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Bardenlieder von Silbersee - Die Drachenreiter 4

von Manuela P. Forst (Autor:in)
271 Seiten

Zusammenfassung

Wie die flehend emporgereckten Arme der Sterbenden schälen sich die Silhouetten der Bäume aus dem ewigen Nebel. Dazwischen ragen bizarre Felsskulpturen auf. Sie reflektieren auf den düsteren Spiegeln der Tümpel in den Senken. Der Gesang der Vögel ist für immer verklungen. Die Elfen sind fort, die Einhörner tot. Gepanzerte, mit Hörnern und Klauen bewehrte Bestien durchstreifen die Ruinen. Dies ist nicht länger das Tal der Feenkinder, in dem immerwährender Frühling herrschte. Dies ist das Reich von Gora Lothir dem Hüter, dem Letzten seiner Art, der geschworen hat, die Quelle der Macht zu schützen. Koste es, was es wolle! Die Drachenreiter sehen sich nicht nur von dem feindseligen Land bedroht, auch innerhalb der Gruppe werden die Spannungen immer größer. Mit einem Male scheint Magie nicht mehr richtig zu funktionieren, was vor allem Jacharthis zu schaffen macht. Und Linara wird mit seltsamen Visionen und Träumen konfrontiert, die sie zunehmend daran zweifeln lassen, wer der wahre Feind ist. Illustrierte Ausgabe

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Bardenlieder von Silbersee

Die Drachenreiter 4

Todestal

 

von Manuela P. Forst

 

 

 

© 2020 Manuela Petra Forst

 

Text, Coverbild und Illustrationen Manuela Petra Forst

Homepage: http://members.chello.at/silverunicorn/

 

 

 

Prolog

 

Umgeben von einem weiten Kleid aus azurner Seide stieg die Sonne einer Diva gleich dem Zenit entgegen. Kein Wölkchen wagte es, ihre Bühne zu beflecken. Zu ihren Füßen ergossen sich tausende Diamanten über die schneeumhüllten Flanken der Berge, in denen ihr Lachen in den mannigfachen Farben des Regenbogens reflektierte.

Linothos kniff die Augen zusammen. Für ihn war das klare Wetter mehr Fluch als Segen. Längst konnte er kaum noch seine Umgebung ausmachen. Ihm war, als bewegte er sich durch eine weiß gleißende Masse.

An den Hängen des Selth al Lhir war er aufgewachsen. Könnte er die Umstände außer Acht lassen, die ihn in seine Heimat zurückführten, hätte er sich gefreut, sie wiederzusehen, die gewaltigen Eiszinnen und die unberührten Schneefelder. Doch nach Jahren im Kerker von Pencurys Villa und danach in den Minen, reagierten seine Augen empfindlich auf Licht, und dieses Strahlen, das ihn hier umgab, schmerzte ihn. Schlimmer noch, er glaubte, außer Weiß überhaupt nichts mehr sehen zu können. Er wusste, dass da Nuancen im Schimmern des Schnees waren, Schatten, welche den Verlauf des Geländes unter der kalten Decke verrieten, in die sich das Gebirge zu dieser fortgeschrittenen Jahreszeit bereits fast vollständig hüllte. Er wusste, dass der Weg da war, doch er konnte ihn beim besten Willen nicht erkennen. Ein Fehltritt mochte fatale Folgen haben. Es gab hier überhängende Schneebretter und verborgene Felsspalten. Auch auf die Instinkte seines Reittiers konnte sich der Waldelf nicht verlassen. Die Nachtmahre standen unter einem Zauber, der sie zwang, bedingungslos zu gehorchen. Was das bedeutete, hatte er lange Jahre am eigenen Leib erfahren. Mittlerweile hatte er die Kontrolle über seinen Geist und auch über seinen Körper zurückerlangt. Zudem sah er in seinem Leben wieder einen Sinn. Sei es auch nur der, Ribeiyon, den Kommandanten der Siath-Krieger, der einst den Angriff auf die Elfensiedlung nahe Silbersees angeführt und seine geliebte Saire kaltblütig ermordet hatte, dem Wächter der Quelle zum Fraß vorzuwerfen. Um seine Rache zu bekommen, sah er sich gezwungen, Pencurys kleinen Expeditionstrupp über den Selth al Lhir zu geleiten.

»Wir müssen absteigen und die Mahre führen!«, rief er Ribeiyon zu und benutzte absichtlich die Sprache der Schattenelfen, die er mittlerweile einigermaßen beherrschte, da er sichergehen wollte, dass alle Mitglieder der Truppe ihn verstanden.

Wie er erwartet hatte, setzte der Kommandant zu einem Widerspruch an, doch Linothos fiel ihm ins Wort. »Es gibt hier Kreaturen, die sich geschickt im Schnee verbergen. Zudem kann sich jederzeit der vermeintlich feste Boden auftun und einen Reiter samt Ross verschlingen. Es fällt mir leichter, solche Gefahren zu erkennen, wenn ich Spuren untersuchen kann.«

Ribeiyon schnaubte verächtlich. »Dann lauf von mir aus zu Fuß, bis dir die Beine abfrieren. Wir anderen bleiben auf den Mahren. Wenn es hier tatsächlich Biester gibt, die aus dem Schnee heraus angreifen, müssen sie uns erst aus dem Sattel reißen. Und vergiss nicht, wenn du auch nur daran denken solltest, mich auszutricksen, erlaube ich Nekhom, mit dir ein paar magische Spielchen zu treiben.«

Die Drohung prallte an dem Waldelfen ab, als hätte er sie überhaupt nicht gehört. Er hob nur seine Hände demonstrativ etwas an, soweit es die Fesseln zuließen, die mit einer Kette am Sattel des Dämoneneinhorns befestigt waren. »Du musst sie mir abnehmen.«

Der Siath lachte amüsiert. »Du bist geschickt. Du schaffst es gewiss auch so, abzusteigen.«

»Vielleicht. Doch sollte mein Nachtmahr straucheln und stürzen, wird er mich mit in die Tiefe reißen. Dann müsst ihr den Weg über die Gletscher alleine finden.«

»Das Risiko gehe ich ein.«

 

Das Tal der Feenkinder

 

»Seid ihr sicher, dass wir hier richtig sind?« Sindra fuhr sich mit den Fingern durch ihren roten Lockenschopf und schaute sich um.

Sie stand neben ihren Gefährten auf einem Sims, der oberhalb der Talsohle quer zum Hang verlief. Dennoch konnte sie von dem Land, das vor ihr lag, nicht allzu viel erkennen. Dichter Nebel schien ihre Umgebung regelrecht verschlungen zu haben. Das Halbling-Mädchen vermochte weder den Boden tief unten ausmachen, noch die Gipfel des Eissteingebirges, die irgendwo hinter ihm aufragen mussten. Ja, es war nicht einmal imstande, die Tageszeit zu bestimmen, denn in dem vorherrschenden Zwielicht gab es keine Schatten – oder aber es war alles Schatten, darüber war sich Sindra mit sich selbst uneinig. Was sie aber bereits jetzt ganz genau wusste, war, dass sie diesen Ort nicht mochte. Aus dem Abgrund zu ihren Füßen ragten schwarze Äste wie krumme Finger empor. Der Dichte nach zu urteilen, handelte es sich um die toten Kronen eines Wäldchens. Diese Bäume hatten nicht einfach nur ihr Blätterkleid im Herbst abgeworfen, sie waren regelrecht verkohlt. Ähnlich verhielt es sich mit der Erde ringsum. Hier spross kein einziger Grashalm. Sindra war überzeugt, dass es nicht lediglich den diffusen Lichtverhältnissen zuzuschreiben war, dass dieses Land aussah, als wären ihm jegliche Farben geraubt worden. Selbst die Felsen des Berghangs waren schwarz und wiesen eine Struktur auf, die das Halbling-Mädchen an Schokolade denken ließ, die man an einem heißen Sommertag auf der Fensterbank vergessen und anschließend lustlos darin herumgestochert hatte.

»In den Liedern der Barden hat Verell Eries ganz anders ausgesehen. Da gab es leuchtende Berge, tanzende Elfen, Einhörner und vor allem Blumen.«

»Es ist bald Winter und wir sind weit im Norden«, gab Cirano zu bedenken.

Sindra schüttelte heftig den Kopf. »Ich hatte zwar nur ein kleines Gärtchen von zwei mal zwei Metern auf der Drachenfarm, aber ich verstehe doch genug von Pflanzen, um zu wissen, wann sie tot sind. Und hier ist alles tot! Und das nicht erst seit einem Mond!«

»Vielleicht ist das gar nicht das Tal der Elfenkönige.« Ein Funke Hoffnung schwang in Imares' Stimme mit.

Diesmal war es Jacharthis, der den Kopf schüttelte. »Wir haben den alten Wald passiert, von dem es heißt, die Illas ar'Fee hatten ihn als zusätzlichen Schutzwall angelegt. Wir haben die kristallenen Gipfel des Selth al Lhir gesehen, waren in den Ruinen eines Außenpostens der Feenkinder und vergesst nicht, dass Linara den Ring mit dem Königssiegel einsetzen musste, um die Mondpforte zu öffnen.«

»Das ist das Königssiegel?« Die Elfe hob die Hand mit dem Schmuckstück vor ihre Augen und betrachtete das winzige Einhorn darauf. Der eingefasste Mondstein schimmerte eigentümlich, seit sie die Mondpforte berührt hatte. »Das hattest du bis jetzt nicht erwähnt.«

»Ich ... hatte nicht daran gedacht«, suchte der Elf eine nicht besonders überzeugende Ausflucht.

Sowohl von Cirano als auch von Linara selbst fing er sich damit misstrauische Blicke ein.

»Er hat recht«, meldete sich Atharis zu Wort, der bislang nur dagestanden und in die Nebelsuppe gestarrt hatte. »Hier sind wir richtig.« Er zog sein Schwert. »Und wir sind nicht willkommen.« Mit der freien Hand wies er in Richtung der toten Baumkronen.

Einige der schwarzen Umrisse bewegten sich lauernd näher.

»Was ist das?«, wunderte sich Aster, die dem Beispiel ihres Anführers folgte und ebenfalls ihre Waffen bereithielt.

»Unser Empfangskomitee«, knurrte Cirano und nahm seine doppelschneidige Axt vom Rücken.

Noch waren lediglich schemenhafte Bewegungen auszumachen.

Linara versuchte zu fokussieren, worauf der ausgestreckte Arm ihres Bruders wies. Auch sie konnte aufgrund des dichten Nebels kaum etwas erkennen. Im ersten Moment schien es ihr, als bewegten sich die Bäume selbst. Dann erkannte sie dunkle Silhouetten, die sich zwischen den Ästen bogen und wanden. Leises Fauchen drang an ihre Ohren.

»Sind das Waldechsen?«, überlegte sie und verglich die Bewegungen der Kreaturen mit denen jener etwa anderthalb Meter langen Reptilien, welche in ihrer Heimat am Nordrand des Eissteingebirges weit verbreitet waren. Aufgrund des diffusen Lichts fiel es ihr schwer, Distanzen und Größenverhältnisse einzuschätzen. Noch hatten sich die Wesen nicht aus dem Schutz der Baumkronen herausgewagt. Sie nahmen eine lauernde Position ein und schienen abzuwarten. Die Elfe glaubte, drei oder vier Schatten auszumachen. Die Waldechsen Silbersees fraßen vornehmlich Insekten, Jungvögel oder auch einmal einen unvorsichtigen kleinen Nager. Sie schlossen sich nicht zu Gruppen zusammen, um Beute zu stellen. Und ganz gewiss griffen sie keine Menschen an.

»Da stimmt etwas nicht«, wisperte Jacharthis. Langsam, um die Echsenwesen nicht zu provozieren, nahm er den Silberbogen, legte einen Pfeil an die Sehne und spannte sie. Im nächsten Moment jagte ein stechender Schmerz durch seine verletzte Schulter und er verzog das Gesicht. Die Waffe entglitt seinen Fingern, das Geschoss trudelte durch die Luft und zwischen den Ästen der nahestehenden Bäume in die Tiefe.

Wütendes Zischen war zu hören.

»Oh nein!«, stieß Linara hervor.

Die Kreaturen nahmen den verirrten Pfeil als Signal zum Angriff. In der Deckung der Baumstämme eilten sie auf den Felssims zu.

Die Waldelfe riss ihrerseits den Jagdbogen von ihrer Schulter und schoss. Sie traf eines der Wesen mitten auf den Schädel, doch trotz der Eisenspitze prallte der Pfeil wirkungslos ab. Linara ließ den Bogen fallen und zog die Drachenschwerter.

Die Biester waren kaum noch zehn Meter entfernt. Sie bewegten sich geschmeidig und fast lautlos zwischen den Ästen. Aus der Nähe betrachtet, hatten sie wenig Gemeinsamkeiten mit harmlosen Waldechsen. Ihr Körper war mit Platten gepanzert und sie wiesen unzählige Hornauswüchse am Kopf, entlang des Rückens und an der Spitze des kräftigen Schwanzes auf. Doch den eklatantesten Unterschied stellte zweifelsfrei ihre enorme Größe dar.

 

 

»Sind wohl eher Drachen«, murmelte Imares, der ursprünglich zur Armbrust hatte greifen wollen, angesichts des wirkungslosen Schusses der Elfe stattdessen sein Schwert abwehrend vor sich hielt und neben Sindra an die Felswand zurückwich. Gegen die Panzerung dieser Geschöpfe konnte er mit seinem schartigen Langschwert kaum etwas ausrichten.

Im Gegensatz zu ihm hatte sich Atharis unmittelbar am Rand des Felsabbruchs positioniert. »Zielt auf die Kehle! Cirano nach links, Linara rechts, alle anderen decken!«

Imares war über diese Anweisung nicht unglücklich. Er bezog lieber hier hinten Aufstellung, als sich den Echsen an vorderster Front entgegenzustellen, mit dem scheinbar bodenlosen Abgrund direkt vor den Stiefelspitzen.

Cirano und Linara eilten indes zu den ihnen zugewiesenen Positionen an den Seiten ihres Anführers und erwarteten die Reptilienwesen mit erhobenen Klingen.

Obwohl die Distanz der nächstgelegenen Äste zu dem Felssims mehrere Meter betrug, wurden die Echsen nicht langsamer.

