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Das Amulett des Todes

von Ben Lehman (Autor:in)
150 Seiten
Reihe: München-Krimi, Band 4

Zusammenfassung

Während Wanninger sich bei Kaffee und Kuchen für ein paar Wochen verabschiedet, weil er an der Hüfte operiert wird, ahnt das Team der K3 noch nicht, auf welchen schwierigen und tiefe Spuren bei der K3 hinterlassenden Fall es diesmal stößt. Denn in einem Münchner Luxushotel, dem Dardano-Hotel, wird die berühmte Tennisspielerin Jasmin Landau brutal vergewaltigt und ermordet. Und: Das Herz fehlt. Das einzige Stück, das am Tatort gefunden wird, ist ein Anhänger, eine Art Tier mit grünen und blauen Steinchen auf einem goldfarbenen Blechträger. Ansonsten findet sich nichts außer Gummispuren. Eine heiße Spur, die es zu geben scheint, gehört zu einem anderen Fall, einer Vergewaltigung. Eine weitere führt zu einem ermordeten Mann, der auch ohne Herz aufgefunden … und bei dem ebenfalls ein Amulett gefunden wurde. In nächtelanger Kleinarbeit durchsucht die K3 die Videos des Dardano-Hotels nach Hinweisen auf den Mörder. Aber niemand findet einen Hinweis – außer Lena Paulsen, die zu später Stunde noch aufbricht, um diesen zu überprüfen. Ab diesem Zeitpunkt gerät alles ins Wanken und pure Verzweiflung macht sich breit in der K3 und bei Sven Paulsen, Lenas Ehemann. Und dann kommt auch noch das dicke Ende … Ein Kriminalroman, der betroffen macht, nachdenklich stimmt und nicht nur unter die Haut geht. Ein Roman, der verdeutlicht, welchen Gefahren Kripobeamte tagtäglich ausgesetzt sind und welche Bürden sie mit ihrem Beruf auf sich nehmen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Prolog

München hat verschiedene Gesichter. Viele Bewohner, aber auch Gäste, lieben genau deswegen diese einmalige Stadt. Wie begeistert sind die Massen zum Beispiel vom jährlich stattfindenden Oktoberfest, das allerdings, typisch bayrisch, überwiegend im September stattfindet. Die ganze Welt reißt sich um den Rest der meist ausverkauften, sündhaft teuren Sitzplätze in einem der Riesenzelte, die in Wirklichkeit gewaltige Architekturwunder für Tausende Bierfans, um nicht zu sagen Saufkumpane, sind. Warum tun sie sich das eigentlich an? Klar, dort tanzt nämlich der Bär, und wer es erlebt hat, kann das verstehen. Auch ein Spaziergang an einem Sonntagnachmittag während des Oktoberfests über die Theresienwiese ist bei Gott alles andere als ein Vergnügen. Trotzdem kommen Jahr für Jahr immer mehr Besucher aus aller Herren Länder, um wenigstens einmal dabei gewesen zu sein.

Auch die vielen Sportereignisse während des ganzen Jahres wie Fußball, Tennis, Leichtathletik, Segeln, Rudern und so weiter bewegen die Massen. Die geografische Lage Münchens bietet wirklich alles. Die Alpen vor der Haustür, wenigstens bei Föhnlage meint man das, erst recht das Voralpenland, locken im Winter Skifahrer von weit her, im Sommer die Naturfreunde und Bergsteiger. Nicht zuletzt die bayerischen Seen, Chiemsee, Starnberger- und Ammersee, begeistern die Menschen – warum denn nach Mallorca fliegen?

Auch kulturell ist München unübertrefflich. Das Nationaltheater verpflichtet die größten Gesangstars unserer Zeit, die Philharmonie die besten Orchester der Welt. Unzählige Theaterbühnen und Kunstgenüsse aller Richtungen, die fast nicht aufzuzählen sind, laden ein. Dann noch das Olympiagelände. In der Olympiahalle geben sich Popstars aus aller Welt quasi die Klinke in die Hand.

Auch wenn manch einer nicht ganz genau weiß, wo München liegt, Oktoberfest und Schwabing kennen sie alle oder behaupten sogar, schon einmal dort gewesen sein. Nicht wenige bleiben danach für immer und bringen oft noch ein Dutzend Freunde mit. Diese Stadt wächst nicht, sie explodiert.

Aber, wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten. Diese begehrte Stadt ist inzwischen, fast schleichend, äußerst gefährlich geworden. München ist längst ein Schmelztiegel vieler Nationen, mit einem unüberhörbaren und kaum zuordenbaren Sprachgewirr. Der Zuzug aus aller Welt, natürlich auch aus dem eigenen Lande, ist gerade in letzter Zeit dramatisch angestiegen. Doch nicht jeder Neuankömmling hegt edle Absichten.

Unzählige unaufgeklärte Verbrechen füllen die Akten der Münchener Kriminalpolizei und fast täglich kommen neue hinzu. Trotzdem werden die Akten von Gewaltverbrechen niemals geschlossen – und das ist gut so. Noch heute, nach 35 Jahren, wird wegen des entsetzlichen Attentats während des Oktoberfests ermittelt. Die Olympiade 1972 endete im Chaos mit sehr vielen Opfern, die unvergessen sind und es bleiben. Viele brutale Verbrechen beherrschen immer wieder die Tageszeitungen, leider nur für wenige Tage, danach werden die Titelseiten der Zeitungen für neue Kriminalfälle freigemacht. Die alten Verbrechen geraten schnell in Vergessenheit, Gott sei Dank nicht bei der Münchner Kriminalpolizei.

Deshalb gibt es im Polizeipräsidium an der Ettstraße Expertengruppen mit erfahrenen Kriminalisten, die regelmäßig, neben ihrer oft brutalen Tagesarbeit, alte, ungelöste Fälle hervorkramen und wieder und wieder Untersuchungen aufgrund neuester Erkenntnisse oder Ermittlungsmethoden durchführen. Diese Ermittler müssen Polizisten mit Leib und Seele sein, damit sie die oft schrecklichen Erlebnisse tagsüber verkraften und nach Feierabend verdrängen können, schließlich haben auch sie ein Privatleben. Zum Beispiel glänzte die Abteilung K3, unter der Leitung des erfahrenen Chefermittlers Sepp Wanninger, zuletzt wiederholt durch Aufklärung schwierigster Kriminalfälle, denen deshalb der Weg in die längerfristige Zwischenablage erspart blieb. K3 ist eine kleine Gruppe, bestehend aus dem leitenden Hauptkommissar Sepp Wanninger und seinen drei Mitarbeitern Lena Paulsen, Thomas Huber und Florian Moser. Gerade jetzt gibt es einige wichtige Veränderungen im Team, wenigstens vorübergehend, meint man. Leider steht das Team vor einem Kriminalfall, den zu lösen alle Kraft erfordern wird, falls sie es überhaupt schaffen. Keiner ahnt, dass danach nichts mehr wie früher sein wird.

1.

Jasmin Landau war seit ein oder zwei Jahren der Profi im deutschen Tenniszirkus überhaupt. Sie gewann fast jedes Match und war in der Weltrangliste steil nach oben geklettert. Im Augenblick peilte sie Platz drei an. In Düsseldorf zu Hause, befand sie sich nun in München und bereitete sich auf das Münchener Tennisturnier des Jahres vor. Der Centrecourt des TC Varitos, nahe dem Englischen Garten, wurde gerade auf Hochglanz poliert. Viele dem Tennissport verbundene Unternehmen bauten ihre Informationsstände auf, um einen Happen dieses hochrangigen Events abzubekommen, der sich später in noch größerem Umsatz niederschlagen könnte. Das vornehme Zelt, in dem alle Empfänge, Ehrungen und Veranstaltungen stattfinden sollten, war nahezu fertiggestellt. Am nächsten Morgen sollten die ersten Ausscheidungswettkämpfe beginnen. Die Qualifikanten waren bereits seit Tagen riesig aufgeregt.

Jasmin Landau war sowieso gesetzt, sonst wäre sie erst gar nicht angereist. Das dicke Antrittsgeld nebst Kostenerstattung für das Nobelhotel hatte sie bereits eingesackt. Täglich trainierte sie stundenlang auf einem eigens ihr zur Verfügung gestellten Sandplatz in der Sportschule des Tennisverbands. Wenn alles gut lief, davon ging sie selbstverständlich aus, war ihr auch noch die saftige Siegesprämie nebst der gespendeten Nobelkarosse sicher. Nach einer ausgiebigen Dusche in der Sportschule fuhr sie täglich in ihr Luxushotel in der Münchener Innenstadt und schwamm noch eine halbe Stunde im geheizten Pool auf der Dachterrasse. Das Abendessen wurde speziell nach einem für sie ausgetüftelten Ernährungsplan für Leistungssportler zubereitet, dazu trank sie stilles Mineralwasser.

Sie blickte auf die Uhr.

Vor dem Zubettgehen hatte sie sich mit ihrer besonderen und langjährigen Freundin Katja, in München zu Hause und ebenfalls Tennisspielerin, jedoch ohne nennenswerte Erfolge, auf ein Glas Sprudel in der netten Bar im Keller, oh, Verzeihung, in der Event-Etage, verabredet. Katja wartete bereits da, als Jasmin den dezent beleuchteten Raum betrat. Sie umarmten sich herzlich.

