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Der Nerd und sein Vampir

von Charlie Richards (Autor:in)
120 Seiten
Reihe: Ein liebevolles Biss-chen, Band 15

Zusammenfassung

Nur ein kleiner Liebesbiss: Nachdem er nicht mehr unter dem Pantoffel seiner Mutter steht, fürchtet ein junger Mann, dass er vom Regen in die Traufe geraten ist. Raphael Corsair versteht den plötzlichen Wunsch seines Bruders, sich mit einem riesigen, dunkelhäutigen Kerl einzulassen, nicht. Doch bei Giles auf der Rinder-Ranch in Montana zu bleiben bietet ihm die Möglichkeit, seiner herrschsüchtigen Mutter zu entkommen. Lenora Corsair ist dominierend und bestimmend, und Raphael würde alles tun, um von ihr wegzukommen, sogar lernen, wie man ein Pferd reitet und Rinder hütet. Zu seiner Überraschung bieten ihm die Besitzer der Ranch einen Bürojob an. Der einzige beunruhigende Aspekt des Lebens auf der Ranch ist der große, gutaussehende Kase Corrocus. Der Cowboy macht kein Geheimnis daraus, dass er an Raphael interessiert ist. Allerdings hält Raphael sich nicht für schwul. Aber warum reagiert sein Körper dann, wenn er sich dem Mann nähert? Und warum kann seine Mutter ihn nicht endlich in Ruhe lassen? Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene mit explizitem Inhalt. Jeder Band dieser Reihe geht auf die romantische Beziehung eines anderen Paares ein. Ein liebevolles Biss-chen ist ein Spin-Off der Reihe Die Wölfe von Stone Ridge. Die Reihen können unabhängig voneinander gelesen werden, dies idealerweise entsprechend der Nummerierung der Bände innerhalb der Reihe. Aufgrund der Überschneidungen innerhalb der verschiedenen Reihen, die in der Welt von Stone Ridge angesiedelt sind, empfiehlt es sich, die Bände entsprechend ihrer Reihenfolge innerhalb der gesamten Welt zu lesen. Eine Übersicht über die empfohlene Lesereihenfolge gibt es auf der Website von Me and the Muse Publishing. Länge: rund 28.000 Wörter

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Kapitel 1

Kase Corrocus schaute um die Ecke und ließ seinen Blick durch den Aufenthaltsraum schweifen. Bei dem Film, der auf dem Fernseher zu sehen war, handelte es sich um einen alten Schwarz-Weiß-Schinken. Tatsächlich hatte er ihn schon gesehen. Er hatte sich sogar schon darüber lustig gemacht – bei mehr als einer Gelegenheit.

Es war ein alter Vampirfilm.

Selbst ein Vampir, hatte Kase die lächerlichen Elemente, dass sich ein menschlich aussehender Vampir in eine Fledermaus verwandelte oder mit erhobenen Händen herumschlich, als ob er bei nächstbester Gelegenheit zupacken wollte, sowie seine dämlichen Reißzähne und den schwarzen Umhang äußerst amüsant gefunden. Ganz zu schweigen von der Abneigung gegen Kreuze und Knoblauch.

Echt jetzt? Wer glaubt denn solchen Scheiß?

Kase liebte Knoblauch. Er hatte nichts gegen Kreuze, bedauerte aber religiöse Leute, die den jeweiligen Oberhäuptern das Denken und Übersetzen überließen und ihnen blind folgten. Sie mussten das wirklich selbst tun. Außerdem, Weihwasser? Bitte. Kase würde nach einem langen, heißen Tag im Sattel bei der Arbeit mit Rindern bereitwillig ein großes Glas davon trinken. Es würde seinen Durst bestens stillen!

Kase behielt all diese Gedanken für sich …, weil es sein Geliebter war, der den Film sah. Raphael Corsair. Der junge Mann lebte jetzt seit fast drei Wochen auf der Ranch, und Kase wurde langsam verrückt. Außerdem hatte er das Gefühl, blaue Eier zu haben.

Einfach nur im Flur zu stehen, seinen Rücken gegen die Wand gedrückt und Raphael zuhörend, wie er in ein Notizbuch kritzelte, während er zusah, wie Dracula über den Bildschirm schlich, machte Kases Schwanz härter als ein Stahlrohr. Er griff nach unten und umfasste seinen Ständer, schaffte es nur knapp, ein Wimmern zu unterdrücken. Etwas musste sich ändern.

Ich brauche meine Geliebte.

Ich brauche auch Hilfe.

Egal, was Kase bisher versucht hatte, er war nicht näher als bis auf ein paar Meter an Raphael herangekommen. Sein Mensch war einfach so verdammt zurückhaltend. Er war auch extrem jung – erst zwanzig Jahre alt.

Kase wusste einfach nicht, wie er mit dem Mann umgehen sollte. Waren Menschen in diesem Alter nicht dauergeil? Sicherlich hätte er schon auf Kases Annäherungsversuche eingehen sollen. War Raphael gegenüber dem Gedanken, mit einem Mann zusammen zu sein, so abgeneigt, dass er irgendwie den Drang zur Bindung unterdrückte? Kase hatte es noch nicht einmal geschafft, die Hand seines Geliebten zu halten. Er wurde langsam verrückt vor Verlangen danach.

Und jetzt macht er sich Notizen über Vampire aus einem alten Dracula-Film? Na, Scheiße!

Offensichtlich wusste Raphael, dass etwas an ihnen anders war, aber dass er dachte, diese Filme könnten ihm irgendwelche sachdienlichen Informationen geben – Moment mal, könnte Raphael denken, dass diese der Wahrheit entsprachen?

Nicht gut.

Kase schob sich von der Wand weg und schüttelte den Kopf. Er zerbrach sich den Kopf und fragte sich, was er tun sollte. Wer könnte ihm den besten Rat geben?