Atharis stellte sich breitbeinig auf und grub seine Füße in das Geröll, um einen möglichst sicheren Stand zu bekommen.

Die erste Kreatur hatte den Abgrund erreicht, lief einen ausladenden Ast entlang und schoss dann gestreckt wie ein Pfeil durch die Luft. Das mit scharfen Zähnen bewehrte Maul hatte sie weit aufgerissen, als wolle sie den Menschenmann in einem Stück verschlingen. Atharis rammte ihr sein Bastardschwert mit der Spitze voran in den Rachen. Der Schwung des Biests ließ ihn rückwärts schlittern, aber sein fester Griff um das Heft der Waffe verhinderte, dass er stürzte und unter dem Ungetüm begraben wurde. Dieses versuchte, den Kopf zur Seite zu reißen, und versetzte sich damit selbst den Todesstoß.

Die zweite Echse folgte der ersten dichtauf. Allerdings hielt sie es für schlau, hochzuspringen, um über ihr Opfer hinwegzusetzen und es von hinten anzugreifen. Cirano begrüßte diese Taktik und hieb ihr noch im Sprung mit der Axt den Kopf ab.

Linara hatte keine Zeit, die effektive Abwehr ihrer beiden Gefährten zu bewundern. Ihr Angreifer war vorsichtiger, ließ sich von den Baumkronen abwärts gleiten und arbeitete sich im Schutz des Vorsprungs die Felswand hoch. Die Waldelfe lauschte auf die verräterisch kratzenden Geräusche seiner Klauen, um abzuschätzen, wann das Reptil den Sims erreichen würde. Ihre erhöhte Position schien leicht verteidigbar, doch sie fürchtete, dass diese Einschätzung trog. Der Schädel der Wesen war überaus gut gepanzert, wie sie bereits festgestellt hatte. Sie war nicht stark genug, um von oben anzugreifen. Deshalb hockte sie sich auf den Boden, wo sie ein größerer Felsbrocken vor dem Blick der Echse verbarg.

Fast im selben Moment erschien die Kreatur am Rand des Simses. Sie wirkte etwas verdutzt, weil da keine Elfe stand, die sie mit ihrem gehörnten Schädel rammen konnte. Ihr Schwung war jedoch zu groß, um sofort abzubremsen und die Situation neu einzuschätzen. Als sie über das Geröll hinweg eilte, sah sie nicht, was sich dazwischen versteckt hielt.

Linara rollte sich auf den Rücken und stieß die Drachenschwerter hoch gegen den Bauch der Echse. Die schmalen Klingen glitten an den Panzerplatten der Kreatur entlang, bis sie eine Spalte fanden und sich ins weiche Fleisch bohrten. Das Reptilienwesen lief noch ein Stück weiter, bis es von der Felswand gebremst wurde. Dort blieb es reglos liegen.

Linara stand auf und klopfte sich den Staub von der Kleidung. Ein Blick in die Runde zeigte ihr, dass ihre Gefährten längst mit den übrigen Angreifern fertiggeworden waren. Sindra und Imares drückten sich immer noch an die Felswand, sichtlich froh, dass sie sich nicht an dem Kampf hatten beteiligen müssen. Zu ihren Füßen hatte Elaka alle vier Pfoten in den Boden gestemmt und knurrte angriffslustig. Oberhalb saß Squizi auf einem Felsvorsprung und schimpfte auf das Hündchen hinunter. Aster und Atharis standen etwas ratlos zwischen zwei erlegten Echsenleibern und musterten die Kreaturen. Abseits saß Jacharthis und rieb sich die rechte Schulter. Cirano stapfte auf ihn zu.

»Was hat denn das bitteschön werden sollen?«, grollte der Südländer in einem Tonfall, der klarmachte, dass er bereit war, gleich hier und jetzt weiterzukämpfen – gegen den Elfen.

Dieser sah zu ihm auf und suchte nach Worten.

Aber Cirano gab ihm überhaupt nicht die Gelegenheit, sich eine Erklärung einfallen zu lassen. »Dass du uns hierher in eine Falle gelockt hast, ist mittlerweile offensichtlich. Zeit, das Versteckspiel zu beenden!« Er hob die Axt über den Kopf, als wolle er ihn enthaupten.

Jacharthis' grüne Augen blitzten warnend. »Also willst du es mit Waffengewalt klären?«

»Du hast doch gar nicht den Mumm, mir entgegenzutreten«, behauptete Cirano mit einem provokanten Grinsen.

»Du behauptest ständig, mich zu durchschauen, doch du weißt nichts!« Der Elf erhob sich und griff zu seinen Dolchen.

»Hört auf mit dem Unfug! Alle beide!«, rief Aster empört. »Jacharthis, bitte! Deine Schulter!«

Der Elf machte eine abwertende Handbewegung.

Sindra schüttelte missbilligend ihren Lockenkopf. »Als ob eure Kampfkraft nicht auch so gefordert wäre! So wie es aussieht, sind genügend Bestien in diesem Tal, mit denen ihr euch schlagen könnt, wenn es denn unbedingt sein muss!«

»Das hier ist etwas anderes«, behauptete Cirano.

»Und es gehört ein für alle Mal geklärt«, pflichtete Jacharthis bei.

»Schön, dass ihr euch zumindest in einem Punkt einig seid«, maulte Sindra. Sie drückte sich an dem Leichnam einer Echse vorbei und stellte sich neben ihre Elfenfreundin. »Willst du gar nichts tun?«, wisperte sie und zupfte Linara am Ärmel.

Die Angesprochene blickte zwischen Cirano und Jacharthis hin und her, die begannen, sich wie lauernde Raubtiere zu umkreisen. In dem Moment war sie sich nicht sicher, was sie glauben sollte. Auch sie selbst hatte am Anfang Schwierigkeiten mit Cirano gehabt, da der Südländer allen Wesen, die wie Elfen enger mit Magie verbunden waren, großes Misstrauen entgegenbrachte. Doch sie hatte ihm bald beweisen können, dass sie eine durchaus wertvolle Gefährtin im Kampf sein konnte. Gegenüber Jacharthis hatte der Menschenmann seine Antipathie all die Zeit offen gezeigt und besonders seit Beginn ihrer Reise ins Tal der Feenkinder wiederholt kundgetan, dass er dem Elfen nicht traue. Linara zog erstmals ernsthaft in Erwägung, dass an diesen Warnungen etwas dran sein könnte. Der goldblonde Elf bestach allein schon durch sein Äußeres und seine höfliche Art. Dabei verbarg er viel. Ja, sie hatte immer gewusst, dass er Geheimnisse vor ihr hatte, und sie hatte sich konsequent eingeredet, dass es sein gutes Recht war.

Verunsichert hob sie die Hand und betrachtete den Ring an ihrem Finger. Ein winziges Einhorn erhob sich vor einem runden Mondstein auf die silbernen Hinterbeine. ... Das Königswappen. Jacharthis hatte es gewusst – vermutlich schon, seit sie das Schmuckstück aus dem Reich der Schattenelfen mitgebracht hatte. Nicht zum ersten Mal beschlich Linara der Verdacht, dass er auch etwas über ihre Vergangenheit wusste – viel mehr, als er ihr erzählte. Er wusste, wer sie war. Und es war kein Zufall, dass sie heute hier standen, am Rand des Reichs der Feenkinder. Hatte Jacharthis es so geplant? War es tatsächlich eine Falle, wie Cirano behauptete? Linara wusste nicht, was sie glauben sollte. Und sie wagte es nicht, in diesem Moment für den Elfen Partei zu ergreifen, nicht, wenn der einzige Grund für ihr Vertrauen seine schönen grünen Augen waren.

Cirano drehte seine Axt herausfordernd in den Händen. »Na komm schon, Elflein!«

»Du bist doch derjenige, der unbedingt kämpfen will. Also lass dich nicht aufhalten!«, gab Jacharthis zurück, während er weiterhin eine sichere Distanz zu seinem Kontrahenten hielt.

Ihm war durchaus klar, dass er den Südländer nicht frontal angreifen konnte. Mit der Kraft des hochgewachsenen Menschenmannes vermochte sich keiner der Drachenreiter zu messen. Vermutlich würde er nicht einen einzigen Hieb der Doppelaxt parieren können. Aber Jacharthis hatte schon Gegner besiegt, die weit größer und stärker gewesen waren. Seine Schnelligkeit und Wendigkeit erlaubten es ihm, gerade bei massigen Widersachern leicht eine Lücke in der Deckung zu finden.

Cirano gab ein Knurren von sich und stürmte auf den Elfen zu.

Jacharthis wartete bis zum letzten Moment, um dem Schlag auszuweichen. Dann drehte er sich zur Seite, um hinter seinen Gegner zu wirbeln und ihm einen Streich gegen den ungeschützten Rücken zu versetzen.

Doch er war zu langsam. Die Kante der Axt streifte ihn am Arm und zerriss sein Hemd.

Der Elf brach den Konter überrascht ab und taumelte. Das Handgelenk presste er gegen die Wunde und warf einen ungläubigen Blick auf das Blut, das bereits das Leder seiner Kleidung zu färben begann. Wie war das nur passiert? Es hatte keine besondere Finesse in dem Angriff des Südländers gelegen. Jeder Ork hätte der Attacke begegnen können.

Jacharthis schüttelte den Schmerz ab, um sich erneut auf den Kampf zu konzentrieren, denn Cirano gönnte ihm nur eine kurze Pause und setzte sogleich nach. Ein tief angesetzter Schwinger zwang den Elfen weiter in die Defensive.

»Gibst du auf?« Cirano grinste breit.

Wut stieg in Jacharthis auf. Er war wütend auf den selbstgefälligen Menschenmann und er war wütend auf seine eigene Schwäche. Diesmal war er es, der mit einem Knurren angriff. Ein angedeuteter Hieb links sollte den Südländer zu einer entsprechenden Parade verleiten, während er mit dem zweiten Dolch rechts einen Streich gegen die Schulter seines Gegners führen würde. Niemals könnte Cirano seine schwere Axt schnell genug wenden.

Jacharthis sprang vor, täuschte links an, drehte sich und brachte seine Waffe in Position. Ein dumpfer Schlag gegen den Rücken ließ in zu Boden stürzen. Die Axt hatte ihn mit der flachen Seite ungebremst getroffen und von den Füßen gefegt.

»Hast du genug, Vögelchen?«

Jacharthis kniete mit gesenktem Haupt im Staub. Er hörte Ciranos stapfenden Schritt unmittelbar hinter sich. Der Südländer sah sich bereits als Sieger. Das war seine Chance!

Möglichst unauffällig verlagerte er das Gewicht auf ein Knie, drehte sich dann blitzschnell herum und riss den rechten Arm gerade nach vorn, darauf vertrauend, dass sich sein Dolch ins Schienbein des Menschenmannes bohren würde. Doch der war nicht da, wo der Elf ihn vermutet hatte. Stattdessen traf ein Tritt ihn hart am Kinn und schleuderte ihn erneut zurück in den Staub.

Gleißende Flecken tanzten vor Jacharthis' Augen. Verzweifelt rang er um die Kontrolle seines Körpers. Cirano würde sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen und ihn mit der Axt in den Boden rammen. Reflexartig riss er die Arme hoch, bemerkte aber zugleich, dass ihm die Dolche entglitten waren.

»Schluss jetzt!«

Er hörte Asters Stimme – dann den Aufprall von Stahl auf Stahl. Etwas drückte ihm die Luft aus den Lungen.

Energisch blinzelte er die aufkommende Ohnmacht weg.

Was er erblickte, war die Katze, die rittlings auf ihm hockte, Schwert und Dolch hoch über dem Kopf gekreuzt. Ober ihr ragte Cirano wie ein Rachedämon auf, die Axt fest in den Händen, zielte er unmittelbar auf Asters Haupt. Unbändiger Zorn loderte in seinen Augen. Trotzdem führte er den Angriff nicht zu Ende. Allein durch die Wucht hätte er die Parade leicht durchbrechen können. Die Katze hielt ihrerseits den Blick starr auf den Südländer gerichtet.

»Bitte, Cirano! Wir sind aufeinander angewiesen. Wir alle!«

»Wir wären nicht hier, wenn er uns nicht ständig mit Lügenmärchen einzulullen versuchen würde«, knurrte der Menschenmann durch zusammengepresste Zähne.

»Wir sind hier, weil wir Linara auf ihrer Reise begleiten wollten. Das hat jeder für sich beschlossen. Niemand von uns wusste, was uns erwartet.«

»Wirklich niemand?«, keifte Cirano, zog aber gleichzeitig die Axt zurück und trat beiseite, damit die Katze aufstehen konnte.

 

 

»Ich schwöre, ich hatte keine Ahnung, in welchem Zustand sich das Tal befindet«, ächzte Jacharthis und stemmte sich auf den Ellbogen hoch. Das Sprechen bereitete ihm Mühe und er schmeckte Blut. Der Südländer musste ihm hart am Kiefer getroffen haben. »Aber ich wusste, dass etwas geschehen war, was die Feenkinder aus ihrem Land vertrieben hatte. Und so viel habe ich euch auch gesagt.«

»Und was hast du uns alles verschwiegen?«, schoss Cirano zurück.

»Halbwissen. Vermutungen.«

»Zum Beispiel, dass das hier der Königsring ist?« Linara trat näher und hielt ihre Rechte hoch, damit alle das Schmuckstück sehen konnten. »Der Ring, den Risti von einem Elfen bekam, der vielleicht mein Vater war!« Es klang wie eine Anklage.

Jacharthis rappelte sich auf und schüttelte bedächtig den Kopf. »Ich wusste es nicht. Ich kenne lediglich Legenden, Bruchstücke einer Geschichte, die Elfen in Liedern besingen. Seit Generationen gelten die Illas ar'Fee als verschollen. Einzig die, welche aus diesem Land entkommen konnten, könnten euch die ganze Wahrheit sagen. Doch es scheint, als setzten die Siath alles daran, die letzten Überlebenden von der Welt zu tilgen. Warum? Das kann ich wieder nur vermuten. Aber Spekulationen können gefährlich sein.«

»So gefährlich, wie blind in ein Dämonennest zu laufen?«, wollte Cirano gehässig wissen und stieß demonstrativ mit dem Stiefel gegen das Echsenwesen, das er zuvor geköpft hatte.

