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Der Seelenmuskel

Die Angst auflösen und Entspannung finden

von Dr. Angela Fetzner (Autor:in)
120 Seiten

Zusammenfassung

Der Seelenmuskel – die exakte Bezeichnung ist großer Lendenmuskel (lat. Musculus psoas major) – liegt tief versteckt in der Hüftmuskulatur, es ist der einzige Muskel, der die Wirbelsäule mit den Beinen verbindet. Der Seelenmuskel – Spiegelbild unserer Seele Es gibt einen Muskel in unserem Körper, der unsere Ängste beeinflussen kann, den „Seelenmuskel“. Wenn wir diesen Muskel trainieren, können wir unsere Angst besiegen und unseren Lebensmut stärken. Körper und Seele sind untrennbar miteinander verbunden. Dass unsere Psyche Einfluss auf unseren Körper hat, ist allgemein bekannt. Nun gibt es aber auch immer mehr Erkenntnisse, dass dieser Prozess auch umgekehrt funktioniert. Der Seelenmuskel kann Ängste auslösen, aber auch heilen Angst und Traumata können sich negativ auf den Seelenmuskel auswirken – diese negativen Emotionen werden im Seelenmuskel gespeichert und dort eingefroren. Andererseits kann der Seelenmuskel selbst – und das ist das heimtückische Kennzeichen dieses Muskels – Ängste, Verzweiflung, Depressionen sowie zahlreiche weitere Beschwerden wie unerklärliche Rückenschmerzen, Schmerzen in Hüfte und Becken, Verdauungsprobleme usw. hervorrufen. Den Teufelskreis der Angst durchbrechen Wenn wir den Seelenmuskel entspannen und trainieren, können wir auch Einfluss auf unsere Seele nehmen. Denn ist der Seelenmuskel entspannt, und gelingt es uns, diesen zu befreien, können wir zurück zu Wohlgefühl und Vitalität finden. Wir fühlen uns gestärkt, voller Mut, angstfrei, geborgen. Auf über 200 Seiten finden Sie vollständige Informationen über den Seelenmuskel. – Der Seelenmuskel ist ein weitgehend unbekannter und unterschätzter Muskel unseres Körpers, obwohl er zu den wichtigsten Einflussfaktoren für unsere Gesundheit gehört. Inhalt: • Der Seelenmuskel – Der Sitz der Angst • Anatomie des Seelenmuskels • Was den Seelenmuskel aus dem Gleichgewicht bringt • Der Seelenmuskel als Spiegel unserer Seele • Körperspannung als Schutzmechanismus • Atmung und Emotionen • Das Reptiliengehirn • Wie entsteht Angst • Loslassen lernen • Was dem Seelenmuskel gut tut • Zurück zu Wohlgefühl und Vitalität • Die besten Übungen für den Seelenmuskel • u. v. m. Zahlreiche farbige Fotos und Abbildungen ergänzen den Text.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Dr. Angela Fetzner

Der Seelenmuskel -

Die Angst auflösen und

Entspannung finden

Impressum:

© 2020 Dr. Angela Raab geb. Fetzner

alle Rechte vorbehalten

Gartenstr. 10

56462 Höhn

www.angela-fetzner.de

kontakt@angela-fetzner.de

1. Auflage 2020

Umschlaggestaltung:

ZERO Werbeagentur, München unter

Verwendung von Motiven von shutterstock.com

Foto: © Maridav depositphotos.com

EBook-Satz: Michael Raab

Inhaltsverzeichnis

Der Seelenmuskel – Der Sitz der Angst

Was den Seelenmuskel aus dem Gleich­gewicht bringt

Wenn der Seelenmuskel unter ständiger Anspannung steht

Der Seelenmuskel als Spiegel unserer Seele

Körperspannung als Schutzmechanismus

Hinweis

Atmung und Emotionen

Die besten Atemübungen

Lippenbremse

Zwerchfellatmung

Übung für eine gute Bauchatmung

Das Reptiliengehirn

Der Seelenmuskel und das Reptiliengehirn

Wie entsteht Angst?