„Endlich bist du mal wieder hier“, lächelte Katja. „Du jettest ja inzwischen um die ganze Welt. Fast jede Woche lese ich im Sportteil deinen Namen. Leider komme ich nun wirklich zu kurz, das musst du schon zugeben.“

„Schoooon …, aber seit einiger Zeit wird es immer stressiger, meine Liebe“, entgegnete Jasmin. „So sehr ich den Erfolg mag, aber so richtig zu Hause bin ich inzwischen nirgendwo mehr.“

„Was hatten wir früher für eine schöne Zeit. Wie gerne und wie oft hast du mich besucht! So wunderbare Tage und erst die Nächte ...“

„Ja, ja, ich weiß, Katja, aber das wird sich wieder ändern, ich verspreche es dir. Wenn ich hier gewinne, stehe ich auf Platz drei in der Weltrangliste. Oft überlege ich, ob ich nicht aufhören sollte, sobald ich die Nummer eins geworden bin, dann ...“

„Aber Jasmin“, erschrak Katja, „du wirst doch nicht …“ Katja schüttelte entsetzt den Kopf. „Auch wenn ich deine Anwesenheit in meiner, nein, in unserer Wohnung, noch so sehr wünsche. Man hört doch nicht auf, wenn man einen Thron bestiegen hat. Ich würde das ohne Ende genießen. Du doch auch, das weiß ich. Schließlich kenne ich dich besser als irgendwer. Lass mich deine Managerin sein und dich überallhin auf der Welt begleiten.“

Jasmin überhörte den letzten Satz. „Ach, liebe Katja, vergiss mein Alter nicht. Ich werde nächste Woche neunundzwanzig, da …“

„Das ist doch kein Alter, Liebes.“

„Sagst du! Meine Knochen reden eine andere Sprache. Und dauernd diese Verletzungen, oft schrecklich schmerzhaft.“

„Das gehört eben dazu. Glaubst du vielleicht, dass deine Gegnerinnen nicht die gleichen Probleme haben?“

„Natürlich haben sie die auch, vielleicht andere, die müssen aber nicht so schmerzhaft sein. Überlege bitte, manche Mädchen sind fünf oder mehr Jahre jünger als ich. Das sind im Sport Welten, Katja, meinst du, ich erkenne das nicht?“

„Ich schlage vor, du erklimmst erst einmal den Tennisolymp und dann reden wir weiter. Aber wir müssen uns auf jeden Fall wieder regelmäßig treffen, oder hast du eine andere …?“

„Um Gottes willen, nein!“

Sie unterhielten sich noch einige Zeit, dann brach Katja auf, da sie noch eine weitere Verabredung hatte. Jasmin wollte noch ihr Glas austrinken.

Kaum war Katja verschwunden, hockte sich ein jüngerer, besonders gut aussehender Mann mit Brille neben sie. Er bestellte einen doppelten Whisky pur. Als der Barkeeper das Getränk über den Tresen geschoben hatte, nahm er einen kräftigen Schluck, atmete erleichtert aus und glotzte daraufhin starr in die bräunliche Flüssigkeit.

Jasmin beobachtete ihn aus den Augenwinkeln, sie hatte selten einen so attraktiven Mann gesehen, auch wenn sie sich für Männer weniger interessierte. Warum, in Gottes Namen, starrte er dauernd in sein Glas? Nach einiger Zeit stöhnte er tief und griff in seine linke Jackentasche. Dabei berührte er anscheinend unabsichtlich Jasmin mit dem Ellenbogen und erschrak. „Oh, entschuldigen Sie, habe Sie gar nicht gesehen“, murmelte er abwesend.

Jasmin reagierte absichtlich nicht.

Daraufhin drehte er den Kopf nach links und schien Jasmin bewusst zu bemerken: „Wenn ich gewusst hätte …“

„Ist schon in Ordnung, ich wollte sowieso gerade gehen. Herr Ober!“

„Nein wirklich“, stotterte er, „ich würde Ihnen gerne noch einen Drink anbieten, ich meine, sozusagen als Widergutmachung.“

„Noch eine Flasche Wasser?“, lächelte Jasmin und deutete auf ihr Glas.

„Ich dachte …“

„Nein, nein, falsch gedacht, ist kein Champagner. Als Sportlerin kann ich mir das nicht leisten.“

„Sportlerin? Welchen Sport üben Sie denn aus?“

„Die meisten kennen mich. Sie interessieren sich vielleicht nicht für Tennis.“

„Nein, ja, das heißt …“

„Kein Problem“, lächelte Jasmin, „gibt ja schließlich nicht nur Sport, ist aber meine Welt.“

„Dann habe ich Sie gewiss schon einmal in der Zeitung gesehen …?“

Jasmin schüttelte sanft den Kopf. „Sie brauchen nicht krampfhaft versuchen …!“

Sie verabschiedete sich vom Barkellner, mit dem sie fast jeden Abend ein paar Worte wechselte und verließ die Bar.

2.

Sie holte den Lift und wandte sich im sechsten OG nach links, ihren digitalen Schlüssel zur Suite Nummer 605 bereits in der Hand. Sie öffnete die Tür, trat ein und wollte gerade die Tür hinter sich schließen, als sie aus den Augenwinkeln registrierte, dass jemand hinter ihr stand. Sie drehte sich um und erschrak: „He, was wollen Sie?“

Es war ein Mann. Er hatte eine Gummimaske übergestülpt, eine grässliche Fratze mit blutunterlaufenen Augen, knochigem Gesicht und gefletschten Zähnen. Er war etwas größer als Jasmin. Offensichtlich hatte er einen muskulösen Körperbau. In der Hand hielt er eine Sporttasche.

„Los, hauen sie ab, ich rufe sofort den Hausdienst!“

„Immer mit der Ruhe, liebes Jasminchen.“ Die Stimme war akzentfrei und klang dumpf unter der Maske. Es war irgendwie ein gewisser Singsang.

Geistesgegenwärtig machte Jasmin einen Sprung zum Telefon, hatte den Hörer sofort in der Hand, leider kannte sie die Telefonnummer der Rezeption nicht auswendig. Blitzartig schlug ihr der Kerl, der ihr direkt gefolgt war, den Hörer aus der Hand. Als Leistungssportlerin, auch mit etwas Judopraxis, reagierte Jasmin umgehend und eiskalt. Sie packte den Typ am Arm und schleuderte ihn mit einem Hüftschwung durch die Luft. Er stürzte zu Boden und fluchte, weil sie ihn überrascht hatte. Blitzschnell sauste sie zur Tür und riss sie wieder auf, doch der Mann war sofort aufgesprungen und holte sie ein, bevor sie den Raum verlassen konnte. Er packte sie am Arm, zog sie zurück, gab der Tür mit dem linken Fuß einen Tritt, dass sie krachend ins Schloss fiel. Gleichzeitig griff er mit der anderen Hand ihr Genick und drückte sie zu Boden, er war leider wirklich sehr stark.

„Was wollen Sie von mir?“, keuchte Jasmin mit sich überschlagender Stimme und versuchte hochzukommen. Doch der Kerl drückte ihr brutal das rechte Knie in die Wirbelsäule. „War nicht schlecht, Jasminchen“, schnaufte er. „Aber nicht gut genug. Schaffst du kein zweites Mal mehr, garantier ich dir.“

„Bitte! Ich kenn Sie doch gar nicht. Was soll das?“

Mit äußerster Gewalt riss er ihren rechten Arm nach hinten, dann auch den linken, irgendwoher hatte er ein Klebeband, es dauerte nur Sekunden bis er es um beide Handgelenke geschlungen hatte, unlösbar.

„Mann! Verdammt noch mal! Reden Sie endlich! Was wollen Sie? Wollen Sie Geld?“ Jasmin kroch schreckliche Angst den Hals empor.

„Dich will ich, Jasminchen! Du arrogante Tussi!“

„Ich kenn Sie doch überhaupt nicht!“

„Und ob du mich kennst. Tausendmal habe ich an dich gedacht, jeder Brief blieb unbeantwortet. Bei jedem Anruf hast du sofort aufgelegt. Bei manchem Spiel saß ich in der ersten Reihe und habe dir zugewinkt. Du hast nicht ein einziges Mal reagiert. So seid ihr alle. Blöde Weiber! Auf einen scheiß Ball hauen und schon seid ihr die Größten.“

Jasmin jammerte: „Was glauben Sie, wie viele Sportfreunde mir zujubeln, müssen Sie doch verstehen, dass ich nicht jeden einzelnen anschauen kann. Das geht doch gar nicht!“

„Ha, ha, ha!“, blubberte es aus der Maske. „Jetzt musst du mich aber anschauen.“

Jasmins Gedanken überschlugen sich. „Kann ich aber nicht. Nehmen Sie doch endlich diese widerliche Maske ab, vielleicht erkenne ich Sie, wenn Sie immer in der ersten Reihe saßen. Kann doch sein. Bitteee!“

„Kann doch sein, bitteee“, äffte es dumpf aus der Gummimaske. „Mein Gesicht bekommst du zu sehen“, ein schreckliches Gelächter folgte, Schauer liefen über Jasmins Rücken „kurz bevor du sterben wirst.“

„Sie wissen nicht, was Sie sagen“, schrie sie heraus, „machen Sie sich doch nicht unglücklich!“

„Das bin ich schon. Jetzt komm hoch!“

Er packte Jasmin an den hinten zusammengebundenen Armen, hob sie mit Leichtigkeit hoch und warf sie aufs Bett.

„Ich schrei um Hilfe! Hilfeeee! Hilfeeee!“

Er packte das zweite Kopfkissen und drückte es ihr auf den Mund. Jasmin bekam keine Luft mehr. Kurz bevor sie meinte, ohnmächtig zu werden, riss er das Kopfkissen zur Seite. Sie keuchte röchelnd nach Luft, gleichzeitig hatte er wieder jenes ekelhafte Klebeband in der Hand. Trotz ihres nach Luft ringenden Mundes drückte er das widerlich stinkende Band auf ihr Gesicht.

