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Paradox 3

Ewigkeit

von Phillip P. Peterson (Autor:in)
258 Seiten
Reihe: Paradox, Band 3

Zusammenfassung

Ed und seine Crew brachten von ihrer letzten Mission ein Wurmloch in ein neues Universum mit. Doch die Menschen lehnen das kosmische Geschenk ab und greifen die außerirdische Intelligenz im äußeren Sonnensystem an. Während sich zwischen Menschen und Außerirdischen ein unbarmherziger Krieg entwickelt, reisen Ed und seine Freunde mit der Helios an einen fernen Ort, um das ungewöhnlichste Artefakt unseres Universums zu untersuchen. Dabei stoßen die Astronauten auf die Hinterlassenschaften einer ausgestorbenen Zivilisation, deren Macht selbst die der Erbauer der Sphären übertrifft. Und um die Menschheit zu retten, muss David das Geheimnis des Artefakts lüften und Ed muss sich seinen schlimmsten Ängsten stellen. +++ Der fulminante Abschluss der preisgekrönten Paradox-Trilogie von Phillip P. Peterson. +++

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1.

 

»Erwarten Sie allen Ernstes von uns, dass wir das glauben?«, fragte Senator McLean. Er legte die Stirn in Falten und beugte sich leicht nach vorne. Seine Lippen kräuselten sich und es war ganz klar, dass er die Show genoss.

Das konnte Ed nicht gerade von sich behaupten.

Blödes Arschloch!

Der Astronaut drehte sich um und blickte auf die Menschenmenge hinter sich. Das Interesse an dem präsidialen Untersuchungsausschuss war so groß, dass man sich entschlossen hatte, die Abschlussplädoyers vom Kapitol in das Washingtoner Kongresszentrum zu verlegen. Ed sah neugierige Bürger, Reporter aus zweifellos jedem Land der Erde und oben auf der Empore eine ganze Reihe Kameras mit Teleobjektiven.

Links neben ihm saß Grace in einem grauen Kostüm. Auf den beiden Stühlen rechts von ihm hatten sich David und Wendy niedergelassen, jeweils in dunkelblauem Anzug und in einer weißen Bluse und schwarzem Rock. Ed selbst trug einen ganz sicher konservativ erscheinenden dunkelgrauen Anzug mit dünner schwarzer Krawatte. Wendys Miene war versteinert. Sie hatten sich alle den Ablauf der Untersuchung anders vorgestellt.

»Colonel Walker?«, fragte der Senator.

Ed kam sich vor wie ein Delphin, dem der Trainer einen Reifen hinhielt, durch den er gefälligst zu springen hatte.

Nun, er würde es dem Arschloch nicht so leicht machen.

»Was genau erwarten Sie denn von mir?«, stellte er die Gegenfrage.

Senator McLean drehte sich zu seinem Nachbar, General Hutton aus dem Pentagon, um und verdrehte dramatisch die Augen, während er mit dem Kopf schüttelte. Es war die Geste eines Lehrers, der es mit einem begriffsstutzigen Kind zu tun hatte.

Ed hätte brechen können.

Der Senator drehte sich wieder nach vorne und lächelte gönnerhaft. »Ich fasse Ihre Aussagen noch einmal in Kurzform zusammen.« Er räusperte sich und blickte auf die Notizen, die vor ihm auf dem Tisch lagen. »Also: Sie sagen, Sie sind am Rand des Sonnensystems auf eine Schale gestoßen, die unser gesamtes System umgibt und die im Grunde genommen einen Computer mit einer künstlichen Intelligenz darstellt. Weiterhin sagen Sie, dass jeder Stern in unserer Milchstraße und sogar weiter entfernte Galaxien von einer solchen Sphäre umgeben sind und uns Menschen der Weltraum durch eine Projektion nur vorgegaukelt wird. Ist das korrekt?«

Ed nickte. »Ja, so ist es.«

»Weiterhin sagen Sie, dass letztlich die Helios von dieser Sphäre zerstört wurde und man Sie in eine andere Galaxie teleportiert hat, damit Sie für die Fremden in einem überlichtschnellen Raumschiff zur Grenze unseres Universums fliegen. Und dass Sie dahinter ein neues Universum geschaffen haben, das nun der Menschheit allein zur Verfügung steht, Sie dann durch ein Wurmloch zurückgekommen sind, das sich mittlerweile im Erdorbit befindet und durch das die Menschheit unser Universum verlassen soll.« Er lachte gekünstelt. »Hab ich das richtig verstanden?«

Es war nun mal die Wahrheit. »Ja, Sie können selber überprüfen, dass das Wurmloch ...«

Der Senator hob die Hand und unterbrach Ed. »Und zum Schluss hat die fremde Intelligenz dann alle Atomraketen zerstört, die gerade unterwegs waren.«

»Ja«, erwiderte David. »Die Raketen wurden vernichtet. Sowohl unsere als auch die von den Chinesen. Das konnten Sie ja selbst sehen.«

»Das bringt mich zu einem anderen Punkt«, unterbrach Greg Winters, ein ranghoher Beamter aus dem US-Finanzministerium. Er war ein dünner, mit einer Glasbausteinbrille versehener, lupenreiner Bürokrat. Ed hatte nie verstanden, warum ausgerechnet dieser Mann zu dem siebenköpfigen Untersuchungsausschuss berufen worden war.

McLean erteilte ihm mit einer Handbewegung das Wort.

»Von dieser außerirdischen Intelligenz wurden insgesamt sechshundertachtundachtzig Interkontinentalraketen zerstört. Jede davon hatte einen Wert von durchschnittlich fünfundfünfzig Millionen Dollar, wenn man Abschreibungseffekte mit berücksichtigt.«

»Moment, das ist doch ...«, begann Wendy.

McLean schnitt ihr mit einer Handbewegung das Wort ab. »Lassen Sie den Secretary ausreden!«

»In jeder Rakete waren acht Nuklearsprengköpfe als Nutzlast untergebracht, jede mit einem Wert von durchschnittlich fünf Komma sieben Millionen Dollar.« Es raschelte, als Winters in seinen Papieren wühlte. »Es wurde also Staatseigentum im Wert von insgesamt 48,6 Milliarden Dollar vernichtet. Das sollte man unbedingt berücksichtigen, wenn man den Schaden ermitteln will.«

»Den Schaden?« Ed konnte nicht glauben, was er da hörte. »Die Außerirdischen haben einen Atomkrieg verhindert und Milliarden Menschen gerettet, die Sie durch Ihren verrückten Angriff beinahe ausgelöscht hätten. Was glauben Sie, wie groß der Schaden gewesen wäre, wenn ...«

»Colonel Walker«, sagte General Hutton laut, aber eisig. Er war der Nachfolger von General Westing, der seinerzeit das Helios-Projekt vom Pentagon mit betreut hatte, aber in der Zwischenzeit seiner Krebserkrankung erlegen war. »Zu Ihrer Information: Der atomare Angriff war von den Chinesen provoziert und vom Präsidenten völlig legal autorisiert worden. Das ist aber auch nicht Gegenstand dieses Untersuchungsausschusses. Hier geht es darum, die Abläufe des Helios-Fluges und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, zu verstehen. Und die Zerstörung von US-Eigentum ist nun einmal eine der Folgen der Vorgänge, die immer noch nicht geklärt sind.«

Ed stand auf. Sein Zorn setzte Hitze in seinem Körper frei. »Ihr Narren solltet besser auf die Knie gehen und den Fremden danken, dass ihr noch lebt und dass wir noch einen Planeten haben, auf dem wir existieren können.«

»Colonel Walker«, sagte McLean. »Ich möchte Sie bitten, sich zu mäßigen. Ich erinnere Sie noch einmal ausdrücklich daran, dass der Untersuchungsausschuss auch darüber befinden wird, ob an diesem Schaden Mitschuld Ihrerseits besteht.«

Ed setzte sich. Das war eine unverhohlene Drohung. Sie waren als Zeugen vorgeladen worden und nicht als Angeklagte. Aber das konnte sich ganz schnell ändern, wenn man den Worten des Senators Glauben schenkte.

»Möchten Sie noch etwas dazu sagen?«, fragte McLean. »Mr. Walker?«

Ed wusste, er sollte in seinem eigenen Interesse besser schweigen, aber er konnte es nicht. »Die Außerirdischen haben uns ein Wurmloch in ein fremdes Universum geschenkt, das im Gegensatz zu unserem eigenen unendlich lang existieren kann. Vielleicht sollten Sie das bei Ihrer Bewertung mit in Betracht ziehen.«

»Mr. Winters«, sagte McLean. »Möchten Sie das kommentieren?«

Der Bürokrat hob mit einer theatralisch wirkenden Geste die Hände. »Wenn es stimmt, was die Zeugen sagen, dann wird es jedenfalls sehr schwierig, eine Bilanz zu erstellen. Wie viel kostet ein Wurmloch? Nach welchen Kriterien berechnet man den Wert eines Universums? Spielt es eine Rolle, ob es gebraucht ist oder neu? Oder handelt es sich eher um immaterielle Güter? Wir werden hier einen völlig neuen Katalog aufstellen müssen. Das wird sicher einige Monate dauern.«

McLean nickte. »Danke für Ihre Bewertung, Mr. Winters. Wir werden also im Rahmen dieses Ausschusses nur die Schäden betrachten.« Er drehte sich um. »Mrs. Penny, das sollten wir unbedingt in das Protokoll aufnehmen.«

Ed schüttelte den Kopf. Der ganze Ausschuss war eine einzige Farce. Anfangs hatte er noch die Hoffnung gehabt, dass es ihnen eine Bühne bieten würde, die Wahrheit über die Außerirdischen und das Universum unter die Menschen zu bringen, aber er hatte sich getäuscht.

Die Hälfte des Ausschusses, darunter General Hutten, Senator McLean und sogar die ehemalige NASA-Managerin Sally Bowers waren ihnen von Anfang an mit offener Feindseligkeit begegnet. Centauri-Verwalter George Lee war sichtlich überfordert und Ex-Astronaut Brown interessierte sich mehr für seine Selbstdarstellung in den Nachrichten.

Die Medien? Noch schlimmer! Während konservative Blätter sie als Kollaborateure einer außerirdischen Macht geißelten, stellten die meisten anderen Pressevertreter sie als gerissene Hochstapler dar.

Insgeheim hatte Ed gehofft, dass sie - zumindest ein wenig - als Retter gefeiert werden würden, die den Atomkrieg verhindert hatten, aber die Regierungen beider Konfliktländer hatten die Vorgänge als Abbruch eines »kleinen Schlagabtausches« dargestellt, um selbst nicht so dämlich dazustehen. Von den meisten Menschen waren die Ereignisse dann schnell wieder vergessen worden, und sie hatten sich wieder ihrem Alltag gewidmet.

Ed seufzte. Für den Großteil der Erdbevölkerung spielte ein »neues Universum« ohnehin keine Rolle. Oh, ein Wurmloch in ein anderes Universum? Wie interessant. Na ja, solange ich nicht umziehen muss ... was würde denn dann aus Tante Erica?

Ed ahnte bereits, wie es ausging: Niemand würde sich um das Wurmloch im Erdorbit kümmern. Niemand hatte etwas davon. Politikern brachte es keine neuen Wähler und den Firmen keine neuen Gewinne. Nein, es würde keinen Exodus in das andere Universum geben. Vielleicht startete das eine oder andere Land eine Expedition dorthin, bestenfalls konnten sie einige Siedler nach Eden oder Paradise bringen. Und diese Siedler und ihre Nachkommen wären dann die Urväter, die das neue Universum besiedelten. Kaum jemand auf der Erde würde sich dafür interessieren, wenn das Wurmloch in einigen hundert Jahren zusammenbrach. Die Leute würden mit den Schultern zucken, sich weiter um ihren alltäglichen Kram kümmern und sich nicht darum scheren, dass die Nachkommen ihrer Nachkommen irgendwann in ferner Zukunft zu einem unaufhaltsamen Tod durch den Vakuumzerfall verurteilt waren.