Loslassen lernen

Was dem Seelenmuskel gut tut

Genügend trinken

Den Psoas wärmen

Schreitherapie (vokale Expression von unterdrückten Gefühlen)

Körperkontakt

Neurogenes Zittern

Autogenes Training

Progressive Muskelentspannung - Abbau von Stress nach Jacobson

Meditation – Den Geist entleeren, um klar zu sehen

Planen Sie regelmäßige Pausen ein

Die Macht der Gedanken

Lernen Sie, Nein! zu sagen

Affirmationen

Achtsam sein

Im Hier und Jetzt leben

Energieblockaden im Körper auflösen

Regelmäßige Bewegung zur Förderung von Entspannung und Gelassenheit

Zurück zu Wohlgefühl und Vitalität

Auch die Schlafposition ist entscheidend

Wie ertaste ich den Iliopsoas?

Funktionstest des Psoas

Die besten Übungen für den Seelenmuskel

Yoga-Übung „Der Berg“

Yoga-Übung „Der Baum“ (Vriksasana)

Yoga-Übung „Die Taube“ (Kapotasana)

Die Stellung des Kindes (Balasana)

Die Schulterbrücke (Setu Bandha Sarvangasana)

Das Boot (Navasana)

Knie-zum-Kinn-Übung (Apanasana)

Der Frosch (Mandukasana)

Der Drehsitz (Ardha Matsyendrasana)

Der liegende Schmetterling (Supta Baddha Konasana)

Die Heuschrecke (Shalabhasana)

Seitliche Neigung der Wirbelsäule

Diagonale im Vierfüßlerstand

Übung „L“ an der Wand

Tiefe Kniebeuge

Bein-Spreizen im Stehen

Hüfte mobilisieren und dehnen

Bein-Schwingen

Aktive Hüftdehnung

Dehnungsübung für Hüften und Oberschenkel

Literaturverzeichnis (Auswahl)

Bücher und Druckwerke

Internetseiten

Zur Autorin

Ein herzliches Dankeschön

Bücher von Dr. Angela Fetzner

Leseprobe Atme Dich gesund

Der Seelenmuskel – Der Sitz der Angst

Vielfach herrscht die Ansicht, dass Angst und Depressionen reine Kopfsache sind und diese Gefühle fest in unserem Gehirn verankert sind. Die Angst schlummert aber nicht nur in verschiedenen Arealen des Gehirns – sondern auch im sogenannten Seelenmuskel. Dieser nimmt als tiefster Muskel im menschlichen Körper einen besonderen Stellenwert hinsichtlich der seelischen und körperlichen Gesundheit ein.

Der Seelenmuskel – die exakte Bezeichnung ist großer Lendenmuskel (lat. Musculus psoas major) – liegt tief versteckt in der Hüftmuskulatur. Der Psoas entspringt rechts und links im unteren Bereich der Lendenwirbelsäule und verläuft durch den Unterbauch und das Becken, bis zum oberen Teil der Innenseite des Oberschenkels.

Der Psoas ist von fundamentaler Bedeutung für unseren Körper, da er der einzige Muskel ist, der die Wirbelsäule mit den Beinen verbindet. Er schlägt also die unabdingbare und signifikante Brücke zwischen Ober- und Unterkörper.

Deshalb haben wir es einzig dem Seelenmuskel zu verdanken, dass wir das Becken in der richtigen Stellung halten können, das Gleichgewicht bewahren können, weiter auch, dass wir „Hal­tung“ einnehmen, also gerade stehen können. Ja sogar, dass wir überhaupt laufen, stehen und sitzen können - dies ist der große Verdienst des Seelenmuskels. Der Seelenmuskel gewährleistet also zum einen Beweglichkeit, zum anderen Balance und Stabilität.

Im Hüftgelenk bewirkt der Seelenmuskel weiter die Beugung (Flexion), er ist der stärkste Hüftbeuger des Menschen. Außerdem ist er im Hüftgelenk für die Auswärtsdrehung (Außenrotation) zuständig. Der Psoas wird auch benötigt, um ein Bein nach vorne und oben anzuheben.

Anatomisch betrachtet hat der Seelenmuskel seinen Ursprung am zwölften Brustwirbel und setzt sich dann über alle fünf Lendenwirbel fort.

