe geöffnet hatte, aber er versank nicht im Ausschnitt, sondern in seinen Augen, hing an den Lippen, die sich in Erwartung des nächstens Bissens teilten. Unbewusst leckte sich Julian darüber. Bis er seinen Blick spürte.

In den gerade noch verträumt blickenden Augen blitzte sofort der Schalk. Nicht mehr unbewusst, sondern sehr gezielt ließ er seine Zunge wandern, vom Mundwinkel über die Oberlippe. Er war noch nicht einmal in der Mitte angekommen, da atmete Merahwi schon tief ein. Julians Knie streifte seines, und er hatte plötzlich auf etwas ganz anderes Appetit als auf Pasta. Ein Fuß stahl sich unter sein Hosenbein und liebkoste seinen Knöchel. »Was hältst du von einer Nachspeise?« Julian streichelte mit den Zehenspitzen seine Wade.

Sehr viel! Aber er wollte sie genießen, hinauszögern und am Gaumen zergehen lassen. Sie mit in die Nacht nehmen und durch keinen anderen Eindruck zerstören. »Kümmern wir uns erst ums Geschirr. Sobald ich davon gekostet habe, bringen mich nämlich keine zehn Pferde mehr in die Küche

»Ernsthaft jetzt? Ums Geschirr

Himmel, er musste wie der letzte Spießer erscheinen und das nur, weil er Julian nicht alleine mit der Hausarbeit hängen lassen wollte! Aber in Julians Augen funkelte es schelmisch.

»Du wäschst, ich trockne.« Die Art, wie Julian das Geschirrspülmittel aus der Flasche ins Wasser spritzen ließ, war schon fast obszön.

»Willst du wirklich die Krawatte anbehalten, während du abwäschst

»Und daran erinnerst du mich erst, wenn ich die Hände im Wasser habe

»Klar doch.« Julian fasste ihm von hinten unter den Armen durch und zog langsam und lasziv den Krawattenknoten auf. »Lass dich auf keinen Fall ablenken.« Er ließ die Krawatte verheißungsvoll unter dem Kragen entlang und über Merahwis Schulter gleiten.

»Julian …« Das erotische Timbre stahl sich ohne sein Zutun in seine Stimme, wenn hier einer den anderen verführte, war das ganz bestimmt nicht er.

Julian hängte die Krawatte über die Türklinke und schmiegte sich an seinen Rücken. »Bekomme ich bald einen Teller zum Abtrocknen

Nicht auf diese Weise! Knopf um Knopf öffnete Julian ihm das Hemd, strich ihm aufreizend über die Brust und ließ die Fingerspitzen federleicht auf den Brustwarzen kreisen! Viel zu laut sog Merahwi die Luft ein, lehnte sich zurück und suchte gierig Julians Lippen.

»Die Teller, Sandro!« Julian biss ihn zärtlich ins Ohrläppchen und jagte ihm einen Stromschlag bis in die Lenden. Der Teller rutschte ihm aus der Hand und fiel auf die Abtropftasse, Julian knabberte weiter an seinem Ohr. Die Sehne entlang abwärts, saugte die Haut an der Halsbeuge zwischen seine Zähne. Ja, Gattino, weiter, nicht nur den Hals … auch … Er bog den Kopf zur Seite, machte Julian Platz, Julian schob ihm das Hemd von der Schulter und liebkoste sie mit weit geöffnetem Mund. Mit Lippen und Zunge küsste er sie, verschlang sie fast, strich ihm mit der einen Hand dabei fest über die Kehle, mit der anderen über den Bauch. Schob die Finger tiefer, unter den Hosenbund, tastete sich vor zur Leiste. Entlockte ihm mehr als ein Stöhnen, der zweite Teller schepperte auf den ersten, das Besteck klapperte neben die Teller.

»Ich muss abtrocknen«, raunte Julian ihm boshaft ins Ohr, zog die Hand zurück, streifte ihm über die Hüfte und löste damit einen ganzen Wüstensturm in ihm aus. Seelenruhig verstaute Julian die Teller, während es in Merahwis unteren Regionen wie verrückt pochte. Wären seine Hände nicht vom Spülwasser schmutzig und nass, würde er … würde ihn … Sein Atem ging schwer.

»Worauf wartest du? Wir sind noch nicht fertig.« Wieder umfasste Julian ihn von hinten, drückte sich an ihn, seine Hände glitten … Nein, das war keine gute Idee!