„Kriegst ja durch die Nase noch genug Luft“, drang es zynisch dumpf aus der Gummimaske. Aus seiner linken Tasche holte er ein paar hauchdünne Latexhandschuhe und stülpte sie über. Jasmin beobachtete es mit Entsetzen.

Dann griff er in seine mitgebrachte Sporttasche und zog ein Teppichmesser heraus. Jasmin riss bestürzt die Augen auf, als er begann, ihr ganz langsam, dabei unendlich irre kichernd, die Kleidung vom Leib zu schneiden. Sie begann hemmungslos zu weinen.

„Heul nicht, damit du nicht vorher erstickst! Es soll doch schön werden – mit uns beiden, gell, Jasminchen?“

Können Menschen so unmenschlich sein?, dachte Jasmin.

Als er sein Werk beendet hatte, blickte er sie weise nickend an. „Schön siehst du aus, wie du so vor mir liegst, so ganz ohne, hi, hi, hi. Hätte ich mir so gar nicht vorgestellt.“

Dann umwickelte er das rechte Fußgelenk mit dem Klebeband und fixierte es am rechten Bein des Bettgestells, anschließend das linke Fußgelenk am linken Teil des Bettgestells. Jasmin lag mit gespreizten Beinen vor ihm und konnte ihre Tränen nicht mehr beherrschen, auch nicht wegwischen.

Der Maskierte begann sich auszuziehen, sie erkannte, dass er auf der Haut einen dünnen Gummianzug trug. Nur die Maske behielt er auf. Mit einem Blick auf seinen Überzug kicherte er: „Muss ich später nicht alles so sorgfältig reinigen …, wird bestimmt eine riesige Sauerei.“

Jasmin meinte, dass ihr Herz jetzt zerspringen müsse.

„Jetzt machen wir uns ein paar schöne Stunden, mein liebes Jasminchen. Ich habe mich super vorbereitet, richtig gedoped, damit ich dich nicht enttäuschen muss.“

Was dann begann, war noch harmlos.

3.

Schon wieder eine Einladung vom Chef“, wunderte sich Lena. Es war gerade mal ein paar Wochen her, als Sepp Wanninger, leitender Hauptkommissar der Mordkommission München, Abteilung K3, sein dreißigjähriges Dienstjubiläum mit großem Trara und duftenden Speisen und Getränken gefeiert hatte. „Sieht fast so aus, als wäre er auf den Geschmack gekommen“, grinste sie.

„Früher war er ziemlich geizig“, brummte Thomas Huber. Er und seine Kollegen, Lena Paulsen und Florian Moser, waren kurz vor der erfolgreichen Aufklärung des letzten Kriminalfalls ebenfalls zu Hauptkommissaren befördert worden.

„Geizig ist gemein, Thomas“, schimpfte Lena. „Wie oft hast du denn schon mal was ausgegeben?“

Thomas überlegte krampfhaft, was er antworten sollte. Schließlich schüttelte er den Kopf und knurrte. „Bin ich hier der Chef oder wer?“

„Darum geht´s aber nicht“, kritisierte ihn Lena.

Florian mischte sich ein. „Ich finde unser Chef ist okay Ist doch völlig wurscht, wer wie oft was ausgibt. Schließlich sind wir nicht die Allerärmsten, jeder kann sich an Essen und Trinken leisten, worauf er Lust hat. Meiner Ansicht nach ist es ihm richtig schwer gefallen, uns das Du anzubieten.“

„Musste er doch nicht.“ Thomas hatte an diesem Tag nicht die allerbeste Laune.

Lena winkte ab. „Fang dich wieder, Thomas. Ich wundere mich nur, wieso er heute Nachmittag Kaffee und Kuchen spendieren will. Was könnte der Grund sein? Heute ist erst Donnerstag und Geburtstag hat er auch nicht.“

„Wir werden es sicher erfahren“, murmelte Thomas und starrte auf seinen Aktenberg.

In diesem Augenblick öffnete Wanninger die Tür. „Ich komme gerade von der Rechtsmedizin. Der Jablonka kommt auch und stellt uns seinen neuen, jungen Kollegen vor. Dr. Heidkamp geht nämlich demnächst in den Vorruhestand.“

„Du hast uns noch nicht verraten, warum du heute Kaffee und Kuchen spendierst“, entgegnete Lena.

Wanninger grinste hinterhältig. „Mir ist eben danach.“

„Wieviel Tassen und Teller benötigen wir? Schließlich sollten wir das ordentlich vorbereiten, bevor deine Gäste kommen, oder?“, meinte Lena.

„Na ja, einige, so vielleicht zehn oder zwanzig.“ Wanninger zuckte die Schultern.

Thomas riss die Augen auf. „Ach!“

„So genau wollte ich es gar nicht wissen“, reagierte Lena. „Dann holen wir mal fünfundzwanzig Gedecke. Ist das in Ordnung?“

Wanninger nickte.

„Vielleicht begleiten mich die Herren freundlicherweise in die Küche? Oder ist es unter eurer Würde, ein paar Tassen zu tragen?“ Lena zog Thomas von seinem Stuhl hoch und nickte Florian zu. „Ihr seid doch hier die starken Männer!“

Gegen 14 Uhr tauchte Wanningers Frau auf, mit einer Torte und zwei Kuchen, alles sorgfältig verpackt. „Schön, euch wiederzusehen“, grüßte sie, nachdem sie die Tür geschlossen hatte.

Lena blickte sie fragend an. „Frau Wanninger, Ihr Mann will uns den Anlass nicht verraten. Vielleicht sollten Sie …?“

„Nein, nein, nicht nötig“, unterbrach Wanninger. „Also, passt auf. Das Gehen fällt mir in letzter Zeit immer schwerer.“

„Du humpelst doch schon immer“, brummte Thomas.

„Oh, wie charmant“, pfiff ihn Lena an.

„Lass nur, Lena“, winkte Wanninger ab. „Er hat schon Recht. Aber inzwischen geht es bald gar nicht mehr. Ich bekomme eine neue Hüfte. So, jetzt wisst ihr es. Ich möchte mich heute von euch verabschieden.“

Lena, Thomas und Florian glotzten ihn überrascht an.

„Heißt das …?“, sagte Florian.

„Genau, das heißt es. Ich werde euch für kurze Zeit allein lassen. Deshalb, zum Abschied, Kaffee und Kuchen, damit ihr mich nicht sofort vergesst.“

Thomas wollte nicht noch einmal in ein Fettnäpfchen treten, deshalb sagte er: „Dann ist das aber nur ein Abschied für kurze Zeit. Wir kommen dich natürlich besuchen. Und ein paar Wochen später bist du wieder hier.“

Wanninger nickte zustimmend. „Ich denke, zwei bis drei Monate. Operation, ein oder zwei Wochen Erholung, dann Reha. Also alles halb so schlimm.“

Lena hatte Wanninger genau beobachtet. „Aber richtig gerne gehst du nicht ins Krankenhaus, wenn ich mich nicht irre.“

Wanninger stöhnte. „Wie wahr, wie wahr. Wenn ich es doch schon hinter mir hätte.“

„Ich schlage vor, wir bereiten jetzt den Kaffeetisch vor, sonst kommen die Gäste und wir quatschen immer noch rum“, meinte Lena. „Weiß unser hoher Chef Dr. Dobler das bereits?“

„Jaaaaa …“, zögerte Wanninger, seine Mitarbeiter blickten überrascht auf.

„Gibt es da ein Problem?“, wollte Thomas wissen.

„Allerdings. Ich denke, ich sollte jetzt mit euch darüber reden, bevor er aufkreuzt.“

„Ach!“, wunderte sich Florian. „Da bin ich gespannt.“

„Es ist nämlich so.“ Wanninger wurde erkennbar verlegen. „Dobler wollte euch vorübergehend einen anderen Kollegen vor die Nase setzen.“

„Waaaas?“, ging Thomas auf. „Kommt überhaupt nicht in die Tüte.“

„Das habe ich ihm auch gesagt“, antwortete Wanninger heftig nickend. „Aber, er ist nun mal unser oberster Chef.“

„Was soll das heißen?“ Lena hielt kurz die Luft an.

„Ganz einfach. Ich habe es abgelehnt, äääh …, in eurem Interesse.“

„Super, Sepp“, nickte Thomas. „Dann ist ja alles in bester Ordnung.“

„Äääh ... Nicht ganz. Dobler möchte einen Ansprechpartner haben, nicht drei.“

„Na gut“, entgegnete Thomas und winkte ab. „Ich mach das schon.“

„Dachte ich zuerst auch.“ Wanninger kniff das linke Auge verlegen zusammen. „Aber dann habe ich mir überlegt, dass das eine schlechte Lösung wäre.“

Thomas hob aufmerksam den Kopf. „Ja, wieso denn?“

„Na ja“, wog Wanninger ab. „Ich dachte, wenn Thomas die Ansprechperson ist, könnte Florian beleidigt sein, er ist eben solange wie du beim K3.“

Florian reagierte nicht, ein Zeichen dafür, dass Wanningers mit seiner Überlegung nicht ganz falsch lag. Thomas entgegnete stattdessen: „Nein, nein, das kriegen wir garantiert hin.“

„Andererseits“, fuhr Wanninger fort, ohne auf Thomas‘ Bemerkung einzugehen, „wenn Florian derjenige wäre ..., was würdest du dazu sagen, Thomas?“

Darauf antwortete Thomas nicht und starrte an die schon seit Jahren fleckige Wand.

„Eben“, nickte Wanninger. „Deshalb habe ich Dr. Dobler ganz einfach Lena vorgeschlagen.“

Beide männlichen Kollegen glotzten ihn daraufhin entsetzt an, auch Lena vergaß zu atmen.