Seine erste Idee wäre, mit Giles, Raphaels älterem Bruder, zu sprechen. Der Mann hatte früher einer geheimen menschlichen Organisation namens Priester angehört. Die Gruppe kämpfte gegen Vampire und glaubte, sie seien Dämonen.

Giles war gefasst worden, als die Anführer der Priester den Fehler gemacht hatten, sich an den Zirkel heranzumachen, zu dem Kase gehörte. Meister Dante, der Anführer des Zirkels, nahm keine Bedrohungen hin. Er hatte das örtliche Hauptquartier der Priester gefunden, und dann hatten einige Vampire aus dem Zirkel –Kase eingeschlossen – diese Mistkerle erledigt.

Außerdem hatte sich ein Vampir, der von den Priestern gefoltert worden war, als die Amina – oder Seele – eines Dämons entpuppt, der War diente, einem der vier apokalyptischen Reiter. War hatte beschlossen, dass es Spaß machen würde, sich einzumischen. Er hatte es als eine Art Sport angesehen. Merkwürdigerweise war der Reiter am Ende nicht nur mit einem Vampir-Vollstrecker des Zirkels, Monte, verbunden, sondern auch einem netten Präriehund-Wandler namens Xerxes, der in einem der Käfige der Priester gefunden worden war.

Kase runzelte die Stirn, als er seine Gedanken wieder zu seiner eigenen misslichen Lage lenkte. Giles war im Moment nicht auf der Ranch. Er war im Reich der Dämonen, zusammen mit seinem Geliebten, Thanach – nicht, dass sie Raphael gesagt hätten, dass sie dorthin gingen. Stattdessen hatte Giles seinem Bruder erzählt, dass Thanach regelmäßig geschäftlich die Stadt verlassen musste.

Das stimmte auch, unter einem bestimmten Gesichtspunkt.

Als gebundener Dämon galt Thanach als General. Seine Aufgaben umfassten die Ausbildung von neu erschaffenen Dämonen für seinen Herrn, War. Der Reiter des Krieges hatte auch ein Trainingsprogramm mit seinen Brüdern ausgearbeitet, so dass seine Dämonengeneräle auch die Dämonen der anderen Reiter trainierten. Es hatte etwas damit zu tun, dass Wars Dämonen am erfolgreichsten darin waren, ihren eintausendsten Geburtstag zu erreichen, was ein Beweis für die Macht des Reiters war – oder seine Fähigkeiten in Sachen Ausbildung. Thanach musste in der Tat die Stadt verlassen, um seine Aufgaben zu erfüllen. Das Training fand im Dämonenreich statt.

Damit wusste Kase immer noch nicht, wer ihm Tipps geben könnte, wie man einen jungen menschlichen Mann umwirbt.

Kase ging durch das Haus und ging zum hinteren Foyer. Er würde seinen Hut und Handschuhe nehmen und einige Arbeit erledigen. Auf einer Rinderranch gab es immer etwas zu tun.

„Geht es dir gut, Kase?“

Auf halbem Weg durch den riesigen Speisesaal innehaltend, realisierte Kase, dass der Koch ihres Zirkels, Francois, am Buffet stand und die Kaffee- und Tee-Auswahl nachfüllte. Völlig in Gedanken versunken hatte Kase es nicht einmal bemerkt. Er zuckte mit den Schultern und rieb sich den Nacken.

Francois lächelte ihn mitfühlend an. „Raphael?“, fragte er leise. Sogar dieses eine Wort war von Francois’ leichtem französischen Akzent geprägt. Als Kase nickte, trat Francois näher an ihn heran. „Willst du darüber reden?“

Das wollte Kase tatsächlich, aber würde Francois helfen können? Er ließ den Blick über den schlanken, etwa eins zweiundachtzig großen Mann wandern. Der Koch hatte sein schulterlanges braunes Haar mit einem grünen Bandana zusammengebunden, wahrscheinlich, um es aus seinen braun-grünen Augen herauszuhalten. In stiller Frage hatte er eine Augenbraue hochgezogen.

Es ging Kase auf, dass Francois ihm vielleicht tatsächlich einige Ratschläge geben könnte. Francois’ Schwester Deborah hatte sich vor Jahren mit einem menschlichen Mann verbunden. Vielleicht erinnerte sich Francois daran, wie sie den Mann für sich gewonnen hatte.

Es war zumindest einen Versuch wert.

Kase warf einen Blick über die Schulter auf den Flur, der zum Aufenthaltsraum und zu anderen Teilen des weitläufigen Ranchhauses führte, und nickte.

Francois grinste und seine Augen funkelten. „Komm. Ich hole dir eine Tasse Kaffee.“ Anstatt sich wieder dem Sideboard zuzuwenden, das er gerade aufgefüllt hatte, ging er durch den Bogen in die Küche.

Kase warf einen verwirrten Blick auf die Kaffee- und Teebar, folgte ihm aber trotzdem. Während er zusah, nahm Francois einen Becher und hielt einen Finger hoch. „Bleib hier, und nichts anfassen.“ Dann ging er durch eine Seitentür, von der Kase wusste, dass sie zu seiner eigenen privaten Suite führte.

Aufgrund seiner beruflichen Anforderungen als Koch, was ihn dazu veranlasste, so viele Stunden in der Küche zu verbringen, lebte Francois im Haupthaus der Ranch statt in einem der Schlafhäuser.

Kase lehnte seinen Hintern an die Theke und wartete. Er verschränkte die Arme vor der Brust und tat, was der Mann verlangte – er fasste nichts an. Francois war dafür bekannt, dass er sehr auf die Sauberkeit seiner Küche achtete.

