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Im Schatten der Nacht

Ein Vampirmärchen

von Vanessa Carduie (Autor:in)
190 Seiten

Zusammenfassung

In einem abgeschiedenen Dorf im Großbritannien des 17. Jahrhunderts: Es ist eine finstere Zeit und im Schatten der Nacht lauern viele Gefahren … Die junge Heilerin Abigail führt ein einsames und beschwerliches Leben. Die meisten Dorfbewohner misstrauen ihr, trotz ihrer Hilfsbereitschaft und ihrer liebenswerten Art. Als ihr eines Nachts drei Männer auflauern und sich an ihr vergehen wollen, scheint ihre Situation aussichtslos. Überraschende Hilfe erscheint in Gestalt des Vampirs Lucien, der ganz eigene Pläne mit der hübschen Abigail verfolgt. Befreit von der ersten Gefahr, stolpert Abbie in die nächste. Verängstigt und fasziniert zugleich schafft sie es nicht, der Verführung des Vampirs zu widerstehen. Schnell wird ihr bewusst, dass sie nicht nur um ihr Leben fürchten muss, sondern auch um ihr Herz.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis



Kapitel

Es war einmal vor langer, langer Zeit. Damals lebte eine wunderschöne Frau in einem kleinen Dorf in einer ruhigen englischen Provinz. Ihr Name war Abigail. Sie war eine einsame, junge Frau von zweiundzwanzig Jahren, die in einfachen Verhältnissen lebte. Ihre Eltern waren sechs Jahre zuvor an einer mysteriösen Krankheit gestorben. Aber Abigail war stark und wollte sich von diesem Schicksalsschlag nicht unterkriegen lassen. Sie hatte gegen den Willen einiger Dorfbewohner darum gekämpft, weiterhin in der kleinen Hütte ihrer Eltern leben zu dürfen und schließlich gewonnen. Nach all den schlimmen Dingen, die ihr in der Vergangenheit widerfahren waren, musste sie nun hart arbeiten, aber sie war fest entschlossen, den Mut nicht zu verlieren und ihren Weg zu gehen.

Abbie verließ eines Abends mit zügigen Schritten das Dorf. Sie wusste, dass einige Männer ihr hinterherblickten und gierig betrachteten, wie ihre sanft gerundeten Hüften bei jedem Schritt mitschwangen. Manchmal taten sie mehr, als sie nur anzustarren, aber bis jetzt hatte sie immer alleine geschlafen. Leider war unter den Männern aus ihrem Dorf niemand, den sie mochte oder der gar ihr Herz schneller schlagen ließ. Die meisten ihrer Bewunderer hatten allerdings auch kein ehrenwertes Motiv - also Heirat - im Sinn. Daher ignorierte Abbie diese Männer die meiste Zeit und wagte auch nicht, zu lange in einsamen Gassen oder Schatten zu verweilen. Abbie war weder naiv noch optimistisch genug, um zu glauben, dass sie immer in der Lage sein würde, die Männer abzuschütteln. Ein- oder zweimal war es schon ein harter Kampf gewesen, sich von einem der aufdringlichen Kerle zu befreien. Das steigerte ihre Vorsicht, wenn sie außerhalb ihres Hauses unterwegs war.

Schon oft hatte sie ihr feuerrotes Haar verflucht, welches in Locken bis zu ihren Hüften reichte. Ein leichter Wind wehte ihr eine Strähne ins Gesicht, die sie unwirsch hinter ihr Ohr klemmte. Sie bereute, dass sie vorhin ihren geflochtenen Zopf geöffnet hatte, weil er zu straff geworden war und ihre Kopfhaut deshalb schmerzte. Auch wenn es unpraktisch war, so trug sie es gern offen. Das tat sie allerdings nur, wenn sie zu Hause war, denn ihre Lockenpracht schien die Rüpel nur noch stärker anzuziehen. Im Licht leuchtete es wie ein Signalfeuer und machte es schwer, sich unauffällig zu bewegen. Abbie seufzte. Vor dem Tod ihrer Eltern war sie relativ sicher gewesen, denn ihr Vater war ein respektiertes Mitglied der Dorfgemeinschaft und ein Mann, mit dem man sich nicht anlegen wollte. Aber die Zeit verging und aus dem süßen, kleinen Mädchen, auf das ihre Eltern immer so stolz gewesen waren, wurde eine erwachsene Frau. Eine Frau, der viele Blicke folgten, wenn sie im Dorf unterwegs war, um Einkäufe zu erledigen oder Kranke zu besuchen. Abbie war Heilerin und kümmerte sich um die Kranken im Dorf. Ein solcher Krankenbesuch war auch der Grund, warum sie erst zu so später Stunde nach Hause zurückkehrte. Ihre Fähigkeit, andere zu heilen, war für sie gleichzeitig Segen und Fluch. Sie sorgte dafür, dass sie etwas zu essen kaufen konnte, aber gleichzeitig animierte es die Leute - zusammen mit ihrem roten Haar - sie hinter ihrem Rücken als Hexe zu beschimpfen. Auch jetzt tuschelten ein paar Dorfbewohner hinter vorgehaltener Hand, während sie an ihnen vorbeiging. Sie wussten genau, dass Abbie zu gutherzig war, um jemanden zu verletzen oder zu verfluchen. Aber die Männer, die sie mit allen Mitteln haben wollten, waren gefährlich. Eine Frau ohne Ehemann oder Familie, die sie schützen konnte, galt als leichte Beute. Es war viel zu einfach, unheimliche Gerüchte zu verbreiten, die in den Köpfen der Abergläubischen schnell Wurzeln schlugen, und sich nur schwer wieder zerstreuen ließen. Allerdings hatte Abbie Glück, dass der Priester der kleinen Dorfkirche ihre Heilkünste als Gabe Gottes betrachtete und somit die Leute immer wieder beruhigte. Abbie war Pater Christoph dafür sehr dankbar, denn sie wusste, dass viele Kirchenväter anderer Meinung waren.

Die Männer und deren niedere Absichten waren nicht die einzige Gefahr, die sie im Schatten der Nacht verfolgte. Das ganze Gebiet wurde seit einigen Monaten von einer furchterregenden Finsternis der besonderen Art heimgesucht. In letzter Zeit waren schon viele Menschen nachts von unheimlichen Wesen getötet worden, weshalb die Dorfbewohner ihre Häuser nach Sonnenuntergang nur noch selten verließen. Nicht, dass es die Leute ausnahmslos schützen würde, aber das machte es den Kreaturen der Nacht etwas schwerer, an sie heranzukommen. Anfangs hatten sie gedacht, dass es Wölfe wären, die die Menschen so zugerichtet hatten. Bald darauf konnte das einzige überlebende Opfer jedoch berichten, dass der Täter ein Dämon in menschlicher Gestalt mit leuchtend roten Augen war, bevor es an seinen schweren Verletzungen verstarb. Man hatte Abigail als Heilerin herbeigerufen, doch da war es bereits zu spät. Obwohl sie alles Menschenmögliche versucht hatte, konnte sie sein Leben nicht retten.

Abbie war sehr froh, dass sie bis jetzt keinem dieser Dämonen begegnet war, denn sie wusste nun, was sie anrichten konnten. Allein der Gedanke an die zerfetzten Hälse und die anderen tiefen Wunden, die wahrscheinlich von Klauen oder Fängen stammten, die die Leichen der Opfer aufwiesen, ließ sie erschaudern.

„Verdammte Ausgeburten der Hölle!“, murmelte Abbie, als sie an diesem Abend nach Hause lief. Ihre kleine Hütte lag außerhalb des Dorfes und war mehr oder minder von Wald umgeben. Mit zügigen und sicheren Schritten ging sie den schmalen Pfad entlang, der zu ihrem Häuschen führte. Doch es war später, als ihr lieb war, denn die Nacht verdrängte bereits den Tag.