Zur Hölle, die Menschen schien es ja noch nicht einmal zu interessieren, dass sie unter einem künstlich angelegten Sternenhimmel lebten und rund um die Uhr umfassend beobachtet wurden. Ob nun NSA oder Außerirdische ... ist ja auch egal.

Ed zwang sich, sich auf die Mitglieder des Ausschusses zu konzentrieren, die sich auf ihrer Bühne in Belanglosigkeiten ergingen.

Greg Winters bat um einen Wortbeitrag, der ihm von McLean sofort gewährt wurde. »Wenn da ein Wurmloch im Orbit ist, dann könnte es eine Gefahr für die kommerziellen Satelliten in der Erdumlaufbahn werden. Das würde bedeuten, dass die Versicherungen für Satelliten und Trägerraketen teurer werden, was sich gewiss auf die Umsätze in der Medien- und Telekommunikationsbranche auswirkt. Haben die Firmen weniger Gewinn, werden auch die Steuereinnahmen darunter leiden. Es würde mich nicht wundern, wenn es Ausfälle im zweistelligen Millionenbereich gibt.«

»Vielen Dank, Mr. Winters. Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Mrs. Penny, das sollten wir unbedingt ins Protokoll aufnehmen.«

Ed schüttelte erneut den Kopf. Er blickte aus der breiten Fensterfront in den nassgrauen Novembertag hinaus und schaltete ab.

2.

 

»Ist was, Mom?«, fragte David. Er hatte bemerkt, dass seine Mutter ihn die ganze Zeit über anstarrte.

Aber sie schüttelte nur den Kopf und blickte aus dem Fenster.

»Jetzt trink doch mal was«, sagte Davids Vater, der neben ihm auf der Couch saß und sein eigenes Sektglas schon zur Hälfte ausgetrunken hatte.

David seufzte und trank zwei große Schlucke, bevor er das Trinkgefäß auf den Wohnzimmertisch zurückstellte. Es gab ein klirrendes Geräusch, als Glas auf Glas stieß.

»Du kannst wirklich froh sein, dass der Ausschuss vorbei ist«, sagte sein Vater. »Es wird keinen Prozess geben, in dem sie euch die Schäden vorwerfen, also warum so traurig?«

Im Grunde genommen hatte sein Vater ja recht. Wäre er angeklagt worden, säßen er und seine Astronautenkameraden wohl schon in Untersuchungshaft. Zu groß waren die »Schäden«, die der Ausschuss festgestellt hatte. Aber es wurde nun astronomischen Einflüssen zugerechnet, mit denen man sich zu einem zukünftigen Zeitpunkt irgendwann einmal beschäftigen würde.

Davids Hoffnungen auf ein Aufwachen der Menschheit waren zerplatzt wie eine Seifenblase. Er hätte heulen mögen, wenn er an die Borniertheit dachte, mit der man ihnen begegnet war. Er war gleich nach der Verkündung des Abschlussberichts zu seinen Eltern nach Atlanta geflogen. Wo hätte er sonst schon hingehen sollen? Seine Wohnung in Portland war aufgelöst worden, nachdem man ihn für tot erklärt hatte. Seine Habseligkeiten hatte man bis auf einige Andenken für seine Eltern entsorgt. Und jetzt wohnte er wieder in seinem alten Kinderzimmer, das er vor einigen Monaten in einer fernen Galaxis am Ende der Zeit noch als Hologramm besucht hatte.

»Bleibst du denn jetzt hier?«, fragte seine Mutter, die ihren Sekt in Rekordzeit ausgetrunken hatte, nur um sich noch etwas Härteres aus der in einem Schrank versteckten Wohnzimmerbar zu organisieren. Schon hatte der Gin für rötliche Wangen gesorgt.

David zuckte mit den Schultern. Was sollte er in Zukunft machen? Centauri gab es nicht mehr. Er war aus der Zukunft zurückgekehrt ohne eine Ahnung, was die Zukunft für ihn bereithielt. »Ich denke, erst mal ja«, sagte er.

Seine Mutter nickte erfreut und nippte wieder an ihrem Gin. »Schön.«

»Ich verstehe einfach nicht, warum du so unzufrieden bist«, bemerkte sein Vater.

David hob hilflos die Hände. »Ich habe etwas anderes erwartet.«

»Und was hast du denn erwartet?«

»Ich habe erwartet, dass die Menschen aufwachen. Dass sie erkennen: Es existiert mehr als nur der Alltagskram, mit dem sie sich den ganzen Tag beschäftigen. Dass uns ein ganzes Universum mit seinen Chancen und Gefahren erwartet. Dass es lohnenswertere Ziele gibt, als sich auf der Erde gegenseitig die Ressourcen wegzunehmen. Dass in diesem Universum Platz, Energie und Rohstoffe existieren für alle. Und dass wir als Menschen eine Verantwortung haben, um die wir uns bis heute immer nur gedrückt haben.«

Sein Vater starrte ihn mit versteinerter Miene an. »Ist dir eigentlich klar, wie arrogant du dich anhörst?«

David blieb die Spucke weg. »Arrogant?«, fragte er schockiert.

»Ja, ganz recht. Arrogant. Du hast gerade mein Leben als Alltagskram bezeichnet. Ich habe Studenten die Geschichte unseres Landes gelehrt. Ist das nur Alltagskram für dich?«

Was sollte David darauf antworten?

Sein Vater fuhr fort. »Deine Mutter hat dich großgezogen, unheimlich viel Arbeit in die Kirchengemeinde investiert und sich um Haus und Haushalt gekümmert. Ist das auch nur Alltagskram für dich?«

»Das wollte ich damit nicht sagen«, flüsterte David.

»Ich verstehe, was du damit meinst«, sagte sein Vater etwas ruhiger. »Aber wir sind nun mal nicht alle Astronauten, die in andere Galaxien oder durch Wurmlöcher fliegen.«

»Das ist mir schon klar. Ich ...«

»Nein, das ist es offenbar nicht. Sonst würdest du dich nicht so abfällig äußern.« Sein Vater stand auf und ging zu der noch offenen Schrankbar, um sich nun seinerseits einen ordentlichen Schuss Gin in ein leeres Glas einzugießen. Noch während er damit beschäftigt war, sprach er weiter. »Es ist gut, dass es Leute wie dich gibt, die in den Raum, durch die Zeit oder sonst wohin fliegen, um sich um die größeren Dinge des Universums zu kümmern. Aber ihr Astronauten solltet euch nicht versucht fühlen, euch über uns Normalsterbliche zu erheben und uns abzuwerten. Wir alle leisten unseren Beitrag für eine funktionierende Gesellschaft und nur, weil du die Welt aus einer Perspektive sehen konntest, die uns anderen versagt ist, heißt das nicht, dass du wie Gott bestimmen solltest, wie sich die Menschen zu verhalten haben. Das entscheidet nämlich Gott sei Dank jeder Einzelne für sich selber.«

David biss sich auf die Lippen. Nun ja, im Grunde genommen hatte sein Vater schon recht. Er wollte auch nicht arrogant erscheinen. Dennoch ... »Es ist aber so, dass sich niemand für das interessiert, was wir erlebt haben, obwohl es die Zukunft der gesamten Menschheit betrifft. Schon in wenigen tausend Jahren ...«

Sein Vater lachte laut auf. »Da! Genau das habe ich gemeint. Du redest über Zeiträume von tausend Jahren, während viele Menschen auf der Erde noch nicht einmal eine Ahnung haben, wie sie die Rechnungen am Ende des Monats bezahlen sollen.« Er lachte wieder. »Du solltest dich wirklich einmal reden hören.«

David schwieg. Zuerst waren seine Eltern so glücklich gewesen, dass er noch lebte, aber schon nach kurzer Zeit hatten die üblichen Konflikte wieder eingesetzt. Vielleicht waren die beiden aber auch einfach nicht die Richtigen, um sich über diese Themen zu unterhalten. Und er wusste auch, dass er besser nicht so lange in Athens bleiben sollte. Aber wohin sollte er dann? Mit wem konnte er sich über seine Erlebnisse und Gedanken unterhalten? Eigentlich gab es doch nur seine Kameraden von der Helios. Doch die waren nach Ende des Ausschusses alle in ihre Heimat zurückgekehrt. Irgendetwas musste er machen. Aber was? Da fiel ihm aus dem Augenwinkel heraus auf, dass seine Mutter ihn schon wieder so komisch anschaute.

»Mom! Was ist los?«, fragte er und rückte auf dem Sofa nach vorne. »Na, komm schon. Warum schaust du mich so an?«

»Lass deine Mutter in Ruhe!«, sagte sein Vater mit ungewohnter Schärfe in der Stimme.

David wandte den Kopf, aber seine Mutter hob beschwichtigend die Hände, und sein Vater verstummte.

»Du warst tot«, sagte seine Mutter. »Alle haben gesagt, du wärst tot. Und wir haben es geglaubt. Wochenlang habe ich gedacht, mein einziger Sohn wäre tot.«

David war tief betroffen, als seine Mutter leise schluchzte und zu zittern begann. Es war naheliegend, dass seine Eltern eine schwere Zeit durchgemacht haben mussten, aber offensichtlich war es schlimmer gewesen, als er gedacht hatte.

»Niemand kann ermessen, was es bedeutet, das einzige Kind zu verlieren. Niemand, der es nicht selber erlebt hat, kann diesen Schmerz nachfühlen. Ich habe ...«

»Ellie ...«, sagte Davids Vater sanft, ging um den Tisch herum und legte seine Hand zärtlich auf die Schulter seiner Frau. »Du musst nicht ...«

Seine Mutter schüttelte den Kopf. »Er soll es wissen. Es ist mir nicht peinlich.«

David biss sich auf die Lippen. Was würde jetzt kommen?

Seine Mutter hob den Kopf und betrachtete ihn aus glasigen Augen. »Ich habe Tabletten genommen. Schlaftabletten meine ich. Ich habe die ganze Dose geschluckt.«

»Mom!«, sagte David schockiert. »Du wolltest doch nicht etwa ... nicht etwa ...« Ihm versagte die Stimme.

Seine Mutter nickte langsam. »Mich umbringen. Doch, das wollte ich.«

David verstand es nicht. Er hatte es nie verstanden, wie man bereit sein konnte, sich selbst zu töten, egal, wie groß der Schmerz war. »Aber warum?«, fragte er mit etwas zu schriller Stimme.

Seine Mutter wurde plötzlich ganz ruhig. »Weil mir eine Welt ohne dich nicht mehr als lebenswerter Ort erschien.«

»Und jetzt vergleiche das mal mit dem, was du eben gesagt hast«, sagte sein Vater sanft, während er die Schultern seiner Frau massierte. »Es mag sein, dass dir das Universum, Wurmlöcher und Sphären am Himmel wichtig sind. Aber das Wichtigste im Leben und das Erste, um das man sich sorgen sollte, sind die Menschen, die uns nahe sind. Alles andere kommt erst dahinter. Weit dahinter.«

David griff nach dem Sektglas und leerte es mit einem Schluck.

3.

 

»Woher wusstest du es?«

Ed wandte sich zu Helen um. »Was meinst du?«

»Dass ich dich noch in den Arm nehmen würde, nachdem du so überraschend von den Toten auferstanden bist.«

Er setzte sich aufrecht auf die Bank und nahm ihre Hand. Er blickte ihr kurz in die Augen, betrachtete dann aber wieder den Sonnenuntergang über dem Golf von Mexiko. Er hatte nicht geahnt, wie sehr er diesen Anblick in den letzten Monaten vermisst hatte, während er in der Unendlichkeit unterwegs gewesen war.