Zudem bietet der Psoas auch eine Art Stütze und Ablage für die inneren Organe. So schützt und stimuliert er die unteren Bauchorgane – bei jeder Bewegung des Seelenmuskels werden auch verschiedene Bauchorgane (z. B. Nieren, Leber, Milz, Bauchspeicheldrüse und Darm) aktiviert und massiert.

Darüber hinaus ist der Psoas durch Faszien mit dem Zwerchfell verknüpft – hierdurch ist sein Einfluss auf die Atmung begründet. Durch eine nicht korrekte Atmung, wie diese bei Einschränkungen des Psoas auftreten kann, können wiederum Angstgefühle manifestiert werden.

Der Psoas ist weiter unmittelbar mit dem Reptiliengehirn, dem ältesten Teil des Gehirns, gekoppelt. Das Reptilienhirn – die exakte Bezeichnung ist Stammhirn – sichert uns in bedrohlichen Situationen das Überleben, da sich dort die Notfallprogramme für Kampf, Flucht und Erstarrung befinden. Die Signale für Kampf, Flucht oder Erstarrung werden vom Reptiliengehirn an den Seelenmuskel weitergegeben – dieser reagiert entsprechend mit starker Muskelanspannung.

Durch Ängste und Traumata, weiter durch den Einfluss des Zwerchfells und des Reptiliengehirns, wird der Seelenmuskel ständig in Alarmbereitschaft versetzt. Diese grundsätzlich positiven Mechanismen können jedoch auch eine unheilvolle Allianz bedeuten, wenn die Angst überhandnimmt, uns also sozusagen ständig gefangen hält und von uns Besitz nimmt.

Denn permanente Angstgefühle führen zu einer chronischen Anspannung des Psoas – die beständige hohe Spannung des Psoas kann wiederum ihrerseits Angstgefühle auslösen. Ein Teufelskreis der Angst ist entstanden.

Was diesen Teufelskreis verstärkt und unserem Seelenmuskel zusetzt, v. a. aber wie man den Seelenmuskel wieder befreien kann. – das ist Gegenstand der nächsten Kapitel.

© depositphotos - AnatomyInsider - Der Psoasmuskel

Was den Seelenmuskel aus dem Gleich­gewicht bringt

Einer der Hauptfeinde eines gesunden Seelenmuskels – sowie für unsere Gesundheit im Allgemeinen – ist Bewegungsmangel, v. a. eine sitzende Lebensweise.

Immer mehr Menschen arbeiten im Sitzen, zur Arbeit lassen wir uns dank Autos, Busen und Aufzügen bewegen, anstatt uns selbst zu bewegen. Abends sitzen wir dann gemütlich auf der Couch und vor dem Fernsehen, sodass wir auch den Tag meist sitzend ausklingen lassen.

Vor allem bestimmte Sitzhaltungen, wie das häufig praktizierte Sitzen mit überschlagenen Beinen und das Sitzen am Schreibtisch ohne Bodenkontakt der Fersen beeinträchtigen den Seelenmuskel.

Auch das Sitzen mit nach hinten geneigtem Oberkörper sowie krummes und gebeugtes Sitzen am Schreibtisch sind dem Seelenmuskel abträglich – hier helfen auch vermeintlich ergonomische Büromöbel nicht weiter.

Durch übermäßiges, stundenlanges Sitzen verkürzt sich der Seelenmuskel, zudem werden die inneren Organe eingeengt, wodurch deren Leistungsfähigkeit eingeschränkt wird. Auch die Durchblutung und der gesamte Stoffwechsel werden durch eine kontinuierlich sitzende Tätigkeit gehemmt.

Bei dauernder Sitztätigkeit steht der Seelenmuskel unter Dauerspannung, zudem ist er ständig gebeugt – der entsprechende Ausgleich durch die Streckung, die sich beim Stehen und Laufen ergibt, fehlt völlig.

Die Hüfte ist stark gebeugt, oft über 90˚, in dieser Position ist der Seelenmuskel permanent angenähert.

Steht dem ständigen Sitzen keine ausreichende, ausgleichende Bewegung gegenüber, bleibt der Muskel verkürzt und angespannt – da er darauf (fehl-)programmiert wird, dass Sitzen die (scheinbar) normale und natürliche Position ist.