Wanninger fuhr schnell fort: „Lena hat einen gesunden Menschverstand, sie hat ein hervorragendes Fachwissen und sie hat für uns manchen unangenehmen Auftrag übernommen, vor dem ihr euch drücken wolltet. Könnt ihr euch erinnern?“

Wieder reagierte keiner, auch Lena war immer noch sprachlos.

Wanninger nickte nur kurz. „Dachte mir schon, dass ihr so reagiert. Deshalb habe ich das mit Dr. Dobler so abgesprochen. Wenn ihr heute ihm gegenüber eine blöde Bemerkung macht, habt ihr sofort eine externe Vertretung am Hals. Wenn ihr das möchtet, bitte. Und es ist sowieso nur für kurze Zeit. Vielleicht passiert während meiner Abwesenheit überhaupt nichts Aufregendes, dann könnt ihr in aller Ruhe mal wieder ein paar alte Fälle untersuchen, verschiedene neue Ermittlungsmethoden überdenken und so weiter.“

Dr. Dobler erschien etwas später, etliche Kolleginnen und Kollegen ließen sich bereits Frau Wanningers Kuchen schmecken. Dr. Jablonka stellte seinen neuen Mitarbeiter vor, ein junger Arzt, namens Dr. Alexander Gerstenkron. Er war mittelgroß, schwarzhaarig mit himmelblauen Augen, doch mit einer riesigen rechteckigen Brille mit dunklem, dickem Gestell auf der Nase.

Thomas‘ Laune hatte sich überhaupt nicht verbessert. „Netter Name“, murmelte er mit eiserner Miene. Florian hieb ihm den Ellenbogen in die Seite, natürlich bekamen das alle mit und kicherten verlegen, ausgenommen Dr. Gerstenkron, der so tat, als hätte er die Bemerkung überhaupt nicht mitgekriegt. Um die Situation etwas zu entspannen, stellte er sich bei Lena, Thomas und Florian mit einer tiefen Verbeugung und seinem Vornamen vor: „Ich bin der Alex.“ Ein netter Zug von ihm. Florian zog die Stirn in Falten: „Ich heiße Florian und hatte auch mal so eine riesige Brille.“

„Und jetzt?“, antwortete Alexander.

„Ich trag heute Haftschalen, da bin ich im Polizeieinsatz flexibler und auch beim Sport.“

„Ja, ja“, nickte Alexander. „Beim Sport trage ich ebenfalls Haftschalen, meistens auch, wenn ich mit meiner Freundin abends ausgehe. Sonst soll ich sie aufsetzen, meine Freundin hat die Brille nämlich persönlich ausgesucht.“

„Ist sie vielleicht Designerin?“, wollte Thomas dummerweise wissen.

„Nein, sie arbeitet beim Finanzamt.“

Das hätte er besser nicht gesagt, das ungebremste Prusten war nicht zu überhören.

„Überhör das einfach“, grinste Lena noch immer, „meine Kollegen sind wirklich noch sehr kindisch.“

Alex Gerstenkron nickte gütig, seine große Brille wackelte verdächtig.

Dr. Dobler legte seine Kuchengabel auf den Teller und erklärte: „Herr Wanninger, wir müssen Sie jetzt leider für ein paar Wochen entbehren, erholen Sie sich gut. Angeblich sind Hüftoperationen überhaupt nicht gefährlich, werden jedes Jahr tausendfach durchgeführt. Und wenn bei uns in den nächsten Wochen nichts Dramatisches passiert, können Ihre Mitarbeiter sich mit einigen älteren, ungelösten Fällen befassen. Ich werde Frau Paulsen ein oder zweimal pro Woche kurz zu mir bitten, dann reden wir über alles.“

Lena nickte, wenn auch leicht verlegen, dabei ein schneller Blick zu Thomas und Florian, die gelangweilt an die Decke starrten.

Dobler bekam diese Reaktion mit und erklärte: „Es war übrigens Herrn Wanningers ausdrücklicher Wunsch, dass ich keine externe Vertretung abkommandiere. Das ist doch auch in Ihrem Sinne, oder?“ Dobler blickte Lena, Thomas und Florian an, die konnten nicht anders, als zustimmend, wenn auch ungewöhnlich verhalten, zu nicken. „Dann wäre ja alles besprochen, ich muss wieder. Alles Gute, Herr Wanninger und toi, toi, toi.“

4.

Mann, hast du heute eine Stinklaune!“

Lena zog die Stirn in Falten, als Thomas mit einem geknurrten „Morg‘n“ die Bürotür hinter sich zuknallte.

„Wirklich nicht“, brummte er und ließ sich keuchend auf seinen Stuhl plumpsen. „Schlecht geschlafen …, scheiße geträumt …, sonst nichts.“

„Na gut, wenn´s weiter nichts ist. Dann können wir ja loslegen.“

„Und? Was befiehlt die Chefin?“

„Thooooomas!“ Lena verschluckte sich fast. „Vergessen, was Dobler gestern gesagt hat?“

Thomas schüttelte sich kurz. „Nein, entschuldige, Lena, mir geht´s heute wirklich nicht gut. Jenny hat mich auch genervt.“

Lena reagierte entsprechend: „Kann deine Freundin gut verstehen, wenn du zu ihr ebenso ekelhaft bist wie zu uns.“

Florian hatte reglos zuhört. Nun räusperte er sich kurz: „Ich schlage vor, dass wir uns jetzt auf unsere Arbeit konzentrieren. Wetten, dass es dir dann gleich wieder besser geht, Thomas?“

„Na gut“, nickte er und deutete auf einen Stapel Akten, die am rechten Schreibtischrand geschlichtet lagen. „Ich habe mich gestern Abend eingelesen. Ich habe hier zwei Fälle gefunden, die mich erst interessiert und später sehr nachdenklich gemacht haben. Ich meine, wir sollten sie uns vornehmen.“

„Und zwar?“, wollte Florian wissen.

„Hier.“ Thomas nahm die oberste Akte und legte sie vor sich auf den Schreibtisch. „Ein merkwürdiger und noch immer ungeklärter Fall aus dem vergangenen Jahr.“

Lena und Florian horchten auf und standen sofort hinter ihm.

„Eine Frau wurde vergewaltigt. Sie konnte den Mann nur von seiner Figur beschreiben, weil er irgendeine Maske trug, Faschingsmaske aus Gummi oder sowas Ähnliches. Ein kräftiger, offenbar durchtrainierter Typ. Sie behauptet, dass er gezischt hätte, dass er sie später umbringen wolle. Als sich ein paar Spaziergänger näherten, schrie sie um Hilfe, da ist er abgehauen. Wer weiß, was der Kerl tatsächlich im Sinne hatte. Es gibt zwar DNA-Spuren, die wurden auch durch unsere Computer gejagt, leider ohne Erfolg.“

„Wahrscheinlich ein Erstlingstäter“, vermutete Florian.

„Oder er war immer besonders vorsichtig und konnte deshalb nicht identifiziert werden“, überlegte Lena. „Sexualdelikte haben wir jedes Jahr mehr als genug.“

Florian wollte wissen: „Wo sollen wir denn da ansetzen?“

„Weiß ich auch nicht“, entgegnete Thomas, „aber gehört immer noch zu den ungelösten Fällen der Mordkommission.“

„Und nach dem Überfall ist sie verstorben?“, wollte Lena wissen.

„Nein, nein. Sie lebt noch.“

„Also, diese Zeit hättest du nutzbringender verwenden können. Was sollen wir damit, gerade sagtest du, dass das ein ungelöster Fall der Mordkommission ist. Das ist doch eher ein Fall für die Sitte.“

Thomas schüttelte den Kopf. „Wie man´s nimmt.“

„Jetzt rede endlich mal Klartext“, schimpfte Florian.

„Bin gerade dabei. Hier …“ Thomas zog die zweite Akte vom Stapel. „Ebenfalls im vergangenen Jahr ist ein Mann spurlos verschwunden.“

„Ja, und? Ermordet oder was?“

„Keine Ahnung, er ist weg.“ Thomas warf die Akte zurück auf den Stapel. „Ich denke, ihr kennt mich gut genug. Ich habe natürlich nicht mal nur so durchgeblättert. Wenn du jeden der beiden Fälle isoliert betrachtest, gehört die Vergewaltigung zur Sitte und für einen verschwundenen Mann sind wir ebenfalls nicht zuständig, wenigstens solange seine Leiche nicht aufgetaucht ist. Aber …“, Thomas grinste listig, „mir ist da etwas aufgefallen, worüber es sich lohnt, nachzudenken.“ Noch immer grinste er verschmitzt.

Lena wurde ungeduldig. „Ja, was denn? Rück endlich damit raus, wir sind doch hier nicht in der Quizshow des Polizeipräsidiums.“

„Der verschwundene Mann ist oder war ein entfernter Verwandter des Sexualopfers.“

Florian schaute gelangweilt. „Ja und? Ist das keinem aufgefallen?“

„Nein, aber ehrlich gesagt“, gab Thomas zu, „bin ich rein zufällig darauf gestoßen. Es gab nach dem Überfall auf die Frau viele Vernehmungen. Bekannte, Verwandte, Arbeitskollegen und so weiter. Die Verwandtenbefragung hat natürlich nichts ergeben, aber bei dieser Gelegenheit las ich auch die Namen der gesamten buckligen Verwandtschaft. Später, als ich mich mit der Akte des verschollenen Mannes befasste, war ich mir sicher, seinen Familiennamen kurz zuvor gelesen zu haben. Und tatsächlich, genau dieser Name tauchte bei der Verwandtenbefragung des Sexualopfers auf. Nicht genau dieser Mann, aber andere Verwandte mit demselben Namen. Tja, und weil es ein seltener Name ist, dachte ich mir, dass es doch interessant sein könnte, der Sache ein wenig nachzugehen. Und siehe da, es handelt sich nicht um zufällige Namensgleichung. Die beiden sind oder waren tatsächlich weitläufig verwandt. Und, was sagt ihr jetzt?“

„Nichts, Thomas, wenn das schon alles war. Wenigstens hast du ein tolles Namensgedächtnis“, erklärte Lena. Florian nickte ebenfalls.