»Gattino!«

»Schrubbst du auch ordentlich

»Julian!« Keuchend bog er den Kopf zurück an Julians Schulter.

Julian rieb noch fester. »Mach weiter, der Topf muss spiegeln und blitzen

Das Blut pulsierte in seinem Schaft, der von Julian drückte sich von hinten verlangend an ihn.

»Jetzt die Pfanne. Und sei gründlich

Oh mein Gott! Lange hielt er das nicht aus, ohne Julian …

»Scheiß auf die Pfanne! Ich will dich!« Julian riss ihn zurück, mit dem Rücken knallte er an die Wand, und Julian fetzte ihm den Gürtel aus den Schlaufen. »Sofort und auf der Stelle

»Nein, warte

»Ich will nicht warten.« Julian zerrte ihm die Hose von den Hüften und ging vor ihm auf die Knie.

»Nein, Julian!« Er keuchte vor Verlangen, aber er schob ihn an den Schultern von sich. »Nicht so

Verdattert hielt Julian inne und starrte ihn ungläubig von unten herauf an. »Wie nicht

»Ich will nicht, dass du vor mir kniest.« Er zog ihn in die Höhe, zerrte ihn weiter ins Zimmer und drängte ihn aufs Bett.

»Ich will dich aber schmecken

»Und ich dich.« Er diskutierte nicht, schon flogen ihre Hemden auf den Boden, Schuhe, Socken und Hosen. Viel zu weit war er bereits, um es langsam angehen zu lassen, riss die Pants über Julians Beine und kniete sich verkehrt über ihn. Fast grob leckte er ihm über die Eichel und half mit der Hand nach. Julians Glied stieß gegen seinen Gaumen, während seines ohnmächtig nach Erlösung schrie. Sein Denken raste zwischen seinen Beinen und auf seiner Zunge, nur noch ein paar Sekunden, nur noch bis Julian … Der machte es nicht besser, indem er hingebungsvoll saugte und leckte, ein gewaltiges Beben schüttelte ihn, wie Lava schoss es in ihm … Der Druck ließ nach, mit einem unbeschreiblichen Glücksgefühl verströmte er sich in Julians Mund.

In seinem schmeckte es salzig, und er gab Julian frei. Ließ sich neben ihn fallen, und wäre er nicht so herrlich erschöpft gewesen, hätte er tanzen können, weil nicht nur er befriedigt schnaufte. Julian rupfte ein paar Taschentücher aus der Box und reichte sie ihm, er spuckte hinein und knüllte sie zusammen. Den Samen eines Mannes zu schlucken, hatte er nie über sich gebracht, und er erwartete es auch nicht von seinen Partnern. Es gab andere, bessere Liebesbeweise.

Trotz der angenehmen Trägheit wechselte er die Position, zog ein Leintuch über ihre Blößen und streckte einladend den Arm für Julian aus.

»Ich hab gar nicht gewusst, dass Haie 69 machen.« Julian kuschelte sich an ihn und bohrte ihm verliebt den Kopf in die Schulter. Viel fehlte nicht, und er hätte geschnurrt.

»Du weißt noch sehr wenig über Haie

»Und du weißt nicht, wie wissbegierig ich bin

Ach du! Er küsste Julian auf den Scheitel.

»Warum wolltest du nicht, dass ich knie

»Weil du mein Geliebter bist, nicht mein Callboy

Julian streichelte seine Seite, und sein Atem liebkoste Merahwis Schulter. »Was heißt ›ich liebe dich‹ auf Persisch

»Asheghet hastam.«

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739442723
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (Februar)
Schlagworte
büroromanze doppelleben geheimnisse mafia schwul coup wien gay rosenkrieg Liebesroman Liebe

Autor

  • B.D. Winter (Autor:in)

B.D. Winter schreibt über Helden im Nadelstreif, knisternde Romantik zwischen starken Figuren und Protagonisten, die sich nicht in die Karten schauen lassen. Mit dunklen Geheimnissen, unvorhersehbaren Wendungen, Spannung und Gefahr zieht sie tief hinein in die Geschichten und lässt die rasante Handlung hautnah erleben. Sie wurde 1968 in Wien geboren, schreibt unter ihrem Klarnamen Barbara Drucker historische Spannungsliteratur und stand auf der Shortlist zum Deutschen Selfpublishing-Preis.
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Titel: Poker mit Hai