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Paloma - Drehbuch für Hörspiel

von Paul Riedel (Autor:in)
26 Seiten
Reihe: Tal der gebrochene Puppen, Band 2

Zusammenfassung

Was die Augen nicht sehen, kann das Herz nicht fühlen. Paloma ist eine geheimnisvolle Figur aus Paul Riedels Kurzroman, die sowohl eine Faszination für Mode als auch für ihr Tagebuch hat, das sie ihr Leben lang hütet. Paloma ist eine durch die dominante Persönlichkeit ihrer Mutter geprägte Frau, die sich ohne Hilfe durch das Leben kämpfen muss.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Intro



www.paul-riedel.de

von

©Paul Riedel, München 2017

Printed in Germany

Umschlag: © Paul Riedel, München 2016

Lektorat: Michael von Sehlen, Minden 2017



Erste Auflage 2016

Musikalische Untermalung



Erzähler

Was die Augen nicht sehen, kann das Herz nicht fühlen.



Dieser Aphorismus ist uns allen bekannt. In diversen Quellen finden wir in verschiedenen Kulturen, wie bei den antiken Griechen, Römern und Arabern, Referenzen zu diesem oder einem ähnlichen Spruch.



Doch obwohl wir einiges mit unseren Augen sehen, weigern wir uns, ihnen zu glauben, sogar dann, wenn uns die Logik keine andere Wahl lässt.



Wenn das, was wir an einer Person oder Situation erkennen, unsere Vorstellungen an ihre Grenze führt oder gar darüber hinaus, schließen sich unsere Augen, um eine Mei­nung, der wir nicht zustimmen, nicht wahrhaben zu müssen.



Wir verlangen nach optischer Schönheit und unsere Anforderungen steigen mit der uns vorgesetzten Mode und Werbung, die uns in allen Medien vorge­setzt werden.



Da stellt sich die Frage, ob wir selbst diese Vorstellun­gen in unserer Natur haben oder ob die Medien uns manipulie­ren, damit wir den Anforderun­gen der Konzerne besser ent­sprechen.



Jeder für sich hat seine innere Lebenswelt, in die sich seine Fantasien einfügen. Sie beinhaltet Religion, Glauben und unsere Interpretation der Realität.



In schwierigeren Lebenssituationen geben wir Teile dieser Anforderungen ab, weil unsere Gefühle es so verlangen.



Aber was wir dann alles dabei übersehen, übertrifft zu­weilen jegliche Vorstellung.



Krankenhaus, in Agnetas Zimmer

Gegenwart

Gisela

Wenn ich sie jetzt in diesem Zimmer in dem Zustand sehe, kommen mir fast die Tränen.

Lydia

Kein Dekor, mangelnde Farbvorstellung und der Schat­ten des fehlenden Kruzifixes an der Wand. So etwas stellte im früheren Leben unserer Agneta einen puren Albtraum dar.

Gelächter

Gisela

Nun, ich will nicht meckern, aber mit dem Staubwischen ist es hier auch nicht zum Besten bestellt.

Lydia

Ich komme ungern zu Besuch, weil der Geruch von Krankenhäusern meinen Magen sehr stört. Dieser Geruch von Reinigungsmitteln ist oft wirklich unerträglich. Aber wir waren gute Freundinnen und alle fragen mich immer wieder, wie es ihr geht, darum komme ich mindestens einmal im Jahr hierher.

Gisela

Ich war letztes Jahr mit dir hier. Bei mir ist auch so.

Nun, immerhin hat sie bereits acht Jahre im Koma gelegen und da es jetzt scheinbar zu Ende geht, kann man nicht mehr sagen, dass es die Schuld der Hebamme wäre.

Lydia

Sie war so eine hervorragende Anwältin. Ganz München-Bogenhausen sprach nur über sie, als wir zusammengearbeitet haben.

Gisela

Nicht nur Gutes, das weißt du auch. Wäre sie nicht schwanger geworden, hätte sie niemals geheiratet. Aber damals war das so Brauch. Die katholische Kirche war auch zu einflussreich und die Kirchenmäuse konnten einem das Leben zur Hölle machen – wegen unehelicher Kinder.

Lydia

Na ja. Schwanger musste sie irgendwann werden, da es nicht unbekannt war, dass sie trotz Frigidität mit jedem einflussreichen Mann in die Kiste sprang. Geschützter Sex war damals für Heteromänner kein Thema.




Gisela

Auch heute ist es schwer, darüber zu sprechen. Sie denken immer, es würde ihre Männlichkeit mindern. – Du hast aber eine böse Zunge. Sie liegt im Sterben.

Lydia

Das wird einmal jede von uns, und wir werden in dieser Stunde auch keinen Heiligschein bekommen. Sie hat auch mehr Liebhaber im Jahr gehabt, als ich neue Höschen gekauft habe.

Gisela

Man sagte auch, dass ihr Mann nur aus, sagen wir, Not geheiratet hat. Er war doch schwul, oder?

Lydia

Kann sein. Er pflegte sehr intimen Umgang mit einem Freund, aber ich hielt mich zurück, Agneta zu sehr auszukundschaften. Sie konnte sehr gefährlich ausrasten, wenn man sie mit Fragen zu sehr unter Druck setzte.

