Lade Inhalt...

Die Mondnarren

von Hagen Röhrig (Autor:in)
24 Seiten

Zusammenfassung

Um die beiden Planeten Montena und Pantena zog ein Mond friedlich seine Bahn. Es war ein wunderschöner, kugelrunder Mond, der ein halbes Jahr lang erst um Pantena schwebte und dann weiter nach Montena gondelte, um dort für das nächste halbe Jahr groß und hell am Nachthimmel zu stehen und alles in ein silbriges Licht zu tauchen. War das jedes mal eine Freude, wenn eines Abends der Mond in seiner ganzen Pracht am Himmel stand! Auf Pantena und Montena fieberten die Leute schon Wochen vorher diesem Ereignis entgegen, und wenn es dann soweit war, feierten alle ein rauschendes Fest, das mehr als einen Monat dauerte und das auf beiden Planeten das Mondfest genannt wurde. Ja, und manchmal besuchten sich die Planetenbewohner sogar gegenseitig zum Fest, weil das Feiern doch so viel Spaß machte. Aber eines Tages wurde alles ganz anders. Der König von Pantena nahm den Mond gefangen und band ihn in seinem Palastgarten fest, damit er das Mondfest länger feiern konnte. Die Freundschaft zwischen den Leuten von Pantena und Montena drohte zu zerbrechen. Da hatten die Hofnarren der beiden Planetenkönige eine Idee ...

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

© 2018 Hagen Röhrig

Hammelbächer Straße13

69469 Weinheim

http://www.hagenroehrig.de

Alle Rechte vorbehalten

Alle Zeichnungen: Quentin Schalk

Umschlaggestaltung: Kathi Roestel, Berlin (http://www.littlebluebox.de)

 

 

 

 

 

Die Mondnarren

 

Irgendwo im Weltraum, gar nicht so weit entfernt von uns, gab es einmal zwei Planeten, die friedlich um eine kleine Sonne kreisten, ganz ähnlich wie unsere blaue Erde. Der eine Planet hieß Pantena und seine Bewohner hatten große, lange Nasen, die so groß waren, dass man aufpassen musste, nicht aneinander zu stoßen. Auch der König von Pantena hatte so eine lange Nase, aber seine war ganz besonders groß, weswegen er auch König war.

Der andere Planet hieß Montena. Die Einwohner von Montena hatten große, breite Füße, die so groß waren, dass man aufpassen musste, sich nicht in die Quere zu kommen. Und sicherlich kannst Du Dir schon vorstellen, dass der König von Montena ganz besonders große und breite Füße hatte. Und so war es auch, denn deswegen war er ja König.

Um die beiden Planeten zog auch ein kleiner Mond ruhig seine Bahn. Es war ein wunderschöner, kugelrunder Mond, der ein halbes Jahr lang erst um Pantena schwebte und dann weiter nach Montena gondelte, um dort für das nächste halbe Jahr groß und hell am Nachthimmel zu stehen und alles in ein silbriges Licht zu tauchen. Das sah etwa so aus:

 

War das jedes mal eine Freude, wenn eines Abends der Mond in seiner ganzen Pracht am Himmel stand! Auf Pantena und Montena fieberten die Leute schon Wochen vorher diesem Ereignis entgegen, und wenn es dann soweit war, feierten alle ein rauschendes Fest, das mehr als einen Monat dauerte und das auf beiden Planeten das Mondfest genannt wurde. Ja, und manchmal besuchten sie sich sogar gegenseitig zum Fest, weil das Feiern doch so viel Spaß machte.

Aber eines Tages wurde alles ganz anders und beinah wäre die tiefe Freundschaft zwischen den Leuten von Pantena und Montena zerbrochen.

Und das kam so:

 

„Gundur, wo ist Gundur?“ Aufgeregt rannte der König von Pantena von einer Ecke des Thronsaales in die andere, wobei er mit seiner langen Nase beinah eine Vase von ihrem Sockel heruntergeschmissen hätte. „Warum ist dieser Hofnarr nie da, wenn man ihn braucht?“

Da streckte jemand die Nasenspitze durch die schwere goldene Tür und im nächsten Augenblick stand Gundur, der Hofnarr, vor seinem König.

„Eure Langnasgeborenheit haben gerufen?“, fragte er völlig außer Atem.

„Ja. Wo steckst du denn nur andauernd?“, grollte der König, der sonst höchst selten wütend wurde. Aber heute schien er irgendwie besonders aufgeregt. Er deutete Gundur sich zu setzen. „Was macht unser diesjähriges Fest? Sind alle ausgelassen und fröhlich?“, fragte er.