Jacharthis antwortete nicht.

»Eine Frage bleibt dennoch«, meldete sich Atharis aus dem Hintergrund zu Wort. Er las den Silberbogen vom Boden auf und hielt ihn vor sich wie das soeben gefundene Beweismittel seiner Anklage. »Warum hast du geschossen? Oder ... wie immer du das nennen willst. Denn ein Schuss schaut normalerweise anders aus.«

Der Elf biss sich auf die Unterlippe.

»Jeder von uns macht mal einen Fehler«, versuchte Aster, ihm zu Hilfe zu kommen.

»Das weiß ich«, behauptete Atharis. »Doch Fehler in einem Kampf können zum Verhängnis für uns alle werden. Das müsste dir klar sein.« Die letzte Bemerkung galt der Katze und brachte sie dazu, reumütig zu nicken.

»Ehrlich. Ich kann es mir nicht erklären.« Jacharthis bewegte die Schulter ungelenk. »Ich konnte die Sehne mit einem Mal nicht mehr richtig spannen. Sie rutschte mir aus den Fingern.«

»Wieso das denn?«, wunderte sich Linara. Sie trat auf ihren Bruder zu und nahm ihm den Bogen aus der Hand. Es war erst wenige Tage her, da hatte sie dem Elfen die Waffe gegeben, eben weil sie mühelos zu handhaben war. Damals, unmittelbar nachdem er sich die Verletzung an der Schulter zugezogen hatte, war es für Jacharthis ein Leichtes gewesen, den Silberbogen zu benutzen. »Lass mich mal.« Prüfend zog sie an der Sehne und Erstaunen breitete sich auf ihren Zügen aus. Sie nahm einen Pfeil aus ihrem Köcher, legte ihn an und schoss auf eine der toten Echsen. Er schaffte die Distanz zwar mühelos, prallte dort jedoch ohne weitere Wirkung von dem gepanzerten Körper ab.

»Was ...?« Beunruhigt musterte Linara die Waffe genauer. Sie war es gewohnt, dass selbst ein einfacher Holzpfeil, von diesem Bogen abgeschossen, ein enormes Loch in sein Ziel riss und sei es auch aus Stein. Jetzt hatte sie das Gefühl, mit einem Kinderspielzeug zu hantieren, das irgendein Scherzbold aus einem starren Metall gefertigt hatte.

»Linara?«, hakte Atharis nach, da er sich eine Erklärung erhoffte.

»Er funktioniert nicht mehr«, war alles, was seiner Ziehschwester einfiel.

»Kann das sein?«, wunderte sich Aster.

»Na ja«, überlegte die Waldelfe. »Ein Bogen kann natürlich kaputtgehen. Eine Sehne kann reißen, Holz kann mit den Jahren Spannung verlieren oder gar brechen. Aber dieser Bogen ...«

»Ein Bogen mit derart massiven Silberbeschlägen hätte eigentlich nie funktionieren dürfen«, behauptete Atharis. »Es sei denn, er ist magisch. Kann es sein, dass die Magie aufgebraucht wurde?«

Zur Antwort erhielt er lediglich ein Schulterzucken von seiner Schwester.

»Sofern du dich fit genug fühlst, kannst du deinen alten Bogen gerne wiederhaben«, meinte sie, gab Jacharthis jedoch den Silberbogen zurück und nicht jenen, den sie seit ihrem Tausch selbst trug.

»Ich will ja nicht ungeduldig wirken, aber könnten wir dann langsam von hier verschwinden?«, flehte Sindra, die Elaka am Arm hielt. Der Welpe knurrte immer noch angriffslustig, obwohl augenscheinlich keine lebenden Gegner mehr in der Nähe waren. Squizi saß auf ihrem Kopf wie in einem roten Nest und ließ den Hund nicht aus den Augen.

Niemand hatte etwas dagegen einzuwenden. So machten sie sich auf, dem Sims weiter den Berghang entlang zu folgen, in der Hoffnung, dass er sie früher oder später zur Talsohle führen würde, wo sie erwarteten, sich ein genaueres Bild von ihrer Umgebung machen zu können.

»Ich werde das Gefühl nicht los, dass diese Viecher wussten, wo sie uns finden würden«, behauptete Imares, der sich mit gehörigem Abstand an dem offenstehenden Rachen einer der erlegten Echsen vorbeischob, um dem Weg weiter folgen zu können.

»Ihr Verhalten war in der Tat eigenartig. So, als hätten sie auf etwas gewartet, bevor sie angriffen«, überlegte Jacharthis.

»Ja, auf deinen Provokationsschuss!«, grollte Cirano und stieß ihn unsanft an, als er an ihm vorbei stapfte.

»Wir sollten jedenfalls vorsichtig sein«, warnte Aster. »Die Kreaturen in diesem Land könnten uns nicht nur in puncto Ortskenntnis überlegen sein.«

»Was sind das nur für Viecher?« Sindra schüttelte sich, als sie an dem abgeschlagenen Kopf vorbei kam. Ein unangenehmer Geruch stieg ihr in die Nase.

»Mutierte Waldechsen?«, schlug Linara vor.

»Hm«, machte ihr Bruder. »Keine Ahnung! Brate ein Stück ihres Fleisches, dann kann ich es dir genau sagen.«

Die anderen hielten inne und sahen ihn entgeistert an.

Atharis zuckte unschuldig die Achseln. »Was denn?! Waldechsen sind scheußlich! Den Geschmack werde ich nie vergessen!«

 

 

Gora Lothir knurrte, als seine geistige Verbindung zu den Panzerechsen abrupt abriss. Seine Späher waren überwältigt worden, noch bevor er Gelegenheit gehabt hatte, etwas durch sie zu erfahren. Das einzige, was er jetzt wusste, war, dass drei große und durchaus wehrhafte Kreaturen binnen weniger Augenblicke sauber getötet worden waren. Und diese Erkenntnis sagte dem Wächter der Quelle einiges über die Eindringlinge. Das waren keine Landstreicher aus Selth Tor, die sich auf der Jagd nach Dämonen-Trophäen nach Verell Eries verirrt hatten. Der Königsring war heimgekehrt und er hatte einen würdigen Träger.

Es war lange her, dass Gora Lothir einem ernstzunehmenden Gegner gegenübergestanden hatte. Seit er die Knochen von Saithar Sindarfee wie trockene Äste gebrochen hatte, war niemand in diesem Land mehr stark oder mutig genug gewesen, ihm die Stirn zu bieten. Es hatte Zeiten gegeben, da hatte er einen fordernden Kampf begrüßt. Heute war er nur noch müde. Er war dieses Daseins müde. Doch er würde seinen Schwur erfüllen – den Schwur, den die Goldenen Drachen einst den Feen geleistet hatten. Er würde dafür sorgen, dass die Quelle nicht missbraucht wurde.

Trotz der vernichtenden Niederlage der Panzerechsen glaubte Gora Lothir nicht, dass sich dies als schwere Aufgabe erweisen würde. Die Eindringlinge befanden sich in seinem Revier. Hier bestimmte er. Und zwar über alles! Jede Kreatur in diesem Land folgte seinem Befehl. Sogar das Wetter beugte sich ihm. Und die Quelle der Macht versorgte diese hinterhältigen Elfen nicht länger mit Kraft, sie entzog ihnen die Magie. Und er war ihr Hüter! Er würde sie schützen – auch vor dem Träger des Königsrings.

Aber da war noch etwas! Er spürte eine zweite Präsenz in unmittelbarer Nähe des Königsrings, eine Kraft, die ihm so vertraut war, wie kaum etwas anderes, und die sich doch so lange außerhalb seiner Reichweite befunden hatte.

Das Zusammentreffen mit den Neuankömmlingen konnte sich als durchaus interessant gestalten. Ja, er würde sich ihnen persönlich entgegenstellen, wenn sie denn lange genug in diesem Tal überlebten. Fürs Erste jedoch würde er tun, was er nun schon unzählige Jahre tat. Er würde abwarten und er würde wachen – über das Land der Feen und über die Quelle.

 

 

Der schmale Pfad zog sich schier endlos den Hang entlang. Zu beiden Seiten bot sich den Drachenreitern stets dasselbe Bild. Rechter Hand erhob sich der Berg in Form einer dunklen Wand aus Fels und Geröll. Zu ihrer Linken brach die Landschaft in ein Nebelmeer ab, aus dem schwarze Äste hoher Bäume ragten. Wie die flehentlich emporgereckten Finger einer Kreatur, die in diesem grauen Sumpf ertrunken war, wirkten sie auf Sindra. Das Halbling-Mädchen erschauderte und beschleunigte seinen Schritt, um zu Atharis aufzuschließen, der die Spitze der kleinen Karawane bildete.

»Warum hast du Cirano und Jacharthis nicht zurückgehalten? Auf dich hätten sie am ehesten gehört!«, begann sie im Plauderton, um ihre Gedanken davon abzuhalten, Bilder von verkrüppelten Armen zu erschaffen, die sich aus der scheinbar bodenlosen Tiefe nach ihr ausstreckten.

»Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie die Waffen gegeneinander richten«, entgegnete Atharis. »Besser jetzt, als in einer Situation, wo wir es alle bereuen müssen.« Er warf einen kurzen Blick zurück auf seine Truppe. »So fühlt sich Cirano nun als der Stärkere und Jacharthis hat etwas, worüber er nachgrübeln kann.«

Sindra schaute ebenfalls über die Schulter. Der Elf machte einen recht müden Eindruck, was sie ihm eigentlich nicht verübeln konnte. Sie selbst sehnte sich nach einem gemütlichen Polstersessel und einer warmen Tasse Tee und sie war nicht verletzt. Im Gegensatz zu Jacharthis schien der Südländer regelrecht vor Kraft zu strotzen. Er hatte das stoppelige Kinn stolz vorgestreckt und ein selbstgefälliges Grinsen umspielte seine Lippen.

»Glaubst du, Cirano gibt jetzt Ruhe?«

»Nein.«

Sie warf Atharis einen skeptischen Blick zu. Nein, er hatte nicht gescherzt. Trotzdem schienen ihn die Spannungen innerhalb seiner eigenen Truppe nicht halb so sehr zu beunruhigen, wie sie selbst. Seine Augen waren wieder auf den Weg vor ihnen gerichtet. Ein Weg in formloses Zwielicht.

Sindra seufzte.

Ysthelias

 

Schwerfällig kämpfte sich Linothos durch den kniehohen Schnee. Seine Beine waren mittlerweile taub von Nässe und Kälte. Die Ausrüstung, mit welcher der kleine Expeditionstrupp von Thyl Desphera aufgebrochen war, eignete sich nicht für die Besteigung eines Berges, der das ganze Jahr mit Eis bedeckt war. Und gerade jetzt, im Spätherbst, war der Selth al Lhir bekannt für sein unberechenbares Wetter. Noch schien die Sonne vom ungetrübten Himmel. Doch das konnte sich binnen weniger Stunden ändern. Dann fegten Stürme um die Gipfel und Schnee fiel so dicht, dass man kaum drei Schritt weit sehen konnte. Auch ein Blizzard war keine Seltenheit.

Über all das hätte Linothos die Gruppe im Vorfeld informieren können, wenn er gewusst hätte, wohin die Reise gehen würde. Die Siath kannten kein Wetter. Im Schattenreich unter der Erde blieb selbst die Temperatur annähernd konstant kühl. Dementsprechend wäre Ribeiyon, dem Lady Pencury die Leitung der Expedition aufgetragen hatte, kaum in der Lage gewesen, seine Soldaten mit Schneestiefeln, wasserabweisender Kleidung und fellgefütterten Mänteln auszustatten. Und wenn er ehrlich war, hätte Linothos den Kommandanten auch nicht auf diese Notwendigkeit aufmerksam gemacht, hätte er zu dem Zeitpunkt über einen freien Willen verfügt. Schließlich wollte er, dass die Siath und allen voran Ribeiyon, der Mörder seiner geliebten Saire, möglichst litten, bevor sie in Verell Eries durch den Hüter der Quelle den Tod fanden. Dass er ebenfalls sterben würde, störte ihn nicht. Man hatte ihm alles genommen, was ihm teuer gewesen war. Dieses Dasein barg für ihn nur noch den einen Sinn: Rache für Saire zu üben!

Doch so, wie sich die Situation im Moment darstellte, bezweifelte er, selbst lange genug zu leben, um den Erfolg auskosten zu können. Er hatte es für eine gute Idee gehalten, von dem Nachtmahr abzusteigen, um sein Reittier sicher über den schmalen Weg zu führen. Aber die dünnen Lederstiefel wie auch die Stoffhose, die er trug, hatten ihn lediglich für wenige Schritt vor dem Schnee zu schützen vermocht. Die Soldaten, welche auf den Rücken ihrer Dämonenpferde sitzenblieben, zeigten sich belustigt ob seiner offensichtlichen Torheit. Zwar waren ihre Rüstungen kaum besser für die Verhältnisse des Eissteingebirges geeignet, doch waren sie in sicherer Distanz zum Schnee noch weitgehend trocken geblieben. Der Magier Nekhom wiederum hatte in den letzten Stunden wiederholt von seinem Teleportationsstein gebrauch gemacht und sich in seinen Privatgemächern mit allerlei magischen Gegenständen ausgestattet, die Schutz vor Kälte versprachen. Nun saß er in einer leichten Reiserobe auf dem Nachtmahr, während ihn eine rot glühende Aura umgab.

Linothos zwang seine Beine, ihn weiter zu tragen, und blinzelte aus tränenden Augen in die gleißend weiße Landschaft.

Ein Laut ließ ihn aufschrecken – ein Knirschen im Schnee.

Es passte nicht zu der gewohnten Geräuschkulisse, welche die Nachtmahre verursachten. Der Waldelf konnte es nicht konkret benennen. Es war mehr ein Gefühl. Es erinnerte ihn an eine Zeit in einem längst verloren geglaubten Leben, als er sich auf derartige Instinkte hatte verlassen können.

Intuitiv versuchte er, eine verteidigende Position einzunehmen. Seine Hand wollte zum Gürtel, dorthin, wo in diesem vergangenen Leben stets ein Jagdmesser gesteckt hatte. Doch die Kette, mit welcher der Elf an den Sattel seines Reittiers gefesselt war, ließ die Bewegung nicht zu.