Erst vor Kurzem hatte sie gesehen, was sorglosen Menschen geschah, die nach Einbruch der Dunkelheit noch draußen unterwegs waren. Der letzte Angriff hatte drei Menschenleben gekostet. Diesmal hatte es einen fahrenden Händler und seine Familie erwischt, die öfter im Dorf ihre Waren anboten. Es hätte nicht viel gefehlt und die Identifizierung der Opfer wäre unmöglich gewesen. Ein Rudel tollwütiger Wölfe hätte keinen größeren Schaden anrichten können, so zerfetzt waren ihre Leiber. Das Merkwürdigste allerdings war das fast vollständige Fehlen von Blut. Abbie wusste genau, dass der Boden am Fundort der Leichen eigentlich mit Blut hätte durchtränkt sein sollen. Trotz der vielfältigen Verletzungen gab es zu wenig davon.

Ein leichtes Schaudern ging durch ihren Körper und ihre Schritte beschleunigten sich bei der Erinnerung daran. Normalerweise wäre sie um diese Zeit schon längst zu Hause, aber der kleine Michael, erst sechs Sommer alt, war ernsthaft krank. Es schmerzte sie, den kleinen, lebensfrohen Jungen blass und bewegungslos im Bett liegen zu sehen. Sie hoffte inständig, dass ihre Kräutertränke ihn heilen konnten. Während der letzten Tage hatte sich sein Zustand etwas gebessert. So hatte sie ihrem Bedürfnis nachgegeben, zurück nach Hause zu gehen und endlich wieder mehr als nur ein paar Stunden zu schlafen.

Abbie war so tief in ihren Sorgen um Michael versunken, dass sie die drohende Gefahr viel zu spät erkannte. Das Geräusch von heimlichen Schritten und zerbrechenden Ästen hier und da ließ ihren Kopf hochschnellen und sandte einen kalten Schauer ihren Rücken hinunter. Ihre rechte Hand glitt zu ihrer Hüfte und umfasste den Griff des kleinen Dolches, den sie immer bei sich trug. Sie hasste es, anderen Wesen Schmerzen zuzufügen, aber sie würde alles tun, um die Männer davon abzuhalten, sich an ihr zu vergehen. Abigail wusste, dass sie es nicht rechtzeitig bis zu ihrer Hütte schaffen würde. Seit Tagen hatte sie nicht richtig geschlafen und war erschöpft, sonst hätte sie ihre Verfolger schon früher bemerkt. Sie holte tief Luft und stellte sich ihnen entgegen.

„Kommt raus. Ich weiß, dass ihr mir auflauert“, sagte sie mit lauter, sicherer Stimme, die keine Angst verriet.

Drei Männer traten aus dem Schatten der Bäume auf die kleine Lichtung, in deren Mitte Abbie stand, bereit, für ihre Jungfräulichkeit zu kämpfen. Ein Blick in die Augen der Männer genügte ihr, um zu erkennen, dass sie dieses Mal nicht nur um ihre Unschuld, sondern wohl auch um ihr Leben würde kämpfen müssen. In Gedanken fluchte sie. Es war schon schwierig genug, sich gegen einen Mann zur Wehr zu setzen und zu entkommen, aber diese drei waren fest entschlossen, sie für ihre wiederholte Zurückweisung teuer bezahlen zu lassen.

„Was wollt ihr?“, fragte Abbie und sah ihnen direkt in die Augen. Ein Anzeichen von Furcht oder Schwäche konnte sie umbringen.

Der größte und gleichzeitig auch der schlimmste der Männer, Callum, ging einen Schritt auf sie zu, während Rob und Pete abwarteten.

„Was denkst du, Schlampe?“, antwortete er mit einem bösen Lächeln. „Wir werden dich nehmen, wie es sich für eine Hure gehört, und du wirst für deine Arroganz bezahlen. Wie alle anderen Dirnen wirst du nach mehr lechzen, wenn wir mit dir fertig sind.“

Nun wurde Abbie wütend. „Meine Arroganz?! Ich wusste nicht, dass ein Mädchen verpflichtet ist, jedem Mann zur Verfügung zu stehen, wenn es ihm nach ihr gelüstet.“ Sie warf ihnen einen angewiderten Blick zu. „Ich würde euch noch nicht mal anfassen wollen, wenn ihr mehr als einmal im Jahr baden würdet! Ihr stinkt.“

Das war keine Lüge. Diese Männer waren alles andere als reinlich und ein Atemzug war genug, um einen auf Distanz zu halten. Ihre einfache Kleidung wies verschiedenste Schmutzflecken auf. Es wäre wahrscheinlich allzu nicht zu schwierig herauszufinden, was sie in den letzten Tagen gegessen hatten. Diese Männer waren Schweine, in mehr als einer Hinsicht.

Callums nicht gerade hübsches Gesicht lief rot an und seine Augen brannten vor Lust und Hass.

„Dafür wirst du büßen! Es ist Zeit, dir deinen vorlauten Mund zu stopfen. Du wirst lernen, wo dein Platz ist, und uns auf Knien um Vergebung anbetteln.“

„Niemals“, schwor Abbie. Sie wusste, dass die Chancen für sie äußerst schlecht standen, aber sie würde nicht kampflos aufgeben.

Im Schatten der Bäume lauerte jedoch etwas, das noch viel gefährlicher war, aber keiner der Menschen bemerkte es. Ein Vampir namens Lucien lehnte am Stamm einer alten Eiche und studierte die Szene, die sich ihm bot. Selbst unter seinesgleichen war er gefürchtet, was dafür sorgte, dass ihm selten ein Konkurrent in die Quere kam. Die Nacht war über den Wald und das Dorf hereingebrochen und er war auf der Jagd. Beim Erwachen nach Sonnenuntergang war der Blutdurst am stärksten. Der Geruch von drei erregten und wütenden Männern befeuerte seinen Hunger. Gleich mehrere Menschen zu finden, die sich in der Dunkelheit außerhalb ihrer sicheren Häuser aufhielten, war genau das, was er brauchte. Deswegen war er den Männern gefolgt, bis er sah, was sie vorhatten. Seine Augen glitten über die kleine Frau mit den flammendroten Haaren. Sie trug ein einfaches, dunkelgrünes Kleid, was jedoch ihren lieblichen Körper nicht verstecken konnte. Er benötigte weder seinen ausgeprägten Geruchssinn noch sein Gehör, um zu wissen, was die Männer wollten. Die Frau war jung und schön. Zudem besaß sie eine besondere Aura, deren Reinheit und Intensität sie förmlich erstrahlen ließ. Trotz der aussichtslosen Situation versteckte sie ihre Angst gut und trat ihren Verfolgern mit erhobenem Haupt entgegen. Es war beeindruckend, dass sie bereit war zu kämpfen und die Männer sogar noch verspottete.

Nur schade, dass sie dafür wohl teuer bezahlen wird. Lucien konnte seine Faszination und auch eine gewisse Achtung für sie nicht leugnen. Es war selten, dass sich eine Frau gegen Männer behauptete und sich nicht einfach unterdrücken ließ, wie es nach den Regeln der Gesellschaft erwartet wurde. Sein Blick wanderte über ihren Körper und er stellte sich vor, was sie noch so alles mit diesem vorlauten Mund tun könnte. Ein anderer Hunger erwachte zum Leben, den er nur zu gern stillen wollte. Lucien zwang seine Augen zurück zu den Männern, die ihre Beute eingekesselt hatten. So, wie sie sich bewegten, war es nicht das erste Mal, dass sie einer Frau auflauerten.

Es wäre nicht allzu schwierig, sie zu verjagen oder zu töten. Er reckte seine fein geschnittenen Gesichtszüge in die Luft und schnüffelte leicht. Intensive Gefühle, wie Lust oder Angst, gaben dem Blut eine besondere Note. Lucien lächelte, als er bemerkte, wie sich seine Fänge verlängerten. Er wusste, wem er welches Aroma verleihen wollte: Die Angst würde dem Lebenssaft der Männer eine herbe Note geben, während das Blut der Frau nach süßer Lust schmecken würde. Allerdings wäre es ratsam, seinen Blutdurst zuerst an den Angreifern zu stillen, bevor er sich der Frau widmete, sonst hätte er nicht genug Zeit, sich mit ihr zu vergnügen. Das wäre doch eine große Schande ...

