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Shit happens: Wahre Geschichten, die das Leben schrieb

von Inga Voigt (Autor:in)
23 Seiten

Zusammenfassung

Das Leben ist nicht immer einfach. Manchmal stellt es einem ein Bein. Manchen Leuten auch schon mal zwei. Zu den Letzten gehöre eindeutig ICH. Es läuft in den seltensten Fällen reibungslos. Aber das bin ich gewohnt. Als es geschah, konnten wir nicht immer gleich darüber lachen aber jetzt sind ein paar Jahre vergangen und ich möchte Euch heute daran teilhaben lassen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Es geschah in Berlin Reinickendorf, am 03.Dezember 1989

nach einer wahren Begebenheit

Kapitel 1 Es kommt immer anders

Eigentlich wohnten wir in einer recht freundlichen Straße, in einem freundlichen Haus mit wirklich freundlichen Menschen. Doch, doch, das muß einmal gesagt werden.

All’ diesen Nachbarn sind diese Zeilen gewidmet, um uns bei ihnen für ihr Verständnis, ihre Geduld und vor allem für ihre Hilfe zu bedanken.

Der Vollständigkeit halber sollte ich ein wenig ausholen.

Unser Hausbesitzer wollte seinen Mietern eine Freude bereiten und ließ teilweise sehr materialmüde Fenster - um es freundlich auszudrücken - erneuern. So sollten wir im September/Oktober 1989 für die Küche und das Schlafzimmer je ein Isolierfenster bekommen. Alles wurde genau nach Maß angefertigt. Unser Haus wurde anno 1907 gebaut – gilt somit als Berliner Altbau - und dadurch waren die Fenster ungewöhnlich hoch. Als nun die schönen neuen Fenster eingebaut werden sollten, nahm ich mir einen freien Tag, um den Herren Kaffee zu kochen und mit meinem (Nicht-) Fachwissen zur Seite stehen zu können. Wir hatten mittlerweile November und draußen war es auch nicht mehr sehr warm, also blieb ich die meiste Zeit im Wohnzimmer und ließ mich nur ganz selten in den Baustellen blicken.

Alles lief reibungslos und bald war das Küchenfenster eingebaut. Als die beiden Handwerker im Schlafzimmer zugange waren - die Möbel hatten wir wohlweislich auf das Wohn- und das kleine Zimmer verteilt - schlich ich mich in die Küche.

Da lachte mich ein neues herrliches Fenster an. Man konnte den unteren Flügel ankippen oder ganz öffnen und sicherlich war das Fenster auch besser zu putzen. Während ich hausfrauenfach-männisch das Fenster prüfte, fiel mir auf, daß sich der Griff auf der falschen Seite befand! Schock laß nach. Öffnete man den Flügel, so stand dieser mitten in der Küche! Beulen und evtl. Kopfwunden waren also - zumindest bei mir – vorprogrammiert.

Während ich noch grübelte, ging die Tür auf und einer der beiden Fachleute schaute herein: „Am Schlafzimmerfenster hängt ein Kabel, ist das wichtig?“ Ich hatte keine Ahnung wovon er sprach aber es konnte nur das Telefonkabel sein. „Warum?“ „Na ja, wir haben es soeben zerhackt!“ Ich düste ans Telefon - bingo - es war das Telefonkabel!!! Nun wurde mir restlos klar, daß ich es hier mit Fachleuten zu tun hatte.

Nachdem ich mich von meinem 2. Schock erholt hatte, ging ich in das 1. OG und rief von meiner Nachbarin und Freundin, den Chef der Firma an und ließ Dampf ab! Zuerst verstand er mein Wehklagen nicht, denn ich telefoniere doch gerade mit ihm, wie könnte denn da das Telefonkabel entzwei sein?

An dieser Stelle sei angemerkt, daß wir noch kein Handy besaßen (gab es die damals eigentlich schon?).