Einen Moment später kehrte Francois zurück und hielt den Becher hoch, der jetzt voller dampfender Flüssigkeit war. „Ich weiß, dass du normalerweise Kaffee mit übermäßig viel Sahne und Zucker verdirbst, aber versuche diesen mal zuerst schwarz.“ Francois grinste breit. „Vielleicht magst du ihn.“

Auch wenn Kase bei der Vorstellung innerlich rebellierte, tat er, was ihm gesagt wurde. Normalerweise nahm er viel Sahne und Zucker, um den Geschmack des Kaffees zu überdecken, da er eigentlich kein Fan der Flüssigkeit war. Der Koffeinschub war jedoch gut, so dass er sich jeden Morgen durchkämpfte.

Nachdem Kase auf die Flüssigkeit im Becher gepustet hatte, nahm er einen vorsichtigen Schluck. Würziger Kürbis- und Zimtgeschmack lief über seine Zunge, überdeckte fast den bitteren Kaffeegeschmack, den er nicht mochte.

Kase summte und nickte langsam. „Gib mir einen Hauch von der Sahne mit Kürbisaroma, und er wird so ziemlich perfekt sein.“

Francois schnaubte, während er die Augen verdrehte, nahm das Milchkännchen jedoch aus dem Kühlschrank. Er reichte es Kase und schüttelte den Kopf, als er sah, wie er einen Tropfen der aromatisierten Milch in den Becher goss.

„Was ist bloß los mit dir und Kaffee?“, fragte Francois, als er das Milchkännchen nahm und wegstellte. „Ich war sicher, dass du nur einen höherwertige Kaffeesorte brauchst, und ich weiß, dass meine eigene Maschine die Zubereitung bestens hinbekommt.“

Kase zuckte die Achseln und spürte einen Hauch von Hitze in seinen Wangen. „Tut mir leid, dich zu enttäuschen.“ Er sah zu, wie Francois zu einem Schrank ging und einen Sack Kartoffeln mit roter Schale herausholte. „Ich mag den Geschmack von Kaffee einfach nicht wirklich.“

„Aber du trinkst jeden Morgen welchen“, sagte Francois, als er das Wasser aufdrehte und anfing, die Kartoffeln zu waschen. Er legte die nassen Kartoffeln auf ein Handtuch, das bereits auf dem Tresen ausgebreitet lag.

Kase nickte und gab zu: „Ich mag den Koffeinschub.“

„Hast du mal Tee probiert?“ Francois stellte das Wasser aus und trocknete seine Hände an einem Handtuch ab.

Kase schüttelte den Kopf. „Ich kann keinen Tee finden, den ich lieber mag, also …“ Er ließ seine Stimme verstummen, wohl wissend, dass es seltsam war.

„Was ist mit diesen Energy Drinks?“, fragte Francois neugierig und nahm ein Handtuch, um die gerade gewaschenen Kartoffeln abzutrocknen. „Es gibt davon jetzt jede Menge Geschmacksrichtungen.“

„Vielleicht werde ich darüber nachdenken.“ Kase nahm einen weiteren Schluck von dem Getränk und genoss den kräftigen Kürbisgeschmack. Als Francois anfing, die Kartoffeln fachmännisch zu schälen, erfüllte ihn Unbehagen. „Äh, kann ich dir helfen?“

Er war es nicht gewohnt, herumzusitzen und nichts zu tun.

Francois schnaubte. „Non. Du trinkst einfach Kaffee und erzählst mir, was für Sachen du mit Raphael gemacht hast.“

„Das ist eine kurze Liste“, murmelte Kase und runzelte die Stirn über seiner Tasse. Als er sah, wie Francois die Brauen hob, räusperte er sich und dachte über seine Interaktionen mit Raphael nach. „Nun, ich habe ihm am Abend seiner Ankunft die Kälber gezeigt“, begann er und erinnerte sich, wie die Augen seines Geliebten geleuchtet hatten. „Er sieht ihnen gerne beim Spielen auf den Koppeln zu. Ich meine, wer tut das nicht, stimmt’s?“

Kase grinste Francois an, der zustimmend nickte. „Ähm, und ich habe ihn am nächsten Tag auf der Ranch herumgeführt. Ich sagte ihm, wir könnten ein paar Pferde nehmen und ich könnte ihm den Bach, den Teich und die obere Weide zeigen, aber er sagte, er könnte nicht reiten.“ Kase knabberte an seiner Unterlippe und gab dann zu: „Ich spreche beim Abendessen mit ihm. Frage ihn, wie sein Tag war und solche Scheiße.“ Er rieb sich den Nacken und bemühte sich, an eine andere Interaktion mit Raphael zu denken. „Äh –“

„Das ist alles?“, hakte Francois nach. „Hast du ihm nicht beigebracht, Boxen zu misten oder im Round Pen ein Pferd zu reiten oder ihm den Fohlenstall gezeigt?“ Er legte sein Messer hin und sah Kase in die Augen.

Kase schüttelte den Kopf und gab zu: „Er scheint jedes Mal so nervös zu sein, wenn ich in seiner Nähe bin. Ich möchte ihn nicht noch unbehaglicher machen, weißt du?“ Er spürte, wie seine Wangen warm wurden, und räusperte sich. „Ich glaube, er hat Angst vor mir, aber ich weiß nicht, was ich getan habe, um es zu verursachen.“

Francois summte, als er sich die Hände wusch. „Eher hat er Angst vor den Gefühlen, die du bei ihm verursachst.“ Nachdem er ein paar Papierhandtücher genommen hatte, trocknete er seine Hände ab und warf dann die Tücher in den Korb unter der Spüle. Er zog ein anderes Messer aus dem Block, bevor er sich umdrehte, um es auf Kase zu richten. „Wenn er dein Geliebter ist, ist er von dir angezogen. Was er fühlt, macht ihm wahrscheinlich Angst.“

Schnaubend fügte Francois hinzu: „Ich hörte, dass seine Mutter sehr schwierig ist, und seine Erziehung war voll von Predigten über Sünden und so etwas.“ Der Koch nahm eine Kartoffel und ging zu seinem Schneidebrett. „Du musst ihm zeigen, dass gleichgeschlechtliche Paarungen nicht falsch sind.“

„Wie zum Teufel mache ich das?“

Auch wenn Giles und Thanach oft tagelang blieben, waren sie gerade nicht da. War und seine Männer kamen gelegentlich vorbei, aber sie lebten nicht dort. Alle anderen Paare in Meister Dantes Zirkel waren heterosexuell.