Während er die Männer betrachtete, starteten sie ihre Attacke auf die Frau. Sie lieferte ihnen einen guten Kampf, war sogar in der Lage, einen von ihnen zu verletzen. Es dauerte dennoch nicht lange, bis sie flach auf ihrem Rücken lag und von zwei Männern festgehalten wurde. Lucien musste bald handeln, wenn er sie unversehrt haben wollte.

Abigail starrte wütend auf die Männer über ihr. Es verletzte ihren Stolz, dass sie sie so schnell überwältigt hatten, aber das wäre ihre geringste Sorge, falls sie das hier überleben sollte.

„Ihr seid so mutig. Drei Männer gegen eine kleine Frau. Hattet ihr Angst, dass ihr allein gegen mich verlieren würdet?“, schleuderte sie den Männern entgegen.

Als Antwort schlug Callum ihr kräftig ins Gesicht und für einen Moment sah Abbie Sterne. Sie wehrte sich dennoch gegen den festen Griff, der sie am Boden hielt. Auf jeder Seite hockte einer dieser Widerlinge und umklammerte ihre Handgelenke. Callum stand schadenfroh über ihr und leckte sich vor Gier die Lippen. Während des Kampfes hatte sie ihren Dolch verloren, allerdings erst, nachdem sie Callums Arm aufgeschlitzt hatte. Jetzt war er wirklich sauer.

„Verrückte Hexe! Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du dir wünschen, dass du niemals geboren worden wärst“, drohte er.

Panik stieg in Abbie auf, aber sie würde ihnen nicht die Befriedigung geben und es zeigen. „Zur Hölle mit euch!“, zischte sie und spuckte ihm ins Gesicht.

Callum holte aus, um sie wieder zu ohrfeigen. Abbie schloss ihre Augen und versuchte, sich gegen den Schmerz zu wappnen. Doch der Schlag kam nicht, stattdessen spürte sie einen kalten Windhauch, der über ihren Körper fuhr. Verwundert öffnete sie die Augen und das Blut gefror in ihren Adern.

Ihr Peiniger schwebte wenige Schritte von ihr entfernt in der Luft und wurde von einem kräftigen Arm umklammert. Im nächsten Moment wurde sein Kopf zur Seite gerissen und die dunkle Gestalt hinter ihm vergrub ihre Fänge in seinem Hals. Alles ging so schnell, dass Abbie nur die roten Augen und die großen Reißzähne in einem schwarzen Nebel zu sehen bekam. Während Callum um sein Leben kämpfte, konnte sie erkennen, dass schulterlange, dunkle Haare das Gesicht des Vampirs verhüllten. Kalte Angst durchfuhr sie. Wenn ein starker Mann schon keine Chance gegen diese Kreatur hatte, dann war sie definitiv verloren. Sie versuchte erneut, sich aus dem Griff der anderen Rüpel zu befreien, und schaffte es diesmal tatsächlich. Rob und Pete waren so schockiert von dem Anblick, der sich ihnen bot, dass sie sie ganz vergessen hatten. Abbie kroch von den Männern und dem Monster weg und stand schließlich auf wackligen Beinen. Einen Augenblick überlegte sie, ob sie ihren Dolch holen sollte, der neben den Männern lag, aber da ließ das Monster den leblosen Körper von Callum fallen. Sie wirbelte herum und rannte um ihr Leben.

Lucien leckte sich das Blut von den Lippen und beobachtete die zwei verbliebenen Menschen. Die Frau war so geistesgegenwärtig gewesen, sich aus ihrem Griff zu befreien und zu fliehen. Die beiden Männer waren jedoch noch immer erstarrt. Ihre kleinen Gehirne schienen nicht begreifen zu können, dass ihr ‚schöner‘ Plan mit der Vergewaltigung gescheitert war.

„Was? Seid ihr es nicht gewohnt, jemanden zu treffen, der stärker ist als ihr?“, fragte Lucien spöttisch und machte einen Schritt auf sie zu.

Das schien sie aus ihrer Starre zu lösen, aber zu spät. Lucien packte beide im Genick und schlug ihre Köpfe gegeneinander. Dann ließ er die bewusstlosen Männer achtlos auf den Boden fallen. Für den Augenblick war sein Blutdurst gestillt, aber er wollte sich die Gelegenheit auf einen weiteren Happen nicht entgehen lassen. Sich jetzt an ihnen zu nähren, würde zu lange dauern. Dann wäre die junge Frau außerhalb seiner Reichweite und das wollte er unter allen Umständen verhindern, deswegen fesselte er die Rüpel an einen Baum. Leichtfüßig sprang er über die zusammengesunkenen Gestalten und machte sich lautlos an die Verfolgung.

Abigail rannte, so schnell wie sie konnte, doch die Dunkelheit machte es ihr schwer, sich zu orientieren. In ihrer blinden Panik hatte sie den Pfad zu ihrer Hütte verfehlt und war in den Wald gelaufen. Gebüsch und Wurzeln hinderten sie am Vorankommen und brachten sie schließlich zu Fall. Schnell rappelte sie sich wieder hoch, aber da stellten sich ihre feinen Nackenhärchen auf. Abbie wusste, dass sie nicht mehr allein war. Vorsichtig sah sie sich um und versuchte herauszufinden, aus welcher Richtung ihr Angreifer kommen würde. Sie war sich sicher, dass es diesmal nicht die Männer waren, denn außer dem Gefühl der Vorahnung gab es kein Anzeichen, dass sich jemand im Wald bewegte. Alles war still, zu still. Die Vögel waren schon lange verstummt. Auch alle anderen Tiere hatten sich versteckt und schienen den Atem anzuhalten. Eine verschwommene Bewegung zu ihrer Linken ließ sie herumfahren und ihr Herz setzte für einen Schlag aus.

Der Vampir hatte sie gefunden ...


Kapitel

Lucien sprang elegant von dem Ast, auf dem er gesessen und sein Opfer beobachtet hatte. Es war ein Leichtes gewesen, dem Geruch der jungen Frau zu folgen und an ihr vorbeizuhuschen. So konnte er genüsslich dabei zusehen, wie sie direkt in seine Arme lief.

Sie hatte etwas Faszinierendes an sich, was ihn magisch anzog. Langsam schritt er auf sie zu und verfolgte belustigt, wie sie rückwärts ging. Selbst jetzt wollte sie sich nicht geschlagen geben. Bewundernswert, dachte Lucien. Die meisten Menschen erstarrten bei seinem Anblick oder flohen kopflos. Diese dummen Leute glaubten doch wirklich, dass sie mich abschütteln könnten. Dabei war es gerade die Jagd, die Geschöpfe wie ihn reizte. Allerdings würde sie ihm nicht entkommen. Noch ein Schritt ...

Abigail blickte fassungslos auf den Vampir, der bedrohlich ruhig auf sie zukam. Sie machte einen weiteren Schritt nach hinten und prallte gegen etwas Hartes. Ihren Feind nicht aus den Augen lassend, tastete sie hinter sich, spürte jedoch nur Rinde und Moos. Nichts, was sie als Waffe benutzen könnte.

Jetzt bin ich verloren, dachte sie verzweifelt und beobachtete ihn.

Das fiel ihr überraschenderweise nicht so schwer. Das Monster verbarg sich in Gestalt eines gut aussehenden Mannes, der mindestens einen Kopf größer war als sie. Er trug schwarze Kleidung, die auf einen gewissen Reichtum schließen ließ und es ihm ermöglichte, mit den Schatten zu verschmelzen. Der Vampir bewegte sich mit einer unleugbaren Eleganz, die jedoch nicht vertuschen konnte, dass es sich bei ihm um ein Raubtier handelte. Als er nah genug war, um Details zu erkennen, sog Abbie die Luft zischend ein. Er hatte das Gesicht eines Engels mit glatter Haut, ebenmäßigen Gesichtszügen, sündigen Lippen, und Augen von einem dunklen Blau. Sein leicht gewelltes Haar reichte ihm bis zu seinen Schultern und war rabenschwarz. Je näher er kam, desto schneller schlug ihr Herz, allerdings nicht nur vor Angst. Diese Kreatur der Nacht war mit Abstand der attraktivste Mann, der ihr begegnet war. Nur leider war er kein Mann und würde sie töten ...