„O ja, sehr! Alle feiern und lachen. Gerade komme ich vom Maskenball der tausend Farben. Der ist dieses Jahr wirklich vorzüglich gelungen. So viele ausgefallene Kostüme habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Und in einer Stunde beginnt das große Feuerwerk am Nordgebirge. Eure Hochwohlgenastheit sollten sich das auf gar keinen Fall entgehen lassen. Es wird ein Höhepunkt des diesjährigen Festes, das verspreche ich Ihnen. Ich habe mir bei den Vorbereitungen sehr viel Mühe gegeben.“ Gundur hoffte, seinen König mit diesen Worten ein wenig zu besänftigen. Doch der war schon gar nicht mehr wütend und der Ärger war einem seltsamen Glanz in seinen Augen gewichen.

„Sehr schön, sehr schön“, murmelte er. Und dann platzte es aus ihm heraus. „Gundur, ich habe beschlossen, dass das Fest von nun an länger dauern wird.“

„Länger?“, fragte der Hofnarr überrascht. Die Feiern neigten sich bereits dem Ende entgegen und schon übermorgen würde der Mond weiter nach Montena ziehen. „Eure Langnasigkeit, wie viel länger?“ Gundur floss es kalt den Rücken hinunter. Auf eine Verlängerung der Feierlichkeiten war er überhaupt nicht vorbereitet. Nicht, dass er keine Ideen hatte, o nein! Ihm würde bestimmt etwas einfallen, um die Bewohner von Pantena zu unterhalten, da war er sich ganz sicher. Aber nun kam alles doch ein wenig plötzlich für ihn.

„Seeehr viel länger!“, schmunzelte der König. „Ein Jahr. Oder, vielleicht auch zwei!“ Er zwirbelte sich verzückt den langen Schnurrbart.

„Z... Zw... Zwei Jahre?“, stammelte Gundur und er merkte, wie ihm ganz schwindelig wurde. Einen Tag länger oder vielleicht auch eine Woche, und selbst das hatte es bisher noch nie gegeben. Aber gleich zwei Jahre! Und noch bevor er sich fragen konnte, woher er um alles in der Welt so schnell die Ideen für ein so langes Fest nehmen sollte, huschte ihm ein Gedanke durch den Kopf: Wenn die Leute auf Pantena jetzt länger feierten, dann würde der Mond schon längst nach Montena weitergezogen sein. Ein Mondfest ohne Mond! War so etwas überhaupt möglich? Er äußerte die Bedenken gegenüber seinem König.

Doch der lachte nur und rief: „Natürlich werden wir einen Mond haben!“

„Aber eure Einzignasigkeit, welchen denn?“

„Gundur, mein lieber Gundur“, schmunzelte der König, „dafür ist gesorgt. Komm, ich möchte dir etwas zeigen.“

Der König zog seinen Hofnarren auf den Balkon des Thronsaales, wo ein riesiges Fernrohr stand. „Schau selbst!“

Gundur beugte sich vor und lugte durch das Fernrohr hindurch. Was er dann sah, erschrak ihn so sehr, dass er glaubte, seinen Augen nicht mehr trauen zu können. Vor ihm schwebte wunderschön leuchtend der kreisrunde Mond und um ihn herum war ein dickes Seil gewickelt, das bis hinunter nach Pantena reichte. Gundurs Blick folgte dem Seil. Es endete unterhalb des Balkons, auf dem er und der König standen, im Palastgarten, drüben an der großen Trauerweide beim Goldfischteich.

„Siehst du, mein guter Gundur“, lachte der König voller Stolz und klopfte seinem Hofnarren auf die Schulter, „es wird einen Mond geben. Nun brauchen wir nur noch einige deiner guten Ideen und es wird das größte und schönste Mondfest, das es je auf Pantena gegeben hat.“ Er rieb sich die Hände, stolzierte zurück in den Thronsaal und ließ Gundur alleine auf dem Balkon zurück.

‚Ich weiß nicht so recht‘, dachte der Hofnarr bei sich, ‚irgendwie habe ich kein gutes Gefühl bei dieser Sache.‘ Er stand noch eine Weile da und schaute den Mond an, wie er an Pantena gefesselt am Himmel leuchtete. Dann ging er in sein Turmzimmer, um Ideen für die nächsten zwei Jahre zu sammeln.