Francois verdrehte die Augen, als ein Grinsen seine Lippen umspielte. „Ich kann sehen, wie sich die Räder in deinem Kopf drehen, Kase.“ Während er sprach, schnitt er effizient die Kartoffel, ließ sie in eine Schüssel fallen und begann mit einer weiteren. „Viele Vampire hier sind bisexuell, genau wie du. Frag Kellan, ob er einen Spender zu einem Doppeldate mit dir und Raphael mitbringen würde.“ Er warf einen Blick in seine Richtung, bevor er sagte: „Hank ist offen schwul. Ich wette, er würde gerne helfen. Immerhin sprach er zu Beginn mit Giles. Vielleicht würde es deinem Geliebten helfen, Sachen mit ihm zu machen. Immerhin ist er allein an einem fremden Ort.“

Während Kase über die Idee nachdachte, starrte er Francois verwundert an. „Woher zum Teufel weißt du all diese Scheiße?“

Francois lachte und grinste breit, obwohl er sich auf die Kartoffeln konzentrierte, die er in Würfel schnitt. „Ich bin der Koch der Ranch. Viele Gespräche finden im und um den Speisesaal herum statt.“

Kase nickte aufgeregt. „Wow, danke, Mann.“ Er grinste breit. „Vielen Dank!“

Francois winkte mit dem Messer und scheuchte ihn aus der Küche. „Natürlich, ich bin es einfach leid, dass du schmollend im Ranchhaus herumlungerst.“ Dann rümpfte er die Nase. „Und Blut aus Beuteln ist keine Art, sich zu ernähren.“

Selbst als Kase lachte und aus der Küche ging, wobei er sich hoffnungsvoller fühlte als seit Wochen, musste er Francois zustimmen. Das Trinken von Blutbeuteln war beschissen, aber er brauchte die Nahrung. Auch wenn er noch von einem Spender trinken könnte, fühlte sich das einfach falsch an, seit er Raphael getroffen hatte – was bedeutete, dass er sein Blut aus einem Beutel trank.

Kapitel 2

Raphael Corsair schlich zurück durch den Flur. Sobald er sich sicher war, dass die beiden Männer in der Küche ihn nicht hören konnten, beschleunigte er sein Tempo. Als er das Büro erreichte, schloss sich Raphael in dem Raum ein und ließ sich hinter dem großen Schreibtisch nieder.

„Kann es wirklich wahr sein?“ Raphael rieb sich mit den Händen über seine mit einer Jeans bekleideten Schenkel, während er leer auf den schwarzen Bildschirm des Laptops blickte. „Sicher nicht.“

Leider wurden die Beweise überwältigend.

Diese Jungs sind keine Menschen.

Moment.

Vielleicht sind sie ja Menschen, aber sie stehen ernsthaft auf Fantasy-Rollenspiele.

Raphael hatte viele Comics gelesen und kannte viele Leute, die sich für Comicon und Cosplay verkleidet hatten. Vielleicht standen diese Typen total darauf. Nur hatte er noch nie jemanden gesehen, der sich als Cowboy verkleidete.

Nun, außer Ruth Mannis, der Frau von Dante Mannis, dem Besitzer. Ruth trug drinnen Bauernröcke und Hausschuhe. Wenn sie in den Stall ging, trug sie Reithosen im englischen Stil mit hohen schwarzen Stiefeln. Ruth wechselte zwischen zwei Pferden, beide große, langbeinige Tiere, mit denen sie auf einem Reitplatz für dreißig Minuten oder so über bunte Hindernisse sprang, bevor sie mit ihnen ins Gelände ging und zwischen den Bäumen verschwand.

Raphael hatte im Fernsehen Springreiten gesehen, aber nie im wirklichen Leben. Er fand es faszinierend … und beängstigend. Diese Hindernisse waren hoch!

Ruth kochte auch nicht. Sie machte die Buchführung und kümmerte sich um die Hauswirtschaft. Nach allem, was Raphael gehört hatte, war es ein immer wiederkehrender Witz, dass Ruth selbst Wasser anbrennen lassen konnte.

Es gab ein Dutzend anderer Frauen auf der riesigen Ranch und zwei Dutzend Männer. Raphael wusste immer noch nicht, was sie alle taten. Die meisten Leute hatte er noch nicht einmal getroffen, obwohl alle ihn zu kennen schienen.

Wenn Raphael bei den seltenen Gelegenheit, zu denen er sich entschied, einen Spaziergang zu machen, im Flur oder auf dem Hof an jemandem vorbeikam, lächelte diese Person und nickte oder begrüßte ihn sogar mit Namen. Obwohl der Ort oberflächlich gesehen sehr freundlich wirkte, gab es eine Reihe von Gebäuden, die Raphael nie gezeigt worden waren, und jedes Mal, wenn er den Mut aufbrachte, sich ihnen zu nähern, wurde er abgefangen. Jemand suchte ihn wegen irgendetwas, und es schien immer ein plausibles Anliegen zu sein.