»Schlaf nicht ein da vorne!«, hörte er Nekhom rufen. »Oder muss ich dir Beine machen?«

»Sei still!«, zischte Linothos, ehe ihm bewusst wurde, mit wem er sprach. Erschrocken drehte er sich um, in der Befürchtung, einen Blitzstrahl zu erblicken, der auf ihn niederfuhr. Da fiel ihm auf, dass Ribeiyon die Hand erhoben hatte. Seine Soldaten stoppten und hielten Armbrüste und Jagdbögen bereit. Nur der Magier ignorierte das stumme Alarmsignal.

»Was?!«, empörte sich Nekhom. »Ich werde dir beibringen, wer hier wem Befehle gibt, elende Waldratte!«

»Wenn ihr nicht augenblicklich schweigt, wird das vielleicht nicht mehr notwendig sein«, murmelte Ribeiyon laut genug, dass der Magier ihn verstehen konnte.

Nekhom schnappte hörbar nach Luft.

Der Kommandant beachtete ihn nicht länger. »Was siehst du?«, wisperte er dem Gefangenen zu.

»Nichts«, gestand dieser wahrheitsgemäß. »Aber das hat nichts zu bedeuten. In eurer Welt verstecken sich Gefahren im Schatten, doch in meiner verbergen sie sich im Licht.«

»Das ist lächerlich«, schnaubte Nekhom. »Wer würde es wagen, uns anzugreifen?«

»Jemand, in dessen Revier wir eingedrungen sind«, gab Linothos zurück.

Seine Augen suchten die Umgebung nach verräterischen Spuren ab. Doch im Gegensatz zu seinen Instinkten arbeitete sein Sehvermögen noch nicht wie gewohnt.

Die Gruppe befand sich auf einem kaum zwei Meter breiten Pfad, welcher die Bergflanke entlang führte. Zur Rechten erhob sich eine Felswand, mit überhängenden Schneebrettern, die ein glitzerndes Vordach bildeten. Linker Hand verlief das Gelände zu einem abschüssigen Schneefeld hin, das von Furchen durchzogen war. Sie schienen von kleinen Murenabgängen oder Schmelzbächen herzurühren, doch Linothos wusste, dass der Schein trügen konnte. Unter der nur leicht gewölbten weißen Decke mochten sich tiefe Spalten verbergen.

Es war der perfekte Ort für einen Hinterhalt. Jäger des Eissteingebirges pflegten das tückische Gelände zu nutzen, um körperlich überlegene Gegner in die Falle zu locken. Einen Sturz in eine der Schluchten überlebten nur wenige.

»Was immer ihr tut, verlasst keinesfalls den Weg«, riet Linothos, während er seinen Nachtmahr behutsam näher an die Felswand schob.

»Hast du etwas entdeckt?«, wollte Ribeiyon wissen.

»Nein«, behauptete der Lichtelf. Doch das entsprach nicht ganz der Wahrheit.

Seine Augen fixierten einen Punkt kaum zehn Schritt entfernt. Dort lagen nahe dem Weg einige Findlinge, überzogen mit dicken Schneehauben, die verräterische Formen aufwiesen. Linothos sah glitzernde Spitzen aufragen. Ohren? Er konzentrierte sich auf die Stelle unmittelbar darunter. Zwei Kristalle fingen seinen Blick ein – kalte, blaue Augen.

Plötzlich geriet Bewegung in die Haufen.

Wie auf ein stummes Kommando sprangen sieben Gestalten auf und fegten über den Schnee heran. Selbst jetzt schienen sie sich von ihrer Umgebung kaum zu unterscheiden.

Linothos war in seiner Jugend in diesen Bergen des Öfteren auf Frostfüchse getroffen. Dabei hatte es sich um zierliche Tiere gehandelt, deren Fell das Glitzern des Schnees reflektierte und sie so mit ihrer Umgebung verschmelzen ließ. Sie lebten und jagten in kleinen Familienverbänden. Menschen oder Elfen griffen sie lediglich in Notsituationen an.

 

 

Was in diesem Moment auf ihn zustürmte, erinnerte ihn auf den ersten Blick an diese hierzulande verbreitete Tierart, nur dass diese Wesen gut doppelt so groß waren. Ihre Häupter waren von Hörnern gekrönt, die wie Kristalle anmuteten und sich in einem Kamm über den Rücken bis zum Schwanz fortsetzten. Die Tatzen waren breit und kräftig wie jene von Bären und erlaubten es ihnen, die Distanz zu ihren auserkorenen Opfern binnen weniger Lidschläge zurückzulegen.

Linothos umfasste die Kette, mit der er am Sattel festgebunden war, um sich an der Seite seines Reittiers hochzuziehen. Der erste Frostfuchs stürmte direkt auf ihn zu.

Der Elf riss beide Beine zeitgleich hoch und traf den Angreifer mit dem Stiefelabsatz an der Schnauze. Die Kreatur wurde mitten im Sprung gestoppt und zur Seite geschleudert. Sie landete vor den Hufen des Nachtmahrs, schüttelte winselnd den Kopf und sprang sogleich wieder auf.

Das Dämonenpferd tänzelte nervös. Violette Flämmchen züngelten über das sichelförmige Horn auf seiner Stirn.

Linothos grinste böse. In dem Moment wurde ihm bewusst, dass er bei weitem nicht so unbewaffnet war, wie er bislang geglaubt hatte.

»Ich weiß, du bist genauso gefesselt wie ich«, raunte er dem Mahr zu. »Doch das können wir zum Vorteil nutzen.«

Linothos hatte bereits im Kindesalter gelernt, die Sprache der Natur zu verstehen und Tiere zu beeinflussen. Ihm war klar, dass ein einzelner Treffer den Frostfuchs nicht in die Flucht schlagen würde. In den eisigen Augen brannte ein Hass, wie er die Seele eines Tieres nur selten verzehrte. Und auch das Dämoneneinhorn kochte vor Zorn, aufgestaut durch magisch erzwungenen Gehorsam. Beide Seiten waren bereit, bis zum Tod zu kämpfen, und Linothos machte für sich keine Ausnahme. Fast war ihm, als würden sie alle drei in Wahrheit gegen Fesseln dieses Lebens kämpfen, die jemand ganz anderer ihnen auferlegt hatte. Der Gedanke schien ihm seltsam. Einem freien Wildtier des Gebirges sollten derartige Gefühle eigentlich fremd sein. Er kam jedoch nicht dazu, diese Überlegungen weiter zu verfolgen, denn der Frostfuchs sprang erneut auf ihn zu.

Linothos versetzte dem Nachtmahr einen Stoß mit der Schulter. Sein Reittier hatte sich auf den Angreifer konzentriert und wurde von der Bewegung schlichtweg überrumpelt. Um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, trat es mit dem linken Vorderhuf zur Seite und senkte den Kopf. Damit brachte es sein Horn in die Sprunglinie des Frostfuchses, der den Waldelfen noch immer als primäres und vermeintlich leichtes Ziel sah. Die scharfe Sichel streifte die Flanke des Gegners und zeichnete eine blutrote Linie in den Pelz. Der Fuchs wurde dadurch nicht langsamer und sprang sein Opfer mit gebleckten Zähnen an. Die Tatzen hatte er dieses Mal weit vorgestreckt, um die empfindliche Schnauze zu schützen. Durch den Treffer mit dem Horn war er jedoch abgelenkt und der Sprung nicht präzise. Der Elf hatte keine Schwierigkeiten, die Pranken zur Seite zu treten. Die Bestie stürzte in den Schnee und schlitterte noch ein Stück weiter.

»Genau so stell ich mir das vor!«, lobte Linothos den Nachtmahr und hatte plötzlich das Bedürfnis, ihm einen Namen zu geben. »Ysthelias.« Es war die elfische Bezeichnung für ein Dornengewächs, das im alten Wald im Süden wuchs und kleine violette Blüten trug. Im Spätsommer reiften dunkle Beeren, die jedoch giftig waren.

Der Fuchs rappelte sich auf und fand sich unter dem Dämonenpferd wieder. Es war eine gute Position, den ungeschützten Bauch mit den Kristallhörnern zu attackieren.

Linothos drehte sich zu seinem Reittier um und schwang die Beine durch die Luft. Doch diesmal hatte sein Gegner alle viere fest auf den Boden gestemmt und der Tritt prallte harmlos am dicken Fell ab. Im Gegenzug schnellte der Fuchs hoch und rammte seinen Kopf in die Weichteile des Nachtmahrs.

Dieser stieß ein schrilles Wiehern aus und stieg, wodurch er Linothos aus dem Gleichgewicht brachte. Zwei weitere Angriffe folgten, gegen die der Waldelf nichts unternehmen konnte. Endlich hatte er einen Rhythmus in den Bocksprüngen gefunden und nutzte den Schwung, um sich in den Sattel zu ziehen. Mit seinen von der Kälte tauben Beinen hatte er Mühe, einen festen Sitz zu finden, und rutschte herum wie ein schlecht befestigtes Gepäckstück. Eigentlich hatte er gehofft, die Bewegungen seines Reittiers weit genug lenken zu können, um dessen Abwehr effektiver zu gestalten. Doch das Dämonenpferd schlug weiterhin wild nach allen Seiten aus. Durch reinen Zufall traf ein Huf sein Ziel und schleuderte den Frostfuchs über den Rand des Pfads auf das Schneefeld hinaus.

Das verschaffte Linothos eine Atempause, in der er einen besseren Halt suchen und auch einen Blick auf die Siath-Soldaten hinter sich werfen konnte.

Erst eines der Fuchswesen lag blutend im Schnee. Die anderen führten wilde aber gut platzierte Angriffe gegen die Nachtmahre, die vor allem auf Beine und Bauch abzielten. Die Schattenelfen, welche allesamt in den Sätteln sitzengeblieben waren, fanden kaum Gelegenheiten, sich und ihre Reittiere effektiv zu verteidigen. Die meisten von ihnen waren erfahrene Fechter und Schützen, doch Reiten hatten sie erst vor Kurzem gelernt, und bislang keinen Kampf zu Pferde austragen müssen. Um ihren Einhörnern nicht versehentlich ins Bein zu schießen, hatten sie mittlerweile Jagdbögen und Armbrüste gegen Schwerter getauscht und begnügten sich damit, sich ihrer eigenen Haut zu erwehren. Die Mahre selbst wirkten apathisch. Vermutlich wären sie gut in der Lage gewesen, mit dieser Meute fertigzuwerden. Doch ein Zauber hinderte sie daran, sich ihren Reitern zu widersetzen. So waren sie dazu verdammt, ihrem Verhängnis hilflos entgegenzublicken, und steckten wiederholt Hiebe und Bisswunden ein.

Irritiert stellte Linothos fest, dass sein Nachtmahr mit weit mehr Eigeninitiative agierte. Oder war auch er an seinen Reiter gebunden, und da dieser Reiter nun ebenfalls wieder über einen freien Willen verfügte, beugte sich das Dämonenpferd nun ihm?

Er beschloss, dass es nicht die schlechteste Idee war, die Grenzen von Nekhoms Zauber auszuloten. Soeben stürmte der Frostfuchs wieder heran, wenn er auch mit der verletzten Hinterhand gelegentlich im tiefen Schnee einbrach.

Der Waldelf fasste in die Mähne seines Nachtmahrs. »Vertrau mir, Ysthelias!«

Das Dämoneneinhorn stellte die Ohren auf und Linothos war überzeugt, dass die geistige Verbindung bestand, auch wenn er selbst die Magie nicht spüren konnte.

Die Bestie setzte über den Rand des Pfads hinweg. Ysthelias bäumte sich auf, vollführte eine Vierteldrehung und rammte die Vorderhufe in den Boden. Dabei senkte er den Kopf tief hinab. Der Fuchs konnte seinen Schwung nicht schnell genug abbremsen und rannte in das Horn hinein, das ihm eine klaffende Wunde am Hals zufügte. Jaulend zog er sich ein Stück zurück.

»Gib auf! Du kannst nicht gewinnen!«, flehte Linothos und versuchte den Fuchs über eine ähnliche Form geistiger Brücke zu erreichen, wie sie ihn mit seinem Reittier verband.

Kurz flackerte es in den Eisaugen. Furcht überlagerte den Hass. Doch dann brannte die Mordlust wieder ungetrübt. Die Kreatur knurrte und sprang erneut vorwärts.

Der Waldelf ließ seinen Nachtmahr wenden und mit den Hinterläufen ausschlagen. Die im ultravioletten Feuer glühenden Hufe trafen den Angreifer an der Brust und beförderten ihn weit den Hang hinab, wo er sich ein paar Mal überschlug, bevor er reglos liegenblieb.

Linothos atmete auf und tätschelte seinem Reittier den Nacken. »Gut gemacht, Ysthelias!«

Der Nachtmahr schnaubte wie zur Antwort.

Ein Blick zurück auf den Weg zeigte dem Waldelfen, dass die Gefahr keinesfalls ausgestanden war. Fünf der Frostfüchse hielten die Siath-Krieger weiterhin beschäftigt.

Er beschloss, die kleine Verschnaufpause zu nutzen, um seine Widersacher wie auch seine vermeintlichen Verbündeten zu beobachten und sich selbst ein wenig von den Strapazen zu erholen. Seit Stunden führte er die Siath die Bergflanke hinauf, teils über steile Abhänge, teils durch tiefen Schnee. Er rieb sich die Beine, um die Taubheit zu vertreiben, und gähnte.

 

Enoath Letheon

 

Lady Lisyla Pencury saß auf dem Balkon, welcher rings um den Turm verlief, in dem sich ihr Studierzimmer wie auch die Hausbibliothek befanden. Die Beine hatte sie salopp übereinandergeschlagen, während sie an einem Glas mit süßlich duftendem Pfirsichwein nippte. Ihr Blick hing an einem Ort in der Ferne weit jenseits der Felswände, welche die Stadt Thyl Desphera wie eine gewaltige Schale umschlossen.