Langfristig nimmt auch die Beweglichkeit des Psoas ab, beim Stehen und Laufen kann das Becken nicht mehr in der richtigen Position gehalten werden. Es wird dann nach vorne geschoben, ein Hohlkreuz entsteht – langfristig ergeben sich Rücken- und Beckenschmerzen.

Bezüglich des Seelenmuskels resultieren durch chronisches Sitzen weitere unschöne Folgen wie Muskeldegeneration, Muskelverkürzungen und Muskelspannungsstörungen. Daneben können sich Triggerpunkte bilden. Triggerpunkte sind schmerzhafte Verdickungen in tief liegenden Muskelfasern, die durch Bewegungsmangel, falsche Haltung, Stress, aber auch durch Überbelastung entstehen können. Triggerpunkte sind hauptsächlich für myofasziale Schmerzen verantwortlich – d. h. für Schmerzen, die von Muskeln und Faszien ausgelöst werden.

Das Besondere an Triggerpunkten ist, dass diese nicht nur an Ort und Stelle Schmerzen auslösen können, sondern dass die Schmerzen auch in entfernte, scheinbare unbeteiligte Körperareale ausstrahlen können.

Neben zu viel Sitzen und Bewegungsmangel kann auch dauernde Überlastung des Seelenmuskels zu Verspannungen und Schmerzen führen. Insbesondere Sportarten, bei denen die Hüfte oft schnell und stark oder permanent gebeugt wird, führen zu entsprechenden Beschwerden. Als Beispiele für ungünstige sportliche Aktivitäten können etwa Bergsteigen, Sprinttraining und Radfahren mit Klick-Pedalen genannt werden.

Generell entstehen Beschwerden wie Verspannungen oder Triggerpunkte, wenn der Seelenmuskel zu schnell gedehnt, auseinandergezogen oder kontinuierlich überbeansprucht wird.

Auch enge Kleidung und das Tragen von High Heels oder anderer ungünstiger Schuhe belasten den Psoas.

Überlastungen, Verheben (nicht korrektes Heben von schweren Gegenständen), Verkühlen oder Verletzungen können ebenfalls zu pathologischen Veränderungen des Psoas führen.

Fehlhaltungen, bei denen die eine Seite des Psoas deutlich mehr belastet wird als die andere, führen ebenso zu Veränderungen des Seelenmuskels.

Zu den Fehlhaltungen gehören bspw. langes Stehen mit eingeknickter Hüfte oder das stete Tragen von schweren Gegenständen auf einer Seite, sodass immer die gleiche Hüfte und dasselbe Bein belastet werden. In diesen Fällen wird die Hüft- und Oberschenkelmuskulatur einer Körperseite deutlich mehr beansprucht als jene der anderen Seite.

Der Psoas auf der überlasteten Seite verspannt sich – infolgedessen ist das Gleichgewicht des Körpers nicht mehr gewährleistet, auch die gesamten Bewegungsabläufe geraten aus dem Takt.

Ebenso schädlich für den Psoas sind emotionaler Stress und Traumata, da seelische Schieflagen und Anspannungen die Verkürzung und den Tonus des Seelenmuskels verstärken.

Der Psoas-Muskel ist einer der wichtigsten Kampf- und Fluchtmuskeln des menschlichen Körpers. Bei jeder stressigen Situation, bei Angstzuständen und bei jeder traumatischen Erfahrung zieht der Psoas sich zusammen, daher spielt er auch eine wichtige Rolle in der Speicherung von Traumata bzw. auch in der Traumaheilung.

Der Psoasmuskel reagiert unmittelbar bei Stress, da er für den Menschen einer der wichtigsten Muskeln zum Laufen ist. Bei drohender Gefahr dient er uns daher zur Flucht oder zum Kampf und spannt sich infolgedessen an. Permanente Stresssituationen im Berufs- oder Privatleben sowie Angst und traumatische Erfahrungen bewirken eine kontinuierliche Anspannung des Psoas, die sich ungünstig auf den gesamten Körper auswirkt.