Versteckten sie dort etwas? Was –

Der Klingeln seines Telefon drang in Raphaels Gedanken. Er hob es von der Stelle auf, wo er es auf dem Schreibtisch liegen gelassen hatte, bevor er sich entschied, beim Mittagessen ein wenig fernzusehen. Raphael schaute auf das Display und verzog das Gesicht.

Seine Mutter rief an.

Sofort änderte sich Raphaels Ansicht. Wen interessierte es schon, welche seltsamen Dinge der Rancher und seine Leute so machten? Raphael wusste einfach, dass sie nichts Illegales taten. Giles wäre nicht mit ihnen befreundet gewesen, wenn sie es täten. Sein Bruder war sehr geradlinig. Nach allem, was Raphael gesehen hatte, ging es den Ranchern nur um sauberes Leben. Ihr Rindfleisch war sogar kontrolliert biologisch.

Raphael ignorierte den eingehenden Anruf. Er wusste, dass seine Mutter eine Nachricht hinterlassen würde. Sie tat es immer. Die Nachricht würde wahrscheinlich lang sein und fordernd. Vielleicht sogar ein bisschen herablassend.

Raphael legte sein Handy auf den Schreibtisch und seufzte. Er schaltete den Laptop ein und kehrte an seine Arbeit zurück. Nach fast drei Wochen rief seine Mutter Lenora Corsair immer noch mehrmals am Tag an. Die Nachrichten waren alle ähnlich und forderten ihn auf, seine kindliche Rebellion einzustellen und nach Hause zurückzukehren.

Warum konnte sie nicht verstehen, dass er erwachsen war und seine eigenen Entscheidungen treffen musste?

Raphael wusste, dass sie sein Leben für immer kontrollieren würde, wenn er sie ließ. Zumindest hatte er hier auf der Ranch Optionen. Ruth hatte ihm einen Job angeboten, und Dante gewährte ihm Zugang zu einem Fahrzeug, falls er beschließen sollte, die nahe gelegene Stadt zu erkunden. Die einzige Voraussetzung dafür war, dass er, wenn er eines der Fahrzeuge nahm, es abmeldete und angab, wann er es ungefähr zurück bringen würde. Die sechs Fahrzeuge – vier Ranch-Trucks und zwei SUVs – wurden schließlich von mehreren Dutzend Leuten gemeinsam benutzt.

Das Leben hier war unendlich viel besser, als es unter der Fuchtel seiner Mutter gewesen war.

Raphael verdrängte diese Gedanken und vergrub sich in seiner Arbeit. Als Ruth erfahren hatte, dass er eine Berufsausbildung als Buchhalter gemacht hatte, und sich selbst die gängigsten Buchhaltungsprogramme beigebracht, war sie begeistert gewesen. Offensichtlich war es beim Betrieb einer riesigen Rinderfarm wichtig, zu verfolgen, welche Kühe und wie viele mit welchem Bullen zusammen waren und welche Nachkommen hervorbrachten.

Überraschenderweise war es die Aufgabe, die handgeschriebenen Notizen einiger der besten Cowboys sowie des Vorarbeiters Kellan Harlon zu entziffern und in Tabellenkalkulationen einzugeben, die am meisten Zeit in Anspruch nahm.

Ruth hatte zugegeben, dass sie etwas im Rückstand war, da es während der Kalbsaison verrückt zuging. Darüber hinaus übernahm sie die gesamte Buchhaltung für die Ranch. Sie hatte das immer für wichtiger gehalten, also war sie noch weiter zurückgefallen.

Raphael hätte mit allem ziemlich schnell aufgeholt, aber sein Bruder wollte viel Zeit mit ihm verbringen. Es war schön gewesen. Nachdem Giles aufs College gegangen war, hatten sie sich auseinandergelebt. Raphael genoss es wirklich, wieder eine Beziehung mit ihm aufzubauen.

Da Giles und sein Mann Thanach beruflich unterwegs waren, verbrachte Raphael den größten Teil seiner Zeit im Büro. Er war fast auf aktuellem Stand. Ruth hatte ihm gesagt, er solle sich Zeit lassen, aber er wollte seinen Wert beweisen.

Es dauerte nicht lange, bis er sich in die Arbeit vertieft hatte.

Ein Klopfen an der Tür riss Raphael aus seiner Konzentration, als er gerade die Kritzeleien eines der Ranchhelfers zu entziffern versuchte. Er blinzelte und richtete sich auf. „Ja?“, rief er und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht.

„Bist du noch hier?“ Ruth schüttelte den Kopf, als sie das Büro betrat, wobei ihr langer Rock um ihre Beine schwang. „Was auch immer du tust, hör auf damit. Speichern und Computer abschalten, Raph.“ Sie lächelte breit und ihre blauen Augen funkelten. „Ich zerre dich raus ins Sonnenlicht … dann in den Stall. Jezebel hat heute ihr Fohlen bekommen. Es ist hinreißend. Komm mit.“

Raphael tat, was ihm gesagt wurde, speicherte seine Arbeit ab, steckte seine Notizen weg und schloss den Laptop. „Ich dachte, sie wäre erst nächste Woche fällig?“

Ruth lachte und der fröhliche Laut erfüllte den Raum. „Oh, Raph. Dinge wie Schwangerschaften und Babys funktionieren nicht nach einem solchen Zeitplan.“ Sie winkte, als sie den Raum verließ. „Fälligkeitstermine sind wie das Verfallsdatum von Konserven. Sie sind nur eine Richtlinie. Jetzt komm schon.“

Bei ihrer ansteckenden Begeisterung erhob sich Raphael und eilte Ruth nach. Er blieb an der Tür stehen und schob seine Füße in seine ramponierten Turnschuhe. Da er Geld für seine Teilzeit-Büroarbeit bekam, würde er sich neue kaufen können.