»Ich wusste es nicht«, flüsterte er schließlich. »Es war nur ein Gefühl.«

»Ein Gefühl?«, fragte Helen. »Der letzte Stand vor deinem Start mit der Helios war der, dass die Scheidung durch war und ich einen anderen Geliebten hatte. Was wäre, wenn du mich noch mit Herbert zusammen angetroffen hättest?«

Ed zuckte mit den Schultern. Darüber hatte er gar nicht nachgedacht. Jetzt, im Nachhinein, konnte er nicht mehr sagen, warum er sich so sicher gewesen war, dass Helen nach seiner Rückkehr doch auf ihn warten würde. War es eine Eingebung durch die außerirdischen Intelligenzen gewesen? Wohl kaum! Eher eine durch Wunschdenken und Zufall hervorgerufene Wendung der Dinge. Na ja, was nutzte es, sich darüber jetzt noch den Kopf zu zerbrechen. Er hatte auch keine Lust mehr. Er war wieder bei Helen und nur das zählte.

»Wie war es da oben? So weit weg von zu Hause. In einem anderen Universum.«

»Du hast mich das jetzt schon so oft gefragt«, sagte er.

»Und du hast mir nie eine vernünftige Antwort darauf gegeben.«

Nach dem katastrophalen Abschluss der Untersuchung wollte er auch nicht mehr darüber nachdenken. Wenn die Menschheit sich einen Dreck um ihre Position im Universum scherte, dann bitte sehr. Sollte sie doch untergehen!

»Ed?«

Er seufzte. Er würde wohl nicht drumherum kommen. »Es war so etwas ganz anderes als nur in der Raumstation im Orbit. Als wir die Erdumlaufbahn verlassen haben und Erde und Mond hinter uns zurückfielen, war es wie ein Eintauchen in die Unendlichkeit. Wenn du aus jedem Fenster - oben, unten, links, rechts, vorne, hinten - nur die Sterne vor Augen hast, dann fühlst du dich einsam und unwichtig. Wenn du die Erde nicht mehr siehst, dann ist es fast so, als existiere sie gar nicht. Man muss sich immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass es irgendwo einen Planeten gibt, eine Heimat, zu der man zurückkehren kann.« Er lachte laut auf. »Und das war nur die Reise zum Rand des Sonnensystems. Als wir plötzlich in einer anderen Galaxis, in einer fernen Zukunft, wieder zu uns kamen, dachten wir, wir seien die letzten Menschen des Universums. Wenn man zu viel darüber nachdenk, wird man fast wahnsinnig. Und dann fliegt man auf einmal noch weiter weg und landet in einem fremden Universum. Wir waren felsenfest davon überzeugt, nie wieder nach Hause zurückkehren zu können.«

Er schüttelte den Kopf. »Seltsam – jetzt sitze ich wieder hier bei dir in Galveston und schaue mir den Sonnenuntergang über dem Meer an.«

»Wie wird es weitergehen?«, fragte Helen.

Er zuckte mit den Schultern. »Das weiß nur Gott allein.«

»Wenigstens ist der Ausschuss vorbei, ohne dass sie dich angeklagt haben.«

Das sah er genauso und nickte. Nun würde er endlich abschalten können. Er wollte auch nicht mehr darüber nachdenken. Nicht mehr über die Helios, das Wurmloch, das andere Universum. Die Menschheit wusste Bescheid und jetzt sollten andere Arschlöcher entscheiden, was sie damit anfangen wollten.

»Was wirst du nun tun?«

Das war die große Frage. Die NASA und Centauri gab es nicht mehr, und für das bemannte Programm der SpaceForce war er zu alt. Als Astronaut sowieso, und auch als Manager. Trotz des ausgesprochen feindseligen Aufeinandertreffens beim Untersuchungsausschuss hatte General Hutton ihm einen Beraterposten im Pentagon angeboten, aber Ed hatte abgelehnt. Er hasste Washington.

Stattdessen wurde es langsam Zeit, es ruhiger angehen zu lassen. Er war alt genug für eine vernünftige Pension, und außerdem hatte er es Helen versprochen. Natürlich wusste er auch, dass es eine harte Zeit für ihn als Workaholic werden würde, wenn er nun auf Entzug ging. Vielleicht konnten sie die eine oder andere Reise machen. Das würde Helen freuen und ihn würde es auf andere Gedanken bringen.

Er legte die Hand um Helen und küsste sie zärtlich auf die Wange, bevor er in ihr Ohr flüsterte. »Ich weiß ganz genau, was ich nun machen werde.«

Sie wandte den Kopf und blickte ihn - nicht ohne eine Spur von Misstrauen - an. »Nämlich?«

»Nichts.«

4.

 

Es war schon spät, als es an der Tür klingelte. David schaute aus dem Fenster seines Kinderzimmers. Er musste die Schreibtischlampe ausschalten, um in der Dunkelheit etwas erkennen zu können. Vor der Auffahrt stand ein schwarzer SUV mit laufendem Motor. Die hintere Tür und der Kofferraum waren geöffnet. Wahrscheinlich ein Paketdienst. Seine Eltern waren beide da und konnten die Lieferung entgegennehmen.

Er setzte sich wieder hin und wühlte in den Papieren, die er eben ausgedruckt hatte. Mit einem Rotstift redigierte er einen Artikel über die Struktur des Universums, den er an eine wissenschaftliche Fachzeitschrift schicken wollte.

Dann vernahm David Stimmen aus dem Flur und kurz darauf das charakteristische Knarzen der siebten Stufe im Treppenhaus.

Es klopfte und er hörte die Stimme seiner Mutter. »David, hier sind Männer, die mit dir sprechen wollen.«

David drehte sich auf dem Bürostuhl herum, als die Tür aufgestoßen wurde. Ein stämmiger Afroamerikaner mit Schnauzbart in dunklem Anzug und schwarzem Mantel sah ihn durchdringend an. »Mr. Holmes, ich muss Sie auffordern, uns zu begleiten.«

Hinter dem Mann, direkt neben Davids Mutter, deren Augen erschrocken geweitet waren, stand noch ein weiterer Schatten.

»Wer sind Sie und wo wollen Sie mit mir hin?«, fragte David. Wenn das schon wieder CIA-Agenten waren, die ihn verhören wollten, wie vor einigen Tagen, dann konnten sie wenigstens den Anstand haben, sich vorher telefonisch anzumelden. Aber für Agents galten offenbar andere Regeln als für normale Bürger.

»Secret Service«, sagte der Mann drängend und hielt einen Ausweis mit einer goldenen Marke hoch. »Ich habe den Auftrag, Sie zum Präsidenten zu begleiten.«

Seine Mutter stieß einen unterdrückten Schrei aus.

»Zu welchem Präsidenten?«, fragte David und kam sich sogleich ziemlich dämlich vor.

»Zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika«, sagte der Mann in der Tür. »Kommen Sie bitte mit. Ich fahre Sie zu einem Flugplatz in der Nähe, wo eine Maschine darauf wartet, Sie nach Washington zu bringen. Sie haben fünf Minuten, um Ihre Habseligkeiten zusammenzusuchen.« Dann verließ der Agent das Zimmer.

David seufzte. Sich zu weigern, machte keinen Sinn, und im Grunde genommen war er schon neugierig auf den Präsidenten. Vielleicht ließen sich im direkten Gespräch doch noch einige Dinge in Gang bringen.

Er holte einen kleinen Koffer unter dem Bett hervor. Wahllos nahm er einige Sätze Klamotten aus dem Schrank und zog sich den blauen Anzug an, den seine Mutter am Tag zuvor noch aus der Reinigung mitgebracht hatte. Er schloss den Koffer und reichte ihn dem Agenten im Flur. Der gab ihn an einen Kollegen weiter, der sofort damit verschwand. David ging noch mal ins Zimmer zurück, holte einen Rucksack aus einer Ecke und schob seinen Laptop sowie einige der Papiere von seinem Schreibtisch hinein. Dann verließ er nach einer kurzen Verabschiedung von seinen entgeisterten Eltern zusammen mit dem Agent das Haus und stieg in den wartenden Cadillac.

Nach zehn Minuten Fahrt hatten sie den Ben Epps Airport am Westrand der Stadt erreicht. Eine schwarze Businessmaschine stand für ihn und den Agent bereit. Er bekam einen Platz in der sehr spartanisch ausgestatteten Maschine zugewiesen, und er hatte den Gurt noch nicht geschlossen, da rollte das Flugzeug schon zur Startbahn.

Der Flug dauerte zwei Stunden. Am Ziel angekommen, mussten sie zunächst noch einige Runden über Washington drehen, bis sie Landeerlaubnis bekamen, und David hatte von seinem Fensterplatz aus einen guten Blick auf die Lichter der Stadt. Problemlos erkannte er die Mall, das Kapitol, das Washington Monument und das Weiße Haus, bevor das Flugzeug auf dem Ronald Reagan National Airport aufsetzte.

Eine schwarze Limousine stand dort schon für sie bereit und brachte sie mit eingeschaltetem Blaulicht in zehn Minuten über den Potomac direkt zum West Wing des Weißen Hauses.

Am Eingang übergab der Agent seinem Wache stehenden Kollegen einen Ausweis. Der schob ihn durch ein Magnetlesegerät und reichte David dann einen blauen Besucherausweis, den er sich an die Brusttasche heften musste.

David war noch nie im Weißen Haus gewesen und fand es sehr aufregend. Es überraschte ihn, wie geschäftig es selbst zu dieser fortgeschrittenen Uhrzeit noch zuging. Männer in blauen Hemden und Frauen in eleganten, aber geschäftsmäßigen Kostümen eilten durch die Gänge und verschwanden in Büros oder Korridoren.

Der Agent brachte ihn zu einem schmalen Aufzug und drückte den Knopf für den ersten Stock.

»Bringen Sie mich jetzt direkt zum Präsidenten?«

Der Agent schüttelte den Kopf. »Wir sind noch etwas früh dran. Ich bringe Sie in eine Lobby. Ihre Astronautenkollegen warten dort auf Sie.«

»Woher wissen Sie, dass sie schon da sind?«

Der Agent lächelte und tippte sich gegen den Knopf im Ohr, dessen Kabel im Kragen verschwand.

Der Aufzug stoppte.

David folgte seinem Begleiter in eine kleine Lobby, deren Wände mit edlen Gemälden alter Segelschiffe in goldenen Rahmen verziert waren. Auf altertümlich, aber bequem aussehenden gepolsterten Sesseln saßen Ed, Wendy und Grace.

Der Agent verschwand nach einem kurzen Nicken und David setzte sich auf den freien Stuhl zwischen Ed und Grace.

5.

 

Ed hatte schon einmal in diesem Raum gesessen und auf einen Präsidenten gewartet. Es war nach seinem ersten Flug als Pilot mit dem Shuttle gewesen. Seine fünfköpfige Crew war nach der extrem komplizierten Reparatur eines Spionagesatelliten, dessen Auflösungsvermögen das des Hubble-Weltraumteleskops bei Weitem übertraf, für ihre Arbeit ausgezeichnet worden. Die genauen Spezifikationen der Mission waren damals geheim gewesen. Ja, sie waren sogar so geheim gewesen, dass er den Orden, der ihm vom Präsidenten verliehen worden war, nicht mit nach Hause nehmen durfte. Der lag jetzt irgendwo in einer Schublade im Pentagon und wartete auf die Deklassifizierung der Mission, was frühestens in vierzig Jahren geschehen würde. Vielleicht würde das Stück Metall irgendwann an seine Enkel überreicht werden, nur um dann wieder in irgendeiner Schublade zu enden. Sollten sie es doch gleich in den Potomac werfen! Jedenfalls bezweifelte Ed, dass Präsident White sie für die Verleihung eines Ordens nach Washington zitiert hatte.

»Hat einer von euch eine Idee?«, fragte er, obwohl er die Antwort schon ahnte.

»Nein«, sagte Grace. Wendy und David blieben stumm.

»Wenigstens ist es nicht Präsident Ballentine«, sagte Wendy schließlich.

»Es hätte mich auch gewundert, wenn der wiedergewählt worden wäre«, sagte Ed. »Nachdem er die Nerven verloren und auf den roten Knopf gedrückt hat.«

»Ich wette, der sitzt schon an seinen Memoiren und versucht verzweifelt, seine Fehlentscheidung zu rechtfertigen«, vermutete Grace.