Thomas überhörte die Kritik und grinste süffisant. „Na ja, so toll ist mein Gedächtnis auch wieder nicht. Er hatte eben einen besonderen Namen.“

„Und zwar?“

„Ficker. Ficker war sein Familienname.“

Die Tür wurde aufgerissen, Dr. Dobler schoss herein. „Guten Morgen, die Herrschaften. Wollte euch eigentlich erst einmal ein paar Tage in Ruhe lassen, damit ihr den einen oder anderen Fall heraussuchen könnt, um euch auf die vorübergehende Abwesenheit Wanningers einzustellen.“

Sie blickten ihn fragend an.

„… ein schreckliches Verbrechen“, fuhr er fort und schüttelte entsetzt den Kopf. „In den anderen Abteilungen sieht es zeitlich sehr, sehr schlecht aus. Deshalb möchte ich euch bitten …“

„Sie brauchen uns nicht zu bitten“, unterbrach ihn Thomas, „wir stehen Gewehr bei Fuß.“ Ein schneller Seitenblick zu Lena.

„Nein, nein, so war das nicht gemeint. Ich dachte nur. Also nicht weit von hier, da könnt ihr leicht mal zu Fuß rüber gehen und den Fall aufnehmen. Es ist in diesem Luxushotel Palace Dardano am Maximiliansplatz geschehen, so ein schreckliches Verbrechen. Das Zimmermädchen hat sie gefunden, sie ist sofort zusammengeklappt und wird gerade psychologisch betreut.“

„Ein Mord?“, wollte Thomas wissen.

„Ja, ja, ein Frauenmord“, haspelte Dobler. „Soll eine bekannte Tennisspielerin gewesen sein. Im Hotel sind sie alle total aufgeregt, haben natürlich Angst um den guten Ruf ihres Hauses.“

„Okay, machen wir“, sagte Thomas, während er bereits aufgestanden war und zur Garderobe eilte, nicht ohne vorher Lena noch einmal mit einem kurzen Blick zu streifen. Lena und Florian folgten wortlos, sie verließen das Polizeipräsidium. Während sie an der Frauenkirche vorbei gingen, meinte Lena: „Thomas, was ich sagen wollte …“

„Ja?“ Er blieb abrupt stehen, das schlechte Gewissen war ihm anzusehen.

„Von mir aus kannst du gerne Sepps Stellvertreter spielen, Dobler hat die Aufgabe allerdings mir übertragen.“

„Wieso Dobler? Ich dachte, unser Sepp hat es entschieden“, erwiderte Thomas.

Lena lächelte leise: „Sepp hat es vorgeschlagen und Dobler entschieden, war es nicht so?“

„Keine Sorge“, maulte Thomas, „ich nehme dir schon nichts weg.“

„Darum geht es nicht.“ Lena ließ sich nicht abwimmeln, „es geht darum, dass uns Dobler keinen Wanninger-Ersatz aufs Auge drückt. Und wenn du so tust, als würde dich seine Entscheidung nichts angehen, kann es schon sein, dass er seine Meinung ändert. Schließlich ist Dobler nicht blöd, der merkt genau, wenn es irgendwelche Spannungen gibt.“

Florian mischte sich ein: „Das meine ich auch, Thomas. Wir sollten, bis Wanninger wieder zurück ist, uns einfach daran halten und unsere gemeinsame Arbeit so gut wie möglich verrichten. Da fällt garantiert auch dir kein Zacken aus der Krone.“

„Fällst du mir jetzt auch in den Rücken?“, reagierte Thomas sichtlich ärgerlich, während eine deutliche Röte sein Gesicht überzog.

„Überhaupt nicht. Wir haben einen Fall übertragen bekommen, auf den wir uns jetzt konzentrieren sollten. Sei froh, dann brauchst du ab sofort nicht mehr irgendwelche Sexualdelikte oder sonst was vorschlagen, vielleicht sogar noch einen weggelaufenen Hund suchen.“

Thomas pfiff zurück: „Ich habe wenigstens etwas getan. Und ihr? Wahrscheinlich habe ihr in der Zwischenzeit in der Nase gebohrt.“

„Bitte, Thomas und Florian“, versuchte Lena einzulenken, „lasst uns solche Themen für den Augenblick vergessen und uns auf unsere Arbeit konzentrieren. Wir sind schon am Hotel.“

Lena trat zum Türsteher des Palace Dardano und zückte ihren Ausweis: „Mordkommission München, Paulsen mein Name“, sie deutete auf ihre Begleiter, „meine Kollegen, die Herren Huber und Moser.“

Der Türsteher warf einen kurzen Blick auf den Ausweis. „Sie werden bereits erwartet. Ich soll Sie dringend um Diskretion bitten.“ Er deutete zum Hoteleingang.

Lena nickte. Sie betraten die Hotellobby, alles purer Luxus. Nichts deutete darauf hin, dass in diesem Hause ein Kapitalverbrechen geschehen war. Gäste kamen und gingen, standen an der Rezeption, beglichen Rechnungen oder trafen sich mit Geschäftspartnern oder Bekannten.

Lena ging auf eine junge Frau an der Rezeption zu, warf einen kurzen Blick zur Seite, um sicher zu sein, dass sie unbeobachtet waren. „Kripo, Paulsen, guten Morgen, meine Kollegen …“, sagte sie leise und hielt der Angestellten ihren Ausweis hin.

„Ja, ja, guten Morgen“, flüsterte sie. „Gut, dass Sie da sind. Vielleicht sind Sie so freundlich und gehen mit mir schnell zum Fahrstuhl. Ihre Kollegen sind bereits oben. Aber hier …, unsere Gäste …, verstehen Sie …“

Lena nickte, die drei Kriminalbeamten folgten der Rezeptionistin zum Fahrstuhl. Im sechsten Stock verließen sie den Lift, die Frau wandte sich nach links: „Suite 605, eins unserer schönsten Zimmer. Jasmin Landau wohnte immer hier, wenn sie in München an einem Turnier teilnahm. Es ist alles so furchtbar, so schrecklich. So ein netter Gast, immer freundlich und liebenswürdig … auch ein richtig schönes Mädchen.“

Die Tür zu Suite 605 war weit geöffnet, die Stimmen im Raum gedämpft. Als Lena mit ihren Kollegen eintreten wollte, versperrte ein Beamter den Weg. Lena zückte wieder ihren Dienstausweis, der Polizist schüttelte den Kopf. „Dr. Jablonka leitet die Untersuchung. Bitte warten Sie! Herr Dr. Jablonka!“, rief er.

Nach wenigen Augenblicken erschien er an der Tür, er trug eine Kopfbedeckung aus Plastik, einen durchsichtigen Überzug am Körper und dünne Latexhandschuhe. „Ach ihr seid´s. Wir sind schon fast fertig. Trotzdem bitte Handschuhe anziehen …, das Personal muss leider draußen bleiben.“

„Hatte ich auch vor“, reagierte die Frau von der Rezeption. „Nochmals unsere Bitte, wenn Sie die Suite verlassen, bitte, bitte allergrößte Diskretion.“

„Sagten Sie bereits“, brummte Jablonka. „Dann kommt rein, macht euch auf einiges gefasst.“

5.

Ein beißender Geruch schwebte im Raum. Dr. Jablonka, der Gerichtsmediziner, hatte einige Kollegen mitgebracht, die, alle mit Schutzanzügen bekleidet, die Hotelsuite millimetergenau durchsucht hatten. Inzwischen standen sie abwartend im Zimmer.

Sie lag auf dem ehemals blütenweißen Kingsize-Bett. Die Beine gespreizt, Knöchel und Handgelenke mit Klebeband an den Bettenden festgezurrt. Der Körper vom Brustbein bis zum Schambein aufgeschlitzt. Unmengen von Blut tränkten das Bett und den Teppich, Därme hingen heraus. Der Mund war noch immer mit Klebeband verschlossen. Die Augen, im Angesicht des Todes schreckensgeweitet, das Gesicht von unerträglichem Schmerz verzerrt.

Thomas und Florian standen starr vor dem gequälten Leichnam. Lena schossen Tränen in die Augen, sie hielt sich die Hand vor den Mund.

„Mir ging es nicht viel besser“, murmelte Jablonka. „Nützt aber nichts, das gehört zu unserem Job. Schließlich muss das irgendjemand machen. Lena, Sie können wieder rausgehen, wenn Sie es nicht ertragen.“

Lena schüttelte den Kopf und sagte schluchzend: „Gleich, Doc. Sind Sie fertig?“

„Ja, sind wir. Den Körper haben wir noch nicht bewegt, der Fotograf muss vorher noch seine Arbeit beenden. Dann lassen wir das arme Ding abholen.“

Thomas und Florian standen noch immer starr an demselben Platz.

„Was ist das?“, flüsterte Lena Jablonka zu und deutete auf ein winziges blechernes Etwas, das unter dem rechten Oberschenkel ein wenig zu erkennen war.