Vielleicht wäre ein Ausflug in die Stadt keine schlechte Idee. Er hatte die Ranch nicht verlassen, seit der Sheriff seine Mutter gezwungen hatte, ihn dort zurückzulassen. Auch wenn Giles mehrere Kleidungsstücke für ihn besorgt hatte, war Raphael selbst nicht weggegangen.

Trotz der seltsamen Dinge, die er gelegentlich bemerkte, fühlte er sich dort immer noch sicher.

Raphael folgte Ruth aus dem Haus und über den Hof, kniff die Augen zusammen und blinzelte. Als er seine Augen dazu gebracht hatte, sich an die Helligkeit anzupassen, hatte er den Stall erreicht. Er machte sich in Gedanken eine Notiz, sich eine Baseballkappe oder etwas Ähnliches in der Stadt zu besorgen.

Auf keinen Fall kann ich einen Cowboyhut anziehen.

„Hier drinnen“, drängte Ruth und ging tief in den Stall. Sie blieb neben der vorletzten Tür links stehen. Sofort wurde ihr Gesichtsausdruck weich, als sie gurrte. „Ooohhh, wie süß.“

Raphael blieb neben Ruth stehen. Seine Unterarme auf der eins zwanzig hohen Wand abgestützt, schaute er in die Box. Er entdeckte Jezebel an der rechten Seitenwand stehend. Ihr großer dunkelgrauer Kopf hing herunter und sie wirkte müde. Ein paar Zentimeter vor ihren Vorderhufen, zusammengerollt im Stroh, lag ein winziges Pferdebaby.

„Wow“, flüsterte Raphael. Er wusste, dass er mit großen Augen starrte. „Ich habe noch nie ein so kleines gesehen.“

Ruth stupste seine Schulter an. „Sie bleiben sicher nicht lange so klein, aber wow ist richtig.“

„Willst du reinkommen und sie streicheln?“

Raphael wurde endlich klar, dass die Pferde nicht allein in der Box waren. Er sah Dante im Stroh neben dem Fohlen sitzen, das seinen Kopf hob und sich mit glänzenden, tiefbraunen Augen umschaute. Der Besitzer rieb mit einem Tuch über den Körper des Fohlens.

Gänsehaut brach an Raphaels Armen aus, als er sich in der Box umsah. „Ich darf es wirklich streicheln?“ Er rieb sich die Brust, überrascht, dass Aufregung durch ihn strömte. Trotzdem blickte er vorsichtig zu der großen Mutterstute. „Es wird ihr nichts ausmachen?“

„Jezebel ist eine gute Mutter. Sie ist ruhig und es macht ihr nichts aus, wenn ihre Fohlen angefasst werden“, versicherte Dante. „Ihre Kleine hat schon einmal gestanden und getrunken, also ist sie bereit für ein Nickerchen.“ Er hob eine Hand und winkte ihn zu sich. „Du kannst für einen Moment hier sitzen und ihren Rücken streicheln, aber ich versichere dir, es wird nicht lange dauern.“ Leise lachend neigte er das Kinn, um zu zeigen, wie sich der Kopf des Fohlens senkte, dann hob und wieder senkte. „Sie wird bald wieder auf sein.“

Ruth öffnete die Boxentür und bedeutete Raphael, hineinzugehen. „Mach nur“, drängte sie. „Nähere dich langsam.“

Raphael konnte nicht widerstehen und schlüpfte in die Box. Er sah, wie Jezebel den Kopf hob und sich zu ihm umdrehte, was ihn innehalten ließ. Nachdem Dante ein wenig mit dem großen Pferd gesprochen hatte, winkte er Raphael noch einmal vor.

Ein Stück von dem kohlschwarzen Fohlen entfernt, ließ Raphael sich auf die Knie sinken. Er hob die Hand und streckte sie nach dem entspannten Tier aus. Als es den Kopf hob und ihn ansah, hielt Raphael inne. Dante packte sein Handgelenk und führte seine Hand zur Seite des Fohlens.

Raphael nahm an, dass er ein riesiges, dämliches Grinsen im Gesicht hatte, aber er konnte nicht anders. Es war einfach unglaublich, ein neugeborenes Fohlen zu streicheln. Das Fell des Tieres fühlte sich anders an als das eines jeden anderen Pferdes, das er bisher gefühlt hatte – weich, flauschig weich.

„Wow!“

Raphael konnte sich einfach keine andere Möglichkeit vorstellen, es auszudrücken. Es war nicht so, als wäre er jemals gut mit Worten gewesen. Er versteckte sich aus einem guten Grund hinter einem Computer.

Doch selbst ein Nerd konnte diesen besonderen Moment schätzen.

„Ohh, ich habe gehört, dass Jezebel ihr Fohlen bekommen hat“, erklang eine tiefe Stimme in Ruths Nähe. „Da musste ich herkommen und es sehen.“

Raphael drehte den Kopf und entdeckte Kase, der neben Ruth vor der Box stand. Seine Herzfrequenz nahm an Geschwindigkeit zu, und er fühlte, wie ihn eine ungewohnte Wärme erfüllte. Es fühlte sich an, als würden Schmetterlinge in seinem Bauch herumflattern.

Von all den seltsamen Dingen an Raphaels neuem Zuhause stand seine Reaktion auf Kase ganz oben auf der Liste. Er verstand einfach nicht, warum jedes Mal, wenn er den großen, schwarzhaarigen Cowboy sah, sein Körper reagierte. Der Mann hatte ihn an diesem ersten Tag geradezu angebaggert, sollte er sich also nicht von ihm abgestoßen fühlen?