Fasziniert verfolgte Lucien jede Regung, die sich in ihrem hübschen Gesicht zeigte. Es war interessant, ihre Überraschung zu beobachten, während er ihr immer näher kam. Einen Schritt von ihr entfernt blieb er stehen und ließ seinen Blick genüsslich über ihren Körper schweifen. Unter dem Saum ihres Kleides schauten zierliche Füße in einfachen Schuhen hervor. Ihre schlanken Beine zeichneten sich unter dem dunklen Stoff ebenso deutlich ab wie ihre leicht gerundeten Hüften. Seine Aufmerksamkeit verweilte einen Moment auf ihren Brüsten, die sich mit jedem Atemzug hoben und senkten. Der Ausschnitt ihres Gewandes zeigte ein verführerisches Dekolleté und ließ einen Teil der Schultern sowie ihren zarten Hals frei. Ihr feuerrotes Haar ringelte sich in seidigen Locken und reichte fast bis zu ihrem Gesäß. Luciens Finger wollten sich in ihre Mähne wühlen und über ihren eleganten Hals streichen. Sein Blick wanderte zu ihren Augen, die von einem faszinierenden Grün waren und von dichten, dunklen Wimpern umrahmt wurden. Die rötlichen Augenbrauen darüber waren zart geschwungen und auf ihrer kleinen Nase saßen ein paar Sommersprossen. Lecker.

Er überbrückte den Abstand zwischen ihren Körpern und drängte sie leicht gegen den Baum. Geschickt platzierte er beide Hände neben ihrem Kopf auf der Rinde und beugte sich zu ihr herunter. Ihre Haut verströmte einen angenehmen, blumigen Duft, wie Rosen. Lucien schnüffelte an ihr. Neben ihrer Furcht konnte er noch etwas anderes wahrnehmen: einen Hauch von Erregung. Das ist interessant ... Lucien war in der Lage, Menschen in seinen Bann zu ziehen, bisher hatte er bei ihr von dieser Fähigkeit jedoch noch keinen Gebrauch gemacht.

Abbie erstarrte, als sein Körper den ihren berührte. Es war nicht das erste Mal, dass ein Mann versuchte, sich ihr aufzudrängen, und doch fühlte es sich anders an. Zwar bedrängte er sie, presste sie jedoch nicht gewaltsam gegen den Baum. Ihr Herz schlug schneller und ihr Leib prickelte an Stellen, die sie bisher immer ignoriert hatte. Trotz ihrer Angst und der Gefahr fühlte sie sich zu ihm hingezogen. Im Geiste nannte sie sich einen Dummkopf und verfluchte ihr Schicksal. Bin ich etwa einer Vergewaltigung entkommen, um der nächsten zum Opfer zu fallen? Nur, dass es sich diesmal um einen Vampir handelt und ich ihn trotz allem anziehend finde?

Als Heilerin wusste sie, wie die Kinder entstanden, die sie in die neue Welt begleitete. Zudem war sie einmal über ein Pärchen gestolpert, das sich zu einem Stelldichein im Wald getroffen hatte. Die Bewegungen waren eindeutig gewesen und die beiden hatten offensichtlich Gefallen an dem, was sie taten. Damals war sie mit hochrotem Kopf so leise wie möglich in den Wald geflohen. Abbie sehnte sich nach der liebevollen Berührung eines Mannes. Ihr war jedoch bewusst, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt für romantische Träumereien war. Es würde an ein Wunder grenzen, wenn sie diese Konfrontation überlebte. Doch sie würde sich nicht kampflos ergeben. Trotzig reckte sie das Kinn in die Höhe und schaute dem Vampir in die Augen. Schnell bemerkte sie, dass das ein Fehler war. Verlangen sprach aus seinem Blick und Abbie hatte das Gefühl, als wollte er sie mit Haut und Haar verschlingen. Ihr verräterischer Körper erschauderte und sie sah, wie sich ein Lächeln auf seinen Lippen ausbreitete.

Lucien spürte ihr Verlangen und ihren Kampfgeist. Diese Frau ist wirklich erstaunlich und verdammt verführerisch. Er war froh, dass er sich zuerst an einem ihrer Verfolger gelabt hatte. So lenkte sein Blutdurst ihn nicht von ihrem Geruch und dem kleinen, warmen Körper ab, der so willig auf ihn reagierte. Er nahm eine Hand von dem Baum und umfasste ihr trotzig vorgerecktes Kinn. Ihre Augen musterten ihn ängstlich, dennoch konnte sie ihre Erregung nicht verbergen. Es war schon eine Weile her, seit er das letzte Mal eine junge Frau verführt hatte, aber sein Hunger nach ihr wollte gestillt werden - auf jede erdenkliche Art und Weise. Er hob ihr Gesicht sanft an und küsste ihre einladenden, vollen Lippen.

Als er sie berührte, erstarrte Abigail. Hitze durchfuhr sie und weckte tief in ihr eine Sehnsucht, welche ihren Verstand vernebelte. Seine Berührungen waren überraschend sanft, seine Lippen weich und nicht brutal. Sie spürte sein Verlangen deutlich, sowohl in dem Kuss als auch an der Härte, die sich gegen ihren Bauch presste. Bisher war das immer der Zeitpunkt gewesen, an dem sie versucht hatte, sich aus der Gewalt des Mannes zu befreien. Aber dieser Dämon, der vor ihren Augen einen Mann getötet hatte, entfachte ein Feuer in ihr, das sie zu verbrennen drohte. Sie zuckte erschrocken zurück, als sich seine Zunge zwischen ihre Lippen drängte, aber dann gab sie nach.

Was habe ich denn zu verlieren?, fragte sie sich. Wenigstens ist er nicht hässlich oder stinkt und bisher hat er sich besser benommen als alle Männer vor ihm. Vielleicht konnte sie noch einen glücklichen Moment erhaschen, bevor sie starb. So unglaublich es auch war.

Lucien spürte den Augenblick, in dem sie sich ihm ergab. Ihre zierliche Gestalt verlor etwas von ihrer Anspannung und er kostete es in vollen Zügen aus. Es war deutlich, dass sie bisher von keinem Mann richtig geküsst worden war. Zwar konnte er sie dazu bewegen, ihren Mund zu öffnen, aber sie wusste nicht, was sie tun sollte. Ihre Unschuld war bezaubernd und brachte ihn aus irgendeinem Grund dazu, vorsichtig mit ihr zu sein. Vampire waren der körperlichen Liebe nicht abgeneigt, ganz im Gegenteil, aber sie nahmen, was sie wollten, und gaben nie. Irgendetwas an ihr rührte einen Teil, der eigentlich vor langer Zeit gestorben war. Lucien beendete den Kuss und sah sie an. Dann tat er etwas, was er in seiner langen Existenz als Vampir noch nie getan hatte.

„Wie heißt du?“, fragte er.

„A-Abi-gail“, stotterte sie.

„Das ist ein schöner Name für eine bezaubernde Frau“, murmelte er, strich ihr Haar zurück und fuhr mit seinem Mund an ihrem Hals entlang. Ihre Haut war unglaublich zart und er konnte deutlich ihr Blut darunter spüren. Mit den Zähnen schabte er ganz leicht über ihre kräftig pulsierende Schlagader, allerdings ohne die Haut zu verletzen. Das entlockte ihr ein kleines Seufzen. Sobald Blut floss, wäre es schwer, sich zu kontrollieren, und er hatte noch so viel mit ihr vor.

„Weißt du, was ich bin?“

„Ja“, brachte sie mit atemloser Stimme hervor.

„Hast du Angst vor mir?“

Ein Zittern ging durch ihren Körper. „Ja ...“

„Gut. Ich bin gefährlich.“

Lucien umfasste ihren Hinterkopf und sah sie an, während seine andere Hand über ihren Hals zu ihrem Ausschnitt glitt und schließlich ihre Brust berührte. Seine Finger begannen, sie durch den Stoff hindurch zu liebkosen, und Abigails Augen wurden groß. Ein kleines Stöhnen entwich ihren Lippen und der Geruch ihrer Erregung verdrängte ihre Angst. Lucien küsste sie wieder und lachte dann leise.