Jablonka schüttelte den Kopf. „Weiß nicht. Ich sagte gerade, dass wir sie noch nicht bewegen konnten. Ich das schon gesehen. Der Fotograf …“ Dabei deutete er auf habe den Beamten, der mit seiner Spiegelreflexkamera bereits unzählige Aufnahmen geschossen hatte. In diesem Augenblick nickte er Jablonka zu. „Das wär´s, Doc.“

„Gut“, antwortete Jablonka, „dann zieh ich diesen Gegenstand mal raus.“

Er nahm eine spitze Pinzette, fasste das blecherne Etwas und zog. Es bewegte sich nicht. „Heb sie ein wenig hoch“, wandte er sich an einen seiner Kollegen, „ich möchte es nicht abreißen.“

Der Kollege griff mit beiden Händen, er trug noch immer Latexhandschuhe, unter die rechte Hüfte der blutverschmierten Leiche und lupfte den Körper vorsichtig an. Daraufhin konnte Jablonka das Ding hervorziehen. Es handelte sich um eine Schnur, am Ende ein Anhänger, eine Art Tier mit grünen und blauen Steinchen auf einem goldfarbenen Blechträger.

Jablonka hielt es hoch. „Kennt ihr vielleicht gar nicht. Seid noch zu jung!“

Lena schüttelte den Kopf, Florian reagierte nicht. Thomas flüsterte: „Doch, habe ich schon mal gesehen. Ist eine Figur aus der Zeit der Sommerolympiade in München. Wie nennt man das? Maskottchen, Amulett, weiß nicht genau.“

Jablonka bestätigte es: „Wenn ich mich nicht irre, ist beides richtig, Amulett oder Maskottchen. Talisman wäre auch nicht falsch. Zur Sommerolympiade 1972 sollte dieser bayerische Hund, ich glaube, es sollte einen Dackel symbolisieren, so eine Art Glücksbringer sein. Leider endeten die olympischen Spiele in einem schrecklichen Blutbad.“

„Könnte vom Opfer oder dem Täter stammen“, überlegte Florian.

„Opfer kaum“, Lena schüttelte den Kopf. „So eine billige Schnur mit Blechanhänger. Das passt nicht zu einer erfolgreichen Spitzensportlerin, die in den teuersten Hotels absteigt.“

Florian brummte: „Das werden wir herausfinden.“

Jablonka nickte.

„Wenn Ihre Leute alles überprüft haben, könnten wir wieder verschwinden und das Personal vernehmen“, sagte Thomas mit unbewegtem Gesicht, „so was Schreckliches habe ich noch nie gesehen.“

„Klar“, antwortete Jablonka. „Ihr bekommt morgen unseren Bericht und das Ermittlungsergebnis. Also bis dann!“

Sie verließen die Suite, in der dieses barbarische Verbrechen stattgefunden hatte, und gingen schweigend Richtung Fahrstuhl.

Thomas schüttelte immer wieder den Kopf. Schließlich sagte er: „Leute, wir müssen unsere Gefühle verdrängen. Wie oft haben wir schon schreckliche Verbrechen erlebt.“

„Ja, ja“, murmelte Lena, „aber so was Schreckliches noch nie. Ich bin schon ganz ruhig, Thomas. Wir gehen jetzt zur Rezeption und lassen uns verschiedene Namen geben. Als Erstes vernehmen wir das Zimmermädchen.“

Die junge Angestellte an der Rezeption war gerade mit einem Gast beschäftigt. Als sie die drei Polizeibeamten kommen sah, wandte sie sich schnell an einen Kollegen: „Übernimmst du das, bitte?“

Eiligen Schrittes stöckelte sie auf die Beamten zu. „Bitte folgen Sie mir! Es gibt einen Raum, in dem wir ungestört reden können.“

Es war ein kleines Zimmer, eine Art Abstellraum. „Ich heiß übrigens Maria Gardner. Entschuldigen Sie, dass es hier so eng ist, alle anderen Räume sind gerade belegt.“

„Kein Problem“, antwortete Lena. Als sie die Tür geschlossen hatte, sagte sie: „Bitte geben Sie uns die Namen aller Personen, die mit Frau Landau Kontakt hatten. Das Zimmermädchen zuerst …, wo ist es übrigens gerade?“

„Wir haben einen Sanitätsraum, dort wird sie gerade betreut. Ich erklär Ihnen den Weg.“

„Mit wem hatte Frau Landau sonst noch Kontakt?“

„Tja“, überlegte sie, „natürlich mit uns, der Rezeption. Ich meine gehört zu haben, dass sie regelmäßig in unserem Pool geschwommen ist, war ja eine großartige Sportlerin.“

„Und sonst?“, wollte Florian wissen.

„Schwer zu sagen. Ich weiß natürlich nicht, mit wem Frau Landau mal geredet hat, wie sollte ich auch.“

Florian nickte verständnisvoll. „Natürlich. Vielleicht hat sie im Restaurant jemanden kennengelernt …, oder in der Bar?“

„Sie können sich gerne im Haus frei bewegen, nur bitte ich Sie, darauf zu achten, dass bei Gesprächen oder Befragungen keine Gäste zuhören können.“

„Selbstverständlich. Das gehört zu unseren Aufgaben“, erklärte Thomas. „Wie gut kannten Sie persönlich Frau Landau?“

Maria Gardner zuckte die Schultern. „Wie gut? Na ja, eigentlich überhaupt nicht. Natürlich habe ich sie regelmäßig gesehen, wenn sie das Hotel betrat oder verließ. Sie war doch ein besonderer Gast, Sie verstehen, wir sagen VIP, also very important person, sie bewohnte immer eine unserer teuersten Suiten, am liebsten die 605. Zu unseren Stammgästen sind wir besonders freundlich, äääh …, zu allen anderen natürlich ebenfalls. Immer ein nettes Wort, wenn sich die Gelegenheit ergibt, wie geht es Ihnen, alles in Ordnung, haben Sie irgendeinen Wunsch? Nein? Dann weiterhin einen schönen Aufenthalt. Wenn wir für Sie irgendetwas tun können, jederzeit.“

Lena erwiderte: „Ja, ja, kann ich verstehen. Sie haben ja schließlich im Laufe eines Monats Hunderte Gäste.“

Frau Gardner nickte.

„Im Augenblick sollte das genügen. Bitte führen Sie uns zum Sanitätsraum. Ich befürchte allerdings, dass wir Sie noch öfter belästigen müssen.“

„Ist schon in Ordnung. Wenn ich abwesend bin, können Sie eine Kollegin oder einen Kollegen ansprechen. Ich habe in einer halben Stunde frei.“

Das dunkelhaarige Zimmermädchen lag auf einer Krankenliege, sie war höchstens 20 Jahre alt und noch immer leichenblass. Sie trug Hotelkleidung, die langen Haare zu einem Schopf zusammengebunden. Neben ihr saß eine Polizeipsychologin.

„Hallo, Frau Dr. Schütze“, grüßte Lena. „Meinen Sie, dass wir der Angestellten ein paar Fragen stellen können?“

„Ich denke schon“, antwortete sie, „aber bitte nur wenige Minuten, wie Sie sehen, geht es ihr gar nicht gut. Ihr Name ist Arma Soltandrag.“

„Frau Soltandrag“, sprach Lena sie an und setzte sich neben sie, „seit wann arbeiten Sie hier im Hotel?“

Sie richtete sich etwas auf, das Gesicht versteinert und schneeweiß. „Ein Jahr hier“, antwortete sie leise.

„Sie haben die ermordete Jasmin Landau heute Vormittag entdeckt. Wie spät war es?“

„War zehn Uhr, machen immer um zehn Uhr sauber.“

„Gehört diese Suite zu Ihrem Bereich? Ich meine, reinigen Sie jeden Tag dieses Zimmer?“

„Ja, ja, jeden Tag, so schlimm. So viel Blut.“

„Sie kannten Frau Landau also besser als andere Angestellte?“

„Ja, ja, besser kennen. War immer freundlich. Gibt immer Trinkgeld. Immer lieb zu mir.“

„Wissen Sie, ob Frau Landau ab und zu Herrenbesuch hatte. Ich meine, wenn Sie das Zimmer täglich reinigen, bemerken Sie das ganz sicher.“

„Ja, gut sehen. Andere Einzelgäste oft Besuch von Frauen, immer Frauen. Sie verstehen? Bettlaken! Frau Landau niemals. Immer allein geschlafen.“

„Wissen Sie, was sie tagsüber gemacht hat? Hat sie mit Ihnen mal darüber geredet?“

„Ja, ja, ich wissen. Frau Landau immer viel Tennis üben bei Sportverband. Dann Abendessen, kriegt Essen immer auf Zimmer gebracht.“

„Hat sie mal gesagt, was sie dann am Abend macht?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, nicht wissen. Glaube, viel lesen oder vielleicht fernsehen.“

„Haben Sie während Ihrer Tätigkeit irgendeine fremde Person gesehen? Ich vermute, dass Sie während Ihrer Zimmerreinigung immer wieder mal in einem anderen Zimmer was zu erledigen haben. Da könnte es doch sein …“

„Nein, nein“, rief sie sichtlich nervös, „nix gesehen, gar nix.“

„Vielleicht sollten Sie es dabei belassen“, mischte sich Dr. Schütze ein. „Wenn erforderlich, können Sie sie ja jeden Tag hier im Hotel erreichen.“

Lena bestätigte das: „Ich denke auch, dass diese Infos im Augenblick ausreichen.“

„Frau Gardner sagte, dass sie regelmäßig den Pool benutzt hat“, überlegte Florian, während sie die Krankenstation verließen.

„Dachte ich auch gerade“, bestätigte Thomas.

„Gut“, nickte Lena, „dann lasst uns hoch fahren. Soll sich auf der Dachterrasse befinden.“ Sie betraten den Lift, „Fitnessbereich“ und „Swimmingpool“ verwies auf die oberste Etage.

Eine Frau Martens stellte sich als derzeit verantwortliche Mitarbeiterin vor.