Das war jedoch sicher nicht der Fall. Tatsächlich erforderte es jedes bisschen von Raphaels Selbstbeherrschung, um Abstand zwischen ihnen zu halten. Er stellte oft sicher, dass Kases Pflichten ihn woanders hingeführt hatten, wenn er sich zu einem Spaziergang entschied.

Raphael war nicht in der Lage, seinen Blick von Kase abzuwenden, obwohl er weiterhin abwesend das Fohlen streichelte.

„Er ist süß“, sagte Kase und lächelte breit.

„Es ist eine sie“, korrigierte Ruth.

Kase hielt Raphaels Blick. „Ich weiß.“ Er zwinkerte ihm zu. „Das Fohlen ist auch süß.“

Als Raphael bemerkte, dass Kase ihn neckte, spürte er, wie seine Wangen heiß wurden und wusste, dass er errötete.

„Wird sie heller werden, wie ihre Mutter?“, fragte Kase und wandte seine Aufmerksamkeit Ruth zu.

Ruth summte einen Moment und antwortete dann: „Da sie fast schwarz geboren wurde, wird sie wahrscheinlich ziemlich viel heller werden, ähnlich wie ihre Mutter.“

Dante tätschelte Raphaels Schulter und lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich. Er beugte sich vor und schenkte ihm ein Lächeln. „Ich denke, mein guter Kase ist in dich verknallt, Raph.“ Sein Ton war sanft, und seine braunen Augen zeigten Verständnis. „Du weißt, dass wir hier kein Problem damit haben, richtig?“

Raphael erinnerte sich daran, wie Ruth seine Mutter – mit Hilfe der Polizei – von der Ranch geworfen hatte, weil sie Beleidigungen gegen Schwule geäußert hatte, und nickte schnell. „Ich verstehe, Sir. Ich bin nur –“ Er warf einen Blick über seine Schulter und entdeckte, dass nicht nur Kase gegangen war, sondern auch Ruth. Er wusste nicht, ob er Enttäuschung oder Erleichterung empfand.

„Du warst noch nie mit einem Mann zusammen, oder?“

Raphael richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Dante. Sein Kiefer klappte auf. Trotzdem sagte er die Wahrheit und schüttelte den Kopf.

„Warst du jemals mit einer Frau zusammen?“

Wenn Raphaels Gesicht in Flammen aufgehen könnte, hätte es das getan. „Nein, Sir“, murmelte er.

Dante schenkte ihm ein verständnisvolles Lächeln. „Wenn du jemals reden willst, bin ich gerne bereit, zuzuhören.“

Raphael hatte noch nie in seinem Leben mit jemandem über Sex gesprochen. Außerhalb des Schulunterrichts wurde darüber nicht gesprochen. Sicher nicht im Haus seiner Mutter.

„Danke, Sir“, antwortete Raphael, als er bemerkte, dass Dante eine Antwort erwartete. „Ich denke drüber nach.“ Als er die Worte sagte, wurde ihm klar, dass er es tun würde.

Dante erinnerte ihn irgendwie an eine Vaterfigur … und zwar besser als sein eigener.

Kapitel 3

„Mach mal langsam, großer Kase. Er fühlt sich zu dir hingezogen, versteht es aber nicht.“ Ruth hatte ihm den Rat mit einem Klaps auf seine Brust gegeben. „Lass ihn sich erst mal einfach an deine Anwesenheit gewöhnen, ohne all die Anspielungen zu machen. Sei nett. Ein Gentleman.“

Kase ließ sich diese Worte in seinem Kopf herumgehen, während er mit seinem Pickup in Richtung Stadt fuhr. Gelegentlich warf er dabei einen Blick auf seinen Beifahrer. Obwohl er sich nicht sicher war, wie Ruth Raphael überredet hatte, sich von Kase in die Stadt bringen zu lassen, um Kleidung einzukaufen, fühlte er sich dankbar.

Er war auch dankbar, dass Hank auf dem Rücksitz seines Doppelkabiners saß. Kase würde als erster zugeben, dass er nichts darüber wusste, Klamotten für andere Leute zu kaufen. Seine Garderobe bestand aus Arbeitskleidung für die Ranch mit ein paar schicken Hemden zusätzlich für den Fall, dass er sich schick machen und auf die Jagd nach einem anderen Blutspender als denen, die auf der Ranch lebten, machen wollte.

Auch wenn der berauschende Geruch von Raphaels Blut ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ, seine Fangzähne schmerzten und sein Magen sich zusammenzog, hatte Kase immer noch genug Gehirnzellen, um zu erkennen, dass sein Geliebter nicht der Typ zu sein schien, der diese Art von Kleidung trug.

Kase dachte, er könnte genauso gut fragen, also streckte er die Hand aus und legte sie auf Raphaels Knie, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Er bemerkte die Röte auf den Wangen seines Menschen und wie er auf Kases Hand auf seinem Bein blickte. Er erinnerte sich an Ruths Warnung, legte seine Handfläche schnell wieder ans Steuer und brachte ein paar Worte hervor. „Was für Kleidung suchst du, Raph?“

Mit dem Blick aus hellgrünen Augen seines Menschen, der nun auf ihn gerichtet war, fühlte sich sein Herz an, als würde es in seiner Brust stolpern. Kase stand wirklich gern im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des Mannes. Ein Bild von Raphael, der sich auf seiner tiefblauen Bettdecke räkelte, kam ihm in den Sinn.

Würden sich seine Augen vor Lust verdunkeln, wenn Kase jeden Zentimeter seines Körpers küsste? Wie weit nach unten würde seine leicht gebräunte Haut erröten, wenn er zum Orgasmus kam? Welche Laute würde er dabei machen, oder wäre er ein stiller Liebhaber?

Kase wurde ernsthaft hart vor Verlangen, Raphael leidenschaftlich seinen Namen schreien zu hören.