»Oder er spielt es runter«, meinte Wendy. »Nach dem Motto: Ist ja nix passiert und sie wissen jetzt immerhin, dass wir es ernst meinen.«

»Jedenfalls soll White etwas vernünftiger sein«, sagte David.

Ed war sich da nicht so sicher. Von einem alten Kameraden von der Air Force hatte er da einige Geschichten gehört. White war vor seiner Politikerkarriere Geschwaderkommodore bei der Navy gewesen und hatte wohl einige Angriffsbefehle gegeben, die nicht nur extrem unverhältnismäßig waren, sondern seine Kompetenzen bei Weitem überschritten. Bei einem dieser Luftangriffe gegen eine Studentendemo im Niger waren mehrere hundert junge Menschen ums Leben gekommen. Nach einigen dieser Fehlentscheidungen war der weitere Aufstieg von White in die höheren Befehlsränge der Streitkräfte hinfällig geworden, was den ambitionierten Mann überhaupt erst in die Politik getrieben hatte. Ed war unwohl, dass dieser Mensch jetzt Oberbefehlshaber über die Streitkräfte war.

»Was habt ihr in der Zwischenzeit gemacht?«, fragte Grace. »David?«

Der zuckte mit den Schultern. »Ich bin zu meinen Eltern gezogen und habe versucht, etwas Wissenschaft zu betreiben.«

»Noch keine Stelle an einer Uni gefunden?«, erkundigte sich Wendy.

»Habe mich noch nirgendwo beworben.«

»Was sagen deine Eltern?«, fragte Grace.

»Ist schwierig geworden. Die halten mich für abgehoben und gehen sogar ein wenig auf Distanz. Wenn ich ihnen von dem neuen Universum und der Sphäre erzähle, hören sie noch nicht mal zu. Ich glaube, sie wollen gar nichts darüber wissen.«

»Ist bei Gerry genauso«, sagte Wendy. Es gelang ihr nicht, die Traurigkeit in ihrer Stimme zu verbergen. »Zunächst sind wir uns gegenseitig um den Hals gefallen und haben jede Minute miteinander verbracht. Jetzt redet er immer häufiger von Scheidung.«

»Was?«, fragte Ed schockiert. »Du und Gerry? Scheidung?«

Sie betrachtete Ed aus ihren großen grünen Augen. »Wir haben uns wohl auseinandergelebt. Sagt er.«

Ihre Lippen zitterten, als würde sie gleich anfangen, zu weinen. Ed fragte sich, ob er seine Hand auf ihre Schulter legen sollte. Doch dann verhärteten sich ihre Züge und ihr Blick wurde kühl. Schließlich zuckte sie mit den Schultern. »Aber es ist wohl kein Wunder, nach dem, was wir erlebt haben. Wir haben uns so weit von allen anderen Menschen entfernt, dass für uns wahrscheinlich kein normales Leben mehr möglich sein wird.«

Ed nickte. Bei ihm und Helen lief es auch nicht glatt. Nachdem die erste Wiedersehensfreude verflogen war, kühlte sich ihre Beziehung nun von Tag zu Tag ab. Er war nicht in der Lage, die Erlebnisse der letzten Monate loszulassen, und sie merkte das sehr wohl. Es war ihm vollkommen klar, dass eine erneute Trennung nur eine Frage der Zeit war.

Er vernahm ein Räuspern und blickte auf. Eine große blonde Frau in einem adretten Kleid stand im Durchgang und lächelte kühl. Sie mochte um die sechzig sein. »Präsident White erwartet Sie nun im Oval Office. Bitte folgen Sie mir.« Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte sie sich herum und verschwand in dem Durchgang.

Ed tauschte mit David einen kurzen Blick, seufzte und stand auf. Er strich sich über das schwarze Jackett und schloss es am obersten Knopf. »Na, dann ...«, sagte er und machte sich auf den Weg. Seine Kameraden folgten ihm.

Er eilte hinter der Frau her. Sie führte die Gruppe mehrere Korridore entlang, bevor sie schließlich durch eine offene Tür trat.

Es schien ein Vorraum zu sein. So achtlos, wie die Frau eine Magnetkarte auf den Schreibtisch warf, der diagonal vor einer Ecke des Raumes stand, musste es ihr eigenes Reich sein: das Vorzimmer des Präsidenten.

Die Frau marschierte an dem Schreibtisch vorbei und trat vor eine massive, dunkle Holztür. Sie klopfte, wartete aber nicht ab, sondern öffnete sogleich.

»Sir, die Astronauten«, sagte sie laut, ging dann beiseite und ließ Ed ins Zimmer.

Ed trat in den Raum, den er aus den Nachrichten und den Bildern in der Zeitung sofort als das Oval Office erkannte. Der massive Schreibtisch vor den hohen Fenstern mit den golden glitzernden Vorhängen, die ein ehemaliger Präsident dagelassen hatte, die Sitzgruppe in der Mitte des Raumes mit den zwei Couchen und den Sesseln, die um einen kleinen Holztisch herumstanden. Rechts von ihm gab es noch zwei Türen. Die erste war geschlossen, die hintere nur angelehnt. Es wusste, dass sie über einen kleinen Korridor zu einem Studierzimmer und zum Speiseraum des Präsidenten führte. Allzu oft würde sicher auch Präsident White nicht in der Kantine für die Angestellten des Weißen Hauses speisen.

Der Präsident nickte, während er einige Papiere auf seinem Schreibtisch sortierte. Schließlich hob er den Blick und stand auf. »Danke, Lucy.«

Während die Sekretärin die Tür zum Vorraum hinter sich schloss, kam Präsident White langsam um seinen Schreibtisch herum auf sie zu. Das Staatsoberhaupt wirkte deutlich kleiner als im Fernsehen. Und sicher einen ganzen Kopf kleiner als Ed. Sein blauer Anzug war makellos sauber und schimmerte leicht in der künstlichen Neonbeleuchtung des Raumes. Die rote Krawatte war so glatt, als habe er sie heute zum ersten Mal umgebunden. Seine grauen Haare waren nach hinten gekämmt, was seine ohnehin prägnanten Geheimratsecken noch betonte. Er verzog den Mund zu einem fürchterlich künstlichen Lächeln, die Zähne so weiß, dass diese auch nur künstlich sein konnten. Noch einige Meter entfernt, streckte er schon theatralisch die Hände aus.

»Colonel Walker, es ist so schön, dass wir uns endlich einmal kennenlernen. Ich habe schon so viel über Sie gehört.«

Ich auch über dich!

Der Präsident ergriff Eds Hand und schüttelte sie überschwänglich, bevor er die Geste mit den anderen Astronauten wiederholte.

White trat zur Seite und streckte seinen Arm der Sitzgruppe entgegen. »Nehmen Sie doch bitte Platz. Möchten Sie einen Kaffee oder einen Tee?«

Niemand antwortete ihm. Ed nahm neben Grace auf der rechten Couch Platz; David und Wendy auf der linken. Präsident White selbst setzte sich auf einen Sessel am Kopfende des Tisches.

»Warum haben Sie uns so plötzlich hierherbringen lassen?«, fragte Grace wenig diplomatisch.

Der Präsident blickte sie grinsend an, als habe sie einen netten, aber alten Witz erzählt. »Ich wollte mich mit Ihnen unter vier ...« Er lachte wiehernd. »Nein, zehn Augen unterhalten. Über Ihre Erfahrungen auf Ihrer bemerkenswerten Reise. Und ich wollte auch Ihren Rat einholen.«

Ed nickte. Wenn der Präsident an ihrem Rat interessiert war, dann war vielleicht nicht alles verloren. Vielleicht konnten sie die Dinge doch noch zum Besseren wenden.

»Sir!«, begann Ed. »Ich freue mich, dass Sie uns die Gelegenheit geben, uns zu äußern. Die Beschlüsse der Untersuchungskommission waren ja immerhin sehr einseitig und in ihrer Weitsicht begrenzt.«

Der Präsident nickte. »Das sehe ich auch so. Etwas anderes war aber auch nie beabsichtigt.«

Beabsichtigt? Ed war irritiert. »Was meinen Sie damit, Sir?«

Der Präsident zuckte mit den Schultern. »Die präsidiale Untersuchungskommission war eine Beruhigungspille für die Öffentlichkeit. Nichts anderes. Sie sollte die Konsequenzen der Krise herunterspielen.« Er lachte wieder. »Und es hat ja auch hervorragend funktioniert, nicht wahr?«

Ed verzog das Gesicht und schaute aus dem Fenster.

Politiker! Was konnte man von denen anderes erwarten. Sie waren mal wieder nur Bauern auf dem Schachbrett mächtigerer Leute gewesen. Es kotzte ihn wirklich an. War er überhaupt jemals etwas anderes gewesen als ein Bauer am Rand des Spielfelds? Bei der NASA war er damals der Depp vom Dienst gewesen und hatte seine Mission nur dank der Intrige des Psychologen bekommen. Und jetzt das hier? Er hatte es langsam satt. Er musste seine ganze Beherrschung aufbieten, nicht laut zu werden. »Sir, bei allem Respekt. Die Reise, die wir unternommen haben, die Konsequenzen daraus und die Botschaft der Fremden betrifft die Menschen des ganzen Planeten. Eine ehrliche Untersuchung wäre der ideale Ort gewesen, diese Dinge in der Öffentlichkeit zu diskutieren.«

Der Präsident verdrehte die Augen. »Ed, Ed ...«, sagte er mit tadelndem Tonfall. »Sind Sie denn wirklich so naiv?«

Naiv? Ed hatte sich zwar schon öfter selbst als Idioten gesehen, aber niemals als naiv. Er schwieg.

»Ed hat recht«, unterstützte ihn Grace. »Es ist wirklich wichtig für die Menschheit, zu begreifen, worum es bei dem Zusammentreffen mit den Außerirdischen ging.«

White schüttelte den Kopf. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. »Ms. Cooper. Es geht hier nicht um die Menschheit, sondern um Fragen der nationalen Sicherheit. Ihr Anbiedern bei der Presse hat uns in eine sehr schwierige Lage gebracht.«

»Anbiedern bei der Presse?« Ed begann, sich aufzuregen. »Wir haben uns nicht angebiedert. Wir haben die Wahrheit gesagt und nichts anderes.«

»Die Wahrheit.« Präsident White schüttelte den Kopf. »Es gibt keine Wahrheit. Nur unterschiedliche Interpretationen einer unklaren Sachlage. Was die Öffentlichkeit dann letztlich als Wahrheit ansieht, bestimmt die Regierung.«

Ed grunzte. »Dabei werden die Medien auch noch ein Wörtchen mitzureden haben.«

Präsident White lachte. »Sie mögen ja eine fantastische Perspektive auf das Universum gehabt haben, aber einige Dinge scheinen Ihnen in der Zwischenzeit entgangen zu sein. Das Internet hat es einfach gemacht, staatskritische Medien zu diskreditieren und die Augen der Bürger auf die wahren Fakten zu lenken. Und seit die Verbreitung von Fake News unter Strafe steht, haben wir gar keine Probleme mehr, die öffentliche Meinung in die richtige Richtung zu lenken.«

»Der größte Bullshit über unsere Mission wurde allerdings von Regierungsstellen geschrieben. Da werden Sie ganz schön viele Beamte anklagen müssen.«

Der Präsident lachte wieder. »Das Schöne ist doch, dass wir bestimmen, was Fake News sind und was nicht.«

Ed schüttelte den Kopf. War sein Land überhaupt noch eine Demokratie? Was er da hörte, erinnerte ihn eher an ein totalitäres Regime, das die Menschenrechte mit Füßen trat. Waren die Bürger tatsächlich nur noch Lämmer, die von den Schäferhunden einer zum Selbstzweck verkommenen Regierung in die gewünschte Richtung gehetzt wurden? Er hatte immer gedacht, sein Land sei immun gegen eine solche Entwicklung. Hatte er sich tatsächlich so getäuscht?