Physische oder psychische Anforderungen, die wir als „ernst“ oder „bedrohlich“ einordnen, bewirken in unserem Körper eine ganze Reihe von physiologischen Veränderungen, sodass dem Organismus mehr Energie, Aufmerksamkeit und Kampfbereitschaft zur Verfügung stehen. Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin (Epinephrin) werden vermehrt ausgeschüttet, sodass das Herz schneller schlägt, die Atmung intensiviert wird, und die Spannung der Muskulatur erhöht wird, damit wir sofort reaktions- und leistungsbereit sind.

Durch die Ausschüttung von Stresshormonen steigt - im Vergleich zu anderen Körpermuskeln – insbesondere die Anspannung des Seelenmuskels überdurchschnittlich stark an.

Die Ausschüttung von Stresshormonen und die damit verbundene Anspannung des Psoas ist eine biologisch sinnvolle Antwort unseres Organismus auf eine vermeintliche oder wirkliche Gefahrensituation. Die Anspannung des Körpers – und insbesondere auch die des Psoas - versetzt uns in die Lage, auf die Anforderungen der Umgebung so zu reagieren, dass wir die Bedrohung abwenden und uns schützen können: Entweder setzen wir zum Kampf an oder wir ergreifen die Flucht, für beide Handlungen benötigen wir einen einsatzbereiten und angespannten Körper.

Sobald wir das entsprechende Problem durch Kampf oder Flucht gelöst haben, und wir die Bedrohung wirksam abgewendet haben, legt sich die Anspannung, der Körper kann in den Zustand der Entspannung zurückkehren.

Denn wenn die Gefahr gebannt ist, wird dem Organismus durch Signale des Gehirns vermittelt, dass Körper und Psyche sich aus der Anspannung lösen können.

Die muskuläre Anspannung wird abgebaut, die Seele beruhigt sich, Atem- und Herzfrequenz normalisieren sich.

Gelingt es jedoch nicht, die gefährliche Situation abzuwenden, oder fühlen wir uns kontinuierlich gestresst oder geängstigt, bleibt der Organismus in einem Dauerzustand der Anspannung bzw. der Angst „gefangen“ und kann infolgedessen die Stressreaktion nicht mehr herunterfahren. Unser Körper verharrt ständig in einer Art Bereitschaftsmodus, da er immer wieder vom Gehirn das Signal erhält, dass die Stress-Situation noch präsent ist und die Gefahr noch nicht vorüber ist. Auch die Muskulatur bleibt entsprechend dauerhaft angespannt.

Eine chronische muskuläre Anspannung kann dann auftreten, wenn wir über einen längeren Zeitraum Stress oder Ängsten ausgesetzt sind. Insbesondere wenn wir diese Zustände als unabwendbar ansehen und das Gefühl der Hilflosigkeit erleben, nimmt die Muskelanspannung weiter zu.

Ein kontinuierlicher physiologischer Stressmodus mit einhergehenden chronischen muskulären Spannungen kann sich außerdem nach einem Trauma im Rahmen einer sogenannten posttraumatischen Belastungsstörung festfahren und manifestieren.

Denn wenn Ihr Körper aufgrund von Stress ständig von Cortisol und Adrenalin überschwemmt wird, reagiert Ihr Psoasmuskel mit überhöhter Spannung, was zur Folge hat, dass Ihr Zwerchfell auch in zu hoher Spannung arbeitet. Ihr Körper fällt in eine Art Fluchtmodus, als ob Sie gleich vor einer Gefahr davonlaufen müssten.

Auch die Zwerchfellatmung wird indirekt über den Psoas gesteuert, da das Zwerchfell direkt über die Faszien mit dem Psoas verbunden ist.

Dass Atmung und körperliche, aber v. a. auch psychische Befindlichkeiten, eng miteinander verwoben sind, ist allenthalben bekannt. Wenn wir aufgeregt sind, unter Stress stehen, oder Angst empfinden, atmen wir schnell, und zudem meist in den Brustraum anstatt in das Zwerchfell oder in den Bauch. In einigen Fällen kommt die Atmung auch ganz ins Stocken, wenn wir bspw. starke Angst haben oder unter Schock stehen.

Andererseits wird bei einer falschen Atemtechnik wiederum der benachbarte Psoas in einen ungünstigen Tonus versetzt, er ist angespannt.