Dann erklärte er mir, daß der Schaden bezahlt und das Küchenfenster selbstverständlich „umgetauscht“ wird. Gegen 14 Uhr rückten die beiden – wahrscheinlich Facharbeiter für Fenstereinbau – ab. Auf meine Frage, warum die Fenster nicht eingeputzt werden, denn so blieb rund um das Fenster ein Spalt von bis zu 4 cm offen, hieß es: da käme eine andere Firma, ca. Mitte nächster Woche! Zur Erinnerung: Wir hatten November!!

Somit stand fest, daß ich einen weiteren freien Tag nehmen müßte. Da das Küchenfenster auch erst wieder angefertigt werden mußte, wurde mir schlagartig klar, in den nächsten Tagen wird das auch nichts.
Also versuchte ich die Staub,- Mörtel- und sonstigen Dreckschichten zu beseitigen.

Nach 5 Stunden war ich Siegerin über meine Küche.

Das geschah am Freitag und Samstag...

Kapitel 2 Sonntagmorgen mal anders

Es wäre sicherlich ein ganz normaler Sonntag geworden mit frühstücken, Zeitung lesen und Spaziergang.

Aber...

Bernd, mein lieber Lebensgefährte (wir lebten damals noch in einer ‚wilden Ehe‘), stand früh – so gegen 10 Uhr 30 - auf, um das Frühstück vorzubereiten, wie jeden Sonntag.

Allerdings führte ihn sein Weg nicht in die Küche, sondern zuerst in das gegenüberliegende Wohnzimmer, denn von hier vernahm er ungewöhnliche Geräusche.

„Liebes“ (damit meinte er mich) „Kommst Du mal?“ das klang in meinen Ohren weder erschreckend, noch beunruhigend, also schlüpfte ich in meine Hauspampuschen und schlenderte ins Wohnzimmer. Angestrengt lauschten wir beide zur Decke. Das war weder Orgelmusik, noch Streit oder Gepolter, wie sonst üblich um diese Zeit.

Was mich hier erwartete, ließ mich zur Salzsäule erstarren!

Nein, es klang viel mehr nach den Triberger Wasserfällen! Erst wurde die linke Wand ganz langsam feucht, dann die rechte Wand! Und dann hieß es: rette sich wer kann, Frauen und Kinder zuerst...

Wir standen im Wohnzimmer wie zwei hypnotisierte Kaninchen vor der Schlange! WASSER !! Petrus war eindeutig unschuldig daran, denn draußen schien die Sonne und wir wohnten im Hochparterre. Nachdem wir uns von unserem ersten Schreck erholt hatten, raste ich im Morgenrock - der Gott sei Dank an seinem Platz hing - noch herrschte ja schließlich Ordnung - in den ersten Stock. Aus der über uns liegenden Wohnung war verräterisches Rauschen zu vernehmen. Alles Klingeln und vornehmes Klopfen - á la Fred Feuerstein - half nichts!!

Hier konnten nur noch die Retter für alle Notfälle helfen. Da ich sie alle Jubeljahre anrufe, dies war das 1. Jubeljahr, stand ich hilflos vor der tollsten Erfindung, die es je gab. (Bernd, mein bester Lebensgefährte von allen, hatte am Vorabend eine Listerklemme in das Telefon eingebastelt, damit wir telefonieren konnten.) War es nun 110 oder 112 ? Zum Glück steht die Nummer ja auf dem Apparat. Nach ca. 8 Minuten erklang das erlösende Tatütata!

Nachdem die freundlichen Helfer in der Not sich davon überzeugt hatten, daß immer noch niemand in der Wohnung über uns zu Hause war, öffneten sie die Wohnungstür mit Schuhgröße 46 und drehten den Wasserzulauf der Waschmaschine zu. Geschafft. Aber es rauschte weiter. Dies wäre nur Restwasser aus der Decke, meinten die Retter, das ist ganz normal. Aha.

Inzwischen hatten wir beide unseren Haushalt geplündert und alle Eimer, Schüsseln und Schalen herbeigeschleppt. Unsere Nachbarn stellten auch ihren Haushalt zur Verfügung.

Der Tumult hatte mittlerweile einige Helfer auf den Plan gerufen, die sämtliche elektrischen Geräte, wie Fernseher, Radio und so weiter gleichmäßig auf die übrigen Zimmer verteilten. Bücher, Dekorationen und Möbel verschwanden irgendwo - teilweise suche ich sie heute noch.

