Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Intro
www.paul-riedel.de
von
©Paul Riedel, München 2017
Printed in Germany
Umschlag: © Paul Riedel, München 2016
Lektorat: Michael von Sehlen, Minden 2017
Erste Auflage 2016
Musikalische Untermalung
Erzähler
Was die Augen nicht sehen, kann das Herz nicht fühlen.
Dieser Aphorismus ist uns allen bekannt. In diversen Quellen finden wir in verschiedenen Kulturen, wie bei den antiken Griechen, Römern und Arabern, Referenzen zu diesem oder einem ähnlichen Spruch.
Doch obwohl wir einiges mit unseren Augen sehen, weigern wir uns, ihnen zu glauben, sogar dann, wenn uns die Logik keine andere Wahl lässt.
Wenn das, was wir an einer Person oder Situation erkennen, unsere Vorstellungen an ihre Grenze führt oder gar darüber hinaus, schließen sich unsere Augen, um eine Meinung, der wir nicht zustimmen, nicht wahrhaben zu müssen.
Wir verlangen nach optischer Schönheit und unsere Anforderungen steigen mit der uns vorgesetzten Mode und Werbung, die uns in allen Medien vorgesetzt werden.
Da stellt sich die Frage, ob wir selbst diese Vorstellungen in unserer Natur haben oder ob die Medien uns manipulieren, damit wir den Anforderungen der Konzerne besser entsprechen.
Jeder für sich hat seine innere Lebenswelt, in die sich seine Fantasien einfügen. Sie beinhaltet Religion, Glauben und unsere Interpretation der Realität.
In schwierigeren Lebenssituationen geben wir Teile dieser Anforderungen ab, weil unsere Gefühle es so verlangen.
Aber was wir dann alles dabei übersehen, übertrifft zuweilen jegliche Vorstellung.
Krankenhaus, in Agnetas Zimmer
Gegenwart
Gisela
Wenn ich sie jetzt in diesem Zimmer in dem Zustand sehe, kommen mir fast die Tränen.
Lydia
Kein Dekor, mangelnde Farbvorstellung und der Schatten des fehlenden Kruzifixes an der Wand. So etwas stellte im früheren Leben unserer Agneta einen puren Albtraum dar.
Gelächter
Gisela
Nun, ich will nicht meckern, aber mit dem Staubwischen ist es hier auch nicht zum Besten bestellt.
Lydia
Ich komme ungern zu Besuch, weil der Geruch von Krankenhäusern meinen Magen sehr stört. Dieser Geruch von Reinigungsmitteln ist oft wirklich unerträglich. Aber wir waren gute Freundinnen und alle fragen mich immer wieder, wie es ihr geht, darum komme ich mindestens einmal im Jahr hierher.
Gisela
Ich war letztes Jahr mit dir hier. Bei mir ist auch so.
Nun, immerhin hat sie bereits acht Jahre im Koma gelegen und da es jetzt scheinbar zu Ende geht, kann man nicht mehr sagen, dass es die Schuld der Hebamme wäre.
Lydia
Sie war so eine hervorragende Anwältin. Ganz München-Bogenhausen sprach nur über sie, als wir zusammengearbeitet haben.
Gisela
Nicht nur Gutes, das weißt du auch. Wäre sie nicht schwanger geworden, hätte sie niemals geheiratet. Aber damals war das so Brauch. Die katholische Kirche war auch zu einflussreich und die Kirchenmäuse konnten einem das Leben zur Hölle machen – wegen unehelicher Kinder.
Lydia
Na ja. Schwanger musste sie irgendwann werden, da es nicht unbekannt war, dass sie trotz Frigidität mit jedem einflussreichen Mann in die Kiste sprang. Geschützter Sex war damals für Heteromänner kein Thema.
Gisela
Auch heute ist es schwer, darüber zu sprechen. Sie denken immer, es würde ihre Männlichkeit mindern. – Du hast aber eine böse Zunge. Sie liegt im Sterben.
Lydia
Das wird einmal jede von uns, und wir werden in dieser Stunde auch keinen Heiligschein bekommen. Sie hat auch mehr Liebhaber im Jahr gehabt, als ich neue Höschen gekauft habe.
Gisela
Man sagte auch, dass ihr Mann nur aus, sagen wir, Not geheiratet hat. Er war doch schwul, oder?
Lydia
Kann sein. Er pflegte sehr intimen Umgang mit einem Freund, aber ich hielt mich zurück, Agneta zu sehr auszukundschaften. Sie konnte sehr gefährlich ausrasten, wenn man sie mit Fragen zu sehr unter Druck setzte.