Irgendwo im Nordosten, hunderte Kilometer entfernt vom Kalkspitzengebirge oder auch dem Binnenmeer Akarta, kam ihr kleiner Expeditionstrupp seinem Ziel immer näher. Erst heute Vormittag hatte Ribeiyon ihr mithilfe des magischen Kommunikator-Steins gemeldet, dass er und seine Männer den Aufstieg zum Pass über den Selth al Lhir bereits begonnen hatten und, dass der Waldelf als Führer und Fährtenleser unerwartet gut kooperierte.

Bis zu jenem Zeitpunkt war sich Lisyla nicht sicher gewesen, ob es für die Soldaten überhaupt einen Weg ins Heilige Tal der Feenkinder geben würde, oder ob sie dies alles als kostspielige, aber fruchtlose Anstrengung im Dienste der Göttin Kylra würde verbuchen müssen. Nun schien es, als trennten sie nur wenige Stunden von der Wahrheit. Als erste Schattenelfe nach über hundert Jahren würde sie genauere Hinweise erhalten, was aus Verell Eries geworden war. Gerüchte berichteten von einem verheerenden Unglück, das die Illas ar'Fee heimgesucht hatte. Worum es sich dabei konkret handelte und ob überhaupt noch Feenkinder in der alten Königsstadt lebten, wurde hinter vorgehaltener Hand spekuliert, doch weder Siath-Magier noch Informanten anderer Völker konnten mit präzisen Informationen aufwarten. Der Weg von Thyl Desphera bis an die Grenze des Heiligen Tals bedeutete selbst mit den Dämoneneinhörnern, mit welchen der oberste Magus Seliath Elisthor die Expedition ausgestattet hatte, eine Reise von mehreren Wochen. Zudem verhinderte eine Art von Barriere das Ausspähen des Landes jenseits des Eissteingebirges. Lisyla hatte ihren Hausmagier Roloth damit beauftragt und es schlussendlich selbst versucht, doch das Ergebnis war immer dasselbe geblieben. Es schien, als wäre Verell Eries von der Welt getilgt worden und lediglich ein Nichts ohne Farbe und Formen zurückgeblieben.

Sobald ihr Expeditionstrupp den Pass überschritten hatte, würde Lady Pencury als erste Magierin Antworten auf vieles erhalten, was letztendlich zu der alles entscheidenden Frage zusammenlief: Lag die Quelle der Macht, mit welcher die Feenkinder jahrtausendelang über alle Elfen geherrscht hatten, unbewacht da? Konnte Lisyla selbst vielleicht einfach in das Heilige Tal spazieren und sich nehmen, wofür Kylras Volk nun so lange kämpfte und litt? Sie wäre die erste Magierin von ganz Thyl Desphera, die davon erfuhr – die erste nach Nekhom, doch in ihm sah sie keinen Konkurrenten. Nekhom war zufrieden, wenn er niedere Kreaturen quälen konnte und ausreichend entlohnt wurde. Lisylas Ziele lagen höher.

Sie nahm einen weiteren Schluck vom Pfirsichwein und schloss genießerisch die Augen.

»Herr erwartet ... Kommen!«

Die Magierin zuckte zusammen. War es Einbildung gewesen, oder hatte sie soeben ein krächzendes Stimmchen vernommen?

»Lady kommen mit ... Herr wartet!«

Beunruhigt blickte sie sich um.

Augenscheinlich befand sie sich immer noch allein auf ihrem Balkon. Die Tür zu ihren Privaträumen war geschlossen. Hier war niemand.

Misstrauisch betrachtete Lisyla das Glas in ihrer Hand. Hatte ihr jemand etwas in den Wein getan? Gift galt als ein beliebtes Mittel in Thyl Desphera, um Rivalen auszuschalten. Ein geistig verwirrter Magier war ebenso effektiv aus dem Verkehr gezogen wie ein toter Magier, nur dass kaum Verdacht auf den Täter fiel. Anspruchsvolle Zauber konnten durchaus den Verstand schädigen, das war den meisten Zauberkundigen bekannt.

»Lady suchen? ... Bin hier!«

Lisyla stellte das Glas ab und stand auf. Nein. Diese Stimme existierte keineswegs nur in ihrem Kopf, so körperlos sie auch klingen mochte.

Sie trat an die Balkonbrüstung. Und da entdeckte sie den Störenfried.

Vor ihr in der Luft flatterte ein Vögelchen.

Es gab von Natur aus keine Vögel im Schattenreich. Einige Siath pflegten sie als exklusive Haustiere in kleinen Käfigen zu halten. Dieses Tierchen hier jedoch war mehr, als eine jener teuren Importwaren von der Oberfläche. Es sprühte förmlich vor Magie, sodass diese sogar als schimmernde Aura um sein schwarzweißes Federkleid sichtbar war. Filigraner Schmuck aus Gold, mit winzigen Edelsteinen besetzt, zierte das runde Köpfchen und die dürren Beine. Die Augen leuchteten von innen in einem flackernden Blau.

Lisyla musterte den kleinen Flattermann argwöhnisch. Ihr war klar, dass ein Magier dieses Tierchen kontrollierte und sie eben in dem Moment durch die glühenden Augen sehen konnte.

»Wer bist du?«, fragte sie und meinte damit keinesfalls den Vogel selbst.

»Folgen ... Antworten ...«

Das Tier flatterte näher heran, kam aber plötzlich ins Trudeln, als wäre er gegen eine Glasscheibe gestoßen, und drehte wieder ab.

Lady Pencury erlaubte sich ein gehässiges Lächeln. Erst vor kurzem hatte sie die magische Barriere, welche ihren Turm umgab, auf den Luftraum um den Balkon ausgeweitet, vornehmlich, um zu verhindern, dass Seliath Elisthor sie unangekündigt über ein Portal zu sich berief.

Das Tierchen landete nun auf einem Mauervorsprung ein Stück oberhalb und beäugte sie.

»Wehe, du verdreckst mir hier alles«, zischte Lisyla. »Wer bist du und was willst du?«

»In einer Stunde. Brunnen der Göttin. Lady wird nicht bereuen.« Damit erhob sich der Vogel in die Luft und flog davon.

Lisyla sah ihm hinterher, doch er entschwand schon bald ihrem Blick.

 

 

Linothos stützte sich auf dem Sattelknauf ab und bog seinen Rücken durch, während seine Aufmerksamkeit dem Treiben vor ihm galt. Erstmals bot sich ihm eine Gelegenheit, die Kampftaktiken der Siath zu studieren. Sie schienen überhaupt nicht auf die Idee zu kommen, ihre Reittiere in das Gefecht miteinzubeziehen. Für sie waren die Mahre lediglich ein Schutz, der einen Gutteil der Treffer durch die Frostfüchse abfing.

»Das haben wir besser gemacht, Ysthelias«, bemerkte er und erinnerte sich zufrieden, wie das Dämonenpferd ihren Angreifer aufgeschlitzt hatte.

»Dein Horn ist scharf wie ein Säbel.« Er blickte auf seine Fesseln.

Feste Knoten waren um seine Handgelenke geschlungen, die er selbst kaum würde lösen können. Doch die Siath hatten mangels besserer Ausrüstung ein gewöhnliches Seil verwendet und es mittels einer Kette am Sattel befestigt.

»Ysthelias, schau mal her.«

Der Nachtmahr wandte den Kopf zur Seite.

»Ja, noch ein Stück weiter!«

Linothos streckte seine gefesselten Hände vor, soweit er konnte. Das Dämonenpferd bog den Hals.

Mit einem Seitenblick vergewisserte sich der Waldelf, dass niemand ihn beobachtete. Dann zog er das Seil über das Horn. Violettes Feuer züngelte auf. Der Strick fiel in den Schnee.

So etwas wie Hoffnung glomm in Linothos' Herzen auf. Er stellte sich vor, Ysthelias die Fersen in die Flanken zu treten, um an den Siath vorbei den Pfad hinab zu preschen. Nekhom war abgelenkt. Vielleicht würden sie es durch die magische Barriere schaffen, welche die Mahre und nicht zuletzt den Waldelfen an der Flucht hindern sollte. Immerhin hatte er es nun schon zwei Mal geschafft, die angeblich unfehlbaren Zauber des Magiers zu überwinden, als er sich erinnert hatte, wer er wirklich war, und indem er gelernt hatte, mit Ysthelias eine Verbindung aufzubauen.

Doch dann wurde ihm klar, dass er sich den Rest des Lebens wie ein Feigling fühlen würde – auf der Flucht nicht nur vor Pencurys Soldaten, sondern in erster Linie vor sich selbst, da er Saires Tod nicht gerächt hatte. Er war es ihr schuldig! Es war das Einzige, was seinem Dasein noch einen Sinn gab!

»Ihr nennt Euch die Elite des Hauses Pencury? Ihr seid nicht einmal imstande, ein paar Hunde abzuschlachten!«

Nekhoms Stimme riss Linothos aus seinen Gedanken.

Der Magier saß etwas abseits der Kampfszene auf dem Rücken seines Nachtmahrs und hatte demonstrativ die Arme vor der Brust verschränkt.

»Sagt jener Kampfmagier, der sich bislang mit psychischen Spielchen begnügt hat. Gebt es ruhig zu, dass Ihr nur darauf wartet, dass wir abgeschlachtet werden, damit Ihr Lady Pencury berichten könnt, Ihr hättet Euer Bestes versucht, wäret aber von Stümpern umgeben gewesen, weshalb Ihr eine Entschädigungszahlung verlangt«, gab der Kommandant gereizt zurück. Er beugte sich weit hinab, um einen Schwerthieb tief unter sein Dämonenpferd zu führen, traf jedoch nur Luft und Schnee, da der Frostfuchs bereits unter dem Mahr hindurch getaucht war, um von der anderen Seite erneut zu attackieren. Ribeiyon war, wie seine Handvoll Soldaten, unverletzt. Sein Reittier hingegen blutete aus mehreren Wunden an den Beinen und an der Flanke. Dennoch hielt der Siath an seiner Taktik fest, im Sattel zu bleiben, wo er sicher war.

Linothos schüttelte missbilligend den Kopf. Er zog ernsthaft in Erwägung, sich mit Ysthelias in den Kampf zu stürzen, um den anderen Nachtmahren zu helfen. Allerdings fürchtete er, dass Ribeiyon dies als Angriff auf ihn und seine Männer sehen und nicht nur den Waldelfen, sondern auch sein Reittier dafür zur Rechenschaft ziehen würde.

Während Linothos noch zauderte, ergriff Nekhom unerwartet die Initiative. »Ich biete Euch gerne eine Kostprobe meiner hohen Kunst, wenn Ihr dies wünscht. Ihr seid der Kommandant, aber bis jetzt habt Ihr mir keine klaren Anweisungen gegeben«, stichelte der Magier und begann, mit den Fingern komplizierte Muster in die Luft zu zeichnen.

»Klare Anweisungen?! Dazu müsste ich wissen, ob Ihr irgendetwas anderes könnt, als Drohungen auszustoßen«, brüllte Ribeiyon entnervt. »Da Ihr offenbar nicht in der Lage seid, diese Viecher totzureden, befehle ich Euch: Kämpft!«

»Na, bitte! Es geht doch!« Nekhom grinste und vollendete sein magisches Webgeflecht mit einer ruckartigen Bewegung.

Kleine Feuerkugeln schossen aus jedem seiner Finger. Ein explodierender Gluthagel schlug in die Frostfüchse und rings um sie in den Schnee ein. Der Boden erzitterte.

Die Nachtmahre ließen es ebenso stoisch über sich ergehen, wie den gesamten Kampf zuvor. Nur Ysthelias wieherte erschrocken und auch sein Reiter stieß einen Schrei aus.

Das Vibrieren des Bodens wurde stärker. Dumpfer Donner war zu hören.

»Was habt Ihr nun schon wieder erweckt?«, wollte Ribeiyon wissen und bezog sich dabei wohl auf den Dämonenstier, welchen der Magier entfesselt hatte, um durch den Wald zu gelangen.

»Nichts«, behauptete Nekhom.

In einer bösen Vorahnung blickte Linothos nach oben. Aufgrund der hohen Felsen vermochte er nicht weit zu sehen. »Doch. Den Berg!«

Die überhängenden Schneebretter lösten sich nacheinander und stürzten auf den Pfad. Das Grollen wurde lauter. Der Waldelf kannte dieses Geräusch.

Hektisch trieb er sein Reittier an – egal, in welche Richtung, nur so schnell wie möglich weg.

Nekhoms Barriere stoppte Ysthelias nach wenigen Galoppsprüngen.

Mit angstgeweiteten Augen sah Linothos abermals hoch. Jetzt konnte er sie sehen und sie war bereits viel zu nah! Eine riesige Welle aus Schnee brandete den Hang hinab auf ihn zu.

»Lawine!«, stieß er hervor.

Die eisige Flut erfasste ihn. Er spürte einen dumpfen Schlag, der ihn aus dem Sattel schleuderte. In seinen Ohren toste es. Sehen konnte er nichts mehr. Alles war zu einem weißen Wirbel verschwommen.

Sich der Lehren aus seiner Jugend entsinnend, versuchte er, tief Luft zu holen und sich zusammenzurollen, indem er Arme und Beine fest an den Körper zog. Doch er konnte nicht atmen. Seine Glieder gehorchten ihm nicht. Wie eine Puppe war er der Willkür des Berges ausgeliefert. Gleich einem wütenden Kind riss die Lawine an ihm und schleuderte ihn herum. Ein dumpfer Knall explodierte in seinem Kopf, als hätte sich eine von Nekhoms Feuerkugeln dorthin verirrt.

Das Tosen wurde allmählich leiser. Linothos fühlte sich wie in ein weißes Bett gehüllt. Die Kälte linderte den Schmerz. Es war ein Gefühl des Friedens und er nahm es dankbar an. Er war müde – dieses Lebens müde. Er war bereit, zu schlafen. Der Berg hatte Saire gerächt. Der Berg hatte ihn nach Hause genommen, in sein eisiges Bett.

 

 

Der Brunnen der Göttin war ein durchaus imposantes Bauwerk im Zentrum von Thyl Desphera. Ein gewaltiges Bildnis Kylras wand sich in drei Etagen empor. An der Spitze ragte der Kopf der Weltenschlange senkrecht in die Luft, aus dessen Rachen eine meterhohe Wasserfontäne schoss. Umringt wurde die Skulptur von vier steinernen Schlangendrachen – einer in jeder Himmelsrichtung – die ebenfalls Wasser spien. Man sagte, der Brunnen würde aus dem See tief unter Thyl Desphera gespeist, in dem Kylra seit Jahrhunderten schlief und über die Stadt der Schattenelfen wachte.