„Weißt du, es macht mehr Spaß, wenn du mitmachst, Abigail.“

Abbie schluckte und sah ihn an. „Was … was willst du von mir?“, flüsterte sie.

Lucien lächelte. „Ich denke, das ist eindeutig, Mädchen. Ich will dich.“

Sie spürte, wie ein weiterer Schauer durch ihren Leib ging, allerdings hatte der nichts mit ihrer Angst zu tun. Dem Blitzen seiner Augen und dem raubtierhaften Lächeln nach wusste er das. Seine Finger streichelten ihren Nacken, während seine andere Hand geschickt die Verschnürung ihres Kleides öffnete. Sie hob ihre Hand, um ihn davon abzuhalten, doch er küsste sie wieder und Abbie griff stattdessen haltsuchend in den Stoff seines Ärmels.

Als sein Mund sie diesmal berührte, folgte sie ihren Instinkten und erwiderte den Druck seiner Lippen. Er zog sie näher an sich und vertiefte den Kuss. Ein unbeschreiblich sinnliches Gefühl erfasste sie, als seine Zunge mit ihrer spielte. Als er sich neckend zurückzog, folgte sie ihm und erkundete seinen Mund.

Sein Geschmack war eindeutig betörend. So wie sein Geruch, der sauber und zugleich männlich war. Unterbewusst nahm sie wahr, wie sich die Verschnürung ihres Kleides lockerte und der Stoff über ihre Schultern rutschte, bis nur noch ein dünnes Hemdchen ihre Blöße notdürftig bedeckte. Als seine Hand in den weiten Ausschnitt glitt und ihre unbedeckte Brust berührte, erzitterte sie. So hatte sie noch kein Mann angefasst. Sie konnte nicht leugnen, dass sie ihrem Verlangen zum Opfer fiel und auf seine geschickte Verführung einging. Aber eines musste sie noch wissen. Sie hob den Kopf und schaute ihn an.

„Wer bist du?“, flüsterte sie.

Er strich ihr über die Wange und meinte: „Ich heiße Lucien.“

„Lucien“, murmelte sie und die Art, wie sie seinen Namen aussprach, verursachte ihm einen wohligen Schauer. Diese Frau weckte lang verloren geglaubte Emotionen in ihm. Er war in der Stimmung zu erkunden, was noch alles geschehen würde, jedoch nicht hier im Wald. Nach dem Vorfall mit den Männern wusste er, dass er nicht der Einzige war, der ein Auge auf sie geworfen hatte. Lucien wollte nicht unterbrochen werden, wenn er sich mit ihr vergnügte. Außerdem würde sie sich im Schutze ihres Heimes bestimmt wohler fühlen. Kurzerhand zupfte er ihr Kleid zurecht, nahm sie dann auf seine Arme und fragte: „Wo wohnst du?“

Abbie wusste nicht, warum sie ihm antwortete oder weshalb ihre Angst vor ihm nachgelassen hatte. „Nicht weit von hier steht eine kleine Hütte.“

Lucien nickte. Auf seinen nächtlichen Streifzügen hatte er die kleine Hütte im Wald bemerkt, jedoch nie etwas von Abigail gespürt. Das war eigenartig.

„Ich weiß, wo sie liegt.“

Schnellen Schrittes trug er sie dorthin.

Abigail lehnte sich gegen seine Brust und konnte nicht fassen, was sie tat. Habe ich gerade wirklich einem Vampir gesagt, wo ich wohne? Allerdings war das nebensächlich, schließlich hatte sie zugelassen, dass er sie küsste und intim berührte, und es genossen. Wahrscheinlich war sie verdammt, aber es fühlte sich so gut an, von ihm gehalten zu werden.

Viel Zeit zum Grübeln hatte sie jedoch nicht, denn schon bald standen sie vor ihrer kleinen Hütte. Lucien ließ sie an seinem Körper hinabgleiten, bis sie auf unsicheren Füßen vor ihm stand und schüchtern ihr Kleid vor der Brust zusammenraffte.

Er küsste sie und flüsterte an ihren Lippen: „Bitte mich herein, Abigail.“

Eine Stimme in ihrem Kopf warnte sie davor. Lucien spürte ihr Zögern und küsste sie erneut.

„Bitte mich herein und ich zeige dir den Himmel.“

Sie schluckte und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, was dank seiner streichelnden Hände auf ihrem Leib schwierig war. Theoretisch war das ihre Gelegenheit, vor ihm zu fliehen, wenn sie schnell genug wäre und in ihre Hütte gelangte.

„Ich, ich kann nicht“, brachte sie schwach hervor. Luciens Hand umfasste ihr Gesäß und presste sie an sich, gleichzeitig knabberte er an ihrem Hals.

„Doch. Du kannst und du willst.“

Abbie erschauderte. „Du wirst mir meine Unschuld nehmen ...“, flüsterte sie.

Lucien lächelte an ihrer Haut.

„Ja, das werde ich.“

Die ungewohnten Empfindungen, die er in ihr auslöste, machten es schwer, bei Verstand zu bleiben.

„Und … und mein Leben“, flüsterte sie atemlos.

Er küsste sie und sah ihr dann in die Augen.

„Vielleicht ... Doch sei dir bewusst, dass ich beides auf der Stelle tun könnte, ohne dass du es verhindern könntest.“

Sie wusste, dass er recht hatte. Egal, was sie versuchte, wenn er beschloss, sich ihr aufzudrängen, dann wäre sie machtlos.

„Warum tust du es dann nicht?“

„Ich weiß es nicht“, antwortete er ehrlich und ein wenig ratlos. „Ich möchte dir nicht wehtun ...“

Das war eine interessante Aussage von einem Vampir, der vor Kurzem einen Mann getötet und sie dann verfolgt hatte. Als sie in seine Augen blickte, erkannte sie sein Verlangen nach ihr, aber auch eine unerwartete Zärtlichkeit. Das war ihr Untergang. Abbie schlang ihre Arme um seinen Hals und küsste ihn.

„Tritt ein, Lucien“, flüsterte sie.

Dieser erwiderte den Kuss und trug sie in ihr bescheidenes Heim. Drinnen angekommen, verriegelte er die Tür und setzte Abigail auf dem Bett ab. Für ihn war es kein Problem, sich in der Dunkelheit zurechtzufinden, aber er wusste, dass sie etwas Licht und auch Wärme brauchte. Er runzelte die Stirn. Der Herd war kalt und leer. Neben ihm stand ein Korb mit Holz und Reisig. Schnell machte er sich daran, es in den Kamin zu stapeln, und entzündete schließlich das Feuer.

„Du bist in den letzten Tagen nicht zu Hause gewesen.“

Das war mehr Feststellung als Frage, aber Abbie antwortete trotzdem.

„Ja, ich war im Dorf und habe mich um einen kranken, kleinen Jungen gekümmert.“

Das würde erklären, warum er sie nicht hatte spüren können. Aus ihren Worten hörte er ehrliche Sorge und auch eine gewisse Einsamkeit.

„Hast du denn niemanden, der sich um dich kümmert?“, fragte er.

Abbie sah ihn erstaunt an. „Nein, es gibt nur noch mich. Meine Eltern sind tot.“

Lucien erinnerte sich daran, wie die Männer sie verfolgt und behandelt hatten. Die aufflackernde Wut überraschte ihn ebenso wie der Drang, Abbie beschützen zu wollen. Er sah zu ihr und hörte ihr erschrockenes Keuchen.

„Deine Augen ...“, flüsterte sie.

Er drängte seinen Rachedurst zurück und konzentrierte sich auf die verlockende Frau, die unsicher auf ihrem schmalen Bett saß. Langsam ging er zu ihr und erkannte deutlich, dass seine Transformation sie erschüttert hatte.

„Warum verändern sich deine Augen?“, fragte sie mit zitternder Stimme.

