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Herzenswunsch

von Vanessa Carduie (Autor:in)
40 Seiten

Zusammenfassung

Nach dem Tod seiner Frau Klara kümmert sich Patrick aufopferungsvoll um seine Tochter Isabell und versucht alles, um sie glücklich zu machen. Tatkräftige Unterstützung bekommt er von Sarah, der besten Freundin seiner verstorbenen Frau. An eine neue Beziehung will er nicht denken. Ein unschuldiger Wunsch seiner Tochter auf dem Weihnachtsmarkt ändert jedoch alles für die drei und wirft nicht nur Patricks Leben völlig aus der Bahn. Ist er bereit, sich von seiner verstorbenen Frau zu lösen und auf eine neue Liebe einzulassen? Eine Weihnachtsgeschichte mit Herz!

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Text Copyright © 2020 Vanessa Carduie

Dieses Buch unterliegt dem deutschen Urheberrecht. Das Vervielfältigen oder Veröffentlichen dieses Buches oder Teilen davon, ohne Zustimmung der Autorin, ist untersagt.

Coverdesign: Enrico Frehse - https://www.phantasmal-image.de/

Korrektorat: Sandra Grüter

Lektorat: Jeanette Lagall - lektorat-lagall.de

Vanessa Carduie

Bärwalder Str. 3

01127 Dresden

1. Auflage (21.11.2020)

Kapitel (Patrick)

Gestresst laufe ich über den Weihnachtsmarkt oder besser: Ich versuche, mir einen Weg durch die Menschenmassen zu bahnen, die an diversen Fressbuden und Glühweinständen herumstehen oder die bunten Auslagen der anderen Stände nach Weihnachtsgeschenken durchstöbern. Ich hasse solche Ansammlungen. Es ist zu laut, zu eng, und die Geruchsmischungen sind auch nicht unbedingt toll. Früher bin ich gern mal über einen Weihnachtsmarkt spaziert, wenn er noch nicht so voll war, doch seit Klaras Tod sind mir solche Sachen zuwider. Die gute Laune der Marktbesucher nervt mich, und das weihnachtliche Gedudel aus den Lautsprechern ist beinahe unerträglich. Alle spielen ‚heile Welt‘, doch nichts ist heil oder in Ordnung. Die Obdachlosen frieren sich den Hintern ab und haben Not, eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden, anders aussehende Menschen werden misstrauisch beäugt, und Familien, die durch einen Schicksalsschlag auseinandergerissen wurden, werden nicht plötzlich wieder vollständig, nur weil jemand ‚Last Christmas‘ in Dauerschleife spielt.

Warum nur tue ich mir das an?, frage ich mich nicht zum ersten Mal. Dabei ist die Antwort ganz einfach: für meine Tochter Isabell, die mit ihren fünf Jahren kaum etwas von den Problemen der Erwachsenen weiß und irgendwie über den Tod ihrer Mutter hinwegkommen muss. Um ihre grünen Augen leuchten zu sehen, zwinge ich mich auch zu einem Weihnachtsmarktbesuch. Nur leider bin ich spät dran, weil es auf der Arbeit natürlich wieder einmal länger gedauert hat. Zum Glück hatte Sarah, die beste Freundin meiner verstorbenen Frau, angeboten, Isabell aus der Kita zu holen und schon einmal mit ihr zum Weihnachtsmarkt zu gehen, damit es nicht zu spät für die Kleine wird. Tatsächlich wüsste ich nicht, was ich ohne die lebenslustige Brünette tun sollte. Wir verstanden uns immer gut, aber seit Klaras Tod vor gut einem Jahr ist Sarah ein regelmäßiger Gast in meinem Haus. Sie hat ein untrügliches Gespür dafür, genau in dem Moment aufzutauchen, in dem ich Hilfe brauche. In ihrer Gegenwart ist Isabell fast wieder so unbeschwert und fröhlich wie früher. Das erleichtert mich, denn ich habe keine Ambitionen, eine neue Partnerin zu finden. Klara kann einfach niemand ersetzen, und ich möchte meiner Tochter die Irrungen und Wirrungen von Beziehungskisten ersparen. Mit Sarah hat Isabell eine weibliche Bezugsperson, die sie kennt und der wir beide vertrauen können. Was will man mehr? Meine Einsamkeit ist unwichtig, solange es meiner Tochter gutgeht.

Als ich endlich am verabredeten Treffpunkt ankomme, warten die zwei schon ungeduldig.

„Hallo ihr beiden“, begrüße ich sie so gut gelaunt wie möglich.