Lisyla Pencury hielt das für ein Ammenmärchen. Wie die meisten einflussreichen Magier zweifelte sie nicht an der wichtigen Rolle, welche Kylra bei der Rettung des Volkes der Siath gespielt hatte. Und sie glaubte fest daran, dass die Weltenschlange tief unter der Stadt verweilte, wartend auf eine passende Gelegenheit, die Herrschaft über das Heilige Tal und alle Elfen an sich zu reißen. Aber die Herkunft des Wassers in dem Brunnen, davon war Lady Pencury überzeugt, war weit weniger spektakulär. Ein unterirdischer Flusslauf querte Thyl Desphera in mehreren Kaskaden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sammelte er sich tatsächlich in Höhlen unter der Stadt zu einem See und vielleicht ruhte auch Kylra genau dort, in diesem nassen Bett. Doch sie spie das Wasser nicht aus der Tiefe zu ihren Untertanen empor, wie einige Priester, welche gerne nahe des Brunnens predigten, zu behaupten pflegten.

Priester! Lisyla ließ den Blick über den großzügig angelegten Platz schweifen. Sie sah Schattenelfen in auffälligen Roben, die üppig mit goldenen Ornamenten verziert waren. Manche der Geistlichen trugen Stirnreife in Schlangenform. Angewidert verzog sie das Gesicht.

Es herrschte seit Langem ein Zwiespalt zwischen den Magiern und den Priestern in Thyl Desphera. Die Magier, welche alles daran setzten, Macht zu mehren und gemäß dem Willen der Weltenschlange auszuüben, hatten es in der auf Kasten basierenden Hierarchie der Stadt bis an die Spitze geschafft. Priester verschwendeten viel Zeit darauf, den Willen Kylras zu predigen. Sie behaupteten, sie würden ihre Kraft von der Göttin selbst beziehen. Wenn ihre Zauber fehlschlugen, hatten sie stets die einfache Ausrede parat, Kylra hätte eben gerade nicht zugehört oder sie würde ihr Vorhaben nicht billigen. Lisyla wusste, dass magische Energie überall war, man musste nur fähig sein, sie zu kanalisieren und zu manipulieren. Ihrer Meinung nach war schlicht Unfähigkeit die Ursache, dass Priester den Magiern nicht das Wasser reichen konnten.

Diese generelle Geringschätzung war der Hauptgrund, weshalb sie den Brunnen der Göttin für gewöhnlich mied. Es widerte sie an, das theatralische Geprahle dieser Dampfplauderer hören zu müssen, welche ihre Thesen gerne lautstark über den Platz posaunten. Auch jetzt wäre sie lieber früher als später wieder gegangen, um sich den wirklichen Belangen der Weltenschlange zu widmen. Aber die Neugierde hatte gesiegt. Lisyla wollte wissen, wer die Dreistigkeit besaß, einen verzauberten Vogel mit schlechter Sprachkenntnis zu ihrem privaten Balkon zu schicken. Deshalb hatte sie vier Männern ihrer Leibgarde wie auch Roloth aufgetragen, sie zum Brunnen der Göttin zu begleiten. Die Soldaten verteilten sich an den Zugängen zu dem Platz. Roloth sollte sich unters Volk mischen und auffällige magische Aktivitäten lokalisieren. Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass dies eine Falle war. Lisyla Pencury hatte in letzter Zeit einiges Aufsehen in der Stadt erweckt, weil sie den durch Seliath Elisthor unterstützten Expeditionstrupp ins Land der Feenkinder entsandt hatte. Eventuell sah sich ein anderer Magier durch ihr Engagement bedroht und wollte sie aus dem Weg haben.

Mord an einem Schattenelfen war in Thyl Desphera eines der schwersten Delikte überhaupt. Die Siath vertraten die Ansicht, dass sie den Lichtelfen in die Hände spielten, wenn sie ihresgleichen töteten. Ein Mord kam daher Hochverrat gleich. Dennoch galt bei diesem Volk, das über Generationen gelernt hatte, sich im Schatten zu verbergen und ungesehen zu töten, Altersschwäche als eine eher seltene Todesursache.

Lisylas Stimmung war demnach gleich aus zwei Gründen recht gereizt, während sie über den Platz zum Brunnen hin spazierte. Schon von der Ferne bemerkte sie den schwarzweißen Vogel. Er hockte auf dem Kopf von einem der steinernen Schlangendrachen und wetzte seinen Schnabel an einem Horn der Skulptur. Lady Pencury trat näher heran und sah sich um.

Keiner der Passanten reagierte auf sie. Ihre Augen suchten in der Menge nach Roloth, doch von dem alten Magier erhielt sie lediglich ein Schulterzucken. Deshalb ließ sie sich am Rand des Brunnens nieder.

»Hier bin ich«, sagte sie zu dem Vogel. Doch der beachtete sie nicht und begann damit, sein Federkleid zu putzen.

Lisyla verdrehte die Augen. Wenn sie etwas überhaupt nicht ausstehen konnte, war es Zeitverschwendung. Sollte jemand dies lediglich als Scherz auffassen, würde sie ihn bitter dafür büßen lassen!

Erneut wanderte ihr Blick über die Passanten. Beobachtete sie irgendwer? Verhielt sich jemand geradezu auffällig unauffällig? Erkannte sie ein Gesicht des Magierrates?

Fehlanzeige.

Auch von ihren Soldaten und von Roloth kam kein Hinweis auf verdächtige Aktivitäten.

Lisyla schickte sich an, aufzustehen, um nach Hause zu gehen.

»Ich gratuliere Euch zu der Expedition ins Heilige Tal, Lady Pencury!«

Die Angesprochene schrak auf.

Unmittelbar neben ihr, an das Bildnis des Schlangendrachen gelehnt, auf welchem der Vogel hockte, stand ein Schattenelf. Seine Züge wirkten jugendlich. Er trug eine enge Echsenlederhose und ein royalblaues Satinhemd – die obersten drei Knöpfe offen. Das silbrig weiße Haar hatte er zu einem festen Zopf geflochten. Es war nicht das typische Erscheinungsbild eines Magiers. Sein Auftreten ließ Lisyla auf den Spross eines reichen Händlers tippen. Möglicherweise hatte er den verzauberten Vogel lediglich als teures Spielzeug erworben.

»Seit Jahrzehnten – man kann fast sagen, Jahrhunderten – hat niemand mehr einen derartigen Vorstoß gewagt«, fuhr der Siath im Plauderton fort. »Und nur Ihr konntet Meister Elisthor derart umgarnen, dass er sogar seine Unterstützung zusagte. Euer Großvater wäre stolz auf Euch!«

Lisyla stutzte. Der Elf sah keineswegs aus, als könnte er ihren Großvater noch gekannt haben. Und doch ... Die Art, wie er es gesagt hatte, verriet der Magierin, dass er mehr wusste – gefährlich mehr.

Sie versuchte, möglichst unauffällig Blickkontakt mit Roloth herzustellen, musste aber feststellen, dass ihr Gesprächspartner ihr geschickt die Sicht verstellte. Deshalb rief sie sich einen einfachen Ausforschungszauber ins Gedächtnis, den sie aktivieren konnte, ohne eine Formel sprechen zu müssen. Kaum hatte er zu wirken begonnen, als sie auch schon erkannte, dass sie ihr Gegenüber besser nicht unterschätzen sollte. Den Elfen umgab eine magische Aura, welche sich mit jener von Seliath Elisthor messen konnte.

»Ihr scheint mich ja ziemlich gut zu kennen«, bemerkte Lisyla und legte neckisch den Kopf schief. »Damit seid Ihr mir klar im Vorteil. Wollt Ihr dies so belassen oder verratet Ihr mir zumindest Euren Namen?«

Der Elfenjüngling lächelte sie an. »Oh, verzeiht, Lady!« Er verbeugte sich schwungvoll. »Mein Name ist Enoath Letheon. Sagen wir, ich bin sehr interessiert an Eurem Engagement im Zusammenhang mit der Quelle der Macht. Ich beschäftige mich selbst intensiv mit Magie, aber das hat Euch Euer kleiner Spionagezauber ja bereits verraten, nicht wahr?« Sein Lächeln wurde breiter.

Lisylas Mine verfinsterte sich. Sie war sich jetzt sicher, dass dieser Elf gefährlich war.

»Habt keine Sorge, Lady! Ihr werdet auf alle Fragen Antworten erhalten – sobald die Zeit dafür reif ist. Bis dahin ersuche ich Euch, zu überdenken, was wirklich wichtig für Euch ist: Loyalität oder Macht?«

Die Siath-Magierin öffnete den Mund, um klarzustellen, dass sie die Antwort bereits kannte. Doch mit dem nächsten Wimpernschlag war Enoath Letheon verschwunden. Lisyla blickte hinüber zu Roloth, aber der Alte zuckte nur ratlos die Schultern.

»Wiedersehen ... Schon bald!«, krächzte ein Stimmchen. Der schwarzweiße Vogel schwang sich von seinem Hochsitz und flatterte über den Platz davon.

 

Die Armee des Hüters

 

Sie waren glitzernde Kristalle aus Eis, die sich hoch in den samtblauen Himmel erhoben. In einem Ring angeordnet, umschlossen die Gipfel des Selth al Lhir ein Meer wogenden Grüns – Baumkronen, die sich sanft im Wind wiegten. Eine alabasterfarbene Insel ragte daraus empor, gekrönt von eleganten Türmen, deren goldene Dächer mit den Gletschern um die Wette funkelten. Die Luft war erfüllt vom Chor tausender Vögel und Insekten.

Linothos atmete die frische Brise ein, die das ganze Jahr über nach Frühling zu duften pflegte.

»Wie schön und friedvoll die Heimat der Elfen sein kann.«

Der Waldelf löste den Blick von dem Tal und sah die Elfe an, die neben ihm auf dem Felsvorsprung saß. Obwohl sie hier hoch oben im Gebirge waren, trug sie lediglich ein Kleidchen aus weißer Spitze. Ihre nackten Füße baumelten über dem Abgrund. Das nachtschwarze Haar floss um ihre schmalen Schultern. Saphirblaue Augen blitzten ihn an wie zwei Sterne.

»Es wird nicht immer so bleiben«, bemerkte Linothos bedrückt. Er hatte dieses Tal brennen sehen, das wusste er noch genau, obgleich der Anblick, der sich ihm nun bot, in ihm die Frage aufkeimen ließ, wann das nur gewesen war. Nichts deutete auf die Verheerung hin, die Gora Lothir über das Land gebracht hatte. Oder bringen würde?

»Ich weiß.« Ein Schatten von Traurigkeit huschte über die Sternenaugen, bevor sie wieder in gewohnter Intensität erstrahlten. »Hass bringt nicht nur Elfen dazu, das zu zerstören, was sie in Wahrheit am meisten lieben.«

»Wie meinst du das?«, sagte er, obwohl die Frage in seinem Herzen ›Wen meinst du?‹ lautete. Irgendwie fühlte er sich selbst angesprochen, auch wenn ihm nicht klar war, was er noch zerstören konnte. In seiner Welt gab es nichts mehr, was ihm lieb und teuer war.

»Ceolotheron will dieses Land schützen. Doch eines Tages wird er es sein, der alles hier vernichtet.«

»Ceolotheron?«

»Der Goldglänzende. Vielleicht kennst du ihn als Gora Lothir.«

Linothos ließ den Blick über das Tal wandern, als fürchte er, die Bestie zu erblicken, alles niederbrennend – genauso, wie er es schon einmal beobachtet hatte, oder in Zukunft beobachten würde ...

»Dabei sollte dies das Land sein, in dem alle Elfen in Frieden leben können. Wie gerne wäre ich die Prinzessin solch eines Reiches.«

»Alle?«, horchte Linothos auf. »Auch die Siath? Jene Elfen, die dich ...« Er wollte sagen, dass die Siath sie töten würden, doch er konnte es nicht.

»Ja, auch die Siath. Es waren die Illas ar'Fee, die sie zu dem gemacht haben, was sie heute sind. Unsere Arroganz war und ist Schuld an dem Krieg«, erklärte sie bestimmt. »Wenn ich könnte, ich würde die Quelle zerstören.«

»Du bist die Prinzessin«, bemerkte Linothos. Nachdem Gora Lothir ihren Großvater getötet hatte, war sie rechtmäßige Herrscherin des Tals und damit Gebieterin über die Quelle.

Sie lachte und schüttelte ihr Haar. »Ich bin Heilerin. Hoffnungsträgerin. Ich war noch nie eine Kriegerin. Ich kann die Quelle nicht vernichten. Doch es werden Feenkinder nach mir kommen. Wenn ich es schaffe, die Hoffnung zu wahren, und mein Volk überlebt, werden unsere Kinder eine bessere Welt erschaffen können. Ohne Machtgier. Und ohne die Quelle.«

Er sah sie an. Ach, könnte sie nur auf ewig so lächeln! Das Strahlen ihrer Augen! Es durfte nicht vergehen! Nicht erneut!

»Schütze die Hoffnung ... Wenn du mich liebst ...«

»Ich liebe dich! Ich werde dich immer lieben!«

»Ich weiß.«

Langsam verblich die Landschaft um sie her. Die Sonne verging. Nur die blauen Sterne leuchteten in der Nacht.

»... Die Prinzessin ... meinen Traum erfüllen ...«

Wolken zogen vor die Sterne. Es wurde dunkel und kalt.

Unerträglich kalt.

 

 

Blaues Licht sickerte durch seine geschlossenen Lider. Blinzelnd öffnete er die Augen.

Eine Kathedrale aus Glas und Kristall ragte über ihm auf. Balustraden und Erkern liefen im Wechsel die Wände entlang, unterbrochen durch wuchtige Halbsäulen. Ihre Kapitelle waren geschmückt von Kränzen filigraner Spitzengirlanden. Obwohl es keine Fenster zu geben schien, schimmerte der gesamte Raum in einem diffusen Licht, das von irgendwo jenseits des Gewölbes herrührte.