Irgendjemand kam endlich auf die tolle Idee den Haupthahn im Keller zu schließen, denn das Wasser rauschte noch immer! Der Hausmeister, der den Schlüssel für den Keller hatte - war nicht da! Einen zweiten Schlüssel gab’s im 3. OG - leider war hier auch alles ausgeflogen! Großartig.

Und es rauschte.

Der Teppichboden stand unter Wasser. Bücher raus, Eßstühle raus. Guten Morgen, ja wir haben einen Wasserschaden, helfen? Ja, prima. Der Sessel muß raus.

Und es rauschte.

Wohin mit dem Sessel? Keine Ahnung, irgendwohin. Bilder runter, Lampen raus - alles ins Nebenzimmer.

Und es rauschte.

Dann die Erlösung: der 3. Stock kam nach Hause. Ja, wir haben einen Wasserschaden... Wenn es noch lange dauert, dann haben wir auch noch einen „Dachschaden“. Endlich stellte jemand den Abstellhahn ab! Es war die Rettung.

Da standen wir nun alle Betroffenen und Helfer und lauschten... Es wurde langsam leiser und leiser aber es rauschte immer noch. Verflixt, das war bestimmt der falsche Hahn. Jeder Aufgang hat schließlich seinen eigenen Abstellhahn! Warum sagt einem denn keiner sowas? Wir haben zwei Aufgänge!

Und es rauschte.

Noch mal in den Keller, dann hatten wir endlich den Haupthahn gefunden.

Mittlerweile war es Nachmittag geworden. Unsere Wohnung sah aus, wie nach einem mittleren Bombenangriff. Das Wohnzimmer war halb ausgeräumt und bis zum Abend dann ganz leer. Wir hatten uns platzsparend ein Wohn/Schlafzimmer mit Kochgelegenheit eingerichtet. Das Einzige, was wir hundertprozentig wußten, war, daß die Schrankwand - zur Hälfte - und die Couchgarnitur komplett im 1. OG bei unseren Freunden standen. Der Rest war irgendwo, nur das Bad war verschont geblieben.

Der einzige Grund, weshalb wir nichts im Bad unterstellen konnten, war der Tatsache geschuldet, daß das Bad 84cm breit und 3,74cm lang war. Mit anderen Worten : rückwärts rein und vorwärts wieder raus. Trotzdem schafften wir es beide uns gleichzeitig im Bad aufzuhalten (einer in der Dusche, einer am Waschbecken) und unser Hund, ein Hovawart, in der Größe eines Langhaarschäferhundes mußte unbedingt auch noch gucken kommen, wo denn seine Menschen blieben.

Immerhin reichte es aus für eine Dusche, ein WC und ein Handwaschbecken, sowie einen kleinen Rattanschrank.

Lebenswichtige Fragen wie: wo ist die Fernbedienung für den Fernseher, konnte und brauchte nicht beantwortet zu werden, denn wo der TV stand, wußten wir ja auch nicht.

Gegen 21 Uhr hatten wir dann auch den Teppichboden und die Fußbodenpappe raus, nebst etlichen Zeitungen von 1954/55. Da wir in der glücklichen Lage sind Leute zu kennen, die bereit sind auch nach Dienstschluß uns unbürokratisch zu helfen, konnten wir unseren Müll in zwei Autos verstauen, abtransportieren und umweltgerecht entsorgen. Ergebnis: 1 verdrecktes Auto und 1 Auto, das unter Wasser stand.

Bernd hatte ja das Telefonkabel notdürftig geflickt, so daß wir wenigstens unseren Vermieter (in Hannover) unterrichten konnten. Zu ihm entwickelten wir im Laufe der nächsten Monate noch einen richtigen „heißen“ Draht.