„Der Blutdurst bringt den Dämon in mir zum Vorschein“, antwortete er. „Meine Augen werden rot und die Eckzähne verlängern sich.“

„Jetzt sind sie wieder normal. Heißt das, du wirst mich nicht töten?“

„Ich weiß es nicht. Im Moment möchte ich andere Dinge von dir.“

Lucien setzte sich zu ihr und vergrub eine Hand in ihren seidigen Locken. Sanft zog er sie an sich. Abbie erschauderte, sein Körper strahlte unbändige Kraft und auch eine gewisse Gefahr aus. Es war erschreckend zu sehen, wie schnell er sich von dem anziehenden Mann, der sie geküsst hatte, in das Monster verwandeln konnte, welches Callum ohne Gnade getötet und dann einfach fallen gelassen hatte. Das änderte jedoch nichts an der Sehnsucht, die er in ihr entfachte.

„Wenn du mich tötest, dann lass mich bitte nicht unnötig leiden.“

Ihre Bitte rührte ihn. Sie flehte nicht um ihr Leben und wies ihn auch nicht ab.

„Ich verspreche es dir.“

Mit diesen Worten beugte er sich zu ihr hinab und küsste sie. Es dauerte nicht lange, bis Abbie ebenbürtig auf den leidenschaftlichen Ansturm reagierte. Lucien küsste ihr Kinn, ihren Hals und arbeitete sich über ihr Schlüsselbein hinab. Ihre weiche Haut faszinierte ihn und sorgte auch dafür, dass er sich zügelte. Sie war die Berührung eines Mannes nicht gewohnt und würde zwangsläufig Schmerzen empfinden, wenn er sein Verlangen an ihr stillte. Bis dahin konnte er ihr Lust schenken. Sorgsam öffnete er die letzten Schnürungen, die das Kleid zusammenhielten, und zog sie auf die Füße. Das Kleidungsstück fiel zu Boden und enthüllte ein dünnes Untergewand, was Abbies Blöße vor ihm versteckte. Der zarte, weiße Stoff betonte ihre Unschuld und war trotz seiner Einfachheit verführerischer als so manches anzügliches Gewand, das er zu sehen bekommen hatte. Lucien ließ den Blick über ihre Figur schweifen. Das Unterkleid verbarg ebenso viel, wie es zeigte. Im Feuerschein wirkte es beinahe durchsichtig.

Abigail zitterte unter dem hungrigen Blick, mit dem er ihren Körper betrachtete. Sie wusste, dass sie sich eigentlich mit Händen und Füßen gegen ihn wehren sollte, aber sie war machtlos gegen die herrlichen Gefühle, die er in ihr auslöste. Wenn er sie küsste, dann verschwand alles um sie herum und nur noch seine Berührungen zählten. Lucien kam näher und eroberte ihren Mund. Gleichzeitig strich eine seiner Hände über den leichten Stoff und umfasste ihre Brust. Er löste seine Lippen von ihren und senkte seinen Kopf. Im nächsten Augenblick wollte Abbie wegzucken, doch er hielt sie an Ort und Stelle, während er durch den Stoff hindurch an ihrer Knospe saugte. Sein Mund jagte kleine Schauer der Lust durch ihren Körper und Abbie spürte, wie sich eine Sehnsucht tief in ihr ausbreitete. Nur am Rande nahm sie die Geräusche wahr, die er ihr entlockte. Lucien drängte sie zurück auf das Bett und zog sie auf seinen Schoß. Dort bekam sie einen ersten Eindruck von seiner Männlichkeit und versuchte, nicht in Panik zu geraten. Sie hatte diesen Teil der männlichen Anatomie schon bei ihren Patienten gesehen, aber das war nicht vergleichbar mit dem, was sie jetzt erwartete. Sie rutschte ein wenig hin und her, um eine bequemere Position zu finden, und brachte sie beiden zum Stöhnen.

„Wenn du so weitermachst, kann ich für nichts garantieren“, warnte er mit rauer Stimme. Seine Hand fuhr über ihren Oberschenkel und dann unter ihr Unterkleid. Langsam schob er es immer höher und näherte sich ihrer Weiblichkeit. Lucien konnte ihre Erregung deutlich riechen und war erfreut über die Feuchtigkeit, die ihn begrüßte, als seine Finger zwischen ihre Schenkel glitten. Abbie erstarrte, als sie ihn dort spürte, doch Lucien küsste sie und begann vorsichtig, sie zu liebkosen. Schnell entspannte sie sich unter seinen begabten Händen und ihr Körper flehte nach mehr.

„Bitte“, stieß sie hervor, auch wenn sie nicht sicher war, worum genau sie bat. Sie wusste nur, dass sie bald zerspringen würde, wenn er nicht etwas dagegen unternahm. Lucien schob sie von seinem Schoß und zog ihr mit einer schnellen Bewegung das Gewand aus. Im nächsten Moment fand sich Abbie mit dem Rücken auf ihrem Bett liegend wieder - mit einem erregten, aber vollständig bekleideten Mann auf ihr.

„Ich will dich spüren“, flüsterte sie und begann, sein Hemd hochzuschieben. Ungeduldig entledigte Lucien sich seiner Kleidung und sank zurück ins Bett. Auf einen Arm gestützt betrachtete er ihren schlanken Körper. Sie war klein, aber hatte Rundungen, die ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen ließen. Ihre Brüste waren fest und schmiegten sich perfekt in seine Handflächen. Er ließ den Blick über ihren flachen Bauch gleiten, bis zu dem Dreieck roter Locken, welches ihre Scham bedeckte. Seine Finger strichen über ihre warme Haut und folgten seinem Blick, bis sie schließlich in ihren weichen Haaren zwischen ihren Beinen versanken und ihr ein Stöhnen entlockten.

Abbie errötete unter seiner aufmerksamen Musterung und wagte nicht, seinen Körper zu betrachten. Es war das erste Mal, dass ein Mann sie unbekleidet sah, und noch nie war ihr eine ebenfalls unbekleidete Person so nahe gewesen. Der Drang, sich zu bedecken, war beinahe übermächtig. Das Verlangen in seinen Augen und nicht zuletzt seine talentierten Finger verscheuchten allmählich ihre Schüchternheit. Abigails Körper stand bald in Flammen. So viele unterschiedliche und unbekannte Empfindungen strömten auf sie ein.

Zwischen Furcht und Neugier hin- und hergerissen betrachtete sie Lucien. Was da aus seiner Körpermitte hervorragte erschien unglaublich groß. Der Gedanke, dass er damit in sie eindringen wollte, machte ihr Angst. Auf der anderen Seite musste das irgendwie möglich sein, sonst gäbe es keine Kinder.

Trotzdem traute sie sich nicht, zu lange auf diesen Teil von ihm zu blicken. Ihre Hände strichen stattdessen neugierig über seine Schultern und nach Ermunterungen von Lucien auch über seinen muskulösen Bauch und berührten schließlich zaghaft seine Männlichkeit. Sie hörte, wie der Vampir zischend Luft holte, und zog schnell ihre Hand zurück.

„Nein, fass mich ruhig an“, meinte er mit rauer Stimme. Mit seiner Hand über der ihren führte er sie und ließ sie seinen Schaft umschließen. Dann zeigte er ihr, wie sie ihm Vergnügen bereiten konnte. Seine Beschaffenheit zog Abbie in den Bann. Weiche Haut umschloss einen harten Kern von beachtlicher Größe. Ein wenig Angst hatte sie schon davor, denn sie konnte sich nicht wirklich vorstellen, wie er in sie passen sollte. Allerdings half es ihr, sich mit diesem Teil von ihm zu beschäftigen, um ihre jungfräulichen Ängste zu überwinden. Eine kurze Weile durfte sie ihn berühren, bis er sich ihr entzog.

„Genug.“

Er schob ihre Knie auseinander und positionierte sich zwischen ihnen. Dann fing er wieder an, sie zu küssen und zu streicheln, bis Abbie meinte, explodieren zu müssen.

„Lucien“, flehte sie, während ihr Körper hilflos zuckte. Einer seiner Finger schob sich in sie und bereitete sie vor.

„Es tut mir leid, Liebes, aber das wird wehtun“, sagte er, als er seinen Finger durch etwas viel Größeres ersetzte.