 

 

Tage vergingen und der König hatte im ganzen Land die große Neuigkeit verbreiten lassen, dass das Fest für viele, viele Wochen weitergehen würde. Wie groß war da der Jubel unter den Leuten von Pantena! Morgen für Morgen zogen sie in Scharen zum Palast und ließen ihren König für diese großartige Idee hochleben. Wahrlich, dieser Einfall war ihres Königs würdig, da waren sich alle einig. Alle, bis auf einen.

Jedes mal, wenn Gundur vom Turmzimmer aus den angebundenen Mond betrachtete, wurde ihm ganz weh ums Herz. ‚Du armer, armer Mond‘, dachte er dann, ‚möchtest gern weiterziehen und kannst nicht fort. Wie ein Gefangener hängst du dort an deinem Seil fest.‘ Und dann hatte er den Eindruck, als zöge der Mond an seinem Seil und versuchte, sich zu befreien. Und er dachte an all die traurigen Leute von Montena, die seit Tagen auf den Mond warteten und sich sicherlich fragten, was wohl mit ihm geschehen sei. Schließlich konnten sie ohne den Mond ihr Fest nicht beginnen. Ganz besonders aber taten ihm die Kinder leid, denn sie freuten sich immer am allermeisten auf das Mondfest. Und so, eines Abends, als Gundur wieder einmal diesen quälenden Gedanken nachhing, fasste er einen Entschluss. Er musste all seinen Mut zusammennehmen und seinen König darum bitten, den Mond endlich weiterziehen zu lassen. O, wie würde sein König da wütend werden, wenn er, Gundur, es wagen würde, diese Bitte an ihn zu richten! Schon jetzt zitterte er am ganzen Leib, wenn er daran dachte, wie der Thronsaal vom Gebrüll des Königs widerhallte. ‚Aber‘, dachte Gundur, ‚mein König ist ein weiser Herrscher. Er muss doch einsehen, dass es nicht richtig ist, den Mond an Pantena zu binden und damit all die Leute auf Montena um ihr Mondfest zu bringen und sie schrecklich traurig zu machen.‘

So stiefelte er die Treppen von seinem Turmzimmer hinab, huschte über den Palasthof und stand kurze Zeit später vor der schweren goldenen Tür des Thronsaales. Er atmete noch einmal tief durch und wollte zaghaft an die Tür klopfen, da bemerkte er, dass sie einen Spalt weit geöffnet war. Aus dem Raum drang ein aufgeregtes Stimmengewirr an seine Ohren.

„Das kommt überhaupt nicht in Frage“, hörte er eine Stimme wütend rufen. Es war der König von Pantena. „Der Mond bleibt hier!“

„Aber eure Nashochwohlgeborenheit, ich flehe euch an! Seit über einer Woche warten die Leute auf Montena bereits auf den Mond, damit das Fest auch bei ihnen beginnen kann. Alle sind schon ganz fürchterlich traurig.“

Gundur erkannte die zweite Stimme sofort. Es war Futo, der königliche Berater. „Vielleicht sollten Eure Nasohoheit doch in Erwägung ziehen ...“ Aber weiter kam er nicht.

„Niemals!“, brüllte der König. „Ein allerletztes Mal: Der Mond bleibt hier!“

„Aber Eure Langnasigkeit, so wird es vielleicht Streit geben. Man sagt, der König von Montena habe bereits Bogenschützen zusammenrufen lassen. Er gibt Euch noch drei Tage, um den Mond freizulassen.“

„Das ist eine Unverschämtheit!“, rief der König, „Ich habe alle Leute von Montena zu uns eingeladen. Und das ist der Dank?“

„Nun, sie möchten eben lieber selber feiern“, entgegnete Futo mutig.

„Nein, nein, und nochmals nein“, schrie der König und seine Stimme überschlug sich vor Wut. „Sollen sie doch zu uns kommen. Und wenn sie das nicht wollen: bitte sehr. Nur, der Mond bleibt hier!“

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752114201
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (November)
Schlagworte
Erstleser Vorlesebuch Märchen Kindersachbuch Sachbilderbuch erstes Lesealter Kinderbuch Sagen Legenden

Autor

  • Hagen Röhrig (Autor:in)

Hagen Röhrig wurd in Pinneberg, Schleswig-Holstein geboren. Er wuchs in Gorxheimertal auf und lebt heute in Weinheim an der Bergstraße. An der Universität Heidelberg hat er Anglistik und Geographie studiert. In seiner Magisterarbeit ist er der Frage nachgegangen, wie der Vampiraberglaube wissenschaftlich erklärt werden kann und sich in der Literatur wiederfindet.
Zurück

Titel: Die Mondnarren