Die Reparatur des Telefonkabels stellte sich wohl als schwieriger heraus, als ursprünglich angenommen werden konnte. Der erste Mechaniker meinte, man könne eine Listerklemme zur Überbrückung verwenden (Witzbold, die klemmte schon) und dann von der Fenster-Einputz-Firma einfach mit verputzen lassen. Ob er nicht eventuell ein neues Telefonkabel einfach verlegen könne? Nein, er habe dafür nicht das geeignete Material dabei! *häää?* Da müsse ein anderer Kollege noch mal kommen. An dieser Stelle fiel mir die Reklame einer bekannten Zigarettenwerbung ein: aber aber, wer wird denn gleich in die Luft gehen?

In den darauffolgenden Tagen gaben sich Versicherungsagenten, ein Ar(s)chitekt und verschiedene Bauleute die Klinke in die Hand. Das Rauschen (in der Decke) hatte nun längst aufgehört und ging in ein verhaltenes Tröpfeln über.

Also alle meinten, wir sollten mal unsere abgehangene Decke im Wohnzimmer öffnen und nachschauen, was uns denn dort so erwartet... Also flugs eine Leiter und Werkzeug geholt. Mein bester Lebensgefährte von allen, öffnete ganz vorsichtig die erste Platte - und erhielt eine kostenlose Dusche! Das Wasser hatte sich oberhalb der Styroporplatten gesammelt und stürzte nun hinunter. Wo waren noch gleich die Eimer und Schüsseln?

Keine Frage, die Styroporplatten mußten alle runter !

Nachdem die Platten runter waren, besahen wir uns die Originalecke. Sie wölbte sich wie der Bauch einer hoch Schwangeren! Und uns wurde klar, die muß auch noch runter!

In keiner anderen Wohnung verläuft das Wasser- oder Abflußrohr der oberen Wohnung durch ein darunterliegendes Wohnzimmer - aber bei uns. In den übrigen Wohnungen über uns sind an jener Stelle, wo unser Wohnzimmer ist - ein Bad. Aha. Überall wurden vor Jahren neue Rohre eingezogen, nur auf dem letzten Stück nicht, da wäre noch ein altes Bleirohr, erklärte uns der Vermieter. Waren es damals Sparmaßnahmen? So fragten wir den Ar(s)chitekten - da die Ursache des Wasserschadens noch nicht feststand - ob es nicht besser wäre, daß olle Bleirohr gleich mit zu erneuern? Das würde zwar bedeuten, daß die Wand, ca. 3,60m Höhe und 4m Länge, ebenfalls abgeschlagen werden müsse, aber wenn Dreck, dann richtig. Hierzu war er nicht bereit, evtl. liege die Ursache in der Decke und dann wäre diese Aktion Quatsch!

Außerdem müsse die Decke erst einmal austrocknen (ca. 3 Wochen) und dann abgeschlagen werden - ach was.

Kapitel 3 Frauen haben ja doch alle keine Ahnung

Mittlerweile war Weihnachten vorbei und es war alles unverändert. Unsere 3-Zimmerwohnung bestand aus einem „brauchbaren“ Zimmer sowie Küche und Bad. Dann kam endlich der erlösende Anruf: die Maurer kommen! Nun mußte unser brauchbares Zimmer total gesperrt und das Schlafzimmer freigelegt werden. Also, wieder umräumen. Im Wohnzimmer wurde nun ein Gerüst aufgebaut und innerhalb von 4 Tagen lag die gesamte Decke auf dem Fußboden! Schutt in Höhe von 30cm in 24m² verteilt! Ein himmlischer Anblick, hat man nicht alle Tage und läßt garantiert jedes Hausfrauenherz höherschlagen!

Wir hatten nun schon Februar und da just war das Küchenfenster zum Einbauen lieferbar! Eigentlich kam es nun auch schon nicht mehr darauf an! Ja, sie können kommen. Also, noch mal von vorne: Küche ausräumen - aber wohin? Chaos - laß’ nach. Diesmal hatte ich aber darauf bestanden, daß alle Arbeiten an einem Tag durchgeführt werden. Aber Termine machen ist ja so schwer.

An einem Freitag sollte es dann soweit sein, ok. Abends war wenigstens das überstanden. Bernd war zum Sport gefahren und ich gönnte mir mal wieder ein bißchen Solarium.