Abigail wusste, was kommen würde. „Bitte, mach schnell.“

Lucien holte einmal tief Luft und glitt in ihre feuchte Enge, bis er auf ihre jungfräuliche Barriere stieß. Er spürte, wie sie sich leicht unter ihm verkrampfte und lenkte sie mit feurigen Küssen ab. Als sie sich endlich entspannte, zog er sich zurück und stieß dann tief in sie. Sein Mund fing ihren Schmerzensschrei auf und er verharrte einen Moment in dieser Position.

„Ist der Schmerz vergangen?“, fragte er. Abbie nickte und Lucien fing langsam an, sich zu bewegen. Sorgsam schürte er erneut ihr Verlangen. In ihr zu sein, fühlte sich verdammt gut an. Seine wilde Seite wollte sie schnell und hart nehmen, aber er hielt sich zurück. Sie war noch zu unbedarft, um seine ungezügelte Leidenschaft aushalten zu können.

Abigail wusste nicht, wie ihr geschah. Nichts in der Welt hätte sie auf diesen Moment vorbereiten können. Sie hatte schon viele Geschichten darüber gehört, wie es war, wenn ein Mädchen zur Frau wurde. Oftmals waren es beängstigende Erzählungen von großen Schmerzen und Blut, ergänzt durch die Bemerkung, dass die Männer nur ihr eigenes Vergnügen interessierte.

Das Gefühl von ihm tief in ihr war unbeschreiblich. Lucien war ein erstaunlich zärtlicher, aufmerksamer Liebhaber. Niemals hätte sie gedacht, dass sie so großes Glück empfinden könnte. Mit jedem Stoß befeuerte er ihre Leidenschaft und steigerte ihr Vergnügen, bis es beinahe schmerzhaft war. Abbie befürchtete, sterben zu müssen, wenn es nicht bald aufhörte.

„Bitte“, keuchte sie atemlos und wölbte sich ihm entgegen.

Lucien war selbst nah daran, die Kontrolle zu verlieren. Nie hatte er solches Vergnügen empfunden, wenn er mit einer Frau geschlafen hatte. Er eroberte ihren Mund und trieb sie schließlich über den Rand. Als ihr Körper unter ihm bei ihrem Höhepunkt zu zucken begann, war es um ihn geschehen. Mit einem letzten Stoß vergrub er sich tief in ihr und biss sie.

Abigail durchzuckte ein stechender Schmerz, als seine Zähne in ihre Haut eindrangen. Sobald er jedoch anfing, an ihrem Hals zu saugen, wurde sie von einer neuen Welle der Leidenschaft davongetragen.

Lucien war von ihrem Geschmack gefesselt. In seiner langen Existenz als Vampir hatte er noch nie etwas derart Wohlschmeckendes gekostet. Ihr Blut war rein und trug das Aroma ihrer Erregung sowie den leichten Rosenduft ihrer Haut in sich. Er zwang sich, kleine, langsame Schlucke zu nehmen, um ihr nicht zu schaden. Schließlich zog er sich aus ihr zurück und rollte sich zur Seite, ohne sie loszulassen. Fast bedächtig leckte er über ihre Wunde, um sie zu verschließen, und schaute Abbie ins Gesicht. Sie hatte die Augen geschlossen, ihre Wangen waren gerötet und ihre Lippen leicht geschwollen. Einer Eingebung folgend, streichelte er über ihre Wange und gab ihr einen sanften Kuss. Ihm stockte der Atem, als sie ihre Augen öffnete und ihn ansah. Sie leuchteten vor Glück und anderen tiefen Emotionen, die er nicht benennen konnte. Ein schüchternes Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. Würde sein Herz noch schlagen, dann wäre es in diesem Moment bestimmt stehen geblieben.

Abigail hob ihre zarte Hand an sein Gesicht und ihr Herzschlag beschleunigte sich, als er die Lider schloss und sich ihrer Liebkosung hingab. Wer hätte ahnen können, dass ich ausgerechnet in den Armen eines Vampirs so großes Vergnügen empfinden würde? Sie spürte jedoch, dass es noch viel mehr war. An seiner erstaunten Miene konnte sie ablesen, dass es ihm ähnlich ging und dieser Gedanke wärmte sie von innen heraus. Sie ließ den Blick über den mit Abstand prächtigsten Körper schweifen, den sie in ihrem Leben gesehen hatte. Seine Haut war blass und etwas kühler als ihre eigene, gleichzeitig aber so weich, dass sie nicht aufhören konnte, ihn zu berühren. Die Arme waren ebenso muskulös und wohlgeformt wie der Rest von ihm. Sein Körper strahlte eine unleugbare Kraft und auch einen Hauch von Brutalität aus. Dennoch hatte er sie so vorsichtig und liebevoll gehalten. Das war ein starker Widerspruch zu der gnadenlosen Attacke auf die Männer.

„Was geschieht nun mit mir?“, fragte sie ihn zaghaft.

Lucien öffnete die Augen und blickte sie nachdenklich an. „Nichts“, antwortete er. „Du wirst leben.“

Unwillkürlich fasste sie sich mit der Hand an den Hals. „Du hast mich gebissen“, flüsterte sie.

Er konnte in ihrem Gesicht keinen Vorwurf, nur Überraschung lesen. „Ja, das habe ich. Aber du bist immer noch ein Mensch. So schnell wird man nicht zum Vampir.“

Seine Hand fuhr über ihren Bauch. „Du brauchst auch keine Angst vor anderen Folgen unseres Zusammenseins zu haben. Ich bin nicht in der Lage, dir neues Leben zu schenken.“

Abigail wusste, dass sie darüber erleichtert sein sollte. Bei seinen Worten fuhr jedoch ein überraschender Schmerz durch ihren Leib. Sie sehnte sich danach, sein Kind unter ihrem Herzen zu tragen, auch wenn es ihre Verdammnis wäre. Die tiefen Gefühle, die sie für ihn empfand, überraschten sie. Abbie machte sich jedoch keine falschen Hoffnungen. Es war unmöglich, dass sie eine Beziehung haben könnten, wie sie es sich erträumte.

Lucien sah das Flackern in ihren Augen und verspürte ähnliches Bedauern. Letzteres führte dazu, dass er zusammenzuckte. Noch vor wenigen Stunden hatte er in ihr nichts weiter als einen netten Zeitvertreib und eine mögliche Mahlzeit gesehen. Doch jetzt fühlte es sich so richtig an, bei ihr zu sein. Sie hatte etwas an sich, das seine menschliche Seite ansprach. Zärtlichkeit, Rücksicht und Bedauern waren Vampiren fremd, ebenso wie der Drang, etwas anderes außer sich selbst zu schützen und zu schätzen. Empfindungen, die eigentlich vor langer Zeit gestorben waren.

„Was machst du nur mit mir?“, murmelte er nachdenklich.

„Ich weiß es nicht.“ Die gleiche Frage hätte sie ihm stellen können. „Aber ich habe auch keine Erfahrung in diesen Dingen“, gab sie zu.

Lucien fand es alles andere als schlimm, dass er ihr erster Mann war. Es war von Bedeutung, dass sie ihm ihre Unschuld geschenkt hatte.

„Glaub mir, das hier war etwas Besonderes“, sagte er und küsste sie. Ihr Herzschlag beschleunigte sich und aus dem sanften Kuss wurde schnell etwas Wilderes. Doch er versuchte, sich zu zügeln.

„Wie geht es dir?“, erkundigte er sich.

Abigail dachte über seine Frage nach. Sie fühlte sich angenehm schläfrig und glücklich. Probehalber bewegte sie sich und bemerkte, dass sie ein wenig wund zwischen den Beinen war. Das überraschte sie nicht, schließlich war er ein großer Mann und sie bis vor wenigen Augenblicken noch Jungfrau. Als sie sich aufsetzte und an sich hinab sah, fiel ihr eine leichte Blutspur an der Innenseite ihres Oberschenkels auf.

„Oh“, hauchte sie.