Der Waldelf brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass es Eis war, das lotrecht um ihn her aufragte. Er befand sich auf dem Grund einer tiefen Schlucht. Der Himmel hoch oben war kaum zu erahnen. Wie lange schon mochte er hier gelegen haben?

Zaghaft hob er den Kopf, um sich ein genaueres Bild von seiner Situation zu verschaffen.

Er war halb eingegraben in einer Schneewechte, die einen Gutteil des Bodens abdeckte. Unweit stand Ysthelias und musterte ihn aus dunklen Augen. Linothos schöpfte Hoffnung, ihn unversehrt zu sehen. Behutsam begann er, sich aus dem eisigen Bett zu graben und betastete prüfend seinen Körper. Er schien sich einige Prellungen zugezogen zu haben. Abgesehen davon fühlte er sich ziemlich normal, was ihn überraschte.

»Bist du endlich wach.«

Die verhasste Stimme ließ den Waldelfen herumfahren.

Etwas abseits saß Ribeiyon an die Eiswand gelehnt da.

Augenblicklich spürte Linothos, wie der Hass in ihm aufwallte. Er gab ihm die Kraft, unverzüglich aufzuspringen. Leider war er doch nicht so unverletzt, wie er gedacht hatte. Sein rechtes Knie knickte unter der plötzlichen Belastung ein und er fand sich auf dem Schnee wieder.

Ribeiyon stieß abfällig die Luft aus. »Du kannst froh sein, überhaupt noch am Leben zu sein.«

»Wieso? Weil du so gnädig warst, mich nicht zu töten, während ich hier gelegen habe?«, spie ihm Linothos entgegen.

»Dummkopf.« Der Siath stand auf und bewegte sich etwas ungelenk auf ihn zu. »Weil normalerweise kein Elf einen Sturz aus solcher Höhe überlebt. Der Schnee muss uns hier hereingespült haben wie in einen unterirdischen Flusslauf. Vielleicht hat uns auch der Nachtmahr geholfen. Es scheint, dass er über mehr magische Kräfte verfügt, als wir bis jetzt erfahren durften.« Er nickte in Ysthelias' Richtung. »Und er macht keine Anstalten abzuhauen.«

Linothos rappelte sich erneut auf und trat diesmal etwas behutsamer auf. Sein Bein schmerzte, doch es trug ihn.

Der Siath-Soldat stand jetzt so nah vor ihm, dass er nur die Hand auszustrecken brauchte, um ihn an die Kehle zu fassen. Er stellte sich vor, wie er zudrückte. Zweifelsohne würde sich Ribeiyon wehren. Doch vielleicht gelang es ihm, Ysthelias zu beeinflussen, das Horn durch den Körper des Schattenelfen zu treiben, damit er sein Rachegelübde hier und jetzt erfüllen konnte.

›... ein Ort des Friedens für alle Elfen ... hilf mir, meinen Traum wahr werden zu lassen ...‹

Saires Stimme klang in seinem Geist nach. Er ließ die Gelegenheit verstreichen.

»Hast du dich hier umgeschaut?«, fragte er indes.

Ribeiyon blickte an dem Waldelfen vorbei die Schlucht entlang. Er schien sich keine besonderen Sorgen zu machen, dass der nicht mehr ganz so Gefangene handgreiflich werden und ihn gar überwältigen könnte. »Es scheint sich um eine Art Eisspalte zu handeln, die hangabwärts verläuft. Doch ich kann nicht sagen, wie man hier wieder hinauskommt. Ich hatte gehofft, du hättest Erfahrung mit solchen Situationen.«

Linothos verzog das Gesicht. Da war er also, der Grund, weshalb der Siath ihn nicht gemeuchelt hatte. Allerdings konnte er selbst die Logik nicht von der Hand weisen. Gemeinsam standen ihre Chancen, einen Weg zu finden, gewiss höher. Erneut rief er sich Saires Antlitz ins Gedächtnis, ihre strahlenden Augen, die sogleich sein Gemüt beruhigten. Sie hätte den Pakt mit dem Feind geschlossen, allein aufgrund ihres unerschütterlichen Glaubens an eine bessere Welt. Sie hätte gewollt, dass er sich und auch den Siath rettete.

»Lass uns gehen.« Staksig bewegte er sich über die Schneewechte.

»Kennst du den Weg?« So etwas wie Hoffnung schwang in Ribeiyons Stimme mit.

»Nein. Aber wenn du recht behältst und diese Schlucht einem unterirdischen Flusslauf gleicht, muss uns der Schnee irgendwo hangaufwärts hineingespült haben. Die Stelle sollten wir zuerst überprüfen.«

Der Schattenelf nickte nur und folgte ihm ohne weitere Kommentare.

Auch der Nachtmahr trabte heran und gesellte sich an die Seite seines Reiters. Linothos klopfte ihm aufmunternd den Hals. Gleichzeitig verspürte er einen Stich im Herzen. Pferde konnten nicht klettern – auch Dämonenpferde nicht. Würde er einen Weg hier heraus finden, auf dem Ysthelias ihm folgen konnte? Seine Beziehung zu dem Mahr bestand kaum seit Stunden. Trotzdem. Wäre er bereit, ihn zurückzulassen?

 

 

»Will uns jetzt der ganze verdammte Wald an den Kragen?!«, jammerte Sindra und fuchtelte mit ihrem Dolch. Sie konnte sich nicht entscheiden, ob sie sich auf die Angreifer aus der Luft oder auf dem Boden konzentrieren sollte, zumal Kämpfen ohnehin nicht zu ihren Stärken gehörte.

Elaka hüpfte und flatterte ebenso planlos um sie her, weshalb das Halbling-Mädchen aufpassen musste, das Hündchen nicht unabsichtlich zu treffen. Doch Zeit, sich eine Strategie zu überlegen, blieb Sindra nicht.

Selbst die übrigen Drachenreiter hatten mit der aktuellen Situation Schwierigkeiten.

Aus dem Dickicht verkohlter Äste drangen Schwärme vogelgroßer Drachengeschöpfe auf sie ein, die lediglich aus mit Hautfetzen überspannten Gerippen zu bestehen schienen. Ihre Körper glichen Schlangen aus aneinandergefügten Knochen, die Schwanzspitze bewehrt mit Stacheln. Der Schädel verlief zu einem Schnabel. Einige waren schmal und mit Zähnchen besetzt, andere gebogen wie bei einem Greifvogel.

Fast zeitgleich war eine Meute hässlicher Hundewesen aus dem Gestrüpp hervorgebrochen. Mit einem bulligen Kopf und einem Körper, übersät mit Hornauswüchsen, schienen sie eine gar üble Laune der Natur zu sein.

»Die Bewohner eines Elfenwaldes hatte ich mir immer anders vorgestellt«, behauptete Linara.

Zumindest in einem Punkt war sie sich ziemlich sicher: Mit Natur hatte das, was sie hier umgab, nur wenig gemein. Anfangs war sie noch bemüht gewesen, gemäß ihren Gewohnheiten im Umgang mit Wildtieren, deren Absichten zu ergründen. Sie hatte versucht, Kontakt mit den Geschöpfen herzustellen, um ihnen zu vermitteln, dass sie und ihre Gefährten keine Bedrohung darstellten und friedlich das Revier zu durchqueren beabsichtigten. Inzwischen bezweifelte sie, ob diese Kreaturen noch ein anderes Bedürfnis kannten, als jenes, alles und jeden zu attackieren. Auffällig war jedoch, dass sie sich trotz dieses vorherrschenden Triebes nicht gegenseitig zerfleischten. Nur die Neuankömmlinge in dem Wald schienen sie ohne Rücksicht auf Verluste töten zu wollen.

Mittlerweile konzentrierte sich auch die Elfe darauf, maximalen Schaden anzurichten. Flankiert von Atharis und Jacharthis, die ihr mit Schwert und Dolchen Deckung gaben, schoss sie einen Blitzstrahl nach dem anderen gegen die umstehenden Bäume, in dem verzweifelten Versuch, sich und ihre Gefährten in einem Feuerring einzuschließen und mögliche Feinde, die noch im Dickicht lauerten und den nicht enden wollenden Strom an Bestien nährten, zu schwächen oder bestenfalls zurückzuschlagen.

Die Stämme und Zweige waren knochentrocken. Die enorme Energie der Blitze erzeugte Stichflammen und ließ schwelende Glutnester zurück, welche die Hundewesen zu bremsen vermochten, die fliegenden Drachengeschöpfe hingegen wenig beeindruckten.

Aster und Cirano hatten Rücken an Rücken Stellung bezogen und lieferten einen eindrucksvollen Tanz aus Axt, Dolch und Säbel. Dabei waren sie sich in der Rollenverteilung schnell einig geworden. Der Südländer hackte mit seiner riesigen Streitaxt auf die massigen Hundekreaturen ein, während die Katze flink nach den fliegenden Angreifern schlug und stach. In einem endlosen Wirbel deckten sie so alle Seiten ab und kamen kaum in Bedrängnis.

Imares verfluchte einmal mehr, dass ihm sein Vater stets den Wunsch verwehrt hatte, Soldat zu werden, und ihn stattdessen allerlei unnütz scheinendes zur Bewirtschaftung eines Landguts gelehrt hatte. Alles, was er über Schwertkampf wusste, war das, was Atharis ihm in der Zeit beigebracht hatte, seitdem er den Drachenreitern angehörte. Heute zeigte sich für ihn einmal mehr, dass es im Ernstfall nicht ausreichte. Vor allem fehlte ihm die jahrelange Praxis, auf die seine Gefährten zurückgreifen konnten. Sie führten Abwehrbewegungen reflexartig und mit einer Geschwindigkeit aus, von der er selbst nur träumte.

Zum ersten Mal, seit sie von der Ruine des Elfenschlosses in der Lerelinor-Schlucht aufgebrochen waren, vermisste Imares seinen Drachen aus tiefstem Herzen. Nachtfalter war gewiss kein besonders kluger Schwarzer und wie sein Reiter verfolgte er im Kampf selten eine erkennbare Strategie. Aber genau deshalb waren sie, wie der Junge fand, ein so gutes Team. Auf seinem Rücken hatte sich Imares immer sicher gefühlt. Die größte Gefahr hatte stets darin bestanden, irgendwo abzustürzen. Wie gerne hätte er jetzt diese unkontrollierte Kraft aus Fängen, Klauen und einem peitschenden Schwanz bei sich! Stattdessen wartete der Gegner eben mit jenen Vorzügen auf, welche er bei seinem Drachen so zu schätzen gelernt hatte. Die Höllenhunde, wie Imares sie nannte, griffen mit einer Wildheit an, wie er sie bislang nicht einmal bei Orks beobachtet hatte. Ohne zu zögern, stürzten sie sich blankgezogenen Klingen entgegen. Und sie hatten damit Erfolg. Das schartige Soldatenschwert, das Imares sein Eigen nannte, glitt nur allzu oft wirkungslos an den dornengleichen Auswüchsen an Kopf, Rücken und Schwanz der Kreaturen ab. Allmählich beschlich den Jüngling der Verdacht, dass hier jedes erdenkliche Lebewesen in erster Linie aus Hörnern und Panzerplatten bestand.

Noch schlimmer aber waren die untoten Mini-Drachen, die wie ein hungriger Wespenschwarm über ihrer aller Köpfe schwirrten, stachen und bissen. Man schien sie lediglich unschädlich machen zu können, indem man ihre Körper in Einzelteile zerschlug.

Da Imares mit niemanden ein annähernd so eingespieltes Team bilden konnte, wie Aster und Cirano dies taten, die auf lange Jahre gemeinsamer Kämpfe zurückblicken konnten, oder wie Atharis und Linara, die Zeit ihrer Kindheit in der Kampfschule auf eben solche Situationen vorbereitet worden waren, hatte der Jüngling es für eine gute Idee gehalten, an Sindras Seite zu bleiben. Das Halbling-Mädchen war bekannt dafür, dass es Handgemenge mied, wo es nur konnte. Leider ging diese Strategie diesmal nicht auf. Zwar vermochten die anderen Gefährten die Höllenhunde in Schach zu halten, doch die Knochendrachen schienen überall gleichzeitig zu sein. Die wirksamste Abwehr von Imares und Sindra war derzeit das kleine Hündchen, das sich geradezu todesmutig auf alles stürzte, was seinem Frauchen zu nahe kam. Der Junge staunte nicht wenig über den Kampfgeist der Flauschkugel.

Auch Sindra war Elakas Treiben nicht entgangen. Überrascht war sie darüber nicht. Sie wusste, dass der geflügelte Welpe in seiner wahren Gestalt ein Nebelwolf war. Einzig das Halsband, das ihm ein Magier einst angelegt hatte, verhinderte, dass aus dem süßen Hündchen ein blutrünstiges Biest wurde – noch größer und kräftiger als die Hundewesen, welche die Gefährten derzeit bedrohten. Nicht zum ersten Mal spielte das Halbling-Mädchen ernsthaft mit dem Gedanken, die Bestie zu befreien. Miralie, das Dämonenmädchen, das sie vor wenigen Tagen getroffen hatten, war überzeugt gewesen, dass Sindra das Wagnis eingehen sollte, die wahre Macht von Elak Arakon, wie er mit vollem Namen hieß, zu entfesseln. Aber Sindra hatte Angst. Sie fühlte sich nicht bereit. Vielleicht würde der Nebelwolf ihre Angreifer binnen Augenblicken zerfetzen, vielleicht würde er sich gegen sie und ihre Gefährten wenden. Und vielleicht würde er keines von beidem tun, sie hier im Stich lassen und seine neu gewonnene Freiheit auskosten, indem er sich auf und davon machte. Möglicherweise hätte die Eismotte sie lehren können, mit dem Dämon umzugehen, doch Sindra hatte ihr Angebot ausgeschlagen, wofür sie sich heute ohrfeigen könnte.

›Als Notlösung. Als letzter Trumpf, bevor meine Freunde und ich sterben müssen‹, versprach sie sich ständig aufs Neue.

 

 

Ein weiterer Blitz überspannte in einer Kuppel blau zuckenden Lichts den Kampfplatz. Kleine lederne Schwingen fingen Feuer. Die entflammten Minidrachen stürzten sich in einem letzten Todesflug hinab auf den Feind.