Thomas erklärte ihr kurz die Situation. Frau Martens schüttelte entsetzt den Kopf. „Habe ich bereits gehört. Einfach unfassbar. Gestern Abend hatte ich noch mit ihr gesprochen …, und jetzt das …“

„Können Sie sich an den Inhalt des Gesprächs erinnern?“

„Gespräch kann man das nicht so direkt nennen. Sie war immer sehr freundlich zu uns. In unserem Hause ist es wichtig, die Gäste mit Namen anzusprechen.“

„Und worüber redeten sie gestern?“, hakte Thomas nach.

„Nur ganz allgemeine Dinge. Das Wetter, ihr tägliches Training im Tennisverband, das bevorstehende Turnier und so weiter.“

„Nichts Persönliches?“

Sie schüttelte den Kopf. „Persönliches hat sie nie rausgelassen. Auch wenn sie zu mir und meinen Kollegen immer freundlich war, merkten wir, dass sie uns als Hotelpersonal ansah. Ist doch in Ordnung, oder?“

„Ja, ja“, beeilte sich Lena ihr zuzustimmen. „Wie lange war sie immer hier?“

„Hmmm …, so etwa eine Stunde. Erst verschiedene Fitnessgeräte für Muskulatur und Bauch, danach eine halbe Stunde schwimmen. Sie war eine sehr gute Schwimmerin, ist so richtig abgezogen. Das haben andere Gäste mit Bewunderung beobachtet …, besonders die Herren.“ Sie lächelte verschmitzt.

„Hatte sie mit einem der Herren mal Kontakt“, beeilte sich Florian nachzuhaken, „vielleicht sogar mehrmals mit einem bestimmten?“

Sie schüttelte entschieden den Kopf. „Auf keinen Fall. Ich habe niemals beobachtet, dass sie mit einem anderen Gast ein Gespräch begonnen hat.“

„Sie ging also nach dem Schwimmen sofort in ihr Zimmer?“, wollte Lena wissen.

„Schon“, nickte Frau Martens, „nach dem Duschen zog sie ihren weißen Bademantel an und fuhr in ihre Suite.“

Die Kriminalbeamten bedanken sich und verließen den Fitnessbereich.

Anschließend wurden die Personen befragt, die ihr regelmäßig das für ihren Sport ausgewogene Essen zubereiteten, ebenfalls ohne nennenswertes Ergebnis. Auch hier wurde bestätigt, dass Frau Landau jederzeit freundlich, jedoch zurückhaltend gewesen war.

„Das können wir alles glauben oder nicht“, beurteilte Thomas die mageren Ergebnisse.

Lena erwiderte: „Ich würde erst einmal davon ausgehen, dass wir ehrliche Antworten erhalten haben. Trotzdem kannst du natürlich recht haben.“

Thomas meinte: „Du kennst mich Lena, ich bin zu Beginn grundsätzlich misstrauisch.“

Auf dem Weg zum Polizeipräsidium waren sie sehr nachdenklich. Noch immer entsetzt von diesem unfassbaren Verbrechen, schlug Lena später vor: „Wir sollten am Abend in der Hotelbar nachfragen. Vielleicht erhalten wir dort irgendeinen Anhaltspunkt. Das ist eher was für Männer …?“

„Ist in Ordnung“, antwortete Florian, „ich übernehme das.“

Am frühen Abend besuchte Florian wieder das Palace Dardano. In der Hotelbar waren nur wenige Gäste anwesend, die überwiegend in Gespräche vertieft waren oder einen Sundowner zu sich nahmen. Der Barkeeper, ein etwa dreißig Jahre alter Italiener namens Guido Martelli, schüttelte gerade einen edlen Drink.

„Herr Martelli“, begann Florian, nachdem er sich vorgestellt hatte. „Sie wissen sicher von dem schrecklichen Unglück im Hause?“

Er nickte. „Ja, natürlich. Die schöne Tennis Lady. Wir sind alle sehr traurig. Sie saß oft hier bei einem Drink …“, grinste er, „sofern man das Drink nennen kann.“

„Wie meinen Sie das?“

„Weil sie nur Mineralwasser getrunken hat. Aber sie sagte immer, Guido, bitte meinen Drink. Ich bin nur die ersten Male darauf reingefallen.“

„Sie nannte Sie Guido?“

„Alle Stammgäste rufen mich Guido.“

„Hatten Sie gestern Dienst?“

„Ja, aber erst ab einundzwanzig Uhr. Vorher betreute mein Kollege die Bar, der ist schon viel länger im Haus als ich.“

„Sein Name?“

„Manfred Krannt.“

„Können Sie sich erinnern, ob Frau Landau gestern hier war?

„Ja, war sie. Aber nicht allein, sonst war sie fast immer allein.“

„Können Sie die andere Person beschreiben?“

„Kann ich“, nickte er, „ein Mann. Er redete mit ihr, als ich meinen Dienst begann. Er war mittelgroß, kräftig, eigentlich gutaussehend mit strahlend blauen Augen. Er trug einen edlen dunkelgrauen Anzug.“

„Ungefähr wie alt?“

„Hm, vielleicht dreißig bis fünfunddreißig? Ich habe den Mann vorher nie gesehen.“

„Das war eine recht präzise Beschreibung, die meisten Menschen können sich an eine Person, die sie einen Tag zuvor gesehen haben, überhaupt nicht erinnern.“

„Mann, das gehört doch zu meinem Beruf. Wir müssen in unserem Job immer sehr aufmerksam sein, verlangt der Chef. Er sagt immer: ‚Abends kommen sie alle aus ihren Löchern.‘ Und gerade die Münchener Innenstadt ist ein Magnet für alle möglichen Leute, nicht nur für die Anständigen.“ Er hob bedeutungsvoll den Zeigefinger. „Jeder Gast bekommt hier sein Getränk, wenn ich glaube, dass er sich ordentlich aufführt und anschließend auch die Rechnung bezahlen kann. Sie wissen vielleicht, wieviel bei uns eine Flasche guter Champagner kostet?“

„Ich kann es mir vorstellen. Für mein Gehalt sicher zu hoch.“

Der Barkeeper nickte. „Schon. Glauben Sie mir, ich sehe jedem an, wie groß sein Budget ist.“

Florian lächelte. „Glaube ich Ihnen gerne. Könnten Sie auch zur Anfertigung einer Phantomzeichnung zu uns kommen?“

„Doch, gewiss.“

„Sind Frau Landau und der Mann gemeinsam aufgebrochen?“

„Nnnnein, ich meine, er ging vorher.“

„Meinen Sie oder wissen Sie es?“

„Doch, ich weiß es. Ganz sicher.“

„Gut, Herr Martelli. Ich werde morgen noch Ihren Kollegen befragen, dann machen wir einen Termin für das Phantombild aus. Vielen Dank.“

6.

Ihre Eltern wohnen in Düsseldorf“, stellte Lena am nächsten Morgen fest. „Einer von uns sollte sie möglichst schnell informieren. Morgen steht es in allen Zeitungen.“

„Kann ich wieder übernehmen“, bot Florian an. „Vielleicht kriege ich noch am Vormittag einen Flug, dann bin ich am Nachmittag wieder zurück.“

„Danke Florian“, lächelte Lena. „Dann melde dich bei Familie Landau an und mach dich möglichst schnell auf die Socken.“

Kurz danach brachte Dr. Jablonka den Bericht der Rechtsmedizin vorbei. Entgegen seiner üblichen Gewohnheit klopfte er an, fast zaghaft, dann trat er leise ein.

„Schön, euch zu sehen.“

Sie schauten ihn erwartungsvoll an.

„Hoffentlich habt ihr euch schon ein wenig beruhig.“

„Bleibt uns nichts Anderes übrig“, antwortete Thomas. Lena nickte bestätigend.

Jablonka setzte sich auf den angebotenen Stuhl und legte seinen Bericht vor sich auf den Schreibtisch. „Ihr könnt das im Einzelnen später durchackern. Nur so viel: Sie wurde sexuell missbraucht, ich würde es als brutal bezeichnen. Äääh …, nicht auf die übliche Art …, sondern …. mit irgendeinem Hilfsmittel, das noch nicht gefunden wurde. Wir haben auch Spermaspuren gefunden, allerdings nicht dort, wo wir sie normalerweise entdecken.“

„Ach ja?“ Thomas hob die Augenbrauen. „Wo gehören sie denn hin?“

„Na also, Thomas, wir machen jetzt keinen Sexualunterricht. Gefunden wurden die Spuren auf dem Betttuch, in einer Ecke.“

„Könnten die nicht vom Täter stammen?“, wollte Lena wissen.

„Ich würde Ihnen grundsätzlich zustimmen, wäre da nicht etwas sehr Ungewöhnliches.“

Thomas hatte noch immer seine abwartende Haltung. „Jetzt bin ich aber gespannt, Doc.“

Jablonka führte aus: „Ihr wisst, wie penibel unsere Leute jeden Tatort untersuchen, oft finden sie unzählige Spuren. Es entgeht ihnen nichts, kein Haar. Aber dieses Mal war einiges anders.“

Er machte eine Pause.

„Wir haben keine Fingerprints am Opfer gefunden, kein Haar, keine Schweißtropfen, keine Spucke oder was sonst irgendeine Zuordnung möglich machen könnte. Bei so einem schrecklichen Blutbad ist das nahezu unmöglich. Trotzdem. Ich kann mir nur vorstellen, dass der Täter mit ungewöhnlicher Umsicht vorgegangen ist. Das würde dann allerdings bedeuten, dass er die Tat genauestens geplant hat und eiskalt vorgegangen ist. Aus diesem Grunde bin ich mir nicht sicher, ob das Sperma wirklich von ihm stammen kann. So einem vorsichtigen Täter passiert solch ein Fehler nicht.“

„Alle Hotelmitarbeiter haben eindeutig ausgesagt, dass das Opfer keine männlichen Kontakte pflegte“, überlegte Lena.