Als ich nach Hause kam und die Wohnungstür hinter mir geschlossen hatte, blieb ich wie angewurzelt stehen. War da nicht ein Geräusch im Wohnzimmer...? Tropf, tropf, tropf! Ich riß die Tür auf, genau 30 cm, denn dann kam ja das Gerüst - Land unter!! Ich hastete unter das Gerüst und stellte eine große Wasserlache auf dem Boden fest. Endlich hatten wir wieder einmal fließend Wasser von der Wand und es rauschte.

Und wieder einmal suchte ich Gefäße und fing das tolle Naß auf. Ab in den 1. Stock, der Nachbar, wie anfangs wurde von mir sofort wieder verdächtigt. Er war natürlich auch diesmal nicht zu Hause, wie immer. Nächste Wohnung. Erfolg. Er habe nur ferngesehen, sonst nichts. Mein Nervenzustand nahm beängstigende Formen an. Also hastete ich zurück mit hängenden Ohren. Was könnte ich nun noch machen? In meiner Not rief ich im Büro des Architekten an. Es stellte sich heraus, daß er sich ein Bein gebrochen hatte beim Skaten (in DEM Alter noch skaten ???) und im Krankenhaus lag! Nächster Anruf im Krankenhaus - er schicke morgen!!! jemanden vorbei und ich solle doch nicht so aufgeregt sein und erst einmal einen Eimer darunter stellen. Armleuchter, mein Pulsschlag stieg!

Plötzlich klingelte es an der Wohnungstür. Der Nachbar, der nur ferngesehen hatte, stand vor mir. „Du, ich habe noch mal nachgedacht“ (bei dem Alkoholpegel dauerte so was wohl länger) „Ich habe vorhin Wäsche gewaschen“ Ach so! Es lag aber nicht an ihm oder an seiner Waschmaschine, sondern wirklich an den Rohren in der Wand, wo zwei Stränge in das Bleirohr einmündeten. Diese Nacht schliefen wir zum ersten Mal g a n z ruhig ein, denn jetzt wußten wir endlich wo der Schaden war.

Kapitel 4 Die Handwerker

Ab Montag arbeiteten nun Rohrleger und Maurer gleichzeitig. Das Wasser wurde im ganzen Haus - wieder einmal - abgestellt. Artig befestigte ich einen Hinweiszettel an den Briefkästen. Da unsere Maurer lieber Bier als Kaffee tranken, sicherheitshalber auch einen Zettel an unserer Klotür, denn Bier treibt bekanntermaßen. Auf diesem Zettel stand: KLO - gesperrt. Peng. Ich ging davon aus, daß die Maurer wüßten warum. Fehldiagnose. Während ich in der Küche leise vor mich hinarbeitete (Arbeit, die ich aus dem Büro mitgebracht hatte), hörte ich den klugen Satz: „Wat denn, kann man hier nich‘ mal mehr pinkeln jeh’n?“ - Eben echte Berliner. Tja, scheinbar redeten die Handwerker doch nicht miteinander, oder?

All’ die übrigen Wochen hatte meine Mutti das Haus gehütet aber erst jetzt wußte ich, was sie ertragen hatte.

Nachdem das Bleirohr freigelegt war, kam der Architekt zu der Erkenntnis, daß das Rohr ausgetauscht werden müsse, da es aus Blei wäre! Also total veraltet und verrottet! Welch’ eine Überraschung!

Das Rohr wurde ausgetauscht, die Wand verputzt. Nun brauchten wir auch nicht mehr lange auf die neue Decke warten. Schade, eigentlich hatten wir uns schon daran gewöhnt, den Nachbarn über uns bei der morgendlichen Badezimmer-Routine zusehen zu können. Die Dielen lagen so hervorragend, daß man ohne Probleme hindurchsehen konnte.

Aber wir wissen ja, was sich gehört.

Nun hatten wir eine wunderschöne neue Decke in 3,60m Höhe. Da sie nicht mehr abgehangen wurde, können wir nun einen Gasstutzen in der Mitte bewundern (der bisher nicht zu sehen war, w e i l die Decke abgehangen war), der uns an die 3 monatige Bauphase erinnert. Da die Wand, wo der Rohraustausch stattfand auch nicht so isoliert wurde wie vorher, hören wir nunmehr alle Wassergeräusche aus drei Etagen.