Von einem Augenblick auf den anderen versteinerte die Miene des Präsidenten. »Allerdings habe ich Sie nicht rufen lassen, um mit Ihnen über die Feinheiten der Regierungsgeschäfte zu schwadronieren. Ich habe einige Fragen an Sie, was die Außerirdischen da draußen im Sonnensystem angeht.«

Ed schluckte. »Also glauben Sie doch, dass das Sonnensystem von einer außerirdischen Sphäre umgeben ist?«

White lächelte schwach. »Natürlich. Die Sendungen von der Helios lassen gar keinen anderen Schluss zu.«

Ed hob hilflos die Hände. Er kam sich so verarscht vor.

»Was möchten Sie denn wissen?«, fragte David stattdessen.

»Nun ja. Die Fakten kennen wir aus den Messungen, der Telemetrie der Helios und Ihren Berichten. Ich würde aber gerne Ihre persönliche Meinung zu den Außerirdischen hören. Halten Sie diese für eine Bedrohung?«

David schüttelte den Kopf. »Am Anfang dachten wir das. Aber dann haben sie sich eher als Beschützer der Menschheit entpuppt.«

Der Präsident verzog das Gesicht. »Beschützer? Sie haben uns seit ewigen Zeiten betrogen und mit ihrem Schirm die Wahrheit vorenthalten. Sie überwachen uns fortlaufend und halten uns im Inneren des Sonnensystems gefangen. Wie können Sie sie da als Beschützer bezeichnen?«

David seufzte. Wendy kam ihm mit einer Antwort zuvor. »Sie verhindern die Ausbreitung von Spezies in unserem Universum, damit keine einen strategischen Vorteil bekommt und andere Völker gefährden kann. Wenn eine Welt bedroht ist, gestatten sie einen Umzug in ein anderes Sternsystem. Da unser Kosmos in naher Zukunft zerstört wird, ist eine Ausbreitung der Menschheit in ihm sowieso nicht sinnvoll.«

Präsident White hob die Hände und beugte sich nach vorne über ein Blatt Papier. »In naher Zukunft? Sie haben bei der Anhörung mal etwas von 81 Millionen Jahren gesagt.«

»Verglichen mit dem Alter des Universums ist das eine geradezu lächerliche Zahl«, sagte Grace. »Außerdem haben sie uns einen ganz neuen Kosmos geschenkt, bei dem wir nicht auf ein Sternensystem beschränkt sind.«

White lachte wieder. »Sind Sie wirklich so naiv?«

»Wieso naiv?«, fragte David.

»Bei mir erweckt es eher den Anschein, als wollten uns die Außerirdischen aus unserem Sonnensystem vergraulen. Sie gaukeln uns falsche Tatsachen vor und wir siedeln in ein scheinbar neues Universum über. Vielleicht ist dieses Universum instabil und geht in einigen hundert Jahren in Flammen auf, während unser Universum stabil ist. Dann hätten die Fremden erreicht, was sie wollten und sie könnten unser Sonnensystem und die Erde endgültig in Besitz nehmen.«

Ed lachte rau. So etwas Dämliches hatte er noch nie zuvor gehört.

»Darf ich erfahren, was Sie daran so ungemein komisch finden?«, fragte Präsident White.

Ed richtete den Zeigefinger auf den Präsidenten. Er hatte jeden Respekt vor dem Mann verloren. Zu der Zeit, als er in die Air Force eingetreten war, hätte so jemand niemals dieses ehrwürdige Haus bewohnen können. »Sie sind komisch! Die Außerirdischen sind uns Milliarden von Jahren voraus. Wenn sie es wirklich auf unser Sonnensystem abgesehen hätten, dann hätten sie es sich einfach genommen. Und das schon, als die Menschen noch als lächerliche Affen durch die afrikanische Savanne gelaufen sind.«

Präsident White verzog keine Miene. Sein Blick auf Ed war fast schon traurig. »Ich hatte befürchtet, dass Sie sich von den Außerirdischen haben beeinflussen lassen. Ich frage mich allmählich, ob Sie noch auf unserer Seite stehen.«

»Es geht nicht darum, auf welcher Seite wir stehen, Mr. President«, sagte Wendy. »Es geht darum, was für die Menschheit die richtige Entscheidung ist.«

White drehte sich etwas herum und reckte den Kopf in Wendys Richtung.

»Und was, glauben Sie, ist die richtige Entscheidung?«

»Wir sollten zumindest erste Expeditionen durch das Wurmloch in das neue Universum schicken und die beiden bewohnbaren Planeten erkunden.«

Bevor der Präsident antworten konnte, sprach David. »Ich verstehe, dass Sie Zweifel an der Aussage über die Stabilität unseres Universums haben, aber diese Aussage werden wir schon bald überprüfen können, wenn die Wissenschaftler am CERN nach einem Upgrade des Beschleunigers das Higgs-Boson besser vermessen können.«

White ging nicht darauf ein. »Ich wiederhole meine ursprüngliche Frage: Glauben Sie, dass die Außerirdischen eine Bedrohung für die Menschheit sein können?«

»Bedenken Sie, dass sie uns immerhin vor dem Atomkrieg gerettet haben. Wir säßen gar nicht hier, wenn die Fremden nicht eingegriffen hätten.«

White schnaubte. »Ich möchte Ihnen dazu mal etwas sagen. Meine Berater haben den Schlagabtausch analysiert. Die Chinesen konnten nur etwa fünfzig Atomraketen mit etwa zweihundert Sprengköpfen starten. Im schlimmsten Fall hätten sie fünfzig Millionen Amerikaner getötet, während wir sämtliche Großstädte und fast ihre gesamte Infrastruktur ausradiert hätten. Wir hätten den Krieg also gewonnen.«

Ed schüttelte den Kopf. Er konnte nicht glauben, was er da hörte. Meinte der Mann das etwa ernst?

Doch White winkte ab.

»Vergessen Sie’s. Ich weiß selber, dass diese Meinung nicht mehrheitsfähig ist. Zurück zu meiner Frage. Vielleicht sollte ich diese präzisieren.« Er wandte den Kopf und blickte direkt Ed an. »Was würde geschehen, sollten die Außerirdischen sich entschließen, uns anzugreifen? Und unter welchen Bedingungen könnte es zu solch einem Szenario kommen?«

Ed pfiff die Luft durch die Zähne. »Q hat uns gesagt, dass sie bereits Zivilisationen vernichtet haben. Es geschah dann, wenn die Sphäre in ihrer Existenz bedroht war. Also ja, unter diesen Bedingungen halte ich die Fremden durchaus für eine Gefahr.«

Ed war unwohl. Der Präsident stellte die Frage aus einem bestimmten Grund. Was hatte er nur vor? Spielte er etwa mit dem Gedanken, die Fremden anzugreifen? Aber womit wollte er das schon tun?

»Was könnten die Fremden gegen uns in der Hand haben?«, fragte White ungewohnt nachdenklich.

David lachte. Es klang verzweifelt. »Die Fremden sind uns Milliarden von Jahren voraus. Bemühen Sie Ihre Phantasie. Mit ihrer Sphäre fangen sie die gesamte Energie der Sonne ein und speichern sie. Was ist, wenn sie diese mit einem Schlag freisetzen und auf die Erde fokussieren? Vielleicht sterilisieren sie die Erdoberfläche mit einem Gammablitz. Oder sie lenken einfach einen Asteroiden auf den Planeten. Die Möglichkeiten sind grenzenlos.«

»Also, wenn wir uns entschließen, die Sphäre anzugreifen, dann sollten wir sie besser mit einem Schlag auslöschen, um den Fremden die Möglichkeit auf einen Gegenschlag zu nehmen«, schloss Präsident White.

Eds Blick traf sich mit dem Davids. Er hatte richtig vermutet. Der Präsident plante irgendwas. Ganz gleich, was es war: Es konnte nur schiefgehen.

»Ich rate eindringlich davon ab, die Sphäre anzugreifen«, sagte Ed mit Nachdruck. »Die Präsenz der Fremden bezieht sich nicht ausschließlich auf die Sphäre. Sie sind wahrscheinlich überall im Sonnensystem postiert. Denken Sie an die silbernen Kugeln, die wir da draußen im äußeren Sonnensystem gefunden haben. Wir haben keine Ahnung, wie viele Nanomaschinen sie allein auf der Erde haben. Jeder Versuch ist zum Scheitern verurteilt. Lassen Sie es! Denken Sie nicht einmal daran. Ihre Berater werden Ihnen gewiss dasselbe sagen.«

Präsident White lächelte schwach. »Meine Berater haben sich einen Plan ausgedacht, der garantiert funktioniert.«

Himmel! Es war noch schlimmer als gedacht. Sie überlegten offenbar tatsächlich, die Fremden anzugreifen. Und die Entscheidung musste unmittelbar bevorstehen. Der Präsident wollte dazu nur noch ihre Meinung hören.

»Tun Sie es nicht!«, drängte Wendy.

White betrachtete Ed nachdenklich. Da war etwas in seinen Augen ... und dann wusste Ed Bescheid. Es war zu spät.

White nickte. »Ganz recht, Colonel Walker. Der Angriff hat bereits begonnen.«

»Ihr Vollidioten!«, schrie Grace. Sie war von der Couch aufgesprungen.

»Brechen Sie den Angriff ab!« Davids Stimme war unsicher.

Ed begann zu zittern.

»Der Angriff hat vor zwei Tagen begonnen. Nichts kann den Krieg mehr verhindern. Sie nicht und ich auch nicht. Noch heute Abend wird sich entscheiden, ob wir Erfolg haben oder nicht. Ich sehe Sie hier auch eher als Beobachter denn als Berater.«

»Was haben Sie getan?«, krächzte Ed. Er konnte sich nicht vorstellen, wie White und seine Berater die Sphäre angreifen wollten. Etwa ein paar Atomraketen in das Sonnensystem hinaus schicken?

Der Präsident blickte auf seine goldene Armbanduhr. »Es ist Zeit. Wenn Sie möchten, können Sie mich begleiten.«

»Begleiten? Begleiten wohin?«, fragte Ed.

White lächelte. »Wohin denn schon? In den Situation Room.«

6.

 

David hockte zwischen Grace und Ed an dem langen Tisch und kaute nervös an den Fingernägeln. Der Präsident saß am Kopfende und blickte auf die Wand ihm gegenüber, an der mehrere große Bildschirme hingen. Einige der Monitore zeigten Diagramme und Karten, die David nichts sagten, aber auf einem eher unscheinbaren Bildschirm lief langsam ein Countdown ab. Noch neun Minuten.

David kannte den Situation Room des Weißen Hauses aus den Nachrichten. Präsidenten pflegten militärische Missionen hier zu verfolgen. Die Kommunikationseinrichtungen verbanden ihn über Satelliten mit seinen Streitkräften überall auf der Welt. Barack Obama hatte in diesem Raum damals den Angriff auf Osama bin Laden beobachtet. Die Fotos des angespannten Präsidenten waren um die ganze Welt gegangen.

Neben einigen Generälen saßen noch der glatzköpfige Verteidigungsminister Hunnam, der nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmt war, und Pauline Roundtree, die Stabschefin, mit am Tisch. Die ältere Frau hatte einen derart eiskalten Blick, dass er kleinen Kindern Albträume bescheren konnte.

»Ich habe jetzt eine Verbindung mit Vandenberg«, sagte ein Zwei-Sterne-General, der pausenlos telefonierte. Einer der Bildschirme an der Wand wurde hell und es entstand das Bild einer Rakete, die auf der Startrampe stand. David kannte den Träger. Es war eine Delta-Heavy-Schwerlastrakete. Derselbe Typ hatte sie damals in ihrer Orion-Kapsel in den Erdorbit gebracht. David fragte sich, was nun unter der Nutzlastverkleidung der Rakete darauf wartete, in den Weltraum geschossen zu werden. In Kalifornien war die Sonne gerade erst untergegangen und ein hellblauer Streifen war noch auf dem Monitor am Horizont zu sehen.