Linara kämpfte gegen Schwindelgefühl an und legte erneut die Drachenschwerter übereinander, um ihre Magie aufzuladen. Sie sah die Skelette überhaupt nicht, die wie Feuerpfeile auf sie herabstürzten. Der Geruch von verbranntem Fleisch mischte sich unter den Qualm der schwelenden Bäume, welcher das Atmen zunehmend erschwerte. Die Elfe unterdrückte einen Hustanfall, der gewiss ihre Konzentration zunichtegemacht hätte. Sie hörte ein Knistern und glaubte, es wären die Blitze, die erneut über ihre Schwerter liefen. Der Gestank wurde intensiver. Ein Schmerz glomm langsam in ihrer Schulter auf, brannte heißer und heißer. Linara blinzelte. Am Rande ihres Sichtfeldes zuckten rote Funken.

Mit einem Schreckensschrei ließ sie die Waffen fallen und schlug nach dem Feuer. Etwas Spitzes bohrte sich in ihre Hand, als sie den Knochendrachen traf, der sich an ihrem Kettenhemd festgekrallt hatte und mit dem Schnabel eine Lücke im feinmaschigen Kettenhemd suchte. Die Feuerschwingen flatterten wild, sengten die Haare der Elfe an und verbrannten ihre Haut. Linara schlug panisch um sich, konnte den Quälgeist jedoch nicht abschütteln. Im Schein des Feuers sah sie eine Klinge aufblitzen. Ein Dolch rasierte über ihre Schulter. Der Drache zersplitterte wie morsches, schwelendes Holz.

Linara stolperte in Jacharthis hinein, der sie behutsam auffing. Schwarze und rote Flecken tanzten durch ihr Gesichtsfeld. Dazwischen erkannte sie sein mit Ruß und Blut verschmiertes Gesicht. Er wirkte erschöpft. Die grünen Augen schienen ihren Glanz eingebüßt zu haben.

»Danke. Es geht schon wieder«, hauchte sie.

Die schwarzen Flecken gewannen den Farbkrieg in ihrem Blickfeld. Ihre Beine quittierten den Dienst.

Jacharthis ließ sie zu Boden gleiten. Sein Blick wanderte über die Lichtung zwischen brennenden Bäumen. Durch den letzten Blitzangriff hatte sich das Feld der untoten Drachen zwar gelichtet, doch hatte ihre Flammenrache auch erheblichen Schaden angerichtet. Und die verbliebenen Kreaturen waren zahlreich genug, sodass der Elf ernsthaft fürchtete, der Weg der Drachenreiter könnte hier und heute enden.

Einen Augenblick zögerte er. Dann steckte er seine Dolche ein und ergriff die Schwerter seiner Kampfgefährtin, die unweit auf schwarzer Erde lagen. Zweifelnd betrachtete er die funkelnden Edelsteinaugen, welche in die metallenen Drachenköpfe am Ende der Griffe eingesetzt waren. Sie starrten ihn an. Es war wohl nur eine Reflexion der Flammen ringsum, doch Jacharthis konnte sich in dem Moment des Gefühls nicht erwehren, dass ihnen ein eigenes Leben innewohne. Musterten sie ihn? Überlegten sie gar, ob er es wert war, sie zu führen und ihre Magie zu kontrollieren? Er selbst fühlte sich nicht wirklich bereit, doch es blieb ihm kaum eine Wahl.

Er holte tief Luft und legte die Klingen übereinander.

Von ihrem Platz im relativen Schutz eines umgestürzten Baumes hatte Sindra beobachtet, wie Linara unter einem Feuerregen der Knochendrachen zu Boden gegangen war. Auch sie selbst hatte sich nur mit einem raschen Sprung zur Seite retten können, sonst wäre ihr roter Haarschopf in Flammen aufgegangen. Nun sah sie, wie Jacharthis die Drachenschwerter aufnahm, und Hoffnung glomm in ihrem Herzen auf. Er musste es schaffen! Von ihnen allen hatte er die meiste Erfahrung mit Magie. Wenn jemand die volle Kraft der Blitze entfachen konnte, dann war es der Elf!

Endlos scheinende Momente verstrichen. Nichts geschah. Nicht einmal ein winziger blauer Funke.

Stattdessen bemerkte das Halbling-Mädchen etwas anderes. Ein Höllenhund pirschte sich im Rücken des Elfen heran. Auch Atharis sah ihn nicht kommen, da er damit beschäftigt war, gleich zwei dieser abscheulichen Kreaturen in Schach zu halten. Die Bewegungen des Soldaten wirkten schwerfällig.

Sindra schluckte ein verzweifeltes Schluchzen hinunter. Atharis, Linara, Jacharthis ... Sie waren immer ihre persönlichen Helden gewesen. Sie zerschlugen Orkmeuten, streckten einen Oger nieder oder legten sich mit einem Troll an und hatten dabei stets noch ein Lächeln auf den Lippen. Wenn sie diese Dämonen nicht besiegen konnten, wer dann? Selbst Cirano und Aster waren in ihrem Tanz ins Stocken geraten. Die Drachenreiter schienen am Ende. Einzig Elaka sprang wie ein Gummiball vor den Füßen des Halbling-Mädchens auf und ab, knurrte, kläffte und schnappte mit seinen spitzen Zähnchen nach vorbeischwirrenden Knochendrachen.

»Elaka ...« Tränen stiegen Sindra in die Augen, als sie sich niederkniete und die Arme in seine Richtung streckte. »Komm her, Elaka!«

Der Welpe warf ihr einen Blick zu, der sagen mochte: ›Siehst du denn nicht, dass ich hier beschäftigt bin? Ich rette dich vor den bösen Viechern!‹

»Bei Fuß! Sei ein braver Hund!«

Sichtlich schweren Herzens ließ Elaka von einem Flattermann mit einem bereits angekauten Flügel ab und tapste zu seinem Frauchen.

Sindra grub ihre Hände in sein flauschiges Fell. Es war solch ein tröstendes Gefühl. Sie wollte ihn überhaupt nie wieder loslassen. »Ich hab dich lieb, mein Kleiner. Bitte, vergiss das nicht.«

Dunkle Knopfaugen richteten sich erstaunt auf sie. ›Warum ist Frauchen so traurig?‹, schienen sie zu fragen. ›Es gibt doch so viele schöne Flatterviecher zum Spielen. Lass uns weiter jagen!‹

In dem Getose des Kampflärms war das Klicken der Schnalle des Halsbandes kaum zu hören. Doch für Sindra war es ein Geräusch, das wie ein Donnerschlag in ihrem Herz widerhallte.

»Ich hab dich lieb«, flüsterte sie erneut. Dann sprang sie auf und wich zurück. Sie wusste, was jetzt kam.

Es wurde frostig. Selbst inmitten der schwelenden Bäume konnte sie die unnatürliche Kälte spüren. Weißblaue Wolken waberten rings um den Welpen auf. Reif breitete sich knisternd über die schwarze Erde aus und überzog alles mit einer Kristallschicht. Die eisigen Schwaden verdichteten sich um den kleinen Elaka, schienen fast körperlich zu werden. Dann, wie durch einen nicht wahrnehmbaren Windstoß weggeblasen, verzogen sie sich ebenso schnell, wie sie aufgekommen waren. Anstelle des niedlichen Welpen stand jetzt ein riesiger Wolf mit silbrigem Fell und kalten Augen. Nur der dunkle Stern auf der Stirn erinnerte an das Hündchen von zuvor.

»Elak Arakon.« Sindra gab sich mühe, dass ihre Stimme nicht brach. »Elaka, wenn du noch irgendwo da drin bist und dich an mich erinnerst, dann hilf uns.«

Die Eisaugen richteten sich auf das Halbling-Mädchen.

Sindra konnte aus seinem Blick nicht ablesen, ob er verstand. Sie konnte nicht abschätzen, ob er sich erinnerte. Sie wusste nur eins: »Ich hab dich lieb, egal, was du jetzt gleich machst.«

 

Fragwürdige Bündnisse

 

Linothos schleppte sich durch den Schnee die Eiskluft bergan. Immer öfter knickte sein verletztes Bein ein. Zuweilen stützte er sich an seinem Nachtmahr ab, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

Ribeiyon hatte die Führung übernommen und marschierte ein gutes Stück weiter voraus.

Während die Schlucht zu beiden Seiten gleichförmig und unendlich langsam vorbeizog, drifteten Linothos' Gedanken zu dem Traum, der allmählich in seiner Erinnerung zu verblassen drohte. Da war etwas, das Saire zu ihm gesagt hatte, das ihn nicht mehr losließ. Es berührte etwas in ihm, das er nicht kannte. Oder hatte er es vergessen und nun wollte es erweckt werden, wie so manches andere aus diesem alten Leben, das er in einem Winkel seines Herzens weggesperrt hatte, damit Pencury es nicht fand?

»Erzähl mir von dieser Elfe, die du meine Tochter nanntest«, sprach er Ribeiyon an.

Der Schattenelf hielt kurz in der Bewegung inne. Dann ging er weiter, ohne sich umzudrehen. »Warum sollte ich das tun?«

Darauf hatte Linothos keine Antwort. Er versuchte, wie der Soldat zu denken, musste aber feststellen, dass er seine Motivationen nicht ansatzweise verstand. Deshalb rief er sich ins Gedächtnis, weshalb der Siath ihn zuletzt auf diese vermeintliche Tochter angesprochen hatte. »Nun, vielleicht erinnere ich mich ja. Dann hast du ein Druckmittel gegen mich.«

Ribeiyon gab ein Geräusch von sich, das ein leises Lachen sein könnte. So genau vermochte Linothos das nicht zu bestimmen. »Es scheint, als bräuchte ich das derzeit nicht. Mir ist offengestanden nicht klar, warum, aber du kooperierst ganz gut. Ich sehe keinen Grund, dir zu drohen.« Er blickte über die Schulter zurück. »Und ich sehe auch keinen Grund, dir einen Wunsch zu erfüllen.« Damit stapfte er stoisch voran.

Linothos seufzte und humpelte weiter, während seine Gedanken um die Saire aus dem Traum kreisten.

Minuten schienen zu Ewigkeiten zu verrinnen. Doch Zeit hatte für ihn schon zuvor jegliche Bedeutung verloren. Wie lange mochte er im Schattenreich gefangen gewesen sein? Waren es Jahre gewesen? Jahrzehnte? Wenn er tatsächlich eine Tochter hatte, wie alt war sie heute? Wie alt war sie gewesen, als er sie verloren hatte? Linothos durchforschte seine Erinnerungen nach dem Gesicht eines Babys, eines Kindes oder einer jungen Frau. Doch da war nichts bis auf Saires strahlendblaue Augen.

Ein Stöhnen ließ ihn aufschrecken. Es kam von weiter vorne aus der Schlucht.

Er fuhr sich über die geschwollenen Augenlider.

Zuerst sah er nur zwei dunkle Flecken inmitten des diffusen Blau, in welches die gesamte Eiskluft getaucht war. Ribeiyon schritt darauf zu, ohne besondere Vorsicht erkennen zu lassen, weshalb der Waldelf davon ausging, dass es keine feindliche Kreatur war, die sie dort erwartete.

Als er näher kam, erkannte er, dass es sich um einen der Siath-Soldaten handelte, der halb unter dem Körper eines Nachtmahrs begraben lag. Das Tier atmete schwer, bewegte sich ansonsten allerdings kaum. Die Augen hatte es geschlossen. Es schien mehr tot als lebendig. Ein Blick auf die verdrehten Gliedmaßen zeigte Linothos auch den Grund dafür.

Ysthelias schnaubte, als er seinen verwundeten Artgenossen bemerkte, trabte rasch näher und beschnupperte ihn.

Linothos war überrascht, solch ein mitfühlendes Verhalten bei einem Dämoneneinhorn zu sehen. Trotz ihrer Herkunft aus einer der Höllendimensionen schienen die Mahre so etwas wie eine Zusammengehörigkeit innerhalb der Gruppe zu empfinden.

»Helft mir, ich kann meine Beine nicht mehr spüren.« Der Siath streckte flehend die Arme vor.

Ohne ein Wort trat sein Kommandant an ihn heran, packte fest zu und zog.

Der Soldat biss schmerzerfüllt die Zähne zusammen. Schnee knirschte. Für einen Moment sah es so aus, als könnte Ribeiyon ihn tatsächlich befreien, doch seine Stiefel begannen auf dem gefrorenen Untergrund zu rutschen und schließlich gab er kopfschüttelnd auf.

»Du musst mir helfen, ihn ein Stück auszugraben«, wandte er sich an den Waldelfen.

Linothos verspürte mehr Mitleid mit dem Einhorn als mit dem verwundeten Schattenelfen. Aber er ahnte, dass dies keine freundliche Bitte gewesen war. Deshalb kniete er sich nieder und begann mit bloßen Händen im Harsch zu scharren. Auch Ribeiyon machte sich daran, die Wechte unter seinem Kameraden abzutragen.

Doch der Untergrund rutschte immer wieder nach und der Siath sackte nur umso tiefer.

Ribeiyon bog seufzend den Rücken durch und schüttelte den Kopf. »Wo ist dieser verdammte Magier, wenn man ihn braucht.« Suchend blickte er sich um. Es gab hier nichts außer Eis und Schnee.

Es überraschte Linothos, den Kommandanten dermaßen ratlos zu sehen. Er hatte nicht erwartet, dass dieser skrupellose Killer zögern würde, den Soldaten als Fraß für die Frostfüchse zurückzulassen.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752126754
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Dezember)
Schlagworte
fantasyepos elfen drachen schwert und magie drachenreiter Fantasy

Autor

  • Manuela P. Forst (Autor:in)

Manuela P. Forst lebt in Wien und hat sich mit Schreibfeder und Zeichenstift dem Genre der Fantasy verschworen. Aktiv zu Schreiben begann sie 2004 und veröffentlichte seither zahlreiche Kurzgeschichten in Magazinen und Anthologien. Aktuell arbeitet sie vornehmlich als Selfpublisherin an Fantasy-Reihen wie „Bardenlieder von Silbersee“ und „Der Adel von Ametar“. Ihre Romane sind stets mit selbst kreierten Covers und eigenen Illustrationen versehen.
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Titel: Bardenlieder von Silbersee - Die Drachenreiter 4