Ist der Psoas dagegen verkürzt, zieht er infolgedessen das Zwerchfell nach unten – die Ausatmung ist erschwert, weil sich das Zwerchfell beim Ausatmen nach oben bewegen muss.

Auf diese Weise entsteht ein Teufelskreis, bei dem sich ein angespannter Psoas und eine ungünstige Atmung gegenseitig in negativer Weise beeinflussen und verstärken.

© depositphotos - photography33 - Ungesunde Haltung der Beine

Wenn der Seelenmuskel unter ständiger Anspannung steht

Da der Seelenmuskel die einzige Verbindung zwischen Wirbelsäule und Beinen ist, beeinflusst er die Körperhaltung, die Beweglichkeit sowie die Leistungsfähigkeit und Gesundheit der inneren Organe.

Weil der Psoas meist zu stark angespannt ist, zugleich aber unbeweglich und schwach, leidet der gesamte Körper unter den Schwachstellen des Psoas. So ist ein verspannter Psoas maßgeblich an der Entstehung von Rückenschmerzen beteiligt – insbesondere Schmerzen in mittleren und unteren Bereich der Wirbelsäule gehen häufig auf einen schwachen und/ oder verspannten Psoas zurück. Auch Schmerzen in den oberen Vorderseiten der Oberschenkel beruhen nicht selten auf einem untrainierten Psoas. Weiter ist die Beweglichkeit von Hüfte und Knie eingeschränkt.

Auch die Beckenbodenmuskulatur gerät allmählich in eine Dysbalance, ein zu kurzer und verspannter Psoas hat zur Folge, dass sich die Beckenschale nach vorne neigt. – Infolgedessen wird das Beckenvolumen eingeschränkt. Durch den hieraus entstehenden chronischen Druck auf die Nervenstränge im unteren Bauch werden die Organe eingeengt und die Zwerchfellatmung beeinträchtigt.

Der Oberkörper wird im Laufe der Zeit nach vorne und unten gezogen, was ebenso eine Blockade des Zwerchfells zur Folge hat.

Wie man sieht, bestehen bei unserem ganzen Bewegungsapparat sehr komplexe Zusammenhänge - unsere gesamte Muskulatur besteht aus einem vielschichtigen System aus funktionell voneinander abhängigen Strukturen, die sich gegenseitig beeinflussen. Diese Vernetzung der einzelnen Muskeln und anderer Strukturen macht auch deutlich, dass der gesamte Körper aus dem Lot geraten kann, wenn nur ein einziger Muskel nicht ausreichend trainiert ist.

Und somit ist auch erklärbar, warum die Ursache z. B. von Rückenschmerzen – aber auch von anderen Schmerzen – nicht zwangsläufig in der unmittelbaren Region des Schmerzes zu finden ist.

Beim Auftreten von Rückenschmerzen ist gerade der Iliopsoas ein weitgehend unbekannter, aber deshalb gerade umso heimtückischerer Auslöser hartnäckiger Rückenschmerzen.

Auch degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule (z. B. Spondylose) und an der Hüfte, Verkrümmungen der Wirbelsäule (z. B. Skoliose), Knieschmerzen und Schmerzen an den Oberschenkeln können oft auf einem schwachen Psoas basieren. Auch bei Nacken-, Kopf- und Bauchschmerzen lohnt es sich, einen Blick auf den Psoas zu werfen, der auch für diese Art von Schmerzen verantwortlich sein kann.

Aufgrund von hartnäckigen Verspannungen des Iliopsoas kommt es häufig zu einer Verdrehung des Beckens, wodurch ein Bein muskulär höher gezogen wird als das andere Bein – auf diese Weise kommt es zu einer funktionellen Beinlängendifferenz.

Diese ist wiederum Ausgangspunkt weiterer Fehlhaltungen, sowie von Bewegungseinschränkungen beim Gehen, von Verspannungen und von verschiedenen Schmerzen - ein Teufelskreis ist entstanden, dem nur schwer zu entrinnen ist.

Gelegentlich kommt es zum sogenannten Ilio­psoas Syndrom. Hierunter versteht man eine Erkrankung, die auf einer Entzündung und Überlastung des Iliopsoas sowie einer Entzündung des dazugehörigen Schleimbeutels beruht.
Das Iliopsoas Syndrom zeichnet sich durch Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, der Hüfte und der Oberschenkel aus. Die Erkrankung betrifft vor allem junge, sportlich aktive Menschen.