„Vielleicht wollte sie den oder die Besucher geheimhalten. Egal aus welchem Grund. Das Hotel kann jeder unbemerkt betreten, wenn er es darauf anlegt.“

„Wenn das so wäre“, überlegte Thomas, „könnte diese Person schon der Täter sein.“

Jablonka nickte. „Klar, muss es aber nicht. Ich befürchte, ihr werdet es schwer haben, eine heiße Spur zu finden.“

Lena verdrehte die Augen. „Wer kann mir erklären, warum jemand eine schöne, erfolgreiche Frau so brutal misshandelt und umbringt? So eine entsetzliche Abartigkeit kann doch nicht mal einem Psychopathen einfallen. Ich habe eine schreckliche Nacht hinter mir. Immer wieder bin ich schweißgebadet aufgewacht.“

„Kann ich verstehen, Lena. Glauben Sie vielleicht, dass ich so etwas einfach wegstecken kann? Ich habe wirklich während meiner beruflichen Tätigkeit einiges erlebt. Man wird im Laufe der Jahre schon ziemlich abgestumpft. Aber wenn dann ein krankes Hirn so etwas Unfassbares ausbrütet, ist es bei mir auch vorbei.“

Thomas hüstelte. „Lena, hör ihm besser nicht zu, weil das alles nichts nützt.“

„Weiß ich auch.“

„Ab morgen werden wir überlegen, wie wir diesem Schwein auf die Spur kommen können. Ich garantiere euch, wir packen ihn …, irgendwann.“

Lena schnaufte. „Ja, irgendwann.“ Dann wechselte sie das Thema: „Florian ist gerade auf dem Weg nach Düsseldorf, um die Eltern der Ermordeten zu informieren und zu befragen. Heute Abend spricht er dann noch mit dem Barkeeper der ersten Schicht im Hotel, falls er rechtzeitig zurückkommt. Der Mann der zweiten Schicht wurde bereits vernommen. Es gab an jenem Abend einen männlichen Begleiter, der allerdings früher als Frau Landau aufgebrochen sein soll. Er glaubt, dass er ihn so genau beobachtet hat, dass er ein Phantombild anfertigen lassen kann. Wir müssen herausfinden, ob die beiden gemeinsam gekommen sind.“

„Ja, das könnte ein erster Ansatzpunkt sein“, meinte Jablonka. „Aber damit nicht genug. Leider gibt es bei all dem schrecklichen Leid, das der armen Frau geschehen ist, noch etwas Absonderliches. Habe ich persönlich in meinem ganzen Leben erst ein einziges Mal erlebt. Kenne ich sonst nur aus der Literatur.“

„Aber hallo, Doc“, rief Lena, „es kommt doch nicht etwa noch schlimmer?“

„Leider ja, Lena“, entgegnete Jablonka. „Natürlich habe ich mich vor der Obduktion immer wieder gefragt, warum ein Mensch zu solcher Brutalität fähig ist. Und …, was er damit bezwecken könnte. Jetzt weiß ich es zwar, aber Verständnis? Absolute Fehlanzeige.“

„Jetzt rücken Sie schon raus“, knurrte Thomas.

Jablonka stutzte erst, dann sagte er kurz entschlossen: „In dem geschundenen Körper fehlt ein Organ … das Herz. So, jetzt wisst ihr das auch. Macht´s gut, steht alles im Bericht.“

Doc Jablonka stand auf und verschwand blitzschnell.

„Ich muss schnell an die frische Luft“, murmelte Lena, „wollte sowieso noch einen Brief einwerfen.“ Sprang hoch und rauschte zur Tür hinaus.

Thomas starrte längere Zeit auf die längst geschlossene Tür. Nach einer Weile murmelte er: „Nützt alles nichts, Thomas. Wir sollten das wie immer nur sachlich sehen. Einer Leiche ist es einerlei, ob sie komplett ist oder nicht. Uns nicht. Wir werden das Schwein fassen.“

7.

Gegen zehn Uhr dreißig landete Florian am Flughafen Düsseldorf. Er nahm sich ein Taxi, um Familie Landau, Jasmins Eltern, über das schreckliche Verbrechen zu informieren. Sie befanden sich bereits im Ruhestand und bewohnten eine Dachterrassenwohnung mit herrlichem Blick über den Rhein. Bevor er den Klingelknopf betätigte, atmete er noch einmal tief durch. Nachdem der Türöffner einladend surrte, fuhr in das oberste Stockwerk. Dort öffnete Frau Landau die Tür. „Herr Moser? Das ging aber schnell. Treten Sie ein. Wir sind schrecklich aufgeregt. Ihre Andeutung …, das kann doch nicht …“

Nachdem Florian Platz genommen hatte, erklärte er dem Ehepaar vorsichtig und scheibchenweise das schreckliche Verbrechen. Die brutale Verstümmelung verschwieg er zunächst, er wollte warten, bis sie sich einigermaßen beruhigt haben.

„Ich muss Sie das fragen“, begann Florian. „Hatte Ihre Tochter Feinde, die sie in letzter Zeit bedroht haben?“

„Ich glaube nicht“, zögerte Herr Landau. „Allerdings müssen Sie wissen, dass Jasmin inzwischen zur Tenniselite gehört und dauernd irgendwo auf der Welt ein Turnier bestreitet. Meistens ruft sie uns dann ein- bis zweimal an und berichtet über Erfolg oder Misserfolg …, na ja, fast immer sind es Erfolgsnachrichten, äääh …, waren es. Aber von einer Bedrohung hat sie nie etwas gesagt.“

„Vielleicht hat sie es verschwiegen, um Sie nicht zu beunruhigen“, vermutete Florian.

„Das kann natürlich sein“, bestätigte Herr Landau.

Florian hakte nach: „Also, Sie sagen, dass Sie sich an keinerlei Andeutungen irgendwelcher Art erinnern können?“

Herr Landau schüttelte den Kopf.

„Hatte Ihre Tochter einen Freund, ich meine, einen richtigen Freund …, also einen Sexualpartner, wenn ich das so deutlich ausdrücken darf?“

Herr und Frau Landau blickten sich gegenseitig fragend an. Dann schüttelte Herr Landau wieder den Kopf. „Also …, das ist so eine Sache. Aber, ich denke, da muss ich Sie aufklären.“ Er zögerte eine Weile, seine Blicke huschten wieder zu seiner Frau. Die zuckte die Schultern und nickte dann zustimmend.

„Es ist nämlich so, dass Jasmin sich mehr zum weiblichen Geschlecht hingezogen fühlte, wenn Sie verstehen, was ich meine.“

Florian antwortete: „Deutlich ausgedrückt, sie war lesbisch?“

„Na ja, so genau wissen wir das nicht. Sie hatte eben nur ihr Tennis im Kopf. Aber wir vermuteten es mehr, als wir es wussten.“

„Ist Ihnen da irgendeine Frau bekannt, zu der sie sich besonders hingezogen fühlte?“

„Auch nicht“, antwortete er schnell, „sie hat uns gegenüber nur mal einen einzigen Namen erwähnt. Eine gewissen Katja in München, die sie früher wiederholt besucht hatte. Aber ich will um Gottes Willen nichts Falsches in die Welt setzten. Jene Katja ist ebenfalls Tennisprofi, aber, soweit uns bekannt ist, eher ein unbedeutendes Talent.“

Nach etwa einer Stunde spürte Florian, dass er keine weiteren wesentlichen Informationen bekommen würde. „Frau und Herr Landau“, begann er seine schrecklich schwierigen Abschlusssätze. „Ich möchte Sie nicht länger aufhalten und weiter in Sie dringen. Wenn Ihnen irgendetwas Wichtiges einfällt, bitte informieren Sie uns umgehend, hier meine Karte. Ihre Tochter muss leider noch einige Zeit in der Rechtsmedizin bleiben, wir informieren Sie, sobald sie freigegeben wird. Ich wollte Sie noch über etwas Anderes informieren, das Sie höchstwahrscheinlich ab morgen in allen Zeitungen lesen werden. Immerhin war Jasmin eine bekannte Tennisgröße, da wird nicht nur regional berichtet. So leid es mir tut, aber der Körper Ihrer Tochter wurde vom Täter misshandelt.“

Frau Landau brach in diesem Augenblick in hemmungsloses Weinen aus. Sie sackte mit dem Kopf auf den Tisch, jammerte und schlug immer wieder ihren Kopf auf die Tischplatte.

„Schluss jetzt“, schrie Herr Landau und schoss empor, „raus mit Ihnen! Meine Frau ist herzkrank. Das hätten Sie uns ersparen können.“ Er packte Florian am Oberarm und drängte ihn zum Ausgang.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752118551
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Oktober)
Schlagworte
Mord Luxushotel Psychopath Tennisprofi Krimi Ermittler

Autor

  • Ben Lehman (Autor:in)

Ben Lehman kommt aus dem Bayerischen Wald und lebte in München. Seit zehn Jahren ist der Starnberger See seine neue Heimat. Der Informatiker arbeitete als Programmierer und Systemanalytiker, auch in internationalen Unternehmen in New York und Northampton. Sein erfolgreiches Softwarehaus wurde vor einigen Jahren veräußert. Danach begann er seine ehrenamtliche Tätigkeit für die Peter-Ustinov-Stiftung bis zu dessen Tod, Schwerpunkt die Organisation der Peter-Ustinov-Mädchenschule in Afghanistan.
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Titel: Das Amulett des Todes