„Papa! Da bist du ja endlich“, ruft meine Tochter fröhlich und hüpft in meine Arme. Ich hebe sie hoch und drücke sie fest an mich. „Hallo mein Spatz. Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe. Ich hoffe, ihr hattet ein bisschen Spaß?“

Isabell nickt eifrig, wobei ihr die blaue Bommelmütze in die Stirn rutscht. Lachend schiebe ich sie zurück auf ihre rötliche Lockenpracht, die sie von ihrer Mutter geerbt hat. „Wir sind schon Riesenrad gefahren, waren auf dem großen Schwibbogen und in der Zwergenwerkstatt“, schwärmt meine Tochter. „Und Sarah hat mir leckeren Kakao und Quarkbällchen gekauft.“

„So?“, frage ich und hebe eine Augenbraue. „Das war aber sehr lieb von Sarah. Ich hoffe, du hast dich auch artig dafür bedankt?“

„Ja, Isabell war ganz lieb“, antwortet Sarah. Automatisch geht mein Blick zu ihr, die uns mit einem Lächeln mustert. Sie trägt einen roten Wintermantel und dazu passende Ohrenschützer. Ihre kurzen braunen Haare umschmeicheln ein beinahe elfenhaftes Gesicht. Mein Herz macht einen kleinen Satz, doch ich ignoriere das und konzentriere mich auf mein Kind.

„Wirklich?“

Die Kleine nickt. „Ja-ha.“

„Das freut mich.“ Ich gebe ihr einen Kuss auf die Wange, setze sie ab und wende mich an unsere Begleiterin: „Worauf habt ihr jetzt Lust? Wollen wir noch auf den anderen Markt gehen oder irgendwo in einem Restaurant zu Abend essen?“

„Können wir zu dem Markt an der Frauenkirche gehen? Meine Freundin Marie hat gesagt, dass sie dort echte Schafe und sogar Ponys haben.“

Meine Begeisterung hält sich in Grenzen, aber ich kann Isabell diesen Wunsch schlecht abschlagen. „Na gut“, seufze ich und nehme sie an die Hand. „Wäre das für dich okay, oder willst du nach Hause, Sarah? Du bist schließlich schon seit ein paar Stunden unterwegs und hast sicherlich viel zu tun.“

Sie schüttelt den Kopf. „Alles gut. Ich habe heute nichts mehr vor.“ Sie betrachtet mich forschend. Für einen Augenblick verliere ich mich in ihren warmen braunen Augen mit den winzigen goldenen Sprenkeln, bevor mich ihre Worte in die Realität zurückholen. „Aber wenn ihr lieber Familienzeit verbringen wollt, ist das für mich auch okay.“

Ehe ich darauf antworten kann, ruft Isabell: „Nein, bitte bleib, Sarah! Du gehörst doch auch zur Familie. Stimmt‘s, Papa?“

Überrascht schaue ich Isabell an. In mir tobt ein wahres Gefühlschaos. Dass ich mich in letzter Zeit immer mehr zu Sarah hingezogen fühle, verkompliziert alles. Ich weiß einfach nicht, was ich darauf sagen oder wie ich ihre Aussage einordnen soll.

***

Kapitel (Sarah)

Bei Isabells Worten spüre ich einen Stich in der Brust. Patricks entgeisterter Gesichtsausdruck spricht Bände. Ich hatte nie vor, mich in ihre Familie zu drängen oder die Mutterrolle zu übernehmen. Isabell und ich hatten schon immer einen guten Draht zueinander. Als beste Freundin ihrer Mutter kenne ich sie, seit sie ein Baby war. Sie erinnert mich in so vielen Dingen an Klara, weshalb ich es genieße, Zeit mit ihr zu verbringen. Patrick lässt es zum Glück zu. Der Arme hat sich seit dem Tod seiner geliebten Klara eingeigelt und taut nur auf, wenn er in der Gegenwart seiner Tochter ist. Als alleinerziehender Vater hat er es nicht leicht. Er rackert sich ab, um die Kleine glücklich zu machen, den Verlust eines Elternteils auszugleichen und genug Geld nach Hause zu bringen. An sich selbst denkt er dabei nie, was mich ab und an mit Sorge erfüllt. Im letzten Jahr hat er abgenommen und fast seine gesamte Lebensfreude eingebüßt. Er ist immer noch ein attraktiver Mann, groß, blond und gut gebaut. Doch oft, wenn er sich unbeobachtet fühlt, tritt ein melancholischer Ausdruck auf sein Gesicht. In letzter Zeit erwische ich mich immer häufiger dabei, wie ich mir wünsche, ihn tröstend in den Arm zu nehmen, um ihm zu zeigen, dass er nicht alleine ist. Auch ich habe Klara – meine beste Freundin seit Kindertagen – verloren, und spüre den Verlust tief in mir. Allerdings versuche ich, Patrick körperlich nicht zu nahe zu kommen. Auch oder eher weil er ein attraktiver Mann ist, wie ich in letzter Zeit immer öfter feststelle – schließlich ist er Klaras Mann und damit tabu. In dem Jahr nach ihrem Tod sind wir einander nähergekommen, allerdings rein freundschaftlich, und daran möchte ich nichts ändern. Oder?