Durch die Beeinträchtigung und Einengung innerer Organe kann es bspw. zu Verdauungsproblemen kommen. Allgemein werden die Durchblutung und der Energiefluss im gesamten Körper behindert, wodurch die Leistungsfähigkeit aller Organe beeinträchtigt wird. Da die Organe nicht mehr ausreichend durchblutet werden, kann es zu Müdigkeit, verminderter Konzentration und mangelnder Vitalität kommen.

Ein stressbedingt chronisch zusammengezogener und verkürzter Psoas kann das Zwerchfell behindern, was zu einer beeinträchtigten Atmung führen kann.

Bei einem chronisch angespannten Psoas werden permanent Stresshormone ausgeschüttet – was dazu führt, dass auf lange Sicht die Nebennieren erschöpft werden, hormonelle Dysbalancen entstehen und das Immunsystem geschwächt wird.

Auch ständige Schlappheit, mangelnde Vitalität und eine verringerte Aufmerksamkeit gehören zu den Langzeitfolgen eines unzulänglichen Psoas.

Akut kann es zu Stimmungsschwankungen und schlechter Laune kommen – langfristig können Angstzustände, Panikattacken und Depressionen entstehen.

Der Seelenmuskel als Spiegel unserer Seele

Der Psoas wird auch als Seelenmuskel bezeichnet, denn bei Vorliegen von Angstzuständen, Stress und Traumata steigt gerade in der Körpermitte der Muskeltonus stark an. Der Muskel wird hierbei gleichsam mit überschüssiger Spannung „aufgeladen“, was einem nicht natürlichen Zustand entspricht.

Emotionales Erleben wird hier also unter anderem auf der körperlich-motorischen Ebene verarbeitet, wobei besonders Angst und Ärger Muskeltonus steigernd und konstriktiv wirken.

Steht der Psoas wiederum ständig unter Anspannung, kann dies umgekehrt Angst und Panikattacken verstärken. Auf diese Weise entsteht ein gefährlicher Teufelskreis aus Angst und körperlicher Anspannung, wobei beide Komponenten gekoppelt sind und sich wechselseitig hochschaukeln.

Wie wir gelesen haben, ist der Seelenmuskel am Kampf-Flucht-Modus beteiligt: Stehen wir unter Stress oder empfinden wir starke Angst, verspannt und verkürzt sich der Psoasmuskel – auf diese Weise wollen wir uns schützen, gleichsam einer Schnecke, die sich in ihr Haus zurückzieht.

Der Mensch krümmt sich zusammen, nimmt wie der Embryo im Mutterleib eine schützende Haltung ein. Ursache hierfür ist, dass der Mensch – im Gegensatz zu Tieren - einen aufrechten Gang besitzt. Alle lebenswichtigen Organe und em­pfind­lichen Körperbereiche trägt der Mensch ungeschützt vor sich.

Deswegen braucht es einen starken Beschützer. - Diese wichtige Arbeit übernimmt der Psoas-Muskel. Wenn das Reptilienhirn Gefahr wittert, wird diese Information an den Psoas weitergegeben. - dieser verspannt sich automatisch und schützt so die wichtige Körpermitte. Diese starke Anspannung des Psoas ist auch notwendig, um dem Mensch die Fähigkeit zu verleihen, zu kämpfen oder zu fliehen. Ist die vermeintliche oder reale Gefahr gebannt, kann der Psoas sich wieder entspannen.

Da wir heutzutage jedoch meist weder vor Gefahren und Ängsten fliehen können noch gegen die Bedrohung ankämpfen, nehmen wir automatisch eine den Körper schützende, fötale Haltung ein. Da es nicht zur Flucht oder zum Kampf kommt, wird die aufgebaute Spannung meist nicht wieder gelöst, wodurch diese sozusagen im Psoas eingemauert und festgefroren wird.

Hierdurch gerät der Körper in einen Kreislauf einer immer wieder erfolgenden Wiederbelebung des traumatischen Erlebnisses – wurde der Psoas bspw. durch das Empfinden von Angst angespannt, so wird der Mensch aufgrund des angespannten Psoas immer wieder an das Angst auslösende Ereignis erinnert. Infolgedessen wird die Angst wieder präsent – der Psoas verspannt unterdessen immer mehr.