»Der letzte Countdown hat begonnen«, kommentierte der General in der dunkelblauen Uniform der Space Force. »Noch zehn, neun, acht, sieben, sechs ...«

Gelbe Flammen jagten aus der Unterseite der Rakete. Einige Vögel flogen von der Startrampe in Panik davon. Dann erhob sich die Rakete quälend langsam mitsamt ihren seitlich angebrachten Boostern von der Startrampe. Wie in Zeitlupe stieg sie in den dunklen Himmel hinauf.

»Was ist in der Rakete?«, fragte Wendy leise. Niemand antwortete ihr.

Die Delta durchstieß die Wolkenuntergrenze und war verschwunden.

Der Countdown auf dem anderen Monitor hatte inzwischen die Acht-Minuten-Marke erreicht. Ganz offensichtlich bezog er sich nicht auf den Start der Rakete.

»Seitliche Booster ausgebrannt und abgesprengt«, sagte der General mit nüchterner Stimme.

»Wohin fliegt diese Rakete?«, fragte Ed, an den neben ihm sitzenden Verteidigungsminister gewandt.

Hunnam drehte sich schwerfällig um und blickte dem Astronauten in die Augen. »Zu dem Wurmloch.«

Zum Wurmloch? Hatten sie endlich doch noch eine Sonde losgeschickt, um die andere Seite zu erforschen? Aber was hatte das dann mit einem Angriff auf die Sphäre zu tun?

»Wieso zum Teufel?«, fragte Ed.

»Warten Sie ab«, sagte Hunnam.

Ein weiterer Monitor erwachte zum Leben. David erkannte das monochrome Bild einer Infrarotkamera. In der Mitte des Bildes war ein weißer Fleck, offenbar eine Zone erhöhter Temperatur. War das etwa ...?

»Wir haben jetzt ein Bild vom Wurmloch. Das Teleskop funktioniert einwandfrei.«

»Die Rakete ist genau auf Kurs. Die Wärmeleitsensoren haben das Wurmloch erfasst. Flugsteuerung von Vandenberg auf interne Lenkung«, sagte ein anderer General, der konzentriert auf seinen Laptop starrte.

Was haben sie nur vor?

Als hätte der Präsident Davids Gedanken erraten, blickte er in Richtung der Astronauten. »Unser militärischer Nachrichtendienst hat erfahren, dass die Chinesen eine Mission vorbereitet haben, das Wurmloch in ihren Besitz zu nehmen, indem sie direkt vor seiner Mündung eine bewaffnete Tiangong-Station installieren. Wir werden das nicht zulassen.«

»Dann haben Sie Ihrerseits eine bewaffnete Raumstation gestartet?«, fragte Grace.

Der General neben ihr sah von seinem Laptop auf, grinste kurz und wandte sich dann wieder seinen Daten zu.

»Schauen Sie auf den Bildschirm, Ms. Cooper. In wenigen Sekunden ist es soweit.«

Ein kleiner weißer Punkt war am Rand des Monitors sichtbar und näherte sich schnell der Mitte. Das musste die Rakete sein.

»Die Oberstufe der Delta hat die Mündung des Wurmloches erreicht. Autonome Zielfindung auf gravimetrische Steuerung umgeschaltet. Zünder aktiviert.«

Zünder? David hatte eine böse Ahnung.

»Gravitationsgradienten nehmen zu. Die Rakete nähert sich nun der Engstelle. Jeden Moment muss ...«

Plötzlich erstrahlte der Monitor in weißem Licht. Die Deckenbeleuchtung im Raum flackerte kurz.

»Ihr habt eine Atombombe in das Wurmloch geschickt?«, fragte Ed entsetzt.

»Nicht eine Atombombe, sondern die Atombombe. Die stärkste jemals von Menschen geschaffene Waffe. Mit hundertzwanzig Megatonnen doppelt so wirksam wie die Zaren-Bombe«, sagte Hunnam mit spürbarem Stolz in der Stimme. »Gleich werden wir erfahren, ob unsere Wissenschaftler richtig gerechnet haben.«

Langsam verdunkelte sich der Monitor. Es dauerte einige Sekunden, dann war er völlig schwarz. Das Wurmloch war nicht mehr zu sehen.

»Sie haben das Wurmloch zerstört!«, schrie Grace.

»Ja, es sieht ganz so aus«, sagte Hunnam. »Die Energiedichte hat ausgereicht, um das Wurmloch an seiner engsten Stelle zu destabilisieren.« Er wandte sich zu einem seiner Generäle um. »Kann ich bitte eine unabhängige Bestätigung haben?«

Ein korpulenter Mann in schwarzer Uniform, der einen Telefonhörer in der Linken hielt, nickte. »NORAD bestätigt: Ziel zerstört.«

»Wieso, Herrgott noch mal?«, schrie Grace. Ihr Kopf war rot angelaufen. »Es war ein Geschenk an die Menschheit. Und die einzige Möglichkeit, das zum Tode verurteilte Universum zu verlassen. Haben Sie eine Ahnung, was wir durchmachen mussten, um es hierher zu bringen?«

»Wir wollen dieses Geschenk der Außerirdischen nicht haben. Schon gar nicht, wenn es sich die Chinesen so einfach unter den Nagel reißen können. Sollte sich unser Universum tatsächlich als instabil erweisen, dann werden wir uns unser eigenes schaffen«, sagte Pauline Roundtree verächtlich. Es war das erste Mal, das sie den Mund aufgemacht hatte, seit sie den Raum betreten hatten.

»Einstein hatte völlig recht«, flüsterte Ed. Da im Raum gerade Stille herrschte, hatte trotzdem jeder seine Worte vernommen.

»Was meinen Sie, Colonel Walker?«, fragte einer der Generäle.

»Die Dummheit der Menschen ist wirklich grenzenlos.«

David verstand nicht. Der Präsident hatte angedeutet, dass sie einen Schlag gegen die Sphäre vorbereiteten. So tragisch der Verlust des Wurmloches war - es war aber kein Angriff auf die Fremden. Oder war da noch etwas anderes im Gange? »Was passiert als Nächstes, Mr. President?«, fragte er.

White lächelte ihn an und wandte sich dann an den General am Laptop. »Blenden Sie bitte den Countdown für Stufe zwei ein.«

Der Bildschirm mit dem auf null stehenden Countdown flackerte kurz, dann hatten sich die Zahlen verändert. Ein neuer Countdown stand nun dort bei T minus fünf Minuten und zehn Sekunden.

»Was wird in fünf Minuten geschehen?«, fragte Wendy.

»Es ist schon geschehen«, sagte Hunnam. »Letzte Nacht schon. Das Licht des Angriffs hat uns nur noch nicht erreicht.«

David verstand. Sie hatten irgendetwas zu der Sphäre geschickt. Die stand weit draußen im All, an der Grenze des Sonnensystems. Fast achtzehn Lichtstunden entfernt. Was auch immer dort geschah, das Licht würde achtzehn Stunden bis zur Erde benötigen.

Der Präsident stand auf. »Ich möchte es mit eigenen Augen sehen. Wer kommt mit?«

»Mr. President!« Die Stabschefin sprang auf. »Ich kann Ihnen nur raten, den Situation Room nicht zu verlassen. Und ich bleibe immer noch bei meiner Empfehlung, sogar den Atombunker unter dem Weißen Haus aufzusuchen.«

»Lassen Sie mich in Ruhe, Pauline«, wehrte White ab. »Ich werde mich nicht wie eine Ratte in einem Bunker verkriechen. Im Gegenteil: Ich will morgen in jeder Zeitung und in jedem Blog Fotos von mir sehen, wie ich im Rosengarten unter freiem Himmel stehe und den Untergang der Sphäre feiere.«

Ganz gleich, was White und seine Berater geplant hatten - David war sich sicher, dass der Plan fehlschlagen würde. Aber er stand auf und folgte dem Präsidenten auf den Korridor hinaus.

Der Situation Room war im Keller des West Wings untergebracht. Präsident White hatte offenbar keine Lust, auf den Fahrstuhl zu warten, und nahm eine schmale Treppe. Zwei Mitarbeiter des Secret Service wichen ihm nicht von der Seite. David und seine Kameraden folgten ihnen zusammen mit zwei Generälen und einer murrenden Pauline Roundtree. Den Abschluss bildete Verteidigungsminister Hunnam, der wie ein Roboter die Treppe hinauf stakste.

Oben angekommen, eilten sie durch zwei Korridore, bevor einer der Agents eine Außentür zunächst mit einer Magnetkarte entsperrte und dann öffnete. Der Präsident trat ins Freie, und wenige Sekunden später standen sie nebeneinander auf dem feuchten Rasen.

»Schalten Sie die verdammte Beleuchtung aus!«, forderte White.

Es wurde dunkel und lange Sekunden vergingen, bis sich Davids Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Doch schließlich sah er über sich die Sterne, von denen er wusste, dass sie nicht wirklich da waren.

»Wie lange noch?«, fragte White.

»Etwa dreißig Sekunden«, sagte einer der Generäle.

»Wo ist der verdammte Fotograf?«

Niemand antwortete ihm, aber einer der Agents verschwand im Inneren des Weißen Hauses und kehrte einige Augenblicke später mit einer Kamera zurück. Der Präsident grunzte missmutig.

»Was mögen sie getan haben?«, fragte Grace leise. »Ob sie Atomraketen zur Sphäre geschickt haben?«

»Kann ich mir nicht vorstellen«, sagte Ed. »So dumm können die nicht sein, dass sie annehmen, die riesige Sphäre mit einigen Atomraketen zu vernichten.«

»Mich wundert, dass Q es zugelassen hat, dass das Wurmloch zerstört wurde. Die Atomraketen auf der Erde hat er ja auch unschädlich gemacht«, sagte David. Er ging davon aus, dass Q ganz genau wusste, was hier geschah. Immerhin standen sie unter einer totalen Überwachung. Der Präsident und seine Berater schienen das vergessen oder verdrängt zu haben.

»Noch zehn Sekunden«, sagte der General.

Die Gespräche verstummten. Der Präsident blickte mit offenem Mund in den Himmel. Sein Kopf ruckte unruhig in diese, dann in jene Richtung.

Auch David hob den Kopf. Über ihm flackerten in der unruhigen Washingtoner Luft die Sterne. Die Venus stand tief im Westen und würde bald untergehen. Dann vernahm er ein Blitzen im Augenwinkel und wandte den Kopf. Es sah aus wie blaues Nordlicht, das sich von einem Punkt im Zenit spiralförmig über den ganzen Himmel ausbreitete. Wie eine Gardine, die Bahn für Bahn über das Firmament zog. Wo sie sich auflöste, war der Himmel schwarz und sternenlos.

»Heilige Scheiße!«, zischte Ed.

Der ganze Vorgang geschah in völliger Stille. Nur der Verkehrslärm Washingtons erreichte sie mit dumpfem Grollen und gelegentlichen Hupgeräuschen. Die meisten Menschen mochten noch gar nicht realisiert haben, was an ihrem Himmel geschah.

»Was haben Sie getan?«, rief Grace.

Hunnam humpelte in ihre Richtung. Tiefe Befriedigung überzog seine nicht gelähmte Gesichtshälfte. »Es hat sich ausgezahlt, dass wir so viele hochbezahlte Eierköpfe beschäftigen. Zwei Spinner der RAND-Corporation hatten eine fabelhafte Idee, die noch dazu billig war.«

»Was haben Sie getan?«, wiederholte Grace ihre Frage.

»Wir haben einen Teilchenbeschleuniger in den Orbit gebracht, der ursprünglich für ein Wissenschaftsprojekt der Internationalen Raumstation bestimmt war.«

»Einen Teilchenbeschleuniger?«, fragte Wendy entgeistert.