Ausgerechnet an dieser Stelle steht unsere Eßecke. Nun ja, wird das Radio oder der Fernseher eben etwas lauter gestellt.

Damit war aber eigentlich unsere Baustelle noch nicht total beseitigt. Überraschend teilten unsere Maurer dann mit, daß sie heute am Freitag alles besenrein verlassen werden, weil sie fertig sind. Ein Zauberwort. Uns hatte der hervorragende Architekt mehrmals versichert, daß er alles fest im Griff habe. So riefen wir den Maler eigentlich nur an, um ihm mitzuteilen, daß wir uns die Tapete in seinem Geschäft ausgesucht hätten und alles bereit liegt, so daß er am Montag mit seiner Arbeit beginnen könne. Erst holte er tief Luft und dann fragte er:

“Wieso Montag, alle meine Leute sind auf irgendwelchen Baustellen!“ Es hatte ihm also niemand gesagt, daß er noch eine weitere Baustelle hat. Auch der hervorragende Architekt war etwas überrascht, wo er doch alles fest im Griff hatte.

Aber die Maler waren schneller mit ihrer Arbeit fertig, als sie damit begonnen hatten. Eine wirklich gute Firma und eine Wohltat für meine wahrlich strapazierten Nerven.

Endlich war das Wohnzimmer fertig. Mein lieber Schatz und ich standen fasziniert im Raum und hätten eigentlich glücklich und zufrieden sein können.

Plötzlich fragte er mich: „Liebes, weißt du, eigentlich sind wir doch Dreck gewöhnt. Wollen wir nicht gleich die g a n z e

r e s t l i c h e Wohnung renovieren?“ ...

P.S. Wir haben es wirklich getan!!!

Kapitel 5 F O R T S E T Z U N G

2. T E I L

Es gibt Dinge im Leben, von denen man glaubt: das kann dir nicht passieren. Es gibt aber Menschen, denen passiert so etwas gleich zweimal.

Ich erinnere mich so, als wäre es erst gestern gewesen:

Wir schrieben den 10. Mai 1994, es war ein wunderschöner Dienstag, als ich mich auf den Feierabend vorbereitete und seelenruhig Richtung Heimat fuhr. Ich parkte wie jeden Tag mein Motorrad im Garten und malte mir aus, ein Schattenplätzchen unter dem Kirschbaum zu suchen und zu entspannen.

Nachdem ich meine Maschine aufgebockt und abgedeckt hatte, schlenderte ich Richtung Wohnung. Im Treppenhaus war ein merkwürdiger Tumult, dem ich allerdings nicht allzu viel Aufmerksamkeit schenkte. Zwei oder drei Nachbarn unterhielten sich im 2. Stock in hoher oder war es schon schriller Tonlage, über irgendwas Außergewöhnliches. Da ich ein höflicher Mensch bin, horchte ich selbstverständlich nicht zu, schloß die Wohnung auf, stellte meine Tasche ab und betrat das Wohnzimmer...

Beim Schließen der Tür dachte ich noch: hier riecht’s aber heute besonders muffig - abgestanden - feucht... Just in diesem Moment berührte mein rechter Fuß den Teppichboden des Wohnzimmers.

Feucht??? Das war naß!! Quietschnaß!!

Das darf doch nicht wahr sein!! So schnell ich konnte, raste ich ins Treppenhaus - hier war noch immer Tumult, den ich nun auch verstehen konnte und wollte. Meine sonst so ruhige und tiefe Stimme nahm eine keifende Tonlage und ungewohnte Lautstärke an. Ich brüllte den erst besten Nachbarn an. „Wolfgang, in...“ weiter kam ich nicht, denn er beruhigte mich, daß diesmal insgesamt fünf Wohnungen den Triberger Wasserfällen glichen und nunmehr - nach meinem Eintreffen - alle Betroffenen versammelt seien. Ein Blick in die Runde bestätigte mir seine Aussage. Unter so vielen Leidensgenossen fällt einem das eigene Schicksal nicht mehr so schwer.