Lucien folgte ihrem Blick und konnte nicht verhindern, dass sich seine Fänge ausfuhren. Ihr Blut war viel zu köstlich, um es einfach wegzuwaschen. Lucien grinste. Nebenbei wird ihr das, was ich vorhabe, auch bei der Heilung helfen. Abbie bekam große Augen, als er sich zwischen ihren Beinen niederließ.

„Was, was hast du vor?“, fragte sie zitternd.

„Ich berausche mich an dir“, meinte er nur und spreizte ihre Beine so weit, dass er dazwischen Platz hatte. Dann beugte er sich zu ihr herunter und fuhr mit der Zunge über die rötlichen Striemen. Ihr Blut hatte eine ähnlich berauschende Wirkung auf ihn wie der starke Wein, den er als Mensch gern getrunken hatte. Hinzu kam noch der erregende Geschmack ihrer Weiblichkeit. Lucien genoss das Zittern, welches durch ihren Körper ging, während er den Beweis ihrer Jungfräulichkeit entfernte. Als er ihre Scham mit seinem Mund berührte, keuchte sie auf und wollte sich ihm entziehen.

„Schsch, keine Angst, das wird dir gefallen“, murmelte er und hielt sie an Ort und Stelle.

Abbie wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Eigentlich hätte es sie abstoßen sollen, zu sehen, wie er ihr Blut von der Haut leckte, aber es hatte eher den gegenteiligen Effekt. Als seine Zunge über ihren empfindlichsten Punkt glitt, entfuhr ihr ein Stöhnen. Ihr Becken zuckte unwillkürlich unter seinem festen, aber keineswegs schmerzhaften Griff. Bald war sie unter dieser süßen Folter nicht mehr in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Lucien trieb sie mit Lippen, Zunge und auch seinen Zähnen unaufhaltsam auf den nächsten Höhepunkt zu und genoss es, sie dabei zu beobachten. Sie war so wunderschön, wenn sie sich ihrer Leidenschaft hingab.

Als die letzten Schauer ihren Körper verlassen hatten, streckte er sich neben ihr aus und Abbie kuschelte sich wohlig ermattet an ihn. Lucien nahm sie in seine Arme und fragte sich, womit er sie verdient hatte.

„Ich wusste nicht, dass es so zwischen einer Frau und einem Mann sein kann“, flüsterte sie verwundert.

Da musste er lachen. „Das war noch gar nichts, Abigail.“

Sie sah ihn nachdenklich an. „Du hast schon viele Frauen gehabt, oder?“

Der Gedanke, dass er das Gleiche auch mit anderen getan hatte, versetzte ihr einen Stich, auch wenn es albern war. Männern stand es frei, sich mit allem zu vergnügen, was mehr oder minder willig war.

Lucien strich über ihre seidige Haarpracht. „Ja, mehr als ich zählen kann. Aber ich kann mich an keine mehr erinnern. Bei der langen Zeit, die ich nun schon auf der Erde wandle, wird vieles irgendwann bedeutungslos.“ Allerdings würde ihm diese eine Frau in seinen Armen immer in Erinnerung bleiben, vermutete er.

„Wie alt bist du?“, fragte Abbie zögerlich.

„Ich war achtundzwanzig, als ich zum Vampir wurde, und das ist jetzt über hundert Jahre her.“

Diese Antwort musste sie erst einmal verwinden. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie es war, so lange zu leben. Sie betrachtete sein Gesicht. Es wirkte keinen Tag älter als achtundzwanzig Sommer und doch strahlten seine Augen eine Weisheit und Härte aus, die für ein wesentlich höheres Alter sprachen. Sie legte den Kopf auf seine breite Brust und wünschte sich, sie könnte einen Herzschlag hören.

„Wie bist du zum Vampir geworden?“

Lucien gab ein freudloses Lachen von sich. „Ich war jung und dumm. Der Sohn einer verhältnismäßig wohlhabenden Familie, der mehr Freiheiten genoss, als ihm guttat.“ Im Rückblick war es einfach, solche Dinge zu sagen. Damals hatte er das natürlich ganz anders gesehen.

„Sagen wir mal so: Ich habe mich an Orten aufgehalten, die nicht die beste Klientel anzogen und sowohl Frauen als auch dem Wein gut zugesprochen. Als ich mich eines Abends mehr oder minder aufrecht auf den Heimweg machte, bin ich der falschen Person in die Arme gelaufen.“

Mit einem leichten Schaudern dachte er an diese verhängnisvolle Nacht zurück. Obwohl es schon eine Ewigkeit her war, konnte er sich an jedes Detail erinnern. Die kalte Luft eines englischen Wintertages, die unangenehmen Gerüche menschlicher Hinterlassenschaften oder der Menschen selbst und das Wissen, diesmal wirklich einen Krug Wein zu viel getrunken zu haben. Als er schweren Schrittes um die nächste Ecke gehen wollte, ergriff ihn eine finstere Gestalt.

„Ich war zu betrunken, um mich großartig gegen ihn zu wehren. Marius bedauerte das ein wenig. Allerdings war ich noch klar genug, um zu erkennen, dass mein letztes Stündlein geschlagen hatte, und bekam Panik. Ich weiß bis heute nicht, was Marius dazu bewogen hat, mich zu wandeln. Wahrscheinlich war es der Wunsch, sein Schicksal mit jemandem teilen zu können.“ Nicht, dass Marius irgendwelche zärtliche oder gar sentimentale Regungen hatte.

„Ich war kein sonderlich tugendhafter Mensch und vielleicht geschah mir das Ganze recht. In meiner Existenz als Vampir habe ich schon so viele Leben genommen, dass ich zu Recht als verdammt gelte, jedoch ist Marius noch einmal eine ganz andere Kategorie.“ Nur ungern erinnerte Lucien sich an die erste Zeit, die er mit seinem Schöpfer verbracht hatte.

„Wir Vampire sind Jäger und der Blutdurst treibt uns an. Starke Gefühle, wie Angst oder Lust, geben dem Blut sein ganz eigenes Aroma. Auch das Alter der Menschen hat durchaus Einfluss. Marius ist gefährlich, selbst für mich und andere unserer Art, und er wollte mich zu einem ebenso grausamen Monster erziehen, wie er es ist. Marius hat eine Vorliebe für Unschuldige. Er liebt es, sie zu zerstören.“

Lucien spürte, wie Abbie in seinen Armen erzitterte. Für einen Menschen musste das alles schwer zu ertragen sein.

„Hattest du so etwas auch mit mir vor?“, flüsterte sie.

Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und küsste sie. „Ich kann nicht leugnen, dass ich dich unter allen Umständen besitzen wollte. Ich bin kein Heiliger, das war ich schon als Mensch nicht. Allerdings habe ich noch nie Gefallen daran gefunden, Menschen unnötig zu quälen. Ich vergehe mich auch nicht an Kindern. Aber da hat jeder seine Vorlieben. Versteh das nicht falsch, Liebes. Ich bin ein gewissensloser Jäger, der zu seinem Vergnügen tötet.“

Abigail glaubte nicht, dass sie das jemals vergessen könnte. Das Bild von Callums leblosem Körper tauchte wieder vor ihrem geistigen Auge auf. Sie wünschte niemandem den Tod, aber sie verspürte auch kein Mitleid. Wenn Lucien nicht aufgetaucht wäre, dann würde sie jetzt missbraucht und tot im Wald liegen. Ein kalter Schauer rann über ihren Rücken, als sie an das dachte, was die Dreckskerle für sie geplant hatten.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739376448
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (Januar)
Schlagworte
Liebesroman Hexen Geheimnisse Magie Spannung Märchen Vampire Erotik Erotischer Liebesroman Historisch Fantasy

Autor

  • Vanessa Carduie (Autor:in)

Vanessa Carduie erblickte an einem grauen Herbstmorgen 1988 in Dresden das Licht der Welt. Geschichten faszinierten sie von klein auf und bald folgten die ersten eigenen Erzählungen. Mittlerweile hat sie ihren Masterabschluss in Biologie in der Tasche und einige ihrer Geschichten veröffentlicht. Ihre Geschichten sind eine Mischung aus Liebesroman, Krimi und Fantasy, je nachdem, an welchem Projekt sie gerade arbeitet.
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Titel: Im Schatten der Nacht