Gisela

Du hast mit ihr in diesem Fall der Verteidigung der Apothekerin zusammengearbeitet, oder?

Lydia

Gott, ist das lange her. Ich war in der Staatsanwaltschaft. Agneta war hervorragend als Anwältin. Ihre Mandantin hatte angeblich ihren Mann vergiftet und Agneta hätte eine Auszeichnung für ihre theatralischen Darstellungen vor Gericht bekommen sollen. Sie heulte fast auf Kommando und konnte ihr Mitgefühl vor Kameras so gut vorspielen, dass sogar ich einmal fast mitgeheult habe.

Gisela

Die Presse, die sie damit erreichte, ist heute noch Thema in Anwaltskreisen. „Die erste wahre Verteidige­rin der Frauenrechte“, ließ sich in der Presse lesen.

Lydia

Diese Schlagzeile hängt eingerahmt in ihrem Büro an der Wand. Sie trat sicher auf und egal, welche Beweise wir vorlegten, sie konnte immer besser argumentieren.

Gisela

Am Ende überzeugte sie alle davon, dass Selbstmord vorlag, oder?

Lydia

Ja. Wer‘s glaubt, wird selig. Bei jedem Gerichtstermin gab es eine Geheiminformantin, die alle Reporter der Stadt anrief und alle hinter vorgehaltener Hand über den Termin informierte.

Gisela

Tja. Viel hat es am Ende nicht geholfen. Die Arme. Sie wäre jetzt fast in Rente.


Lydia

Ich kenne die Tochter nur von den gelegentlichen Treffs vor Gericht. Sie ist viel netter als die Mutter und meiner Ansicht nach auch viel kompetenter.

Gisela

Ohne Zweifel. Aber irgendwie ist sie auch nicht so, dass man sie durchschauen kann, oder?

Lydia

Keine Ahnung. Ich kann sie nicht einschätzen. Sie ist auch sehr distanziert.

Gisela

Wer weiß schon, was sie mit dieser Mutter erlebt hat?

Lydia

Ihre schönen, langen blonden Haare … Agneta ist so abgemagert.

Gisela

Wer hätte es je für möglich gehalten, dass sie an Selbstmord denken würde?

Lydia

Ob sie uns hören kann?

Schuhabsätze verlassen den Raum

Krankenhaus, in Agnetas Zimmer

Gegenwart

Tür auf

Schritte

Hannah

Hallo Agneta. Herzrhythmus ist in Ordnung. Atemgerät pumpt und das Zimmer noch sauber.

Leider willst du nicht aufwachen, oder?

Maschinen­geräusche

Anne, hilf mir bitte hier.

Herzrhythmus­ton

Mach das mal leiser.

Anne

Wie geht’s Anatole?

Hannah

Besser als seinen früheren Freunden. Der Kater Lord frisst gut und macht mein Sofa mit seinen Krallen kaputt. Ich sollte in meinem nächsten Leben als Kater zur Welt kommen.

Liebes, wisch hier mal etwas drüber. Die beiden Schnepfen, die hier waren, haben sich über Staub hinter dem Monitor beklagt.

Matratzen- und Kissenklopfer

Anne

Der Oberarzt will mit der Tochter sprechen.

Hannah

Ich habe den Zettel gelesen. Er könnte auch mal selbst zum Hörer greifen. Heb ihr mal die Füße an.

Anne

Ich beneide dich nicht um solche Aufgaben.

Hannah

Ihre Tochter ist so ein süßes Ding. Wie sorgfältig sie gekämmt ist, und diese wunderbaren Farben ihrer Kleider. Manchmal spüre ich den Wunsch, sie zu adoptieren. Aber ich muss ihr sagen, dass wir Agnetas Geräte nach acht Jahren ausschalten müssen. Wenn der Herr Doktor sich für solche Aufgaben zu fein ist. Ich werde Agneta nicht so sehr vermissen wie die Besuche ihrer Tochter.

Fenster wird geöffnet

Lass uns etwas lüften.

Ich lege ein Sträußlein Margeriten und weiße Nelken für sie auf den Nebentisch.

Anne

Du gehst in Urlaub?

Hannah

Erst wenn die Geräte ausgeschaltet sind und die Schicht in drei Tagen zu Ende ist. Vorher nicht.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739383378
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (April)
Schlagworte
Krankenhaus Mord Gift Thriller Psychologie Hörspiel Mörderin Drehbuch Erzählungen Kurzgeschichten Krimi Spannung

Autor

  • Paul Riedel (Autor:in)

Geboren am 27. Mai 1960 in der brasilianischen Stadt Sao Paulo als Paulo Sergio Riedel, nutzt er als Künstlernamen den Namen seines Urgroßvaters. Seine Muttersprache Portugiesisch prägt seine Romane durch ihren reichen Wortschatz, genau wie sein Interesse für die Antike mit ihrem Reichtum an literarischen Formen seinen Stil beeinflusst.
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Titel: Paloma - Drehbuch für Hörspiel