Unsicher sehe ich zu Patrick, der langsam aus seiner Starre erwacht. Er runzelt die Stirn, und ich rechne jeden Augenblick damit, dass er seine Tochter korrigiert. „Na gut. Dann lasst uns nachsehen, ob die Ponys noch da sind“, antwortet er schließlich diplomatisch.

Ich lasse die Luft entweichen, die ich unbewusst angehalten habe, und weiß nicht, wie ich diese Aussage werten soll. Jetzt reiß dich zusammen und sei froh, dass er die Angelegenheit so galant gelöst hat!, weise ich mich innerlich zurecht. Keine Ahnung, was ich erwartet habe. Ansprüche auf Patrick oder Isabell kann und will ich gar nicht stellen. Niemals käme ich auf die Idee, Klara ersetzen zu wollen. Nein. Ich bin zuversichtlich, dass Patrick irgendwann wieder eine nette Frau finden wird, die er lieben kann und die Isabell eine gute Mutter sein wird. Dass sich bei diesem Gedanken mein Magen unangenehm zusammenzieht, hat sicherlich auch nur mit der ungesunden Mischung aus Kinderpunsch und Süßigkeiten zu tun, die ich mit Isabell verspeist habe. Garantiert, höhnt meine innere Stimme. Etwas anderes kann es gar nicht sein. So in Gedanken versunken wie ich bin, bemerke ich zu spät, dass Patrick bereits zum nächsten Weihnachtsmarkt losgelaufen ist. Eine Kinderstimme reißt mich aus meiner Starre. „Sarah? Kommst du?“

„Natürlich, mein Schatz. Ich habe gerade nur ein bisschen geträumt.“

„Von deinen Weihnachtswünschen?“, fragt Isabell mit großen Augen.

„Nein, nicht direkt“, weiche ich aus. „Was wünschst du dir denn vom Weihnachtsmann?“

Die Kleine macht ein nachdenkliches Gesicht. „Ich weiß es noch nicht.“

„Dir fällt sicherlich noch etwas ein“, meint Patrick aufmunternd. „Noch ist etwas Zeit bis zum Heiligen Abend.“

***

Kapitel (Patrick)

Unterdessen sind wir auf dem Neumarkt angekommen und schlängeln uns durch die vielen Besucher, um in den Bereich zu gelangen, in dem die Tiere sein sollen. Tatsächlich finden wir eine Art Krippe, in der neben Figuren aus der Weihnachtsgeschichte zwei echte Schafe im Stroh liegen und die vorbeiziehenden Menschen eher gelangweilt betrachten. Ein Pony ist nicht zu sehen, dafür steht ein Esel am Zaun und mampft gemütlich etwas Heu.

Isabell wirkt ein wenig enttäuscht, aber ihre Stimmung hellt sich wieder auf, als ich sie auf ein Schild hinweise, das besagt, dass der Esel gestreichelt werden darf. Zaghaft streckt sie ihre kleine Hand aus und berührt das dunkelgraue Fell. Zum Glück scheint der Esel ihre Streicheleinheit zu genießen. Bei Tieren bin ich immer vorsichtig, auch wenn es erlaubt ist, sie zu berühren.

„Ich glaube, er mag dich“, meint Sarah schmunzelnd und zieht ihre Handschuhe aus, um das Tier ebenfalls zu streicheln. Sie krault es zwischen den langen Ohren und lacht, als der Esel den Kopf so neigt, dass sie ihn besser streicheln kann. Als andere Kinder hinzukommen, tritt sie zurück, um Platz zu machen.

Schweigend stehen Sarah und ich nebeneinander, und ich fühle mich das erste Mal unsicher in ihrer Gegenwart. Isabells unschuldige Bemerkung, dass Sarah doch zur Familie gehört, wühlt mich gehörig auf. Im letzten Jahr ist Sarah irgendwie ein fester Bestandteil unseres Lebens geworden. Dabei hat sie sich nie aufgedrängt, sondern war einfach nur da, wenn wir sie brauchten. Verstohlen schaue ich zu ihr und bemerke, dass sie ihre Handschuhe nervös in den Händen knetet. Eine Geste, die ich bei ihr noch nie beobachtet habe, da sie immer den Eindruck macht, alles im Griff zu haben.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752120585
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (November)
Schlagworte
herzenswunsch Kuss Liebe Weihnachten romantik Liebesroman

Autor

  • Vanessa Carduie (Autor:in)

Vanessa Carduie erblickte an einem grauen Herbstmorgen 1988 in Dresden das Licht der Welt. Geschichten faszinierten sie von klein auf und bald folgten die ersten eigenen Erzählungen. Sie hat Biologie studiert und widmet sich seit einigen Jahren aktiv ihrer Schreibleidenschaft. Mit ihren Büchern möchte sie ihre Leserinnen und Leser zum Lachen, Weinen und manchmal auch zum Nachdenken bringen.
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Titel: Herzenswunsch