Unser Körper möchte zwar das negative Erlebnis und damit die Körperspannung abschütteln, doch dieses Bedürfnis unseres Körpers nehmen wir meist nicht mehr wahr.

Nach jeder traumatischen Erfahrung werden die Extremitäten weiter zusammengeführt, wodurch eine Art geschützter Raum erzeugt wird, der ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Insbesondere geht es auch darum, die weichen und verletzlichen Körperteile zu schützen.

Bei den chronischen, schützenden Spannungen des Psoas spricht man auch von einem „Muskelpanzer“. – man kann hier auch sehen, dass Körper und Seele zu einer funktionalen Identität zusammengeschweißt sind. Den Mechanismus chronischer Muskelspannung kann man als Schutz gegen Angst und emotionalen Schmerz verstehen, dieser Mechanismus läuft meist unbewusst ab und kann auch nicht willkürlich gesteuert werden. Die gesteigerte Muskelanspannung ist auch ein unbewusster Abwehrmechanismus gegen den Ausdruck von Gefühlen, die man als nicht akzeptabel fürchtet.

In der Tat signalisiert ein chronisch angespannter Psoas dem Körper, dass kontinuierlich eine Gefahr vorliegt. Infolgedessen werden wiederum Stresshormone freigesetzt, die dem Körper eine scheinbar notwendige Flucht ermöglichen sollen.

Der Psoas ist also nicht nur angespannt, weil wir Angst haben und unter Stress leiden. Ein angespannter Psoas kann auch umgekehrt entsprechende Angstgefühle hervorrufen – bspw., wenn der Körper aufgrund des angespannten Psoas mit Stresshormonen geflutet wird.

Der Psoas spiegelt also unsere Seele – und zeigt, wie emotionale und körperliche Prozesse aufs Engste miteinander verwoben sind.

Körperspannung als Schutzmechanismus

Infolge von Traumen entstehen chronische muskuläre Spannungsmuster, die als Schutz einer Person gegen Angst und Schmerz zu sehen sind. Der Körper versucht also, Emotionen auf körperlicher Ebene zu regulieren, indem er Gefühle in bestimmten Regionen des Körpers „einmauert“.

Affektregulation geschieht also nicht nur auf der der biochemischen und hormonellen Ebene – sondern auch auf der somatischen Ebene. Angst, Ärger, Depressionen und Traumata manifestieren sich daher nicht nur in Veränderungen bestimmter Areale im Gehirn bzw. in der Ausschüttung von gewissen Botenstoffen – sondern sie werden auch auf körperlicher Ebene, z. B. im Seelenmuskel, festgemeißelt. Man spricht hier auch von sogenannten verkörperten Erinnerungen bzw. von muskulären Körperabwehrmustern.

Bestimmte Körperhaltungen und Bewegungen haben aber auch umgekehrt Einfluss auf unsere aktuelle Stimmung, langfristig können sie chronische emotionale Muster wie Angststörungen oder Depressionen hervorrufen. Körper und Seele stehen hier also in einer einzigartigen wechselseitigen Resonanz.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783752121384
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (November)
Schlagworte
Psoas Muskel der Seele Seelische Wunden heilen Angst bewältigen Traumatherapie Kranke Seele Corona Angst Mut Seelisches Trauma Meditation autogenes Training Krankheiten Ratgeber

Autor

  • Dr. Angela Fetzner (Autor:in)

Dr. rer. nat. Angela Fetzner arbeitet seit 1996 bis dato als approbierte Apothekerin in öffentlichen Apotheken und Krankenhausapotheken in ganz Deutschland. Von 2012-2021 Veröffentlichung von mehr als 50 Ratgebern und Fachbüchern v. a. zu verschiedenen Gesundheitsthemen die Hunderttausende von Lesern begeistern. Privat verbringt die Autorin jede freie Minute in der Natur - insbesondere auf langen Wanderungen mit ihren beiden vor dem Schlachter geretteten Eseln Achiel und Harrie.
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Titel: Der Seelenmuskel