Gisela
Du hast mit ihr in diesem Fall der Verteidigung der Apothekerin zusammengearbeitet, oder?
Lydia
Gott, ist das lange her. Ich war in der Staatsanwaltschaft. Agneta war hervorragend als Anwältin. Ihre Mandantin hatte angeblich ihren Mann vergiftet und Agneta hätte eine Auszeichnung für ihre theatralischen Darstellungen vor Gericht bekommen sollen. Sie heulte fast auf Kommando und konnte ihr Mitgefühl vor Kameras so gut vorspielen, dass sogar ich einmal fast mitgeheult habe.
Gisela
Die Presse, die sie damit erreichte, ist heute noch Thema in Anwaltskreisen. „Die erste wahre Verteidigerin der Frauenrechte“, ließ sich in der Presse lesen.
Lydia
Diese Schlagzeile hängt eingerahmt in ihrem Büro an der Wand. Sie trat sicher auf und egal, welche Beweise wir vorlegten, sie konnte immer besser argumentieren.
Gisela
Am Ende überzeugte sie alle davon, dass Selbstmord vorlag, oder?
Lydia
Ja. Wer‘s glaubt, wird selig. Bei jedem Gerichtstermin gab es eine Geheiminformantin, die alle Reporter der Stadt anrief und alle hinter vorgehaltener Hand über den Termin informierte.
Gisela
Tja. Viel hat es am Ende nicht geholfen. Die Arme. Sie wäre jetzt fast in Rente.
Lydia
Ich kenne die Tochter nur von den gelegentlichen Treffs vor Gericht. Sie ist viel netter als die Mutter und meiner Ansicht nach auch viel kompetenter.
Gisela
Ohne Zweifel. Aber irgendwie ist sie auch nicht so, dass man sie durchschauen kann, oder?
Lydia
Keine Ahnung. Ich kann sie nicht einschätzen. Sie ist auch sehr distanziert.
Gisela
Wer weiß schon, was sie mit dieser Mutter erlebt hat?
Lydia
Ihre schönen, langen blonden Haare … Agneta ist so abgemagert.
Gisela
Wer hätte es je für möglich gehalten, dass sie an Selbstmord denken würde?
Lydia
Ob sie uns hören kann?
Schuhabsätze verlassen den Raum
Krankenhaus, in Agnetas Zimmer
Gegenwart
Tür auf
Schritte
Hannah
Hallo Agneta. Herzrhythmus ist in Ordnung. Atemgerät pumpt und das Zimmer noch sauber.
Leider willst du nicht aufwachen, oder?
Maschinengeräusche
Anne, hilf mir bitte hier.
Herzrhythmuston
Mach das mal leiser.
Anne
Wie geht’s Anatole?
Hannah
Besser als seinen früheren Freunden. Der Kater Lord frisst gut und macht mein Sofa mit seinen Krallen kaputt. Ich sollte in meinem nächsten Leben als Kater zur Welt kommen.
Liebes, wisch hier mal etwas drüber. Die beiden Schnepfen, die hier waren, haben sich über Staub hinter dem Monitor beklagt.
Anne
Der Oberarzt will mit der Tochter sprechen.
Hannah
Ich habe den Zettel gelesen. Er könnte auch mal selbst zum Hörer greifen. Heb ihr mal die Füße an.
Anne
Ich beneide dich nicht um solche Aufgaben.
Hannah
Ihre Tochter ist so ein süßes Ding. Wie sorgfältig sie gekämmt ist, und diese wunderbaren Farben ihrer Kleider. Manchmal spüre ich den Wunsch, sie zu adoptieren. Aber ich muss ihr sagen, dass wir Agnetas Geräte nach acht Jahren ausschalten müssen. Wenn der Herr Doktor sich für solche Aufgaben zu fein ist. Ich werde Agneta nicht so sehr vermissen wie die Besuche ihrer Tochter.
Fenster wird geöffnet
Lass uns etwas lüften.
Ich lege ein Sträußlein Margeriten und weiße Nelken für sie auf den Nebentisch.
Anne
Du gehst in Urlaub?
Hannah
Erst wenn die Geräte ausgeschaltet sind und die Schicht in drei Tagen zu Ende ist. Vorher nicht.
Details
- Seiten
- ISBN (ePUB)
- 9783739383378
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2017 (April)
- Schlagworte
- Krankenhaus Mord Gift Thriller Psychologie Hörspiel Mörderin Drehbuch Erzählungen Kurzgeschichten Krimi Spannung