Hunnam nickte. »Den haben wir an einen großen Antimateriespeicher angeschlossen, den wir aus der Konkursmasse von Centauri übernommen haben, und ihn in eine schnelle Drehung versetzt. Dann haben wir die Antiprotonen durch den Beschleuniger zur Sphäre gejagt.« Er kicherte. »Wie mit einem gigantischen Skalpell haben wir die dünne Sphäre so in tausende Einzelteile zerschlitzt.«

David griff sich an die Stirn. Es war eine einfache und geniale Methode. Weil die Sphäre nur wenige Atomlagen dicht war, reichte schon ein Minimum an Antiprotonen, um sie zu zerstrahlen. Die dabei entstandenen Pionen und Gammastrahlen zerstörten die Sphäre dann auf breiter Fläche. In wenigen Minuten wurde die Rechenkapazität der Sphäre vernichtet.

Wieder einmal bewies die Menschheit gerade auf dem Gebiet der Kriegsführung ihre Genialität. Aber konnte dieser Plan aufgehen?

Das blaue Leuchten hatte fast völlig aufgehört. Nur am Horizont flackerte es noch leicht. Sterne waren am Firmament keine mehr sichtbar. Die Venus und zwei andere Planeten waren die einzigen Leuchtquellen am Himmel. Der Mond war schon vor einer Stunde untergegangen. Zum ersten Mal sahen sie den Himmel, wie er wirklich war. Frei von der Projektion der Außerirdischen. Und David hatte trotzdem Zweifel, ob er sich jemals an diesen Augenblick gewöhnen würde.

Der Präsident sprang auf und ab und reckte die ausgestreckte Faust in die Luft. »Wir haben sie erledigt! Wir haben die außerirdischen Bastarde erledigt!« Er lachte wie ein Irrer.

»Was denkt ihr?«, fragte Ed leise.

David und seine Astronautenkollegen rückten eng zusammen.

»Das haut nicht hin«, sagte Wendy. »Niemals.«

»Wir werden doch total überwacht«, sagte Ed. »Also warum hat Q nichts dagegen unternommen?« Er blickte David geradewegs an.

»Ich habe keine Ahnung«, sagte er. »Aber ich habe Angst vor dem, was als Nächstes kommt.«

»Was meinst du?«, fragte Grace.

»Die Nanomaschinen auf der Erde. Die Silberkugeln. Q ist im Sonnensystem omnipräsent. Er wird diesen Fall einkalkuliert haben. Garantiert.«

»Sir!«, sagte einer der Generäle laut. »Wir müssen sofort in den Situation Room zurück.«

»Wieso?«, fragte Präsident White entgeistert, der gerade Pauline Roundtree half, eine Flasche Champagner zu öffnen.

»Wir empfangen eine Funksendung, bei der wir davon ausgehen, dass sie von den Fremden stammt. Außerdem gibt es seltsame Vorkommnisse in Australien.«

Der Präsident verstummte und machte sich mit gesenktem Kopf auf den Weg ins Innere des Weißen Hauses.

David wusste, wieso. Der Plan war nicht aufgegangen. Die Sphäre mochte schwer beschädigt oder zerstört sein, aber Q war nicht vernichtet. Sie folgten dem Präsidenten ins Innere des Gebäudes und hinab zum Situation Room.

7.

 

»Was ist mit dieser Botschaft?«, keuchte White und stolperte in den Situation Room. Einer der im Raum verbliebenen Generäle war blass und Schweißtropfen rannen von seiner Stirn. Er drückte einen Knopf an seinem Laptop und sofort hallte eine Stimme durch die Lautsprecher des Raumes.

David kannte die Stimme. Er hatte sie zum ersten Mal vor gut einem Jahr gehört. Weit draußen im Sonnensystem. »Sie haben die Sphäre angegriffen und irreparabel beschädigt. Dies wird von uns als aggressiver Akt bewertet. Ihre Spezies wird nun als Bedrohung für die friedliche Existenz der Völker in unserem Einflussgebiet eingestuft. Als Konsequenz wird Ihr Ursprungsplanet zerstört. Die Sequenz wurde eingeleitet und wird in 46 Tagen abgeschlossen sein. Bereiten Sie sich entsprechend vor. Wir bedauern, dass es soweit kommen musste.«

David bekam eine Gänsehaut. Seine schlimmsten Befürchtungen hatten sich bewahrheitet.

»Ist das alles?«, fragte White, seine Augen weit aufgerissen.

Der General am Laptop nickte.

»Ein Bluff?«, fragte Verteidigungsminister Hunnam, an Ed gewandt.

»Ich kann Ihnen versichern, dass es das nicht ist«, sagte Ed mit trauriger Stimme.

»Die Erde vernichten? Aber wie? Und wieso 46 Tage?«, fragte einer der Generäle. Seine Stimme verriet Unglauben.

»Sie haben was von Australien gesagt«, meldete sich Pauline Roundtree zu Wort. »Was ist da los?«

»Mehrere seismologische Institute melden ein schweres Erdbeben in Zentralaustralien. Außerdem empfangen unsere Satelliten eine Anomalie«, krächzte der Mann am Laptop.

»Anomalie? Reden Sie gefälligst Klartext«, verlangte White.

Ein Bild entstand auf einem der Monitore. Es zeigte eine Satellitenaufnahme von Australien, die allmählich heranzoomte. Ein großer Krater wurde sichtbar. Der Boden darin schien zu glühen.

»Was ist das?«, fragte Roundtree.

»An dieser Stelle stand der Uluru. Oder Ayers Rock. Stattdessen ist da jetzt ein dreißig Kilometer durchmessender Krater.«

»Ein Atomangriff? Ein Asteroideneinschlag?«, fragte Ed.

Der General schüttelte den Kopf. »Nein, es hat noch nicht mal eine Pilzwolke gegeben. Der Stein war auf einmal weg, als ob er implodiert wäre. Der Sog hat dann jede Menge Material in das Innere des entstandenen Lochs gerissen. Ganz merkwürdig.«

David schüttelte den Kopf. Er war sich sicher, dass das Geschehen am Uluru in Zusammenhang mit Q und der angedrohten Vernichtung der Erde stand. Aber wie? Er hatte eine Idee. »Haben Sie Zugriff auf die GAE-Daten?«, fragte er den General am Laptop.

Der nickte nur und schob hektisch die Maus über den Tisch.

»Was für Daten?«, fragte der Präsident.

»Gravity Anomaly Explorer«, erklärte David. »Das Satellitennetz detektiert Massenkonzentrationen im Inneren der Erde. Es wurde nach dem Ende der NASA von der Space Force übernommen, weil man hoffte, feindliche U-Boote damit aufspüren zu können.«

»Hat leider nie funktioniert«, meinte einer der Militärs mit einer auffälligen Narbe auf der Wange, der bisher geschwiegen hatte. »Die Massen waren dafür zu klein.«

»Der Uluru wiegt deutlich mehr als ein U-Boot«, wandte David ein. »Ich würde gerne sehen, was mit der Masse im Augenblick des Verschwindens passiert ist.«

»Augenblick«, rief der General am Computer. »Ich muss telefonieren.«

»Ich verstehe es einfach nicht«, jammerte Präsident White. »Ich meine, wir haben die Sphäre doch vernichtet. Oder etwa nicht? Wie kann diese Computerintelligenz also noch gegen uns vorgehen?«

Ed schnaubte. »Wir stehen unter totaler Überwachung. Ich habe es Ihnen doch erklärt. In dem Moment, in dem Sie mit Ihren Beratern diesen tollen Plan ausgeheckt haben, wusste Q schon Bescheid und wird seine Vorkehrungen getroffen haben.«

»Aber wir haben uns mit Hilfe von Spezialisten der NSA gegen jede Art von Abhöranlagen geschützt.«

Ed stöhnte. »Sagen Sie mir, dass Sie nicht so blöde sind!«

White lief rot an. »Ich darf wohl etwas mehr Respekt erwarten, Colonel Walker.«

»Respekt?«, schrie Ed. »Respekt muss man sich ...«

»Ich habe jetzt die Daten, Dr. Holmes«, erklärte der General. »Ich schalte sie auf den Hauptmonitor.«

Vor David entstand eine Karte auf dem Monitor. Sie war sehr abstrakt und bestand aus einer Ansammlung unterschiedlich farbiger Flecken.

»Was sehen wir hier?«, fragte Pauline Roundtree.

»Äh, das ist eine dreidimensionale Aufnahme rund um das Gebiet des Ayers Rocks, ich meine, des Uluru. Die Karte hat eine Kantenlänge von etwa 200 Kilometern. Der rote Fleck genau in der Mitte ist der Monolith.«

»Ist die Zeitangabe da oben rechts auf dem Bild korrekt?«, fragte Ed.

»Ich denke schon. Ist in UTC.«

»Dann ist das kurz vor der Zerstörung der Sphäre«, sagte David. »Spulen Sie ein Stück vor.«

Langsam veränderte sich die Zahl rechts oben auf der Karte. Sonst geschah nichts. Doch dann - ganz plötzlich - verwandelte sich der rote Fleck des Uluru in einen blauen. Stattdessen entstand ein Stück weiter links ein neuer roter Fleck.

»Das sieht ja aus, als hätte sich der Felsen versetzt!«, rief Grace erregt.

»Wo ist denn das?«, fragte David.

Der General ließ das Bild rotieren, um die Perspektive zu verändern. »Das ist genau in minus R. 2 Kilometer.« Er schüttelte den Kopf. »Als wäre er in die Erde hineingefallen. Wie kann das sein?«

»In die Erde hineingefallen?«, wiederholte White ungläubig.

»Ganz recht, Sir. Die Masse ist dieselbe. Etwa fünf mal zehn hoch dreizehn Kilo.«

»Wie kann denn ein ganzer Felsen in die Erde hineinfallen? Hat Q darunter ein Loch entstehen lassen?«, fragte Wendy.

Das Bild wechselte wieder. Der Monolith befand sich nun abermals einige Kilometer tiefer im Erdinneren.

»Verrückt«, sagte Präsident White. »Total verrückt.«

David kratzte sich an der Stirn. Er hatte eine Vermutung, aber eine Sache störte ihn. »Er scheint noch dieselben Dimensionen zu haben wie vorher.«

Der General mit der Narbe schüttelte den Kopf. »Das kann täuschen. Die Dimensionen sind mit zwei Kilometern am unteren Rand der Nachweisbarkeit.«

David horchte auf. »Also kann der Felsbrocken durchaus geschrumpft sein.« Es passte zusammen. Seine Vermutung schien richtig zu sein. Aber er wusste auch, was das für die Menschen und die Erde bedeuten würde. Plötzlich bekam er eine fürchterliche Angst und sein Magen zog sich zusammen.

»Er ist geschrumpft?«, fragte Präsident White. »Selbst wenn, dann kann er doch trotzdem nicht in die Erde hineinfallen.«

»Doch, kann er«, flüsterte David. »Wenn er auf die Größe eines Punktes zusammenschrumpft.«

»Eines Punktes?«, fragte Pauline Roundtree. Sie blickte David an, als habe er den Verstand verloren. »Was für ein Punkt?«

»Ein dimensionsloser Punkt ohne jede Ausdehnung«, erklärte David. »Eine Singularität.«

Grace betrachtete ihn aus großen Augen. »Eine Singularität? Du meinst, Q hat den Felsen ...« Sie verstummte.

»... in ein Schwarzes Loch verwandelt«, vollendete David ihren Satz. »Ja, das meine ich.«

»Wie soll denn das möglich sein?«, fragte White.