Während wir noch alle diskutierten vernahm ich das Motorengeräusch eines weiteren ankommenden Motorrades - mein bester (mittlerweile) Ehemann von allen - nahte! Selbstverständlich sollte auch er sofort unterrichtet werden und so eilte ich ihm entgegen. „Schaaaatz“ begrüßte ich ihn liebevoll, „ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für dich, welche möchtest du zuerst hören?“ Er entschied sich zuerst für die Schlechtere, das fand ich nicht so gut und teilte ihm erst die gute Nachricht mit, nämlich, daß ich schon zu Hause sei, was er auch ohne meine Worte unschwer erkennen konnte. Wir machen immer einen kleinen Wettbewerb, wer als Erster zu Hause ist. „Und nun die schlechte Neuigkeit: Das Wohnzimmer steht unter Wasser.“ Ich setzte ein besonders harmloses Lächeln auf und erreichte mein Ziel. Er glaubte es mir nicht. So ließ ich ihn dann allein in die Wohnung gehen und die Eingangstür offen um besser hören zu können, was er sagte. Stattdessen schoß er wie ein geölter Blitz an mir vorbei aus der Wohnung, na ja und da standen alle bereits versammelt vor ihm und grinsten.

Da nun 3/4 des Wohnzimmers (Teppichboden), incl. der Zweiercouch, ein Teil der Dreiercouch sowie die Stühle der Eßecke, der Tisch, Bilder und die Lampe über der Eßecke unter Wasser standen, unser Videogerät sich in ein laufendes „Wassermodell“ verwandelt hatte und auch in der Obstschale, die auf dem Tisch stand, nebst weiterer Dekorationen alles schwamm, konnten wir ja in aller Ruhe überlegen, wer für den Schaden verantwortlich ist. So setzten wir unseren Nachbar-small-talk im Treppenhaus fort und bald war auch hier der Sündenbock erkannt. Er, genauer gesagt war es ein weiblicher Sündenbock, wohnt im dritten OG, in der Mittelwohnung.

Irgendwann hatte Wolfgang schon den Hauptwasserhahn geschlossen (den kannten wir noch vom letzten Wasserrohrbruch 1989). Der gesamte Troß trabte nunmehr in den dritten Stock, um der Übeltäterin die Ohren zu verknoten aber wie das immer so ist, war sie nicht anzutreffen - sie war ausgeflogen - .Vielleicht war das auch ihr Glück, sonst würde sie heute wohl nicht mehr hier wohnen. Da man sich aber in den Familienverhältnissen auskennt, wußten wir auch wo die Eltern von - nennen wie die Übeltäterin mal Marina - wohnen. Der Vater eilte dann auch umgehend herbei, öffnete mit einem Zweitschlüssel die Wohnung und erkannte die Ursache allen Unheils: im Badezimmer war der Wasserhahn voll aufgedreht, aus dem zwar jetzt kein Wasser mehr lief aber die Stellung des Hahnes war eindeutig. Dies wäre mit Sicherheit kein Grund gewesen für die Überschwemmung. Das wäre auch viel zu einfach, denn unter normalen Umständen wäre das feuchte Naß ja auch in die Badewanne gelaufen. So aber hatte „frau“ den Schwenkhahn ganz an die Wand gedrückt, wo die Wanne natürlich nicht mehr schützend darunter stand und somit war den Wassermassen auch kein Einhalt geboten...

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739340524
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (März)
Schlagworte
Begebenheiten wahr Schmunzelgeschichten Humor Satire Parodie

Autor

  • Inga Voigt (Autor:in)

Ich bin 1950 in Berlin-Kreuzberg geboren und in Charlottenburg aufgewachsen.. Nach meiner Ausbildung zur Apothekenhelferin, habe ich sehr bald den Beruf gewechselt und habe 40 Jahre im Öffentlichen Dienst gearbeitet. Die letzten 25 Jahre im gehobenen Dienst. Ich bin verheiratet, aber ich habe keine Kinder, keinen Hund und keine Katze . Ich wünsche Dir viel Spaß beim Lesen
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Titel: Shit happens: Wahre Geschichten, die das Leben schrieb