„Äh, ich weiß nicht“, murmelte Raphael und sein Blick glitt davon, um aus dem Fenster zu schauen. „Nur ein paar Jeans und ein paar T-Shirts wären schon in Ordnung.“ Er warf einen Blick auf seine Füße und fügte hinzu: „Vielleicht ein Paar neue Turnschuhe.“

Als Kase nickte, sagte Hank auf dem Rücksitz: „Magst du eine bestimmte Marke? Wir könnten zu den Outlet-Läden südlich der Stadt fahren. Da gibt es viele gute Auswahlmöglichkeiten.“ Er grinste breit. „Es gibt da auch mehrere Schuhgeschäfte.“

Raphael drehte sich auf seinem Sitz und schüttelte den Kopf. „Oh, ich brauche nichts Besonderes.“ Er zuckte mit den Schultern. „Marken interessieren mich nicht. Wirklich.“ Seine Wangen erröteten ein wenig mehr, als er hinzufügte: „Mir reichen Sachen aus dem Schlussverkauft. Ich muss mir einen Notgroschen ansparen. Meine Mutter, sie …“ Er hielt inne und drehte sich auf seinem Sitz um. Mit Blick aus dem Fenster murmelte er: „Nicht wichtig.“

Kase wünschte wirklich, Raphael hätte seinen Satz beendet. Was war mit seiner Mutter Lenora Corsair? Ihm hatte wirklich nicht gefallen, wie sie sich verhielt, als sie auf der Ranch war. Es war befriedigend gewesen zu sehen, wie Sheriff Diloan sie und ihren Ehemann Warren von der Ranch verwies.

„Nun, wie wäre es dann mit dem Kaufhaus im Ort“, schlug Kase vor. Er wollte, dass Raphael sich wohl fühlte. „Die haben so ziemlich alles. Da kaufe ich meine Sachen.“

Raphael nickte. „Ja. Ja, das wäre großartig.“ Er drehte sich um und wandte sich an Hank. „Wenn dir das recht ist. Wir können auch in die Outlet-Läden fahren, wenn du etwas von dort brauchst.“

Im Rückspiegel bemerkte Kase, dass Hank breit grinste. Der leicht rundliche, braunhaarige Mensch nahm seine Antwort bereitwillig hin. „Nichts Besonderes. Ich habe eine Liste von einigen der anderen, und ich kann alles im Kaufhaus besorgen.“

Raphael sah erleichtert aus, als er sich wieder auf seinem Sitz herumdrehte.

„Was wollen die anderen denn?“, fragte Kase, als ihm eine Idee kam. „Ich werde helfen, es zu finden. Je früher wir alles haben, desto eher können wir zu Frostys.“ Da Raphael so nah saß, konnte er sich nicht zurückhalten und streckte erneut die Hand aus, berührte das Knie seines Geliebten. Diesmal fuhr er mit den Fingerspitzen leicht über die Kniescheibe, bevor er seine Hand sofort wieder zum Lenkrad bewegte. „Die machen die besten Eisbecher und Shakes. Willst du hin?“

„Oh, lecker!“, rief Hank und leckte sich die Lippen. „Bitte sag ja, Raph.“ Er streckte die Hand nach vorne und legte sie auf seine Schulter. „Bitte, bitte? Das ist es total wert, sich den Appetit aufs Abendessen dafür zu verderben.“

Zu Kases Überraschung und Freude lachte Raphael. „Ja, sicher. Was auch immer ihr wollt.“ Sein Lächeln blieb, als er gestand: „Ich hatte seit … Jahren keinen guten Eisbecher mehr.“

„Was für ein Verbrechen“, antwortete Kase. „Wir werden das in Ordnung bringen!“

Raphael schenkte Kase ein Lächeln, das seinen Puls rasen ließ. Götter, er wollte diesen Blick täglich auf sich gerichtet sehen. Als er Raphaels Lächeln erwiderte, konnte er sich nur geradeso daran erinnern, seine Reißzähne versteckt zu halten.

Bald muss ich das nicht mehr … hoffe ich.

Nachdem ihr Ziel nun festgelegt war, fuhr Kase in die Stadt. Es war keine große Stadt – nur ein paar Straßen in der Innenstadt –, aber es gab viele Nebenstraßen mit Häusern in der Umgebung. Die Bevölkerungszahl betrug rund fünftausend Personen.

Auch wenn das Vor- und Nachteile für Vampire hatte, da sie Blut brauchten, um sich zu ernähren, gab es auch eine Reihe von Clubs, die nur etwas mehr als eine Stunde entfernt waren. Kase und die anderen Vampire auf der Ranch hatten die Clubs schon oft besucht. So sehr sie das halbe Dutzend Spender schätzten, die bei ihnen leben, brauchten sie manchmal … einfach etwas anderes.

Das verstanden auch die Spender. Ganz zu schweigen davon, dass das Verhältnis von Spendern zu Vampiren etwas unausgewogen war. Wenn die Vampire nicht daran denken würden, sich nicht zu häufig zu nähren, müssten sie in die Stadt gehen, nur um die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten.

Die Gesundheit der Spender stand immer an erster Stelle.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752128680
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (Januar)
Schlagworte
gestaltwandler wandler romance fantasy vampire gay Roman Abenteuer Fantasy Romance Liebesroman Liebe

Autor

  • Charlie Richards (Autor:in)

Charlie begann im Alter von acht Jahren mit dem Schreiben von Fantasy-Geschichten und als sie mit neunzehn ihren ersten erotischen Liebesroman in die Finger bekam, erkannte sie ihre wahre Berufung. Jetzt konzentriert sie sich auf das Schreiben von homoerotischen Romanen, zumeist aus der Kategorie Paranormal, mit Helden jeglicher Art.
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Titel: Der Nerd und sein Vampir