»Vielleicht war der Uluru schon immer eine Art kosmischer Bombe und niemals ein richtiger Stein«, überlegte David. »Q mag sie installiert haben, als die Menschheit allmählich Intelligenz entwickelte. Bereit, sie im Notfall zu zünden.«

»Aber wenn die Fremden wirklich ein Schwarzes Loch geschaffen haben«, überlegte White, »warum sind wir dann noch da? Müssten wir nicht schon alle zusammen mit der Erde hineingesaugt worden sein?«

David schüttelte den Kopf. »Ich vermute, dass die Masse des Schwarzen Loches sehr klein ist. Kleiner als die des Steins. Damit hat Q ein extrem kleines Schwarzes Loch geschaffen. Ein sogenanntes Micro-Black-Hole. Nur etwas größer als der Durchmesser eines Atoms. Es ist durch die Erdoberfläche gefallen wie eine Bleikugel durch eine dünne Eisschicht. Das Schwarze Loch wird weiter fallen, bis es den Erdmittelpunkt erreicht und dann wie ein Pendel um den Kern der Erde schwingen, während es weiter Atom für Atom in sich aufsaugt und so allmählich an Masse gewinnt. Das passt zu der Frist von 46 Tagen. Ich bin mir sicher, dass es dann so viel Material in sich aufgesaugt hat, dass es plötzlich exponentiell wächst und die Erde verschlingt.«

»Was wird dann geschehen?«, fragte White. Er war blass geworden.

»Die Erde wird im freien Fall in sich zusammenfallen, wie ein Ballon, aus dem man die Luft herauslässt. Im letzten Moment wird es einen kurzen Blitz von Gammastrahlen geben und dann wird hier keine Erde mehr um die Sonne kreisen, sondern ein kleines Schwarzes Loch mit einem Durchmesser von einem halben Zentimeter.«

»Mein Gott!«, sagte der General mit der Narbe.

»Was können wir dagegen tun?«, fragte Pauline Roundtree. Sie schien sehr gefasst zu sein. Vielleicht hatte sie aber auch nur noch gar nicht verstanden, um was es überhaupt ging.

David lachte laut los, was ihm konsternierte Blicke sowohl von den Militärs und Politikern sowie von seinen Astronautenkollegen einbrachte, aber er konnte nicht anders. »Nichts«, sagte er schließlich. »Überhaupt nichts.«

»Ich bitte Sie«, sagte Minister Hunnam. »Wir haben 46 Tage Zeit, also sollte für dieses physikalische Problem wohl eine Lösung zu finden sein.«

David wurde wieder ernst und schüttelte den Kopf. »Wie wollen Sie denn ein Schwarzes Loch von der Größe eines Atoms fangen, das auf einer Umlaufbahn im Inneren der Erde um den Kern kreist? Wenn wir Gravitationswellen produzieren könnten, würden wir vielleicht seine Umlaufbahn anheben können, bis es uns gelingt, das Ding ins Weltall zu treiben, aber von dieser Technik sind wir mindestens so weit entfernt wie die Neandertaler von der Atomphysik.«

»Versuchen Sie, mit Q Kontakt aufzunehmen«, schlug Wendy vor. »Bitten Sie um Entschuldigung für die Beschädigung der Sphäre und regen Sie eine Zusammenarbeit an.«

David fragte sich, ob das ein Weg war. Aber würde Q noch mal mit ihnen reden? Hatte er überhaupt die Möglichkeit, die Dinge zu stoppen, die jetzt ins Rollen geraten waren?

Hunnam schnaubte. »Der Außerirdische ist Teil des Problems und nicht Teil der Lösung.«

»Meine Damen und Herren«, begann Präsident White. »Ich gebe zu, dass ich im Moment etwas überfordert bin. Der Tag lief doch anders, als es mir meine Berater versichert haben.« Er hob die Arme leicht und ließ sie dann wieder sinken. »Ich möchte mich erst mal sammeln und über die Ereignisse nachdenken. Mrs. Roundtree?«

»Sir?«

»Klären Sie sämtliche Berater über die neue Situation auf. Besonders die beiden Versager von RAND. Sie sollen mögliche Lösungsansätze identifizieren und mir morgen Vormittag mitteilen. Setzen Sie eine Besprechung an.«

»Jawohl.« Die Stabschefin griff nach ihrem Handy und verließ den Raum.

»Mr. Hunnam, meine Herren Generäle.«

Der Verteidigungsminister nickte, und die Generäle standen wie auf Befehl auf. »Nichts davon darf an die Öffentlichkeit gelangen. Niemand ohne die höchste Autorisierung darf davon erfahren, sonst bricht sofort eine Panik aus.«

»Aber die Funknachricht des Außerirdischen ...«, sagte einer der Generäle.

»Lassen Sie es wie einen Scherz aussehen.«

»Aber das Verschwinden der Sterne!«

Der Präsident zuckte mit den Schultern. »Lassen Sie es so aussehen, als seien die Chinesen daran schuld.«

»Die Chinesen? Das wird uns doch kein Mensch abkaufen!«

White schnitt dem Verteidigungsminister mit einer Handbewegung das Wort ab. »Dann denken Sie sich eben etwas aus, Gregory. Es muss zumindest herhalten, bis wir uns was Besseres überlegt haben«, sagte er unwirsch. Dann drehte er den Kopf in Davids Richtung.

»Sie halten sich in Bereitschaft.«

»Ich bin in Athens jederzeit erreichbar«, sagte David.

Der Präsident schüttelte den Kopf. »Sie bleiben vorerst in Washington. Ich will, dass Sie und Ihre Kollegen binnen zehn Minuten bei mir sind, wenn ich Sie brauche.« Er blickte zur Tür des Raumes, durch die gerade ein Agent trat. »Kümmern Sie sich darum.«

Ed stöhnte kaum unterdrückt.

Der Agent nickte und kam auf sie zu.

8.

 

»Diese verdammten Idioten«, sagte Ed und riss die Tür der Minibar seines Hotelzimmers auf. Der Agent und einer seiner Kollegen hatten sie zu einer Unterkunft in der Nähe gebracht, wo das Weiße Haus wohl immer ein paar Zimmer für Überraschungsgäste reserviert hatte. Die Unterkunft war nur mittelprächtig. Hässliche Flecken zierten sowohl den müffelnden Teppichboden als auch die gelbliche Bettwäsche. Es war Ed egal, solange das Zimmer über eine Minibar verfügte. Sie war das Einzige, das er jetzt unbedingt brauchte. Er warf einen Blick hinein, grunzte befriedigt und nahm sich zwei Fläschchen mit Whisky heraus. Er öffnete beide und goss sie hintereinander in ein großes Glas. Dann nahm er einen tiefen Schluck. Er spürte sofort die Wärme in sich aufsteigen und beruhigte sich etwas. Er wusste nicht, ob er wütend oder traurig sein sollte. Sein jetziger Gefühlszustand war eine brisante Mischung daraus, aber seine Emotionen wurden durch die einsetzende Wirkung des Alkohols gedämpft.

Und doch. Was hatten sie alles in Kauf genommen, um der Menschheit dieses Wurmloch hierherzuschaffen. Ein eigenes Universum hatten die Außerirdischen den Menschen geschenkt, und seine eigene Regierung hatte es vernichtet. Er kam sich verraten vor. Als habe man seine eigene Arbeit mit den Füßen zertrampelt, weil er die Hilfe von jemandem in Anspruch genommen hatte, der politisch nicht erwünscht war. Und dann hatten diese Idioten auch noch die Sphäre angegriffen, obwohl sie explizit gewarnt worden waren. Hätte man Ed und seine Leute doch wenigstens mal vorher gefragt. Scheiße, verdammte!

Er nahm einen weiteren tiefen Schluck und seine Kehle brannte wie Feuer.

Dann klopfte es an der Tür und David steckte seinen Kopf ins Zimmer. »Ich habe Grace und Wendy dabei. Dürfen wir reinkommen?«

Ed nickte. »Sicher«, sagte er in theatralischem Tonfall und zeigte auf die beiden Sessel in der Ecke. »Whisky kann ich euch leider keinen mehr anbieten. Den habe ich mir schon selber eingeschenkt.«

Wendy und David setzten sich auf die Sessel, während Grace sich im Schneidersitz auf dem Bett niederließ. Ed nahm neben der mit vergoldetem Lack angepinselten Stehlampe Platz. »Ganz schöne Scheiße, was?«

»Das kannst du wohl laut sagen«, sagte Grace. »Ich weiß nicht, worüber ich wütender bin: ob über die Vernichtung des Wurmloches, das wir so mühsam hierher gebracht haben oder dass sie die Erde dem Untergang geweiht haben.«

»Meint ihr, Q macht Ernst?«, fragte Wendy. »Wird er die Erde wirklich vernichten?«

»Er hat es uns angedroht«, erinnerte David. »Er sagte, dass sie die Zivilisationen vernichtet haben, die die Sphäre in Gefahr brachten.«

»Und das haben diese Idioten im Weißen Haus tatsächlich geschafft.« Ed lachte rau. »Ich hätte niemals gedacht, dass sie es so einfach schaffen, die Sphäre zu vernichten.«

»Ich glaube nicht, dass sie vernichtet ist«, sagte David. »Denkt an die ganzen silbernen Kugeln da draußen im äußeren Sonnensystem. Ich bin überzeugt: Die Nanomaschinen haben den entstandenen Schaden schnell repariert. Immerhin muss Q von dem bevorstehenden Angriff gewusst haben. Er wird seine Vorkehrungen getroffen haben.«

»Aber warum droht er uns dann mit der Vernichtung der Erde?«, fragte Wendy.

Grace lachte bitter. »Drohen? Das Schwarze Loch ist schon im Inneren der Erde. Das kann man nicht mehr als Drohung bezeichnen.«

Ed kippte den Rest des Whiskys hinunter und stellte das leere Glas neben sich auf den Fußboden. Was würde geschehen? Würde Q tatsächlich seinen Countdown abspulen und dann mit seinen Nanomaschinen der Vernichtung der Erde zuschauen? Q kannte die Menschen ganz genau. Immerhin beobachtete und analysierte er sie, seit der Homo sapiens aus den affenartigen Vorfahren hervorgegangen war. Dass die Menschen unberechenbar waren, wusste er spätestens seit dem Abschuss der Atomraketen. Wenn die Bevölkerung das Überleben nicht verdient hatte, warum hatte man ihr dann überhaupt das neue Universum gegeben? »Ich verstehe es nicht.«

»Was meinst du?«, fragte Wendy.

»Es macht einfach keinen Sinn, uns zunächst ein eigenes Universum zu schenken und uns dann dieses Schwarze Loch auf den Hals zu hetzen.«

»Vielleicht war der Angriff auf die Sphäre so eine Art No-Go-Kriterium«, überlegte Grace. »Q war uns wohlgesonnen, bis wir uns an die Zerstörung der Sphäre gemacht haben.«

»Ich weiß nicht«, sagte David langsam. »Er muss es gewusst haben. Also warum hat er es nicht verhindert? Ich meine, er hat ja auch den Atomkrieg verhindert. Und, wisst ihr noch, damals am Rand des Sonnensystems? Da hat er die Empfangsantennen auf der Erde vorübergehend lahmgelegt, um zu verhindern, dass unsere Sendung empfangen wird. Außerdem hat er uns nach Installation des Wurmloches selber gesagt, er wird sicherstellen, dass wir erwachsen werden.«

Ed seufzte. Das Grübeln führte zu nichts. Der Whisky hatte ihn zwar etwas beruhigt, aber er raubte ihm auch ein gutes Stück seiner Konzentrationsfähigkeit. »Es gibt wohl nur einen, der diese Frage beantworten kann.«

»Wer?«, fragte David.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783739478159
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (Dezember)
Schlagworte
Außerirdische Sci-Fi SF Hard SF Weltraum Science-Fiction Roman Abenteuer Fantasy Krimi Thriller Spannung

Autor

  • Phillip P. Peterson (Autor:in)

Phillip P. Peterson arbeitete als Ingenieur an zukünftigen Trägerraketenkonzepten und im Management von Satellitenprogrammen. Neben wissenschaftlichen Veröffentlichungen schrieb er für einen Raumfahrtfachverlag. Trotz seines technischen Hintergrunds stehen bei Peterson die Charaktere und die Spannung im Vordergrund. Zu seinen literarischen Vorbildern gehören die Hard-SF-Autoren Stephen Baxter, Arthur C. Clarke und Larry Niven.
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Titel: Paradox 3